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Litauen<br />

14<br />

Wo Europa an die Sahara erinnert<br />

Im Oktober 2011 weilte Journal-Redakteur Manfred Finger für fünf Tage in Litauen.<br />

Nachdem er in der vergangenen Ausgabe die Situation des Fußballsports beleuchtet hat,<br />

der in dem basketballverrückten Land immer mehr an Bedeutung gewinnt, beschreibt er<br />

im zweiten und letzten Teil der Serie eine der atemberaubendsten Landschaften Europas.<br />

„Alles ist weglos, nur Sand, Sand<br />

und Himmel.“ Als Thomas Mann Ende<br />

der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />

erstmals das Fischerdorf Nidden besuchte,<br />

fühlte er sich wie auf einem anderen<br />

Kontinent. „Die weiße Küste ist<br />

schön geschwungen, man könnte glauben<br />

in Nordafrika zu sein.“ Mit seinem<br />

Eindruck stand der große deutsche<br />

Schriftsteller indes keineswegs allein.<br />

Bereits 1809 schrieb der Universalgelehrte<br />

Wilhelm von Humboldt an seine<br />

Frau, man müsse diese Gegend „ebenso<br />

gut als Spanien und Italien gesehen<br />

haben, wenn einem nicht ein wunderbares<br />

Bild in der Seele fehlen soll.“ Und<br />

vor dem Zweiten Weltkrieg nutzten<br />

deutsche Regisseure die Kulisse, um hier<br />

die Wüstenszenen für ihre Kinofilme zu<br />

drehen.<br />

Was von Humboldt, Thomas Mann<br />

und die Filmregisseure so beeindruckte,<br />

war eine atemberaubende Dünenlandschaft,<br />

die aber keineswegs in südlichen<br />

europäischen Gefilden oder gar in Afrika,<br />

sondern im Nordosten Europas liegt.<br />

Genauer gesagt auf der Kurischen Nehrung<br />

im ehemaligen Ostpreußen. Bei ihr<br />

handelt es sich um eine knapp 100<br />

Kilometer lange Halbinsel, die das Kurische<br />

Haff beinahe wie ein Binnenmeer<br />

von der Ostsee trennt und die an der<br />

schmalsten Stelle nur wenige 100<br />

Meter breit ist.<br />

Lange ostpreußisch, wurde die<br />

schmale Landzunge nach dem Ersten<br />

Weltkrieg zunächst litauisch, dann wieder<br />

deutsch, ehe sie von der Sowjetunion<br />

besetzt wurde. Ab 1945 war die<br />

Nehrung für vier Jahrzehnte militärisches<br />

Sperrgebiet und konnte nur mit<br />

einer Sondergenehmigung betreten<br />

werden. 1990 bewirkte der Zerfall des<br />

Sowjetreiches die Teilung: Der nördliche<br />

Abschnitt, 52 Kilometer lang, kam zum<br />

erneut unabhängigen Litauen, der südliche<br />

Bereich als Teil der Oblast Kaliningrad<br />

zu Russland.<br />

Bei dem Gebiet um Kaliningrad,<br />

das früher Königsberg hieß, handelt es<br />

sich um eine Exklave, die räumlich keine<br />

Verbindung zum russischen Kernland<br />

hat. Die Grenze auf der Kurischen Nehrung<br />

trennt aber weitaus mehr als nur<br />

zwei Länder. Denn seit 2004 ist Litauen<br />

Mitglied in der Europäischen Union, so<br />

dass sie inzwischen die Außengrenze<br />

der EU markiert. Wer seitdem auf der<br />

Halbinsel von Norden nach Süden reisen<br />

möchte, braucht deshalb ein Visum, das<br />

allerdings nicht von den Grenzbehörden<br />

ausgestellt werden kann, sondern zuvor<br />

über die russische Botschaft besorgt<br />

werden muss.<br />

Vier Kilometer von der Grenze entfernt,<br />

im litauischen Teil, liegt Nidden,<br />

Januar 2012<br />

Das Sommerhaus von Thomas Mann in Nida. Foto: gettyimages<br />

das heute Nida heißt. Von jeher ist das<br />

kleine Fischerdorf das beliebteste Reiseziel<br />

auf der Kurischen Nehrung. Gleich<br />

hinter der Ortschaft türmen sich riesige<br />

Sandberge zu einem alles überragenden<br />

Gebirge. Die Szenerie wirkt wie eine<br />

stille, einsame Wüstenlandschaft.<br />

Nicht von ungefähr wird dieser<br />

Landstrich deshalb auch als „ostpreußische<br />

Sahara“ bezeichnet.<br />

Unweit von Nida, das mit 1.600<br />

Einwohnern auch die größte Ortschaft<br />

der Nehrung ist, liegt die bekannteste<br />

aller Dünen, die „Hohe Düne“. Mit<br />

ihren fast 60 Metern ist sie nach der<br />

„Dune du Pyla“ an der südwestfranzö- ➤

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