in Der Flugleiter - Deutscher Fluglärmdienst eV

letztes Bollwerk gegen die tariflichen Begehrlichkeiten
der GdF und ihrer Mitglieder.
Zum Eklat kam es dann am 23. Juli durch den Bruch des
vereinbarten Stillschweigens über Zwischenstände der
Verhandlungen. Schriftlich informierte der FBWG-Geschäftsführer
die EDVE-Lotsen bruchstückhaft über
Zahlen und Sachverhalte, die weder ausdiskutiert geschweige
denn abschließend verhandelt worden waren.
In völliger Verkennung der Stimmungslage bei den Lotsen,
die immerhin zu 100% in der GdF organisiert waren
und sind, gelang es ihm jedoch nicht, den gewünschten
Keil zwischen die Lotsen und die GdF-Verhandlungskommission
zu treiben. Nachdem bei einem erneuten
Einigungsversuch am 27. August klar geworden war,
dass die vom Aufsichtsrat der FBWG „ferngesteuerten“
Arbeitgebervertreter nicht bereit waren, bei der Vergütung
noch eine „Schippe“ drauf zu legen und bei der
bereits abgehakten Regelung der Regenerationskuren
sogar zurück rudern wollten, wurden die Lotsen in
Braunschweig vom GdF-Bundesvorstand zu Arbeitskampfmaßnahmen
aufgerufen.
Nachdem die FBWG vergeblich versucht hatte, vor dem
Arbeitsgericht Braunschweig eine einstweilige Verfügung
gegen Arbeitskampfmaßnahmen der GdF zu erwirken,
begannen die Streiks zunächst für mehrere
Stunden an verschiedenen Tagen. Das Verhandlungsangebot
der GdF über eine Notdienstvereinbarung nahm
die FBWG nicht an. Trotzdem wurde die FBWG von der
GdF mit einer jeweiligen Vorlaufzeit von mehr als 12
Stunden über bevorstehende Arbeitsniederlegungen
der Lotsen informiert und die dienstplanmäßig eingeteilten
Lotsen hielten sich während der normalen Öffnungszeiten
des Flughafens im Büro der Streikleitung
für eventuelle Notfälle bereit.
Der erste Tag, an dem ganztägig gestreikt wurde, war
Freitag, der 26. September. Die FBWG versuchte, den
Flugbetrieb aufrecht zu erhalten, indem sie die Kontrollzone
abmeldete und Beauftragte für Luftaufsicht (BfL),
die über ein deutsches Funksprechzeugnis verfügen
und üblicherweise im GAT Dienst tun, als Streikbrecher
einsetzte. Folglich war Braunschweig nur für deutschsprachige
Flugzeugbesatzungen anfliegbar und Luftfahrzeuge,
die Braunschweig nach Instrumentenflugregeln
anfliegen wollten, mussten den IFR-Teil ihres
Flugplans bei Bremen-Radar schließen und bei VFR-
Wetterbedingungen nach Sicht landen. Da der Wettergott
an diesem Freitagmorgen mit den Lotsen war und
Braunschweig in Nebel hüllte, fand bis zum frühen
Nachmittag kein Flugbetrieb statt. Dass es im weiteren
Verlauf des Tages zu mindestens einer gefährlichen Begegnung
von Luftfahrzeugen und zu äußerst unschönen
Auseinandersetzungen zwischen Lotsen und Streikbrechern
kam, sei hier nur am Rande erwähnt. Um die entstandenen
Gräben wieder zuzuschütten, wird wohl
noch einige Zeit ins Land gehen müssen. Auch am folgenden
Montag sowie am Dienstag wurde ganztägig
gestreikt und eine Urabstimmung über einen unbefristeten
Arbeitskampf durchgeführt. Wie nicht anders zu
Regionalflughäfen
erwarten war, nahmen alle Braunschweiger Kollegen an
der Urabstimmung teil. Ergebnis: 100 % für unbefristeten
Streik! – Dieses Ergebnis wurde dem Arbeitgeber
umgehend mitgeteilt. Die Streikleitung wollte den Flughafenkunden
das lange Wochenende nach dem „Tag
der Deutschen Einheit“ nicht vermiesen und beschloss
daher, den unbefristeten Arbeitskampf erst am Montag,
dem 6. Oktober, zu beginnen.
Doch die demonstrierte Entschlossenheit der Lotsen
beeindruckte offensichtlich die Entscheider auf Arbeitgeberseite
derart, dass ein „Umdenkprozess“ einsetzte.
Bereits am Donnerstag wurde der GdF signalisiert, dass
man wieder an den Verhandlungstisch kommen wolle.
In der Folge kam es dann am Mittwoch, dem 8. Oktober,
zur entscheidenden Sitzung der Verhandlungskommissionen.
Nachdem die bis dahin ausgehandelten Bedingungen
nochmals ausführlich dargestellt und besprochen
worden waren (unterbrochen durch die übliche
„Geheimdiplomatie“ der Verhandlungsführer), wurde
schließlich ein Kompromiss mit einer Laufzeit von gut
drei Jahren erzielt.
Hier die wesentlichen Ergebnisse:
01. Die Wochenarbeitszeit wird von 39 auf 38,5 Stunden
reduziert.
02. Pro Arbeitstag werden 1,25 Stunden (inklusiv AZG-
Pause) auf die Arbeitszeit angerechnet.
03. Regenerationskuren (Dauer: 21 Kalendertage) auf
Kosten des Arbeitgebers werden den Lotsen ab
einem Lebensalter von 40 Jahren im Intervall von
5 Jahren gewährt (letzte Kur mit 55 Jahren).
04. Der Arbeitgeber schließt für die Lotsen eine Loss-of-
Licence-Versicherung ab.
05. Bei Untauglichkeit wird dem Mitarbeiter eine andere
zumutbare Tätigkeit unter Fortzahlung der Vergütung
zugewiesen.
06. Gleiches gilt für den Mitarbeiter nach Erreichen der
besondern Altersgrenze für Fluglotsen von 57 Jahren
bis zum Eintritt in die Altersrente oder in eine
eventuelle Altersteilzeitregelung.
07. Die betriebliche Altersversorgung bei der Zusatzversorgungskasse
des öffentlichen Dienstes (früher
VBL) bleibt unverändert bestehen.
08. Die Vergütung der Lotsen wird strukturell angehoben
und gemäß Berufserfahrung in 6 Gruppen gestaffelt.
Die bisherigen Zuschläge und Zulagen werden
mit einer monatlichen Pauschale abgegolten.
Es werden pro Jahr 12 Monatsgehälter gezahlt.
09. Der Übergang vom TVÖD in den GdF-Tarifvertrag erfolgt
rückwirkend zum 01. Juli 2008.
10. Jeweils zum 01. Januar 2009, 2010 und 2011 werden
die Vergütungen jeweils um 6% angehoben.
Obwohl in dieser ersten Phase der GdF-Tarifarbeit im
Bereich RVV eine Übergangsversorgung ähnlich der
DFS-Regelung nicht erreichbar war, findet dieser Kompromiss
inzwischen auch Zustimmung bei den größten
Skeptikern unter den Braunschweiger Fluglotsen. An
dieses Ergebnis wird bei nächsten Tarifverhandlungen
nach Ablauf von drei Jahren anzuknüpfen sein.
35 der flugleiter 2009/01