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Artikel als pdf - Dis|kurs

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Alina Bothe<br />

Widerstand. Auch in einer möglicherweise globalen sowie in differenten nationalen<br />

Erinnerungskulturen wird der jüdische Widerstand ausgesprochen unterschiedlich<br />

bewertet (Erler et al. 2003). Schon diese Diskussion um die Bedeutung<br />

des jüdischen Widerstands gegen die Shoah führt vor Augen, dass Hilberg diesen<br />

Aspekt der Geschichte nicht »ausreichend« klärt. Die fortdauernde Kontroverse<br />

zeigt, dass die »Umstände der Vernichtung« sich noch immer in Erforschung<br />

befinden. Ein anderes Thema, das noch wesentlich stärker emotional aufgeladen<br />

diskutiert wird, ist die Bewertung der Rolle der Judenräte. Hier sei stellvertretend<br />

auf die teilweise gar polemische Diskussion um Chaim Rumkowski, den Ältesten<br />

der Juden im Ghetto Łodz, verwiesen. Auch hier ist noch kein ausreichender<br />

Forschungsstand erreicht. Davon abgesehen, dass die historiographische Erforschung<br />

der Shoah <strong>als</strong>o bei weitem nicht <strong>als</strong> abgeschlossen gelten kann, ist auch<br />

das Attribut »ausreichend« zu hinterfragen. Dennoch hat Agamben recht, wenn<br />

er schreibt, dass »ein Gesamtbild […] <strong>als</strong> gesichert gelten« (Agamben 2003, 7)<br />

kann. Das, was während der Shoah passiert ist, ist im Groben und auch in vielen<br />

Details rekonstruiert worden, dennoch besteht historiographisch noch wesentlicher<br />

Forschungsbedarf. Nach der Feststellung, dass ein Gesamtbild <strong>als</strong> gesichert<br />

gelten kann, konstatiert Agamben, dass wenngleich die historische Erfassung ausreichend<br />

ist, dies nicht für die ethische und politische Bedeutung (Agamben 2003,<br />

7) der Shoah gelte. »Hier fehlt nicht allein so etwas wie der Versuch einer Gesamtdeutung«<br />

(Agamben 2003, 7). Dies ist Agambens Ansatzpunkt, der aber für Was<br />

von Auschwitz bleibt schlussendlich nicht inhaltlich prägend ist. Eine mögliche<br />

Gesamtdeutung der Shoah findet sich in seinem Buch nicht. Und auch hier ist zu<br />

fragen: Kann es eine Gesamtdeutung geben?<br />

Schematisierung der Vernichtung<br />

Als Schematisierung lässt sich die Herausbildung eines narrativen Musters bei<br />

einem oftm<strong>als</strong> wiederholten Vorgang oder einem häufig wiederholten Text begreifen.<br />

Schematisierung oder Modellbildung sind alltäglich und wissenschaftlich<br />

übliche Praxen der Weltaneignung und -durchdringung. Sie sind notwendig, dennoch<br />

sollten sie reflektiert werden <strong>als</strong> das, was sie sind: Schemata. Eine weitere Irritation<br />

leitet sich aus einer Schematisierung der Vernichtung ab, die Bestandteil<br />

von Agambens historischer Narration der Shoah ist und die unreflektiert bleibt.<br />

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