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Artikel als pdf - Dis|kurs

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Alina Bothe<br />

Giorgio Agamben hat 1998 unter dem Titel Quel che resta di Auschwitz. L’archivio<br />

e il testimone, in der deutschen Übersetzung Was von Auschwitz bleibt. Das Archiv<br />

und der Zeuge (2003), höchst komplexe und kontroverse Thesen zur Philosophie,<br />

Geschichte und Theorie der Shoah veröffentlicht. In dem schmalen Band von<br />

knapp einhundertfünfzig Seiten sind Reflexionen über diverse Fragestellungen zu<br />

finden: Auf der einen Seite versucht das Buch Leitlinien einer terra ethica post<br />

Auschwitz zu vermessen, auf der anderen Seite reflektiert das Werk grundlegende<br />

Einsichten in die Geschichte der Shoah und ihre Erinnerung. Dabei geht Agamben<br />

jedoch nicht von Fragestellungen der Erinnerungstheorie oder Überlegungen<br />

zum Trauma der Shoah aus, sondern verwendet einen dezidiert diskurstheoretischen<br />

und biopolitischen Ansatz, der ihm zum einen ermöglicht, bestimmte<br />

innovative Gedanken zur Geschichte und Theorie der Shoah zu formulieren, ihn<br />

zum anderen aber zu Thesen bringt, die kritisch zu hinterfragen sind. Der theoretische<br />

Ansatz des Autors schlägt sich auch in seiner Methodik nieder. Agamben<br />

äußert sich zu geschichtswissenschaftlichen Themen und Fragestellungen unter<br />

Einbezug geschichtswissenschaftlicher Quellen, ohne jedoch auf die Methodik der<br />

Disziplin zurück zu greifen. Insbesondere nutzt er das Repertoire der Quellenkritik<br />

und hierbei vor allem die Kontextualisierung von Quellen nicht. Aufgebaut ist<br />

das Buch nach einer kurzen, aber sehr prägnanten Einleitung <strong>als</strong> fortlaufender<br />

»Kommentar[...] zum Zeugnis« (Agamben 2003, 8). Agamben bezieht verschiedene<br />

Zeugnisse Überlebender ein, in der Hauptsache allerdings kommentiert er das<br />

Zeugnis Primo Levis, mit welchem er über den Verlag Einaudi persönlich bekannt<br />

war. Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass die einzelnen Kapitel des Werkes oftm<strong>als</strong><br />

recht unverbunden wirken. Sie sind jedoch durch den Anspruch, sich an den Kern<br />

dessen, was Auschwitz <strong>als</strong> Synonym der Shoah bedeutet, anzunähern, verbunden.<br />

Die Homo Sacer Bände, deren dritter Band Was von Auschwitz bleibt. Das Archiv<br />

und der Zeuge ist, beinhalten Giorgio Agambens in der Fluchtlinie Michel<br />

Foucaults stehende Überlegungen zu Macht und Herrschaft in Zeiten der Biopolitik.<br />

Die weiteren bisher erschienenen Bände Homo Sacer. Die Souveränität der<br />

Macht und das nackte Leben und Ausnahmezustand wurden 2002 und 2004 in<br />

deutscher Übersetzung veröffentlicht. Insbesondere seine Thesen zum Lager <strong>als</strong><br />

Nomos der Moderne und zum Ausnahmezustand, die irritierende Kontinuitätslinien<br />

zwischen den Lagern des Nation<strong>als</strong>ozialismus und Guantanamo ziehen, sind<br />

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