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Die „Elefantenpfl<br />
egerin“ –<br />
Sonja Kratzke<br />
Björn Encke<br />
Fast jedes Unternehmen mit Tradition verfügt in den<br />
Reihen seiner Mitarbeiter über sogenannte Urgesteine –<br />
Kollegen, die seit vielen Jahren dabei sind, den Aufbau<br />
und die Entwicklung des Betriebes miterlebt und mitgeprägt<br />
haben. Sonja Kratzke ist das wohl bekannteste<br />
aktive „Urgestein“ des <strong>Magdeburg</strong>er <strong>Zoo</strong>s – und eines<br />
seiner markantesten obendrein.<br />
Als gelernte Geflügelwirtin trat sie am 1.9.1966 ihren<br />
Dienst als Tierpflegerin an, die Prüfung zum <strong>Zoo</strong>tierpfleger<br />
folgte einige Jahre später. Schon bald entdeckte<br />
sie im Umgang mit den in <strong>Magdeburg</strong> geborenen Schimpansenmännern<br />
Robi, Gando und Demu ihre Liebe zu<br />
den Menschenaffen, es sollte jedoch 20 Jahre dauern,<br />
bis sie als dann verantwortliche Revierleiterin bei den<br />
Menschenaffen ihre Erfüllung finden sollte. Zunächst<br />
unterbrachen Schwangerschaft und Babypause ihre berufliche<br />
Laufbahn, ohne freilich die Nähe zum <strong>Zoo</strong> zu<br />
verlieren – schließlich lebte sie mit ihrem Mann, dem<br />
langjährigen <strong>Zoo</strong>tierinspektor Ortwin Kratzke bis 2010<br />
direkt auf dem Gelände, nur einen Steinwurf weit entfernt<br />
von „ihrem“ Revier im Norden des <strong>Zoo</strong>s. Luchse, Adler<br />
und auch die europäischen Wildkatzen gehörten dazu.<br />
Als 1985 der <strong>Zoo</strong> einen Findlingswurf dieser seltenen<br />
und äußerst scheuen einheimischen Raubkatze aus dem<br />
Harz erhielt, war es Sonja Kratzke, die mit Hilfe einer<br />
Katzenamme die fünf Welpen aufzog. Mit ihnen gelang<br />
der Durchbruch bei der Zucht; zahlreiche Nachkommen<br />
Die glücklichste Zeit. Sonja Kratzke mit der jungen Nana in ihrem „Fahrzeug“<br />
beim <strong>Zoo</strong>spaziergang, 1988<br />
Sonja Kratzke mit jungen Wildkatzen, 1985<br />
PORTRAIT<br />
der <strong>Magdeburg</strong>er Wildkatzen konnten im Laufe der Jahre<br />
wieder ausgewildert werden.<br />
Dieser Erfolg konnte Sonja Kratzke nicht davon abhalten,<br />
ihren Traum von den Menschenaffen zu verwirklichen.<br />
Die Gelegenheit bot sich 1987 – im Jahr zuvor waren<br />
Robi, Gando und Demu abgegeben worden. Das völlig<br />
überalterte Affenhaus war keine zumutbare Unterkunft<br />
für erwachsene Schimpansenmänner. Die tiergärtnerische<br />
Entscheidung, auf die Haltung von Menschenaffen zu<br />
verzichten, wurde von der Öffentlichkeit jedoch keineswegs<br />
akzeptiert. Schließlich gab die Direktion dem<br />
Druck nach und übernahm das im niederländischen<br />
Rhenen geborene anderthalb-jährige Schimpansenweibchen<br />
Nana. Da sich die vormalige „Affenmutter“<br />
Bärbel Engelhardt zu dieser Zeit selbst in Mutterschutz<br />
befand, war der Weg frei für Sonja Kratzke. Nana war<br />
noch ein Kind, nach drei Monaten bei der völlig überforderten<br />
Mutter hatten die holländischen Kollegen sie<br />
in die Handaufzucht überführen müssen. Um der jungen<br />
Schimpansendame eine möglichst gute Eingewöhnung<br />
zuteil werden zu lassen, stellte der damalige Direktor<br />
Wolfgang Puschmann Sonja Kratzke von allen übrigen<br />
Aufgaben frei, einziger Auftrag: die Pflege von Nana.<br />
Was folgte, war die glücklichste Zeit ihres Berufslebens.<br />
Die Tage vergingen mit Spaziergängen und Spiel mit der<br />
heranwachsenden Nana, am Abend wachte Sonja Kratzke<br />
an ihrem Schlafplatz im alten Affenhaus, bis die Kleine<br />
eingeschlafen war. „Kaum dachte man, jetzt schläft sie,<br />
und wollte sich ganz leise zurückziehen, hob sie den<br />
Kopf und protestierte. Wie bei einem Kleinkind am Bett<br />
saß ich oft Stunden lang, bis ich nach Hause konnte.“<br />
Zwei Jahre nach Nana kam Wubbo, ein 4-jähriger Schimpansenmann<br />
mit einer traumatischen Kindheit. „Wubbo<br />
kam aus der AIDS-Forschung, ohne Schneidezähne,<br />
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