13.05.2013 Aufrufe

USSBALL

USSBALL

USSBALL

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

eiden Fußballsparten zu einem reinen<br />

Fußballklub war.<br />

Mit Otto Rehhagel hätte Rothmund<br />

keinen besseren „Stargast“ für die Einweihungszeremonie<br />

gewinnen können. „Ein<br />

König mit viel Charme“ titelte am Tag danach<br />

eine örtliche Tageszeitung über den<br />

Besuch von „König Otto“, wie Rehhagel<br />

seit seiner Zeit als Trainer bei Werder Bremen<br />

(1981-1995) genannt wird. Mit vielen<br />

Anekdoten und Weisheiten aus dem Bereich<br />

des Fußballs und nicht zuletzt mit<br />

seiner Praxisdemonstration begeisterte die<br />

Trainer-Ikone sein Publikum. „Ich bin ja mit<br />

einem Fußball auf die Welt gekommen“,<br />

blickte Rehhagel humorvoll auf die Anfänge<br />

seiner Karriere zurück. 1938 in der<br />

Ruhrgebietsmetropole Essen geboren, verlor<br />

er früh seinen Vater und musste sich im<br />

Deutschland der Nachkriegszeit als Halbwaise<br />

seinen Platz erkämpfen. Der Fußball<br />

wies ihm den Weg - und riss zunächst einmal<br />

Wunden. „Ich habe früher noch auf<br />

Schlacke gespielt. Damals kam das Sliding<br />

Tackling auf. Dabei musstest du ordentlich<br />

reingrätschen, und dann war die ganze<br />

Seite offen. Nachts im Bett war vor<br />

Schmerzen die Aktion Mumie angesagt.“<br />

„Ein Buch wird heute nur gut<br />

verkauft, wenn du darin<br />

jemanden angreifst.<br />

Das ist nicht mein Stil.“<br />

Über den TuS Helene, dem er mit<br />

zehn Jahren beigetreten war, schaffte er<br />

1960 den Sprung zum populärsten und<br />

erfolgreichsten Klub seiner Heimatstadt,<br />

Rot-Weiss. An der Hafenstraße erwarb er<br />

sich in 90 Oberligaspielen, der damals<br />

höchsten deutschen Spielklasse, den Ruf<br />

eines kompromisslosen Verteidigers. Als<br />

1963 die Bundesliga eingeführt wird, ist<br />

Rot-Weiss, der Deutsche Meister von<br />

1955, nicht dabei. Otto Rehhagel wechselt<br />

deshalb an die Spree, wo der bei der<br />

„Alten Dame“ Hertha Profi wird. 1966<br />

zieht es ihn weiter in die Pfalz. Für den<br />

1. FC Kaiserslautern bestreitet er in den<br />

folgenden sechs Jahren 148 Erstligaeinsätze,<br />

bis ihn 1972 eine Knorpelabsprengung<br />

am Knie zum Ende seiner Spielerlaufbahn<br />

zwingt.<br />

Noch im selben Jahr beginnt beim<br />

1. FC Saarbrücken seine Karriere als Trainer<br />

– eine Karriere, die ihn zu einer lebenden<br />

Legende machen wird. Nach schwierigen<br />

Anfangsjahren, in denen Rehhagel<br />

über die Rolle eines Kurzeittrainers oder<br />

„Notnagels“ oftmals nicht hinauskommt,<br />

schreibt er einen Heldenepos nach dem<br />

anderen und schafft den Aufstieg in den<br />

Olymp der deutschen Fußballgrößen.<br />

Werder Bremen führt er aus der<br />

zweiten Liga zu Meistertitel (1988,<br />

1993), Pokal (1991, 1994) und Europapokalsieg<br />

(1992), Kaiserslautern als bisher<br />

einzigen Aufsteiger in der Geschichte<br />

der Fußball-Bundesliga zur Meisterschaft<br />

(1998). Das wohl größte seiner zahlreichen<br />

Fußball-Wunder bewirkt er als<br />

Nationaltrainer Griechenlands. 2004<br />

wachsen die Hellenen, im Fußball bis<br />

dahin eher Zwerge, unter der Regie von<br />

„Rehakles“ über sich hinaus und werden<br />

Europameister. Allein dieser Coup wäre<br />

es wert, vom Meistertrainer selbst niedergeschrieben<br />

zu werden.<br />

Doch auch in Zeiten, wo mit Philipp<br />

Lahm ein deutscher Nationalspieler bereits<br />

mit 28 Jahren seine Autobiografie veröffentlicht,<br />

kommen Memoiren für Otto<br />

Rehhagel nicht in Frage. Zwar hätte er<br />

durchaus schon eine Idee für den Titel<br />

(„Auferstanden aus Ruinen“), doch, so<br />

Rehhagel, „ein Buch wird heute nur gut<br />

verkauft, wenn du darin jemanden angreifst.<br />

Das ist nicht mein Stil. Ich will<br />

auch nicht alles preisgeben. Dafür sind<br />

mir einige Dinge zu wichtig.“<br />

Der Suizidversuch des Hannoveraner<br />

Bundesligaschiedsrichters Babak Rafati,<br />

der Selbstmord des walisischen Nationaltrainers<br />

Gary Speed, der Rücktritt von<br />

Schalkes Coach Ralf Rangnick wegen<br />

eines „Burnout-Symptoms“ – vor dem<br />

Hintergrund dieser Fälle wollte der Moderator<br />

von Rehhagel wissen, wie er in seiner<br />

Karriere mit dem Druck umgegangen ist,<br />

dem nicht zuletzt Trainer ausgesetzt sind.<br />

„Das mit dem Druck kann ich nicht ganz<br />

nachvollziehen. Es muss einem klar sein,<br />

dass es im Fußball Höhen und Tiefen gibt.<br />

Damit muss man klar kommen“, antwortete<br />

Rehhagel, machte zugleich aber deutlich,<br />

wie angreifbar ein Jeder ist. „Es heißt<br />

Ortstermin<br />

Ulrike Schulze, Fachkonferenzleiterin Sport Ernst-Reuter-Schule, und Helge Kristeleit, NFV-Referatsleiter<br />

Jugend, fachsimpelten mit Otto Rehhagel.<br />

NFV-Präsident Karl Rothmund fädelte den Besuch von Otto und Jens Rehhagel ein. Zum Abschluss<br />

des Aufenthaltes gab es ein Bankett im Saal Berlin des Sporthotel Fuchsbachtal.<br />

immer, man müsse sich ein dickes Fell<br />

zulegen. Es gibt kein dickes Fell. Wir sind<br />

alle verletzlich!“<br />

Begleitet wurde Otto Rehhagel, der<br />

inzwischen wieder in Essen lebt, von seinem<br />

Sohn Jens. „Er ist eine wunderbare<br />

Kombination. Den Ehrgeiz hat er von mir,<br />

die Intelligenz von meiner Frau“, sagte<br />

Rehhagel über seinen Filius, der als Chef<br />

des Nachwuchsleistungszentrums bei<br />

Hannover 96 arbeitet und im März 2011<br />

an der Deutschen Sporthochschule in<br />

Köln promovierte. Dass er aufgrund der<br />

Tätigkeit seines Sohnes inzwischen ein<br />

besonderes Verhältnis zu dem niedersächsischen<br />

Bundesligisten hat, räumte<br />

Otto Rehhagel gerne ein. Darüber hinaus<br />

liegen seine Sympathien vor allem bei<br />

mehreren Klubs. „Mein Verein ist Werder<br />

Bremen. Doch ich liebe auch meine Vereine<br />

im Ruhrgebiet wie Dortmund und<br />

Schalke.“<br />

Ob er noch einmal auf die Trainerbank<br />

zurückkehren wird? „Nur wenn<br />

Rot-Weiss Essen in die Bundesliga aufsteigt“,<br />

flachst Rehhagel zunächst, verrät<br />

aber dann, dass er sich alles vorstellen<br />

kann. „Ich bin noch fit. Zu alte Trainer<br />

gibt es nicht. Entweder man ist qualifiziert<br />

oder man ist es nicht.“ ■<br />

Januar 2012 11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!