Wo sich was vollendet - Abtei St. Hildegard
Wo sich was vollendet - Abtei St. Hildegard
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LIEBE MITBRÜDER UND MITSCHWESTERN,<br />
LIEBE VERWANDTE UND FREUNDE<br />
DER ABTEI ST. HILDEGARD!<br />
„Cum bono animo“ – in guter Gesinnung – oder in anderer<br />
Übersetzung: frohen Herzens und guten Mutes. Dieses <strong>Wo</strong>rt<br />
aus dem fünften Kapitel der Benediktsregel stellte Mutter<br />
Clementia zu Beginn des neuen Kirchenjahres als Leitwort<br />
über das Jahr. In gewisser Weise war dies eine Antwort auf die<br />
auch für uns so bedrängende Vertrauens,- und Glaubwürdigkeitskrise<br />
der Kirche und der Orden, die uns - wie viele andere<br />
Gläubige - im vergangenen Jahr so bewegt und umgetrieben<br />
hat. In Zeiten der Krise gilt es, <strong>sich</strong> auf das Wesentliche zu<br />
besinnen, der eigenen Berufung konsequent zu folgen und aus<br />
der Hoffnung zu leben, so wie sie uns in unserem Professgesang,<br />
dem „Suscipe“, ins Herz geschrieben wird.<br />
Eine solche Hoffnung war für uns unter anderem der Besuch<br />
des Heiligen Vaters in Deutschland. Wir waren bewegt und<br />
beeindruckt von den Ansprachen und Predigten des Papstes<br />
und ließen uns aufrütteln von seinen <strong>Wo</strong>rten der Mahnung und<br />
Wegweisung. Gleichwohl wurde uns bei dieser Pastoralvisite<br />
aber auch einmal mehr schmerzlich bewusst, wie wenig<br />
präsent unsere Orden im öffentlichen Bewusstsein der Kirche<br />
heute noch sind. Haben wir uns vielleicht von der so oft und<br />
immer neu beschworenen Krise der Orden und von den<br />
vielerorts <strong>sich</strong>tbaren Verlusten zu sehr ängstigen und in die<br />
Defensive drängen lassen? Oder haben uns die eben auch<br />
spürbaren geistlichen Krisenerscheinungen dazu verführt, uns<br />
auf das Negative zu fixieren anstatt unseren Visionen zu<br />
folgen und aus der Mitte unserer Berufung heraus den<br />
Aufbruch in die Zukunft zu wagen?<br />
Zwei Dinge, man könnte auch sagen, zwei prophetische<br />
Zeichen wären vielleicht notwendend: zum einen die Rückbesinnung<br />
auf die zeichenhaft eschatologische Dimension<br />
unseres Ordenslebens, denn nur diese öffnet den Blick über<br />
die Welt und alle innerweltlichen Glücksverheißungen hinaus<br />
und hält den suchenden Menschen den Himmel wirklich offen;<br />
zum anderen das nie erlahmende Bemühen um ein wahrhaft
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„gemeinsames Leben als Gleichnis“, wie Enzo Bianchi es in<br />
seinem neuesten, sehr lesenswerten Buch formuliert hat. Das<br />
gemeinsame Leben bedarf stets der Erneuerung und Neuausrichtung<br />
aus dem <strong>Wo</strong>rt der Heiligen Schrift. Es ist Geschenk,<br />
Arbeit und Aufgabe zugleich. Es ist ein Feuer, das wir immer<br />
neu entfachen und hüten müssen. Möge diese Chronik ein<br />
wenig davon widerspiegeln, wie wir im vergangenen Jahr<br />
versucht haben, dieses Feuer am Brennen zu halten und<br />
weiterzugeben.<br />
UNSERE MÜTTER UND „VÄTER“<br />
Mutter Clementia<br />
Mutter Clementia nahm ihre vielen Verpflichtungen im Orden,<br />
im Konvent, im Freundeskreis und in unserer <strong>St</strong>iftung auch in<br />
diesem Jahr mit nie ermüdendem Eifer und hoffentlich auch<br />
mit ebensolcher Freude wahr. Am <strong>Hildegard</strong>isfest hielt sie in<br />
Eibingen erstmals die Festansprache zur Reliquienprozession<br />
und erreichte mit ihrem Thema „<strong>Hildegard</strong> von Bingen –<br />
Hoffnungsgestalt der Kirche“ die Herzen der Pilger und auch<br />
die des zahlreich gekommenen Klerus. Hoffnung wider alle<br />
Hoffnung – Mut, Vertrauen und Glaubensfreude, das ist es,<br />
<strong>was</strong> unsere Zeit und unsere Kirche, wie es scheint, vor allem<br />
braucht. Wie kaum eine andere kann die hl. <strong>Hildegard</strong> hier<br />
Wegweiserin und Lehrmeisterin sein. „Schau auf zum Herrn<br />
und die Welt wird neu, weil du sie mit neuen Augen siehst“ –<br />
dieses <strong>Wo</strong>rt <strong>Hildegard</strong>s war und ist ein Schlüssel zur Hoffnung.<br />
Dass die Menschen diese <strong>Wo</strong>rte verstanden haben und<br />
von ihnen berührt wurden, spürten und hörten wir an<br />
zahlreichen Reaktionen auf die Festansprache.<br />
Zu Beginn der Fastenzeit hielt Mutter Clementia einen<br />
Einkehrtag für die Mitglieder des Freundeskreises zum Thema<br />
„Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht“<br />
(Benediktsregel Prolog 9). Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen<br />
waren sehr offen und nahmen die Impulse in lebendigem<br />
Austausch gerne auf. Im Juni fuhr Mutter Clementia zur<br />
jährlichen Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) nach
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Vallendar und zu den Sitzungen des Regimen (Rat des<br />
Abtpräses), das <strong>sich</strong> mehrmals im Jahr trifft. Zur kollegialen<br />
Beratung traf sie <strong>sich</strong> einige Male mit anderen Äbten und<br />
Äbtissinnen in Neuburg. Dieser Austausch wird von allen als<br />
besonders hilfreich und fruchtbar für den Alltag erfahren.<br />
Vom 22.-29. Oktober nahmen Mutter Clementia und Sr.<br />
Katharina am 25. Generalkapitel der Beuroner Kongregation<br />
teil, das in diesem Jahr in Nütschau stattfand. Die herzliche<br />
und großzügige Gastfreundschaft der Mitbrüder und die<br />
Möglichkeit, am <strong>St</strong>undengebet der Gemeinschaft teilzunehmen,<br />
trugen zu einem guten Gelingen dieses Generalkapitels<br />
bei. In einem intensiven Austausch konnten wichtige<br />
Fragen und Anliegen der Kongregation besprochen werden.<br />
Ein Schwerpunkt der Gespräche war die Beschäftigung mit<br />
der Situation der jüngeren Mitschwestern und Mitbrüder sowie<br />
das Miteinander in unseren Gemeinschaften und zwischen den<br />
Klöstern der Beuroner Kongregation. Diese Themen werden<br />
unseren Konvent auch in der kommenden Zeit <strong>sich</strong>er noch<br />
weiter beschäftigen und Grundlage für verschiedene Konventgespräche<br />
sein.<br />
Der Kontakt mit den anderen Klöstern unserer Kongregation<br />
ist traditionsgemäß ebenso eng wie vielfältig. Neben den<br />
notwendigen Arbeitstreffen gibt es deshalb – Gott Dank –<br />
auch immer wieder gute Gründe zu feiern. So nahm Mutter<br />
Clementia zusammen mit Sr. Scholastica und Sr. Gisela gern<br />
an der Feier des Goldenen Priesterjubiläums von Abt Norbert<br />
<strong>St</strong>offels OSB in Neresheim teil. Abt Norbert, der zum<br />
Urgestein der Beuroner Kongregation zählt, deren Geschichte<br />
er wie kaum ein zweiter jederzeit präsent hat und zum Besten<br />
geben kann, ist uns seit Jahrzehnten eng verbunden und hat<br />
uns auch oftmals mit Rat und Tat zur Seite gestanden.<br />
Unvergessen sind für uns bis heute die Konventexerzitien, die<br />
er uns im Jahr 2007 gehalten hat. Am 12. November nahm<br />
Mutter Clementia auch an der Weihe des neuen Erzabtes von<br />
Beuron, P. Tutilo Burger OSB, teil. Sr. Beatrix und Sr.<br />
Katharina begleiteten sie und überbrachten die Glück- und<br />
Segenswünsche des Konventes.
5<br />
Am 03. Oktober, dem elften Jahrestag von Mutter Clementias<br />
Äbtissinnenweihe, dankten wir Gott für ihr Sein und Wirken<br />
in unserer Gemeinschaft. Zur Feier des Tages trafen wir uns<br />
nach der Vesper zu einem gemeinsamen Abendessen im<br />
Konventzimmer. An festlich gedeckten Tischen, begleitet von<br />
erlesener Tafelmusik am Klavier, nahmen wir das Festtagsmenü<br />
ein. Die einzelnen Gänge wurden umrahmt von gemeinsam<br />
gesungenen Liedern und geistlichen Texten, die das<br />
Thema Mahlgemeinschaft umkreisten.<br />
Mutter Edeltraud<br />
Unsere Altäbtissin Mutter Edeltraud <strong>vollendet</strong>e in diesem Jahr<br />
ihr 89. Lebensjahr und schaut schon von Ferne aus nach dem<br />
großen Fest im nächsten Jahr. Sie ist nach wie vor sehr rüstig<br />
und nimmt wach und interessiert Anteil an allem, <strong>was</strong> im<br />
Konvent und in unserer Kongregation passiert. Sie begleitet<br />
mit nie erlahmendem Interesse Menschen auf ihrem Weg und<br />
ist stets bereit zu Exerzitienbegleitungen und Einzelgesprächen<br />
mit Suchenden und Fragenden, die an unsere<br />
Klosterpforte klopfen. Am 28. April eröffnete Mutter<br />
Edeltraud den Reigen der Jubiläen mit ihrem Diamantenen<br />
Professaniversarium Wir begingen diesen Tag – ganz zu<br />
Mutter Edeltrauds Vorlieben passend - mit Mozart-Musik und<br />
Rilke-Texten. Es gab außerdem eine erlesene Tischlesung zum<br />
Thema „Schönheit und Wahrheit“, das Mutter Edeltraud<br />
besonders liebt. Wir gedachten an diesem Tag aber auch<br />
unserer im Vormonat heimgegangenen Sr. Lioba, die ihr<br />
Goldenes Professjubiläum nun in der Ewigkeit feierte.<br />
Nur vier Tage nach ihrem Jubiläum wurde Mutter Edeltraud<br />
eine besondere Ehre zuteil: unser Bischof Franz-Peter Tebartz-<br />
van Elst verlieh ihr in Limburg die Georgs-Plakette des<br />
Bistums, die alle zwei Jahren an Persönlichkeiten vergeben<br />
wird, die <strong>sich</strong> für das Bistum besonders verdient gemacht<br />
haben. Mutter Clementia, Sr. Ancilla und Sr. Thekla begleiteten<br />
die Geehrte zu dem Festakt, der in der Michaelskapelle,<br />
dem offiziellen Kapitelsaal des Domkapitels von Limburg,<br />
stattfand. Die Laudatio hielt der Domdekan und frühere<br />
Generalvikar Dr. Günther Geis. Acht junge Sänger der Dom-
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Kantorei rahmten die Feier mit Gesängen ein. Nach der<br />
Ehrung wurde im Dom ein Pontifikalamt aus Anlass des<br />
Patroziniums der Diözese zu Ehren des hl. Georg gefeiert.<br />
Unsere beiden Äbtissinnen wurden dabei zur Teilnahme an der<br />
Hl. Messe ins Chorgestühl des Hohen Doms eingeladen.<br />
Neben Lichtvollem gab es für Mutter Edeltraud in diesem Jahr<br />
aber auch schmerzliche Verluste zu beklagen: so starb am 12.<br />
November in Freiburg der Verleger Dr. Hermann Herder, mit<br />
dem und dessen Frau Mechtild sie seit drei Jahrzehnten<br />
freundschaftlich verbunden ist. Unsere <strong>Abtei</strong> hat dem Verlag<br />
Herder und dem Verleger persönlich viel zu danken, wurde<br />
doch dort in den Jahren 1988/89 unser Psalterium gedruckt,<br />
aus dem wir bis heute unser <strong>St</strong>undengebet beten. Zur<br />
Beisetzung fuhr Mutter Edeltraud gemeinsam mit Sr. Philippa,<br />
die auf diese Weise ihrem hochgeschätzten früheren Chef die<br />
letzte Ehre erweisen konnte.<br />
Unsere Geistlichen<br />
Am 11. Mai erreichte uns aus Maria Laach die Nachricht, dass<br />
P. Radbert Kohlhaas OSB, unser Spiritual über 29 Jahre<br />
hinweg, von Gott heimgerufen worden war in die Ewigkeit. Er<br />
wurde 88 Jahre alt. Wir haben P. Radbert sehr viel zu<br />
verdanken. Er war ein vorbildlicher Mönch und weiser<br />
Ratgeber für unsere Äbtissinnen. Er lebte ganz für die Liturgie<br />
und aus der Hl. Schrift; seine besondere Vorliebe gehörte den<br />
liturgischen Orationen, die er uns je neu übersetzte und<br />
interpretierte. Eines seiner für uns unvergesslichen Schlüsselworte,<br />
das er uns immer wieder zu Beginn der Hl. Messe<br />
zusprach, war: „Gott ist in unserer Mitte!“. Damit war und ist<br />
alles wie in einem Brennglas zusammengefasst – das ganze<br />
Geheimnis der unaussprechlichen Liebe und Nähe Gottes zu<br />
uns Menschen - in der Liturgie wie im Alltag.<br />
In den langen Jahren seines Hierseins war P. Radbert auch fest<br />
im Rheingau verwurzelt und vielen Menschen im Umkreis<br />
bekannt und vertraut. Jahrelang gehörte er der Rhabanus-<br />
Maurus-Gilde an. Von seiner hohen Musikalität - er spielte<br />
ausgezeichnet Flöte und Spinett - gab er uns leider nur selten
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Kostproben. Dafür aber sang er täglich das Hochamt. Er<br />
übersetzte viele Bücher für den Herder-Verlag – „seine“<br />
Autoren waren vor allem Carlo Maria Kardinal Martini und<br />
Henri Nouwen. Deren Texte und Gedanken stellte er uns dann<br />
oft in Konferenzen vor. Da P. Radbert ein reiches und sehr<br />
interessantes Leben hatte, besonders auch vor seinem<br />
Klostereintritt, ließ er <strong>sich</strong> im hohen Alter noch überzeugen,<br />
seine Memoiren zu schreiben, von denen er uns oftmals mit<br />
großem Vergnügen Kostproben zum Besten gab. Leider<br />
konnte er seine Erinnerungen nicht mehr vollenden. In den<br />
letzten Jahren lebte P. Radbert zurückgezogen in der<br />
Infirmerie von Maria Laach, von wo aus er uns aber immer<br />
wieder einmal besuchte. <strong>St</strong>. <strong>Hildegard</strong> war für ihn, wie er nie<br />
müde wurde zu betonen, sein eigentliches Zuhause. Mutter<br />
Clementia und fünf Mitschwestern gaben P. Radbert das letzte<br />
Geleit. Möge er Aufnahme finden in die himmlischen<br />
<strong>Wo</strong>hnungen und ruhen in Gottes ewigem Frieden. Als<br />
bleibende Erinnerung an den Verstorbenen schenkte Abt<br />
Benedikt unserer Mutter Clementia nach der Beerdigung P.<br />
Radberts kostbare Altblockflöre. Wir werden sie dankbar in<br />
Ehren halten!<br />
Zu Gott heimgerufen wurde in diesem Jahr auch Prälat Dr.<br />
Walter Seidel, der frühere Leiter des Erbacher Hofes in Mainz,<br />
der uns seit vielen Jahren in besonderer Weise verbunden war.<br />
Er hatte maßgeblichen Anteil an der großen <strong>Hildegard</strong>-<br />
Ausstellung anlässlich des Jubiläumsjahres 1998 und stand uns<br />
auch sonst in vieler Hin<strong>sich</strong>t mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Unvergessen bleiben uns seine Vorträge und geistlichen<br />
Impulse, in denen er uns nicht nur Kostproben seines weiten<br />
geistigen und geistlichen Horizonts gab, sondern auch auf<br />
unnachahmliche Weise den verstorbenen Mainzer Bischof,<br />
Hermann Kardinal Volk, imitieren konnte. Am feierlichen<br />
Pontifikalrequiem im Hohen Dom zu Mainz nahmen Sr.<br />
Scholastica und Sr. Philippa teil, die in diesem Jahr –<br />
sozusagen in den Fußstapfen von Prälat Seidel wandelnd –<br />
auch regelmäßig zu den Treffen der Mainzer Komturei der<br />
Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem eingeladen waren. Wir<br />
freuen uns, dass die gute Tradition und Verbindung zwischen
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unserer <strong>Abtei</strong> und dem Ritterorden vom Heiligen Grab damit<br />
weiter Bestand hat.<br />
Unser derzeitiger Hausgeistlicher, Pfarrer Tumaini Ngonyani<br />
aus dem Bistum Songea/ Tanzania, schreibt derweil weiter an<br />
seiner liturgiewissenschaftlichen Dissertation und hat zum<br />
Wintersemester an der Universität Münster noch zusätzlich<br />
das Fach Kirchenrecht belegt. Während seiner Abwesenheiten<br />
helfen uns nach wie vor regelmäßig Pfarrer Didinger, Pfarrer<br />
Schickel, Pfarrer Hufsky und die Franziskaner–Mitbrüder aus<br />
Marienthal aus. Ange<strong>sich</strong>ts des heutigen Priestermangels sind<br />
wir sehr dankbar, dass wir an jedem Tag des Jahres eine<br />
Eucharistiefeier haben. Herr Diakon Weser schenkte uns an<br />
jedem zweiten Sonntag sein Predigtwort. Für ihre priesterlichen<br />
Dienste im Laufe des Jahres danken wir auch P. Max<br />
Rademacher OFM/Fulda, Herrn Pfarrer Werner Bardenhewer<br />
und Abt Benedikt Müntnich/Maria Laach, der uns auch wieder<br />
mit geistlichen Vorträgen zur Benediktsregel beschenkte.<br />
Wie in jedem Jahr vertraten im Sommer Altabt Pius Engelbert<br />
OSB und P. Elmar Salman OSB, Rom/Gerleve, sowie P.<br />
Cyprian Krause OSB und P. Viktor Esch OSB aus der <strong>Abtei</strong><br />
Maria Laach unseren Hausgeistlichen und bereicherten den<br />
Konvent und den Freundeskreis in diesen <strong>Wo</strong>chen mit ihren<br />
ebenso inhalts- wie geistreichen Konferenzen und Vorträgen.<br />
Altabt Pius sprach zu uns über „Lectio divina“, P. Elmar zum<br />
Thema „Mönchtum in Literatur und Kunst von Caspar David<br />
Friedrich bis Hermann Hesse“ und noch ein weiteres Mal zur<br />
Frage „Warum wir römisch-katholisch sind - das Römische als<br />
Denk- und Lebensform“ und P. Cyprian erfreute uns mit einer<br />
Konferenz über die moderne Jean Anouilh-Fassung der<br />
Tragödie des Sophokles „Antigone“, die nicht wenige jüngere<br />
Mitschwestern noch aus der Schullektüre kannten.<br />
AUS DEM GEMEINSCHAFTSLEBEN<br />
Die einwöchigen Konventexerzitien zu Beginn eines jeden<br />
Jahres bieten uns traditionsgemäß Zeit und Raum zur<br />
individuellen und zur gemeinsamen Besinnung auf das<br />
Wesentliche unseres Lebens. Im gemeinsamen Hören auf das
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<strong>Wo</strong>rt des Exerzitienbegleiters richten wir uns neu aus und<br />
schöpfen zusammen Kraft aus den Quellen der biblischen und<br />
monastischen Tradition. In diesem Jahr hielt uns Spiritual Dr.<br />
Paul Deselaers aus Münster die Jahresexerzitien. Sein Thema<br />
war:„Von der Partitur der Hoffnung“ (Arnold <strong>St</strong>adler). Im<br />
„Reisegepäck“ führte er dabei folgende Gaben des Heiligen<br />
Geistes mit <strong>sich</strong>: „Meine Anfänge – Die Geistesgabe der<br />
Gottesfurcht“, „Vom Wachsen – Die Geistesgabe der<br />
Frömmigkeit“, „Weg-Erfahrung der Bekehrung – Die<br />
Geistesgabe der Wissenschaft“, „Vom Loslassen – Die<br />
Geistesgaber des <strong>St</strong>arkmutes“ und „Von der Weggemeinschaft<br />
– Die Geistesgabe der Weisheit“.<br />
Wichtige Eckpunkte für das geistliche Leben der<br />
Gemeinschaft sind neben den Exerzitien die regelmäßigen<br />
Konferenzen der Äbtissin. Mutter Clementia legte den<br />
Schwerpunkt ihrer Ansprachen in diesem Jahr auf die<br />
Auslegung und Deutung einzelner Kapitel der Benediktsregel.<br />
Zu Beginn der Fastenzeit gab sie uns als gemeinsame<br />
Fastenlektüre die Kapitel 3 und 72 zur Betrachtung. In ihnen<br />
geht es um das Miteinander und um die Entscheidungsfindung<br />
in der Gemeinschaft. Die intensive Auseinandersetzung mit<br />
den beiden Regelkapiteln war für uns eine gute geistliche<br />
Grundlage für verschiedene in diesem Jahr anstehende<br />
Entscheidungsprozesse im Konvent.<br />
Die Kontakte zu den anderen Klöstern und Gemeinschaften<br />
unserer Kongregation sind für uns ebenfalls ein wichtiger<br />
Bestandteil des Gemeinschaftslebens. Im Mai besuchte uns<br />
erneut der Neuburger Konvent aus Heidelberg. Am späten<br />
Vormittag feierten wir gemeinsam das Hochamt. Bei<br />
schönstem Frühlingswetter gingen wir dann durch den Garten<br />
und zum Friedhof und aßen danach gemeinsam im<br />
Refektorium zu Mittag. Am Nachmittag zeigte Abt Franziskus<br />
eine Powerpoint-Präsentation über die Renovierung der<br />
Neuburger Klosterkirche. Der <strong>sich</strong> daran anschließende<br />
Gedankenaustausch war sehr offen und bereichernd und hätte<br />
noch länger fortgesetzt werden können. Wir freuen uns also<br />
schon auf den nächsten Besuch der Mitbrüder. Besonders<br />
schön war auch der Besuch von Sr. Maria-Elisabeth mit fünf
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Angestellten des Exerzitienhauses von Marienrode. Eine<br />
Hausbe<strong>sich</strong>tigung und ein nachmittäglicher Besuch auf dem<br />
Schafshof (unserem Ferienhaus ganz in der Nähe oberhalb von<br />
Aulhausen) hat uns viel Freude gemacht.<br />
Runde Geburtstage und Jubiläen<br />
Für Sr. Angela standen in diesem Jahr gleich zwei große<br />
Jubiläen an: im Sommer feierte sie voller Energie und<br />
Lebensfreude ihren 90. Geburtstag mit einem von Sr. Christophora<br />
zusammengestellten Opus, das die vielen Facetten, die<br />
Sr. Angelas Leben ausmachen, auf wunderbare Weise<br />
widerspiegelte. Im Oktober dann beging sie ihr Eisernes<br />
Professjubiläum. Sr. Angela ist nach wie vor eine gefragte<br />
<strong>Hildegard</strong>forscherin und steht vielen Mitschwestern und<br />
Menschen von außen mit ihrem Rat zur Seite.<br />
Am 17. Mai beging Sr. Agnes ihren 80. Geburtstag. Zunächst<br />
fuhr sie heim ins Saarland, um im Kreis ihrer großen Familie<br />
zu feiern. Nach ihrer Rückkehr begingen wir den eigentlichen<br />
Festtag im Konvent. In einer eigenen Festrekreation wurden<br />
Texte und Musikstücke zum Besten gegeben, die zu den vielen<br />
verschiedenen Wirkungsbereichen und besonderen Vorlieben<br />
von Sr. Agnes passen: zur Küche, zu den Blumen, zur<br />
Bibliothek, zum Reisen und zum Leben ihres Lieblingsheiligen,<br />
des sel. P. Rupert Mayer SJ. Danach erzählte uns Sr.<br />
Agnes in alter und immer neuer Frische aus ihrem ereignisreichen<br />
und spannenden Leben.<br />
Auch Sr. Simone <strong>vollendet</strong>e in diesem Jahr ihr 80. Lebensjahr.<br />
Zwar ist sie körperlich zunehmend eingeschränkt und braucht<br />
für manche Wege inzwischen den Rollstuhl, doch geistig ist<br />
sie unverändert jung und aktiv und nimmt an allem, <strong>was</strong> im<br />
Haus und in der Welt geschieht, äußerst regen Anteil. Sie hilft<br />
Sr. Philippa nach wie vor bei der Betreuung von Sr. Christiane<br />
und kümmert <strong>sich</strong> mit großer Freude um unsere Tischlektüre.<br />
Da sie jedes Buch in der Bibliothek in- und auswendig kennt<br />
und auch „gute Kundin“ in unserer Buchhandlung ist, sind wir<br />
lektüremäßig bei ihr in allerbesten Händen. Zu ihrem 80.<br />
Geburtstag stellten die Mitschwestern für ihre ehemalige
11<br />
Magistra ein kleines „monastisches“ Opus aus Altvätertexten<br />
zusammen, die jeweils umrahmt wurden mit musikalischen<br />
Einlagen am Psalter und an der Querflöte<br />
Sr. Hiltruds 70.Geburtstag am 21. August wurde – wie könnte<br />
es anders sein - ganz „hildegardisch“ gefeiert. Texte aus dem<br />
Briefwechsel unserer Klosterpatronin mit den Großen und<br />
Kleinen ihrer Zeit und Musik des Ensembles für mittelalterliche<br />
Musik „Ranunculus“ waren der passende Rahmen<br />
für unsere Sr. Hiltrud. Diese ist nach wie vor mit ganzem<br />
Herzen Wallfahrts- und Pilgerseelsorgerin am Schrein der hl.<br />
<strong>Hildegard</strong> und gab uns an ihrem Festtag auch regen Anteil an<br />
ihrem Dienst.<br />
Gleich zwei Mitschwestern feierten in diesem Jahr ihren 60.<br />
Geburtstag. Den Anfang machte im Sommer Sr. Christiane.<br />
Sie beging den Tag in aller <strong>St</strong>ille. Ihre Geschwister waren<br />
extra für drei Tage gekommen, um sie jeweils einzeln für eine<br />
kurze Zeit besuchen zu können. Durch ihre Krankheit bedingt,<br />
kann Sr. Christiane Besuch nur noch in sehr „kleinen Dosen“<br />
verkraften. Auch wenn sie es nicht mehr äußern konnte, so<br />
hatten wir doch den Eindruck, dass sie ihre Geschwister sehr<br />
wohl erkannt und sie als sehr vertraut wahrgenommen hat.<br />
Drei Monate später, am 15. November, wurde Sr. Gisela 60<br />
Jahre alt. Sie beging ihren Festtag in Paris. Von uns aus ging<br />
ein großes Paket mit vielen guten Wünschen und kleinen<br />
Geschenken auf die Reise. Im Geiste verbanden wir uns an<br />
ihrem Festtag mit Sr. Gisela dadurch, dass wir gemeinsam<br />
einen Film über die Arbeit der AIM anschauten, der den<br />
Reichtum der benediktinischen Klöster in aller Welt und die<br />
segensreiche Arbeit der AIM auf bewegende Weise anschaulich<br />
machte.<br />
Ihr 50. Lebensjahr <strong>vollendet</strong>e in diesem Jahr Sr. Katharina. In<br />
der Abendrekreation wurde sie mit einem Opus zum Thema<br />
„Bilder einer Ausstellung“, gefeiert, das unser Noviziat<br />
vorbereitet hatte. Fünf verschiedene für Sr. Katharinas Leben<br />
charakteristische Bilder wurden eines nach dem anderen<br />
feierlich enthüllt. Dazu gab es Texte von Rose Ausländer u.a.<br />
und passende Musik.
12<br />
Gegen Ende des Jahres, am Fest Allerheiligen, begingen wir<br />
dann noch das Goldene Professjubiläum unserer Sr. Martina.<br />
Dazu wurde ein neuer einfacherer Ritus für die Professerneuerung<br />
innerhalb des Konventamtes erstellt. Da Sr.<br />
Martina Rosen sehr liebt, waren Altar und auch Sr. Martinas<br />
Zellentür mit wunderschönen Rosengestecken geschmückt.<br />
Am Nachmittag führte der Konvent dann für unsere<br />
Mitschwester und ihre Festbesucher ein von Sr. Simone<br />
vorbereitetes Opus auf: „Ein kleines Marienlob“, das mit dem<br />
Akathisthos-Hymnus begann, mit Texten zu den fünf Gesätzen<br />
des Freudenreichen Rosenkranzes weiterführte und beendet<br />
wurde mit den Anrufungen des Grüssauer Wallfahrtsliedes.<br />
Die Texte und die Liedrufe wurden begleitet von Sr. Klara am<br />
Psalter und Sr. Mirjam am Glockenspiel, <strong>was</strong> dem Ganzen<br />
einen feierlichen und meditativen Rahmen gab.<br />
Nur drei <strong>Wo</strong>chen nach Sr. Martina feierte Sr. Emmanuela ihr<br />
Goldenes Professjubiläum. Sie beging den Tag ganz bewusst<br />
in aller <strong>St</strong>ille und in kleinem Rahmen und hatte <strong>sich</strong> für die<br />
Festrekreation nur ein Musikstück gewünscht: den Radetzky-<br />
Marsch von Johann <strong>St</strong>rauß. Sr. Lydia am Flügel und Sr. Ursula<br />
am Schlagzeug erfüllten ihr diesen Wunsch nur zu gern.<br />
Noviziat<br />
Die diesjährigen Werkwochen führten das Noviziat auf<br />
zweifache Weise zu den Ursprüngen unserer <strong>Abtei</strong>: die kleine<br />
Werkwoche der Frauennoviziate im Mai – die letzte für diese<br />
Noviziatsgeneration – fand bei uns statt und beschäftigte <strong>sich</strong><br />
mit unserer Gründerin <strong>Hildegard</strong> von Bingen. Mit Sr. Maura<br />
konnten die drei Novizinnen von Eibingen und Fulda die<br />
Faszination und den Reichtum der Visionen <strong>Hildegard</strong>s und<br />
ihre Rezeption der Regula Benedicti entdecken. Die große<br />
Junioratswerkwoche für die Frauen- und Männerklöster der<br />
Kongregation führte das Noviziat im August dann in die<br />
Erzabtei Beuron. Dieser Ursprungsort des Beuroner<br />
Mönchtums mit seiner liturgischen Kunst lud schon von <strong>sich</strong><br />
aus zu dem Thema der <strong>Wo</strong>che ein: die Geschichte der<br />
Kongregation, gestaltet von Sr. Johanna Buschmann,<br />
Varensell. Die gemeinsame Geschichte wie die Gastfreund-
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schaft der Erzabtei Beuron ließen die <strong>Wo</strong>che fast zu schnell<br />
vergehen und die Teilnehmer schon auf die nächste schauen.<br />
Last but not least ist zu berichten, dass unsere beiden<br />
Novizinnen in diesem Jahr ihre Triennalprofess ablegen<br />
durften. Sr. Raphaela machte den Anfang und sang am Fest<br />
des hl. Benedikt, dem 11. Juli, ihr „Suscipe“; Sr. Mirjam folgte<br />
ihr wenige <strong>Wo</strong>chen später am Erzengelfest, dem 29. September.<br />
Für unseren Konvent waren beide zeitlichen Professen<br />
eine große Freude und ein besonderer Grund zur Dankbarkeit.<br />
In diesem Zusammenhang möchten wir hier auch berichten,<br />
dass Sr. Klara Antons am Ende ihrer zweijährigen Probezeit<br />
am Herz Jesu-Fest, dem 1. Juli, vor dem Hochamt in einem<br />
feierlichen Kapitelakt ihre <strong>St</strong>abilität von Köln-Raderberg auf<br />
unsere <strong>Abtei</strong> übertragen hat.<br />
Unsere alten und kranken Mitschwestern<br />
In unserer Infirmerie ist es seit dem Tod von Sr. Lioba und Sr.<br />
Christina still geworden. Sr. Susanna, die im September ihren<br />
96. Geburtstag feierte, und nach wie vor nur ein wenig<br />
Betreuung braucht, führt immer noch eine rege seelsorgliche<br />
Korrespondenz und weiß <strong>sich</strong> vielen Menschen im Gebet<br />
verbunden. Mit Eifer und Hingabe beschäftigt sie <strong>sich</strong> mit den<br />
heiligen Engeln, die ihr in den vielen kleinen Sorgen des<br />
Alltags Trost und Hilfe sind.<br />
Sr. Caecilia durfte am Christ-königsfest in aller <strong>St</strong>ille und<br />
Dankbarkeit den 60. Jahrestag ihrer feierlichen Profess<br />
begehen. Auch wenn die Kräfte langsam nachlassen, so nimmt<br />
sie doch unermüdlich Anteil an allem, <strong>was</strong> <strong>sich</strong> rund um die<br />
hl. <strong>Hildegard</strong> entwickelt und macht auch ihren täglichen<br />
Spaziergang durchs Dormitorium, liebevoll begleitet von Sr.<br />
Maria-<strong>Hildegard</strong>. Gerne verweilt Sr. Caecilia bei der<br />
Gottesmutter im Infirmerie-Oratorium und betrachtet in Liebe<br />
und Treue die Geheimnisse des Rosenkranzes. Mit ihrer<br />
heiteren und schelmischen Art ist sie ein Segen für unsere<br />
Gemeinschaft.
14<br />
Das gleiche gilt für Sr. Christiane, die inzwischen seit sechs<br />
Jahren in unserer „zweiten Infirmerie“ im Ostflügel des<br />
Hauses lebt. Trotz ihrer schweren Demenzerkrankung zeigt sie<br />
noch viel Freude am Leben, auch wenn sie diese verbal nicht<br />
mehr äußern kann. In Begleitung macht sie noch täglich zwei<br />
Spaziergänge im Garten, genießt die Natur und besucht<br />
regelmäßig verschiedene Mitschwestern in deren Arbeitsbereichen.<br />
Niemanden lässt sie dabei ohne eine liebevolle<br />
Geste oder ein kleines Zeichen der Zuwendung. Nicht selten<br />
haben wir den Eindruck, dass sie – um es mit einem <strong>Wo</strong>rt aus<br />
Arno Geigers bewegendem Roman „ Der alte König in seinem<br />
Exil“ zu sagen, „zwar nichts mehr weiß, aber alles versteht“.<br />
Weiterbildung<br />
Sowohl der ganze Konvent als auch einzelne Mitschwestern<br />
haben in diesem Jahr wieder an weiterführenden und<br />
vertiefenden Aus- und Fortbildungen teilgenommen. In der<br />
Fastenzeit hielt uns ein lieber Freund, Herr Pfarrer Dr. Robert<br />
Nandkisore/Eltville, eine dreiteilige Vortragsreihe zum Thema<br />
„Geistliche Freundschaft“. Es ging dabei um die Freundschaft<br />
mit Gott und mit Christus, sodann folgten Gedanken über die<br />
göttliche Freundschaft in der Heiligen Schrift sowie<br />
Ausführungen über den Freundschaftsbegriff bei Aristoteles<br />
im Vergleich zu Cicero.<br />
Am 25. Mai berichtete uns Soeur Thérèse aus Saarlouis, eine<br />
Weiße Schwester, die jahrzehntelang in Algerien unter den<br />
Berbern lebte und wirkte, über die ermordeten Trappisten von<br />
Tibhirine, die sie persönlich gut gekannt hat. Sie öffnete uns<br />
mit ihren Ausführungen einen weiten Horizont und erklärte<br />
uns viele Hintergründe des Films „Von Göttern und<br />
Menschen“, den wir zuvor gemeinsam im Geisenheimer Kino<br />
angeschaut hatten.<br />
Im Juni kam Altabt Christian Schütz OSB/Schweiklberg<br />
wieder für fünf Tage zu uns. Thema der <strong>St</strong>udienwoche war<br />
diesmal die Verbindung der Regula Benedicti mit dem<br />
alttestamentlichen „Hohen Lied der Liebe“, das der hl.<br />
Benedikt zwar nirgends wörtlich zitiert, wohl aber auf
15<br />
vielfältige Weise indirekt rezipiert hat. Abt Christian ermutigte<br />
uns, persönlich auf dieser Spur weiterzuarbeiten, und sprach -<br />
eingebettet in den Gedankenkreis des Hohenliedes - auch über<br />
die Heilige Eucharistie. Fragmentarisch sei ein Gedankensplitter<br />
hier besonders erwähnt: „Der Mensch ist ein<br />
Empfangener und ein Empfangender. Das ist der Kern seines<br />
Daseins, die Grund- und Schöpfungswahrheit seiner Existenz<br />
und seines Wesens. Wir ahnen, wie tief die Eucharistie mit<br />
dem Geheimnis der Schöpfung verbunden ist.“<br />
Auch Sr. Michaela Puzicha OSB, Varensell/Salzburg war in<br />
diesem Jahr erneut ein gern gesehener Gast in unserem<br />
Konvent. Diesmal hielt sie uns einen viertägigen,<br />
gleichermaßen interessanten wie lebenspraktischen Vortrags-<br />
Zyklus zum Thema: „Gesprächsprozesse in der Benediktsregel“.<br />
Wichtige Aspekte dabei waren: der Prozess des<br />
Hinhörens, Entscheidungskriterien und Zielformulierung<br />
sowie die Mühe, die aufgewandt werden muss, um dialogfähig<br />
zu bleiben und den Frieden immer neu herzustellen. Sr.<br />
Michaelas profunde, souveräne und zum Weiterarbeiten<br />
motivierende Regelkenntnis war wie immer ein Genuss und<br />
lieferte uns viel <strong>St</strong>off zum Nachdenken und zum Gespräch.<br />
Sr. Francesca, Sr. Andrea und Sr. Barbara haben in diesem<br />
Jahr ihre berufsbegleitende Ausbildung in der Hauswirtschaft<br />
erfolgreich abgeschlossen und können nun ihre Kenntnisse auf<br />
vielfache Weise in Küche, Waschküche, Hausmeisterei und im<br />
Gästebereich anwenden. Sr.Mirjam hat unterdessen unmittelbar<br />
nach ihrer Triennalprofess eine Ausbildung in Finanzbuchhaltung<br />
begonnen; Sr. Scholastica hat die ihrige im selben<br />
Fach unterdessen erfolgreich beendet.<br />
Gesprächsprozess „Ort unseres Gebetes“<br />
Im letzten Jahresrundbrief berichteten wir bereits davon, dass<br />
unser Konvent <strong>sich</strong> auf den Weg eines längeren<br />
Gesprächsprozesses zum Thema „Ort unseres Gebetes“<br />
begeben hat. Dahinter verbarg <strong>sich</strong> die Frage, wie wir die<br />
Besucher unserer Kirche und unsere Hausgäste besser in unser<br />
Gebet einbeziehen könnten und sollten. Unter Begleitung von
16<br />
P. Bertram Dickerhof SJ und Sr. Petra Maria Nothum SND<br />
begannen wir einen gut einjährigen Prozess des gemeinsamen<br />
Nachdenkens und der praktischen Erprobung. Wir wägten in<br />
mehreren Gemeinschafts- und Gruppengesprächen die Pro-<br />
und Contra-Argumente ab und absolvierten danach drei<br />
Probephasen der möglichen Orte unseres Gebetes: in einer<br />
neuen Sitzordnung im Chor, sodann im Presbyterium und<br />
zuletzt in der Kirche. Wir versuchten, auf die <strong>St</strong>imme des<br />
Geistes zu hören - in uns selbst und wie sie durch zahlreiche<br />
Reaktionen von Besuchern und Gästen auf uns zukam.<br />
Interessant war, dass gerade die Menschen, die uns sehr<br />
verbunden sind und regelmäßig kommen, meist nichts<br />
vermissen, wenn wir nur zu hören, aber nicht zu sehen sind, ja<br />
dass die Verborgenheit des Konventes im Chorgestühl für sie<br />
sogar die Atmosphäre des Gebetes und die Erfahrung der<br />
Transzendenz verdichten kann. Nach den Probephasen im<br />
Presbyterium und in der Kirche, die eine Vielzahl ganz<br />
unterschiedlicher Reaktionen hervorriefen, stimmten wir ab<br />
und entschieden uns mehrheitlich für den Chor als unseren<br />
bleibenden „Ort des Gebetes“. Ausnahmen von dieser<br />
Grundsatzregelung sind ausdrücklich vorgesehen, z.B. am<br />
<strong>Hildegard</strong>isfest oder bei Jubiläen, an denen wir mit unseren<br />
Gästen einzelne Gebetszeiten in der Kirche feiern.<br />
Wenn es äußerlich auch so aussehen mag, als wäre nach dem<br />
Gesprächsprozess nun alles beim alten geblieben, so waren wir<br />
uns doch einig, dass wir unser Chorgestühl durch die Probephasen<br />
an anderen Orten unserer Kirche nun wieder ganz neu<br />
schätzen und lieben gelernt haben. Wir haben zudem lange<br />
und intensiv aufeinander gehört und uns vertieft über<br />
Grundsatzfragen unseres Lebens ausgetauscht. Zudem haben<br />
wir eine Methode gelernt, wie wir Entscheidungsprozesse<br />
sorgfältig vorbereiten und durchführen können. Wir danken P<br />
Dickerhof und Sr. Petra Maria sehr für die Begleitung des<br />
Prozesses und vor allem auch für die Ausbildung von fünf<br />
„Moderatorinnen“ aus unseren Reihen, die <strong>sich</strong> in den<br />
Plenumssitzungen und bei der Leitung der Kleingruppen<br />
bereits bestens bewährt haben. Die Erfahrungen werden uns<br />
auch bei künftigen Entscheidungsprozessen helfen können.
17<br />
UNSERE KLOSTERPATRONIN<br />
<strong>Hildegard</strong>-Wallfahrtsseelsorge<br />
Die Wallfahrtsseelsorge am Schrein der hl. <strong>Hildegard</strong>, die<br />
unsere Sr. Hiltrud betreut, wurde auch in diesem Jahr wieder<br />
von vielen Menschen in Anspruch genommen. Neben vielen<br />
Wallfahrern und Einzeltouristen, die <strong>sich</strong> von <strong>Hildegard</strong><br />
angezogen fühlen und <strong>sich</strong> am Ort der Reliquien <strong>St</strong>ärkung und<br />
Weisung für ihr Leben erhoffen, kamen 83 Gruppen -<br />
Kommunionkinder, Firmlinge, Schülerklassen, Pfarrgemeinschaften,<br />
Frauengruppen, Familientreffs, Wander- und<br />
Seniorengruppen - , um von Sr. Hiltrud einen Vortrag oder<br />
einen geistlichen Impuls zu hören. Auch Bildungseinrichtungen,<br />
Volkshochschulen, Krankenpflegeschulen,<br />
Geschichts- und Gartenbauvereine, Kirchenchöre und<br />
evangelische Pfarrer, Lehrer und Schwesterngemeinschaften<br />
waren darunter. Sehr viele Besucher kamen in diesem Jahr<br />
auch aus dem Ausland nach Eibingen: aus Dänemark und<br />
Belgien, den Niederlanden und Frankreich, aus der Schweiz,<br />
aus Österreich und Polen, ja selbst aus Australien und Indien<br />
kamen <strong>Hildegard</strong>-Interessierte und – verehrer. Sie alle wollen<br />
mehr und Authentisches erfahren über unsere große Klosterpatronin,<br />
möchten die Visionen und das Gottes- und<br />
Menschenbild <strong>Hildegard</strong>s erklärt und gedeutet bekommen und<br />
fruchtbar werden lassen für ihr persönliches Leben und ihren<br />
Glauben. Nicht nur Sr. Hiltrud, sondern wir alle spüren, dass<br />
<strong>Hildegard</strong> den Menschen von heute viel zu sagen hat und dass<br />
wir mit ihrer Hilfe gerade diejenigen ansprechen können, die<br />
der Kirche fernstehen, aber dennoch Suchende und Fragende<br />
sind. Dieser Zielgruppe dienen auch die <strong>Hildegard</strong>-Seminare<br />
und Veranstaltungen, die wir im Gästehaus anbieten. Sr.<br />
Hiltrud ist hier in besonderer Weise engagiert und wird nie<br />
müde, das Erbe <strong>Hildegard</strong>s unserer Zeit gemäß weiterzugeben.<br />
<strong>Hildegard</strong>-Werke<br />
Dem Ziel, die hl. <strong>Hildegard</strong> breiten Kreisen zugänglich zu<br />
machen, dient auch die bereits im letzten Jahr begonnene<br />
Neuausgabe aller Werke <strong>Hildegard</strong>s von Bingen. Inzwischen
18<br />
sind der SCIVIAS in einer Neuübersetzung unserer in diesem<br />
Jahr verstorbenen Oblatin, Frau Mechthild Heieck, und die<br />
Naturheilkunde CAUSAE ET CURAE in einer Neuübersetzung<br />
von Frau Professor Ortrun Riha, Medizinhistorikerin in<br />
Leipzig, erschienen. Im Frühjahr werden die SYMPHONIAE –<br />
neuübersetzt von Frau Dr. Barbara <strong>St</strong>ühlmeyer, ebenfalls<br />
Oblatin unserer <strong>Abtei</strong>, und der LIBER DIVINORUM OPERUM<br />
erscheinen, an dem Frau Heieck noch bis unmittelbar vor<br />
ihrem Tod gearbeitet hat. Wir danken vor allem dem Beuroner<br />
Kunstverlag für seine Bereitschaft, die Reihe zu edieren und<br />
Sr. Philippa, die die mühevolle Arbeit der Lektorierung übernommen<br />
hat. Als besonders schöne Zugabe zur neuen Reihe<br />
erschien pünktlich zur Frankfurter Buchmesse ein Bildband<br />
mit den berühmten 35 Miniaturen des SCIVIAS. Dieser<br />
Prachtband ist eine wahre Gemeinschaftsarbeit: Sr. Hiltrud<br />
und Sr. Maura haben die erklärenden Texte zu den einzelnen<br />
Miniaturen verfasst und Sr. Philippa hat aus den Bildern und<br />
Texten eine Gesamtkomposition erstellt. Eine Gemeinschaftsarbeit<br />
ganz anderer Art entstand zwischen Sr. Hiltrud und<br />
unserem inzwischen pensionierten Küchenchef, Herrn<br />
Pasquale Piccinno: die beiden haben in kongenialer Ergänzung<br />
ein <strong>Hildegard</strong>-Kochbuch mit Weisheiten und Rezepten aus der<br />
Klosterküche herausgegeben. Am Sonntag nach dem<br />
<strong>Hildegard</strong>isfest fanden <strong>sich</strong> die beiden Autoren zur<br />
Signierstunde im Laden ein – Sr. Hiltrud in Tunika und Herr<br />
Piccinno in weißer Küchenmeisterkleidung - ein wahrhaft<br />
würdiger und pittoresker Rahmen!<br />
<strong>Hildegard</strong>-Forschung<br />
In diesem Jahr hat Sr. Maura ihr Promotionsstudium, das sie<br />
an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz 2007<br />
begonnen hatte, erfolgreich abgeschlossen. Die Advents- und<br />
Weihnachtszeit 2010 waren noch von intensiven Korrekturarbeiten<br />
geprägt. Dabei stand Sr. Raphaela mit kompetenter<br />
Hilfe und großer Sorgfalt Sr. Maura zur Seite. Am 2. Februar<br />
2011 reichte Sr. Maura ihre Dissertation, die den Titel „Vidi et<br />
intellexi. Die Schrifthermeneutik in der Visionstrilogie<br />
<strong>Hildegard</strong>s von Bingen“ trägt, ein. Als die Gutachten von Frau
19<br />
Professor Dr. Mechthild Dreyer, Frau Professor Dr. Karen<br />
Joisten und Herrn Professor Dr. Ruben Zimmermann vorlagen,<br />
konnte der Termin für die Disputation am 22. Juli 2011<br />
festgelegt werden. Zu diesem Anlass fuhr Mutter Clementia<br />
mit Sr. Maura nach Mainz, um an der letzten mündlichen<br />
Prüfung teilzunehmen. Auch Herr Dr. Dr. <strong>St</strong>efan Seit, der mit<br />
seinen Anregungen und wiederholten Ratschlägen zum<br />
Gelingen der Dissertation beigetragen hatte, konnte dabei<br />
zugegen sein. Die Mitglieder der Prüfungskommission, Frau<br />
Professor Dreyer, Frau Professor Joisten und Herr Professor<br />
Dr. Klaus-Dieter Eichler, würdigten Sr. Mauras Leistung mit<br />
„summa cum laude“. Besonderer Dank gilt Frau Professor<br />
Dreyer, die Sr. Maura als Doktorandin angenommen und sie<br />
durch die Jahre hindurch gefördert und betreut hat. Auf ihre<br />
Empfehlung hin schickte Sr. Maura ihre Dissertation nach der<br />
mündlichen Prüfung an den Aschendorff Verlag, Münster, wo<br />
sie 2012 in der Reihe „Beiträge zur Geschichte der<br />
Philosophie und Theologie des Mittelalters“ erscheinen wird.<br />
Am 22. September war es dann soweit: der Dekan der Mainzer<br />
philosophischen Fakultät, Herr Professor Dr. <strong>St</strong>ephan Jolie,<br />
überreichte Sr. Maura die Urkunde und verlieh ihr damit den<br />
Titel eines Doktors der Philosophie. Die Freude über den<br />
Abschluss verbindet <strong>sich</strong> für Sr. Maura mit einem großen<br />
Dank, besonders an ihre Mitschwestern, die ihrerseits natürlich<br />
stolz sind, nun wieder eine junge <strong>Hildegard</strong>forscherin in ihren<br />
Reihen zu haben. Noch vor Drucklegung ihrer Arbeit hat Sr.<br />
Maura ein Angebot zu einem Lehrauftrag an der Philosophisch-Theologischen<br />
Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt<br />
am Main bekommen. Zusammen mit Pater Prof. Dr.<br />
Rainer Berndt SJ hält sie im Wintersemester 2011/2012 ein<br />
Seminar mit dem Thema „Sehen und gesehen werden. <strong>St</strong>udien<br />
zur Anthropologie und Erkenntnislehre von Philosophinnen<br />
des Mittelalters“. Wir freuen uns, dass auf diese Weise der<br />
Kontakt nach <strong>St</strong>. Georgen wieder neu intensiviert wird und P.<br />
Berndt nach der guten Kooperation im <strong>Hildegard</strong>-<br />
Jubiläumsjahr 1998 nun einmal mehr intensiv mit unserer<br />
<strong>Abtei</strong> zusammenarbeitet.
Konventausflug ins Kino<br />
20<br />
Noviziatsausflug nach Maria Laach<br />
Signierstunde von Sr.Hiltrud und Herrn Piccinno<br />
Der Traubenvollernter im Einsatz
21<br />
Mittagessen mit den Freunden im Kreuzgang<br />
Feier des 10-jährigen Freundeskreisjubiläums<br />
Reliquienfeier und Prozession am <strong>Hildegard</strong>isfest
22<br />
AUS DEN ARBEITSBEREICHEN<br />
OSB – Oh, sie bauen…<br />
Im Mai wurde ein für viele Mitschwestern lange gehegter<br />
Wunschtraum Wirklichkeit: Mit der finanziellen Hilfe unseres<br />
Freundeskreises und zweier <strong>St</strong>ifterinnen konnte der Umbau<br />
unserer Küche <strong>vollendet</strong> werden. Der Konvent ertrug die oft<br />
mühsame und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie<br />
den Mitschwestern in der Küche viel abverlangende<br />
Bausituation in großer Geduld. In der neuen Küche, die wir<br />
mithilfe unserer hauswirtschaftlichen Beraterin Frau Brigitte<br />
Hackler und Herrn Bohnert von der Offenbacher Küchenbaufirma<br />
„Edgar Fuchs“ mehrere Monate lang durchdacht und<br />
geplant hatten, befinden <strong>sich</strong> nun alle Geräte und<br />
Gebrauchsgegenstände in einem Raum, einschließlich der<br />
Kühlzelle, die vorher verteilt auf zwei <strong>St</strong>ockwerke und<br />
mehrere Räume untergebracht waren. Wir erhielten einige<br />
neue Geräte, die uns nun in die Lage versetzen, auf technisch<br />
neuestem <strong>St</strong>and energiesparend und rationell zu arbeiten. Wir<br />
danken allen an der Planung und Durchführung des Umbaus<br />
Beteiligten für die große Sorgfalt und den Einsatz bei der<br />
Maßnahme.<br />
Im Zuge des Küchenumbaus, bei dem die alten<br />
Dampfheizungsrohre abgebaut und durch Warm<strong>was</strong>serleitungen<br />
ersetzt wurden, haben wir Ende Oktober auch das<br />
Konventzimmer im Nordwesten und mehrere sanitäre Anlagen<br />
im Westen des Hauses von den alten Dampfheizungsleitungen<br />
„befreit“ und durch neue Leitungen der Warm<strong>was</strong>serheizung<br />
ersetzt. Dies war dringend notwendig, da an einigen <strong>St</strong>ellen<br />
die Dampfleitungen undicht waren und zunehmend Schäden<br />
im Gemäuer verursachten und verursachen. Dies wollen wir in<br />
der kommenden Zeit auch nach und nach weiter vorantreiben,<br />
um so Heiz- bzw. Energiekosten zu sparen.<br />
Der Zugang zur Kirche wird für Rollstuhlfahrer in Zukunft<br />
einfacher, da an der Treppe vom Pfortengang in die Kirche ein<br />
Treppenlift montiert werden soll. Sobald der vierte Bauabschnitt<br />
unseres Gästehauses fertiggestellt sein wird, können
23<br />
gehbehinderte Gäste dann ohne Schwierigkeiten vom Gästehaus<br />
in das Haupthaus und von dort in die Kirche gelangen.<br />
Unser Gästehaus<br />
Dass viele unserer Gäste immer wieder gerne zu uns kommen,<br />
<strong>sich</strong> bei uns wohlfühlen und Kraft und Mut für ihren Alltag<br />
schöpfen, erfüllt uns mit dankbarer Freude. Möge das auch in<br />
Zukunft so bleiben. Im zurückliegenden Jahr haben wir zum<br />
ersten Mal ein eigenes Jahresprogramm mit verschiedenen<br />
Angeboten zusammengestellt, die gern angenommen wurden.<br />
Es fanden unter anderem statt: „Ora et labora –Tage“,<br />
Buchbinderkurse, Gregorianikwochenenden und natürlich<br />
Angebote, die <strong>sich</strong> unter verschiedenen Aspekten mit der hl.<br />
<strong>Hildegard</strong> beschäftigten. Im kommenden Jahr wird unsere<br />
Patronin noch stärker im Mittelpunkt unseres Kursangebotes<br />
stehen. Neben diesen Angeboten, durch die wir unseren<br />
Gästen et<strong>was</strong> von dem, <strong>was</strong> unser eigenes Leben bereichert,<br />
weitergeben möchten, besteht auch weiterhin die Möglichkeit<br />
zu Tagen der <strong>St</strong>ille oder Einzelexerzitien.<br />
Im Gästehaus selbst haben wir nun auch die letzten fünf<br />
Gastzimmer mit unseren Zellenmöbeln ausgestattet. In<br />
mühsamer Arbeit hat Sr. Anna zusammen mit unserem<br />
Hausmeister, Herrn Peter Moussong, und Herrn Günter<br />
Franko, der nach seiner Pensionierung als Möbelschreiner bei<br />
uns noch ein ehrenamtliches Betätigungsfeld gefunden hat, die<br />
Pitchpinemöbel aufgearbeitet, so dass sie nun wieder in voller<br />
Schönheit erstrahlen. Unsere Gäste schätzen die Zellenausstattung<br />
der Gästezimmer sehr, vermittelt diese ihnen doch<br />
noch mehr das Gefühl, in die klösterliche Atmosphäre<br />
eintauchen zu können.<br />
In diesem Jahr, vor allem in den Monaten Mai bis Oktober,<br />
besuchten auch wieder sehr viele Gruppen unsere <strong>Abtei</strong>. Die<br />
meisten von ihnen kamen, um mehr zu erfahren über unser<br />
klösterliches Leben und über <strong>Hildegard</strong> von Bingen. Nach wie<br />
vor sprechen wir alle diese Gruppen noch persönlich an, da<br />
wir auf diese Weise unser Leben und unseren Glauben
24<br />
bezeugen und das Erbe unserer großen Klosterpatronin<br />
authentisch weitergeben können.<br />
Kirchenkonzerte<br />
Die Reihe unserer <strong>Abtei</strong>konzerte begann in diesem Jahr mit<br />
einem Chor- und Orchesterkonzert von ChorART Rheingau<br />
unter der Leitung von Jochen Doufrain am 10. April. Mit dem<br />
Werk „Membra Nostri Jesu Christi“ von Dietrich Buxtehude –<br />
ein Werk für Solisten, Chor und Orchester - wurden die<br />
Zuhörer auf die Karwoche eingestimmt. In sieben Kantaten<br />
werden Füße, Knie, Hände, Seite, Brust, Herz und Ge<strong>sich</strong>t<br />
Christi hier allegorisch gedeutet. Die Musiker trugen mit<br />
ihrem intensiven musikalischen Vortrag dazu bei, dass dieses<br />
Werk nicht nur Erbauungsmusik war, sondern auch die<br />
persönliche Betrachtung der Leiden Christi vertiefen konnte.<br />
Am 3. Mai war des Ensemble BONnACCORD unter der<br />
Leitung von Herrn Dieter Simonsen wieder einmal bei uns zu<br />
Gast. Mit Musik des 18. Jahrhunderts von Pepusch, Corelli,<br />
Schickhardt und Baston faszinierten die Künstler die Zuhörer<br />
mit Blockflöten, Violinen, Cello und Cembalo. Am 19. Juni<br />
konzertierte erstmals das Ensemble „Camerata Rheingau“ in<br />
unserer Kirche. Dieses Orchester besteht aus Profimusikern<br />
und jungen Musikern, die noch am Beginn ihrer beruflichen<br />
Laufbahn stehen. Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit<br />
heraus gab es für die zahlreichen Zuhörer ein Konzert mit<br />
Werken von Mozart, Vivaldi, Mendelssohn Bartoldy u.a., das<br />
durch die Musikalität der Ausführenden und auch durch das<br />
Dirigat von Ulrich Kern faszinierte. Am 4. September hatten<br />
wir das „Hansori Quartett“ zu Gast. Die vier Cellisten (der<br />
Leiter des Ensembles, Herr Tobias Fischer, ist der Cellolehrer<br />
unserer Sr. Agatha) spielten <strong>St</strong>ücke von Corette, Bach, Haydn,<br />
u.a. Es war eine Freude, den Musikern zuzuhören und<br />
zuzuschauen. Das letzte Konzert am 16. Oktober war eine<br />
besinnliche, meditative <strong>St</strong>unde mit mittelalterlicher Musik zu<br />
Ehren der Mutter Gottes: Ave maris stella - Antiphonen und<br />
Hymnen z.B. aus Montserrat oder einem Kölner Antiphonar,<br />
gesungen von Frau Sabine Reinhardt. Mit Harfe, Laute,<br />
Portativ und gotischem Hackbrett begleitete <strong>sich</strong> die Solistin
25<br />
selbst und stimmte die Zuhörer schon auf den kommenden<br />
Advent ein.<br />
Keramikwerkstatt<br />
In diesem Jahr erfüllte <strong>sich</strong> der von Sr. Christophora lang<br />
gehegte Wunsch, ihre Großskulpturen einmal in einer<br />
romanischen Kirche zeigen zu können, durch eine Anfrage der<br />
kurhessisch- evangelischen Kirche und der evangelischen<br />
Kommunität Koinonia. In der ehemaligen Klosterkirche von<br />
Germerode bei Eschwege wurden zehn Skulpturen von April<br />
bis Oktober unter dem Thema: „Zwischen Sehnsucht und<br />
Erfüllung“ gezeigt. Die vielen Besucher wurden dabei von<br />
Frau Traudl Priller aus der Kommunität Koinonia mit großem<br />
Engagement betreut. Auf Anfrage von Altabt Christian Schütz<br />
zeigte Sr. Christophora von März bis September in der <strong>Abtei</strong><br />
Schweiklberg in einer weiteren Ausstellung unterschiedlichste<br />
Arbeiten aus den letzten zehn Jahren. Parallel dazu konnte<br />
unsere Künstlerin zwei Arbeiten für den neugestalteten<br />
Meditationsgarten des Klosters Neustift verwirklichen: eine<br />
große Engelskulptur und eine 230 cm hohe dreiseitige Säule<br />
zu den Themen: Schöpfung, Emmaus und Benedikt.<br />
Überraschend kam im März die Anfrage von <strong>St</strong>adtpfarrer<br />
Monsignore Schuhmacher, für das Bonner Münster zum<br />
Gedenken an die Seligsprechung Papst Johannes Pauls II. ein<br />
Porträtrelief zu gestalten, das die Verbundenheit der Bonner<br />
Katholiken mit dem verstorbenen seligen Papst zum Ausdruck<br />
bringen sollte. Die Arbeit bedeutete eine intensive Auseinandersetzung<br />
mit Leben und Werk des Seligen und führte Sr.<br />
Christophora auch zu einem inneren geistlichen Dialog mit<br />
dieser so vielschichtigen Persönlichkeit. Das 105 cm hohe<br />
Relief wurde in der Krypta des Bonner Münsters angebracht<br />
und am 1. Mai in einem feierlichen Gottesdienst vom<br />
Päpstlichen Nuntius in Deutschland Kardinal Jean-Claude<br />
Périsset eingeweiht.<br />
Für einen“ Meditationsweg mit europäischen Heiligen“ neben<br />
der neuen Wallfahrtskirche „Maria, Königin Europas“ auf dem<br />
Gnadenweiler bei Beuron wurde mit Sr. Christophoras
26<br />
lebensgroßer Figur der hl. Edith <strong>St</strong>ein ein erster Anfang<br />
gesetzt. Auf Anfrage des Osnabrücker Generalvikars Theo<br />
Paul gestaltete Sr. Christophora ein 260 cm x 270 cm großes<br />
Relief für das <strong>Hildegard</strong>-von-Bingen-Gymnasium in<br />
Twistringen. Das Relief zeigt <strong>Hildegard</strong> mit ihrer Vertrauten<br />
Richardis, umgeben von den kartographisch angeordneten<br />
Wirkungsstätten ihres Lebens. Diese werden in Medaillons<br />
jeweils mit Miniaturen aus den Visionen interpretiert.<br />
Es ist bezeichnend, dass bei Anfragen für kleine wie größere<br />
Aufträge der Wunsch, dass eine religiöse Arbeit aus einem<br />
religiösen Hintergrund heraus gestaltet wird, für die jeweiligen<br />
Auftraggeber an Bedeutung gewinnt. Ebenso ist es mittlerweile<br />
fast unabdingbar, dass Sr. Christophora bei Eröffnungen,<br />
Einführungen oder Einweihungen der von ihr gestalteten<br />
Arbeiten alleine oder zusammen mit Mitschwestern präsent<br />
ist. Der früheren Anonymität des Klosterkünstlerdaseins<br />
entspricht heute die geforderte Präsenz, die der Sehnsucht der<br />
Menschen nach authentischem Zeugnis entspringt.<br />
Neben diesen großen Aufträgen gab es auch einige Anfragen<br />
für kleinere Arbeiten, wie z.B. die Bemalung eines kleinen<br />
Marienaltars, neue Krippenfiguren für die Pfortenkrippe oder<br />
ein Antoniusrelief. Insgesamt war es ein Jahr, in dem <strong>sich</strong> Sr.<br />
Christophora verstärkt mit den unterschiedlichsten Auffassungen<br />
zur modernen Gestaltung von religiösen Werken<br />
beschäftigte. Ein klarer <strong>St</strong>andpunkt und eine eigene<br />
künstlerische Sprache sind Sr. Christophora für ihre<br />
Weiterentwicklung besonders wichtig und gewinnen als<br />
geistliches Bekenntnis für sie zunehmend an Bedeutung.<br />
Restaurierungswerkstatt<br />
Der Rückblick auf das vergangene Jahr zeigt, <strong>was</strong> im Alltag<br />
auch nicht zu kurz kommen möchte: wir haben viel zu danken!<br />
Wir wurden vor Schaden bewahrt und auch Arbeit und<br />
Aufträge hatten wir ausreichend. So möchten wir stellvertretend<br />
für unsere Auftraggeber an erster <strong>St</strong>elle unserem<br />
Koordinator, Herrn Archivdirektor Dr. Braun, Mainz, dafür<br />
danken, dass uns durch seine Vermittlung auch in dieser
27<br />
wirtschaftlich und finanziell so schwierigen Zeit ausreichend<br />
Aufträge der Archive der deutschen Bistümer zur<br />
Restaurierung anvertraut wurden.<br />
Von unseren Gästen möchten wir besonders Frau Hannah<br />
Groß und Frau Catrin Schuster erwähnen. Im Rahmen unseres<br />
Werkstattalltags haben sie jeweils ein mehrwöchiges<br />
Praktikum absolviert. Frau Hannah Groß beginnt in diesem<br />
Winter den <strong>St</strong>udiengang Restaurierung in München; Frau<br />
Catrin Schuster studiert Restaurierung an der Akademie der<br />
bildenden Künste in <strong>St</strong>uttgart. Für ihren weiteren beruflichen<br />
Weg wünschen wir ihnen Erfolg, bei aller Mühe auch Freude -<br />
und danken für das gute Miteinander. Auch Frau Linda<br />
Elmersson, <strong>St</strong>udentin der Universität Göteborg, hat in diesem<br />
Jahr noch einmal für einige <strong>Wo</strong>chen bei uns gearbeitet. In der<br />
Zeit vom 7. März – 6. Mai hat sie, begleitet von unserer<br />
Werkstattleiterin Sr. Dorothea, ihre Bachelor-Arbeit bei uns<br />
erfolgreich beendet. Wir gratulieren ihr herzlich.<br />
Personell hat <strong>sich</strong> in unserem Team in diesem Jahr nichts<br />
verändert. Unter Sr. Dorotheas Leitung arbeiten Frau Corinna<br />
Herrmann, Sr. Maria <strong>Hildegard</strong>, Sr. Marion, Sr. Jutta und Sr.<br />
Placida. Integriert in unserer Werkstatt befindet <strong>sich</strong> die<br />
Hausbuchbinderei, in der Sr. Fides mit langjähriger Erfahrung<br />
die reparaturbedürftigen Bücher des Hauses aufarbeitet. Frau<br />
Herrmann arbeitet nun schon drei Jahre mit uns und wir<br />
möchten ihr auch an dieser <strong>St</strong>elle herzlich für ihren fachkompetenten<br />
Einsatz voller Schwung und Begeisterung für das<br />
Restaurieren danken.<br />
Unser Arbeitsalltag wurde mehrfach von der Teilnahme an<br />
auswärtigen Tagungen unterbrochen. Im April nahmen wir am<br />
Fachgespräch der nordrhein-westfälischen Papierrestauratoren<br />
in Bielefeld teil. Auf der Tagung der AGOA (Arbeitsgemeinschaft<br />
der Ordensarchive), die <strong>sich</strong> im Mai im Kloster<br />
Hegne traf, stellte Sr. Dorothea unsere Werkstatt vor. Im<br />
August fuhren Sr. Dorothea und Frau Herrmann nach Bern<br />
und nahmen an dem Treffen der IADA (Internationale<br />
Arbeitsgemeinschaft der Archiv – Bibliotheks- und<br />
Graphikrestauratoren) teil.
28<br />
Nach dem Auftakt im Jahr 2009 konnten wir auch in diesem<br />
Jahr wieder Kurse in unserer eigenen Werkstatt anbieten. Im<br />
April gab es eine Einführung zur Bestandserhaltung im<br />
Archivwesen unter der Leitung von Sr. Dorothea und Frau<br />
Herrmann, und im November waren es zwei Kurse zur<br />
Einführung in das Buchbinden bzw. die Buchreparatur.<br />
Klosterweingut<br />
Als zu Beginn des Jahres Schwester Lioba heimging – sie war<br />
jahrzehntelang für unser Weingut verantwortlich –, sagte eine<br />
Mitschwester: „Der Jahrgang 2011 wird <strong>sich</strong>er ein ganz außergewöhnlicher<br />
Jahrgang werden!“ Und damit hatte sie Recht.<br />
Mit der Weinlese begannen wir in diesem Jahr so früh wie<br />
noch nie, und diese wurde auch so früh wie noch nie beendet.<br />
Am 14. September fingen wir mit der Lese der Spätburgundertrauben<br />
an, am 30. September (in unseren Weinkelleraufzeichnungen<br />
haben wir bisher noch nie einen früheren<br />
Termin gefunden) hatten wir alle Weinberge gelesen und<br />
schlossen die Lese in guter Tradition mit dem Herbstschluss<br />
ab. Unter Glockengeläut wurden die letzten Trauben<br />
heimgebracht, und wir brachten unseren Dank für die gute<br />
Ernte des Jahres mit dem „Großer Gott, wir loben Dich“ zum<br />
Ausdruck. Bei einem Glas Wein wurde dann auf die<br />
gemeinsamen Mühen des Jahres angestoßen. Da dieser Tag ein<br />
außergewöhnlich warmer und schöner Herbsttag war,<br />
verlegten wir das gemeinsame Mittagessen kurzerhand in den<br />
Hof. Zusammen mit unseren Mitarbeitern und allen<br />
Lesehelfern fand so ein zünftiger Abschluss der Weinlese statt.<br />
Der Jahrgang 2011 kann in der Tat bezüglich der Vegetation<br />
im Weinberg mit einigen Ausnahmen aufwarten: Der Austrieb<br />
begann - bedingt durch die warme Witterung zu Beginn des<br />
Jahres – schon am 14. April, zwei bis drei <strong>Wo</strong>chen früher als<br />
im Jahresdurchschnitt. Eine lange Trockenheit prägte dann das<br />
Frühjahr. Erst im Juni setzte der erste spärliche Regen ein. Die<br />
Rebblüte begann ebenfalls knapp drei <strong>Wo</strong>chen früher als<br />
normal. Der August wurde dann feuchtwarm und brachte<br />
häufige Niederschläge. Für die Trauben kam dies zu einem
29<br />
ungünstigen Zeitpunkt, denn mit beginnender Reife reagieren<br />
sie empfindlich auf zu viel Feuchtigkeit. Es bilden <strong>sich</strong> schnell<br />
Fäulnisnester, die die Qualität der Weine verderben können.<br />
So war eine zügige und schnelle Weinlese wichtig, damit die<br />
Trauben möglichst gesund in den Keller kamen. Dabei haben<br />
wir in diesem Jahr vermehrt den Traubenvollernter zum<br />
Einsatz gebracht, da wir von Hand nicht schnell genug<br />
reagieren konnten. Unabdingbar war jedoch, dass wir zuerst<br />
eine „Negativ-Lese“ von Hand hielten, d.h. eine kleine<br />
Mannschaft schnitt zunächst die faulen Trauben heraus. Erst<br />
danach konnte die eigentliche Lese, ob nun von Hand oder<br />
durch den Vollernter, beginnen. Dass <strong>sich</strong> diese Mühe gelohnt<br />
hat, zeigen uns die Moste, die langsam im Keller gären und ihr<br />
Potential entfalten. Bei der Hessischen Landesweinprämierung<br />
konnten wir in diesem Jahr eine Goldmedaille, sechs<br />
Silbermedaillen und eine Bronzemedaille verzeichnen.<br />
Erstmalig haben wir in diesem Jahr im Benno Verlag einen<br />
Klosterweinkalender herausgebracht. Darin finden <strong>sich</strong> schöne<br />
Bilder von unserem Kloster und aus den Weinbergen sowie zu<br />
jedem Monat ein kurzer Bericht über die im Weinberg und –<br />
keller anfallenden Arbeiten aus der Feder von Sr. Thekla.<br />
Unser Garten<br />
Unserem Garten erging es in diesem Jahr ähnlich wie den<br />
Weinbergen. Da das Frühjahr sehr trocken war, begann die<br />
Obsternte drei <strong>Wo</strong>chen früher als üblich. Die Früchte waren<br />
schön und gesund, vor allem die Quittenernte war außergewöhnlich<br />
ertragreich. Auch in diesem Jahr hatten wir dank<br />
des grünen Daumens von Sr. Beatrix wieder köstliche<br />
Tomaten in Hülle und Fülle. Aber auch die Blumen blühten in<br />
voller Pracht und reichlich, sodass wir bis spät in den Herbst<br />
hinein den Blumenschmuck in Kirche und Haus aus dem<br />
eigenen Garten bestreiten konnten.<br />
Ein besonderer Dank gilt unserem Freund, Herrn <strong>Wo</strong>lfgang<br />
Lamberti, der uns nach seiner Pensionierung ehrenamtlich im<br />
Garten und auf dem Friedhof hilft. Der Rasen auf dem<br />
Kirchplatz, im Kreuzgarten und auf dem Friedhof gleicht
30<br />
durch seine liebevolle Pflege fast schon einem englischen<br />
Rasen. Sr. Candida, die am Christkönigsfest voller Dankbarkeit<br />
ihr Diamantenes Konsekrationsjubiläum begehen<br />
durfte, betreut immer noch engagiert und liebevoll unseren<br />
Friedhof. Dieser ist ein stilles Refugium, das vor allem<br />
sonntags immer wieder von Mitschwestern aufgesucht und als<br />
Ort der Ruhe und des Friedens genossen wird. An<br />
Allerheiligen und Allerseelen brannte auch traditionsgemäß<br />
wieder auf jedem Grabstein ein Licht – ein schöner Brauch,<br />
der auch von Besuchern, die die Gräber ihrer verwandten<br />
Klosterschwestern besuchen, dankbar gewürdigt wird.<br />
AIM/Sr. Gisela<br />
Für Sr. Gisela stand dieses Jahr ganz im Zeichen des 50jährigen<br />
Bestehens der AIM. Die Vorbereitungen für die<br />
Jubiläumsfeiern kosteten ihr und ihrem kleinen Team viel<br />
Kraft und Zeit, gleichwohl aber brachten sie auch viel Freude<br />
und Genugtuung über 50 Jahre erfolgreiche Arbeit im Dienst<br />
an den jungen benediktinischen Klöstern in aller Welt. Das<br />
Fest fand in der <strong>Abtei</strong> Ligugé statt, dem Ort, wo einst die AIM<br />
gegründet worden war. Dass der Tag zugleich der 1650.<br />
Gründungstag der <strong>Abtei</strong> war, verlieh dem Ganzen noch einmal<br />
einen besonderen Glanz. Rund 100 Gäste aus aller Welt<br />
nahmen am Jubiläum der AIM teil. Die Referenten kamen aus<br />
drei Kontinenten, ein Film - zum Jubiläum erstellt und dann<br />
auch im Fernsehen gezeigt – ließ die Arbeit der AIM in<br />
beeindruckender Weise Revue passieren.<br />
Sr. Gisela selbst ist jetzt bereits zehn der gefeierten 50 Jahre<br />
mit dabei, organisiert die AIM mit großem Engagement und<br />
versucht unermüdlich in den deutschen Sprachraum zu<br />
vermitteln, dass dieser „Bund zwischen den Klöstern“ kein<br />
„französischer Verein“ ist, sondern ein „Netzwerk für<br />
verlässliche Partner“. In der Zeit der so viel besprochenen<br />
Finanzkrise ist dieses Netzwerk, diese Allianz, im tiefsten<br />
Sinne besonders wichtig. Zuhause in <strong>St</strong>. <strong>Hildegard</strong> war Sr.<br />
Gisela auch wieder einige Male; zudem nahm sie an Abt<br />
Norberts Goldenem Priesterjubiläum in Neresheim und an der<br />
Altarweihe der neugestalteten Kirche der <strong>Abtei</strong> Neuburg teil.
Militärseelsorge<br />
31<br />
„Den Wandel gestalten! Kirche unter Soldaten: Mit Profil in<br />
die Zukunft“ war das Thema der diesjährigen Gesamtkonferenz<br />
des Militärbischofsamtes in Berlin, an der Sr. Lydia<br />
im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Militärseelsorge teilnahm.<br />
Referenten waren Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees<br />
der deutschen Katholiken, Dr. Marc Calmbach von der Sinus<br />
Markt- und Sozialforschung GmbH sowie Dr. h.c. Klaus<br />
Naumann, General a.D. Mit großer Spannung wurde der<br />
Vortrag des neuen Militärbischofs Franz-Josef Overbeck zur<br />
„Zukunft der Militärseelsorge“ erwartet. Ausgehend von der<br />
Lage der Kirche in Deutschland und anhand der Heiligen<br />
Schrift als Hintergrund für die Perspektive der Seelsorge<br />
entfaltete Bischof Overbeck seine Gedanken über die Haltung<br />
des Seelsorgers und die Schwerpunkte der Pastoral sowie über<br />
die Rolle des Militärbischofs und aller Militärgeistlichen. Auf<br />
die anstehende Umstrukturierung der Bundeswehr und deren<br />
Konsequenzen für die Militärseelsorge, konnte er noch nicht<br />
eingehen, da diese erst eine <strong>Wo</strong>che später vorgestellt wurde.<br />
Vom 4.-7. April hielt Sr. Lydia im Bildungshaus Benediktshöhe<br />
in Retzbach die Exerzitien für die Pfarrhelfer aus Bayern<br />
und Baden Württemberg. Als Thema hatte sie in diesem Jahr<br />
gewählt: „Hören auf Gott – unser Leben“.<br />
AUS UNSEREM VERTRAUTEN UMFELD<br />
Unser Bistum<br />
Mit unserem Bistum Limburg verbindet uns auf vielen Ebenen<br />
vieles: wir fühlen uns den Menschen unserer Ortsgemeinde<br />
nahe und nehmen regen Anteil an ihren Freuden und Sorgen.<br />
Sr. Ursula ist Mitglied im Ordensrat des Bistums und nimmt<br />
jeweils zusammen mit mehreren Mitschwestern an den Treffen<br />
der Ordensgemeinschaften im Bistum teil. Mit dem <strong>St</strong>.<br />
Vincenzstift in Aulhausen pflegen wir gute Kontakte, und wir<br />
sind dankbar, dass in unserem <strong>St</strong>iftungskuratorium sowohl der<br />
Generalvikar von Limburg, Herr Apostolischer Protonotar<br />
Prof. Dr. Franz Kaspar, als auch der Generalvikar des Bistums<br />
Mainz, Herr Prälat Dietmar Giebelmann, Mitglied sind.
32<br />
Besonders gefreut hat uns am 03. Januar der Besuch unseres<br />
Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst. Er nahm <strong>sich</strong> viel Zeit,<br />
um unsere Anliegen anzuhören, ebenso aber, um uns Anteil zu<br />
geben an seinen Wünschen und Hoffnungen, Sorgen und<br />
Nöten. Als gemeinsames Anliegen sahen und sehen wir derzeit<br />
die Kirchenfernstehenden-Pastoral. So ermutigte uns der<br />
Bischof, uns den vielen Menschen, die zunehmend „einfach<br />
so“ zu unserem Kloster kommen oder an unserer Tür vorbeiwandern,<br />
künftig intensiver zu widmen und ihnen „Vorräume<br />
des Ankommens und Austauschs“ zu gewähren. Missionarische<br />
Kirche vor Ort könnte dann ganz konkret Gestalt<br />
gewinnen, wenn es uns gelingt, den Menschen mit ihren<br />
Gedanken, Erwartungen und Sehnsüchten in aller Offenheit zu<br />
begegnen und sie auf Tieferes zu verweisen. Mögen der hl.<br />
Benedikt und die hl. <strong>Hildegard</strong> uns auf diesem Weg begleiten.<br />
Oblatengemeinschaft<br />
Im vergangenen Jahr spiegelte <strong>sich</strong> die ganze Bandbreite des<br />
Lebens in unserer Oblatengemeinschaft wieder. Wir durften<br />
zusammen Freude erfahren und gemeinsam trauern. Wir<br />
feierten zusammen und bauten weiter an unserer Gemeinschaft.<br />
Am 03. September durfte Herr Alfred Kahlfeldt<br />
innerhalb unseres Konventamtes seine Oblation ablegen. Etwa<br />
einen Monat später, am 8. Oktober, konnte Frau Marianne<br />
Schäfer in großer Freude und Dankbarkeit auf 50 Jahre<br />
Oblation zurückblicken. Am Tag ihres Goldenen Jubiläums,<br />
zu dem viele Mitglieder der Oblatengemeinschaft gekommen<br />
waren, erreichte uns die Nachricht, dass Frau Ursula Winter<br />
am 03. Oktober im Alter von erst 60 Jahren plötzlich und<br />
unerwartet heimgegangen war. Und nur vier <strong>Wo</strong>chen später<br />
verstarb am Morgen des 05. November Frau Mechthild Heieck<br />
nach längerem Leiden im Bruder Konrad <strong>St</strong>ift in Mainz. Wir<br />
gedenken unserer Verstorbenen in Liebe und Dankbarkeit.<br />
An den Oblatenwochenenden beschäftigten wir uns mit dem<br />
71. und 72. Kapitel der Benediktsegel. Vom 14.-18. November<br />
hielt P. Daniel Hörnemann OSB/Gerleve, die Oblatenexerzitien<br />
unter dem Thema „Die Psalmen – Hilfen mein<br />
Leben vor Gott zur Sprache zu bringen - eine Einführung in
33<br />
das Gebetbuch des Judentums und der Kirche“. Vom 14-17.<br />
Juni nahmen Sr. Lydia, Frau Heringklee und Herr Grüger an<br />
der Tagung der ARGE (Arbeitsgemeinschaft der<br />
Benediktineroblaten) in <strong>St</strong>. Ottilien teil. Das Thema lautete:<br />
„Unter der Führung des Evangeliums und nach der Weisung<br />
des Heiligen Benedikt: Führen und Leiten in Familie, Schule<br />
und Gesellschaft“. Höhepunkt der gemeinsamen Tage war die<br />
Begegnung mit Abtprimas Notker <strong>Wo</strong>lf OSB, der eigens aus<br />
Rom anreiste, um einen Impulsvortrag zu halten.<br />
Freundeskreis<br />
Der Freundeskreis unserer <strong>Abtei</strong> lud auch in diesem Jahr zu<br />
vielen Veranstaltungen, zu Einkehrtagen, Vorträgen und<br />
Konzerten ein. Es gab viele Gelegenheiten, <strong>sich</strong> zu treffen und<br />
<strong>sich</strong> auszutauschen. Das 10-jährige Jubiläum seines Bestehens<br />
war uns im Herbst ein willkommener Anlass, um allen<br />
Mitgliedern, dem Vorstand und dem Beirat des Freundeskreises<br />
ein besonderes Zeichen unseres Dankes zukommen zu<br />
lassen. Am 10. September luden wir die Freunde und ihre<br />
Familien zu einem Tag der Begegnung ein, und dieser Tag<br />
wird uns noch lange in froher Erinnerung bleiben. Wir<br />
begannen das Treffen, zu dem mehr als 140 Mitglieder des<br />
Freundeskreises gekommen waren, mit einem Festakt in der<br />
Kirche, den Mutter Clementia und der Vereinsvorsitzende,<br />
Georg Freiherr von Boeselager, nutzten, um ihren Dank für<br />
zehn Jahre gemeinsamen Weges auszusprechen. Da <strong>sich</strong> beide<br />
Ansprachen wunderbar ergänzten, möchten wir hier gerne<br />
einige längere Passagen zitieren und Sie teilhaben lassen an<br />
dem, <strong>was</strong> das gemeinsame Unterwegssein mit dem<br />
Freundeskreis für beide Seiten bedeutet:<br />
Zunächst Mutter Clementia:<br />
„In der Begegnung mit Ihnen, liebe Mitglieder des<br />
Freundeskreises, haben wir erfahren, dass das Miteinander<br />
unserer klösterlichen Gemeinschaft mit Menschen, die in der<br />
Welt leben, für Sie und für uns, eine große Bereicherung ist.<br />
Sie Ihrerseits haben die Möglichkeit, bei uns und in unseren<br />
Veranstaltungen immer wieder geistig und geistlich<br />
aufzutanken. Sie können bei uns für ihr christliches Leben eine
34<br />
geistige Heimat finden, die ihnen Kraft für das Leben gibt.<br />
Und eine solche Heimat – das weiß ich aus vielen Gesprächen<br />
– haben viele von Ihnen tatsächlich bei uns gefunden.<br />
Umgekehrt erhält unsere Gemeinschaft durch Sie immer<br />
wieder neue Anregungen. So entsteht ein gegenseitiges Geben<br />
und Nehmen.<br />
Liebe Freunde, vor zehn Jahren habe ich gern das Symbol der<br />
Brücke genutzt, wenn ich von dem Vorhaben der Gründung<br />
eines Freundeskreises sprach. Die Brücke zwischen dem<br />
Freundeskreis und unserem Konvent hat <strong>sich</strong> bewährt. Sie ist<br />
nicht nur sehr schön, sondern auch stabil und tragfähig. Die<br />
Brücke verbindet getrennte Ufer, sie dient der Einheit und<br />
vermag das Entfernte anzunähern. Sie ist also ein Zeichen der<br />
Hoffnung und der Zukunft. Wir brauchen eine solche Brücke,<br />
die uns mit der modernen Welt verbindet, damit wir mit<br />
unseren schwachen Kräften und in dem Angefochtensein<br />
unserer Zeit unseren Weg in die Zukunft gehen können. Und<br />
Sie Ihrerseits mögen diese Brücke gern und regelmäßig<br />
nutzen, um <strong>sich</strong> in der Geschäftigkeit dieser Welt immer<br />
wieder an Gott zu erinnern.“<br />
Und nun der Freundeskreisvorsitzende, Georg Freiherr von<br />
Boeselager:<br />
„Im Rückblick auf diese ersten 10 Jahre habe ich Grund zur<br />
Freude und darf Ihnen allen ganz herzlich danken. Denn wir<br />
haben die <strong>Abtei</strong> zum Einen materiell unterstützt. Zum Anderen<br />
haben wir durch unsere Freundschaft und jeder auf seine<br />
Weise durch persönliche Beziehungen zu einzelnen Schwestern<br />
auch unmittelbar gezeigt, wie wichtig uns die <strong>Abtei</strong> ist. Wenn<br />
ich gefragt würde, warum der Freundeskreis und vor allem die<br />
<strong>Abtei</strong> mir so wichtig sind, dann würde ich antworten, dass mir<br />
in Eibingen der Gegenentwurf zu meinem und wohl zu unser<br />
aller Leben vor Augen geführt und erlebbar wird. Lassen Sie<br />
mich das an ein paar Beispielen deutlich machen:<br />
Mein Leben ist durch viele Reisen, durch Unruhe und viele<br />
Termine an verschiedenen Orten gekennzeichnet. Ich bin oft<br />
unterwegs und häufig bin ich abends nicht zuhause. Und auch<br />
das Zuhause hatte schon viele verschiedene Adressen. Ich
35<br />
sehne mich manchmal nach Ruhe und Sammlung... Die<br />
stabilitas loci hier im Kloster erdet im wahrsten Sinne des<br />
<strong>Wo</strong>rtes die Schwestern und ermöglicht ihnen so, <strong>sich</strong> auf die<br />
Mitte ihres Lebens, d.h. auf Gott, zu konzentrieren. Im<br />
täglichen Leben fällt es oft sehr schwer, feste Zeiten<br />
einzuhalten. Viele Familien kennen gemeinsame Mahlzeiten<br />
nicht mehr, weil die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten aus<br />
der Schule kommen und jeder seinen eigenen Plänen und<br />
Terminen nachgeht. Die Sehnsucht nach festen Zeiten und<br />
Kreisen ist schon da, aber vielfach gelingt es kaum noch, eine<br />
konstante <strong>St</strong>ruktur in den Tag zu bringen…<br />
Das klösterliche Leben ist ausgerichtet auf Gott; Gott hat<br />
seinen festen Platz im Kloster. Mein Leben verlangt mir viel<br />
Anstrengung und körperliche sowie geistige Kraft ab, um die<br />
anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Die Ablenkungen sind<br />
zahlreich und daher muss ich mich täglich neu bemühen, Gott<br />
Zeit und Raum einzuräumen… Die klare klösterliche Ordnung<br />
wirkt auf uns Außenstehende sehr anziehend und gibt<br />
Orientierung und Halt für das eigene Leben…“<br />
Die beiden Festansprachen wurden während der Feier<br />
umrahmt durch verschiedene Orgelimprovisationen von Sr.<br />
Lydia und am Ende noch durch einen Festvortrag von Pfarrer<br />
Dr. Robert Nandkisore zum Thema „Geistliche Freundschaft“<br />
vertieft und weitergeführt. Nach dem Festakt beteten Konvent<br />
und Freundeskreis zusammen die Mittagshore und gingen<br />
dann zum gemeinsamen Mittagessen in die Kreuzgänge. Am<br />
Nachmittag gab es Führungen in Gruppen durch unsere<br />
Kunstwerkstätten und durch den Garten sowie verschiedene<br />
Film- und Informationsangebote. Um 16.00 Uhr dann erlebten<br />
wir in der Kirche eine beeindruckende Performance der<br />
Künstlerin Jutta Hoppe aus Hamburg zum Thema „<strong>Hildegard</strong><br />
von Bingen“. Leben und Werk <strong>Hildegard</strong>s machte sie dabei in<br />
Texten und Gesängen, mit Viola, Monocord, Gong und<br />
Klangschale lebendig. Am Ende dieses festlichen Tages<br />
sangen wir gemeinsam die Vesper und dankten Gott noch<br />
einmal für zehn Jahre erfahrener Weggemeinschaft.<br />
Am Ende des Jahres gab es dann noch die Neuwahl der<br />
Vorstandsmitglieder. In ihren Ämtern bestätigt wurden der
36<br />
Vereinsvorsitzende, Georg Freiherr von Boeselager, der Beiratsvorsitzende<br />
Alois Fürst zu Löwenstein, und der Schatzmeister,<br />
Herr Helmut Colloseus. Dankbar in den „Ruhestand“<br />
verabschiedet wurden Frau Brigitte Giesbert und Frau Annemarie<br />
van Assendelft, die beide von Beginn an aktiv mitgearbeitet<br />
hatten. Auch von dieser <strong>St</strong>elle aus möchten wir den<br />
beiden Damen ein herzliches Vergelt’s Gott sagen. An ihrer<br />
<strong>St</strong>elle wurden nun Frau Barbara Lehnard aus Siegburg und<br />
Frau Bettina Gies aus Wiesbaden in den Vorstand gewählt.<br />
Klosterstiftung<br />
Die Klosterstiftung Sankt <strong>Hildegard</strong> hat <strong>sich</strong> auch im zweiten<br />
Jahr ihres Bestehens erfreulich entwickelt. Sr. Philippa gelang<br />
es, die <strong>St</strong>ifterinnen und <strong>St</strong>ifter weiter intensiv persönlich zu<br />
begleiten und sie konnte auch einige neue Zustiftungen<br />
gewinnen. Besonders schön ist es, dass <strong>sich</strong> auch einige<br />
Persönlichkeiten fanden, die ihre Vermächtnisse unserer<br />
<strong>St</strong>iftung zukommen lassen möchten. Auf diese Weise wird<br />
<strong>sich</strong>, so Gott will, mittel- und langfristig das <strong>St</strong>iftungsvermögen<br />
kontinuierlich erhöhen, so dass die Klosterstiftung<br />
ihrem Ziel, das benediktinische Erbe hier an diesem Ort zu<br />
bewahren und das Gedenken der hl. <strong>Hildegard</strong> zu pflegen,<br />
Schritt für Schritt näher kommen kann. Wir danken allen, die<br />
unsere <strong>St</strong>iftung in den ersten beiden Jahren ihres Bestehens<br />
unterstützt haben und sind jedem einzelnen <strong>St</strong>ifter im Gebet<br />
besonders verbunden.<br />
Gaudium et Pax<br />
Am Ende unserer Jahreschronik stehen wir nun am Anfang<br />
eines neuen Jahres. Wir möchten Ihnen für Ihre Verbundenheit,<br />
für Ihr <strong>Wo</strong>hlwollen und für Ihr begleitendes Gebet<br />
danken. Wir erwarten mit Ihnen voll Freude und Hoffnung das<br />
Kommen des Erlösers in diese unsere Welt und erbitten Ihnen<br />
für das neue Jahr 2012 Gottes reichen Segen.<br />
In herzlicher Verbundenheit<br />
Äbtissin und Konvent der <strong>Abtei</strong> <strong>St</strong>. <strong>Hildegard</strong>
37<br />
SCHWESTER LIOBA GISELA JUNKER<br />
* 26.01.1929 + 28.03.2011<br />
Gisela Junker entstammte einer tief im katholischen Glauben<br />
verwurzelten Familie im Saarland und wuchs mit ihren zwei<br />
Brüdern Otmar und Edgar in einer Atmosphäre der Glaubens-<br />
und der Sangesfreude auf. Sie erinnerte <strong>sich</strong> gerne an ihr<br />
Elternhaus, das geprägt war von der Frömmigkeit und stillen<br />
Pflichterfüllung des Vaters, der Geschäftsführer eines großen<br />
Ver<strong>sich</strong>erungsunternehmens war, und von der liebevollen<br />
Fürsorge der Mutter. Hier wurde ihr, wie Sr. Lioba in ihrem<br />
Lebenslauf schrieb, „die Liebe zu unserem Heiland und<br />
Erlöser ins Herz gelegt“. In ihrer Familie wurden Musik und<br />
Gesang besonders gepflegt. Gisela, die sehr musikalisch war,<br />
sang im Kirchenchor, wo sie bereits den Gregorianischen<br />
Choral lieben lernte. Später hat sie unsere Schola mit ihrer<br />
klangvollen, warmen und schönen <strong>St</strong>imme bereichert.<br />
Sr. Liobas Vater, der durch die Belastungen des Zweiten<br />
Weltkriegs gesundheitlich sehr geschwächt heimkehrte, starb<br />
schon im Jahr 1949. Gisela begann zu dieser Zeit eine<br />
Bürotätigkeit in einer Saarbrücker Textilfirma. Nebenbei half<br />
sie als Küsterin in der Kirche und führte eine Jugendgruppe,<br />
bei der sie sehr beliebt war. Der Gedanke ins Kloster zu gehen<br />
erwachte in ihr, als sie half, ihre schwerkranke Tante zu<br />
pflegen, die Benediktinerin in Frauenchiemsee war. Die Tante<br />
starb nach wenigen <strong>Wo</strong>chen, aber der Klosterwunsch blieb in<br />
Gisela lebendig. 1955 besuchte sie zum ersten Mal unsere<br />
<strong>Abtei</strong>. Hier lernte sie Anna Dollwet kennen, die <strong>sich</strong> auch für<br />
das Klosterleben interessierte und heute noch als Sr. Maria-<br />
Agnes bei uns lebt. Zwischen den beiden jungen Frauen wuchs<br />
eine Freundschaft, die sie ihr ganzes Leben trug und die <strong>sich</strong><br />
vor allem in den kleinen Dingen des Alltags konkretisierte.<br />
Am 14. April 1956 trat Gisela Junker bei uns ein. Der Mutter<br />
fiel der Schritt ihrer einzigen Tochter schwer, für Gisela aber<br />
war es der Weg zu ihrem ersehnten Ziel. Mit aller Energie, mit<br />
Eifer und Frohsinn warf sie <strong>sich</strong> ins klösterliche Leben und<br />
setzte <strong>sich</strong> ein, wo sie gebraucht wurde. Von ihrer Profess und
38<br />
Jungfrauenweihe 1961 ist eine kleine Anekdote überliefert: als<br />
Sr. Lioba <strong>sich</strong> zur Allerheiligenlitanei zu Boden warf, stellte<br />
ihr kleiner Neffe verwundert fest: „Jetzt haben sie Tante<br />
Gisela umgeschmeißt!“ Die Fixpunkte, um die <strong>sich</strong> Sr. Liobas<br />
monastischer Weg ordnete, waren das Chorgebet und die<br />
Arbeit im Weinberg. Mit großem Eifer bereitete sie <strong>sich</strong><br />
zeitlebens auf das Offizium vor und war morgens früh die<br />
erste im Chor. Sie sang mit Hingabe, und wer sie in der<br />
Karwoche eine „Lamentation“ des Jeremia singen hörte, war<br />
ergriffen. Leider wurde Sr. Lioba im Alter ihre Schwerhörigkeit<br />
zu einem mächtigen Hindernis, das sie aber tapfer ertrug.<br />
Im Weinberg, im Weinkeller und später in der Beratung der<br />
Kunden fand sie einen Arbeitsplatz, dem sie <strong>sich</strong> mit großer<br />
Freude widmete. Ihre Sorge und ihr warmes Interesse galten<br />
gleichermaßen den Trauben wie den Mitarbeitern im Weingut.<br />
In den siebziger Jahren erlitt ihre Mutter einen schweren<br />
Schlaganfall und Sr. Liobas Brüder baten um Hilfe bei der<br />
Pflege. Fünf Jahre war Sr. Lioba nun in Saarbrücken; nach<br />
dem Heimgang ihrer Mutter kehrte sie ganz selbstverständlich<br />
in ihren klösterlichen Alltag zurück. Im Alter von 70 Jahren<br />
gab Sr. Lioba die Verantwortung für das Klosterweingut in<br />
jüngere Hände ab. Sie half dann noch Jahre lang in der<br />
Gemüseküche und in der Waschküche und übernahm kleinere<br />
Dienste im Weinversand. Sie verfolgte das Geschehen rund<br />
um den Wein immer mit wachem Interesse; vor allem bei der<br />
Weinlese schaute sie jeden Tag nach dem Rechten.<br />
„Vidi Dominum“, dieses österliche <strong>Wo</strong>rt hatte Sr. Lioba bei<br />
ihrer ewigen Profess als Motto über ihr Leben gesetzt. Es blieb<br />
bestimmend für ihr Leben und auch für ihr <strong>St</strong>erben. „Sr.<br />
Lioba“, so Mutter Clementia in ihrem Nachruf, „ist für mich<br />
immer eine Wartende und Wachende gewesen“. Das lange<br />
Warten, das durch eine schwere Krankheit für Sr. Lioba auch<br />
zu einer Leidenszeit wurde, war dann am 28. März zu Ende.<br />
Ganz gelöst und in Frieden machte sie <strong>sich</strong> auf den Weg in das<br />
Haus des barmherzigen Vaters. Wir vertrauen darauf, dass er<br />
sie mit offenen Armen empfing. Sie möge leben in Frieden.<br />
R.i.p.
39<br />
SCHWESTER CHRISTINA CHRISTEL RITTINGHAUS OSB<br />
* 13.01.1927 + 05.08.2011<br />
Als unsere tiefste Glocke „<strong>St</strong>. Michael“ uns am 05. August<br />
den Heimgang einer Mitschwester verkündete, wusste<br />
vermutlich jede von uns, dass es Sr. Christina war, die ihr Ziel<br />
erreicht hatte; das Ziel eines langen und oft mühsamen<br />
Lebens, das aber auch schon et<strong>was</strong> vom Licht der Verklärung<br />
ausstrahlte. Es war ein verborgenes Leben, das Sr. Christina in<br />
unserer Mitte führte; ein Leben, zu dessen innerem Geheimnis<br />
nur wenige Zutritt hatten. Aber diese Wenigen standen ihr treu<br />
zur Seite bis zuletzt. Den anderen wurde an Sr. Christinas<br />
Leben einmal mehr offenbar, dass es uns nicht zusteht, das<br />
Dasein unserer Mitschwestern ganz enträtseln zu wollen. Und<br />
so dürfen wir auch hier nur das Wenige, das wir zu erkennen<br />
glauben, in Ehrfurcht und in Dankbarkeit zusammentragen.<br />
Christel Rittinghaus wurde am 13. Januar 1927 in Wuppertal-<br />
Elberfeld geboren. Ihr evangelisches Elternhaus eröffnete ihr<br />
großzügig manche Freiräume. Besonders gut und vertrauensvoll<br />
war die Beziehung zu ihrer Mutter und ihrem 16 Jahre<br />
jüngeren Bruder Jürgen. Nach der Mittleren Reife und einem<br />
Pflichtjahr im Haushalt einer Lehrerin begann Christel eine<br />
kaufmännische Lehre bei einer großen Textilfirma in<br />
Oberbarmen. Die Arbeit befriedigte sie jedoch nicht, sodass<br />
sie <strong>sich</strong> 1950 zu einer Krankenpflegeausbildung entschloss.<br />
Nach einem sehr guten Examen arbeitete sie in zwei Kliniken,<br />
bis sie ihr eigentliches Ziel, das Leben als Ordensschwester,<br />
klar und deutlich erkannte. Schon im Alter von 19 Jahren hatte<br />
Christel Kontakt zur katholischen Kirche gesucht; am 11.<br />
Dezember 1948 wurde sie aufgenommen. Es war eine schwere<br />
Zeit für sie, denn ihre Eltern konnten <strong>sich</strong> mit dem Gedanken<br />
an einen Ordenseintritt ihrer Tochter nicht anfreunden. Einzig<br />
ihr Bruder hat den Schritt seiner Schwester von Anfang an<br />
akzeptiert und stand ihr bis zu ihrem Tod treu zur Seite.<br />
Am 05. Januar 1956, vor der ersten Vesper des Epiphaniefestes,<br />
trat Christel in unsere <strong>Abtei</strong> ein. Von Anfang an hatte<br />
sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer Novizenmeisterin,
40<br />
damals Sr. Soteris. Die Verbundenheit zwischen den beiden<br />
blieb bis zum Tod. Bei ihrer Einkleidung bekam Christel ihren<br />
Taufnamen in gewandelter Form neu geschenkt und lebte<br />
seither als Sr. Christina unter uns. Am 06. August 1959, dem<br />
Fest der Verklärung Christi, legte sie ihre Feierliche Profess<br />
ab. Ihre Christusliebe war in diesem Fest gleichsam eingefasst<br />
und wurde immer wieder genährt durch die lebenslange<br />
Beschäftigung mit den Schriften des hl. Johannes vom Kreuz.<br />
In ihren ersten Klosterjahren war Sr. Christina in verschiedenen<br />
Bereichen tätig: in der Küche, in der Infirmerie und in<br />
der Celleratur. Ab 1975 arbeitete sie als Buchhalterin in<br />
unserer Buch- und Kunsthandlung und war viele Jahre lang<br />
Zeremoniärin und verantwortlich für die Messintentionen. Da<br />
Sr. Christina ihr Leben lang schlecht schlafen konnte, las sie<br />
viel, auch nachts. So konnte sie die Neuerscheinungen auf dem<br />
Buchmarkt – besonders die Kinderbücher liebte sie sehr –<br />
ausführlich in Augenschein nehmen und Sr. Emmanuela<br />
beraten, welche <strong>sich</strong> besonders für unseren Laden eigneten.<br />
Vom Jahr 2000 an war Sr. Christina im Ruhestand; ab 2004<br />
lebte sie in der Infirmerie. Sie ertrug ihre zunehmende<br />
Schwäche tapfer und geduldig und manchmal mit Humor und<br />
Selbstironie. Mehr und mehr lebte sie in ihrer eigenen Welt, zu<br />
der nur wenige Zutritt hatten. Man konnte sie noch mit<br />
Blumen aus dem Garten erfreuen; auch sang sie gern, doch in<br />
den letzten Jahren war sie nur schwer zu erreichen. Wir<br />
erlebten ihr langsames Dahinscheiden wie das Verlöschen<br />
einer Kerze.<br />
Wie ihr Leben, so war auch das <strong>St</strong>erben unserer Sr. Christina<br />
ein verborgenes, das <strong>sich</strong> unseren Blicken entzog. Es war wie<br />
ein leises Hinübergehen, ein Eingehülltwerden in die lichte<br />
<strong>Wo</strong>lke, die sie hinweg führte vor Gottes Ange<strong>sich</strong>t. Es erfüllte<br />
uns mit Freude und Dankbarkeit, dass Gott Sr. Christinas<br />
Sehnsucht am Vorabend des Verklärungsfestes erfüllte. Möge<br />
unsere Mitschwester ruhen in Seinem Frieden<br />
R.i.p.