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Kindeswohlgefährdung - Erkennen und Helfen - Berlin.de

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Wie können Fälle von Verletzungen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>swohls erlebt wer<strong>de</strong>n?<br />

Einen Zugang fi n<strong>de</strong>n<br />

Wie aber mit diesen Gefühlen im Bauch einen Zugang zu diesen Eltern fi n<strong>de</strong>n?<br />

Wie kann man mit Eltern sprechen, die ihre Kin<strong>de</strong>r massiv schädigen o<strong>de</strong>r gar<br />

hassen? Es han<strong>de</strong>lt sich bei diesen Eltern ja um Menschen, die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Schwierigkeiten haben, mit an<strong>de</strong>ren angemessen in Kontakt zu treten 3 , mit ihren<br />

Kin<strong>de</strong>rn aber eben auch mit Helfern. Unsere Erfahrung zeigt: Wir stehen vor <strong>de</strong>r<br />

doppelten Aufgabe, Zugang zu <strong>de</strong>n eigenen Gefühlen <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n Eltern zu fi n<strong>de</strong>n.<br />

Betroffenen Eltern mit Wut, Empörung, Anklagen <strong>und</strong> Vorwürfen zu begegnen,<br />

wür<strong>de</strong> nicht weiterführen. Dadurch wür<strong>de</strong>n lediglich ihre Angst vor Strafe<br />

<strong>und</strong> ihre Scham verstärkt <strong>und</strong> Rückzug, Verleugnung <strong>und</strong> Abwehr entstehen. Ein<br />

hilfreicher Ansatz ist, Verständnis für die Familie <strong>und</strong> ihr ganz individuelles Leben<br />

zu entwickeln ohne mit <strong>de</strong>r Misshandlung, <strong>de</strong>m Missbrauch, <strong>de</strong>r Vernachlässigung<br />

einverstan<strong>de</strong>n zu sein 4 . Eine solche Haltung verringert das Risiko, nicht mit<br />

<strong>de</strong>n Eltern in Kontakt zu kommen <strong>und</strong> ermöglicht, die Eltern anzunehmen, sie zu<br />

halten <strong>und</strong> sie gleichzeitig mit ihrer Verantwortung zu konfrontieren. „Nicht Empörung<br />

ist die Leiti<strong>de</strong>e von Kin<strong>de</strong>rschutz, son<strong>de</strong>rn Interesse <strong>und</strong> soziale Begegnung“<br />

5 . Voraussetzung dafür ist, sich <strong>de</strong>r eigenen Gefühle so weit als möglich bewusst<br />

zu wer<strong>de</strong>n. Kann ein Helfer seine eigenen aggressiven Gefühle <strong>de</strong>n Eltern<br />

gegenüber nicht handhaben, kann es sinnvoll sein, <strong>de</strong>n Fall an einen an<strong>de</strong>ren Helfer<br />

abzugeben o<strong>de</strong>r zu zweit zu arbeiten.<br />

Die starken Gefühle, die verletzte, beeinträchtigte Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> ihre Eltern in uns<br />

auslösen, drängen uns zu han<strong>de</strong>ln. Druckverstärkend wirken sowohl die öffentlichen<br />

Skandalisierungen von Verletzungen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>swohls als auch die Komplexität<br />

<strong>de</strong>r familialen Beziehungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Misshandlungsgeschehens. Helfer<br />

können sich damit schnell überfor<strong>de</strong>rt fühlen. Die Gefahr, als Reaktion auf diese<br />

Überfor<strong>de</strong>rung nicht, zu schnell o<strong>de</strong>r falsch zu han<strong>de</strong>ln, ist groß. Man kann sie reduzieren,<br />

in<strong>de</strong>m man sich daran erinnert, dass man nur dann hilfreich sein kann,<br />

wenn man etwas verstan<strong>de</strong>n hat. Verstehen kann man etwas aber nur, wenn man<br />

sich offen damit auseinan<strong>de</strong>r setzt. Das heißt nicht, in Notfallsituationen abzuwarten.<br />

Es be<strong>de</strong>utet aber auch, sich <strong>de</strong>r eigenen Impulse bewusst zu wer<strong>de</strong>n, bevor<br />

man han<strong>de</strong>lt. Eine gute Hilfe basiert <strong>de</strong>mnach immer auf <strong>de</strong>m Dreischritt: erleben<br />

– refl ektieren – han<strong>de</strong>ln. Übereiltes, unrefl ektiertes Han<strong>de</strong>ln o<strong>de</strong>r unrefl ektiertes<br />

Nichthan<strong>de</strong>ln können eher scha<strong>de</strong>n. Vor einer Intervention sollte daher neben einer<br />

möglichst genauen Diagnose, <strong>de</strong>r gründlichen Abschätzung von Risiken <strong>und</strong> einer<br />

prognostischen Beurteilung auch immer eine Selbstrefl exion erfolgen.<br />

3 Vgl: Christine Maihorn, in: Handbuch <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong>, DJI, München, 2006<br />

4 Vgl: Thea Bauriedl: Wege aus <strong>de</strong>r Gewalt, Analyse von Beziehungen, Her<strong>de</strong>r Verlag, Freiburg, 2001<br />

5 Pieter Hutz: Sich einmischen bei <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong>. Was hilft? Was scha<strong>de</strong>t? In: Jahresbericht<br />

1999, Kin<strong>de</strong>rschutz-Zentrum <strong>Berlin</strong> e.V., 37 ff.<br />

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