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Jörg Ziercke - BDSW

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22<br />

Vorbemerkung<br />

Lassen Sie mich bitte mit einer klarstellenden<br />

Vorbemerkung beginnen: Die Kernelemente<br />

meines Vortrages sollen – nach<br />

dem Wunsch der Veranstalter – nicht nur<br />

die Möglichkeiten einer umfassenden, also<br />

möglichst vollständigen und erschöpfenden<br />

Darstellung der Zuverlässigkeitsprüfung<br />

für Beschäftigte im Geld- und Werttransportdienst<br />

enthalten, sondern dabei<br />

auch die Zukunft der kriminologischen<br />

Phänomenologie des Kriminalitätsfeldes<br />

des Geldtransportüberfalls und anderer<br />

affiner Delikte antizipieren. Ein hoher Anspruch<br />

an den Referenten, da auch gewisse<br />

seherische Fähigkeiten gefordert sind.<br />

Als Vorsitzenden des Arbeitskreises Polizei<br />

der Innenministerkonferenz und als<br />

deutschen Ländervertreter in der Task<br />

Force der Europäischen Polizeichefs könnte<br />

meinem Vortrag auch die Funktion einer<br />

quasi amtlichen und offiziösen Stellungnahme<br />

zur internen Regelung der<br />

Zuverlässigkeitsüberprüfung im Geld- und<br />

Werttransportgewerbe zugedacht sein. Ich<br />

will mich dieser Verantwortung nicht entziehen,<br />

weise aber darauf hin, dass meine<br />

Bewertung bisher nicht mit meinen Kollegen<br />

im Arbeitskreis II der Innenminister-<br />

Geld und Wert<br />

Möglichkeiten einer umfassendenZuverlässigkeitsüberprüfung<br />

für Beschäftigte<br />

in Geld- und Wertdiensten<br />

vor dem Hintergrund der zu<br />

erwartenden Kriminalitätsentwicklung<br />

von Ministerialdirigent <strong>Jörg</strong> <strong>Ziercke</strong>, Vorsitzender des Arbeitskreises II der<br />

Innenministerkonferenz und Mitglied des Vorstandes der Stiftung Deutsches<br />

Forum für Kriminalprävention (DFK)<br />

Vortrag auf der Jahresmitgliederversammlung der Bundesvereinigung Deutscher<br />

Geld- und Wertdienste (BDGW) in Frankfurt am Main am 16. April 2002<br />

konferenz abgestimmt ist. Nicht ganz uneigennützig<br />

möchte ich zum Schluss meines<br />

Vortrages um Ihr Engagement für das Deutsche<br />

Forum für Kriminalprävention werben,<br />

das insbesondere für den Geld- und Werttransportdienst<br />

zukünftig ein interessanter<br />

Kooperationspartner sein dürfte.<br />

Euro-Bargeldeinführung: Logistische<br />

Meisterleistung der Geld- und<br />

Werttransportunternehmen<br />

Zunächst jedoch sei ein kurzer Rückblick<br />

auf ein Stück gemeinsamer aktueller Erfolgsgeschichte<br />

von Polizei und Geld- und<br />

Werttransportdiensten gestattet: Ich spreche<br />

von der logistischen Meisterleistung<br />

des Geld- und Werttransportgewerbes zur<br />

Euro-Bargeldeinführung, die öffentlich<br />

nicht annähernd deutlich geworden ist. Die<br />

Innenministerkonferenz war von Beginn an<br />

der Auffassung, dass den mit der Einführung<br />

des Euro erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen<br />

der Polizeien des Bundes und<br />

der Länder eine hohe Priorität zukommt.<br />

Polizeiliche Maßnahmen sollten die Sicherheitskonzepte<br />

des Kreditgewerbes und des<br />

Handels durch lokale und überregionale<br />

Präsenz- und Raumschutzmaßnahmen im<br />

öffentlichen Raum ergänzen.<br />

Dazu, so hieß es, seien auch Kooperationen<br />

mit privaten Geld- und Werttransportunternehmen<br />

erforderlich. Diese Kooperationen<br />

wurden von beiden Seiten strategisch<br />

und taktisch mit dem konstruktiven<br />

Willen zur Lösung der Probleme erfolgreich<br />

organisiert. Andere Partner mussten<br />

nach intensiven Diskussionen von Polizei<br />

und Geld- und Werttransportdiensten zum<br />

Teil mitgezogen werden. Im Nachhinein ist<br />

klar, der „Erfolg hat eben viele Väter“.<br />

Es gilt, die hier auch auf den Arbeitsebenen<br />

der Polizei installierten und positiv entwickelten<br />

Kooperationsformen für die Zukunft<br />

zu erhalten und zu verstärken. Dazu<br />

gibt es bereits ein offenes Angebot zwischen<br />

dem Geschäftsführer des BDGW und<br />

mir zur engeren und dauerhaften Kooperation,<br />

das ich mit meinen Kollegen im Arbeitskreis<br />

II der Innenministerkonferenz<br />

auf der nächsten Sitzung im Mai 2002 diskutieren<br />

werde.<br />

Aktuelles Lagebild der<br />

Geld- und Werttransportüberfälle<br />

in Deutschland<br />

Zur Einführung in meine Überlegungen zu<br />

umfangreicheren Zuverlässigkeitsüberprüfungen<br />

im Geld- und Werttrans-<br />

DSD 3/2002


portdienst möchte ich die Darstellung des<br />

aktuellen Kriminalitätslagebildes und die<br />

sich daraus ergebenden kriminologischen<br />

Besonderheiten zum Modus operandi von<br />

Raubüberfällen voranstellen. Dazu blende<br />

ich zunächst ins Jahr 2001 zurück.<br />

Zu den allgemeinen Feststellungen: Im<br />

Berichtszeitraum für die Euro-Einführung<br />

seit dem 1.7.2001 wurden insgesamt 23<br />

Überfälle auf Geld – und Werttransporte<br />

registriert. In drei Fällen blieb es beim Versuch.<br />

In acht Fällen waren Insider beteiligt,<br />

Gesamtschaden 24,2 Mio. DM und 11,5<br />

Mio. Euro. Neue Formen des Modus<br />

operandi wurden nicht bekannt. Insgesamt<br />

machten Täter in acht Fällen von der<br />

Schusswaffe Gebrauch. Verletzte oder Tote<br />

gab es zum Glück nicht. Bezüge zur Organisierten<br />

Kriminalität sind noch nicht bestätigt.<br />

Allerdings sind von den 23 Taten<br />

bisher nur neun aufgeklärt worden. Von 18<br />

ermittelten Tatverdächtigen waren 13 deutscher<br />

und fünf ausländischer Nationalität.<br />

Erstmals wurden im Februar und im März<br />

2002 auch je ein Überfall auf eine Geldlagerstätte<br />

registriert. In beiden Fällen handelte<br />

sich um Niederlassungen von Transportunternehmen.<br />

Einbruchsdiebstähle in<br />

Geldbearbeitungsunternehmen wurden<br />

nicht bekannt.<br />

Herausragende Einzelfälle<br />

unter besonderer Darstellung<br />

des Tatablaufes<br />

Einige Herausragende Einzelfälle möchte<br />

ich unter besonderer Darstellung des Tatablaufes<br />

illustrieren:<br />

01. Februar 2002, Hamburg, Hummelsbüttel,<br />

das Transportfahrzeug wurde mit<br />

dem Heck unmittelbar an der Schleuse<br />

postiert, aus der dem Beifahrer das Geld<br />

in einem Safepack übergeben wurde. Als<br />

der Beifahrer mit dem Geld die Eingangstür<br />

zum Transporter erreichte und die Tür<br />

entriegelt wurde, erschienen aus einem<br />

angrenzenden Wirtschaftsraum zwei bis<br />

drei Personen, rissen den Beifahrer aus<br />

dem Fahrzeug, schlugen und bedrohten ihn<br />

und raubten 47.000 Euro. Der Fahrer hatte<br />

weisungsgerecht das Fahrzeug vom Tatort<br />

entfernt, um einen Zugriff auf den weiteren<br />

Geldbestand zu verhindern.<br />

07. Februar 2002, in Esslingen, ein Angestellter<br />

einer Transportfirma entwendete<br />

aus dem offenen Geldtransporter 730.000<br />

Euro und flüchtete zu Fuß. Sein Kollege war<br />

zu diesem Zeitpunkt in einer Bank. Täter<br />

und ein Komplize, der das Geld beiseite<br />

schaffen sollte, wurden festgenommen.<br />

DSD 3/2002<br />

Zurzeit sind lediglich 50.000 Euro sichergestellt.<br />

13. Februar 2002, Berlin-Wedding, der Beifahrer<br />

des Geldtransportes verlässt einen<br />

Supermarkt mit den Tageseinnahmen und<br />

bemerkt verdächtige männliche Personen.<br />

Er begibt sich sofort in das Transportfahrzeug.<br />

Täter schießen daraufhin auf die<br />

Beifahrertür, das Transportfahrzeug entkommt.<br />

25. Februar 2002, Frankfurt, der firmenseits<br />

unbewaffnete Fahrer eines Geldtransportes<br />

stoppt sein Fahrzeug unter einem<br />

Vorwand und bedroht seinen Kollegen<br />

mit einer privat mitgeführten Pistole<br />

und lässt zwei Mittäter einsteigen. Dem<br />

Beifahrer werden Handschellen angelegt.<br />

8,6 Mio. Euro werden in einer Tiefgarage<br />

umgeladen. Ein Täter wird am 1.3. an der<br />

schweizerisch/italienischen Grenze mit<br />

1 Mio. Euro festgenommen.<br />

01.März, 2002, Idar-Oberstein, nach Übernahme<br />

von Tageseinnahmen eines Supermarktes<br />

wird der Transporter bei der Abfahrt<br />

durch einen PKW blockiert und gestoppt.<br />

Zwei Täter bedrohen Fahrer mit<br />

Geld und Wert<br />

Panzerfaust und Kalaschnikow. 410.000<br />

Euro werden in Wertbehältnissen übergeben.<br />

Weitere zwei bis drei bewaffnete Täter<br />

hielten sich in der Nähe des Tatfahrzeuges<br />

auf. Mit der Kalaschnikow wurde<br />

mehrfach auf die Vorderreifen des Geldtransporters<br />

geschossen.<br />

Bewertung des aktuellen<br />

Kriminalitätsbildes<br />

Insgesamt ist anzumerken, dass ein Anstieg<br />

der Taten im Vergleich zum Vorjahr<br />

festzustellen ist. Ob dies statistisch signifikant<br />

sein wird, muss der weitere zeitliche<br />

Verlauf zeigen. Dies gilt für Raubüberfälle<br />

auf Geldinstitute und Poststellen, auf Geldund<br />

Werttransportfahrzeuge, auf Geld- und<br />

Kassenboten, auf Wertgelasse und Tresore<br />

sowie auf Handelsunternehmen, neu<br />

sind allerdings die Angriffe auf Geldbearbeitungsunternehmen<br />

und -<br />

lagerstätten. Die Beteiligung von ca. 35<br />

Prozent bereits ermittelter so genannter<br />

Innen- oder Insidertäter, allerdings bei einer<br />

zurzeit noch unterdurchschnittlichen<br />

Aufklärungsquote von ca. 40 Prozent, wobei<br />

die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen<br />

sind, gibt Anlass zur Sorge. Auch bei<br />

23


24<br />

den noch unaufgeklärten Fällen dürften<br />

weitere Insidertäter zu vermuten sein.<br />

Die Feststellung des Bundeskriminalamtes<br />

lautet, dass das gesamte Deliktsfeld weiterhin<br />

aufmerksam beobachtet werden<br />

muss. Für eine absehbare Zunahme der<br />

Gefährdung gibt es zurzeit keine Anhaltspunkte.<br />

Entscheidend unter präventiven<br />

Aspekten ist der Ausbildungsstand und<br />

damit das Verhalten der Beschäftigten der<br />

Geldtransportunternehmen in Verdachtssituationen<br />

oder bei bereits eingetretener<br />

konkreter Gefährdung. Die Umsicht und<br />

Vorsicht der Mitarbeiter, ihre geistige Flexibilität<br />

und Erfahrung, ihre Fähigkeit,<br />

Verdacht zu schöpfen, der Kampf gegen<br />

Routine und Alltagstrott sowie die persönliche,<br />

charakterliche Zuverlässigkeit der<br />

Beschäftigten sind wichtige Präventionsparameter.<br />

Deutlich wird aber auch der<br />

hohe Stellenwert einer guten Ausstattung<br />

an Fahrzeugen, Kommunikations- und<br />

Waffentechnik sowie vorsorglich bereitgehaltene<br />

persönliche Schutzwesten, die während<br />

einer gesamten Dienstschicht auch<br />

komfortabel getragen werden können.<br />

Zuverlässigkeit als Qualitätskennzeichen<br />

der Geld- und Werttransportunternehmen<br />

Die kriminalphänomenologische Darstellung<br />

zeigt, welch hoher Stellenwert der<br />

Zuverlässigkeitsprüfung der Beschäftigten<br />

im Bereich des Geld- und Werttransportes<br />

zukommt. Dies ist mit das entscheidende<br />

Qualitätskennzeichen der Unternehmen<br />

und der Qualitätsmaßstab für die abgelieferte<br />

Leistung und den Preis zugleich.<br />

Da es keine besondere gesetzliche<br />

Zuverlässigkeitsüberprüfung für Beschäftigte<br />

in Geld– und Werttransportunternehmen<br />

gibt, gelten die allgemeinen Bestimmungen<br />

für das Sicherheitsgewerbe<br />

gemäß § 34a Gewerbeordnung in Verbindung<br />

mit § 9 Bewachungsverordnung. Das<br />

Gesetzgebungsverfahren zur Änderung<br />

des Bewacherrechtes wird zu einer gewissen<br />

Verbesserung führen, da nicht nur zu<br />

Beginn der Tätigkeit bereits gründlicher<br />

überprüft werden muss, sondern auch während<br />

der Berufsausübung ein so genanntes<br />

Monitoring stattfinden wird. Zuverlässigkeitsrelevante<br />

Verurteilungen, Haftbefehle<br />

oder Anklageerhebungen einschließlich<br />

Anklageschrift werden von den<br />

Justizbehörden den zuständigen Aufsichtsbehörden<br />

unmittelbar mitgeteilt. Die Aufsichtbehörden<br />

konnten nach altem Recht<br />

nur dem Gewerbetreibenden selbst die Tätigkeit<br />

untersagen, nach neuem Recht soll<br />

dies nun auch für die Beschäftigung des<br />

Personals gelten, wenn Tatsachen die Annahme<br />

rechtfertigen, dass eine Person die<br />

für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit<br />

nicht besitzt. Mit diesem Verfahren soll<br />

eine punktuelle und zielgenaue Zuverlässigkeitsabfrage<br />

eingerichtet werden.<br />

Eine pauschale und turnusmäßige Zuverlässigkeitsüberprüfung<br />

der Branche würde<br />

die Prüfkapazitäten der Gewerbeaufsichtsämter<br />

und sicherlich auch die der<br />

Unternehmen übersteigen.<br />

Die Gewerbeämter sollen zukünftig grundsätzlich<br />

anhand einer unbeschränkten Auskunft<br />

aus dem Bundeszentralregister die<br />

Zuverlässigkeit der Mitarbeiter im gesamten<br />

Sicherheitsgewerbe überprüfen. Daneben<br />

können die Gewerbeämter - wie schon<br />

zuvor - auch andere Erkenntnisquellen<br />

nutzen: zusätzliche Auskünfte aus dem<br />

Gewerbezentralregister, von der Industrieund<br />

Handelskammer, vom Amtsgericht,<br />

vom Finanzamt oder aufgrund von Presseberichten,<br />

Hinweisen von Auftraggebern<br />

oder anderen Firmen, Beschwerden von<br />

Bürgern, die jetzt auch wegen der Pflicht<br />

zum Tragen eines Namensschildes die beschwerte<br />

Person konkret benennen können.<br />

Zuverlässigkeitsnormen: Nicht<br />

nur eine nationale, sondern vor<br />

allem eine europäische Aufgabe<br />

In einer immer stärker verflochtenen, mehr<br />

und mehr zusammenwachsenden Europäischen<br />

Union gilt es nationale Normen in<br />

Bezug auf die Zuverlässigkeit von Unternehmen<br />

und Personal des Sicherheitsgewerbes<br />

in dem gemeinsamen Raum der<br />

Freiheit, der Sicherheit und des Rechts<br />

sinnvoll zu harmonisieren. Dies haben die<br />

europäischen Sozialpartner im Sicherheitsgewerbe,<br />

CoESS und UNI-Europa, auf der<br />

Dritten Europäischen Konferenz am 13.<br />

Dezember 2001 in Brüssel sehr zukunftsorientiert<br />

gefordert. In ihrer „Gemeinsamen<br />

Erklärung über die europäische Harmonisierung<br />

der Rechtsvorschriften zur<br />

Regelung des privaten Wach- und<br />

Sicherheitsgewerbes“ ist dies für die Politik<br />

dargelegt.<br />

Aufgabe der Unternehmen: Intensivierung<br />

der Zuverlässigkeitsüberprüfungen<br />

auf lokaler Ebene<br />

Die gesetzlichen Neuregelungen benötigen<br />

jedoch eine adäquate Ergänzung durch die<br />

Bereitschaft der Unternehmen zur besonders<br />

sorgfältigen und intensiven Wahrnehmung<br />

der Zuverlässigkeitsüberprüfung<br />

ihrer Mitarbeiter. Dies kann nur vor Ort<br />

geschehen. Vor allem muss die Zuverlässigkeitsprüfung<br />

als ein fortwährender<br />

Prozess der Qualitätssicherung des einzelnen<br />

Geld- und Werttransportunternehmen<br />

verstanden werden.<br />

Das Geld- und Werttransportgeschäft ist<br />

ohne Zweifel ein besonders sicherheitsempfindlicher<br />

Bereich, der eine zusätzliche<br />

Qualifizierung erfordert. Der Fundus an<br />

vertrauenswürdigem Personal ist die wichtigste<br />

Ressource eines Unternehmens. Die<br />

Probleme liegen natürlich in der Personalgewinnung<br />

und Personalauswahl. Sehr<br />

hohe Qualitätsansprüche sind zu erfüllen.<br />

Im öffentlichen Dienst würde man diese mit<br />

voller Hingabe zum Beruf, mit Unbestechlichkeit<br />

und besonderer Pflichterfüllung<br />

kennzeichnen. Die soziale Kompetenz der<br />

Mitarbeiter wird in herausragender Weise<br />

angesprochen. Ihre charakterliche Stärke,<br />

ihre Vertrauenswürdigkeit, Ehrlichkeit und<br />

Lauterkeit sind wichtige Qualifikationsfaktoren,<br />

die sich einer absoluten Nachprüfbarkeit<br />

leider verschließen.<br />

Präventionsgeeignete Parameter<br />

für mehr Zuverlässigkeit<br />

Nachfolgend möchte ich den Bereich Geldund<br />

Werttransportdienste mit dem Blick<br />

von außen betrachten, wobei ich für mich<br />

den Vorteil in Anspruch nehme, mich zunächst<br />

nicht an bloßen Kostenaspekten und<br />

schwierigen Kompromissformeln zu orientieren.<br />

Mir geht es in Anbetracht dieses in<br />

Zukunft noch stärker als sicherheitsrelevant<br />

sich entwickelnden Leistungsbereiches<br />

um die Beschreibung präventionsgeeigneter<br />

Parameter.<br />

Eine umfangreichere Zuverlässigkeitsüberprüfung<br />

als bisher sollte folgende Aspekte,<br />

die in Teilen auch schon angedacht oder<br />

umgesetzt sind, vorrangig ausbauen:<br />

Folgendes stelle ich dabei voran: Vertrauen<br />

und Zuverlässigkeit sind zentrale Begriffe,<br />

im Kern die existenziellen Aspekte<br />

im privaten Sicherheitsgewerbe. Für Geldund<br />

Werttransportteure gilt dies in besonderem<br />

Maße. Das intensive Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Auftraggeber und Sicherheitsunternehmen,<br />

vor allem seine Seriosität,<br />

sind etwas Besonderes und daher<br />

entscheidende Marktfaktoren. Die Kompetenz<br />

und Reputation des Unternehmens<br />

spiegelt sich in der Fähigkeit zur Reduzierung<br />

der potentiellen Risiken des Auftraggebers.<br />

Diese Leitlinie sollte die Diskussion<br />

bestimmen.<br />

• Eine Selbstverpflichtung aller Geld- und<br />

Werttransportunternehmen sollte festlegen,<br />

dass aus Sicherheitsgründen keine<br />

Personen aus rechtsextremistischen<br />

DSD 3/2002


Kreisen oder mit entsprechenden Kontakten<br />

eingestellt werden. Dies könnte<br />

eine wichtige Signalwirkung haben. Die<br />

Affinität derartiger Personen zum Polizeidienst<br />

und Sicherheitsdienst ist nachweisbar.<br />

Dies gilt auch für Angehörige<br />

bestimmter ausländerextremistischer<br />

Kreise. Ich könnte mir zu diesem Problemkreis<br />

eine klarstellende Aussage im<br />

Rahmen der allgemeinen Bestimmungen<br />

der Sicherheitsvorschriften, die bisher<br />

lediglich eine ausreichende körperliche<br />

und geistige Qualifikation fordern,<br />

gut vorstellen.<br />

• Die vorhandene Institution eines Sicherheitsbeauftragten,<br />

angebunden an die<br />

Bundesvereinigung (BDGW), ist zu begrüßen.<br />

Die Regelung zur jährlichen<br />

Überprüfung aller Mitgliedsunternehmen,<br />

allerdings abhängig von der<br />

Sicherheitsprüfung durch einen Versicherer,<br />

gibt im Hinblick auf die konkrete<br />

kriminelle Intensität von Insidertäter<br />

zu denken. Hier könnte eine Schwachstelle<br />

struktureller Art vorliegen. Für<br />

mich wäre vorstellbar, dass jedes Unternehmen<br />

im Bereich der Geld- und Werttransportdienste,<br />

falls noch nicht reali-<br />

DSD 3/2002<br />

siert, einen hauptverantwortlichen Sicherheitsbeauftragten<br />

nicht nur zur Gewährleistung<br />

des Unfallschutzes beschäftigt.<br />

Er sorgt für die Umsetzung<br />

und Überwachung der internen Richtlinien<br />

zur Zuverlässigkeitsüberprüfung<br />

der Beschäftigten. Er berät die Leitung<br />

in allen Fragen der personalen Sicherheit<br />

des Unternehmens und ermittelt in<br />

Verdachtsfällen, wenn die Zuverlässigkeit<br />

von Beschäftigten in Frage gestellt<br />

sein könnte.<br />

• Grundsätzlich sollte im Geld- und Werttransportbereich<br />

zwischen Zuverlässigkeitsüberprüfungen<br />

für Transportpersonal<br />

/ Bearbeitern von Geld und<br />

Mitarbeitern in Schlüsselpositionen (so<br />

genanntes Schlüsselpersonal) unterschieden<br />

werden. Der Zugang zu diesen<br />

Funktionen sollte möglichst zeitlich gestaffelt<br />

und nur bei angemessener Stehzeit<br />

in anderen Verwendungen im Unternehmen<br />

erfolgen, wobei eine entsprechende<br />

Bewährung und zusätzliche Beurteilung<br />

zur Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit<br />

erfolgen müssen.<br />

• Umfassende Umfeldermittlungen vor<br />

Aufnahme einer Tätigkeit im Geld- und<br />

Geld und Wert<br />

Werttransportbereich zur persönlichen<br />

Vergangenheit und zu den gegenwärtigen<br />

finanziellen und sozialen Verhältnissen<br />

mit Angabe von drei Referenzpersonen,<br />

Vorlage von Arbeitszeugnissen<br />

früherer Arbeitgeber müssten obligatorisch<br />

sein. Die vorgesehene waffenrechtliche<br />

Überprüfung als grundsätzlichen<br />

Maßstab für alle Beschäftigten im<br />

Bereich der Geld- und Werttransportdienste<br />

ist im Hinblick auf die in § 5<br />

Waffengesetz zur Zuverlässigkeit genannten<br />

Voraussetzungen ein wichtiger<br />

und richtiger Schritt. Eine intensive<br />

Lebenslaufanalyse sollte das Verfahren<br />

ergänzen. Alle Erhebungen sind vollständig<br />

zu dokumentieren.<br />

• Jährliche Überprüfung der Zuverlässigkeit<br />

der Beschäftigten im operativen<br />

Geld- und Werttransportdienst durch<br />

ein polizeiliches Führungszeugnis,<br />

schriftliche Erklärungen zur Einkommenssituation<br />

(so genannte Schufa-Auskunft),<br />

schriftliche Erklärungen zum<br />

sozialen Umfeld im Hinblick auf Ausspähungsversuche<br />

sowie ein anschließendes<br />

obligatorisches Gespräch mit<br />

schriftlicher Protokollvereinbarung<br />

25


26<br />

zwischen dem Sicherheitsbeauftragten<br />

und dem Beschäftigten. Das besondere<br />

Augenmerk muss bei potentieller<br />

Alkoholabhängigkeit, dem Drogenkonsum<br />

und der Überschuldung gesehen<br />

werden. Wenn irgend möglich, sind<br />

Gespräche mit Ehe- oder Lebenspartnern<br />

einschließlich eines Hausbesuchs<br />

durchzuführen. Der Sicherheitsbeauftragte<br />

hat seine Eindrücke schriftlich zu<br />

dokumentieren.<br />

• Der Sicherheitsbeauftragte hat bei Zweifeln<br />

an der Zuverlässigkeit eines Beschäftigten,<br />

die sich insbesondere aus<br />

der Einkommenssituation ergeben können,<br />

den Mitarbeiter bis auf weiteres<br />

vom operativen Geld- und Werttransportdienst<br />

zu suspendieren. Eine<br />

fundierte Prognoseentscheidung reicht<br />

aus. Die Zweifel sind umgehend aufzuklären.<br />

• Bei Verwendung im Geld- und Wertdienst<br />

sind von den Beschäftigten Lichtbilder<br />

zu fertigen, unveränderliche<br />

Kennzeichen zu beschreiben sowie Fingerabdrücke<br />

vorsorglich zu sichern. Diese<br />

ungewöhnlichen Maßnahmen verdeutlichen<br />

dem Mitarbeiter, dass er in<br />

einem besonders sicherheitsempfindlichen<br />

und gefahrgeneigten Arbeitsbereich<br />

tätig wird und eine besondere<br />

Vertrauensstellung einnehmen<br />

soll, die ungewöhnliche Maßnahmen<br />

seitens des Arbeitgebers rechtfertigen.<br />

Jährlich ist ein aktuelles Lichtbild zur<br />

Personalakte zu nehmen.<br />

• Die Unternehmen müssen den Mitarbeitern<br />

im Geld- und Wertdienst verstärkt<br />

Anreize zur vertraulichen Offenbarung<br />

bei verdächtiger externer Ansprache mit<br />

zu vermutetem kriminellen Hintergrund<br />

bieten. Dies gilt auch für Informationen<br />

aus dem Mitarbeiterkreis, die<br />

zufällig zur Kenntnis gelangen.<br />

• Ferner ist eine so genannte „Goldene<br />

Brücke“ für Beschäftigte zu bauen, die<br />

bereits in strafrechtlich relevante Verstrickungen<br />

geraten sind, aber vor Ausführung<br />

der eigentlich beabsichtigten<br />

Straftat zum Nachteil des Geld- und<br />

Wertdienstes die Straftat aktiv zu verhindern<br />

helfen.<br />

• Der Sicherheitsbeauftragte hat einen engen<br />

Kontakt mit dem zuständigen Gewerbeaufsichtsamt<br />

zu pflegen. Bei Zweifeln<br />

an der Zuverlässigkeit eines Mitarbeiters<br />

ist das Amt sofort zu informieren<br />

und in die weitere Aufklärung der<br />

Zuverlässigkeitsprüfung einzubeziehen.<br />

Die getroffenen Sofortmaßnahmen des<br />

Unternehmens sind zur Kenntnis zu<br />

geben, gegebenenfalls im Einverneh-<br />

men mit dem Gewerbeaufsichtsamt neu<br />

festzulegen. Eine Identitätsfeststellung<br />

der Verdachtsperson sollte grundsätzlich<br />

veranlasst werden. Der Mitarbeiter<br />

ist über die eingeleiteten Maßnahmen<br />

zu informieren.<br />

• Unternehmensinterne Prävention und<br />

Aufklärung über arbeitsvertragswidriges<br />

oder kriminelles Verhalten und<br />

mögliche Sanktionen sowie Angebote<br />

zur Offenbarung sind durch interne Öffentlichkeitsarbeit<br />

zu intensivieren. Insbesondere<br />

ist auf die Möglichkeiten der<br />

Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuches,<br />

wonach in bestimmten Fällen<br />

von einer Strafverfolgung oder Bestrafung<br />

abgesehen werden kann, hinzuweisen.<br />

Das Deutsche Forum für<br />

Kriminalprävention und der<br />

Mehrwert für die Wirtschaft<br />

Ich komme zum Schluss: Der Geld- und<br />

Werttransportdienst leistet einen wichtigen<br />

Beitrag zur Verhinderung schwerster<br />

Kriminalitätsformen in Deutschland. Die<br />

Verhinderung oder Erschwerung von Tatgelegenheiten<br />

gegenüber bewaffneten<br />

Straftätern ist eine besondere Form von<br />

Kriminalprävention. Kriminalprävention<br />

hat eine wichtige soziale und ökonomische<br />

Funktion. Sie soll die Zukunft der Menschen<br />

in einem lebenswerten Umfeld sichern.<br />

Sie ist daher langfristig und auf<br />

Nachhaltigkeit angelegt. Lebensqualität ist<br />

ein Wirtschaftsfaktor. Leben, Arbeiten und<br />

Erholen in Freiheit und Sicherheit ist wichtig<br />

für den Standort Deutschland, für die<br />

Gewinnung von Investoren genauso wie<br />

von qualifizierten Arbeitskräften, für den<br />

Markt und den Konsum.<br />

Ich halte es daher für sehr weitsichtig, dass<br />

sich das Private Sicherheitsgewerbe, hier<br />

der BDWS und die SECURITAS Deutschland,<br />

als Zustifter im nationalen Deutschen<br />

Forum für Kriminalprävention engagieren.<br />

Das Private Sicherheitsgewerbe ist im Kuratorium<br />

der Stiftung mit Sitz und Stimme<br />

vertreten. Die gesamtgesellschaftliche Verpflichtung<br />

aller Akteure auf dem Gebiet der<br />

privaten und öffentlichen Sicherheit stand<br />

im Mittelpunkt der Rede von Bundespräsident<br />

Johannes Rau bei der konstituierenden<br />

Sitzung des Kuratoriums im Schloss<br />

Bellevue in Berlin. Einige der Verantwortlichen<br />

der Privaten Sicherheit in Deutschland<br />

haben die Chance erkannt, ihre formale<br />

Position in der Kriminalprävention<br />

öffentlich wirkungsvoll zu definieren und<br />

ihre gesamtgesellschaftliche Akzeptanz zu<br />

festigen. Angesichts der personalen und si-<br />

cherheitstechnischen Leistungsfähigkeit<br />

sowie der gewerblich operativen<br />

Sicherheitsdienstleistungen ist die verstärkte<br />

Mitwirkung des Geld- und Werttransportgewerbes<br />

in der nationalen<br />

und europäischen Kriminalprävention auch<br />

unverzichtbar.<br />

Die Stifter der Wirtschaft in Deutschland<br />

sehen den Trend, dass das Investment in<br />

sozialverantwortlich arbeitende Unternehmen<br />

immer beliebter wird. In so genannte<br />

Ethik-Fonds wurden 1998 in Deutschland<br />

nur 600 Mio. DM investiert, heute sind es<br />

bei über 50 Ethik-Fonds mehr als 2,5 Mrd.<br />

Euro – Tendenz steigend. Der Löwenanteil<br />

kommt von institutionellen Investoren. Das<br />

langfristige Kalkül ist klar: Unternehmen,<br />

die mit Ressourcen und Mitarbeitern verantwortlich<br />

umgehen, sich sozial engagieren,<br />

werden zunehmend bessere Chancen<br />

haben, sich zu behaupten. Die Übernahme<br />

sozialer Verantwortung stärkt das Vertrauen<br />

und die Glaubwürdigkeit von Vorständen<br />

und Management und erleichtert die<br />

Realisierung eigener wirtschaftlicher Zielsetzungen<br />

gegenüber der Öffentlichkeit,<br />

den Kunden, Kreditgebern, Aktionären und<br />

Geschäftspartnern.<br />

Das Deutsche Forum für Kriminalprävention<br />

bietet sich im Rahmen seiner Zielsetzung<br />

für die Wirtschaftsunternehmen in<br />

Deutschland zukünftig als kompetenter<br />

Partner und Sachwalter für die Sicherheit<br />

der Wirtschaftsunternehmen, aber auch<br />

zur Unterstützung in deren operativen<br />

Tätigkeitsfeldern an. Seine politischstrategische<br />

Ausrichtung gewährleistet<br />

über das Kuratorium der Stiftung auch die<br />

Umsetzung auf der höchsten politischen<br />

Ebene in Deutschland. Durch die Vertretung<br />

der Stifter im Kuratorium wird ein<br />

ständiger sicherheitspolitischer Dialog<br />

zwischen Politik und Wirtschaft gewährleistet.<br />

Das Deutsche Forum für Kriminalprävention<br />

bereitet sich auf eine Kooperation mit<br />

dem deutschen Geld- und Werttransportgewerbe<br />

vor. Es besteht die Absicht, einen<br />

ständigen Arbeitskreis für die Sicherheit<br />

in der Wirtschaft zu gründen. Konkrete<br />

Projekte könnten zum Beispiel zur Weiterentwicklung<br />

der Präventionsaufgaben des<br />

privaten Sicherheitsgewerbes auch mit<br />

dem Schwerpunkt Geld- und Werttransportgewerbe<br />

auf den Weg gebracht werden.<br />

Insbesondere vor dem Hintergrund der<br />

europäischen Dimension und der Vertretung<br />

des Deutschen Forums für Kriminalprävention<br />

im europäischen Präventionsnetzwerk<br />

der EU bietet sich eine strategische<br />

Kooperation an.<br />

■<br />

DSD 3/2002

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