17.04.2013 Aufrufe

Blutalkohol 2010.pdf - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

Blutalkohol 2010.pdf - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

Blutalkohol 2010.pdf - BADS (Bund gegen Alkohol und Drogen im ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Berg / Glaser / Schubert,<br />

Ein Blick auf den „Tunnelblick“: Ein Aufmerksamkeitsdefizit<br />

infolge schädlichen <strong>Alkohol</strong>genusses<br />

sind, die durch <strong>Alkohol</strong>konsum geschädigt werden <strong>und</strong> demzufolge zu träge auf Ereignisse<br />

am Rande des Gesichtsfelds reagieren, so dass der Fixationspunkt, der das betrachtete<br />

Bildereignis an die Stelle des schärfsten Sehens transportiert, mehr oder weniger in der<br />

(objektiven) Bildmitte bleibt. Diese Interpretation der aufgezeichneten Blickfolge wurde<br />

zusätzlich dadurch erhärtet, dass der <strong>Alkohol</strong>konsum bei dem Exper<strong>im</strong>ent auch die Konvergenz<br />

der Sehachsen beeinträchtigte, als „Doppelbild“ bekannt.<br />

Später wurde diese Interpretation u. a. von Moskowitz <strong>und</strong> Sharma [11] angezweifelt,<br />

<strong>und</strong> Beeinträchtigungen <strong>im</strong> Bewusstsein, insbesondere Defizite bei verteilter Aufmerksamkeit,<br />

kamen als verursachend ins Blickfeld. Die hier dargestellte Untersuchung soll<br />

weitere Evidenz für diese Interpretation erbringen.<br />

Selektive <strong>und</strong> verteilte Aufmerksamkeit<br />

Aufmerksamkeit stellt keine „eigene“ Leistungskategorie kognitiver Prozesse dar. Während<br />

Wahrnehmung, Gedächtnis, bildliche Vorstellung <strong>und</strong> Klassifikation dazu dienen, Information<br />

zu erhalten, ist Aufmerksamkeit eine Basisfunktion, die Ressourcen für die inhaltsstiftenden<br />

Prozesse bereitstellt, <strong>und</strong> zwar auf unterschiedliche Weise.<br />

In der Neuropsychologie ist man zu Taxonomien gelangt [17], die eine möglichst vollständige<br />

Einordnung aller Aufmerksamkeitsfunktionen anstreben. Traditionell wurde dies<br />

anhand von Läsionen best<strong>im</strong>mter Hirnregionen untersucht, validiert an einhergehenden<br />

Ausfällen <strong>im</strong> Verhaltensbereich, später auch anhand „funktionell“ bildgebender Verfahren,<br />

ebenfalls validiert am Verhalten, z. B. Leistungen in bislang vorhandenen, traditionellen<br />

Testverfahren. So unterscheidet man nach einem neueren Modell [19] Aspekte der Intensität<br />

(Alertness <strong>und</strong> Daueraufmerksamkeit/Vigilanz, kurzfristige <strong>und</strong> längerfristige Aktivierung<br />

von Aufmerksamkeit bzw. deren Aufrechterhaltung) <strong>und</strong> der Selektivität (selektive<br />

<strong>und</strong> verteilte Aufmerksamkeit), jeweils mit Unterfunktionen.<br />

Die allgemeine exper<strong>im</strong>entelle Psychologie kommt durch systematische Variation von<br />

Bedingungen auf der Verhaltensebene zu Theorien <strong>und</strong> Modellen darüber, wie Aufmerksamkeit<br />

unter dem Aspekt der Informationsverarbeitung wirkt, unabhängig von den anatomischen<br />

<strong>und</strong> physiologischen Gegebenheiten. Für die Frage nach dem „Tunnelblick“ sind<br />

von daher zwei Anforderungstypen zu unterscheiden, die von der Situation her abgrenzbare<br />

Funktionen der Aufmerksamkeitszuwendung hergeben. Als solche lassen sich in Anlehnung<br />

an Neumann [12] etwas verdichtet annehmen:<br />

• das Abschirmen von Reiz- <strong>und</strong> Reaktionsmustern <strong>gegen</strong> Störeinflüsse (selektive Aufmerksamkeit),<br />

hypothetisch das, was be<strong>im</strong> „Tunnelblick“ funktioniert, <strong>und</strong><br />

• das Integrieren von Merkmalen <strong>und</strong> Reaktionen in die zu vollziehenden Reaktionen<br />

<strong>und</strong> Handlungen (verteilte Aufmerksamkeit), hypothetisch das, was be<strong>im</strong> „Tunnelblick“<br />

nicht funktioniert.<br />

Beide Funktionen bilden insofern ein System, als ihre Schwierigkeit von gleichen Bedingungen<br />

der räumlichen <strong>und</strong> inhaltlichen „Entfernung“ abhängt. Ist ein Reiz <strong>gegen</strong> einen<br />

anderen abzuschirmen, dann verringert sich die Schwierigkeit mit zunehmender räumlicher<br />

Entfernung beider Reize. Sind beide zu integrieren, erhöht sie sich [18]. Beide Funktionen,<br />

sowohl das Separieren wie auch das Integrieren, werden umso schwieriger, je größer<br />

die Ähnlichkeit zwischen den zu separierenden/integrierenden Reizd<strong>im</strong>ensionen ist<br />

[20].<br />

Die eingangs erwähnte vorangegangene Beobachtung, wonach ein Leistungsabfall von<br />

der selektiven zur verteilten Aufmerksamkeit ersichtlich wurde, bezieht sich auf eine Test-<br />

11<br />

BLUTALKOHOL VOL. 47/2010

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!