Nummer 50, 05/2007 Vorbemerkung Sehr geehrte Damen und ...
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Thema sprach. Im ersten Teil wurde die Schwierigkeit<br />
der eigenen Identität <strong>und</strong> Selbstwahrnehmung<br />
besprochen. Zunächst stellte Gregor Ploch die<br />
Problematik der sog. „Spätaussiedler“ aus Polen in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik vor. Da der größte Teil der Gruppe aus<br />
Oberschlesien stammt <strong>und</strong> katholisch ist, konnten<br />
gerade diese beiden Faktoren besonders zur Geltung<br />
kommen. Besonders in der Zeit des Kommunismus<br />
standen die Aussiedler im Vordergr<strong>und</strong> der<br />
deutsch-polnischen Streitigkeiten um die Existenz der<br />
deutschen Minderheit in Polen. Für viele Aussiedler verlief<br />
der Integrationsprozess sehr schwer, weil von ihnen<br />
erwartet wurde, dass sie sich als Deutsche assimilierten.<br />
Und genau das war für die meisten unmöglich, da sie<br />
eine polnische Sozialisation – gerade im religiösen<br />
Bereich – erfahren haben. Eine häufige Folge war, dass<br />
die Aussiedler verunsichert waren <strong>und</strong> versuchten nicht<br />
aufzufallen. Heute fühlen sich viele von ihnen zwischen<br />
ihren beiden Heimaten hin <strong>und</strong> her gerissen. Dennoch<br />
haben die Aussiedler den deutschen Katholizismus sehr<br />
stark geprägt <strong>und</strong> nicht selten die kulturelle<br />
Brückenfunktion zwischen Polen <strong>und</strong> Deutschland<br />
übernommen.<br />
Im Anschluss daran verdeutlichte der Kattowitzer<br />
Soziologieprofessor Wojciech Świątkiewicz anhand<br />
zahlreicher Beispiele die sehr langsam verlaufende<br />
Integration der polnischen Neusiedler in Oberschlesien.<br />
Dieses Problem ist vor allem in den künstlich<br />
entstandenen Industriestädten <strong>und</strong> -siedlungen<br />
Oberschlesiens virulent. Diese Städte wurden in der<br />
Nachkriegszeit um die Kohle- <strong>und</strong> Hüttenreviere<br />
angelegt <strong>und</strong> beherbergen zum größten Teil Polen aus<br />
allen Regionen des Landes, die ihre Wohnstätte bis<br />
heute nicht als ihre Heimat betrachten. Dies<br />
verdeutlichte der Referent an einem anschaulichen<br />
Beispiel: Nach der Wegbeschreibung zur benachbarten<br />
Ortschaft gefragt, antwortete eine Person, die seit r<strong>und</strong><br />
dreißig Jahren in seiner Stadt lebt, sie sei nicht von hier<br />
<strong>und</strong> könne deshalb keine Antwort geben.<br />
Im zweiten Block wurden Kurzbiographien eines<br />
polnischen <strong>und</strong> eines deutschen Priesters, die sich in der<br />
Zwischenkriegszeit besonders für die deutsch-polnische<br />
Verständigung ausgezeichnet haben, präsentiert. Die<br />
Schüler des Emil Szramek-Lyzeums in Kattowitz, Maria<br />
Jabłońska <strong>und</strong> Maciej Wacławik stellten ihren<br />
Schulpatron vor. Der inzwischen selig gesprochene Emil<br />
Szramek stammte aus Tworkau im Kreis Ratibor <strong>und</strong><br />
setzte sich in der Zeit des aufkeimenden Nationalismus<br />
r<strong>und</strong> um die schlesischen Aufstände für die Annäherung<br />
zwischen den beiden Völkern ein. Szramek entschied<br />
sich bewusst für die Annahme der polnischen<br />
Staatsbürgerschaft, auch wenn seine Familie deutsch<br />
blieb. Dennoch war er jeglichen Polarisierungen fern <strong>und</strong><br />
betonte die christliche Pflicht der Nächstenliebe. Seine<br />
kritische Tätigkeit führte ihn in das KZ von Dachau,<br />
Gusen <strong>und</strong> Mauthausen, in dem er starb. Gerade die<br />
Person Szrameks lässt die Frage aufwerfen, wie seine<br />
schlesische Identität ausgesehen hat. Auch wenn diese<br />
Frage nicht beantwortet werden kann, so zeigt es doch,