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Teil 1 - Kinderrechte Afrika eV

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Ausgebeutete Kinder in Kananga.<br />

Kaisaï–Provinz, D.R. Kongo<br />

Projektfinanzierung: 88.321 Euro<br />

Sexueller Missbrauch von Mädchen und jungen Frauen. »Ich heiße Chantal. Ich bin 16 Jahre alt und komme<br />

aus einem kleinen Dorf in der Kasaï-Provinz. Ich litt unter Magenschmerzen, die von Tag zu Tag<br />

schlimmer wurden. Zusammen mit meiner Mutter ging ich ins Krankenhaus, wo uns die<br />

Krankenschwester sagte, dass ich unheilbar krank sei. Ihrer Ansicht nach hatte ich eine Krankheit mystischen<br />

Ursprungs, die nur von einem traditionellen Heiler behandelt werden konnte. Daher suchten<br />

meine Mutter und ich einen solchen Heiler auf.<br />

Der Heiler verlangte von meiner Mutter, mich bis zu meiner Genesung seiner Obhut zu überlassen. Einige<br />

Tage später forderte er mich auf, ihn in ein Nachbardorf zu begleiten, um dort eine Heilpflanze zu besorgen,<br />

die es in unserem Dorf nicht gab. Noch bevor wir das Nachbardorf erreichten, änderte der Heiler die<br />

Reiseroute, und wir setzen unseren Weg nun in Richtung Kananga fort.<br />

Während dieser Reise nutzte der Heiler meine Schutzlosigkeit aus und vergewaltigte mich. Jedes Mal,<br />

wenn ich Widerstand leistete, schlug er mich. Darüber hinaus rief er, er war ja traditioneller Heiler, böse<br />

Geister an, um mir Angst zu machen und mich dazu zu bringen, sexuelle Beziehungen zu ihm zu unterhalten.<br />

Eines Nachts stellte er unter Zugabe meiner Fingernägel einen mystischen Trank her; da er mir<br />

die Nägel gegen meinen Willen mit Gewalt abschnitt, erlitt ich schwere Verletzungen.<br />

Aufgrund all dieser Misshandlungen zeigte ich den Heiler bei unserer Ankunft im Dorf beim Dorfchef an.<br />

Als dieser ihn daraufhin zur Rede stellte, verteidigte er sich mit den Worten: »Das hier ist meine Frau,<br />

ich habe ihrer Familie alles (das volle Brautgeld) bezahlt«.<br />

Nachdem wir in Kananga angekommen waren, brachte mich der Heiler in das Stadtviertel, in dem seine<br />

Brüder wohnten. Da er nach Kikwit weiterreisen wollte, besorgte er in der Nachbarschaft ein Zimmer, wo<br />

er mich während unseres Aufenthaltes einsperrte. Als er eines Tages anfing, mich zu schlagen, habe ich<br />

beim Chef des Stadtviertels Anzeige gegen ihn erstattet, woraufhin Polizisten kamen und ihn verhafteten.<br />

Jetzt befindet er sich in Polizeigewahrsam. Mein Wunsch ist es, zu meiner Mutter in unser<br />

Heimatdorf zurückzukehren.«<br />

Armut, Unwissenheit, sexuelle Gewalt und gesellschaftliche Konventionen sind die<br />

Hauptursachen für ungewollte Schwangerschaften oder erzwungene Frühehen.<br />

Jung, lebensunerfahren und allein auf sich gestellt, haben diese Mädchen und<br />

ihre Kinder ohne Hilfe kaum eine Chance auf Zukunft.<br />

Diskriminierung von Mädchen und Verharmlosen ihres Missbrauchs. Die Diskriminierungen, die eine<br />

Abwertung der Stellung der Frauen und Mädchen darstellen, gehen einher mit dem Verharmlosen der<br />

Misshandlungen und vor allem des sexuellen Missbrauchs, deren Opfer sie werden können. Die<br />

Tatsache, dass junge Mädchen wie Chantal aufgrund von Zwang und Gewohnheit die »Ehefrauen«<br />

älterer Männer werden, die sie sexuell missbrauchen, schockiert niemanden. Frauen und Mädchen<br />

werden in diesem Zusammenhang praktisch als »Gegenstände« betrachtet.<br />

Aufgrund der hohen HIV-Infektionsrate sowie der vielfältigen traumatischen Erfahrungen, die diese<br />

Mädchen machen, sind ihre Gesundheit und ihre Zukunft sehr stark gefährdet. Die – meist ungeschützten<br />

– sexuellen Beziehungen, zu denen sie gezwungen werden, haben für viele Mädchen frühzeitige,<br />

ungewollte Schwangerschaften zur Folge. Sexuell übertragbare Geschlechtskrankheiten<br />

sowie Schwangerschaften stellen für die Familienangehörigen der Mädchen oft eine nicht hinnehmbare<br />

Schande und Entehrung der Familie dar, die fast systematisch zum Verstoß der Mädchen aus<br />

Familie und Gesellschaft führen.<br />

Die jungen Frauen werden für das ihnen widerfahrene »Unglück« selbst verantwortlich gemacht. Die<br />

Männer, die die gesellschaftliche Ausgrenzung der Mädchen verursacht haben, übernehmen für ihre<br />

Handlungen keine Verantwortung und werden in der Regel nur selten zur Rechenschaft gezogen.<br />

Die jungen Mütter, die sich von der Gesellschaft verstoßen und ohne Unterstützung auf der Straße<br />

wiederfinden, sehen oft keine andere Möglichkeit, als die Schwangerschaft abzubrechen oder ihr<br />

Kind nach der Geburt aufzugeben oder sterben zu lassen. Viele von ihnen können nur durch<br />

Prostitution überleben.<br />

Für eine soziale und gesellschaftliche Besserstellung der Frauen und Mädchen. Im Jahr 2003 erarbeitete<br />

BICE einige Handlungsansätze in Bezug auf diese jungen Frauen, um sich besser mit ihren<br />

Problemen vertraut zu machen, Möglichkeiten für ihre Unterbringung zu finden sowie gemeinsam mit<br />

ihnen Perspektiven für ihre Zukunft zu entwickeln. Die Schulung in Einkommen schaffende<br />

Maßnahmen sowie die Vermittlung einer Grunderziehung, insbesondere in den Bereichen Gesundheit<br />

und Sexualität, erlauben es den Mädchen, aus ihrer Außenseiterrolle herauszutreten und ihre eigene<br />

Zukunft selbst aktiv mitzugestalten. Immer mehr junge Mütter sind dadurch in der Lage, ihre<br />

Kinder selbst zu versorgen und zu erziehen.<br />

Darüber hinaus führte BICE zusammen mit den lokalen Kinderschutzkomitees und seinen Partnern<br />

des Netzwerkes »Für das besondere Interesse des Kindes« eine durch die Medien weit verbreitete<br />

Sensibilisierungskampagne zu diesem Thema durch. Ziel der Kampagne war es, in der Öffentlichkeit<br />

das Bewusstsein dafür zu wecken, dass es in der kongolesischen Gesellschaft, insbesondere in den<br />

ländlichen Regionen, neuer Sicht- und Verhaltensweisen gegenüber Frauen und Mädchen bedarf, die<br />

nicht mehr von diskriminierenden sowie durch den Krieg begünstigten Traditionen und Einstellungen<br />

geprägt werden.<br />

Mitglieder der BICE-Equipe in Mbuji-Mayi zusammen mit einigen Verantwortlichen<br />

der lokalen Komitees zur Förderung der <strong>Kinderrechte</strong>, die ihre Aufgabe sehr ernst<br />

nehmen.<br />

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