Kindeswohlgefährdung - Erkennen und Helfen - Berlin.de
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<strong>de</strong>m Begriff <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong> gefasst, wobei hervorzuheben ist, dass Gefährdungen<br />
noch nicht Schädigungen sind, d.h. <strong>de</strong>r Begriff hat auch präventive<br />
Implikationen. Gefahren sollen frühzeitig erkannt wer<strong>de</strong>n, um sie abwen<strong>de</strong>n zu<br />
können. Zugleich wirft <strong>de</strong>r Begriff ein Problem auf, insofern als man sich über bereits<br />
eingetretene Schä<strong>de</strong>n bei Kin<strong>de</strong>rn vermutlich noch eher wird einigen können<br />
als über angenommene, zukünftig möglicherweise o<strong>de</strong>r wahrscheinlich zu erwarten<strong>de</strong><br />
Beeinträchtigungen.<br />
<strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong> 2 ist ja auch keine einfache Gegebenheit o<strong>de</strong>r Tatsache, die<br />
man nur wahrzunehmen, zu erfassen <strong>und</strong> zu beschreiben bräuchte um dann darauf<br />
präventiv o<strong>de</strong>r interventiv zu reagieren. Je<strong>de</strong> Aussage, bei einer bestimmten Situation<br />
han<strong>de</strong>le es sich um eine <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong>, koppelt Beobachtungen an<br />
Bewertungen. Je<strong>de</strong> Defi nition stellt eine soziale Sinnkonstruktion dar, die Werturteile<br />
ins Spiel bringt, die selbst wie<strong>de</strong>r historischen Verän<strong>de</strong>rungen unterliegen,<br />
was man sich z. B. mit Blick darauf, wie unterschiedlich Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r BRD <strong>und</strong><br />
in <strong>de</strong>r DDR aufwuchsen, ver<strong>de</strong>utlichen kann 3 . Was in einer Gesellschaft, zu einer<br />
bestimmen Zeit, in einer bestimmten Schicht, unter bestimmten Umstän<strong>de</strong>n im<br />
Umgang mit Kin<strong>de</strong>rn als normal o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>nd angesehen wird <strong>und</strong> was nicht,<br />
ist Wandlungen unterworfen, ist gr<strong>und</strong>sätzlich kontrovers <strong>und</strong> gilt nicht absolut.<br />
Obwohl gesellschaftliche Normen vorhan<strong>de</strong>n sind, gibt es keinen absoluten Begriff<br />
von <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong>, so sehr man wünschen könnte, endlich eine allgemein<br />
verbindliche Defi nition zur Verfügung zu haben, um ein Geschehen o<strong>de</strong>r<br />
eine Situation ein<strong>de</strong>utig als gefähr<strong>de</strong>nd zu kennzeichnen 4 .<br />
Selbst darüber, was heute im Eltern-Kind-Verhältnis als normal gelten könnte,<br />
gibt es unterschiedliche Auffassungen. So wissen wir aus zahlreichen empirischen<br />
Untersuchungen, dass trotz <strong>de</strong>r heute gelten<strong>de</strong>n rechtlichen Bestimmungen <strong>und</strong><br />
Festlegungen (wie z. B. im KJHG, <strong>de</strong>m neuen Kindschaftsrecht o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r UN<br />
Charta <strong>de</strong>r Rechte <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s) ca. neun von zehn Kin<strong>de</strong>rn von ihren Eltern hin<br />
<strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r geschlagen wer<strong>de</strong>n, wenn auch 85% <strong>de</strong>r Eltern sich am Leitbild <strong>de</strong>r<br />
gewaltfreien Erziehung orientieren 5 . Und auch die von Mehrheiten geschätzten<br />
Normen wer<strong>de</strong>n im konkreten Alltag noch einmal relativiert, in<strong>de</strong>m die jeweiligen<br />
Umstän<strong>de</strong>, die Situation, die Absicht <strong>und</strong> das Alter <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s in Betracht gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
2 Hier folgen wir im Wesentlichen <strong>de</strong>m Text <strong>de</strong>r 9. Aufl age<br />
3 Während es z.B. in <strong>de</strong>r DDR normal war, dass kleine Kin<strong>de</strong>r die Krippe besuchten, gab es in <strong>de</strong>r BRD<br />
intensive Diskussionen um Zuträglichkeit o<strong>de</strong>r Schädlichkeit von frühkindlicher, außerfamiliärer Betreuung<br />
4 Erst 1980 wur<strong>de</strong> im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r „elterlichen Gewalt“ durch <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r „elterlichen Sorge“ ersetzt. Erst seit 2000 ächtet das BGB ausdrücklich elterliche Gewalt<br />
5 K.D. Bussmann: Ergebnisse <strong>de</strong>r Experten- <strong>und</strong> Elternstudie. Pressemitteilung am 8. Febr. 2002 in<br />
<strong>Berlin</strong><br />
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