Gesundheitswegweiser Koblenz - Stadt Koblenz
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Selbsthilfe im Gesundheitsbereich<br />
Haben Sie sich auch schon darüber<br />
gewundert? Da verabschiedet Sie<br />
der Arzt aus seiner Sprechstunde und<br />
gibt Ihnen zum Abschluss noch die<br />
Adresse einer Selbsthilfegruppe mit.<br />
Andere Menschen bekommen von<br />
einer Freundin den Tipp, das Problem<br />
in einer Gruppe Gleichgesinnter<br />
– sprich Selbsthilfegruppe – zu besprechen.<br />
Aber vielleicht haben<br />
Sie ja ein etwas merkwürdiges<br />
Gefühl bei dem<br />
Gedanken, in eine Gruppe<br />
zu gehen, in der „nur“ über<br />
Ihre Krankheit gesprochen<br />
wird. Dann ist es gut, dass<br />
Sie diesen Artikel gefunden<br />
haben, denn heute erfahren<br />
Sie etwas über die Ziele, die<br />
Grenzen und auch die Risiken<br />
von Selbsthilfegruppen.<br />
Die Ziele<br />
Zuerst einmal vorab: Eine<br />
Selbsthilfegruppe besteht aus<br />
Menschen, die mit den gleichen<br />
Problemen kämpfen und die deshalb<br />
im Laufe der Zeit ähnliche Erfahrungen<br />
gemacht haben. Denn<br />
beim Arzt oder im Krankenhaus<br />
konzentriert sich die medizinische<br />
Versorgung eines Patienten gewöhnlich<br />
fast ausschließlich auf<br />
das körperliche Leiden. Hilfen, die<br />
sich auf die Psyche und die soziale<br />
Situation des Kranken richten,<br />
kann der Arzt schon allein aus<br />
Zeitmangel selten geben. Hier<br />
springen die Selbsthilfegruppen<br />
ein. Ihre Regeln sind dabei immer<br />
dieselben: Es gibt in der Gruppe<br />
keine Leitfigur; alle Mitglieder sind<br />
gleichberechtigt. Es gibt auch keinen<br />
„Zuschauer“, denn jedes Mitglied<br />
der Gemeinschaft ist selbst<br />
betroffen, sucht Hilfe und hilft den<br />
anderen Mitgliedern.<br />
Über die besprochenen Angelegenheiten<br />
herrscht Verschwiegenheit nach außen.<br />
Die teilnahme ist freiwillig und kostenlos.<br />
Durch solche vereinbarten Regeln entsteht<br />
das Gefühl von Sicherheit und außerdem der<br />
Zusammengehörigkeit. Denn wenn jemand<br />
in einer Selbstgruppe sein Problem vorstellen<br />
möchte, muss er es nicht erst lange erklären.<br />
Vielmehr kennen alle die Hoffnungen und<br />
Ängste, die sich im Verlauf von vor allem<br />
langwierigen Krankheiten einstellen können.<br />
Durch den Austausch mit anderen Betroffenen<br />
wird auch das Gefühl von Einsamkeit<br />
und Isolation gelindert. In der Gruppe wer-<br />
den verschiedene Lösungswege zusammengetragen<br />
und man kann dann für sich einen<br />
eigenen Lösungsweg finden. Natürlich wird<br />
auch medizinisches wissen über neue therapien,<br />
Medikamente und Forschungsergebnisse<br />
besprochen. Nicht selten verhilft eine<br />
Selbsthilfegruppe zu einem völlig neuen<br />
Selbstverständnis und eigener Stärke.<br />
Beratung von Selbsthilfegruppen<br />
Die Grenzen<br />
trotz dieser Vorteile kann es manchmal<br />
passieren, dass man sich in einer Selbsthilfegruppe<br />
belastet fühlt. Denn mit gewissen<br />
Aufgaben können Selbsthilfegruppen<br />
schlicht überfordert sein. So dürfen Sie keine<br />
professionelle Betreuung erwarten, wie sie<br />
ein therapeut bei psychischen Erkrankungen<br />
leistet. Auch kann das Plus der Selbsthilfegruppen,<br />
nämlich Erfahrungen auszutauschen,<br />
bei einigen Problemen auch negative<br />
Effekte haben. Etwa dann, wenn jemand ein<br />
trauma verarbeiten möchte und zusätzlich<br />
INFoRMAtIV<br />
permanent mit anderen traumata konfrontiert<br />
wird.<br />
Sehr sinnvoll sind Selbsthilfegruppen<br />
erwiesenermaßen in den Bereichen Sucht,<br />
sowie chronische Erkrankungen. Aber auch<br />
hier gilt: Die medizinischen Experten sollten<br />
immer noch die Ärzte sein, und nicht die anderen<br />
Gruppenmitglieder.<br />
Die Risiken<br />
wo Licht ist, ist auch Schatten.<br />
Das gilt leider auch für Selbsthilfegruppen.<br />
Man kann sie missbrauchen,<br />
wie die folgenden Beispiele<br />
zeigen.<br />
• Menschen, die im medizinischen<br />
Bereich tätig sind oder vor allem<br />
tätig werden wollen, rufen zu ihrem<br />
Gebiet eine Selbsthilfegruppe<br />
ins Leben, einzig und allein,<br />
um damit Kunden bzw. Patienten<br />
zu gewinnen und um in der dann<br />
so genannten Selbsthilfegruppe<br />
termine zu vereinbaren.<br />
• Ab und zu gehen auch Professionelle<br />
in eine Selbsthilfegruppe<br />
und geben sich nicht zu erkennen.<br />
Sie beabsichtigen damit<br />
Betroffene persönlich anzusprechen,<br />
um sie dann an sich selbst<br />
zu verweisen.<br />
• Firmen machen Selbsthilfegruppen<br />
finanzielle Angebote,<br />
unter der Voraussetzung, dass<br />
ausschließlich in der Gruppe<br />
bestimmte therapien intensiv<br />
besprochen werden.<br />
• Sektenmitglieder schleichen sich<br />
dort ein und versuchen, Betroffene<br />
für die Sekte abzuwerben.<br />
Die „Gefahren“ sollten Sie jetzt<br />
aber nicht abschrecken, sondern<br />
nur sensibel machen. Selbsthilfegruppen<br />
sind notwendig und hilfreich.<br />
Selbsthilfegruppe gründen<br />
Etwa drei Millionen Menschen engagieren<br />
sich in Deutschland in rund 100.000<br />
Selbsthilfegruppen. trotzdem kann es sein,<br />
dass es „Ihre“ Gruppe noch nicht gibt, und<br />
Sie sie erst gründen müssen. wie geht das?<br />
Informationen über eine Neugründung<br />
und die Gesamtthematik erhalten Sie bei<br />
den Selbsthilfekontaktstellen (SeKIS) in<br />
Rheinland-Pfalz tel. 0651/141180 oder bei<br />
weKISS tel. 02663/2540 (siehe Seite 100)<br />
Dort erhalten Sie kostenlose Informationen<br />
oder werden weiter vermittelt.<br />
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