Die Presse Schaufenster
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Redaktion: Anna Burghardt, Fotos: Matthias Schmidt, beigestellt<br />
Auf Erfahrungssuche beim gastronomischen Wanderzirkus.<br />
Sag bloß nicht Pop-up-Restaurant dazu.<br />
<strong>Die</strong> „Pret a Diner“-Gründer Klaus-Peter<br />
Kofler und Olivia Steele sprechen lieber<br />
von „Dining Experience“. Ja, es ist eine<br />
Erfahrung. Bloß eine andere als erwartet.<br />
Der gastronomische Wanderzirkus, der<br />
nach London, Monaco, München, Frankfurt<br />
und Berlin gerade nach Basel weiterzieht,<br />
zielt auf die Generation „Been there,<br />
done that“ – Leute, die von sich behaupten,<br />
überall gewesen zu sein und alles zu kennen.<br />
Wie lassen sich die begeistern? Mit der<br />
Location? In Berlin fällt die Wahl auf die<br />
eigentlich versperrte alte Opernwerkstatt.<br />
Aufwendige Deko soll dazu Geschichten im<br />
Kopf erzeugen. Wie das besser geht, könnte<br />
sich die Truppe bei Paulus<br />
Mankers Alma-Mahler-Produktion<br />
abschauen. In Berlin<br />
dominiert nämlich Morbides:<br />
Kreuze, Grabmäler als Kerzenständer,<br />
ausgestopfte<br />
Eulen, Totenköpfe neben dem Brotsackerl.<br />
Gruselig. Und die Aussage? Alles im Leben<br />
hat ein Ablaufdatum, so auch dieses Event?<br />
Sollte also zumindest das Essen in Erinnerung<br />
bleiben. Aber wie beim Prêt-à-porter<br />
in der Mode bekommen die Ewigjungen bei<br />
Pret a Diner Gefälliges. In Berlin ein Tropicana-Menü.<br />
Drei Gänge um 55 Euro. Dazu<br />
<strong>Die</strong> Testerinnen<br />
Anna Burghardt, Petra Percher, Almuth Spiegler<br />
NACHSCHLAG: Nicht neu,<br />
aber gut: Zum Erlebnisessen<br />
gehören eine temporäre Galerie<br />
und ein Shop.<br />
Info<br />
trinkt man Wasser aus ehemaligen Gurkengläsern.<br />
<strong>Die</strong> Küche grüßt mit einem trotz<br />
schicken Guavakerns altmodisch wirkenden<br />
Kokon aus Gänsestopfleber. Zur Vorspeise<br />
folgt der gefühlte Höhepunkt. Ein<br />
intensives Rote-Rüben-Mille-Feuille mit<br />
Sardellen-Schaum und Rote-Rüben-Sorbet.<br />
Oder die geschmacklich und optisch klare<br />
kalte Tomatenconsommé mit Burrata-Nockerln<br />
und Basilikum. Danach vier Scheibchen<br />
Roastbeef mit warmem Erdäpfelsalat.<br />
<strong>Die</strong> Lapsang-Souchong-Kruste liefert (hoffentlich<br />
gewollt) den verbrannten Hauch<br />
von Rauchtee dazu. <strong>Die</strong> Brasse mit Bananen-Erdnuss-Crumble<br />
ist trocken, obwohl<br />
sie in einer Tucupi-Suppe (gemeint ist der<br />
Saft einer Maniok) schwimmt.<br />
Das Dessert verlangt schon<br />
wieder ein Tropicana-Lexikon:<br />
Käse mit Kaschu (dem<br />
„Apfel“ zur Cashew-Nuss),<br />
Guava und Cupuaçu (einer<br />
säuerlichen Kakaofrucht) oder Dottereis<br />
mit Kokosschaum. Da fehlt mir nur die<br />
Werbung einer Insel. Denn bei Pret a Diner<br />
toben sich Marketingfuzzis so richtig aus.<br />
Sie platzieren Flipper einer Champagnermarke,<br />
Geländewagen und Airline-Logos.<br />
Nur für ein Essen nach Miami fliegen? Das<br />
wäre ja eine Erfahrung. s<br />
★ Pret a Diner, nächste Stationen: Basel, Frankfurt, London. 2014: Rio, São Paolo, Venedig, Miami. Infos auf:<br />
www.pretadiner.com. Mehr Kolumnen auf: → <strong>Schaufenster</strong>.<strong>Die</strong><strong>Presse</strong>.com<br />
Im Keller<br />
von Gerhard Hofer<br />
Musikantenstadl des Weins.