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Mozart Stadtführer herunterladen [PDF] - Frankfurter Bürgerstiftung ...

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Drei Generationen <strong>Mozart</strong> in Frankfurt – Ein <strong>Stadtführer</strong><br />

Mit freundlicher Unterstützung:<br />

DBV-Winterthur Versicherungen<br />

Internationale Stiftung <strong>Mozart</strong>eum Salzburg<br />

Cronstett- & Hynspergische Evangelische Stiftung<br />

Ernst Max von Grunelius-Stiftung<br />

<strong>Mozart</strong>-Stiftung von 1838 zu Frankfurt am Main<br />

Bankhaus Metzler Frankfurt am Main<br />

Historisches Museum Frankfurt am Main<br />

Degussa AG<br />

Casa Sinopoli - Dr. Ulrike Kienzle<br />

vividprojects GmbH<br />

Kulturothek Frankfurt am Main<br />

Freundes- & Förderkreis der <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong><br />

bombel.com consulting, Freudenstadt<br />

Herausgegeben von:<br />

<strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> im Holzhausenschlößchen<br />

Ausstellungspartner:<br />

Historisches Museum Frankfurt am Main<br />

Internationale Stiftung <strong>Mozart</strong>eum Salzburg<br />

FRANKFURTER BÜRGERSTIFTUNG<br />

IM HOLZHAUSENSCHLÖSSCHEN


1763: Leopold <strong>Mozart</strong>, Kapellmeister aus Salzburg, trifft mit seiner Familie in<br />

Frankfurt ein. Die Konzerte der beiden Wunderkinder Nannerl und Wolfgang<br />

bezaubern die <strong>Frankfurter</strong>. Unter ihnen ist auch eine spätere Berühmtheit:<br />

Johann Wolfgang Goethe.<br />

1790: Der inzwischen berühmte Komponist Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> weilt<br />

anläßlich der Kaiserkrönung Leopolds II. ein weiteres Mal in Frankfurt. Er trifft<br />

viele alte Bekannte, speist in den vornehmsten Häusern der Stadt und gibt ein<br />

Konzert.<br />

1820: <strong>Mozart</strong>s jüngster Sohn Franz Xaver, genannt Wolfgang Amadeus junior,<br />

kommt während einer mehrjährigen Konzertreise für vier Wochen nach Frankfurt.<br />

Er läßt sich vom Cäcilien-Verein begeistern.<br />

Drei Generationen <strong>Mozart</strong> in Frankfurt:<br />

drei Marksteine <strong>Frankfurter</strong> Musikgeschichte!<br />

Drei Generationen <strong>Mozart</strong> in Frankfurt – Ein <strong>Stadtführer</strong><br />

Seite 3 GRUSSWORT<br />

Seite 4 VORWORT<br />

Seite 8 WO MOZARTS WOHNTEN UND WIRKTEN:<br />

EIN SPAZIERGANG DURCH FRANKFURT<br />

Seite 8 EINLEITUNG<br />

Seite 12 1. ALTE BRÜCKE<br />

Seite 14 2. MAINKAI/FAHRTOR<br />

Seite 15 3. RÖMERBERG<br />

Seite 16 4. BENDERGASSE 3/SCHIRN<br />

Seite 17 5. «KAISERDOM» ST. BARTHOLOMÄUS<br />

Seite 18 6. GASTHAUS «ZUM GOLDENEN LÖWEN», FAHRGASSE 27<br />

Seite 19 7. SCHÄRFENGÄSSCHEN/ECKE HOLZGRABEN<br />

Seite 22 8. GASTHAUS «ZUM WEISSEN SCHWAN», STEINWEG 12<br />

Seite 22 9. «BACKHAUS», KALBÄCHER GASSE 10<br />

Seite 23 10. RATHENAUPLATZ<br />

Seite 24 11. KATHARINENKIRCHE<br />

Seite 24 12. ZEIL<br />

Seite 26 13. STIFTSTRASSE/ECKE STEPHANSTRASSE<br />

Seite 26 14. ZEIL<br />

Seite 28 15. ALTE MAINZER GASSE/MAINKAI 35<br />

Seite 30 16. AUSBLICK 2006<br />

© 2005 Herausgeber: <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong>, Stiftungsgeschäftsführer Clemens Greve<br />

Hintergrund: Nach Frankfurt konnte man entweder auf dem Land- oder auf dem Wasserweg reisen: Ein solches Marktschiff brachte die Familie <strong>Mozart</strong> 1763<br />

von Mainz nach Frankfurt. Vorne der Gutleuthof, hinten der Dom St. Bartholomäus.<br />

Titelbild: <strong>Mozart</strong>, von Rosen umgeben, den Arm lässig auf die Säule seines ewigen Ruhmes gestützt, flüchtig beschriebene Notenblätter seiner Hand entgleiten<br />

lassend – so stellte man sich den Tonsetzer im 19. Jahrhundert vor.


Grußwort<br />

<strong>Mozart</strong>-Jahr 2006: Der 250. Geburtstag Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong>s im Januar 2006<br />

ist für viele europäische Städte ein willkommener Anlaß, die Spuren des großen<br />

Komponisten in den eigenen Straßen und Gebäuden, aber auch im Spiegel der<br />

Dokumente von Zeitgenossen und Nachgeborenen zu verfolgen. Deshalb wurde die<br />

Initiative «Europäische <strong>Mozart</strong>-Wege» gegründet und vom Europarat mit der<br />

Auszeichnung «Major Cultural Route» versehen: Kulturreisen, innovative Projekte für<br />

Kinder und Jugendliche, kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen rund um<br />

<strong>Mozart</strong> stehen auf dem Programm. Eine Station auf den «Europäischen <strong>Mozart</strong>-Wegen»<br />

ist Frankfurt am Main: Zweimal ist <strong>Mozart</strong> in unserer Stadt gewesen und hat umjubelte<br />

Konzerte gegeben. Die kunstsinnige <strong>Frankfurter</strong> Bürgerschaft hat <strong>Mozart</strong>s Musik von<br />

Anfang an geliebt; viele seiner Opern wurden bald nach ihrer Uraufführung in Frankfurt<br />

nachgespielt. 1838 wurde hier die <strong>Mozart</strong>-Stiftung zur Förderung junger Komponisten<br />

gegründet. Und so ist es ein lohnendes Unterfangen, die Wege, die <strong>Mozart</strong> in unserer<br />

Stadt unternommen hat, einmal nachzugehen. Der vorliegende <strong>Stadtführer</strong>, herausgegeben<br />

von der <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong>, die die «Europäischen <strong>Mozart</strong>-Wege» in unserer<br />

Stadt vertritt, gibt dazu Gelegenheit.Auch wenn die Häuser, in denen <strong>Mozart</strong> gewohnt<br />

und musiziert hat, nicht mehr stehen, so lädt dieser <strong>Stadtführer</strong> doch dazu ein, Frankfurt<br />

mit neuen Augen zu entdecken – mit den Augen <strong>Mozart</strong>s, dessen Musik noch heute in<br />

Frankfurt eine wichtige Rolle spielt.<br />

Petra Roth<br />

OBERBÜRGERMEISTERIN


4<br />

Vorwort<br />

Z<br />

um <strong>Mozart</strong>jahr 2006, dem 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong>, wird es zahlreiche<br />

Veranstaltungen in Frankfurt am Main geben. Auch die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> wird<br />

im Holzhausenschlößchen und an anderen Veranstaltungsorten in Frankfurt Konzerte, Lesungen,<br />

Vorträge, Kinderveranstaltungen und eine Ausstellung durchführen.<br />

<strong>Mozart</strong> besuchte Frankfurt zweimal, zu Beginn und am Ende seines Lebens. Alle wichtigen Orte,<br />

die er während seiner Aufenthalte in Frankfurt besuchte, sollen in diesem <strong>Frankfurter</strong> <strong>Mozart</strong>-<strong>Stadtführer</strong><br />

in alten und gegenwärtigen Ansichten und anhand des Merian-Stadtplans und in ausführlichen<br />

Beschreibungen veranschaulicht werden. Aber auch der einmonatige Aufenthalt des <strong>Mozart</strong>sohnes<br />

und Komponisten Franz Xaver findet in diesem <strong>Stadtführer</strong> Beachtung. Der Musikwissenschaftlerin<br />

Dr. Ulrike Kienzle ist es zu verdanken, daß wir in diesem <strong>Stadtführer</strong> Näheres über seinen Aufenthalt im<br />

Jahr 1820 in Frankfurt erfahren können. In einer im Januar 2006 stattfindenden Ausstellung «Drei<br />

Generationen <strong>Mozart</strong> in Frankfurt» wollen wir u.a. auch diesen Aufenthalt ausführlich untersuchen.<br />

Nicht nur erwähnt sei aber auch die Arbeit der 1838 in Frankfurt gegründeten <strong>Mozart</strong>-Stiftung, die eine<br />

der ersten Fördereinrichtungen für junge Komponistinnen und Komponisten ist. U. a. wurden durch<br />

diese Stiftung Max Bruch und der Komponist von «Hänsel und Gretel», Engelbert Humperdinck, unterstützt.<br />

Aus der Biographie seines Sohnes Wolfram erfahren wir, daß der eigentliche Entschluß,<br />

sich dem Musikstudium zu widmen, auf den Rat eines gebürtigen <strong>Frankfurter</strong>s, den «Rheinischen<br />

Musikpapst» Ferdinand Hiller, zurückging, der damals das Konservatorium in Köln leitete und den<br />

jungen Engelbert Humperdinck in seine Obhut nahm.<br />

Rechts: Stadtplan von Frankfurt am Main nach Matthäus Merian um 1761 (Historisches Museum Frankfurt am Main)


Doch was hat das alles mit der <strong>Frankfurter</strong> <strong>Mozart</strong>-Stiftung von 1838 zu tun? Sehr viel, schließlich war<br />

es Hiller, der Humperdinck ein Stipendium der <strong>Mozart</strong>-Stiftung besorgte, das ihm ein sorgenfreies<br />

Studium ermöglichte. Zuvor war Humperdinck schwer erkrankt und mußte sein Studium unterbrechen.<br />

Da setzte sich Hiller für die Zusage eines Stipendiums der <strong>Mozart</strong>-Stiftung ein, das wieder «frohe<br />

Stunden ins Elternhaus» brachte. Dieses Stipendium ermöglichte immerhin das Studium für vier<br />

weitere Studienjahre, anfangs in Köln und anschließend in München.<br />

Weshalb schreibe ich darüber so ausführlich? Die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> ist seit 2003 Mitglied im<br />

Verein «Europäische <strong>Mozart</strong>-Wege»; als Geschäftsführer der <strong>Bürgerstiftung</strong> bin ich u.a. auch Mitglied des<br />

Verwaltungsrates der in Frankfurt beheimateten <strong>Mozart</strong>-Stiftung, und so liegt es nahe, daß ich für den<br />

wichtigen <strong>Mozart</strong>ort Frankfurt werbe, dies aber nicht nur im Hinblick auf die interessante Vergangenheit,<br />

sondern auch mit einem Blick in die Zukunft: was können wir, die Freunde und Förderer der<br />

<strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> und alle Freunde der Musik von Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> tun? Wir können<br />

dafür sorgen, daß die <strong>Mozart</strong>-Stiftung unsere Hilfe erfährt, indem wir für deren Arbeit, d. h. die Unterstützung<br />

junger hilfsbedürftiger musikalischer Talente bei ihrer Ausbildung in der Kompositionslehre,<br />

spenden (s. beiliegenden Überweisungsträger). 1923 ist das Stiftungsvermögen der <strong>Mozart</strong>-Stiftung von<br />

240000 Goldmark auf 3000 Goldmark zusammengeschrumpft. Durch eine Vielzahl von kleinen Spenden<br />

konnte die Stiftung bis zum heutigen Tag ein bescheidenes Stiftungskapital zusammentragen, das gerade<br />

für eine kleine regelmäßige Unterstützung dreier Stipendiaten reicht.<br />

Fangen wir in der Europastadt Frankfurt an, helfen wir alle mit, die <strong>Mozart</strong>-Stiftung zu unterstützen,<br />

damit im Jahr 2006 vielleicht noch ein weiteres Stipendium ermöglicht und ein interessantes<br />

Musikprogramm mit den Werken Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong>s und den Werken der Stipendiaten der<br />

<strong>Mozart</strong>-Stiftung zur Aufführung kommt. Ich finde, es ist unsere Aufgabe, der <strong>Mozart</strong>-Stiftung im<br />

<strong>Mozart</strong>-Jubiläumsjahr neuen, aktuellen Auftrieb zu verleihen, damit ihre wertvolle Arbeit auch auf Dauer<br />

weitergeführt werden kann. Das <strong>Mozart</strong>jahr nehmen wir, die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong>, zum Anlaß, um<br />

auf diese kleine wichtige Stiftung aufmerksam zu machen.<br />

Frau Dr. Ulrike Kienzle möchte ich sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit bei der Verwirklichung<br />

dieses gelungenen <strong>Mozart</strong>-<strong>Stadtführer</strong>s danken. Und der <strong>Frankfurter</strong> <strong>Mozart</strong>-Stiftung, die im Laufe ihrer<br />

Geschichte zahlreiche junge Talente gefördert hat, wünsche ich, daß ihr wieder größere Aufmerksamkeit<br />

geschenkt wird. Ganz besonders möchte ich den Mitarbeitern des Historischen Museums Frankfurt<br />

für ihre partnerschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen unserer gemeinsamen, zwischen dem 8. Januar<br />

und dem 24. Februar im Holzhausenschlößchen stattfindenden Ausstellung danken, namentlich Herrn<br />

Dr. Jan Gerchow, Frau Anja Damaschke und Herrn Oliver Morr.<br />

Ihr Clemens Greve<br />

STIFTUNGSGESCHÄFTSFÜHRER<br />

Links: Geometrischer Grundriß der freien Stadt Frankfurt und Sachsenhausen im Jahr 1822;<br />

aufgenommen, gezeichnet und herausgegeben von C. F. Ulrich, Architekt und Mathematiker (Historisches Museum Frankfurt am Main)<br />

7


Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> ist viel in Europa herumgekommen.<br />

Die Enge seiner Vaterstadt Salzburg hat er nie lange ausgehalten;<br />

auch aus Wien trieb es ihn öfter fort, und so können einige Städte<br />

für sich beanspruchen, echte «<strong>Mozart</strong>-Städte» zu sein: Salzburg<br />

und Wien, Mannheim, München und Augsburg, London, Paris<br />

und Prag.Wie steht es da um Frankfurt? <strong>Mozart</strong> war zweimal<br />

hier, zu Beginn und am Ende seines Lebens.<br />

EIN STADTFÜHRER<br />

Text: Ulrike Kienzle<br />

8<br />

Die erste Reise stand ganz im Zeichen des Wunderkindes.Vater<br />

Leopold war mit seiner Familie<br />

im Juni 1763 in eigener Kutsche aus Salzburg<br />

aufgebrochen, um das schier unglaubliche<br />

Können seiner beiden Sprößlinge Wolfgang und<br />

Nannerl der Welt zu präsentieren. Die Reise<br />

führte bis nach London und Paris – und auf<br />

dem Weg dahin eben auch nach Frankfurt. Erst<br />

im November 1766 kehrte die Familie nach<br />

Salzburg zurück.<br />

Wenn man bedenkt, daß die Familie <strong>Mozart</strong> über<br />

drei Jahre ununterbrochen auf Reisen war, dann<br />

muß man sich fragen: Was haben die Kinder<br />

gelernt? Wie haben sie ihre Tage verbracht? Wie<br />

hält es ein Siebenjähriger aus, von Freunden und<br />

Spielzeugen und der heimatlichen Umgebung so<br />

lange getrennt zu sein? Die Familie lebte in der<br />

Kutsche und in Gasthäusern. Dort erhielten die<br />

Kinder auch Unterricht von ihrem Vater. Beide<br />

lernten mühelos: Sprachen, Mathematik, offizielle<br />

Umgangsformen – und natürlich Musik. In<br />

Augsburg hatte Leopold ein «Clavierl», also ein<br />

Reiseclavichord, gekauft, auf dem die Kinder<br />

unterwegs üben konnten. Man hat nicht den<br />

Eindruck, daß die Kinder unglücklich gewesen<br />

wären, im Gegenteil: «Der Wolfgang: ist ganz<br />

ausserordentlich lustig, aber auch schlimm»,<br />

schreibt Vater Leopold aus Frankfurt an einen<br />

Salzburger Freund. «Schlimm» – das heißt wohl:<br />

übermütig, ungezogen, wild – wie Kinder in<br />

diesem Alter eben sind.<br />

In seinen Konzertankündigungen sparte Leopold<br />

nicht mit vollmundigen Versprechungen: Es galt,<br />

«ein Wunder zu verkündigen, welches Gott in<br />

Salzburg hat lassen geboren werden». Solche<br />

Erwartungen konnten seine Kinder stets mühelos<br />

erfüllen, wenn nicht sogar übertreffen. Besonders<br />

der putzige Siebenjährige mit dem pausbäckigen<br />

Kindergesicht in der altväterischen Galauniform<br />

nebst Perücke und Degen wurde überall begeistert<br />

beklatscht, umjubelt, beschenkt und geküßt.


<strong>Mozart</strong>s zweite Reise nach Frankfurt im Herbst<br />

1790 stand unter einem weniger günstigen Stern.<br />

Ein Jahr vor seinem Tod fuhr der von Geldschulden<br />

und sozialem Abstieg bedrohte Komponist<br />

anläßlich der Kaiserkrönung Leopolds II. in die<br />

Stadt am Main. Seine Hoffnung, als Angehöriger<br />

der Hofkapelle eingeladen zu werden, hatte sich<br />

nicht erfüllt: Dem Kaiser gefielen die Werke<br />

Salieris besser, und so mußte <strong>Mozart</strong> auf eigene<br />

Kosten reisen und dafür sein Silber versetzen, um<br />

die Reise finanzieren zu können. Immerhin fuhr<br />

er standesgemäß im eigenen Reisewagen und in<br />

Begleitung seines Schwagers Franz Hofer. Aus<br />

demselben Jahr 1790 stammen die immer verzweifelteren<br />

Bittbriefe an den Logenbruder Michael<br />

Puchberg. In einer Schuldverschreibung, datiert<br />

vom 1. Oktober 1790 (<strong>Mozart</strong> war zu dieser Zeit<br />

bereits in Frankfurt) verpfändet er sein gesamtes<br />

Mobiliar für ein Darlehen von 1000 Gulden.<br />

Offenbar hoffte er, aus Frankfurt eine ansehnliche<br />

Summe zur Tilgung nach Hause zu bringen.<br />

<strong>Mozart</strong> spekulierte, wie 27 Jahre zuvor schon sein<br />

Vater, auf den Reichtum der Stadt. Aber in dem<br />

kunterbunten Rummel rund um die Krönung, in<br />

der Fülle musikalischer, militärischer, gesellschaftlicher<br />

Vergnügungen ging sein eigenes Konzert<br />

förmlich unter. Er wurde zwar von den spärlich<br />

1790 kam Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> in eigener Kutsche nach Frankfurt – wahrscheinlich,<br />

wie auf diesem zeitgenössischen Kupferstich, von der Sachsenhäuser Seite her.<br />

erschienenen Zuhörern mit Ehre und Anerkennung<br />

bedacht, aber finanziell scheint sich die<br />

Unternehmung nicht gelohnt zu haben.<br />

Schließlich weilte <strong>Mozart</strong>s jüngster Sohn Franz<br />

Xaver Wolfgang in Frankfurt – er blieb einen<br />

Monat lang. Er war, wie sein Vater, Komponist<br />

und reisender Virtuose und lebte sein Leben in<br />

dessen Schatten. Von seiner Mutter Konstanze<br />

wurde er schon früh zum Wunderkind erzogen.<br />

Als Fünfjähriger sang er vor geladenen Gästen<br />

Papagenos Vogelfänger-Lied aus der «Zauberflöte»<br />

und brachte schon bald die Klaviersonaten<br />

seines Vaters öffentlich zu Gehör. Er nannte sich<br />

«Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> junior» und schrieb<br />

gediegene Kompositionen im Stil der Frühromantik.<br />

Er war keineswegs unbegabt, aber eben<br />

kein Genie. Nach einer Anstellung als Musiklehrer<br />

bei einer wohlhabenden Familie ließ er<br />

sich in Lemberg nieder und brach von dort im<br />

Mai 1819 zu einer großen Konzertreise durch<br />

Europa auf. Wir wissen gut über diese Reise<br />

Bescheid, denn Franz Xaver <strong>Mozart</strong> führte ein<br />

Brieftagebuch für seine daheim zurückgelassene<br />

Geliebte. Am 5. Dezember 1820 war er hier im<br />

«Rothen Haus» auf der Zeil Zeuge einer denkwürdigen<br />

Aufführung von <strong>Mozart</strong>s Requiem<br />

9


Drei Generationen <strong>Mozart</strong> in Frankfurt am Main:<br />

Oben: Wolfgang Amadeus (1756 – 1791), Siberstiftzeichnung von Dora Stock<br />

Unten links: Vater Leopold (1719 – 1787)<br />

Unten rechts: <strong>Mozart</strong>s Sohn Franz Xaver Wolfgang (1791 – 1844) in zeitgenössischen Darstellungen.<br />

Sie erlebten Frankfurt als eine «altväterische» Stadt voller mittelalterlicher Fachwerkhäuser.<br />

Inzwischen hat sich das Stadtbild vollkommen verwandelt: Das kleine Bild in der Mitte zeigt<br />

die heutige <strong>Frankfurter</strong> Skyline von der Alten Brücke aus.


durch den neu gegründeten Cäcilien-Verein<br />

unter der Leitung von Johann Nepomuk<br />

Schelble. Franz Xaver knüpfte viele Kontakte<br />

zum <strong>Frankfurter</strong> Musikleben, gab ein vielbeachtetes<br />

Konzert und gründete daheim in Lemberg<br />

– angeregt durch das <strong>Frankfurter</strong> Vorbild – seinen<br />

eigenen Cäcilien-Verein.<br />

Ein weiteres wichtiges Kapitel (auf das wir hier<br />

allerdings nicht näher eingehen können) ist die<br />

Aufführungsgeschichte von <strong>Mozart</strong>s Musik in<br />

Frankfurt. Schon früh wurden seine Opern hier<br />

nachgespielt, meist wenige Monate nach der<br />

Uraufführung, und bildeten einen festen Kern im<br />

Repertoire. 1838 gründeten kunstsinnige <strong>Frankfurter</strong><br />

Bürger die «<strong>Mozart</strong>-Stiftung» – eine der<br />

ersten Fördereinrichtungen für junge Komponisten.<br />

Ist Frankfurt also eine richtige <strong>Mozart</strong>-Stadt?<br />

Ja und nein. Natürlich kann Frankfurt nicht mit<br />

Augsburg oder Mannheim, geschweige denn mit<br />

Salzburg oder Wien konkurrieren. Und doch war<br />

Frankfurt eine wichtige Stadt in der Familiengeschichte<br />

der <strong>Mozart</strong>s. Leopold hat hier einige<br />

seiner originellsten Briefe verfaßt und nach eigenem<br />

Bekenntnis so viel erlebt, daß er tagelang<br />

davon hätte berichten können. Die beiden<br />

<strong>Frankfurter</strong> Aufenthalte Wolfgang Amadeus<br />

<strong>Mozart</strong>s stehen jeweils an Wendepunkten seiner<br />

Biographie: Das umjubelte Wunderkind und der<br />

von Sorgen gezeichnete Mann, der um die Gunst<br />

der Reichen buhlen muß – das sind starke<br />

Kontraste. Sein Sohn wiederum nahm aus<br />

Frankfurt viele Anregungen mit. So kann<br />

Frankfurt zwar keinen zentralen, aber durchaus<br />

einen würdigen Platz in der Reihe der <strong>Mozart</strong>-<br />

Städte beanspruchen.<br />

Die beiden <strong>Frankfurter</strong> Aufenthalte Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong>s stehen<br />

jeweils an Wendepunkten seiner Biographie: das umjubelte Wunderkind<br />

und der von Sorgen gezeichnete Mann, der um die Gunst der Reichen<br />

buhlen muß – das sind starke Kontraste.<br />

In diesem kleinen <strong>Stadtführer</strong> möchten wir<br />

Sie anhand von alten und neuen Bildern,<br />

Dokumenten und Texten zu den wichtigsten<br />

<strong>Mozart</strong>-Stätten führen – oder besser gesagt: zu<br />

dem, was aus ihnen geworden ist. Denn die<br />

Katastrophe des Zweiten Weltkrieges hat dafür<br />

gesorgt, daß kein einziges der Häuser, in denen<br />

die drei <strong>Mozart</strong>s sich aufgehalten haben, erhalten<br />

ist. Das alte Frankfurt ist untergegangen, aber die<br />

Erinnerung daran kann wieder lebendig werden.<br />

Deshalb haben wir ganz bewußt die Bilder der<br />

originalen Gebäude mit Fotos aus dem modernen<br />

Frankfurt konfrontiert. Und wir haben den<br />

historischen Stadtplan von Matthäus Merian von<br />

1761 sowie einen Ausschnitt aus einem Plan<br />

von 1822 unserem Sonderdruck beigefügt.Wenn<br />

Sie sich von unseren Vorschlägen zu einem<br />

Spaziergang durch <strong>Mozart</strong>s Frankfurt anregen<br />

lassen, dann wird es Ihnen vielleicht gelingen,<br />

anhand der alten Bilder in Ihrer Imagination die<br />

verschwundenen Häuser neu erstehen zu lassen.<br />

11


WO MOZARTS WOHNTEN UND WIRKTEN:<br />

EIN SPAZIERGANG DURCH FRANKFURT<br />

1. ALTE BRÜCKE<br />

12<br />

1. ALTE BRÜCKE<br />

Die alte Mainbrücke war im 18. und 19. Jahrhundert<br />

eine wichtige Verkehrsader. Sie war jahrhundertelang<br />

die einzige unmittelbare Verbindung<br />

zwischen Sachsenhausen und der Messestadt.<br />

Einige Schritte von hier, in der Brückenstraße<br />

26, ist <strong>Mozart</strong> 1790 im Gasthof «Zu den<br />

drei Rindern» für eine Nacht eingekehrt – «zu<br />

Tod froh, daß wir ein Zimmer erwischt haben». Auch<br />

Schiller hatte hier schon einmal gewohnt. Heute<br />

gibt es das Gasthaus nicht mehr; die Brückenstraße<br />

ist nur noch einseitig bebaut, und dort, wo<br />

<strong>Mozart</strong> übernachtet hat, tost der Verkehr durch<br />

die Walter-Kolb-Straße.<br />

Am Tag nach seiner Ankunft 1790 kam <strong>Mozart</strong><br />

über die Alte Brücke, um sich in der Innenstadt<br />

ein passenderes Domizil zu suchen. Auf umgekehrtem<br />

Wege hatte die Familie <strong>Mozart</strong> schon<br />

1763 die Brücke passiert: Auf ihren Ausflügen<br />

zum Deutschordenshaus und zum Forsthaus<br />

überquerten sie den Main und fuhren dabei<br />

durch die imposanten Stadttore zu beiden Seiten<br />

der Brücke, die auf dem alten Merianplan abgebildet<br />

sind.<br />

Die alte Brücke wurde 1926 durch einen Neubau<br />

ersetzt. Wenn Sie etwa in der Mitte der Brücke<br />

stehen, fällt Ihr Blick zunächst auf die futuristische<br />

Skyline des modernen Frankfurt.Wie mag es<br />

zu <strong>Mozart</strong>s Zeit hier ausgesehen haben?


Frankfurt war eine verwinkelte, mittelalterliche<br />

Stadt mit viel Fachwerk, spitzen Giebeln und 55<br />

Wehrtürmen. Es gab jedoch kaum imposante<br />

Kirchtürme, was von vielen Besuchern des 18.<br />

Jahrhunderts negativ vermerkt wurde. Den Kern<br />

bildete die dicht besiedelte Innenstadt. Sachsenhausen<br />

war in den 1390 geschaffenen Mauerring<br />

einbezogen, wie sich auf dem alten Merianplan<br />

leicht erkennen läßt. 1793 begann die Erweiterung<br />

der Stadt über die Mauern hinaus. Die<br />

Befestigungsanlagen wurden aufgelassen und in<br />

Spazierwege und Gartenanlagen umgewandelt.<br />

So lernte <strong>Mozart</strong>s Sohn Franz Xaver die Stadt<br />

kennen. Viele Häuser in der Altstadt hatten<br />

Schieferdächer, die im abendlichen Sonnenlicht<br />

wunderschön glänzten.<br />

Oben: Die alte Mainbrücke zwischen Frankfurt und Sachsenhausen in einer<br />

Ansicht von 1747. Rechts und links die imposanten Türme, wie sie auch auf<br />

dem alten Merianplan von 1761 zu sehen sind. Das mittelalterliche Bauwerk<br />

mit seinen vielen Bögen war nur acht Meter breit; so muß es zu Messezeiten<br />

hier recht eng gewesen sein. 1926 wurde die alte Brücke durch einen Neubau<br />

ersetzt.<br />

Links: Das «Gasthaus zu den drei Rindern» in der Brückenstraße 26,<br />

historische Fotografie. Daß Schiller und <strong>Mozart</strong> hier einmal übernachtet<br />

hatten, sollte auch Jahrhunderte später noch Gäste anlocken.<br />

Unten: Die Alte Brücke heute – im Hintergrund die Turmspitze des Kaiserdoms<br />

St. Bartholomäus, der zur Zeit der Aufnahme eingerüstet war.


Franckfurt ist ein altväterischer Ort, und von<br />

dem Römer habe ich mir viel andere Vorstellungen<br />

gemacht: Es will weder der Platz noch der Römer<br />

gar nichts sagen. Es giebt doch einige schöne<br />

Gebäude, doch wenige: Hingegen giebt es schöne<br />

Kaufmanns Gewölber, und viel 1000 Juden.<br />

Leopold <strong>Mozart</strong> an Lorenz Hagenauer, 13.August 1763<br />

Links: Einer der beiden Kräne am Mainufer, die Leopold <strong>Mozart</strong><br />

beeindruckten, auf einem Gemälde von Friedrich Wilhelm Hirt<br />

(1757). Der erste Kran ist bereits für 1331 bezeugt. Das Tretrad<br />

im Innern wurde von Knechten in Gang gehalten; auf diese Weise<br />

konnten Schiffe be- und entladen werden. Dafür war eine Gebühr<br />

fällig, das sogenannte «Krangeld».<br />

Oben: Der Römerberg im 18. Jahrhundert. Früher fanden hier<br />

die großen Handelsmessen statt, hier drängten sich Holzstände<br />

und Meßläden mit allem, was die Welt zu bieten hatte. Zu den<br />

Kaiserkrönungen versammelten sich <strong>Frankfurter</strong> Bürger und<br />

Tausende von Fremden, um den Zug des Kaisers und seines<br />

Gefolges vom Römer in den Dom und zurück zu betrachten –<br />

und um bei der Ausübung der «Erzämter» ein Stück vom gebratenen<br />

Ochsen und ein paar Münzen zu ergattern.


2. MAINKAI/FAHRTOR<br />

Um den 10.August 1763 fuhren die <strong>Mozart</strong>s mit<br />

dem Marktschiff von Mainz nach Frankfurt. Sie<br />

hatten einen Teil ihres Gepäcks in Mainz zurückgelassen;<br />

Frankfurt war eher als ein kleiner<br />

Abstecher gedacht. Sie blieben schließlich drei<br />

Wochen. Am Mainufer fielen ihnen sofort die<br />

gewaltigen Kräne auf, mit denen die Güter von<br />

2. MAINKAI/FAHRTOR<br />

3. RÖMERBERG<br />

3. RÖMERBERG<br />

Welchen Eindruck gewann Leopold <strong>Mozart</strong> von<br />

der Stadt? Kurz nach seiner Ankunft schrieb er<br />

den Freunden in Salzburg:<br />

«Franckfurt ist ein altväterischer Ort, und von dem<br />

Römer habe ich mir viel andere Vorstellungen gemacht:<br />

Es will weder der Platz noch der Römer gar nichts<br />

sagen. Es giebt doch einige schöne Gebäude, doch wenige:<br />

Hingegen giebt es schöne Kaufmanns Gewölber, und<br />

viel 1000 Juden.»<br />

Ein hartes Urteil vielleicht – aber auch ein zeittypisches.<br />

Denn im 18. Jahrhundert blickte man<br />

mit Geringschätzung auf den kleinteiligen,<br />

bewegten Baustil des Mittelalters herab. Der<br />

«Römer», das mittlere und höchste von drei zusammenhängenden<br />

Treppengiebelbauten, wurde<br />

vermutlich nach den römischen Kaufleuten so<br />

benannt, die zu Messezeiten hier ihr Quartier<br />

den Schiffen ans Land gehievt wurden – diese<br />

«Drohnen» waren Leopold einen Eintrag ins<br />

Reisetagebuch wert. Auf dem Merian-Stadtplan<br />

von 1761 sind zwei solcher Kräne zu sehen; der<br />

Maler Friedrich Wilhelm Hirt hat einen davon<br />

auf seiner Ansicht des Mainufers von 1757 festgehalten.<br />

In ihrem Innern befand sich ein großes<br />

Tretrad,das von Knechten in Gang gehalten wurde.<br />

hatten, oder auch (wie gelegentlich zu lesen ist)<br />

nach einem seiner Vorbesitzer, der eine Pilgerfahrt<br />

nach Rom gemacht haben soll. Der<br />

Gebäudekomplex gelangte 1405 in den Besitz<br />

der Stadt und wurde zum Rathaus. Hier tagte bei<br />

Kaiserkrönungen der Reichstag. Die wieder aufgebauten<br />

winkligen Häuser gegenüber, die östliche<br />

Römerzeile, geben eine ungefähre Vorstellung<br />

davon, wie es am Römerberg einmal ausgesehen<br />

hat. Die Häuser trugen sprechende<br />

Namen: «Zum Engel», «Goldener Greif», «Wilder<br />

Mann». Leopold <strong>Mozart</strong> hatte für das pittoreske<br />

Idyll mit seinen vielen Wetterfahnen, Hauszeichen,<br />

farbig bemalten oder geschnitzten Hauseingängen<br />

und Wasserspeiern allerdings keinen<br />

Blick. Er bevorzugte den neuen Baustil: große,<br />

geräumige Häuser, wie sie die reichen Kaufleute<br />

für sich bauten. So manches alte Fachwerkhaus<br />

fiel ihnen zum Opfer.<br />

15


4. BENDERGASSE 3 / SCHIRN<br />

16<br />

4. BENDERGASSE 3/SCHIRN<br />

Wo sich heute der monumentale Bau der neuen<br />

«Schirn» erhebt, stand bis zum Jahr 1944 gleich<br />

hinter der Alten Nikolaikirche ein für die Stadt<br />

typisches, verwinkeltes Haus: Bendergasse 3. Es war<br />

1763 das erste Domizil der Familie <strong>Mozart</strong>. Die<br />

Dachzimmer wurden oft an Fremde vermietet.<br />

Wahrscheinlich hatte ein «Mr.Wahler» aus Frankfurt<br />

den <strong>Mozart</strong>s diese Unterkunft vermittelt;<br />

sie hatten ihn in München kennengelernt.<br />

Das Haus in der Bendergasse 3 barg einen ganz<br />

besonderen Schatz: eine Ritzinschrift Leopold<br />

<strong>Mozart</strong>s, die er wohl mit seinem Brillantring in<br />

den Fensterflügel geschrieben hatte.<br />

Leopolds Inschrift ist nicht die einzige (auch<br />

andere Fremde haben sich hier verewigt), aber<br />

ganz sicher die kostbarste. 1879 wurde das Fenster<br />

ausgebaut und dem Historischen Museum<br />

geschenkt – ein Glück, denn bei den schweren<br />

Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs versank<br />

das Haus – wie die gesamte Innenstadt –<br />

in Schutt und Asche.<br />

Oben links: Die Bendergasse in einer Zeichnung von Th. Wolter.<br />

Die Familie <strong>Mozart</strong> wohnte im dritten Haus von links.<br />

Oben rechts: So sieht die Bendergasse heute aus: Aufgang zur «Schirn».<br />

Unten: Leopold <strong>Mozart</strong>s Ritzinschrift auf einem Fensterflügel des<br />

Hauses Bendergasse 3: «<strong>Mozart</strong> Maitre de la Musique de la chapelle<br />

de Salzbourg avec Sa Famile le 12 Août 1763»<br />

Erst 1942 hatte man hier eine Tafel zum<br />

Gedenken an <strong>Mozart</strong>s <strong>Frankfurter</strong> Aufenthalt<br />

angebracht. In der <strong>Frankfurter</strong> Zeitung vom<br />

22. August 1942 war zu lesen:<br />

«Man möchte es beinah nicht glauben, dass dort<br />

<strong>Mozart</strong> einmal gewohnt hat. Die Häuser der Bendergasse<br />

sind nicht die des Rosenecks oder des Römerberges;<br />

sie sind gut bürgerliches Sonntagsbehagen,<br />

gegensätzlich zu dem farbenfrohen Schwung und der<br />

stillen Verträumtheit der anderen, es erscheint unwirklich,<br />

daß die Wucht einer großen Genialität in ihnen<br />

Platz gefunden hat. Dennoch schwingt in ihnen eine<br />

Melodie, nicht nur der Sang strömenden Lebens, das sie<br />

in den Jahrhunderten der Krönungs- und Messebesucher<br />

erfüllt hat, sondern auch das Klingen des Blickes<br />

zum Tuchgaden mit dem Schöppenbrunnen und zur<br />

aufwärts gerichteten Weite des Domes im grünen umgebenden<br />

Laub.» Diese Melodie ist für immer verklungen<br />

– die Musik <strong>Mozart</strong>s dagegen hat alle<br />

Katastrophen überdauert.


5. «KAISERDOM»<br />

ST. BARTHOLOMÄUS<br />

Schon nach wenigen Tagen zogen die <strong>Mozart</strong>s<br />

um.Auf dem Weg zu ihrem zweiten Domizil öffnet<br />

sich direkt hinter der «Schirn» der Blick auf<br />

den «Kaiserdom». In diesem Gotteshaus wurden<br />

die deutschen Könige und Kaiser gewählt und<br />

gekrönt – auch die Krönung Leopolds II., die<br />

<strong>Mozart</strong> 1790 noch einmal nach Frankfurt führen<br />

sollte, fand hier statt.<br />

Eine Kaiserkrönung: Das bedeutete für Frankfurt<br />

stets ein immenses Aufgebot an kulturellen und<br />

gesellschaftlichen Veranstaltungen. Die Festlichkeiten<br />

zogen sich über Wochen hin, verbunden<br />

mit einer unvorstellbaren Prachtentfaltung: Kirchliche<br />

und politische Würdenträger fuhren in goldenen<br />

Karrossen durch die Straßen, von morgens<br />

bis tief in die Nacht gab es Bälle, Feuerwerke,<br />

Aufmärsche, Empfänge und festliche Konzerte.<br />

Leopold II. wurde am 9. Oktober 1790 gekrönt.<br />

Unter «Läutung aller Glocken, Schmettern der<br />

Trompetten und Paucken und immerwährendem<br />

Jubelgeschrey» zogen die hohen Herrschaften in<br />

den Dom. Nach dem feierlichen, äußerst aufwendigen<br />

Ritual zog der Kaiser mit seinem Gefolge<br />

über eine mit Tuch ausgelegte hölzerne Brücke<br />

zum Festmahl in den Römer. Anschließend trieb<br />

sich das Volk zu Tausenden in den verwinkelten<br />

Straßen und Gassen der Altstadt herum. Nach<br />

alter Tradition wurde auf dem Platz vor dem<br />

Römer ein am Spieß gebratener Ochse dem Volk<br />

«preisgegeben». Dazu floß roter und weißer Wein<br />

in Strömen aus einem Brunnen, es wurde ein<br />

großer Berg Hafer für das Volk aufgeschüttet, es<br />

wurden Münzen geworfen – das nannte man in<br />

Frankfurt die «Verrichtung der Erzämter». Beim<br />

Streit um die besten Stücke ging es mit Hauen<br />

und Stechen zu; gelegentlich soll es sogar Tote<br />

gegeben haben.<br />

5. «KAISERDOM»<br />

ST. BARTHOLOMÄUS<br />

Unten: Der frisch gekrönte Kaiser Leopold II. nimmt unter dem Portal des Kaiserdoms die Huldigung der Stadt Frankfurt entgegen –<br />

personifiziert als üppige Frauengestalt, die dem Kaiser die Herzen der begeisterten <strong>Frankfurter</strong> auf dem Präsentierteller darbietet.<br />

Der Engel am oberen Bildrand bläst «Vivat Leopoldus Secundus» auf seiner Trompete, und im Hintergrund des Stadtpanoramas geht<br />

strahlend die Sonne auf. (Allegorischer Stich von J. C. Berndt, 1790)<br />

Rechts: Der Kaiserdom auf einem Ölgemälde um 1765.


6. GASTHAUS «ZUM GOLDENEN<br />

LÖWEN», FAHRGASSE 27<br />

In der Fahrgasse 41 (heute Nr. 27), stand das<br />

Gasthaus «Zum Goldenen Löwen», eine der vornehmsten<br />

Adressen in Frankfurt. Das Haus wurde<br />

im Laufe seiner Geschichte mehrfach umgebaut.<br />

Heute erinnern nur noch ein steinernes<br />

Löwenrelief mit einer Inschrift und der (1781<br />

angebrachte) Löwenbrunnen an das einstmals<br />

berühmte Gasthaus.<br />

Es war üblich, daß Konzertkarten dort gekauft<br />

wurden, wo die Künstler wohnten – und so<br />

erschien es Leopold <strong>Mozart</strong> opportun, hier<br />

ein standesgemäßes Quartier zu beziehen. Im<br />

«Goldenen Löwen« machte die Familie allerlei<br />

interessante Bekanntschaften: So berichtet Leopold<br />

<strong>Mozart</strong> von einem «Frauen Zimmer amazonisch<br />

gekleidet», das mitsamt «Cammermädl», Kutscher<br />

und Bedientem in angetrunkenem Zustand ins<br />

Gasthaus kam, oder von seinen Mitbewohnern,<br />

unter ihnen der Churtrierische Gesandte, ein<br />

Braunschweigischer Husaren-Rittmeister und<br />

drei Engländer. Einer von ihnen pflegte vor dem<br />

Essen im Main zu baden und dann naß «wie eine<br />

getaufte Maus» im Speisesaal zu erscheinen.<br />

Frankfurt war – mit Ausnahme von Augsburg,<br />

von wo Leopold <strong>Mozart</strong> stammte – die einzige<br />

Station auf der großen Reise, die keine fürstliche<br />

Hofhaltung aufzuweisen hatte. Frankfurt war<br />

«Freie Reichsstadt» und ein internationales<br />

Handelszentrum. Die Fremden, die Händler und<br />

nicht zuletzt die Juden, die in ihrem eigenen<br />

Viertel wohnten, brachten Leben in die Stadt.<br />

Während der Messen herrschte hier ein buntes<br />

Treiben.<br />

Allerdings stand es 1763, als die Familie <strong>Mozart</strong><br />

zu Gast war, wirtschaftlich nicht gerade zum<br />

Besten: Nach dem Ende des Siebenjährigen<br />

Krieges waren die französischen Truppen, die jahrelang<br />

in Frankfurt stationiert gewesen waren,<br />

abgezogen und hatten eine schmerzliche Lücke<br />

im Wirtschaftsleben der Stadt hinterlassen.<br />

Im August 1763 erschütterte der ungeheure<br />

Bankrott der Gebrüder de Neufville in Amsterdam<br />

die Finanzmetropole und führte zu einer<br />

schweren Geldkrise. Dreißig Handelshäuser gingen<br />

allein in Frankfurt, 95 weitere in Hamburg<br />

bankrott. «Nun trauet hier keiner dem anderen, bis<br />

man besser weiß, wie tief ein und anderer stecket»,<br />

schrieb Leopold <strong>Mozart</strong> nach Hause.<br />

6. GASTHAUS «ZUM GOLDENEN<br />

Rechts: Ansicht des «Goldenen Löwen» in der Fahrgasse 41 (heute Nr. 27) auf einem zeitgenössischen Kupferstich.<br />

In diesem vornehmen Haus war auch der Philosoph Voltaire im Sommer 1753 schon einmal abgestiegen: Er befand<br />

sich auf der Flucht von Potsdam, wo er bei Friedrich dem Großen in Ungnade gefallen war. Schon am Tag nach<br />

seiner Ankunft wurde er aufgegriffen und unter Hausarrest gestellt, später aber wieder freigelassen. Solche<br />

Unannehmlichkeiten blieben der Familie <strong>Mozart</strong> naturgemäß erspart.<br />

Oben: Der steinerne Löwe im Portal der Fahrgasse 27 erinnert noch heute an die große Vergangenheit des Hauses.


Am 18. war unser Concert. Es war gut.Am 22. ten<br />

wird es wieder seyn, und auch am 25. ten oder 26. ten …<br />

Alles gerieth in Erstaunen! Gott giebt uns die<br />

Gnade, daß wir, Gott Lob, gesund sind, und aller<br />

Orten bewundert werden.<br />

Leopold <strong>Mozart</strong> an Lorenz Hagenauer, 20.August 1763<br />

7. SCHÄRFENGÄSSCHEN/<br />

ECKE HOLZGRABEN<br />

7. SCHÄRFENGÄSSCHEN/<br />

ECKE HOLZGRABEN<br />

Dem Erfolg der <strong>Mozart</strong>schen Konzert-Unternehmung<br />

in Frankfurt tat dies offenbar keinen<br />

Abbruch. Die <strong>Frankfurter</strong> liebten die Musik,<br />

wie der Chronist Johann Bernhard Müller schon<br />

1750 versichert:<br />

«Die Musik-Liebhaberei ist auch allhier sehr groß.<br />

Diese edle Belustigung ist, seitdem der berühmte Herr<br />

Telemann hier gewesen, in große Aufnahme gekommen.<br />

Es sind wenig angesehene Familien, da nicht die<br />

Jugend auf einem oder dem anderen Instrument oder im<br />

Singen unterwiesen wird. Die Konzerte sind deswegen<br />

sowohl öffentlich als in vornehmen Häusern sehr gewöhnlich<br />

und lassen sich dabei insgemein auch fremde und<br />

berühmte Virtuosen hören, wenn sie hier durchreisen<br />

und sich hier aufhalten.»<br />

Zu dieser «edlen Belustigung» wollte auch die<br />

Familie <strong>Mozart</strong> beitragen – so kündigten sie für<br />

den 18. August in den «<strong>Frankfurter</strong> Frag- und<br />

Anzeigungs-Nachrichten» ihr Konzert an.<br />

Das Konzert fand im «Scharffischen Saal» hinter<br />

dem Liebfrauenberg statt. Heute steht hier ein<br />

schmuckloses Haus mit grünen Metalltüren;gegenüber<br />

befindet sich das Kapuzinerkloster mit seinem<br />

idyllischen Innenhof. Der «Scharffische Saal» lag<br />

an der Rückfront von Frau Scharffs Weinwirtschaft<br />

im «Haus zum Spangenberg». Sein Inhaber<br />

hatte ihn «mit allen nur ordentlichen und erforderlichen<br />

Bequemlichkeiten, sowohl zu Hochzeiten, Baals,<br />

Concerten als auch anderen erlaubten Lustbarkeiten»<br />

ausgerüstet, «mit einem bretternen Fußboden versehen,<br />

und mit zwey großen Cristallen-Lüstres, und achtzehn<br />

versilberten Wandleuchtern, nebst erforderlichen<br />

sauberen Stühlen ausgezieret».<br />

Links: Die Konzertankündigung Leopold<br />

<strong>Mozart</strong>s in den «<strong>Frankfurter</strong> Frag- und<br />

Anzeigungsnachrichten» vom 16. August<br />

1763. In einer zweiten Ankündigung vom<br />

30. August ist von der «allgemeinen<br />

Bewunderung, welche die noch niemahls in<br />

solchem Grade weder gesehene noch<br />

gehörte Geschicklichkeit der 2 Kinder des<br />

Hochfürstl. Saltzburgischen Capellmeisters<br />

Herrn Leopold <strong>Mozart</strong>, in den Gemüthern<br />

aller Zuhörer erwecket», die Rede.<br />

19


Ursprünglich war nur ein Konzert vorgesehen,<br />

doch daraus wurden vier – man stand um die<br />

Konzertkarten Schlange.<br />

Unter den Zuhörern der vier Konzerte befand<br />

sich auch der Kaiserliche Rat Johann Caspar<br />

Goethe mit seinem vierzehnjährigen Sohn.<br />

«Ich habe <strong>Mozart</strong> als 7 jährigen Knaben gesehen, wo<br />

er auf einer Durchreise ein Konzert gab. Ich selber war<br />

etwa 14 Jahre alt, und ich erinnere mich des kleinen<br />

Mannes in seiner Frisur und Degen noch ganz deutlich…»<br />

(Johann Wolfgang Goethe zu Johann Peter<br />

Eckermann, 3. Februar 1830)<br />

18. Jahrhundert versammelte sich hier das<br />

Gefolge des Kaisers und der Fürsten zum feierlichen<br />

Einzug anläßlich der Krönungen.<br />

Leopold <strong>Mozart</strong> knüpfte in den reichen<br />

Bürgerhäusern wichtige Kontakte. Fast alle<br />

bedeutenden Honoratioren der Stadt waren<br />

Besucher der Konzerte gewesen oder hatten die<br />

<strong>Mozart</strong>s zu sich eingeladen, darunter der Kaiserliche<br />

Gesandte Johann Anton von Pergen, der<br />

Bürgermeister Johann Isaac Mohrs, kirchliche<br />

Würdenträger wie Damian Friedrich Dumeiz,<br />

Komponisten wie David Otto, Johann Christoph<br />

Fischer und Maestro Francesco Maggiore,<br />

Bankiers und Händler wie die Gebrüder<br />

Bethmann, Angehörige der Familie Sarasin und<br />

Abraham Chiron (um nur einige zu nennen).<br />

Eine unbekannte <strong>Frankfurter</strong> Kaufmannsgattin<br />

gab Leopold einen Empfehlungsbrief an den<br />

Zwischen den Konzerten blieb der Familie Zeit<br />

für Spaziergänge und Besichtigungen.<br />

Leopold <strong>Mozart</strong>s Reisetagebuch führt die<br />

Sehenswürdigkeiten auf: die Schnurgasse (sie ist<br />

auf dem Merianplan noch zu sehen, wurde später<br />

jedoch überbaut), die Zeil (wo schon damals<br />

wichtige Handelshäuser standen), den Roßmarkt<br />

und den Markt, natürlich den Römerberg und<br />

den Liebfrauenberg, die Kapuziner- und die<br />

Dominikanerkirche, die alte Mainbrücke, die<br />

Vorstadt Sachsenhausen mit dem Deutschordenshaus<br />

und schließlich das Forsthaus außerhalb<br />

der Stadt – ein beliebtes Ausflugsziel. Im<br />

Die Nannerl trägt zum spazieren gehen einen Englischen Hut, wie es in diesen<br />

gegenden bey Frauenzimmern mode ist.Wenn wir so zu Salzburg: durch die<br />

Strassen giengen, lieffe es alles zusamm, als wenn der Rhinoceros käme.<br />

Leopold <strong>Mozart</strong> an Lorenz Hagenauer, Frankfurt, 20.August 1763<br />

20<br />

diplomatischen Agenten Friedrich Melchior<br />

Grimm mit; er sollte ihm später in Paris alle<br />

Türen öffnen.<br />

Am 31. August 1763 fuhr die Familie mit dem<br />

Marktschiff zurück nach Mainz.Von dort ging es<br />

weiter über viele Stationen – so auch nach<br />

London und nach Paris.


Ich habe <strong>Mozart</strong> als 7jährigen<br />

Knaben gesehen, wo er auf einer<br />

Durchreise ein Konzert gab.<br />

Ich selber war etwa 14 Jahre alt,<br />

und ich erinnere mich des kleinen<br />

Mannes in seiner Frisur und<br />

Degen noch ganz deutlich…<br />

Johann Wolfgang Goethe zu Johann Peter Eckermann, 3. Februar 1830<br />

Rechts oben: Der siebenjährige <strong>Mozart</strong> am Klavier – so dürfte Johann<br />

Wolfgang Goethe ihn erlebt haben.<br />

Mitte links: So sieht es im Schärfengäßchen/Ecke Holzgraben heute aus.<br />

Unten links: Leopold <strong>Mozart</strong>s Reisetagebuch mit den tabellarischen<br />

Aufzeichnungen zu seinem <strong>Frankfurter</strong> Aufenthalt. Hier sind die wichtigsten<br />

Sehenswürdigkeiten und die bedeutendsten Personen verzeichnet.<br />

Unten rechts: Die Familie <strong>Mozart</strong> beim Musizieren: Vater Leopold spielt die<br />

Geige, Schwester Nannerl singt, Wolfgang spielt Klavier. Stich von J. B.<br />

Delafosse nach einem Bild von L. C. de Carmontelle (1763/64).


8. GASTHAUS «ZUM WEISSEN<br />

SCHWAN», STEINWEG 12<br />

Als Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> im September<br />

1790 erneut nach Frankfurt kam, verbrachte<br />

er die zweite Nacht seines Aufenthalts im<br />

«Weißen Schwan» im Steinweg. Auch von<br />

diesem Gebäude ist nichts mehr geblieben; wir<br />

stehen vor einem modernen Geschäftshaus.<br />

Heute erinnert eine Gedenktafel nur noch<br />

an Bismarcks Friedensschluß von 1871, der im<br />

«Weißen Schwan» unterzeichnet worden ist.<br />

9. «BACKHAUS»,<br />

KALBÄCHER GASSE 10<br />

Schon am nächsten Tag zog <strong>Mozart</strong> wieder um:<br />

«Wo glaubst du daß ich wohne – bey Böhm im nemlichen<br />

Hause; Hofer auch. wir zahlen 30 gulden das<br />

Monath, und das ist noch ausserordentlich wenig. – wir<br />

gehen auch zu ihnen in die kost.»<br />

8. ZUM «WEISSEN SCHWAN», STEINWEG 12<br />

9. «BACKHAUS», KALBÄCHER GASSE 10<br />

Oben: Das Haus Kalbächer Gasse 10<br />

heute. Im alten «Backhaus» hat <strong>Mozart</strong><br />

zusammen mit dem Theaterdirektor<br />

Böhm gewohnt; heute ist es eine<br />

begehrte Adresse für Feinschmecker.<br />

Rechts: Wolfgang Amadeus <strong>Mozart</strong> beim<br />

Komponieren, den Mantel flüchtig über<br />

die Stuhllehne geworfen, als sei er<br />

schon auf dem Heimweg von seinen<br />

musikalischen Inspirationen überrascht<br />

worden – so stellte sich die Nachwelt<br />

das Leben des Genies vor.<br />

… ich lebe hier bis dato noch ganz retiré – gehe den ganzen Morgen<br />

nicht aus, sondern bleibe in meinem Loch von einer Stube und schreibe;<br />

– meine ganze Unterhaltung ist das Theater, wo ich dann Bekannte<br />

genug antreffe, von Wien, München, Mannheim und sogar Salzburg…<br />

<strong>Mozart</strong> an Konstanze, Frankfurt den 3. Oktober 1790<br />

Theaterdirektor Heinrich Böhm wohnte in der<br />

Kalbächer Gasse (der sogenannten «Freßgass’») im<br />

alten «Backhaus». Bis heute haben sich hier<br />

immer wieder Bäckereien, Konditoreien und<br />

Feinkostgeschäfte angesiedelt. Die Unterkunft<br />

war tatsächlich einigermaßen billig (und offenbar<br />

wenig komfortabel). Zum Vergleich: Frau Rat<br />

Goethe gab in einem Brief nach Weimar die<br />

Auskunft, zur Kaiserkrönung müsse man schon<br />

elf Gulden pro Nacht veranschlagen, plus 2<br />

Gulden für die Verpflegung.<br />

Den Theaterdirektor Böhm kannte <strong>Mozart</strong> schon<br />

lange. Seine Truppe hatte im Wechsel mit zwei<br />

anderen Gesellschaften für die theatralischen Lustbarkeiten<br />

während der Krönungszeit zu sorgen.<br />

Glaubt man den Briefen an Konstanze, so hat<br />

<strong>Mozart</strong> in den ersten Tagen seines <strong>Frankfurter</strong><br />

Aufenthalts vor allem gearbeitet: <strong>Mozart</strong> kompo-


10. RATHENAUPLATZ<br />

nierte ein Adagio für ein Orgelwerk, um seinem<br />

«lieben Weibchen etwelche Ducaten in die Hände<br />

zu spielen» – möglicherweise handelte es sich<br />

dabei um ein Auftragswerk für das Wachsfigurenkabinett<br />

des Grafen Deym in Wien (KV 594).<br />

10. RATHENAUPLATZ<br />

Das prächtige Komödienhaus lag am heutigen<br />

– wenig imposanten – Rathenauplatz und galt<br />

als einer der schönsten Theaterbauten in<br />

Deutschland.<br />

«Das neue Komödienhaus macht in der That den<br />

<strong>Frankfurter</strong>n Ehre. Es ist dauerhaft und mit<br />

Geschmack gebaut. Es sind drey Reihen Logen im<br />

Halbzirkel, alle Logen tapeziert, mit Spiegelleuchtern<br />

versehen und noch eine geräumige Gallerie für<br />

das Volk.»<br />

Mit diesen anerkennenden Worten bedachte die<br />

«Berliner Literatur- und Theaterzeitung» am 19.<br />

Oktober 1782 das neue Theater.<br />

Zur Zeit der Kaiserkrönung 1790 gab es<br />

Singspiele und italienische Opern: «Der Apotheker<br />

und der Doktor» sowie «Betrug durch<br />

Aberglauben» von Dittersdorf, Salieris «Axur,<br />

König von Ormus» und «Der Talisman oder<br />

die Zigeuner», Bendas «Romeo und Julie»,<br />

Wranitzkys «Oberon» und manches mehr. Nur<br />

nichts von <strong>Mozart</strong>. Das ist insofern eigenartig,<br />

als <strong>Mozart</strong>s Opern schon früh und mit großem<br />

Erfolg in Frankfurt gespielt wurden. Die kurmainzische<br />

Schauspielergesellschaft wollte zwar<br />

am 5. Oktober seinen «Don Giovanni» spielen,<br />

doch zerschlug sich dieser Plan aus unbekannten<br />

Gründen. Ob Leopold II. eine geplante <strong>Mozart</strong>-<br />

Aufführung höchstselbst verhindert hat, sei<br />

dahingestellt.<br />

Links: Der Komödienplatz mit dem<br />

1782 erbauten Theater in einer<br />

Ansicht von 1793. <strong>Mozart</strong> und später<br />

auch sein Sohn Franz Xaver haben<br />

hier einige Aufführungen gesehen. Im<br />

Komödienhaus wurden viele <strong>Mozart</strong>-<br />

Opern gespielt. 1792 wurde es zum<br />

«<strong>Frankfurter</strong> Nationaltheater» und<br />

erhielt ein eigenes Ensemble. Nach der<br />

Eröffnung der Oper (heute Alte Oper)<br />

wurde es als Schauspielhaus genutzt.<br />

Unten links: Blick von der Kalbächer<br />

Gasse auf den Rathenauplatz heute:<br />

An dieser Stelle befand sich das<br />

Komödienhaus.<br />

Unten rechts: Blick in den Zuschauerraum<br />

und auf die Bühne des Komödienhauses<br />

(um 1800).<br />

23


11. KATHARINENKIRCHE<br />

12. ZEIL<br />

11. KATHARINENKIRCHE<br />

Bei seinen Spaziergängen durch Frankfurt kam<br />

<strong>Mozart</strong> auch in die Katharinenkirche, wo er sich<br />

zum Mißvergnügen des alten Organisten seinen<br />

musikalischen Phantasien überließ (siehe Zitat<br />

unten).<br />

12. ZEIL<br />

Mit der beschaulichen Zurückgezogenheit der<br />

ersten Tage war es bald vorbei: <strong>Mozart</strong> wurde<br />

überall herumgereicht und in den ersten Häusern<br />

zum Essen eingeladen: «P.S.: Gestern habe ich bei<br />

dem reichsten Kaufmann in ganz Frankfurt gespeist,<br />

bei Herrn Schweitzer», teilt er Konstanze am 3.<br />

Oktober mit.<br />

Franz Maria Schweitzer, Bankier und Seidenhändler,<br />

ließ von 1787-1792 ein prächtiges Palais<br />

auf der Zeil bauen, das nachmals als «Russischer<br />

Hof» zu einer ersten Adresse der Stadt wurde.<br />

Außerdem war <strong>Mozart</strong> bei dem angesehenen<br />

Stadtphysicus Johann Wilhelm Friedrich Dietz<br />

zu Gast. Der kunstsinnige Dietz bewohnte ein<br />

geräumiges Haus auf der Zeil gegenüber dem<br />

Gasthof zum «Römischen Kaiser» (Ecke Schäfergasse)<br />

und war für seinen lebenslustigen, geradezu<br />

verschwenderischen Lebensstil bekannt (wodurch<br />

er sich schließlich um seinen ganzen Besitz<br />

brachte). Hier begegnete <strong>Mozart</strong> auch Johann<br />

August Tabor, dem Pächter des Komödienhauses,<br />

und dem Kammerherrn Ignaz von Beecké, einem<br />

brillanten Klavierspieler.Wenn er nicht eingeladen<br />

war, verbrachte <strong>Mozart</strong> mit seinen neuen <strong>Frankfurter</strong><br />

Freunden die Abende in der Weinwirtschaft<br />

Kran in der Bleidenstraße. Von all diesen<br />

Häusern haben wir nur noch historische Bilder.<br />

Eines Sonntags nach beendigtem Gottesdienste kommt <strong>Mozart</strong><br />

auf das Orgelchor zu St. Katharina und bittet sich’s bei dem<br />

alten Organisten aus, etwas auf der Orgel spielen zu dürfen.<br />

Er setzt sich auf die Bank und folgt dem kühnen Fluge seiner<br />

Phantasie, als ihn plötzlich der alte Organist in der unhöflichsten<br />

Weise von der Orgelbank stößt und zu dem Schüler sagt: merke<br />

dir diese letzte Modulation, welche Herr <strong>Mozart</strong> gemacht; das<br />

will ein berühmter Mann sein, und macht so grobe Verstöße<br />

gegen den reinen Satz?<br />

Bericht eines alten <strong>Frankfurter</strong> Organisten, der diese Szene als junger Schüler erlebt hatte


Oben links: Ankündigung zu <strong>Mozart</strong>s Konzertmatinee am 15. Oktober 1790. Was genau gespielt wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit<br />

rekonstruieren. Der von <strong>Mozart</strong> erhoffte finanzielle Erfolg blieb jedenfalls aus.<br />

Rechts: Der Stadtphysicus Johann Friedrich Wilhelm Dietz (1735 – 1805), bei dem <strong>Mozart</strong> des öfteren zu Gast war. Er bewohnte ein geräumiges<br />

Haus auf der Zeil gegenüber dem Gasthof «Zum Römischen Kaiser». Er besaß <strong>Mozart</strong>-Autographe, die sämtlich verschollen sind.<br />

Unten links: Hauptwache und Katharinenkirche<br />

Als <strong>Mozart</strong>s Konzert am 15. Oktober 1790 endlich<br />

im Komödienhaus stattfinden konnte, war der<br />

Höhepunkt der Krönungsfeierlichkeiten schon<br />

vorbei; viele Gäste waren bereits wieder abgereist.<br />

«… heut 11 Uhr war meine Academie, welche von<br />

Seiten der Ehre herrlich, aber in Betreff des Geldes<br />

mager ausgefallen ist. – Es war zum Unglück ein groß<br />

Dejeuné bei einem Fürsten und großes Manoever von<br />

den Hessischen Truppen … ich war aber ohngeacht diesem<br />

allen so gut aufgelegt, und gefiel so sehr, daß man<br />

mich beschwor, noch eine Academie künftigen Sonntag<br />

zu geben – Montag reise ich dann ab.» (<strong>Mozart</strong> an<br />

Konstanze, Frankfurt, 15. Oktober 1790)<br />

Die genaue Programmfolge läßt sich nicht mehr<br />

ausmachen. Es dürfte wohl eine der drei 1788<br />

entstandenen Symphonien Es-Dur KV 543,<br />

g-Moll KV 550 oder C-Dur KV 551 gespielt<br />

… – und dann, es ist alles Prallerey<br />

was man von den Reichsstädten macht.<br />

– berühmt, bewundert und beliebt bin<br />

ich hier gewis; übrigens sind die leute<br />

aber hier noch mehr Pfennig-fuchser<br />

als in Wienn.<br />

<strong>Mozart</strong> an Constanze, Frankfurt, 8. Oktober 1790<br />

worden sein, außerdem das Klavierkonzert in F-<br />

Dur KV 459 oder auch das in D-Dur KV 537<br />

sowie Arien anderer Komponisten. <strong>Mozart</strong>s freie<br />

Improvisation war ein besonderer Höhepunkt.<br />

Noch vor der angekündigten letzten Symphonie<br />

wurde das Konzert abgebrochen – es hatte drei<br />

Stunden gedauert, und den Zuhörern knurrte<br />

der Magen.<br />

Die drei <strong>Frankfurter</strong> Zeitungen – «Journal»,<br />

«Oberpostamtszeitung» und «Staats-Ristretto» –<br />

berichteten jeden Tag ausführlich von den gesellschaftlichen<br />

Ereignissen rund um die Kaiserkrönung;<br />

von <strong>Mozart</strong>s «Academie» nahmen sie<br />

jedoch keine Notiz. Zu einem zweiten Konzert<br />

kam es nicht mehr. Am 16. Oktober reiste<br />

<strong>Mozart</strong> ab.<br />

25


13. STIFTSTRASSE<br />

14. ZEIL<br />

26<br />

13. STIFTSTRASSE/<br />

ECKE STEPHANSTRASSE<br />

Dreißig Jahre später, Anfang Dezember 1820,<br />

kam <strong>Mozart</strong>s jüngster Sohn Franz Xaver<br />

Wolfgang im Verlauf seiner dreijährigen Konzertreise<br />

in Frankfurt an. Auch er wollte in der<br />

Freien Stadt sein Glück machen. Johann Nepomuk<br />

Schelble, der berühmte Sänger und Gründer des<br />

<strong>Frankfurter</strong> Cäcilien-Vereins, rechnete es sich<br />

zur besonderen Ehre, <strong>Mozart</strong>s jüngsten Sohn in<br />

seinem Hause aufzunehmen. Schelble wohnte<br />

im Petersschen Haus «Hinter der Schlimmen<br />

Mauer». Hier fanden Chorproben und kleinere<br />

Konzerte statt. Inzwischen sieht es hier ganz<br />

anders aus; die «Schlimme Mauer» gibt es nicht<br />

mehr. Ganz in der Nähe residiert die Telekom in<br />

einem Neubau, der in seiner gläsernen Kühle ein<br />

markantes Emblem des neuen Frankfurt ist.<br />

Links: «Hinter der Schlimmen Mauer»: Hier befand sich das<br />

Peterssche Haus, in dem Johann Nepomuk Schelble gewohnt hat.<br />

Rechts: Und so sieht es heute in diesem Stadtgebiet aus: Neubau<br />

der Telekom Stiftstraße 25.<br />

14. ZEIL – EHEMALIGE HAUPTPOST<br />

Am 5. Dezember – <strong>Mozart</strong>s Todestag – führte der<br />

Cäcilien-Verein im «Rothen Haus» auf der Zeil<br />

im Beisein Franz Xaver <strong>Mozart</strong>s das Requiem auf<br />

– kurioserweise ohne Orchester, weil die Musiker<br />

am selben Abend «Figaros Hochzeit» zu spielen<br />

hatten.<br />

Der Neubau des «Rothen Hauses» (Zeil Lit D<br />

21-23, später Nr. 52) war 1769 eröffnet worden.<br />

Später befand sich hier die Hauptpost. Das<br />

gesamte Gebiet wird zur Zeit neu gestaltet.<br />

Im «Rothen Haus» hatten sich Johann Wolfgang<br />

Goethe und Thronfolger Karl August von<br />

Weimar kennengelernt. Es wurde für Konzerte<br />

und zeitweise sogar als eine Art Spielcasino<br />

genutzt. Am 15. Dezember 1820 gab der junge<br />

<strong>Mozart</strong> in diesem Haus selbst ein Konzert,<br />

wieder unter Mitwirkung des Cäcilien-Vereins.


Anders als die «Academie» des Vaters vor dreißig<br />

Jahren erfreute sich dieses Konzert eines lebhaften<br />

Zuspruchs.<br />

«Frankfurt am Main. Das Concert des Hrn. <strong>Mozart</strong><br />

war eines der glänzendsten und besuchtesten der letzten<br />

Zeit. Die von dem Concertgeber vorgetragenen Stücke<br />

seiner Composition beurkundeten Talent und gründliche<br />

Kenntniss des Satzes. Das erste Allegro eines<br />

Pianoforte-Concerts ist gewiss höchst ausgezeichnet zu<br />

nennen; auch die Variationen über ein russisches<br />

Thema zeugen von Geschmack und Fantasie. – Die<br />

Aufführung der grossen <strong>Mozart</strong>’schen Sinfonie aus C<br />

mit der Fuge gelang vollkommen und entflammte zur<br />

Begeisterung. Hr. Schelble sang zwey Arien aus Titus<br />

mit bekannter Vorzüglichkeit… Den Schluss machte<br />

eine, hier noch nicht gehörte Cantate von <strong>Mozart</strong>; von<br />

den Mitgliedern des Cäcilien-Vereins ausgezeichnet<br />

vorgetragen.» So berichtete die «Leipziger Allgemeine<br />

Musikalische Zeitung».<br />

Links: Die Zeil mit dem «Rothen Haus». Hier erlebte Franz Xaver<br />

Wolfgang <strong>Mozart</strong> eine denkwürdige Aufführung von <strong>Mozart</strong>s Requiem<br />

durch den Cäcilien-Verein. Der Saal war schwarz drapiert und festlich<br />

beleuchtet, die Zuhörer erschienen in Trauerkleidung; es wurden<br />

Gedichte aufgesagt. Zehn Tage später konzertierte Franz Xaver selbst<br />

im «Rothen Haus» und wurde begeistert gefeiert.<br />

Unten: Franz Xaver Wolfgang <strong>Mozart</strong><br />

Abends war dann die eben so feyerliche als rührende<br />

Todtenfeyer meines Vaters. In einem schwarz behängten<br />

Saale, wurde von dem Caecilien Singverein das<br />

Requiem meines Vaters, mit ausserordentlicher Präzißion<br />

und wundervollem Vortrage gesungen. Es blieb<br />

nichs zu wünschen übrig, als eine Orchester Begleitung,<br />

die doch bey der Vortrefflichkeit des hiesigen<br />

Orchesters, von herrlicher Wirkung hätte seyn<br />

müssen. Obwohl nur vom Claviere unterstützt,<br />

sehr viele Thränen flossen.<br />

Aus dem Reisetagebuch Franz Xaver <strong>Mozart</strong>s, 5. Dezember 1820


Diesen Vormittag verließ ich Frankfurt,<br />

wo ich viele schöne Stunden verlebte,<br />

die ich aber alle Schelble, und einigen<br />

Mitgliedern des Vereins verdanke.<br />

Die übrigen Leute, lauter lederne<br />

Kaufmanns-Seelen, bekümmerten<br />

sich gar nicht um mich.<br />

Aus dem Reisetagebuch von Franz Xaver <strong>Mozart</strong>, 3. Januar 1821<br />

Oben: Johann Nepomuk Schelble (1789 – 1837), berühmter Sänger und Leiter des Cäcilien-Vereins.<br />

In seinem Hause wohnte Franz Xaver <strong>Mozart</strong> während seines <strong>Frankfurter</strong> Aufenthalts.<br />

Links: Marianne Willemer (1784 – 1860), eine der Gründerinnen des Cäcilien-Vereins. Sie war mit Johann Wolfgang<br />

Goethe befreundet, hatte maßgeblichen Anteil an dessen «Westöstlichem Divan» und berichtete in ihren Briefen<br />

viel von der Arbeit des Cäcilien-Vereins. Franz Xaver <strong>Mozart</strong> war mehrfach bei ihr und ihrem Mann zu Gast.<br />

Unten links: In diesem «Haus zum Rothen Männchen» zwischen Mainzergasse und Mainkai hatten Johann Jakob<br />

und Marianne Willemer ihre Stadtwohnung. Später befand sich hier eine Badeanstalt.<br />

Unten rechts: Der Verleger Johann André (1775 – 1842). Er erwarb <strong>Mozart</strong>s Nachlaß und brachte viele bislang unveröffentlichte<br />

Werke des Komponisten in seinem Verlag heraus. Franz Xaver <strong>Mozart</strong> besuchte ihn im Dezember 1820.


15. ALTE MAINZER GASSE /<br />

MAINKAI 35<br />

Während seines <strong>Frankfurter</strong> Aufenthalts traf<br />

Franz Xaver <strong>Mozart</strong> mit den wichtigsten<br />

Persönlichkeiten des musikliebenden <strong>Frankfurter</strong><br />

Bürgertums zusammen: Er war zum Soupé bei<br />

Wilhelm Manskopf eingeladen, musizierte bei<br />

der Familie Passavant, unternahm Ausflüge nach<br />

Offenbach zum Verleger Johann André. Er lernte<br />

den Komponisten Franz Xaver Schnyder von<br />

Wartensee und den Konzertmeister Heinrich<br />

Hoffmann kennen. Im Theater – es war noch<br />

immer das schöne Komödienhaus, in dem einst<br />

sein Vater konzertiert hatte – sah er Boieldieus<br />

«Kalifen von Bagdad» und Süßmayrs Singspiel<br />

«Soliman der Zweite oder Die drei Sultaninnen».<br />

Johann Jakob Willemer hatte das Haus «Zum<br />

rothen Männchen» (ursprünglich «Mündelein»)<br />

1796 erworben. Es reichte von der heutigen Alten<br />

Mainzer Gasse 5 bis zum Mainkai 35. In den<br />

großzügig gestalteten Räumen dieses stattlichen<br />

Hauses konnte die Familie Willemer einen gediegenen<br />

Luxus entfalten. Der Schiffslandeplatz<br />

befand sich direkt vor seinen Fenstern; man<br />

blickte auf die großen Kräne, die schon Leopold<br />

<strong>Mozart</strong> 1763 bewundert hatte. Sie waren bis weit<br />

ins 19. Jahrhundert hinein in Gebrauch.<br />

Nach einem «ziemlich langweiligen» Silvesterabend<br />

bei der Familie Bernard und diversen Abschiedsbesuchen<br />

reiste Franz Xaver <strong>Mozart</strong> am 3. Januar<br />

1821 aus Frankfurt ab. Sein Fazit (Zitat Seite 24)<br />

läßt ein wenig an die Worte seines Vaters denken,<br />

es sei «alles Prallerey», was man über die Reichs-<br />

Auch bei der Familie Neufville war der junge<br />

<strong>Mozart</strong> zu Gast: Es waren die Nachkommen<br />

jener Bankiers, über deren Bankrott 1763<br />

Großvater Leopold berichtet hatte.<br />

Eine nicht unbeträchtliche Rolle im <strong>Frankfurter</strong><br />

Musikleben spielte Marianne von Willemer. Sie<br />

war die treibende Kraft bei der Gründung des<br />

Cäcilien-Vereins gewesen und hoffte, auf diese<br />

Weise auch Johann Wolfgang Goethe wieder für<br />

das kulturelle Leben der Stadt Frankfurt zu interessieren.<br />

In ihren Briefen an Goethe ist oft von<br />

Schelble und von der Arbeit des Chores die<br />

Rede. Franz Xaver <strong>Mozart</strong> war mehrfach bei<br />

Willemers zu Gast – wahrscheinlich im Haus an<br />

der Mainfront, und nicht in der Gerbermühle.<br />

15. ALTE MAINZER GASSE/<br />

MAINKAI 35<br />

städte sage. Immerhin: Das <strong>Frankfurter</strong> Musikleben<br />

stand durch den Cäcilien-Verein in voller<br />

Blüte, Franz Xaver gründete zu Hause seinen<br />

eigenen Cäcilien-Verein, und Johann Nepomuk<br />

Schelble schrieb in <strong>Mozart</strong>s Stammbuch:<br />

«Nimm theurer Freund beym Abschiede meine Liebe<br />

und Verehrung mit Dir! Kurz nur warst Du mir gegeben,<br />

aber unvergänglich, was ich empfing. Möge der<br />

Himmel uns bald wieder zusammen führen und wenn<br />

es möglich ist, auf immer.»<br />

29


MOZART 2006<br />

30<br />

Bitte informieren Sie sich auf unserer Internetseite:<br />

www.holzhausenschloesschen.de<br />

Hier finden Sie die wichtigsten Termine verschiedener Veranstalter zum <strong>Mozart</strong>jahr in Frankfurt und<br />

im Rhein-Main-Gebiet:<br />

www.mozart-in-frankfurt.de<br />

Die Internationale Stiftung <strong>Mozart</strong>eum Salzburg ist Eigentümerin und Betreiberin von <strong>Mozart</strong>s<br />

Geburtshaus und vom <strong>Mozart</strong>-Wohnhaus und verfügt über die größte <strong>Mozart</strong>-Bibliothek der Welt<br />

(Bibliotheca <strong>Mozart</strong>iana).Weitere Informationen:<br />

www.mozarteum.at<br />

Veranstaltungen anderer Städte können Sie auf der Website der «Europäischen <strong>Mozart</strong>-Wege» ausfindig<br />

machen. Außerdem können Sie dort <strong>Mozart</strong>s Reisen kreuz und quer durch Europa anhand einer<br />

Karte nachvollziehen:<br />

www.mozart2006.at<br />

BILDNACHWEISE<br />

Seiten 1 (Titelbild), 10 oben, 10 links, 10 rechts, 19, 21 rechts oben, 21 rechts unten, 22, 27 unten, 28 oben: Universitätsbibliothek<br />

Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main, Seiten 2f., 5, 6, 8f., 13 links, 14 links, 14 oben, 16 oben links, 16 unten, 17 unten,<br />

17 rechts, 18, 23 links, 23 unten rechts, 24 oben rechts, 24 unten rechts, 26 oben links, 26 Mitte, 28 unten links: Historisches Museum<br />

Frankfurt am Main, Seiten 12, 25 oben rechts: Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes der Freien Reichs-,Wahl- und Handelsstadt<br />

Franckfurt am Mayn, mitgetheilet von Johann Bernhard Müller, Franckfurt am Mayn 1747 (Universitätsbibliothek Johann Christian<br />

Senckenberg, Frankfurt am Main), Seiten 21, unten links, 25 oben links, 28 unten rechts: nach Albert Richard Mohr: Das <strong>Frankfurter</strong><br />

<strong>Mozart</strong>-Buch, Frankfurt am Main 1968<br />

Fotografien: Sabine Teuscher, vividprojects GmbH


STIFTEN MACHT GESCHICHTE<br />

Als Vorbild und Anregung für ein reichhaltiges Leben in Frankfurt am Main und im Blick auf 1200 Jahre Stadtgeschichte gründeten<br />

<strong>Frankfurter</strong> Bürger die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> mit dem Sitz im Holzhausenschlößchen zur wissenschaftlichen Erforschung und<br />

zur Darstellung der Geschichte <strong>Frankfurter</strong> Bürger, ihrer vielfältigen Initiativen, Institutionen und ihrer Stiftungen.<br />

Die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong>, die es seit ihrer Gründung im Jahre 1989 als ihre Aufgabe ansieht, in unserer Stadt die alten<br />

Stiftertraditionen wiederzubeleben, und deshalb gern selbst zum Stiften anstiftet, geht mit gutem Beispiel voran.<br />

Die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> arbeitet ohne städtische oder staatliche Subventionen. Dabei steht die Erforschung verschiedener<br />

Familien, Persönlichkeiten, Institutionen und ihrer Stiftungen genau so im Zentrum der Stiftungsarbeit wie auch die jährlich ca. 200<br />

Kulturveranstaltungen in den Bereichen Musik, Lesungen,Vorträge, Kinderveranstaltungen und Ausstellungen. Auch ein jährlich am<br />

ersten Samstag im September, zu Ehren des Stifters Adolph Freiherr von Holzhausen, stattfindendes großes Kinderfest wird von der<br />

<strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> finanziert und durchgeführt. In seinem Testament vom 19. April 1923 schrieb Baron von Holzhausen:<br />

«Dieses Fest soll alljährlich im Gedenken an meinen Geburtstag am 7. September oder Anfang September von der Stadt Frankfurt,<br />

meiner Erbin, abgehalten werden und zwar für Kinder der Umgebung, und insbesondere soll meiner und der Freiherren von<br />

Holzhausen in einer Ansprache würdige Erwähnung getan werden.» Die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> griff diesen Gedanken über sechzig<br />

Jahre nach dem Tod des Stifters zum ersten Mal auf und setzt sich auch für weitere Projekte im Sinne des Stifters ein: So renovierte<br />

die <strong>Bürgerstiftung</strong> das alte Zufahrtstor zum Holzhausenschlößchen, gestaltet das direkte Umfeld des Schlößchens im alten Stil und führte<br />

nicht zuletzt im Jahr 1994 eine aufwendige Renovierung des Holzhausenschlößchens durch.<br />

Die <strong>Frankfurter</strong> <strong>Bürgerstiftung</strong> versteht aber unter »Stiften« nicht nur das Geben von Gut und Geld, sondern ebenso das Einbringen<br />

von Ideen, weitblickendem Unternehmergeist, Zeit, sozialem Engagement, kurzum alle privaten Initiativen, die eine Stadtkultur für<br />

Frankfurt am Main prägen. Daraus resultiert ein vielfältiges, interessantes Stiftungsprogramm mit zahlreichen kulturellen und wissenschaftlichen<br />

Aktivitäten. (Weitere Hinweise hierzu: www.holzhausenschloesschen.de und siehe Monatsprogramm.)<br />

Das Holzhausenschlößchen ist zu einem beliebten Treffpunkt vieler <strong>Frankfurter</strong> Stiftungen und zu einem interessanten<br />

Gesprächsforum für die Bürger unserer Stadt geworden. Herzlich willkommen!<br />

FRANKFURTER BÜRGERSTIFTUNG IM HOLZHAUSENSCHLÖSSCHEN<br />

JUSTINIANSTR. 5 • 60322 FRANKFURT/MAIN<br />

TEL. (069) 55 77 91 • FAX (069) 59 88 05<br />

WWW.HOLZHAUSENSCHLOESSCHEN.DE<br />

Design: www.vividprojects.de

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