Alle inklusive! – - SPD-Landtagsfraktion Brandenburg
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Herwig Alt:<br />
Man hat sich in der Mitte getroffen. Ein Beispiel:<br />
In unserer Fabrik entstehen immer mal<br />
Situationen, in denen wir kurzfristig alle Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter verständigen<br />
müssen, dass ein Bereich geräumt werden<br />
muss. Weil wir die gehörlosen Kolleginnen<br />
und Kollegen nicht über die übliche Kommunikation<br />
erreichen, haben wir in Zusammenarbeit<br />
mit dem Integrationsamt eine<br />
technische Lösung über so genannte Pager<br />
geschaffen, mit denen wir alle Gehörlosen<br />
technisch erreichen können.<br />
Das Meiste lässt sich mit ganz einfachen,<br />
praktischen Mitteln lösen. Die wichtigste Voraussetzung<br />
am Arbeitsplatz ist die Einstellung<br />
der Kollegen. Sie müssen dafür sorgen,<br />
dass Menschen mit Behinderungen akzeptiert<br />
werden und so behandelt werden wie<br />
alle anderen auch.<br />
Herr Panzer:<br />
Ich bin ungefähr vor zehn Jahren krank geworden,<br />
habe dann mehrere stationäre Aufenthalte<br />
gehabt und wurde zuletzt in die Behindertenwerkstatt<br />
übernommen.<br />
Erst wurde mir meine Krankheit nicht aner-<br />
kannt <strong>–</strong> jedenfalls nicht zeitnah <strong>–</strong> und jetzt<br />
werde ich sie nicht wieder los. Letzten Endes<br />
ist eine psychische Erkrankung eine lebenslange<br />
Hypothek. Seit zweieinhalb Jahren<br />
versuche ich, aus der Behindertenwerkstatt<br />
herauszukommen. Das Problem ist: Nie-<br />
mand ist zuständig und niemand fragt mich,<br />
was ich eigentlich tun möchte. Lediglich Frau<br />
Lehmann hat mich vor einem Vierteljahr mal<br />
gefragt, was ich persönlich möchte.<br />
Ich war beim Arbeitsamt, dann beim Sozialamt,<br />
dann beim Rententräger und habe mich<br />
um unterstützende Beschäftigung bemüht.<br />
Niemand fühlte sich zuständig. Ich habe<br />
jede Mauer zweimal genommen, aber habe<br />
bisher nichts erreicht. Nach zweieinhalb<br />
Jahren weiß ich immer noch nicht, wie mein<br />
Weg weitergehen wird. Ich war inzwischen<br />
bei drei Gutachtern <strong>–</strong> keiner fragt mich, wie<br />
es mir heute geht, wo meine Stärken und<br />
Schwächen liegen oder was ich machen<br />
möchte.<br />
Jürgen Dusel:<br />
Wir reden noch immer viel zu oft über Leute,<br />
ohne sie zu fragen. Meines Erachtens<br />
liegt das Problem darin, dass in Deutschland<br />
manche Gesetze einfach nicht angewandt<br />
werden.<br />
Wir haben zwar den Paragraphen 14 im<br />
SGB IX, der eindeutig vorschreibt, wie die<br />
Zuständigkeiten zu klären sind. Dieser Paragraph<br />
wird aber nicht angewandt. Ich erlebe<br />
oft, dass Rehabilitationsträger die Anträge<br />
untereinander hin und her schieben, obwohl<br />
eigentlich der zweite angegangene Reha-<br />
Träger eindeutig zuständig ist. Wir haben<br />
einfach ein Umsetzungsdefizit. Dieses Problem<br />
ist zu lösen.<br />
<strong>Alle</strong> <strong>inklusive</strong>! <strong>–</strong> Die neue UN-Konvention und die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen<br />
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