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Teil 1 - Kinderrechte Afrika eV

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Als Hexen verfemte Kinder.<br />

Ausgebeutete Kinder in Kinshasa, D.R. Kongo<br />

Projektfinanzierung: 4.595 Euro*<br />

(*Weitere Kosten sind in der Finanzierung des Regionalprojektes Kinder in Polizeigewahrsam enthalten)<br />

Wenn der Wunderzirkus auf der Straße gastiert. Pfosten und einige Dachbleche schlechter Qualität, das<br />

ist die »Kirche der Wiederauferstehung« in dieser Ecke des sozial benachteiligten Viertels im<br />

Nordosten der Millionenstadt.<br />

Die Präsenz von geistig Behinderten an der Leine und Menschen mit Missbildungen im Gesicht verleihen<br />

dieser sogenannten Kultstätte den Anschein eines Wunderzirkus. Im hinteren <strong>Teil</strong> der »Kirche«<br />

hat sich eine Gruppe von ca. 15 Jugendlichen, vorwiegend Mädchen, um ihren »Priester« versammelt.<br />

Er erklärt, warum sich solche Kinder in seiner Kirche befinden und wie er sie von der Hexerei befreit.<br />

Die von ihm »behandelten« Kinder sind sogenannte »Hexenkinder«, die von ihrem familiären Umfeld<br />

aufgrund der bösen Mächte, die sie angeblich besitzen, für unglückliche Ereignisse oder das Elend<br />

der Familie verantwortlich gemacht werden.<br />

Der Präsident der D.R. Kongo, Joseph Kabila, hat sich von dem Phänomen der »Hexenkinder« betroffen<br />

gezeigt und mehrmals seine Entschlossenheit bekundet, diesem Problem in der politischen<br />

Agenda eine gewisse Priorität einzuräumen, um dem Missbrauch von Kindern den Kampf anzusagen.<br />

Hexerei und Austreibung – häufig ein lukratives Geschäft. Die unbegründete Anschuldigung ist oft<br />

auf den Einfluss der Priester der »Kirche der Wiederauferstehung« zurückzuführen. Diese haben in<br />

einem Land, in dem der Glaube und religiöse Wunderheilpraktiken noch fest in der Gesellschaft verankert<br />

sind, Exorzismus- und Austreibungsrituale zu ihrer Geschäftsgrundlage gemacht.<br />

Familien, die sich in Schwierigkeiten befinden, werden häufig von solchen Priestern dazu angestiftet,<br />

eines ihrer Kinder für das Unglück verantwortlich zu machen und es einem Austreibungsritual zu<br />

unterwerfen. Oft werden diese Kinder, nachdem ihnen verschiedene Arten von Gewalt angetan wurden,<br />

»auf die Straße gesetzt«. Stigmatisiert und traumatisiert werden sie sodann von Wunderheilern<br />

der »Kirche der Wiederauferstehung« in Obhut genommen, manchmal jedoch auch unter dem<br />

Vorwand der »Austreibung« von den Priestern sexuell missbraucht.<br />

© Geneviève Justin<br />

Diese Kinder, die der Hexerei beschuldigt und von ihrer Familie verstoßen wurden,<br />

fanden Unterschlupf bei einer Sekte, die Wunderheilungen verheißt. Im Wesentlichen<br />

sind diese Kinder sich selbst überlassen.<br />

Klein und schutzlos werden sie leicht Opfer von Sektenführern und Wunderheilern,<br />

die sich ihre Hilflosigkeit zunutze machen.<br />

Unser Geistlicher bestreitet, einer jener »Scharlatane« zu sein. Er verfüge tatsächlich über Heilungskräfte,<br />

die er zugunsten der von ihm betreuten Kinder einsetzt. Seine angewandten Heilungspraktiken<br />

sind jedoch sehr fragwürdig, zumal oft schmerzhaft und unmenschlich. Zudem verrät sein<br />

Verhalten gegenüber einigen der Mädchen, welche Art von Beziehung er wirklich zu ihnen pflegt.<br />

Aufklärung und Sensibilisierung ohne Unterlass – eine Herausforderung für den Staat, BICE und<br />

die Zivilgesellschaft. Dieser und andere Priester sind Ziel einer Sensibilisierungskampagne, die BICE-Mitarbeiter<br />

zusammen mit Vertretern des lokalen Kinderschutzkommitees durchführen. Ihm wird verdeutlicht,<br />

in welche Gefahr er die Kinder bringt und welche strafrechtlichen Konsequenzen sich für<br />

ihn selbst daraus ergeben können. Er scheint die Richtigkeit des BICE-Anliegens zu verstehen und<br />

bekundet einen gewissen Kooperationswillen. Die BICE-Mitarbeiter wissen jedoch aus Erfahrung,<br />

dass sie auch weiterhin wachsam sein und eine regelmäßige Überprüfung durchführen müssen.<br />

Die Präventionsmaßnahmen in den Stadtvierteln, die in der Regel von Vertretern der lokalen<br />

Kinderschutzkomitees geleitet werden, ermöglichen auch, die Bewohner für die Rechte der Kinder<br />

und vor allem für die elterliche Fürsorgepflicht zu sensibilisieren. Diese Ansätze versuchen, das<br />

Phänomen der »Hexenkinder« zu entmystifizieren.<br />

Rehabilitation nach dem Trauma des Verstoßes und der Geisteraustreibung. BICE wird jedoch nicht<br />

nur präventiv tätig, sondern unterstützt auch die bereits betroffenen Kinder. Die Unterbringung im<br />

Kinderschutzzentrum in Kinshasa, einer Aufnahmeeinrichtung von BICE, ermöglicht es einigen der<br />

sogenannten »Hexenkinder«, physisch sowie psychisch wieder gesund zu werden und ihre Rückkehr<br />

in das familiäre Umfeld oder eine Ersatzfamilie vorzubereiten. 2003 wurden 22 Kinder im<br />

Schutzzentrum in Kinshasa aufgenommen, die meisten auf Veranlassung von besorgten<br />

Polizeibeamten oder Staatsanwälten, welche die Kinder besser schützen wollten und mit denen BICE<br />

eine feste Partnerschaft verbindet.<br />

Die Herausforderung der Wiedereingliederung – Lernen um sein Leben zu meistern. Die Wiedereingliederung<br />

wird vorbereitet durch aktives Zuhören, was den Stress und das erlittene Trauma verringert,<br />

und durch eine erzieherische Begleitung, die es ermöglicht, Zukunftspläne zu schmieden und<br />

umzusetzen. Dank der im Schutzzentrum oder in einer Schule des Viertels erworbenen Kenntnisse<br />

nimmt die Zukunftsplanung auch konkrete Formen an. Die 13 eingeschulten Kinder können sehr stolz<br />

auf ihre guten Schulzeugnisse sein: fast 90% haben bestanden!<br />

Auch die praktische Berufsausbildung hat dazu beigetragen, die Zukunftschancen der Kinder entscheidend<br />

zu verbessern. Im Jahr 2003 haben sich die sogenannten »Hexenkinder« für eine<br />

Ausbildung zum Automechaniker, Gemüsegärtner und Schreiner entschieden. Ihr Ideenreichtum und<br />

ihr sich langsam schärfender Geschäftssinn haben schon zu ermutigenden Ergebnissen geführt.<br />

Die Zukunftspläne der Kinder lassen sich jedoch nur innerhalb und mit der sozialen Gemeinschaft<br />

realisieren, wo jeder den anderen respektiert und sich somit nicht mehr als Außenseiter fühlt.<br />

Im Kinderschutzzentrum »Sauvetage« wachsen sogenannte »Hexenkinder« akzeptiert<br />

in der Gemeinschaft auf. Durch Sport und Spiel erleben sie Normalität und<br />

erfahren wieder ein Stück ungezwungener Kindheit.<br />

16 17<br />

Durch Geschick und Ausdauer bei kleinen handwerklichen Arbeiten stärken Kinder<br />

ihr Selbstwertgefühl. Durch den Verkauf ihrer Flechtarbeiten können sie sich ein<br />

Taschengeld erwirtschaften.

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