massnahmen - Landeskriminalamt Baden-Württemberg
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ENTWICKLUNG DER JUGENDGEFÄHRDUNG<br />
Bei den 515 Kindern, die keine Vorbeziehung zum Täter aufweisen, handelt es sich zum großen Teil<br />
(373) um Opfer des sexuellen Missbrauchs i. S. d. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB, d. h. um Opfer von<br />
exhibitionistischen Handlungen. Schwere Fälle des sexuellen Missbrauchs werden dagegen häufiger<br />
im sozialen Nahraum begangen.<br />
Bei der Polizeidirektion Heidelberg wurde der Lebensgefährte der Mutter einer<br />
17-Jährigen angezeigt. Er soll die zur Tatzeit 16-Jährige in der Dusche der gemeinsamen<br />
Wohnung und in deren Bett sexuell missbraucht haben. Wie in der Wohnung ge-<br />
sicherten Foto- und Videodateien zeigten, wurde das Mädchen bereits ab ihrem elften<br />
Lebensjahr intensiv in die Sexualpraktiken der Mutter und deren Lebensgefährten<br />
miteinbezogen. Des Weiteren wurden Dateien mit sexuellen Handlungen zwischen der<br />
Mutter und ihrem jugendlichen Sohn sowie mit in der Wohnung stattfindenden<br />
Drogenpartys, bei denen die Kinder zum Haschischkonsum aufgefordert wurden, ge-<br />
funden.<br />
In den letzten Jahren ist das Problembewusstsein gegenüber sexueller Ausbeutung in Arbeitsfeldern,<br />
in denen zu Kindern und Jugendlichen Kontakt besteht, gestiegen. Die mediale Berichterstattung<br />
konzentrierte sich vor allem auf die katholische Kirche. Aber auch in Schulen, Kindergärten und in<br />
Sport- und Musikvereinen werden immer wieder Fälle bekannt. Sexuelle Ausbeutung in Institu-<br />
tionen/Vereinen ist kein zufälliges Geschehen, sondern das Ergebnis eines strategischen Vorgehens.<br />
Täter versuchen ganz zielgerichtet mit potentiellen Opfern in Kontakt zu kommen. Die Entscheidung<br />
für eine ehren-, haupt- oder nebenamtliche Tätigkeit in einem pädagogischen (Sport, Musik), me-<br />
dizinischen, seelsorgerischen (Kirche) oder therapeutischen Arbeitsfeld ist eine klassische Täterstra-<br />
tegie. Kindertrainer im Sport bietet sich hier genauso an wie die Mitarbeit in einer Hausaufgaben-<br />
hilfe. Von Außenstehenden werden Täter im nachhinein immer als besonders engagiert und pädago-<br />
gisch geschickt („konnte gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen“) beschrieben. Straftäter wägen<br />
ihr Risiko genau ab und bereiten die sexuelle Ausbeutung systematisch vor. Sie vernebeln gezielt<br />
die Wahrnehmung ihrer Umgebung, bauen Beziehungen und Freundschaften zu Eltern und Kollegen<br />
auf und mobben ebenso gezielt kritische Eltern, Kollegen, Kinder und Jugendliche.<br />
Ein 40-jähriger, schon seit 20 Jahren erfolgreich in der Jugendarbeit tätiger Fußballtrainer,<br />
wurde wegen Verdachts der Verbreitung kinderpornografischer Dateien überprüft. Auf-<br />
grund der Auswertung seines PC und seines Handy konnte ihm der sexuelle Missbrauch<br />
von drei Kindern im Alter von elf bis fünfzehn Jahren nachgewiesen werden. Einen Jungen<br />
missbrauchte er über drei Jahre hinweg in etwa fünfzig Fällen. Von den teilweise schla-<br />
fenden Jungen machte er Nacktbilder und schickte sie per Handy an 16 weitere Personen<br />
im ganzen Bundesgebiet.<br />
JUGENDKRIMINALITÄT UND JUGENDGEFÄHRDUNG 13