2003 Russlanddeutsche zwischen Herkunft und Ankunft ... - ORNIS
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Interview | Интервью<br />
InfoDienst 44-<strong>2003</strong><br />
Jochen Welt im Gespräch:<br />
„Fördern <strong>und</strong> Fordern sind Gr<strong>und</strong>pfeiler<br />
unserer Zusammenarbeit“<br />
Der Aussiedlerbeauftragte der B<strong>und</strong>esregierung,<br />
Jochen Welt, absolviert auch in diesem Jahr ein<br />
umfangreiches Reiseprogramm, um sich ein Bild von<br />
der Lage der deutschen Gemeinden zu machen <strong>und</strong><br />
Projekte zu besichtigen, die von der B<strong>und</strong>esregierung<br />
gefördert werden. Im April hatte Welt Polen besucht,<br />
später Rumänien <strong>und</strong> die Baltischen Republiken. Auf<br />
dem Besuchsprogramm standen zudem Westsibirien<br />
<strong>und</strong> Kasachstan sowie voraussichtlich noch Kyrgyzstan.<br />
Im Gespräch mit der Redaktion des InfoDienstes<br />
äußert sich der Aussiedlerbeauftragte<br />
zur Fortsetzung der Hilfen für russlanddeutsche<br />
Gemeinden <strong>und</strong> über<br />
neue Akzente der Politik – auch im<br />
Verhältnis zu Aussiedlern in<br />
Deutschland:<br />
Frage: Das deutsch-russische Verhältnis<br />
scheint ungetrübt. Gilt das auch<br />
beim Thema deutsche Minderheit in<br />
Russland?<br />
Jochen Welt: Wir haben ein sehr<br />
gutes Verhältnis zur russischen<br />
Administration.<br />
Bei meinen Besuchen<br />
stelle ich immer wieder<br />
fest, es gibt eine<br />
enorme Aufgeschlossenheit.<br />
Das gilt<br />
auch für Aktivitäten,<br />
bei<br />
denen die<br />
russische Seite finanzielle Verpflichtungen übernimmt<br />
– etwa bei Förderprogrammen im Rahmen des<br />
Präsidentenprogramms oder Etat-Titeln für den Kulturbereich.<br />
Ich erhalte auch Berichte, dass sich die<br />
Zentralregierung in den Deutsch-Nationalen Rayons<br />
stark engagiert.<br />
Von den Gebietsgouverneuren habe ich ohnehin<br />
den Eindruck, dass sie sehr aufgeschlossen sind, was<br />
die Lösung der Probleme der <strong>Russlanddeutsche</strong>n angeht.<br />
Nach meiner Einschätzung hat sich ihre Einstellung<br />
sehr positiv entwickelt. In Russland selbst gibt es<br />
ja zudem ein starkes Interesse, dass die Deutschen<br />
nicht aussiedeln, sondern bleiben. Wie häufig werde<br />
ich in Russland gefragt: Was kann man gemeinsam<br />
tun, damit die Menschen hier auch wieder eine Per-<br />
spektive sehen?<br />
Nicht immer machen es die Länder den Deutschen<br />
leicht, in den <strong>Herkunft</strong>sgebieten zu bleiben.<br />
Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Es gibt eine<br />
offizielle Regierungspolitik, es gibt das praktische<br />
Handeln von Regierungen, <strong>und</strong> es gibt die Praxis vor<br />
Ort. Und alle drei Dinge müssen nicht unbedingt<br />
übereinstimmen. In Kasachstan beispielsweise haben<br />
staatliche Stellen keine Vorbehalte den Deutschen gegenüber.<br />
Andererseits empfinden die Menschen häufig<br />
staatliches Handeln als Schikane. Nehmen Sie die<br />
Vorschrift, die kasachische Sprache zu erlernen – das<br />
gilt für die Deutschen wie für alle anderen Nationalitäten.<br />
Das wird subjektiv als Belastung empf<strong>und</strong>en.<br />
Belastend war über lange Zeit gewiss auch, dass Russland<br />
<strong>und</strong> Deutschland sich nicht über die Eigentumsübertragung<br />
– etwa der Gewerbebetriebe – einigen<br />
konnten, die von der B<strong>und</strong>esregierung mitfinanziert<br />
worden waren.<br />
Beiden Seiten haben ihre eigenen Interessen, <strong>und</strong> die<br />
muss man in aller Fre<strong>und</strong>schaft beim Namen nennen.<br />
Unser Interesse sieht so aus: Wir geben Hilfen zum<br />
Nutzen der <strong>Russlanddeutsche</strong>n, <strong>und</strong> wir müssen darauf<br />
achten, dass die Hilfen Wirkung erzielen – dass sie<br />
die Menschen erreichen. Dabei haben wir natürlich<br />
auch eine Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler<br />
hier in Deutschland. Es geht darum, im Einklang mit<br />
den russischen Gesetzen die Eigentumsübertragung<br />
vorzunehmen. Unser Ziel muss sein, Erträge aus den<br />
Wirtschaftsbetrieben Initiativen <strong>und</strong> Projekten für die<br />
<strong>Russlanddeutsche</strong>n zu Gute kommen zu lassen.<br />
Nach meinem Gespräch mit Vizeminister<br />
Zikanow vom zuständigen Ministerium für wirtschaftliche<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Handel der Russischen<br />
Föderation ist erfreulicherweise eine akzeptable Lösung<br />
gef<strong>und</strong>en worden, die bei der nächsten Sitzung<br />
der Regierungskommission formell bestätigt wird.<br />
Gibt es schon einen Termin für die nächste R<strong>und</strong>e der<br />
Deutsch-Russischen Regierungsverhandlungen?<br />
Nachdem eine Lösung für die Eigentumsübertragung<br />
der mit deutschen Mitteln geschaffenen Vermögenswerte<br />
gef<strong>und</strong>en wurde <strong>und</strong> auch die Arbeitsgruppe<br />
zur Vorbereitung der Verhandlungen in den bisherigen<br />
drei Sitzungen gute Ergebnisse erzielt hat, gehe