pdf: ganzes Heft - Theologisches
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Diese Neuauflage ist aus zwei Gründen besonders erfreulich:<br />
Zunächst, weil seit dem Lehrbuch Otts in deutscher Sprache<br />
kein vergleichbares Dogmatikhandbuch erschienen ist, das<br />
dieses ersetzen könnte. Die Dogmatik des inzwischen zum<br />
Bischof von Regensburg beförderten Dogmatikers G.L. Müller,<br />
die diesen Anspruch erhebt, ist von ihrer ganzen Anlage<br />
und Grundkonzeption so verschieden, dass sie mit Ott hauptsächlich<br />
nur durch ihre Einbändigkeit und einen verhältnismäßig<br />
klaren didaktischen Aufbau der einzelnen Abschnitte<br />
vergleichbar ist. Aber in ihrer theozentrischen Grundkonzeption<br />
entspricht doch Otts Dogmatik weit deutlicher der<br />
Grundstruktur des Heilsmysteriums. Und so lässt sich das<br />
geflügelte Wort „Mit Ott flott zu Gott“ nicht nur als Loblied<br />
auf die „meisterhafte Kürze“ (E. Naab) dieses Lehrbuches,<br />
sondern noch vielmehr im Hinblick auf dessen klare Katholizität<br />
im umfassendsten Sinne des Wortes verstehen: Die<br />
ganze christliche Heilslehre zerfällt nicht in ein Konglomerat<br />
unüberschaubarer, autonomer Einzeltraktate. Nein, sie wird<br />
zusammengehalten von der thomistischen Grundvorstellung,<br />
dass die heilige Lehre, das Herz der Theologie von nichts<br />
anderem zu handeln habe als von Gott in sich und von den<br />
geschaffenen Dingen, insofern sie eine Hinordnung zu Gott<br />
als ihrem Ursprung und Ziel haben:<br />
So hebt auch die Dogmatik Otts – nach den einleitenden<br />
Fragen – eben nicht mit einer Analyse des „Hörers des Wortes“<br />
(Karl Rahner), sondern ganz klassisch mit der Lehre von<br />
Gott dem Einen und Dreipersönlichen an. Ihr folgt die Lehre<br />
von Gott dem Schöpfer, wobei selbstverständlich bereits hier<br />
die Erhebung des Menschen in den Stand der Gnade thematisiert<br />
wird. Das dritte Hauptstück hat die Doktrin von Gott<br />
dem Erlöser zum Gegenstand. Daraus ergibt sich organisch<br />
die Lehre von Gott dem Heiligmacher, die sich in den Traktaten<br />
über die Gnade, die Kirche sowie die Sakramente entfaltet.<br />
Abgeschlossen wird das Manual durch die Lehre von<br />
Gott dem Vollender (Eschatologie).<br />
Auch die Einzeltraktate haben eine klare Gliederung, die<br />
nicht nur didaktisch von unschätzbarem Wert ist, sondern<br />
sich wiederum aus dem klassischen Theologieverständnis<br />
ergibt: Zunächst wird in einem auch drucktechnisch deutlich<br />
abgehobenen Lehrsatz die jeweilige Offenbarungswahrheit<br />
„auf den Punkt gebracht“, versehen mit dem theologischen<br />
Gewissheitsgrad. Zum Beispiel: „Die Inkarnation war auch<br />
unter der Voraussetzung des göttlichen Erlösungsratschlusses<br />
nicht absolut notwendig. Sent.communis.“ (265) In einem<br />
deutlich davon abgehobenen größeren Textblock wird dann<br />
genau geklärt, was der jeweilige Lehrsatz bedeutet, in welchen<br />
Verlautbarungen des Lehramtes er sich findet und welche<br />
Gegner er hat. Hier ist besonders auffällig, dass Ott in<br />
den späteren Auflagen an wichtigen Stellen – etwa in der<br />
Ekklesiologie – auch neuere Aussagen, etwa des Zweiten<br />
Vatikanischen Konzils, beachtet und organisch in seinen<br />
Gesamtentwurf einbaut. Damit zeigt er auch schon musterhaft,<br />
wie die in neuester Zeit, inzwischen auch von Rom energisch<br />
geforderte Rezeption des Konzils im Lichte der Tradition<br />
aussehen kann: Man denke an das neueste, viel beachtete,<br />
das Alberigo-Projekt scharf kritisierende Buch des römischen<br />
Kurienbischofs Agostino Marchetto! 1<br />
Es folgt die Begründung aus den Glaubensquellen, die<br />
zunächst ausführlich die Heilige Schrift, sodann vor allem die<br />
1 Cf. Guido Horst, in der Tagespost vom 25.Juni 2005: „... Da ist es eine gute<br />
Nachricht, dass der römische Kurienbischof Agostino Marchetto ein Buch mit<br />
dem Titel „Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine Gegenansicht über seine<br />
Geschichte“ veröffentlicht hat (DT vom 21. Juni), das dem nebulösen Konzils-<br />
Vätertheologie zu Worte kommen lässt. Klar davon unterschieden<br />
wird die im nächsten Abschnitt vorgetragene spekulative<br />
Entfaltung, wobei hier deutlich die Lehre des hl. Thomas<br />
Modell und Maßstab ist. Abgeschlossen wird jeder<br />
Abschnitt durch Literaturhinweise. So folgt der Verfasser<br />
konsequent der strikt dogmatischen Methode, die „von apologetischen<br />
Beweismethoden absieht und den Glaubensbesitz<br />
der Kirche aus ihrem Selbstverstehen heraus vorlegt.“ (J.<br />
Höfer) – wie daher der Tübinger Theologe Thomas Freyer<br />
urteilen kann, das ganze Lehrbuch sei von einem „apologetisch-defensiven,<br />
die Neuzeit überwiegend negativ bewertenden“<br />
Stil geprägt 2 , bleibt völlig schleierhaft und erklärt sich<br />
wohl durch dessen generelle Vorurteile gegen die Schule des<br />
hl. Thomas von Aquin.<br />
Mit den erwähnten Literaturhinweisen am Ende des Artikels<br />
haben wir den zweiten Grund, der diese Neuauflage so<br />
verdienstlich erscheinen lässt: Der Verlag hat sich nicht damit<br />
begnügt, einfach die alten Literaturhinweise wieder neu<br />
abzudrucken. Das hat er auch getan, denn Ott hatte tatsächlich<br />
mit sicherer Hand solch wertvolle Studien ausgewählt,<br />
dass sie zum allergrößten Teil nach wie vor bleibenden Wert<br />
besitzen. Ergänzend dazu hat der Verlag aber alle Quellenverweise<br />
zum „Denzinger“ auf den Stand der neuesten Auflage<br />
vom Januar 2005 gebracht (Denzinger- Hünermann) und<br />
zahlreiche Literaturnachträge mit einer bewundernswerten<br />
Sorgfalt und Treffsicherheit (im Sinne einer Auswahl dieser<br />
Literatur „im Geiste Ludwig Otts“) eingearbeitet. Dies führt<br />
dazu, dass auch jene, die vielleicht ältere Ausgaben des Lehrbuches<br />
ihr eigen nennen, nun von einer Neuanschaffung<br />
enorm profitieren können, jene die wissenschaftlich arbeiten,<br />
an einer solchen gar nicht mehr vorüber gehen dürfen. Hinzu<br />
kommt noch, dass der Drucksatz gegenüber den älteren Auflagen<br />
des Ott angemessen vergrößert und in einer angenehmeren<br />
Schrifttype gesetzt wurde, was das Lesen deutlich<br />
erleichtert.<br />
So verdienstvoll diese Neuauflage durch den jungen und<br />
doch schon in wenigen Jahren auf dem theologischen Buchmarkt<br />
wichtig gewordenen Verlag nova & vetera ist und<br />
soviel Freude es bereitet, dieses auch schön gebundene Buch<br />
in Händen zu halten, so sehr weckt es doch den Wunsch nach<br />
mehr: für eine erneute Auflage wäre sehr zu wünschen, dass<br />
das Lehrbuch – analog zu Diekamp-Jüssen oder Pohle-Gummersbach<br />
– von einem Neubearbeiter im Sinne seines Schöpfers<br />
weiter ergänzt und auch inhaltlich auf den aktuellsten<br />
Stand (Ordinatio Sacerdotalis, mit der Liturgiereform aufgekommene<br />
Fragen nach der Form der Sakramente usw.)<br />
gebracht wird. Dahinter wird freilich eine enorme, längere<br />
Zeit in Anspruch nehmende Arbeit stecken und bis dahin<br />
wird der nun in neuem Gewand strahlende Klassiker Theologen<br />
wie interessierten Laien große Dienste leisten können.<br />
geist zu Leibe rücken soll. Und dass man in Rom offensichtlich gewillt ist, mit<br />
der Verfälschung dieser bedeutenden Bischofsversammlung aufzuräumen.<br />
Immerhin waren bei der Vorstellung des Werks der Vorsitzende der Italienischen<br />
Bischofskonferenz und Papst-Vertraute Kardinal Camillo Ruini dabei<br />
sowie der ehemalige italienische Staatspräsident Francesco Cossiga und der<br />
Gründer der Gemeinschaft Sant Egidio, der Kirchenhistoriker Andrea Riccardi.<br />
Wie sagte Kardinal Ruini bei dieser Gelegenheit? Es seien immerhin<br />
drei Jahrhunderte vergangen, bis zwischen 1949 und 1975 die „ausgewogene“<br />
und „sorgfältige“ Darlegung einer anderen bedeutenden Bischofsversammlung<br />
publiziert wurde: die „Geschichte des Konzils von Trient“ des deutschen<br />
Professors Hubert Jedin. Dann hat man ja noch etwas Zeit. Jetzt aber sollte<br />
schon klar sein, dass es natürlich Entwicklungen gibt, aber das Zweite Vatikanum<br />
in der Kirchenlehre keinen Bruch zwischen einer „vorkonziliaren“ und<br />
einer „nachkonziliaren“ Zeit vollzogen hat. Diese Unterscheidung taugt nicht<br />
für inhaltliche Debatten. Am besten wäre es, man würde sie nie wieder hören.”<br />
2<br />
Michael Eckert u. a. (Hrsg.), Lexikon der theologischen Werke, Stuttgart<br />
2003, 360.<br />
– 539 – – 540 –<br />
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