1/2 - Aktuelle Ausgabe
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Seite 18 RatgebeR Rheintaler Bote, 5. Dezember 2012<br />
Meinem Mann, 42, wage ich es<br />
nicht zu sagen, wohl aber dir,<br />
obwohl oder gerade weil wir<br />
uns nicht kennen. Also, ich<br />
hoffe, du findest meinen speziellen<br />
Wunsch -eigentlich mehr<br />
Sexphantasie - nicht pervers.<br />
Ich möchte nämlich einmal aus<br />
dem ehelichen Trott aussteigen!<br />
Ich beschwere mich nicht,<br />
habe aber einen zwar lieben,<br />
doch sexuell eher verkrampften<br />
Ehemann. Missionarsstellung<br />
samstags nach dem Autowaschen<br />
-das wars! Ja, ein Klischee,<br />
aber bei mir/uns trifft es<br />
voll zu. Meine Frage: Geht das<br />
gut, kann das klappen und wo<br />
lauern die Gefahren? Nelly, 40<br />
Vorsicht wenn sexuelle Gelüste die<br />
Gefahr bergen, die Ehe zu tangieren<br />
Liebe Nelly<br />
Du fragst in süsser Naivität und<br />
Unschuld. Willst also den heimischen<br />
Ehe-Horst vorübergehend<br />
verlassen, die Schwingen<br />
ausbreiten und hinüber segeln<br />
zu Gestaden der Lust, die deine<br />
Vorstellung beflügeln. Dabei<br />
hast du die Zielsetzung, auch<br />
schön brav wieder den Heimflug<br />
anzutreten. Willst aber zuvor<br />
wissen, was es zu glücklicher<br />
Rücklandung braucht.<br />
Nelly, das weiss doch keiner,<br />
der kein Prophet ist! Die Entwicklungen<br />
auf deinen ausserehelichen<br />
Freiflug sind nämlich<br />
so mannigfaltig und vielschichtig,<br />
dass man unmöglich alle<br />
zum Voraus kalkulieren kann.<br />
Nun ja, ein paar könnte ich dir<br />
ja benennen: Du könntest dich<br />
verlieben oder der Andere sich<br />
in dich und dann versuchen, in<br />
eure Ehe zu drängen. Ihr könntet<br />
euch beide gegenseitig verlieben<br />
und was sagst du dann dei-<br />
Ehe zu dritt und der<br />
Gatte hat zu spuren?<br />
nem Mann: «Hallo Schatz, habe<br />
einen Dritten in die Ehe genommen,<br />
aber immer schön locker<br />
bleiben, gelle!» Was ist, Nelly,<br />
denn darin sehe ich die grösste<br />
Gefahr, wenn dir diese ausserehelichen<br />
‘Stösschen’ so gut gefallen,<br />
dass du sie künftig auch<br />
mit wechselnden Partnern nicht<br />
mehr missen willst? Da sie für<br />
so viel Wohltuenderes stehen,<br />
als die samstägliche Missionarsstellung<br />
des Gatten? Mein Rat:<br />
Kläre zuerst mit deinem Mann<br />
ab, wie er sich zu solcher Eheöffnung<br />
stellt. Dann erst suche<br />
eine Entscheidung. Momentan<br />
zäumst du das Pferd von hinten<br />
auf und das hat noch nie zu<br />
einem guten Ritt geführt, um in<br />
der Metapher zu sprechen...!<br />
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49/2012<br />
Lieber Ratgeber<br />
Bin 90 Jahre alt und mit meinem<br />
Mann Walter,88, seit 62 Jahren<br />
verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos,<br />
was heute für mich ein<br />
Unglück ist, denn so habe ich<br />
keinen, der mir nun hilft. Ich<br />
schenkte meinem Mann zum<br />
60. Geburtstag genug Geld, damit<br />
er in Pension gehen konnte,<br />
denn es ging ihm schlecht damals.<br />
Seitdem hat er sich aber<br />
verändert. Voller Geldgier ist er<br />
und ich muss für ihn waschen,<br />
bügeln und kochen -mit 90! Dabei<br />
fühle ich mich oft schwach,<br />
weil ich an ‘Konstitutioneller<br />
Neuropathie’ leide und psychosomatisch<br />
auf Problemstellung<br />
reagiere. Ich schlug ihm die provisorische<br />
Haushaltsauflösung<br />
vor, aber darüber war er dann<br />
voller Wut. Er werde mich völlig<br />
ruinieren, sagte er und davor<br />
fürchte ich mich. Will nicht<br />
mittellos sein. Ich schenkte ihm<br />
aus einem Landverkauf 200’000<br />
Franken, doch das reicht ihm<br />
nicht. Er will von meinem Vermögen<br />
noch mehr Geld. Denke<br />
an Suizid. Hilf mir, bitte, bitte!<br />
Klara<br />
Liebe Klara<br />
Dein Brief hat mich erschüttert<br />
und das darauffolgende lange<br />
Telefonat mit dir, brachte mich<br />
endgültig zur Überzeugung,<br />
dass du dringend Hilfe brauchst<br />
von aussen, so rasch als irgend<br />
möglich. Es kann nicht angehen,<br />
dass eine 90-jährige Frau<br />
im oberen Stockwerk ihres eigenen<br />
Hauses sitzt, in banger Erwartung<br />
und voller Furcht vor<br />
den ‘Befehlen’ des 88-jährigen<br />
Gatten, der ein Stockwerk tiefer<br />
hockt und ein Schreckensregiment<br />
ausübt. Klara, es ist schierer<br />
Wahnsinn, was dein Ehemann<br />
von dir in deinem Alter<br />
noch fordert. Um das Geld zu<br />
sparen, das in Wahrheit einmal<br />
das Deine war, bevor du es ihm<br />
ugs.:<br />
feine<br />
Arbeiten<br />
ausführen<br />
darüber<br />
hinausgehend<br />
(Wortteil)<br />
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schenktest, um deine Ruhe zu haben,<br />
bürdet er dir, seiner 90 Jahre<br />
alten Gattin, eine Pflichtenfülle auf,<br />
die wahrscheinlich wohl nicht mal<br />
mehr eine 30 Jahre jüngere Frau<br />
zu meistern imstande wäre. Liebe<br />
Klara, es ist ein völliges Unding<br />
und nachgerade menschenunwürdig,<br />
dass eine so betagte Seniorin<br />
ohne jede Hilfe in ihrer sie quälenden<br />
Situation allein gelassen wird.<br />
Vor allem mache ich mir grösste<br />
Sorgen zu deiner Feststellung, du<br />
überlegtest dir bereits den Suizid.<br />
Klara, bitte lass ab von solch bitterbösen<br />
Gedanken! Du bist nämlich,<br />
wie ich im Gespräch mit dir feststellen<br />
konnte, von wachem Geist<br />
und drückst dich in einer sprachlichen<br />
Qualität und Form aus, die<br />
erstaunt. Das heisst, das Leben hat<br />
dir noch viel zu bieten, Klara, wirf<br />
es also nicht weg, nur weil dein<br />
Mann, wahrscheinlich altersbe-<br />
dingt nicht mehr im Wissen, was er<br />
dir in seiner Haltung antut, die Zeichen<br />
der Zeit und deren Erfordernisse<br />
nicht erkennt. Wie am Telefon<br />
mit dir abgemacht, gehe ich<br />
nun wie folgt vor: A.) Zu deinen gesundheitlichen<br />
Problemen sage ich<br />
kein Wort, denn ich bin kein Arzt.<br />
Ich machte mich strafbar, würde<br />
ich hierzu Rat erteilen. Wohl aber<br />
kann ich einen Arzt befragen, was<br />
dir ärztlicherseits zu deiner ‘Konstitutionellen<br />
Neuropathie’ zu raten<br />
ist. B.) Ebenso werde ich unverzüglich<br />
bei der «Pro Senectute» eingehenden<br />
Rat holen, wie man eine<br />
90-jährige Frau mit angeschlagener<br />
Psyche so unterstützen kann,<br />
in jeder nur erdenklichen Form<br />
von Hilfe, dass ihr das Leben wieder<br />
lebenswert erscheint. C.) Als<br />
dritte und letzte Massnahme werde<br />
großblütigerZierstrauch<br />
muskulöser<br />
Mann<br />
Schweizer<br />
Hartkäse<br />
Abk.:<br />
angeblich<br />
feste<br />
Erdoberfläche<br />
Ort am<br />
Walensee<br />
(SG)<br />
ugs.:<br />
Kurve<br />
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Bundesland<br />
(Abk.)<br />
Fragewort<br />
Viehfutter<br />
ein Departement<br />
des<br />
Bundesrats<br />
(Abk.)<br />
4<br />
Feier,<br />
Party<br />
Verlosung<br />
niederländ.:<br />
eins<br />
berühmte Mönche<br />
zu St.Gallen<br />
Abk.: Schweizer.<br />
ich (m)einen Juristen befragen,<br />
was zu unternehmen ist, damit<br />
ein vom Pfad der Realitätswahrnehmung<br />
ziemlich abgekommener<br />
88-Jähriger endlich aufhört<br />
seiner bedauernswerten Gemahlin<br />
mit nackter Drohung von Besitzentwendung,<br />
das Dasein zu<br />
vermiesen. Und wenn alle Stricke<br />
reissen, liebe Klara, dann trabe<br />
ich bei deiner Wohngemeinde<br />
an und frage dezent nach, wie es<br />
kommen kann, dass eine 90-Jäh-<br />
rige den Allüren ihres Gatten derart<br />
hilflos ausgesetzt ist. Schliesslich<br />
finanzierst du, Klara, zusammen<br />
mit dem Rest der Ortsbürgerschaft<br />
mit deinen Sozialabgaben<br />
die örtliche Institution der ‘Sozialen<br />
Dienste’ kräftig mit. Also sollen<br />
die ihre Fingerchen dort rausnehmen,<br />
wo sie sie anscheinend<br />
momentan begraben haben in<br />
ihrer Untätigkeit gegenüber deiner<br />
Lage. Wir beide sind nun so<br />
verblieben, Klara: Du liest zuerst<br />
diesen Text und entscheidest in<br />
Ruhe, ob du mit meinem künftigen<br />
Vorgehen einverstanden bist.<br />
Hole dir gerne auch Rat von dritter,<br />
aber bitte nur (!) fachkompetenter<br />
Seite. Du sagtest, du<br />
wirst mir dann einen neuen Brief<br />
schreiben, in welchem du mir<br />
deine Entscheidung mitteilst und<br />
ob du dich mit dem Vorgehen einverstanden<br />
erklärst. Ist dem so,<br />
machen wir weiter, ist dem nicht<br />
so, wünsche ich dir von Herzen<br />
viel Glück und Kraft!<br />
Herzlichst, der Ratgeber<br />
Fragen an: «Ratgeber» Verlagshaus<br />
Zehnder AG, Postfach 30,<br />
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Auflösung <strong>Ausgabe</strong> Nr.47<br />
■<br />
Gewinner/in KW 47<br />
Edgar Lemmel<br />
Lösungswort: ERLOES<br />
Charly Pichler<br />
Lieber Ueli Schmezer<br />
Sparen wir uns doch gleich alle<br />
im interpersonellen Dialog üblichen<br />
Präliminarien und gelangen<br />
sofort in medias res. Ich<br />
ärgere mich jeweils grün und<br />
violett über die ungeheure Arroganz,<br />
mit der Sie nach vorangegangener,<br />
durchaus lobenswert<br />
investigativer Recherche,<br />
Ihre Opfer in die Zange nehmen,<br />
aber einfach nicht zu Wort kommen<br />
lassen. Kaum öffnet der in<br />
Ihrem verbalen Schwitzkasten<br />
ächzende Kontrahent den Mund<br />
zu eigener Sachdarlegung, wird<br />
ihm ins Wort gefallen. Nach der<br />
Methode gewinnt selbst ein zu<br />
ewiger Stummheit verpflichteter<br />
Trappisten-Mönch jedes Rededuell.<br />
Eloquenz befreit nicht<br />
von Pflicht zur Fairness.<br />
Doch das ist es gar nicht, weswegen<br />
ich hier versuche, Sie<br />
selbst in den Schwitzkasten zu<br />
nehmen. Wasfällt Ihnen, der Sie<br />
wie vorerwähnt zu echt sauberer<br />
Recherche fähig sind, denn<br />
ein, einen überführten Kindsmörder<br />
in Ihre TV-Sendung zu<br />
lassen? Der Kerl nämlich, den<br />
Sie resp. TV-Kassensturz am<br />
Di, 27.11. auf Sendung liessen<br />
mit seiner saublöden Behauptung,<br />
er könne mit Toten reden,<br />
spricht makabrerweise tatsächlich<br />
aus berufenem Munde -er<br />
brachte vor Jahren seinen damals<br />
11-jährigen Sohn um! Und<br />
heute befindet ihn, den Kindsmörder,<br />
das Schweizer Fernsehen<br />
im Sendegefäss Kassensturz<br />
unter Ihrer redaktionellen<br />
Federführung stehend, für würdig,<br />
in fröstelnd machender TV-<br />
Vorführung zu demonstrieren,<br />
wie man mit Toten zu lockerluftigem<br />
Small-Talk gelangt? Sagen<br />
Sie mal, TV-Ikone Schmezer,<br />
wobleibt die Würde der Lebenden<br />
und jene der Toten? Wie<br />
definiert SF-Schweiz seinen im<br />
Gesetz ratifizierten Bildungsauftrag?<br />
Indem man Kindsmördern<br />
-hier nach drei Jahren bereits<br />
auf freien Fuss -eine Plattform<br />
zur Selbstdarstellung gibt<br />
zu einer Vorführung, die eng an<br />
widerlich-nacktes Kommerzbestreben<br />
gekoppelt ist. Ja, der von<br />
Ihnen ins TV bugsierte Mörder<br />
seines Sohnes nennt sich nämlich<br />
‘Spiritueller Heiler’ und verlangt<br />
120 Franken die Stunde.<br />
Dass er uns zeigen kann, wie er<br />
mit Menschen kommuniziert,<br />
die er selbst vom Leben zum<br />
Tode beförderte -Kindsmord als<br />
Kundenakquisition? Und solche<br />
Leute holt TV-Kassensturz in<br />
die vom Bürger finanzierte Sendung?<br />
Mir wird schlecht, mir ist<br />
elend schlecht.<br />
E-Mail: pic@zehnder.ch