Kindeswohlgefährdung - Erkennen und Helfen - Berlin.de
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Welche Formen von <strong>Kin<strong>de</strong>swohlgefährdung</strong> können wir unterschei<strong>de</strong>n?<br />
Vernachlässigungsfamilien sind zu<strong>de</strong>m meist beziehungsmäßig <strong>de</strong>sorganisierte<br />
Familien. Brüchige Beziehungen bei <strong>de</strong>n Eltern, Neuzusammensetzungen <strong>de</strong>r Familie<br />
<strong>und</strong> Fremdunterbringungen von Kin<strong>de</strong>rn sind häufi g. In <strong>de</strong>r sozialpädagogischen<br />
Praxis erscheinen Vernachlässigungsfamilien oft als Multiproblemfamilien.<br />
Vernachlässigung geht dann einher mit Schul<strong>de</strong>n, Misshandlungen, Gewalt<br />
zwischen <strong>de</strong>n Eltern, psychischen Auffälligkeiten, Drogenkonsum o<strong>de</strong>r sexuellem<br />
Missbrauch. Häufi g fi n<strong>de</strong>n sich jahrelange Helfereinsätze, wobei diese Familien<br />
bei <strong>de</strong>n Helfern Gefühle von Nutzlosigkeit <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit auslösen, in<br />
<strong>de</strong>nen sich wie<strong>de</strong>rum ähnliche Gefühle <strong>de</strong>r Eltern spiegeln.<br />
Die Auswirkungen auf die Kin<strong>de</strong>r sind auch hier um so stärker, je jünger die Kin<strong>de</strong>r<br />
sind. Im Extremfall kommen Kin<strong>de</strong>r durch Unterernährung o<strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong><br />
Zuwendung zu To<strong>de</strong>. Da die Eltern ihre Kin<strong>de</strong>r nicht ausreichend positiv emotional<br />
besetzen können, bleiben diese immer emotional unterversorgt <strong>und</strong> beziehungshungrig,<br />
was sie wie<strong>de</strong>rum anfällig für missbräuchliche Beziehungsangebote<br />
Dritter macht.<br />
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Fallbeispiel: Vernachlässigung<br />
Frau P., eine alleinerziehen<strong>de</strong> junge Frau, wird mit ihrem vierjährigen Sohn an<br />
die Beratungsstelle überwiesen. In <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rtagesstätte war aufgefallen, dass<br />
<strong>de</strong>r Junge nur sehr unregelmäßig erscheint, er habe gravieren<strong>de</strong> Entwicklungsrückstän<strong>de</strong>,<br />
beson<strong>de</strong>rs im motorischen <strong>und</strong> sprachlichen Bereich, er habe schon<br />
mehrere Unfälle gehabt. Frau P. hat ihren Sohn sehr gern <strong>und</strong> wünscht sich eine<br />
gute Beziehung zu ihm. Sie selber habe in ihrer Herkunftsfamilie viel Schlimmes<br />
erlebt. Eine Bekannte habe sie beim Jugendamt gemel<strong>de</strong>t, worüber sie sehr wütend<br />
sei, <strong>de</strong>nn bei ihr sei alles in Ordnung <strong>und</strong> sie brauche keine Hilfe, je<strong>de</strong>nfalls<br />
nicht bei <strong>de</strong>r Erziehung.<br />
Die junge Frau ist sehr mit sich beschäftigt, mit <strong>de</strong>r Suche nach einer passen<strong>de</strong>n<br />
Arbeit <strong>und</strong> nach einer neuen Partnerschaft. Sie verbringt viel Zeit am PC, beson<strong>de</strong>rs<br />
auch nachts, wacht dann morgens oft erst spät auf, so dass ihr Sohn schon<br />
frühmorgens viel Zeit allein vor <strong>de</strong>m Fernseher verbringt <strong>und</strong> manchmal eben<br />
nicht mehr in <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten gebracht wird. Frau P. meint, <strong>de</strong>r Junge sei sehr<br />
ungeschickt <strong>und</strong> höre nicht auf ihre Ratschläge, dann müsse er halt merken, wenn<br />
es weh tue. Sie spricht selber ziemlich verkürzt <strong>und</strong> <strong>und</strong>eutlich mit ihm, nennt ihn<br />
nie bei seinem Namen son<strong>de</strong>rn erfi n<strong>de</strong>t entsprechend ihrer Laune verschie<strong>de</strong>ne<br />
Bezeichnungen für ihn. Ihr Verhältnis bezeichnet sie als „kumpelhaft <strong>und</strong> eher geschwisterlich“<br />
<strong>und</strong> das fi n<strong>de</strong> sie so auch gera<strong>de</strong> richtig. Die Leute auf <strong>de</strong>r Straße<br />
wür<strong>de</strong>n sich manchmal w<strong>und</strong>ern, wie sie mit ihm spreche, aber sie fi n<strong>de</strong>t das lustig.<br />
Sie ist stolz auf ihren Sohn, auch darauf, dass er schon sehr selbständig sei.<br />
Sie habe ihm beigebracht, aufzuwaschen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Müll rauszubringen. Wenn er<br />
lowup study of abusive and neglectful families by case analysis. In: Child abuse and neglect, 3: 261-271