Vier Herren aus Deutschland: Auf Stippvisite beim ... - BDSW
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am 8. augusT 2008 werden in Peking<br />
– oder wie es inzwischen amtlich<br />
heißt: Beijing – die Olympischen Sommerspiele<br />
eröffnet. Unter dem Slogan<br />
„One World, One Dream“ empfängt man<br />
die Jugend der Welt, um in 28 Sportarten<br />
die Kräfte messen zu lassen. Dieses Großereignis<br />
wirft natürlich seine Schatten<br />
vor<strong>aus</strong>. Nicht mehr ganz so jung waren<br />
die Gäste, die der Verband für Wach- und<br />
Sicherheitsunternehmen der Volksrepublik<br />
China vor kurzem in der chinesischen<br />
Hauptstadt empfing, um über das Thema<br />
Sicherheit zu sprechen, Schwerpunkt:<br />
Olympia. Zum ersten Mal traf man sich<br />
im Pekinger Konferenzzentrum zu einem<br />
solchen internationalen Forum.<br />
<strong>Vier</strong> <strong>Herren</strong> <strong>aus</strong> <strong>Deutschland</strong> waren<br />
dazu eingeladen; sie stellten die stärkste<br />
<strong>aus</strong>ländische Delegation, wie Dr. Tianxin<br />
Yu betont, der über sein Büro in Hannover<br />
die Verbindung zu den Fachleuten<br />
schaffte. Yu bezeichnet dies als eine besondere<br />
Wertschätzung gegenüber den<br />
deutschen Wirtschaftsvertretern. Das Forum,<br />
davon zeigt er sich überzeugt, wird<br />
seine Fortsetzung finden. „Nach dem Beitritt<br />
der Volksrepublik China zur Welthandelsorganisation<br />
besteht für die gesamte<br />
chinesische Wirtschaft und somit auch<br />
für das chinesische Sicherheitswesen die<br />
Notwendigkeit der Marktöffnung, um<br />
sich dem Wettbewerb zu stellen. Vor<strong>aus</strong>setzung<br />
für eine Marktöffnung in diesem<br />
sensiblen Bereich muss jedoch sein, dass<br />
für die innere Sicherheit in China keine<br />
Beeinträchtigung entsteht“, hatte vor<br />
vier Jahren Qu Yuzhu, Professorin im Forschungsinstitut<br />
für Öffentliche Sicherheit<br />
WIRTSChAFT UND POLITIk<br />
<strong>Vier</strong> <strong>Herren</strong> <strong>aus</strong> <strong>Deutschland</strong>:<br />
1-2/2007<br />
<strong>Auf</strong> <strong>Stippvisite</strong> <strong>beim</strong> chinesischen<br />
Sicherheitsverband<br />
Von Peter Niggl<br />
in Peking, betont. Über diese Zeit hat sich<br />
auch die Beziehung zwischen dem chinesischen<br />
Sicherheitsverband und dem<br />
Bundesverband Deutscher Wach- und<br />
Sicherheitsunternehmen e. V. (BDWS)<br />
entwickelt und gefestigt.<br />
Für BDWS-Hauptgeschäftsführer und<br />
CD-Mither<strong>aus</strong>geber, Dr. Harald Olschok,<br />
war es die zweite Reise nach China.<br />
Nach Shanghai im Jahre 2002 war nun<br />
Peking der Veranstaltungsort. Neben Olschok<br />
waren noch drei weitere Fachleute<br />
der deutschen Sicherheitsbranche vom<br />
19. bis zum 22. September in die chinesische<br />
Metropole eingeladen worden:<br />
Bernd Brückner, dessen Bildungsinstitut<br />
in Berlin bereits vor Jahren Besuch von<br />
chinesischen Sicherheits-Fachleuten bekommen<br />
hatte, Peter Schmidt von der<br />
Firma WAKO Nord in Stade und Wolfgang<br />
Schneider von der T & C TrusT & Competence<br />
GmbH in Düsseldorf.<br />
Fremdvergabe<br />
Es war wohl primär das Kennenlernen,<br />
das den Besuch prägte. Besonders aber<br />
auch das Interesse an der praktischen Arbeit<br />
deutscher Sicherheits-Dienstleister.<br />
So war es auch Olschok, dem als erstem<br />
<strong>aus</strong>ländischen Konferenzteilnehmer das<br />
Wort erteilt wurde. Er legte vor den rund<br />
300 Anwesenden Grundsätze und <strong>Auf</strong>gaben<br />
des Wach- und Sicherheitsgewerbes<br />
in <strong>Deutschland</strong> dar. Dabei wagte er auch<br />
einen Ausblick auf kommende Tätigkeitsfelder:<br />
„Die Zukunft des Gewerbes<br />
wird entscheidend beeinflusst von der<br />
Fremdvergabe von Sicherheits-Dienstleistungen<br />
bei privaten und öffentlichen<br />
peTer niggl ist Redakteur der<br />
Fachzeitschrift CD Sicherheits<br />
Management, Rodenbach. Der<br />
Abdruck seines Beitrags erfolgt<br />
mit freundlicher Genehmigung<br />
<strong>aus</strong> Heft 6/06 dieser Zeitschrift.<br />
<strong>Auf</strong>traggebern.<br />
Die Kriminalitätsentwicklung und das<br />
subjektive Sicherheitsempfinden haben<br />
im Vergleich zur Fremdvergabe eine untergeordnete<br />
Bedeutung. Es gibt nur relativ<br />
wenige Marktsegmente (Kontrollen<br />
im ÖPV, City-Streifen), bei denen eine direkte<br />
Verbindung zwischen Kriminalität /<br />
Unsicherheitsgefühl und der Entfaltung<br />
einer kaufkräftigen Nachfrage nach Sicherheits-Dienstleistungennachgewiesen<br />
werden kann. Neue <strong>Auf</strong>gabenfelder<br />
für private Sicherheitsdienste auf kommunaler<br />
Ebene werden in Zukunft bei<br />
der Überwachung des ruhenden Verkehrs<br />
(‚Parkraumbewirtschaftung‘), aber auch<br />
der Geschwindigkeitsmessung entstehen.<br />
Es können unter anderem Geschwindigkeitsmessgeräte,<br />
Auswertungsgeräte der<br />
Messergebnisse, Rotlichtüberwachungsanlagen<br />
mit entsprechenden Auswertungsgeräten<br />
und Überwachungsanlagen<br />
zur Kontrolle des Sicherheitsabstandes<br />
zur Verfügung gestellt werden.“<br />
Nicht nur in Kilometern liegen dabei die<br />
deutschen und die chinesischen Dienstleister<br />
weit <strong>aus</strong>einander. In rund 300 chinesischen<br />
Sicherheits-Unternehmen sind<br />
in China rund 1,2 Millionen Mitarbeiter<br />
beschäftigt. Die Zahl klingt nur im ersten
1-2/2007<br />
Augenblick imposant. Angesichts dessen,<br />
dass die Volksrepublik das 15-Fache an<br />
Einwohnern im Vergleich zu <strong>Deutschland</strong><br />
hat, muss die Branche im Reich der Mitte<br />
derzeit noch als klein eingeschätzt werden.<br />
Anders als in <strong>Deutschland</strong> indes ist das<br />
Gewerbe im <strong>Auf</strong>bau begriffen. Bis zum<br />
Jahr 2010 werden etwa zehn Millionen<br />
Beschäftigte in der chinesischen Sicherheitswirtschaft<br />
tätig sein. <strong>Auf</strong> Grund der<br />
gesellschaftspolitischen Ausrichtung des<br />
Landes besteht eine feste Anbindung der<br />
Branche ans Innenministerium. Beispielsweise<br />
betonten die chinesischen Gastgeber,<br />
dass alle Geschäftsführer der jetzt<br />
existierenden Sicherheits-Unternehmen<br />
im Land zugleich aktive Polizeioffiziere<br />
sind. Deutlich gemacht habe die chinesische<br />
Seite, so Bernd Brückner, dass es<br />
im Moment für eine <strong>aus</strong>ländische Firma<br />
noch nicht möglich ist, in China eine Sicherheitsfirma<br />
zu gründen.<br />
In Peking ist man jedoch, wie Olschok<br />
gegenüber unserer Zeitschrift darlegt,<br />
„am kontrollierten, staatlich gesteuerten<br />
Übergang in marktwirtschaftliche<br />
Strukturen interessiert“. Da nun auch<br />
privatwirtschaftlich <strong>aus</strong>gerichtete Betriebe<br />
in China entstehen, ergibt sich in<br />
Sachen Sicherheit eine veränderte Situation.<br />
Diese neu entstandenen Betriebe<br />
haben nämlich das Recht, sich Sicherheits-Dienstleister<br />
nach ihrem Gusto zu<br />
suchen. So ist augenblicklich auch ein<br />
privater Sicherheitssektor in der Diskussion.<br />
Seit Langem holt man sich deshalb<br />
Erfahrungen im westlichen Ausland. Der<br />
chinesische Wach- und Sicherheitsverband<br />
hat wohl nicht ganz von ungefähr<br />
sein <strong>Deutschland</strong>-Verbindungsbüro in<br />
Bad Homburg im Taunus unweit des<br />
BDWS-Sitzes bezogen.<br />
krasses Sozialgefälle<br />
Neben dem <strong>Auf</strong>tritt auf der Konferenz<br />
beziehungsweise in anschließenden Arbeitsgruppen<br />
wurden die deutschen<br />
Vertreter auch von den beiden führenden<br />
Repräsentanten des chinesischen<br />
Verbandes zum Gespräch eingeladen. So<br />
Besuch in Peking mit einer Delegation des BDWS:<br />
2. von links war der Dolmetscher der Delegation,<br />
Dr. Xan Ju, in der Mitte Dr. Harald Olschok,<br />
Hauptgeschäftsführer des BDWS<br />
besuchte die Gruppe am 21. September<br />
die Generalsekretärin Xie und ihre Stellvertreterin<br />
Jing, die im chinesischen Verband<br />
zuständig ist für die Verbindungen<br />
nach <strong>Deutschland</strong>.<br />
Als auffallend bezeichnet Olschok die<br />
Offenheit, mit der die chinesischen Gastgeber<br />
die Probleme im Land benannten.<br />
Das krasse Sozialgefälle werde als eine<br />
wesentliche Ursache für die steigende<br />
Kriminalität benannt. Er belegt dies mit<br />
einem Beispiel <strong>aus</strong> dem chinesischen Alltag:<br />
Bauarbeiter, für den Bau der Olympiasportstätten<br />
nach Peking verpflichtet<br />
und dort fast kaserniert untergekommen,<br />
erhalten ihren Lohn erst am Ende<br />
ihrer Tätigkeit – also etwa nach einem<br />
Jahr. Mit diesem bar <strong>aus</strong>gezahlten Salär<br />
werden sie dann oft Opfer von Banden,<br />
die in den Arbeitern leichte Beute sehen.<br />
Den um ihre Habe gebrachten Arbeitern<br />
bleibt dann oft meist selbst keine andere<br />
Wahl, als für ihren Lebensunterhalt auf<br />
illegalem Weg aufzukommen. Ein gewaltiges<br />
Sicherheitsproblem denn, so wurde<br />
gegenüber der deutschen Delegation<br />
betont, in den verbleibenden Monaten<br />
bis zum Beginn der Olympischen Spiele<br />
werden etwa fünf Millionen Arbeiter zur<br />
Fertigstellung der Bauten nach Peking<br />
beordert werden.<br />
Unter der Maßgabe, die Sicherheit für<br />
die Olympiade jetzt konkret in Angriff zu<br />
nehmen, war man in Peking unter anderem<br />
an den Erfahrungen des deutschen<br />
Wach- und Sicherheitsgewerbes während<br />
der jüngsten Fußball-Weltmeisterschaft<br />
interessiert. Dazu müsse, so Aus-<br />
bilder Brückner, mindestens ein <strong>Vier</strong>tel<br />
der Sicherheitskräfte weiblich sein – ein<br />
Aspekt, auf den in China noch niemand<br />
gekommen war.<br />
Neben den Olympischen Spielen blickt<br />
man in China auf die Expo 2010. Ein<br />
weiteres Großereignis, bei dem man mit<br />
internationalem Sicherheitsstandard<br />
aufwarten will. „Die Beschäftigten des<br />
chinesischen Sicherheitsgewerbes sind“,<br />
so Brückner, „noch sehr militärisch <strong>aus</strong>gerichtet.“<br />
Brückner, der im November<br />
2003 in seinem Bildungsinstitut in Berlin<br />
Gäste des chinesischen Verbandes begrüßen<br />
konnte, sieht die Notwendigkeit, den<br />
Gedanken „Sicherheit als Dienstleistung“<br />
noch mehr zu vermitteln. Vieles erschien<br />
ihm zu martialisch geprägt. Dabei spiele<br />
der Einsatz von Arbeitskräften oft nur<br />
eine recht geringe Rolle, die Geld- und<br />
Werttransport-Fahrzeuge beispielsweise<br />
verfügen in der Regel über eine Besatzung<br />
mit fünf Mann.<br />
Orientierung am Westen<br />
China ist nicht nur in Sachen Sicherheit<br />
dabei, sich die Praxis im Westen genau<br />
anzusehen, sondern auch auf Gebieten<br />
wie dem Recht, so Olschok, nehme man<br />
die Erfahrungen des Westens genau unter<br />
die Lupe. Da man mit der internationalen<br />
Öffnung auch die Schattenseiten des<br />
Wandels zu spüren bekommt, werde seit<br />
geraumer Zeit alles zusammengetragen,<br />
was mit dem Problem des Betäubungsmittelhandels<br />
und -konsums zu tun hat,<br />
um dies für eine eigene Drogengesetzgebung<br />
zu nutzen.<br />
Der BDWS-Hauptgeschäftsführer sieht<br />
die Beziehungen zum chinesischen Verband<br />
bereits auf recht stabilen Beinen.<br />
Für kommendes Jahr erwartet er eine<br />
zehnköpfige Delegation und geht auch<br />
davon <strong>aus</strong>, wieder eingeladen zu werden.<br />
Für die weitere Zusammenarbeit,<br />
müssten jedoch auch die Formalien der<br />
Einladungen auf eine solidere Grundlage<br />
gestellt und dem BDWS die Möglichkeit<br />
eröffnet werden, eine für den Verband<br />
repräsentative Abordnung nach China zu<br />
entsenden.<br />
WIRTSChAFT UND POLITIk