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von Ralf Reinwarth der flugleiter 2009/01 ATC Praxis 22 Seltener Gast Zu den bei uns im Upper Airspace vorkommenden, relativ seltenen Phänomenen wie Cosmic Debris (unangemeldet), UFOs (unangemeldet) oder ebenfalls unangemeldeten Gänsen in FL290 (astreine Echelon-Formation auf dem Weg FFM-KRH-TRA, man „jabbelt“ angeregt miteinander), gehören auch ordentlich angemeldete IFR Flights in FL630 (M55 Myasitschew Geophysika, falscher Level für die Richtung; aber – ok) oder, wie an Silvester 2008 passiert, ein Ballonaufstieg bis FL320. Da war das Staunen groß, erstmal über die Registräischn: D-OTGF. Delta Echos fliegen ja hin und wieder im Upper, aber Delta Oskars? „Was ist das überhaupt?“ war die wohl meistgestellte Frage. Nun, es handelte sich um einen Ballon, genauer gesagt um einen Heißluftballon. Ausgerüstet mit Funk und Transponder schickte sich dieser Ballon an, in den Upper Airspace zu steigen. Da kam er dann auch hin, inzwischen vom ganzen Center bestaunt, denn so etwas gibt es wirklich nicht alle Tage. Sofort machten Vermutungen die Runde, da sei eine Kapsel unten dran, der Deutsche Wetterdienst hat einen speziellen Ballon gebaut für Höhenforschung, sonst käme der Funk nicht so klar, der hätte einen Raumanzug an usw. Zusätzliche Nahrung für die Sensationsgier gab die unerfreuliche Tatsache, dass dem besagten Ballon in FL280 der Brenner die Grätsche machte und das Fluggerät mit ca. 1.800 – 2.000 Fuß pro Minute abstieg. Das ist für einen Heißluftballon keine gesunde Rate. Na ja, von einem Unglück war später in der Tagesschau keine Rede und es hielten sich die tollsten Geschichten über das was und wie. Also habe ich mal meine Standard-Investigation gestartet und lieber mal einen gefragt, der dabei war und der es wissen muss, den Piloten. Das war der Herr Thomas Fischer vom Ballonsportclub Hildburghausen, der sich bei unserem Telefonat als erstes für die tolle Zusammenarbeit mit der Deutschen Flugsicherung bedankte, es war ihm ein ausdrückliches Bedürfnis, dass ich das hier zum Ausdruck bringe. Keine Ursache, Herr Fischer, wir machen das gerne. Die Tatsachen, die ich jetzt zu hören bekam, waren naturgemäß sehr anders als die im Kontrollraum kursierenden Gerüchte und sehr interessant. Also erstmal nix mit Kapsel unten dran und Raumanzug oder ähnlicher Kokolores; es handelte sich um einen ganz normalen Heißluftballon für den Fahrgastbetrieb, ein Modell der Firma Schroeder Fireballoons in Schweich bei Trier mit 4.250 Kubikmeter Inhalt (Hubraum? Käme sprachlich und sachlich hin, oder?). Dass er nicht nur besser climbte (das kann jeder) sondern auch besser zu verstehen war als jeder Avroliner lag an dem von Herrn Fischer benutzten Headset, mit dem man sich auch dann noch mit der Flusi verständigen kann, wenn der Brenner zündet, dann wird es nämlich derbe laut, (ist das in der UZ bei CC auch so? pruuust!) und zwar nur dann, um mal ein paar physikalische basics zu streuen, ansonsten ist es in einem Ballon ruhig, ganz ruhig, denn er fährt mit dem Wind, es gibt also keinerlei Windgeräusche. In Spielfilmen flattern den Ballonfahrern manchmal die Haare im Fahrtwind, das ist dummes Zeug!
Zum Raumanzug: es handelte sich um einen Overall, wie ihn auch Gleitschirmflieger benutzen, ein Astronautenhelm war auch nicht im Spiel, der Pilot hatte noch nicht einmal eine Mütze auf, in der trockenen, minus 40 Grad kalten Luft bei direkter Sonneneinstrahlung greift derselbe Effekt, wie ihn Skifahrer beim sonnen vor der Ballerbude kennen, es ist schön warm. Sauerstoff! Hatte man Sauerstoff dabei? Ja- ab 3.500 Meter wird Sauerstoff geatmet. Fallschirme? Fehlanzeige, braucht man nicht, die Ballonhülle wirkt ja als Fallschirm. Ein paar Fakten zur Fahrt: Ziel war der Aufstieg bis auf 10.000 Meter Höhe. Kein Rekordversuch, keine Ambitionen fürs Guinness-Buch der Rekorde oder so etwas. Start war um 07:37 Uhr in EDQH, Herzogenaurach, Landung um 10:10Uhr in Hofheim in Unterfranken. Pilot Thomas Fischer mit Copilot Claus Möller. Höchste erreichte Höhe 8.312 Meter, dann rasanter Abstieg wegen Brenner-Ausfall, sozusagen: „Engine-Failure“. Wie muss man sich diesen rasanten Descent vorstellen, kann da was passieren, Absturzgefahr? Nein. Je tiefer der Ballon kommt, desto mehr stabilisiert er sich auch durch die höhere Luftdichte. Beim rasanten Abstieg wie in unserem Fall dreht sich die Ballonhülle um die eigene Achse, während die Gondel in einer elliptischen Bewegung schwingt, das ist wohl eher nichts für zahlende Gäste, da sind professionelle Nerven angesagt. Herr Fischer wird es sicher noch einmal versuchen, im Moment versucht er, gemeinsam mit dem Hersteller, herauszufinden, warum der Brenner streikte. Also Jungs, bis zur nächsten großen Fahrt und herzlich willkommen im oberen Luftraum! ATC Praxis 23 der flugleiter 2009/01
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