08.06.2013 Aufrufe

pdf: ganzes Heft - Theologisches

pdf: ganzes Heft - Theologisches

pdf: ganzes Heft - Theologisches

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

JOSEPH OVERATH<br />

Ist die Frage nach dem „... geographischen Ort der Anbetung ...“ überholt?<br />

Äquivokationen von Anbetung im Vorfeld des WJT 2005<br />

Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hatte sich am Fest<br />

der Verklärung des Herrn 2004 mit einer Botschaft an die<br />

Jugendlichen der Welt gewandt, um die geistliche Richtung<br />

für den Weltjugendtag von Köln im August 2005 zu umreissen<br />

1 . Das Motto dieses Treffens ist Mt 2,2 entnommen und<br />

lautet: „Wir sind gekommen, um IHN anzubeten“. Abweichend<br />

von der Einheitsübersetzung, die sich in den gültigen<br />

Lektionarien findet, wird eigens aus dem Wort „huldigen“ der<br />

Terminus „anbeten“, was sicher dem Duktus des Mt-Evangeliums<br />

entspricht 2<br />

„IHN anbeten“, dabei denkt der harmlose Katholik sicher<br />

zunächst an die Anbetung Jesu Christi im Altarssakrament.<br />

Das tut er aber nur solange wie er noch nicht verschiedene,<br />

von deutschen Bistümern verschickte „Hilfen“ gelesen hat.<br />

Der verstorbene Heilige Vater hatte daran erinnert, dass die<br />

Weisen aus dem Morgenland Jesus in Bethlehem gefunden<br />

hatten – dieser Ort heißt „Haus des Brotes“. „In der bescheidenen<br />

Grotte von Bethlehem liegt auf ein wenig Stroh das<br />

„Weizenkorn“, das sterbend „reiche Frucht“ bringen wird<br />

(vgl. Joh 12,24)“ 3 . Der Papst zieht dann eine Parallele zur<br />

konsekrierten Hostie und sagt: „Im Stall von Bethlehem hat<br />

er sich in der Gestalt eines Neugeborenen von Maria, Josef<br />

und den Hirten anbeten lassen; in der konsekrierten Hostie<br />

beten wir ihn an, der im Fleisch, im Blut, in der Seele und der<br />

Gottheit sakramental gegenwärtig ist; und so bringt er sich<br />

uns dar als Speise ewigen Lebens“ 4 .<br />

Als Seelsorger sollte man nun meinen, die zahlreichen<br />

„Hilfen“ des WJT – Mottos würden gerade in einem eucharistischen<br />

Jahr wieder zur eucharistischen Anbetung hinführen.<br />

Dazu müsste sicher zunächst die korrekte Lehre vom<br />

Altarssakrament wieder neu vermittelt werden – man spricht<br />

ja heute vor Jahrgängen von Jugendlichen, die fast durchgängig<br />

mit der kirchlichen Glaubenssprache kaum Kontakt<br />

gehabt haben. Wie verbreitet ist etwa der Begriff „Heiliges<br />

Brot“ 5 in der Kommunionkatechese? Und auch Eucharistielieder<br />

sind seit der Einführung des „Gotteslobes“ kaum mehr<br />

geeignet, den Glauben an die Realpräsenz in die Herzen der<br />

Gläubigen zu tragen 6 .<br />

Obwohl also der Heilige Vater dem WJT eine deutliche<br />

Richtung auf die eucharistische Anbetung gegeben hat, finden<br />

sich in den „Hilfen“ solche Behauptungen wie: „Die<br />

Frage nach dem geographischen Ort der Anbetung ist seit<br />

und durch Jesus überholt (auch wenn uns manche Orte in<br />

besonderer Weise zur Anbetung einladen)“ 7 .<br />

1<br />

Amtsblatt des Erzbistums Köln 144(2004)243–245<br />

2<br />

Auch die Vulgata spricht von „adorare“; im Mt-Evangelium kommt das fragliche<br />

Wort dann vor, wenn von der Göttlichkeit Jesu die Rede ist.<br />

3<br />

Botschaft 244<br />

4<br />

ebd. 244<br />

5<br />

Vgl. mein: „Heiliges Brot“ oder der Leib Christi? Überlegungen zur Vermittlung<br />

der Lehre vom Altarssakrament im Grundschulalter, in: Wortmeldungen<br />

eines Landpastors (neuestens zu beziehen über fe-medien, Kisslegg) 31ff.,<br />

dort auch Skizzen für Unterrichtsstunden.<br />

6<br />

Ein Vergleich mit den Vorgängern des „Gotteslobes“ zeigt deutlich, dass<br />

nicht nur die Zahl der Eucharistielieder abgenommen hat, sondern auch<br />

bezüglich der Inhalte Defizite erkennbar werden. Vgl. etwa das Kölner<br />

„Gebet- und Gesangbuch“ von 1949, dort die Lieder 216-235; der Vergleich<br />

ergibt, dass dort sich keinerlei Abstriche an der überlieferten Lehre finden.<br />

7<br />

Bischöfliches Ordinariat Mainz: Gekommen, um IHN anzubeten. Exerzitien<br />

im Alltag zum Thema des Weltjugendtages 2005 in Köln. Bingen 2005, 44<br />

Für jemanden, der an die bleibende Gegenwart Christi in<br />

den Gestalten von Brot und Wein glaubt – und somit das<br />

evangelische Abendmahlverständnis „in usu“ nicht übernimmt<br />

– gibt es sehr wohl einen Ort, an dem Anbetung im<br />

vollen und tiefsten Sinn sich vollzieht: den Tabernakel einer<br />

jeden katholischen Kirche. Wie sagte Papst Paul VI. in seinem<br />

„Credo des Gottesvolkes“: „Diese Gegenwart bleibt<br />

nach dem Opfer im Sakrament fortbestehen, das im Tabernakel<br />

aufbewahrt wird, der die Herzmitte unserer Kirchen ist.<br />

Es ist uns eine heilige Pflicht, das fleischgewordene Wort,<br />

das unsere Augen nicht erblicken können und das, ohne den<br />

Himmel zu verlassen, sich uns vergegenwärtigt, in der heiligen<br />

Hostie, die unsere Augen sehen können, anzubeten und<br />

zu verehren“ 8 .<br />

Wenn das Motto sagt, die Gläubigen sollen „IHN anbeten“,<br />

dann ist damit ausgedrückt, dass wir IHN finden können<br />

in der dichtesten Weise der Gegenwart im Allerheiligsten.<br />

Und es fällt auch auf, dass die Weisen aus dem Morgenland<br />

nicht allgemein zu Gott unterwegs waren, sondern sie<br />

suchten das Kind in der Krippe, d. h. den Sohn Gottes. Bethlehem<br />

war damals der geographische Ort, wo sie Jesus anbeteten<br />

– heute ist das „Haus des Brotes“ der Tabernakel.<br />

Damals war die Gottesmutter der Thron Christi – viele christliche<br />

Künstler stellen das Kind als Mann dar, wie es thront<br />

auf dem Schoß seiner Mutter; heute ist die Kirche, deren<br />

Urbild Maria ist, der Thron des anbetungswürdigen Gottessohnes.<br />

Maria ist gleichsam die erste Monstranz – sie hat<br />

Jesus als Erste zu den Menschen getragen; heute ist es die<br />

„Mutter Kirche“, die uns Jesus zeigt, damit wir IHN anbeten.<br />

Es fällt auf, dass die „Hilfen“ die eucharistische Anbetung als<br />

eine unter vielen Formen der Anbetung verstehen. Das gibt<br />

aber das Motto und die Deutung des Heiligen Vaters in keiner<br />

Weise her. So heißt es etwa: „Im Zeichen des Brotes ist Jesus,<br />

das Kind von Bethlehem mit seinem Leben, seinem Tod und<br />

seiner Auferstehung unter uns gegenwärtig und lebendig.<br />

Bethlehem ist also auch dort, wo dieses Brot ist: in der Kirche,<br />

in der Feier der Eucharistie – und dann doch wieder in<br />

uns selbst, wenn wir das Brot bei der heiligen Kommunion in<br />

uns aufnehmen“ 9 . Der Begriff „Zeichen des Brotes“ erreicht<br />

nicht die reale Gegenwart Jesu Christi im Sakrament des<br />

Altares. Er leitet sich ab von der irreführenden Übersetzung<br />

des Eucharistiehymnus „Adoro te“ 10 .<br />

Das „Gotteslob“ spricht in seiner Übersetzung von „Zeichen“,<br />

obwohl der Urtext von „Gestalten“ spricht 11 . Das<br />

eucharistische „Brot“ ist nicht ein bloßes Zeichen, sondern es<br />

ist verwandeltes Brot, d. h. die Substanz des Brotes wird verwandelt<br />

in den heiligen Leib Christi. Erst dann aber, wenn<br />

das so ist, darf ich als Gläubiger die eucharistische Gestalt<br />

anbeten, sonst würde ich ja Götzendienst treiben und ein<br />

Stückchen „Materie“ anbeten.<br />

8<br />

Das Credo des Gottesvolkes. Leutesdorf 1968, 21<br />

9<br />

Exerzitien 42<br />

10<br />

Gotteslob Nr. 546; dort ist von „Zeichen“ die Rede und nicht von „Gestalten“.<br />

Es ist ein Kuriosum, dass ein Kirchgänger sich in einer profanen Textsammlung<br />

lateinischer Lyrik aus dem Mittelalter besser über den Glauben<br />

informieren kann als im „Gotteslob“. Dort ist der Hymnus richtig übersetzt:<br />

vgl. Paul Klopsch: Lateinische Lyrik des Mittelalters. Stuttgart 1995, 443<br />

11<br />

Die zweite Strophe des Hymnus verbietet jedes Denken an ein bloßes „Zeichen“.<br />

– 487 – – 488 –<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!