Porträt 32 Es gibt wenige historische Gebäude im Land, die nicht die unübersehbare und zugleich unsichtbare Handschrift der Familie Campidell tragen. Heutzutage werkt, in vierter Generation, Werner Campidell im Zeichen der Erhaltung. Gegründet wurde der Betrieb bereits im Jahre 1888 im heutigen Südtirol. 17 Jahre später kam Jakob Campidell nach Feistritz/ Drau, wo der Betrieb den nunmehrigen Stammsitz hat. Zahlreiche, teils kaiserliche Preise und Auszeichnungen flankieren den beruflichen Aufstieg. Adolf Campidell übernahm 1936 die Restaurierungsstätte, die wiederum ab 1970 Walter Campidell, bis zur Übergabe an Werner Campidell (1997), betrieb. Als Maler-, Vergolder-, Staffierermeister und Bildhauer ist Werner Campidell in ganz Österreich, ja bis in die Schweiz, Jerusalem und Deutschland, tätig. Er stellt sich sämtlichen Herausforderungen, für die er unter anderem das die Kunst des restaurierens Ochsengalle, Alaun und Oachkatzlschwoaf Bienenwachs, Venezianer Terpentin, Knochenleim und Blattgold. Nicht die Liste eines Alchimisten. Vielmehr handelt es sich um Zutaten, die für Restaurator Werner Campidell Alltag sind. Wort: Peter Umlauft Bild: Georg Pflügl / Campidell Rüstzeug in Venedig erwarb. Die Liste seiner Tätigkeiten ist lang. Musikverein Brahmssaal, Stephansdom, Albertina Wien, Karlskirche und das österreichische Hospiz in Jerusalem sind nur ein paar Beispiele aus einer unglaublich langen Referenzliste. Die Website campidell.com sei dem Interessierten empfohlen. Eine Liste, die so lange ist, wie umgekehrt ein Stück Blattgold dünn ist. Die Kunst des Vergoldens ist eine Sache für sich. Immerhin ist Blattgold 8000 Mal dünner als ein Millimeter. Unvorstellbar, mit einem derartigen Werkstoff zu arbeiten. Um die glänzenden Blättchen aufzutragen, bedarf es als Pinsel eines „Eichkatzlschwafs“ also der feinen Haare, die dem flinken Baumgesellen am Schweif wachsen. Federkielpinsel, Rindshaarpinsel gesellen sich ebenfalls dazu. Wie es Werner Campidell zum Ausdruck bringt, „reicht das Gold eines Dukaten, um ein lebensgroßes Reiterstandbild zu vergolden“. Als Beispiel sei hier die Russisch- ~ <strong>Rettl</strong> 1868 ~ Orthodoxe Kirche in Wien genannt. Zwei Jahre lang wurden die insgesamt 360 Quadratmeter der Kuppeln vergoldet. Immerhin, ein Stück Blattgold hat die Ausmaße von acht mal acht Zentimetern. „Die Kunst des Restaurierens“, so Campidell „liegt nicht nur im handwerklichen Geschick. Vielmehr geht es um das Wiederherstellen alter Materialien, Farben und dergleichen. Die Auswahl der richtigen Hölzer, um Schnitzereien zu ergänzen, stellt ebenso eine große Herausforderung dar. Radial geschnittenes Holz, Zirbe oder Linde geben so manchem Heiligen Arme oder Beine wieder.“ Mit Kasein und Erdfarben geht es historischen Malereien zu Leibe. Selbst im neuen <strong>Rettl</strong> Geschäft, in der Klagenfurter Burg war Campidell mit seinem ganzen „Alchimistenwissen“ am Werk. Der Metnitzer Totentanz legt von der fachlichen Kompetenz ebenso Zeugnis ab wie unzählige Fresken in sakralen Bauten.
Porträt ~ <strong>Rettl</strong> 1868 ~ 33