Paraplegiker 2/2010
Paraplegiker 2/2010
Paraplegiker 2/2010
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Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070 2/<strong>2010</strong><br />
28. Jahrgang<br />
Vereint<br />
mit
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Schmierenjournalismus<br />
Kollegenschelte ist an sich nicht unsere<br />
Art. Nur was sich die Herren von der Illustrierten<br />
„stern“ da mal wieder geleistet<br />
haben, kann nicht unwidersprochen<br />
bleiben. PARA-Autor Ralf Kirchhoff hat<br />
bei „stern TV“ einen Beitrag gesehen,<br />
der ihm zu recht die Zornesröte ins<br />
Gesicht trieb. Da geben wir uns seit<br />
Jahrzehnten Mühe, frisch von Querschnittlähmung<br />
Betroffenen und vor<br />
allem ihren zutiefst verunsicherten Angehörigen zu<br />
vermitteln, dass sie erstens nach gewisser Zeit die Tatsache<br />
einer Behinderung akzeptieren müssen, mit der<br />
man zweitens durchaus ein erfülltes Leben haben kann.<br />
Immer wieder wurde in der Vergangenheit in besagtem<br />
Blatt die ewig gestrige Propagandalüge vom unwerten<br />
Leben hervorgekramt in Geschichten mit dem Tenor:<br />
„Ich bin vom Hals ab gelähmt, aber man lässt mich nicht<br />
sterben.“ Dieses Geseiere auf Boulevard-Niveau macht<br />
vieles zunichte, was Jahre der Rehabilitations- und Integrationsbemühungen<br />
aufgebaut haben.<br />
Diesmal zerdepperte der unbedarfte Herr Jauch anderes<br />
Geschirr. Star der Sendung war einer dieser Oberschlauen,<br />
die glauben das Glück einer inkompletten,<br />
mit modernsten Mitteln weitgehend wieder rückgängig<br />
gemachten Querschnittlähmung sei der eigene<br />
Verdienst, schließlich habe man so einen unglaublichen<br />
Willen gehabt den Rollstuhl wieder zu verlassen. Und<br />
weiter: Wer drin hocken bleibe, sei selbst schuld. Einmal<br />
ganz ohne Ironie: Wer das glaubt, hat nichts verstanden.<br />
An einer kompletten Schädigung des Rückenmarks ist<br />
nachträglich nichts zu verbessern, an manchen nicht<br />
vollständigen Verletzungen hingegen mit operativen<br />
und medikamentösen Mitteln durchaus, gerade zeitnah.<br />
Wie viel Verwirrung wird da in der Öffentlichkeit und bei<br />
den verunsicherten Angehörigen gestiftet. Sucht Euch<br />
einen anderen Quatsch für Euer nutzloses Fernsehformat<br />
– und lasst uns in Ruhe!<br />
Der gedruckte stern ist offenbar auch ein behindertenfeindliches<br />
Kampfblatt geblieben. In der diesjährigen Nr.<br />
18 auf Seite 50 muss sich Hans-Ulrich Jörges mal wieder<br />
beweisen, dass er weiß, was in Berlin passiert. Diesmal<br />
ABOTELEFON (0 62 43) 900 704<br />
ging es um Finanzminister Dr. Wolfgang<br />
Schäuble. Ich weiß, der ist in unseren<br />
Kreisen nicht beliebt, zu kühl und zu privilegiert.<br />
Aber darum geht es hier nicht.<br />
Dieser Herr Jörges lässt sich zu dem Satz<br />
hinreißen: „Ein Krüppel als Finanzminister<br />
in großer Krise?“ und nur der Zusatz<br />
„…fragen nun andere“ (Wer denn eigentlich,<br />
Sie Schreiberling?) macht eine<br />
Anzeige wegen Diskriminierung leider<br />
wenig aussichtsreich. Lassen Sie das,<br />
Herr Jörges! Wenn sich selbstbewusste<br />
Behinderte als „Krüppel“ bezeichnen ist das deren Sache.<br />
Wenn Sie das machen, wenn Sie dann auch noch<br />
Behinderung gleichsetzen mit Unzuverlässigkeit und<br />
Schwäche, grenzt das an Volksverhetzung.<br />
Nachsatz: Dass sich der 67 jährige Schäuble kurz danach<br />
von seinen gesundheitlichen Problemen gut erholt<br />
präsentierte, überraschte nicht. Dass der Ex-Oberlinke<br />
Lafontaine ihn persönlich verteidigte (damals auch<br />
Attentatsopfer), finde ich aller Ehren wert. Dass der Finanzminister<br />
die Bedenken wegen seiner Gesundheit<br />
als „legitim“ bezeichnet ist seine Sache. Dass Herr Jörges<br />
keine Ahnung hat, zeigt auch die Tatsache, dass der von<br />
ihm als Schäuble-Nachfolger ins Gespräch gebrachte<br />
Roland Koch gerade die politische Bühne verlässt.<br />
Wir werden uns vom Boulevard-Schmierenjournalismus<br />
nicht den Mut nehmen lassen. Setzen auch Sie sich mit<br />
uns über die eigene Betroffenheit hinaus für die Rechte<br />
und Bedürfnisse behinderter Menschen ein. Und – bleiben<br />
Sie uns gewogen, nur zusammen sind wir stark.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Ihr<br />
P.S. Milan Kadlec von der AG „Ambulante Dienste“ benötigt<br />
für ein Internet-Projekt, in dem verschiedene<br />
Abläufe über Hilfestellungen im Alltag (Umgang mit<br />
Rollstühlen, Lagerung, Mahlzeiten zubereiten usw.) fotografisch<br />
dargestellt werden sollen die Unterstützung<br />
von behinderten Menschen. Kontakt siehe S. 65.<br />
editorial<br />
PARAPLEGIKER 2/10 3
inhalt<br />
4<br />
editorial<br />
3 Schmierenjournalismus<br />
6<br />
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12<br />
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forum<br />
Christian Holz:<br />
Überflüssig<br />
Ulrike und Heinz Reichardt:<br />
Hauptstädtische Erfahrungen<br />
glosse<br />
Dummes Zeug aus dem Flachbild-TV:<br />
Geständnis eines faulen Hundes<br />
kultur<br />
Karikaturen von Barbara Früchtel<br />
Theater ohne Hindernisse:<br />
„Holpersteine“ kommen ins Rollen<br />
Karikaturen von Philipp Hubbe in Heidelberg<br />
Gefesselt und geknebelt<br />
menschen<br />
Gülay Acar:<br />
„Die Behinderung gehört zu mir“<br />
Mathias:<br />
Nach dem Zeckenbiss im Rollstuhl?<br />
Mit Lebensmut und Kompetenz:<br />
Claudia Dässel ist eine optimistische Frau<br />
Mit mobilem Sanitätshaus zum Kunden:<br />
Josef Dobler<br />
bericht<br />
Bundesliga-Stadien:<br />
Zu wenig Platz für Fans im Rollstuhl<br />
Abmeldungen bei betreutem Wohnen:<br />
Selbstständigkeit durch Zuzahlungszwang?<br />
medizin<br />
Stomaträger im Internet:<br />
Selbsthilfe einmal anders<br />
Phantomschmerzen:<br />
Training und Medikamente<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Seite 16<br />
Seite 26<br />
Seite 30<br />
Seite 12
Seite 58<br />
Seite 48<br />
Seite 42<br />
Seite 54<br />
29<br />
30<br />
33<br />
34<br />
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54<br />
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62<br />
63<br />
65<br />
66<br />
q – querschnitt spezial<br />
Das silberne Spar-Schwein:<br />
Provision für Kürzungen?!<br />
BG Klinik Bergmannstrost in Halle/Saale:<br />
Moderne Medizin im Wandel der Zeit<br />
<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-<br />
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Der „Brindley Stimulator“?<br />
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Praktische Eleganz<br />
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Bauen-wohnen-renovieren:<br />
Alle Türen offen?<br />
Neuer Hebelantrieb für Aktivrollstühle<br />
Gesunde Haut – wichtig bei MS<br />
Schwenklift hilft beim Baden<br />
10. cSc capp Sport cup<br />
hilfsmittel<br />
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Das Beste aus zwei Welten<br />
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Behindertengerechtes Wohnen –<br />
Berechnungsmethoden für<br />
Schadensersatzforderungen (2)<br />
Kosten für Umbauten<br />
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Titelfoto: Ulli Freitag<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
inhalt inhalt<br />
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forum<br />
6<br />
Christian Holz:<br />
Überflüssig<br />
Das Anliegen des Autors der Satire<br />
im Heft 1/<strong>2010</strong> ist m. E. das Luxusproblem<br />
eines Sensibelchens.<br />
Wer mit dieser Absurdität den Bundestag<br />
beschäftigen will, also nach<br />
Gesetzen kräht, leidet einfach an<br />
einer Sonderform des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms,<br />
hat vulgo Langeweile<br />
und keine Ansprache.<br />
Dass viele Äußerungen der Kommunikation eine (Sexual-)<br />
Zweitbedeutung haben, ist ja nun nichts Neues und trifft<br />
nicht nur (und schon gar nicht zu deren Diskriminierung<br />
und Sexualausbeutung (Stichwort: Williges Spiegelbild) ) die<br />
Spastis, sondern auch die Nichtis. Seit geraumer Zeit können<br />
ja auch die Nichtis nicht mehr fragen: „Wann kommen Sie<br />
denn endlich?“, ohne ein Kichern zu erzeugen und auf die Frage,<br />
wie viele Eier sie habe, müsste jede junge Frau antworten:<br />
„Schätzungsweise 500.“<br />
Da nun aber allen klar ist, dass sich die Eierfrage an der Kasse<br />
nicht auf die Fortpflanzung der Menschen, sondern auf das<br />
per Selbstbedienung bemessene Lebensmittelquantum bezieht,<br />
lässt man halt vernünftigerweise die Sexualbedeutung<br />
beiseite, damit man die Kassiererin nicht nervt und auch keinen<br />
Stau erzeugt. Die Kassiererin stellt diese zur Beschleunigung<br />
des Ablaufs verkürzte Frage schließlich x Mal täglich.<br />
Fordern wir jetzt von den Nichtis auch noch zu prüfen, dass<br />
ihre für einen Spasti bestimmte Aussage nur ja keine (Sexual-)<br />
Zweitbedeutung enthält, können wir auch gleich wieder<br />
von vorn anfangen den Nichtis die Sorge, uns mit Fragen wie<br />
„Gehen Sie heim?“ doch sicher zu misshandeln, zu nehmen.<br />
Ich rate daher dem Autoren dieser überflüssigen Lautäußerung,<br />
sich nach tagfüllender Tätigkeit umzuschauen, dadurch<br />
konzentriert man sich nämlich sehr schnell wieder aufs Wesentliche.<br />
(Anm.d.Red.: Eigentlich darf die Satire nach Tucholsky alles.<br />
Ob sie Wesentliches behandelt ist im Einzelfall Geschmackssache.<br />
Fest steht allerdings, dass sie es nicht ernst meint. Das<br />
liegt in ihrer Natur…)<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Ulrike und Heinz Reichardt:<br />
Hauptstädtische<br />
Erfahrungen<br />
Seit der Wende bestaunen wir vor dem<br />
Fernsehgerät das Werden und Wachsen<br />
unserer Hauptstadt Berlin. Es entstand<br />
ein Wissens- und Erlebnisdefizit. Das<br />
bezahlbare, rollstuhlgerechte Hotel mit<br />
hilfsbereitem, kompetentem Personal<br />
(„Mit Mensch“) fand sich in Karlshorst.<br />
Die heutigen Navis sind schon Zauberdinger. Ziel einprogrammieren<br />
und ab geht es. Überhaupt nix geht mehr, wenn der<br />
Fall eintreten sollte, dass am Stadtrand von Berlin das Navigationssystem<br />
plötzlich die Kommunikation verweigert und auf<br />
Bildschirmfarbe Schwarz schaltet. Die Frau am Steuer schaltet<br />
ebenso schnell von ruhiger Gelassenheit auf Sturm um. Jeder<br />
erfahrene Ehemann weiß, dass man sich in solchen Situationen<br />
dem Zentrum des Taifuns am besten nicht nähert.<br />
Schuld waren ganz sicher die Russen, Türken oder Chinesen,<br />
die so ein Pfuschgerät von ausgebeuteten indischen Kindern<br />
in der Tschechei zusammenkleben lassen. „Hosianna“ kann<br />
derjenige ausrufen, der noch einen alten Autoatlas im Wagen<br />
mitführt. Wie so oft im Leben ist eine Standortbestimmung<br />
hilfreich. „Wo sin mer denn? Straßennamen? Das gerade<br />
überquerte Gewässer kann nur die Spree gewesen sein!<br />
Frisch auf! Wo wir sind, sind wir richtig! Nach einer Wende,<br />
einem Rösselsprung mit anschließender Rochade und schon<br />
standen wir vor unserem Hotel. Die Parkplatzsuche erwähne<br />
ich nicht einmal am Rande.<br />
Zum Abendessen hatte der Herbergsvater einen Griechen<br />
empfohlen. Auf dem Rückweg sollten wir nicht versäumen,<br />
beim Italiener einen Absacker einzunehmen. Der gute Mann<br />
hatte recht. Berlin kann so schön sein.<br />
Zum Kennenlernen buchten wir für den nächsten Tag eine<br />
dreistündige Fahrt kreuz und quer durch die Metropole. Die<br />
Veranstaltung war sehr individuell. Wir waren zu dritt. Meine<br />
Gute, ich und der Reiseführerfahrer. Seit der Wende ist kolossal<br />
viel aufgebaut worden. Außer dem Reichstag liegen fast<br />
alle Großartigkeiten im Osten. Von 1977-1979 hatte ich dort<br />
in der Nähe zu tun, somit war ein Vergleich möglich. Ihr könnt<br />
hoffentlich nachvollziehen, dass meine Chauffeurin bei den<br />
Berliner Verkehrs- und Parkbedingungen keine große Lust<br />
verspürte, eine Safari um und durch die hauptstädtischen<br />
Straßenbaustellen zu veranstalten.
Unsere Hauptstadt sei behindertenfreundlich. Überall fanden<br />
wir die blauen Aufkleber mit dem Rollstuhlsymbol. Dass<br />
dieses nichts weiter zu bedeuten hat, lernten wir in Bälde. Mit<br />
S-, U- und Straßenbahn käme man überall hin...<br />
Straßenbahn fällt für E- Rollifahrer ganz weg. U-Bahn fuhr<br />
nicht dahin, wo wir hinwollten, deshalb keine Aussage zur<br />
Rollitauglichkeit. Aus den S-Bahn-Plänen ist zu entnehmen,<br />
welche Strecken und Bahnhöfe für Rollstühle geeignet sein<br />
sollen. Sollen! Ein funktionierender Aufzug ist Grundvoraussetzung.<br />
Es stellte sich heraus, dass hauptstädtische Bahnhoflifte<br />
offenbar das Hauptziel ansässiger Vandalen sind. Im System<br />
des Zu- und Umsteigens zur Zielerreichung sind zwei zerstörte<br />
Fahrstühle der Supergau. Beispiel: die Anschluss- S-Bahn<br />
fährt vom Nachbarbahnsteig. Eigentlich ganz einfach: Runter<br />
– rüber – hoch. Dazu braucht es zwei Fahrstühle. Sollte das wie<br />
erlebt nicht möglich sein, fährt man seiner S-Bahn entgegen<br />
bis zu einem Bahnhof mit intakten Liftanlagen. Sollte das in<br />
praxi nicht möglich sein, dann hilft nur, sich ein ganz anderes<br />
Ziel herauszusuchen. Es muss ja nicht unbedingt das KaDeWe<br />
sein. Die Hackeschen Märkte sollen auch ganz schön sein.<br />
Leider waren bei der herrschenden Nieselregen-Wetterlage<br />
keine ausgedehnten Rollstuhlkilometer möglich. Weiter zur<br />
S-Bahn! Die Toleranz beim Übergang Bahnsteigkante zu Waggonboden<br />
kann unmöglich im Zentimeterbereich gemessen<br />
worden sein. 0,3 m müssen in der Horizontalen überwunden<br />
werden. 0,2 m in der Vertikalen, nach oben wie nach unten<br />
stellen für einen austrainierten, einheimischen S-Bahn-Sportler<br />
kein unüberwindliches Hindernis dar. Elektrorollstühle<br />
brauchen dazu mindestens drei Helfer!! Wen Horrorszenarien<br />
nicht abschrecken, der braucht sich nur vorzustellen, was abgeht,<br />
wenn versucht wird, einen Elektrorollstuhl in ein schon<br />
völlig überfülltes Abteil zu bugsieren. Zusammenfassung:<br />
Auch die S-Bahn ist für Elektrorollstühle nicht benutzbar!<br />
Ein zum Rollstuhltransport geeignetes Taxi ließ sich auftreiben.<br />
Die Fahrt von Karlshorst ins Zentrum kostet 30 €. Also: Entweder<br />
die 60 € täglichen Transport bei der Reisekostenplanung<br />
berücksichtigen oder ein Hotel in Zentrumsnähe suchen.<br />
Positiver Höhepunkt in Programm, Qualität, Ausstattung und<br />
Service war der Friedrichstadtpalast. Endlich fanden wir das<br />
gesuchte hauptstädtische Flair.<br />
Fazit: E-Rollstuhlfahrer können bei einem Hauptstadtbesuch<br />
viele öffentliche Verkehrsmittel in ihrem derzeitigen Zustand<br />
nicht benutzen!<br />
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Immer wieder kommt es vor, dass uns die Post den<br />
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auch kostenintensive Nachforschungen, die nicht selten als<br />
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glosse<br />
8<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Dummes Zeug aus dem Flachbild-TV:<br />
Geständnis<br />
eines faulen Hundes<br />
Die Redaktion warnt: Der folgende Beitrag ist ironisch gemeint, das heißt unser<br />
Autor macht sich lustig über das saudumme Geschwätz, das ihm aus dem Fernsehkasten<br />
entgegen plärrte. In Wirklichkeit ist das ein trauriger Vorgang, schließlich<br />
werden durch derart fragwürdige Beiträge zu einem sensiblen Thema wieder einmal<br />
große Schäden angerichtet, hier vor allem bei den oft verzweifelten Angehörigen<br />
von frisch Querschnittgelähmten. Sich über Schmierenjournalismus ernsthaft<br />
aufzuregen bringt aber nichts. Verzeihen Sie uns also unseren Sarkasmus…<br />
Ja, ich gestehe: Ich war ein fauler Hund. Ich habe<br />
aus meinen Möglichkeiten nichts gemacht. Dabei<br />
hatte ich so viel Potential. Ich bin sensibel inkomplett.<br />
Das bedeutet, dass mein Rückenmark nicht<br />
vollständig durch den Fleischwolf gedreht war, als<br />
ich in der Querschnittklinik aufgewacht bin. Dass da<br />
mehr gelaufen wäre, hätte ich mir vor 30 Jahren nur<br />
einfach mehr Mühe gegeben – ja, das habe ich erst<br />
jetzt bei „stern TV“ erfahren.<br />
Bei Günther Jauch saß nämlich die geballte Kompetenz<br />
der „Bergeversetzer“. Zum einen der inkomplette<br />
Ex-Journalist, der inzwischen Weinberge<br />
hochläuft, um seinem Ziel, einen Dreitausender<br />
zu besteigen, näher zu kommen. Hauptmessage:<br />
Man muss den Rollstuhl nur hassen, man darf sich<br />
nicht damit abfinden sitzen zu bleiben. Vielleicht<br />
war das mein Fehler. Ich mochte meinen Rollstuhl,<br />
einen Sopur Ideal 1. Ich machte trotz sechs Monate<br />
Schulpause mein Abi ohne sitzen zu bleiben. Die<br />
Welt stand mir offen. Ich konnte studieren und hatte<br />
meine erste Freundin. Wie konnte ich mich nur so<br />
gehen lassen mit diesem profanen Zeittotschlagen.<br />
Schinderhannes<br />
Nicht so der engagierte Studiogast. Er übte jeden<br />
Tag mehrere Stunden. Er fährt dreimal im Jahr mehrere<br />
Wochen zur Kur. Einmal zahlt die Krankenkasse<br />
nur, aber was zählt schon Geld. Zumindest das<br />
habe ich mit ihm gemeinsam. Auch ich übte jeden<br />
Tag mit meinem privat bezahlten „Schinderhannes“.<br />
Fünf Jahre lang, aber mit welch mickrigem Erfolg<br />
gegenüber dem Studiovorbild. Nach einem Jahr<br />
Schinderei fragte ich mal nach, wann ich denn mal<br />
Laufübungen machen könnte im Gehbarren, um<br />
mich vorzubereiten auf das Gehen mit Schienenhülsenapparaten.<br />
„Wie willst du denn die Gehstützen<br />
mit deinen Tetrahänden festhalten?“ war die niederschmetternde<br />
Gegenfrage, und wie das funktionieren<br />
sollte ohne Bauch und Rückenmuskulatur?<br />
Wenn ich damals schon gewusst hätte, dass das die<br />
billigen Ausreden eines unengagierten Querschnitt-<br />
Fachidioten waren! Der wahre Experte saß nun hier<br />
bei stern TV. Ein Sportarzt, kein Rückenmarksexperte.<br />
Er erklärte Günther Jauch die Chancen und Möglichkeiten<br />
inkompletter Querschnitte. Ach so, in ein<br />
Sportzentrum hätte ich damals gehört. Nicht zu den<br />
durch die tägliche Praxis desillusionierten Fachleuten.<br />
Hochmotivierte Fachidioten hätten alles aus<br />
mir rausgekitzelt. Gut, da hätte mir keiner erklären<br />
können wie man als Gelähmter seinen Rollstuhl ins<br />
Auto verlädt. Aber wozu auch wenn man am Ende<br />
keinen braucht.<br />
Aus eigener Kraft gesprungen<br />
Die Jauch-Studiotür geht auf. Herein kommt ein weiterer<br />
inkompletter Querschnitt. Ich hätte mir „Eye of<br />
the Tiger“ gewünscht, um die sportliche Leistung<br />
dieses Mannes zu inszenieren. Gestützt auf einen<br />
Rollator und ein Schienenhülsenteil einbeinig, hinkte<br />
er zu seinem Sitzmöbel. Eine kurze Werbepause<br />
hätte der Sendung hier gut getan, denn der Weg bis<br />
zum Sessel ist lang und die Geschwindigkeit nicht
groß. Endlich lässt er sich in die Jauch-Sitzgruppe<br />
fallen. Blitzschnell rollt der Moderator den Rollator<br />
aus dem Blickfeld. Wahrscheinlich muss man auch<br />
seinen Rollator hassen, um wirklichen Willen zu entwickeln.<br />
350 Meter schafft er schon ohne Pause. Großer Applaus.<br />
Das will er demnächst auch ohne Rollator,<br />
nur mit Gehstützen erreichen. Ich desillusionierter<br />
Krüppel überlege, dass das fast schon reicht, um bei<br />
mir bis zum Kiosk zu kommen. Nur wie will er das<br />
Bier transportieren. Und wo verstaut er das Leergut?<br />
Ein Rucksack vielleicht? Oder ein Umhängefass wie<br />
beim Bernhardiner Rettungshund für in Bergnot geratene?<br />
Bei meinem ersten Kuraufenthalt in einer renommierten<br />
Reha-Querschnittklinik gab es eine strenge<br />
Hierarchie. Da gab es einen, der nur mit dem Kopf<br />
wackeln konnte. Er beneidete den, der noch die<br />
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BEHINDERTENGERECHTE FAHRZEUGUMBAUTEN<br />
Arme schlenkern konnte. Der mit den schlenkernden<br />
Armen beneidete den, der die Finger ein bisschen<br />
bewegen konnte. Dieser wiederum beneidete den<br />
ganz normalen Para. Am Ende der Neidkette stand<br />
der König der Klinik. Einer, der auf zwei Gehstützen<br />
lief. Recht flott sogar. Ein Italiener, glaube ich. Er<br />
ackerte wie blöde. Jeden Tag, morgens und abends.<br />
Wir hätten alle gerne mit ihm getauscht. Eines Morgens<br />
waren alle Ausgänge ins hintere Klinikgelände<br />
gesperrt. Der Italiener hatte es geschafft. Er war<br />
ganz oben auf dem Dach, aus eigener Kraft, über das<br />
hohe Geländer geklettert. Hatte ohne Rollstuhl die<br />
restlichen Meter geschafft und war gesprungen.<br />
Wahrscheinlich hatte er sogar die Gehstützen gehasst…<br />
Text: Ralf Kirchhoff<br />
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kultur<br />
Karikaturen<br />
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10<br />
PARAPLEGIKER 2/10
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die aus ihrer Stimme spricht, auch wenn<br />
diese mitunter durch die Spasmen, die ihren<br />
Körper schütteln, an Volumen verliert?<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
„Die Behinderung<br />
gehört zu mir“<br />
D<br />
ie 38-Jährige türkische Psychologin<br />
Gülay Acar sitzt im Schneidersitz<br />
in ihrem Rollstuhl. Ihre Arme sind an den<br />
Armlehnen festgebunden, damit sie nicht<br />
unkontrolliert in irgendeine Richtung schießen.<br />
Anna, ihre Assistentin, reicht ihr den<br />
Milchkaffee, von dem sie ein paar Schlucke<br />
mit dem Strohhalm trinkt. Dann erzählt sie:<br />
von ihrer Kindheit in einer türkischen Familie<br />
mit traditionellen Wertvorstellungen, von ihrer<br />
schwierigen schulischen und beruflichen<br />
Entwicklung und von ihrem ständigen Kampf<br />
um Akzeptanz.<br />
Gülay wird mit einer Infantilen Cerebralparese<br />
in der Türkei geboren. Mit sechs Monaten<br />
holt der Vater, der Gastarbeiter in Deutschland<br />
ist, die Familie – seine Frau, seine zwei<br />
Töchter und seinen Sohn – nach Essen. Hier<br />
wird Gülay in der Hoffnung auf Heilung von<br />
einem Wunderheiler zum anderen gebracht.<br />
Doch Heilung gibt es nicht. „Der Gedanke der<br />
Schuld wurde zu Hause immer wieder thematisiert.<br />
Meine Eltern waren davon überzeugt,<br />
dass Behinderung etwas Schlechtes, eine Art<br />
göttliche Bestrafung sei. Als Kind habe ich mit<br />
dieser Sichtweise gehadert und es hat meine<br />
Entwicklung gebremst“, erklärt Gülay, warum<br />
es so schwierig war, ein eigenes Selbstbewusstsein<br />
aufzubauen. Am meisten habe es<br />
sie verletzt, dass die Heiler behauptet hätten,<br />
dass sie auch nichts ausrichten könnten,<br />
wenn das Kind nicht an Heilung glaube. Als<br />
sie in die Pubertät kommt, rät sie ihren Eltern:<br />
„Spart euch das Geld.“<br />
Das Mädchen wird bis zur 10. Klasse als lernbehindert<br />
eingestuft und besucht die Sonderschule<br />
in Essen. Hier lernt sie vor allem<br />
zusammen mit geistig- und lernbehinderten<br />
Kindern, erhält keine spezielle Förderung<br />
– weder in Mathematik, Deutsch noch Englisch.<br />
Sie macht zunächst den qualifizierten
Hauptschulabschluss. Doch ihre nur ein Jahr<br />
ältere Schwester bestärkt sie immer wieder:<br />
„Gülay, du bist nicht lernbehindert.“ Zu Hause<br />
lernt sie den Stoff, den ihre Schwester an der<br />
Realschule vermittelt bekommt, sie begreift<br />
schnell und hat großen Spaß daran. Und sie<br />
weiß: Sie will nicht in einer Werkstatt für Menschen<br />
mit Behinderung landen.<br />
Bildungsweg mit Barrieren<br />
So stellt sie beim Kultusministerium einen Antrag<br />
auf Weiterbeschulung. Die Lehrer an der<br />
Sonderschule raten ihr ab: „Gülay, das schaffst<br />
du nicht!“ Doch Gülay lässt sich nicht beirren.<br />
Um ihre Kenntnisse zu verbessern, besucht<br />
sie aus eigenem Antrieb heraus dreimal in<br />
der Woche die Volkshochschule. Das ist äußerst<br />
anstrengend und ohne die Schwester,<br />
die sie immer begleitet, gar nicht möglich. Sie<br />
holt an einer Kölner Realschule die Mittlere<br />
Reife nach – allerdings erst im dritten Anlauf,<br />
denn sie hat in den ganzen Schuljahren zu<br />
viel versäumt, um sofort die Qualifikation für<br />
die Oberstufe zu bekommen. Doch es gelingt<br />
ihr. Das Abitur schafft sie gleich im ersten Versuch.<br />
Gülay ist inzwischen schon 26 und beginnt<br />
sofort mit dem Psychologiestudium. Sie will<br />
einen Beruf, in dem man viel zuhören und<br />
reden kann, in dem man möglichst nicht<br />
schreiben muss. All diese praktischen Dinge,<br />
die sie selbst nicht ausführen kann, erledigen<br />
ihre sieben Assistentinnen abwechselnd in<br />
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<br />
einem 24-Stunden-Rhythmus: Körperpflege,<br />
Einkaufen, Essen zubereiten. Nur durch diese<br />
Assistenz ist es ihr möglich, in einer eigenen<br />
Wohnung zu leben. Auch beim Studium und<br />
in der Arbeit benötigt sie Unterstützung: zum<br />
Beispiel beim Schreiben auf dem Computer.<br />
2004 wird sie mit ihrem Studium fertig. Doch<br />
ihre Behinderung erweist sich als großes<br />
Problem bei dem Versuch<br />
eine Stelle zu bekommen.<br />
Für viele scheint es nicht<br />
vorstellbar zu sein, dass<br />
in einem Körper mit einer<br />
deutlich sichtbaren Behinderung<br />
ein intelligenter<br />
Geist stecken kann. Niemand<br />
traut ihr wirklich zu<br />
als Psychologin arbeiten zu<br />
können. Um sich dennoch<br />
praktische Erfahrungen<br />
anzueignen, arbeitet sie<br />
ehrenamtlich sowohl in<br />
Vereinen als auch an einer<br />
Integrativen Gesamtschule<br />
als psychologische Beraterin.<br />
2008 endlich bekommt sie die Möglichkeit,<br />
ein Praktikum in einem Krankenhaus zu absolvieren.<br />
Aber wenn es darum geht, die Praktikumsstelle<br />
in eine feste Stelle umzuwandeln,<br />
steht immer die Frage im Vordergrund, wie<br />
wohl die Patienten auf ihre schwere Behinderung<br />
reagieren. Ob man sie als Psychologin<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
2004 wird sie<br />
mit ihrem Studium<br />
fertig.<br />
Doch ihre Behinderung<br />
erweist<br />
sich als großes<br />
Problem bei<br />
dem Versuch<br />
eine Stelle zu<br />
bekommen.<br />
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zu Hilfe. Ein Therapeut wird krank und Gülay<br />
muss ihn vertreten. „Mein Chef hat schnell gemerkt,<br />
dass die Patienten sich bei mir aufgehoben<br />
fühlen.“<br />
Erfahrungsschatz<br />
Sie bekommt eine halbe feste Stelle. Ihr wird<br />
die Leitung einer Depressionsgruppe übertragen,<br />
in der die Patienten lernen sollen,<br />
bewusster und selbstsicherer durchs Leben<br />
zu gehen. „Ich versuche, Menschen mit psychischen<br />
Beeinträchtigungen meinen Erfahrungsschatz<br />
nahe zu bringen, wie man mit<br />
einer Behinderung lebt. Man kann nicht die<br />
Gesellschaft ändern, sondern nur seine eigene<br />
Sichtweise. Man muss versuchen, dazuzugehören<br />
und den anderen die Angst vor dem<br />
Anderssein zu nehmen.“<br />
Dass das für sie selbst nicht immer einfach ist<br />
und enorm viel Kraft erfordert, verschweigt<br />
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sie nicht. „Ich bin nicht immer selbstbewusst.<br />
Manchmal bin ich traurig. Ich weiß aber inzwischen<br />
ziemlich genau, wer ich bin. Ich<br />
merke, ich muss viel über meine Grenzen<br />
gehen, Stärke zeigen, um anerkannt zu werden.“<br />
Dabei gibt es immer wieder Situationen,<br />
in denen sie auf Ablehnung stößt. „Das<br />
sind Momente, in denen ich mich nicht ernst<br />
genommen fühle, in denen man mir nichts<br />
zutraut. Wenn man zum Beispiel über meine<br />
Assistentinnen kommuniziert anstatt direkt<br />
mit mir. Im Privaten lass ich das inzwischen<br />
mitunter so stehen, ich bin dann einfach zu<br />
erschöpft. Im Arbeitsleben aber weise ich<br />
immer darauf hin, dass ICH die Psychologin<br />
bin.“<br />
Der Erstkontakt mit den Patienten, so berichtet<br />
sie, sei natürlich sehr unterschiedlich,<br />
manchmal verkrampft, manchmal aber auch<br />
locker. Auffallend sei, dass gerade türkische<br />
männliche Patienten mitunter total verblüfft<br />
seien, einer Psychologin mit einer Behinderung<br />
gegenüber zu sitzen, die Türkin sei und<br />
– hier in Deutschland - sogar Türkisch spreche.<br />
„Sie geben mir mitunter das Gefühl, dass<br />
sie mich nicht ernst nehmen. Aber dass ich<br />
die Sprache sprechen und verstehen kann,<br />
ist eine enorme Hilfe in der Behandlung<br />
– und das wissen eben auch die Ärzte in der<br />
Klinik.“<br />
Deutsche Patienten würden sich hingegen<br />
mitunter schämen, weil sie merken, „dass ich<br />
eine Krankheit habe, die ihnen viel dramatischer<br />
erscheint. Sie fragen sich dann, warum<br />
sie ihre Probleme nicht bewältigen können<br />
– sie hätten doch NUR eine psychische<br />
Erkrankung. Aber das kann man nicht vergleichen.<br />
Diesen Patienten muss ich den<br />
Druck nehmen.“<br />
„Einmal“, so erzählt die Diplom-Psychologin,<br />
„meinte eine Patientin, ich hätte doch wohl<br />
selbst so viel mit meiner Behinderung zu<br />
tun, da könnte ich mir doch nicht noch ihre<br />
Behinderung antun. Mein Chef hat zu ihr gesagt:<br />
„Dann müssen Sie eben so lange warten,<br />
bis ein anderer Therapeut frei wird.“ Gülay ist<br />
sehr froh darüber, dass ihr Chef inzwischen<br />
weiß, dass sie sich sehr flexibel auf Gruppen<br />
und einzelne Patienten einlassen kann.
Akzeptiert werden<br />
Die Arbeit ist hart, manchmal hat Gülay danach<br />
das Gefühl, ausgesaugt worden zu sein. Dann<br />
möchte sie sich nur noch zurückziehen, nichts<br />
mehr erklären müssen. Da sie nicht immer nur<br />
„geben“ kann, sondern selbst Kraft tanken<br />
muss, ist es ihr wichtig, über ihre Gefühle sprechen<br />
zu können, über ihre Müdigkeit, ihre Ausgelaugtheit.<br />
„Ein Arbeitskollege zum Beispiel,<br />
ein Psychologe, akzeptiert mich voll und ganz,<br />
so wie ich bin – auch als Frau. Wir reden viel<br />
zusammen. Das ist wie eine kleine Supervision<br />
unter Kollegen. Er sagt mir oft, ich solle auf mich<br />
selbst aufpassen.“<br />
„Denn mit einer Behinderung ist es problematisch,<br />
als Frau akzeptiert zu werden“, betont<br />
Gülay. Besonders schmerzt es die sympathische,<br />
allein lebende Frau, dass sie von ihren<br />
Eltern nicht als Ganzes angenommen worden<br />
ist. Vor allem ihre Mutter habe sie zwar bei all ihren<br />
beruflichen Plänen und ihrem Streben nach<br />
Selbstständigkeit unterstützt. Aber den Wunsch<br />
ihrer Tochter, so zu leben wie jede andere Frau<br />
auch, kann sie nicht wirklich nachvollziehen.<br />
„Diese Ängste und Sorgen und das Handeln<br />
meiner Mutter haben mich jahrelang gehemmt<br />
und verbittert. Sie kann nicht verstehen, dass<br />
ich trotz dieser starken Behinderung ein glückliches<br />
und selbstbestimmtes Leben führen will.“<br />
Gülay gesteht, dass es sie enorm viel Kraft gekostet<br />
hat, um sich selbst zu akzeptieren. Inzwischen<br />
fühlt sie sich dennoch erleichtert. Nicht<br />
nur, weil im Oktober 2009 ihre befristete Stelle<br />
im Krankenhaus tatsächlich in eine unbefristete<br />
umgewandelt wurde. „Ich habe begriffen, dass<br />
die Behinderung zu mir gehört, ich kann sie<br />
nicht wegmachen.“<br />
Wichtig seien in diesem Prozess die vielen Gespräche<br />
mit einer Freundin gewesen, die viele<br />
ähnliche Probleme habe, obwohl sie nicht behindert<br />
ist. „Es hilft, die Dinge einmal aus der<br />
Vogelperspektive zu betrachten. Das Problem,<br />
nicht genügen zu können, haben viele Menschen,<br />
und zwar unabhängig von einer Behinderung.“<br />
Text & Foto:<br />
Ulrike Talmann<br />
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16<br />
Mathias:<br />
Seit zwölf Jahren sitzt Mathias im Rollstuhl.<br />
Hat er eine psychogene Lähmung? Eine Borreliose?<br />
Liegt es an Komplikationen nach<br />
einer Rückenmarkspunktion? Mathias zuckt<br />
mit den Schultern, er weiß es wirklich nicht.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
V<br />
or über zehn Jahren hatte er tatsächlich<br />
einmal einen Zeckenbiss. Und irgendwann<br />
danach hatte er eine große rote Stelle auf seiner<br />
Haut wahrgenommen. Eine Zeitlang später<br />
bekam er Fieber, Gesichtsfeldausfälle und er<br />
nahm plötzlich 30 kg ab. Alles eine Folge des<br />
Zeckenbisses? Möglich. Um mehr herauszufinden,<br />
wurde das Rückenmark punktiert, eine so<br />
genannte Lumbalpunktion durchgeführt. Wäh-<br />
Mathias.<br />
rend die Spritze in sei- nen Rücken<br />
gestochen wurde, hatte er plötzlich das<br />
Gefühl, ein Nerv zwischen Wirbelsäule und Füßen<br />
würde wie eine Gitarrensaite vibrieren. Danach<br />
reißt sein Film ab. Als Mathias wieder klar<br />
denken kann, hat er kein Gefühl mehr in den<br />
Beinen, kann nicht mehr laufen und fällt in ein<br />
tiefes Loch. „Zwei Jahre lang bin ich so gut wie<br />
gar nicht aus dem Haus gegangen“, beschreibt<br />
er still, „und auch heute weiß ich oft nicht, warum<br />
ich lebe.“<br />
Die Ärzte spielen für den Fortgang der Handlung<br />
offenbar keine positive Rolle, jedenfalls<br />
nicht in Mathias’ Erinnerung. Ein Labor-Ergebnis<br />
der Rückenmarkspunktion kennt er nicht,<br />
das Nervenwasser soll irgendwie abhanden<br />
gekommen sein. Vor einer erneuten Punktion<br />
hat er verständlicherweise panische Angst. Er<br />
soll lernen, die Behinderung zu akzeptieren,<br />
bekommt Psychopharmaka und Gesprächsangebote.<br />
Andererseits gehört es nicht zu seinen<br />
Stärken, sich konsequent um Diagnostik und<br />
Therapie zu kümmern. Einmal hat er einen Versuch<br />
gemacht. Damals wohnte er noch in Potsdam,<br />
wo er aufgewachsen war. In Hildesheim<br />
fand eine junge Potsdamer Ärztin einen Borreliose-Spezialisten,<br />
der eine Intensivtherapie mit<br />
ihm machen wollte. Mehrmals war Mathias zur<br />
Behandlung dort, dann verweigerte die Krankenkasse<br />
weitere Zahlungen, weil die Praxis so<br />
weit entfernt lag. Kurz entschlossen zog er nach<br />
Hildesheim um und ließ sich weiter behandeln.<br />
Aber die Therapie konnte weder die Lähmung<br />
beseitigen noch zweifelsfrei die Ursache klären.<br />
Psychogene Lähmung? Borreliose? Komplikation<br />
nach Lumbalpunktion? Kann eine Lumbalpunktion<br />
überhaupt eine Querschnittlähmung<br />
auslösen? „So etwas kann natürlich passieren“,<br />
erklärt der Berliner Schmerzspezialist<br />
Dr. Jan-Peter Jansen, „das ist zwar extrem<br />
selten, aber auf alle Fälle denkbar“. Mathias<br />
zuckt mit den Schultern.
Endlich ein Lächeln<br />
Nach Nordstrand hat es ihn wegen des neuen<br />
Jobs seiner Freundin verschlagen. Die Insel<br />
wäre gut geeignet für Touren mit dem Handbike.<br />
Aber das ist leider nicht mehr drin. Erstens<br />
kann er sich kein Handbike leisten: die finanzielle<br />
Situation ist eng, wenn man vom Einkommen<br />
der Freundin plus 200 EURO Grundsicherung<br />
leben muss. Zweitens hat er ein Impingement-<br />
Syndrom entwickelt, eine schmerzhafte Überlastungsreaktion<br />
im Schultergelenk. Also dreht<br />
er seine Runden mit dem 6 km/h-langsamen<br />
Elektrorollstuhl. Immerhin hat er hier auf der<br />
Insel einen Hausarzt gefunden, der sich noch<br />
einmal auf die Suche nach der Ursache für die<br />
Lähmung machen will. „Wenn ich weiß, was eigentlich<br />
mit mir los ist, kann ich endlich wieder<br />
anfangen, mir etwas vorzunehmen“, sagt er und<br />
lächelt endlich mal. Er verrät, dass er eines Tages<br />
Kinder haben möchte – und strahlt.<br />
Borreliose – harmlos oder ernst?<br />
Dr. med. Carsten Nicolaus vom Borreliose Centrum<br />
Augsburg erklärt es so: „Wenn es um Borreliose<br />
geht, gibt es zwei Sorten von Ärzten. Die<br />
größere Gruppe hält eine Borrelien-Infektion für<br />
eine Bagatellerkrankung, die leicht zu diagnostizieren<br />
und zu behandeln ist. Ich selbst gehöre<br />
zur Minderheit. Ich halte die Erkrankung auf<br />
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Grund meiner Erfahrungen aus Klinik und Praxis<br />
häufig für bedrohlich und sehr ernst.“ Dr. Nicolaus<br />
berichtet von schweren Krankheitsverläufen,<br />
die jedes Organsystem betreffen können. Er<br />
erzählt aber auch sehr offen von unnötig langen<br />
Krankengeschichten. Ein typischer Leidensweg<br />
kann so aussehen: Der Patient bemerkt weder<br />
Zeckenbiss noch Wanderröte, sondern sucht<br />
den Hausarzt beispielsweise wegen einem<br />
schmerzenden, geschwollenen<br />
Kniegelenk auf. Die ersten Tests<br />
ergeben keine Auffälligkeiten, der<br />
Patient ruht sich eine Zeitlang aus<br />
und fühlt sich trotzdem krank. Als<br />
nächste Stufe wird ein Orthopäde<br />
eingeschaltet. Dieser stellt vielleicht<br />
Verschleißerscheinungen im Kniegelenk<br />
fest und hält diese für die<br />
Ursache der Beschwerden. Der Patient<br />
hat weiter Beschwerden, vielleicht fühlt er<br />
sich sogar zusätzlich müde oder psychisch labil.<br />
Wie bei einem Pingpongspiel wird er von Arzt<br />
zu Arzt geschickt, bis er beginnt, an sich oder an<br />
den Ärzten zu zweifeln. Der nächste Schritt ist<br />
leider häufig der Verdacht, dass seine Schmerzen<br />
psychosomatisch bedingt sind.<br />
Die Patienten, die in die Augsburger Borreliose-<br />
Praxis kommen, können häufig seit Monaten<br />
oder Jahren nicht mehr arbeiten. Ihre Beschwerden<br />
sind vielfältig, Dr. Nicolaus spricht von<br />
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was eigentlich mit<br />
mir los ist, kann ich<br />
endlich wieder anfangen,<br />
mir etwas<br />
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Aber selbst<br />
bei Patienten,<br />
die schon vor<br />
Jahren infiziert<br />
wurden, sieht er<br />
oft noch Besserungen.<br />
Kern der<br />
Behandlung<br />
ist eine langfristigeAntibiotikagabe.<br />
18<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
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einem Katalog, der 150 bis 180 verschiedene<br />
Beschwerden umfasst. Viele seiner Patienten<br />
haben von anderen Ärzten schon Diagnosen<br />
wie Multiple Sklerose, Chronic-Fatigue-Syndrom<br />
oder Arthrose bekommen. Manche sitzen<br />
im Rollstuhl, andere haben ständig Schmerzen.<br />
Bei vielen ist die Borreliose chronisch geworden.<br />
„Diese Menschen durchleben ein echtes<br />
Martyrium“, berichtet Nicolaus, „denn sie haben<br />
nicht nur körperliche oder mentale Beschwerden,<br />
sondern leiden auch daran, dass sie keine<br />
zuverlässige Diagnose erhalten oder ihre Erkrankung<br />
nicht ernst genommen wird“.<br />
Am besten lässt sich die Infektion seiner Erfahrung<br />
nach frühzeitig behandeln. Aber selbst<br />
bei Patienten, die schon vor Jahren infiziert<br />
wurden, sieht er oft noch Besserungen. Kern<br />
der Behandlung ist eine langfristige Antibiotikagabe.<br />
Weitere Maßnahmen sind oft eine<br />
Schmerztherapie, eine Behandlung depressiver<br />
Verstimmungen oder Physiotherapie. Außerdem<br />
brauchen fast alle Borreliose-Patienten<br />
Nahrungsergänzungsmittel, um die durch die<br />
lange Krankheit entstandenen Defizite an Vitaminen,<br />
Mineralstoffen und Spurenelementen<br />
wieder aufzufüllen.<br />
Allerdings kostet die Behandlung bei Dr. Nicolaus<br />
Geld, er hat eine Privatpraxis. Seine Kassenzulassung<br />
hat er vor ein paar Jahren zurückgegeben,<br />
als er immer mehr von Regressen<br />
bedroht war. Um diese Fakten zu verstehen,<br />
muss man wissen, dass Kassenärzte zu einer<br />
wirtschaftlichen Verordnungsweise verpflichtet<br />
sind. Als unwirtschaftlich gilt, wer mehr Medikamente<br />
verschreibt als der Durchschnittsarzt.<br />
Solchen Ärzten wird ein Regress angedroht: die<br />
Zahlung der überdurchschnittlich hohen Kosten<br />
für die Medikamente seiner Patienten. Wer<br />
Borreliose-Patienten mit Langzeitantibiotika<br />
behandelt, der verursacht der Krankenversicherung<br />
höhere Kosten als seine Kollegen. Einige<br />
Ärzte, die sich auf Zeckenkrankheiten spezialisiert<br />
hatten, stehen oder standen deshalb vor<br />
der Pleite. „In dieser Situation konnte ich mich<br />
nur entscheiden, entweder keine Borreliose-<br />
Kranken mehr zu behandeln oder sie nicht so<br />
zu behandeln, wie ich es richtig finde. Oder<br />
eine Privatpraxis zu eröffnen“, erklärt Dr. Nicolaus.<br />
Immerhin übernehmen die Krankenkassen<br />
dann doch bei jedem dritten Kassenpatienten<br />
die Behandlungskosten. Der Arzt legt Wert darauf,<br />
dass nicht in jedem Fall Hoffnung auf Heilung<br />
gemacht werden kann. Ihm geht es eher<br />
darum, dass die Borrelien-Infektionen endlich<br />
ernst genommen werden.<br />
„Ich hatte noch nie eine Zecke“<br />
Es gibt leider oft Zeckenbisse, die unbemerkt<br />
ablaufen: Man streift die Zecke beim Vorbeigehen<br />
oder –rollen von Grashalmen oder Büschen<br />
ab. Das muss nicht im Unterholz sein, auch im<br />
Garten oder Park gibt es Zecken. Auf der Außenseite<br />
der Hose wird die Zecke nach Hause<br />
getragen, sodass sie beim abendlichen oder<br />
morgendlichen Duschen nicht gefunden wird.<br />
Die genügsamen Tiere überleben lange auf<br />
der Hose, wo ihr Geruchssinn sie in Richtung<br />
Schrittbereich treibt, ins Innere der Hose also.<br />
Beim nächsten Anziehen der Hose sticht sie zu.<br />
Auch das bleibt oft unbemerkt, da Zecken vor<br />
dem Saugen Speichel l in i die ie<br />
Wunde drücken,<br />
der eine betäubende Substanz ubs ubst bs b nz<br />
nz enthält. Die gesättigte<br />
Zecke lässt sich im m La<br />
Lauf uf<br />
f des Tages vom<br />
Wirt fallen – beim ab abendlichen b he n D DDuschen<br />
ist keine<br />
Zecke ke mehr da, a, der d<br />
de der de der r Zecke ZZeckenstich<br />
ZZecke<br />
eck ck ken nstich h bbleibt<br />
b unentdeckt.<br />
Text & Fotos: os: s:<br />
Ruth Auschra
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im grünen Herzen Österreichs?<br />
Kein Problem!<br />
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Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten<br />
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Tel.: 06243 - 52 56<br />
E-Mail: FGQ-Moelsheim@T-Online.de<br />
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Claudia Dässel<br />
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optimistische Frau<br />
20<br />
Claudia Dässel hat eine ausgesprochen<br />
positive Ausstrahlung, dazu passt der überzeugende<br />
Optimismus der Rollstuhlfahrerin.<br />
Selbstverständlich ist das sicher nicht, denn<br />
die junge Frau hat schon allerhand Unangenehmes<br />
und Schmerzhaftes erlebt.<br />
Chefarzt<br />
Dr. Oliver Meier<br />
von der Werner-<br />
Wicker-Klinik in Bad<br />
Wildungen-Reinhardshausen.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Z<br />
ur Zeit lebt Claudia Dässel im sehr schönen<br />
Einfamilienhaus ihrer Eltern in Niederkrüchten<br />
an der niederländischen Grenze.<br />
Dies deshalb, weil im Januar eine sehr aufwändige<br />
Operation in der Werner-Wicker-Klinik<br />
(WWK) in Bad Wildungen-Reinhardshausen<br />
durchgeführt worden ist. Notwendig war<br />
diese OP wegen jahrelanger und oft extrem<br />
starker Rückenschmerzen, bedingt durch<br />
Probleme nach einem Unfall 1995 und der<br />
danach offensichtlich schlecht durchgeführten<br />
OP mit unqualifizierter Nachbehandlung.<br />
Bei dem Unfall war die damals 15jährige von<br />
einer Autofahrerin auf einer ländlichen Ne-<br />
Überzeugend positiv:<br />
Claudia Dässel.<br />
benstraße erfasst und schwer verletzt worden,<br />
Folge war unter anderem eine Querschnittlähmung<br />
im Lendenwirbelbereich.<br />
Dr. Oliver Meier, Chefarzt der Skoliose in der<br />
WWK, der mit seinem hochqualifizierten und<br />
spezialisierten Team die etwa sechsstündige<br />
OP durchgeführt hat: „Was wir dort vorgefunden<br />
haben, sehe ich glücklicherweise eher<br />
selten. Da ist zum Beispiel aus Gründen, die<br />
ich nicht verstehe, ein nicht zu definierender<br />
Fremdknochen eingesetzt worden, und eine<br />
abgebrochene Schraube haben wir auch entfernt.<br />
Offensichtlich ist eine Metall-Stabilisierung<br />
entfernt worden, worauf die abgebrochene<br />
Schraube hinweist.“<br />
Nach der OP in der WWK hatte Claudia Dässel<br />
dann keine Schmerzen mehr, ist aber durch<br />
wechselseitiges Tragen von Mieder und Korsett<br />
– welche in der Reha nach dem Unfall gar<br />
nicht verordnet worden waren – noch voraussichtlich<br />
mehrere Monate in ihrer Mobilität<br />
stark eingeschränkt und deshalb jetzt besonders<br />
auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen.<br />
Unverständlich ist, dass es von der Versicherung<br />
der Unfall-Verursacherin lediglich eine<br />
eher geringe einmalige Abfindung gab. Dies<br />
deshalb, weil die Schuldfrage seinerzeit vom<br />
Gericht nicht eindeutig geklärt werden konnte.<br />
Daraus ergibt sich eine schlechte Versor-
gungssituation von Claudia Dässel, die auch<br />
dadurch sichtbar wird, dass sie immer noch in<br />
dem inzwischen 15 Jahre alten Rollstuhl aktiv<br />
ist, der in der Erstklinik verordnet wurde.<br />
Der einmal genehmigte Zweitrollstuhl wurde<br />
so schlecht angepasst, dass er nicht genutzt<br />
wird.<br />
Lob an Unterstützer<br />
Nach ihrem Unfall hat Claudia Dässel weiter<br />
das Gymnasium besucht und ihr Abitur mit<br />
dem großen Latinum gemacht. „Ich war und<br />
bin meinen Schulkameraden sehr dankbar dafür,<br />
dass sie mich wirklich enorm unterstützt<br />
haben.“ Nur dadurch – so betont Claudia Dässel<br />
– war es ihr möglich, die sechsmonatige<br />
verletzungsbedingte Fehlzeit auszugleichen<br />
und ihr Abitur mit ihrem Jahrgang zu machen.<br />
Ein besonderes Lob gilt auch der Stadt<br />
Wegberg, die innerhalb weniger Monate das<br />
Gymnasium barrierefrei gestaltet hat, bis hin<br />
zur Installation eines Aufzugs: „Vom Schulleiter<br />
bis zum Bürgermeister haben sich alle voll<br />
dafür eingesetzt, dass ich weiter ganz normal<br />
am Unterricht teilnehmen konnte.“<br />
Anschließend wurde an der Fachhochschule in<br />
Mönchengladbach studiert mit dem Diplom-<br />
Abschluss „Sozialarbeit“ und „Sozialpädagogik“.Seit<br />
2005 arbeitet die junge Frau halbtags<br />
als Beraterin und Vermittlerin von Selbsthilfe-<br />
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Gruppen aller psychischen-, physischen und<br />
Suchtbelastungen. Dies bei der „Selbsthilfe-<br />
Kontaktstelle Krefeld“ in der Trägerschaft des<br />
Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, hauptsächlich<br />
in Krefeld und Umgebung. So hilft<br />
sie bei der Gründung von Selbsthilfegruppen<br />
und deren Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise<br />
auf Messen und Ausstellungen, sie organisiert<br />
Veranstaltungen und spezielle Thementage,<br />
fördert die Zusammenarbeit mit Ärzten<br />
und Fachleuten und vertritt die Selbsthilfe in<br />
den dafür infrage kommenden öffentlichen<br />
Gremien. Dazu arbeitet die aktive junge Frau<br />
als „geringfügig Beschäftigte“ in der Reha-Beratung<br />
im „Maria-Hilf“-Krankenhaus in Krefeld.<br />
In Verbindung dazu auch noch bei „Reha<br />
Krefeld GmbH“.<br />
Fitness und Freunde<br />
Claudia Dässel geht in ihrer Arbeit voll auf.<br />
Sie berät beispielsweise auch Patienten und<br />
deren Angehörige über die Möglichkeiten einer<br />
ambulanten oder stationären Anschlussheilbehandlung,<br />
die nötige Beantragung<br />
wird sofort durchgeführt: „Um eine nahtlose<br />
Therapie zu ermöglichen, halte ich bis zur<br />
Genehmigung einen engen Kontakt zu den<br />
behandelnden Ärzten, den Krankenkassen,<br />
den Rentenversicherungsträgern und den<br />
Rehakliniken im gesamten Bereich von Nordrhein-Westfalen.“<br />
Darüber hinaus bleibt we-<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
menschen<br />
... dass sie immer<br />
noch in dem inzwischen<br />
15 Jahre alten<br />
Rollstuhl aktiv ist,<br />
der in der Erstklinik<br />
verordnet wurde.
menschen<br />
22<br />
Mit Mutter<br />
Mechthilde Dässel<br />
und Stiefvater<br />
Gunnar Mitzner im<br />
eigenen Garten.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
? !<br />
?<br />
!<br />
?<br />
!<br />
Was ist Dein größter Wunsch:<br />
Ich möchte weiter in meinem Beruf erfolgreich<br />
arbeiten und eine Familie mit<br />
Kindern haben.<br />
Wie wichtig ist für Dich eine Partnerschaft:<br />
Das gehört absolut selbstverständlich<br />
zu meinem Leben.<br />
Was macht für Dich einen Tag so<br />
richtig schön:<br />
Schön ist ein Tag für mich, wenn ich früh<br />
aufstehe, rausrolle, viele Sachen erlebe<br />
und erledige, positive Kontakte zu netten<br />
Claudia Dässel im Interview<br />
? !<br />
?<br />
!<br />
Menschen habe und ich den Tag in netter<br />
Gesellschaft romantisch ausklingen<br />
lassen kann.<br />
Was hältst Du für Deine größte Macke:<br />
Andere weisen schon mal auf das Chaos<br />
auf meinem Schreibtisch hin. Ich sehe<br />
das anders, denn nur ein Genie beherrscht<br />
das Chaos.<br />
Was würdest Du mit einem Lottogewinn<br />
von sechs Millionen machen:<br />
Dann würde ich mir barrierefreie Häuser<br />
in sonnigen Regionen bauen lassen und<br />
einen Audi A6 kaufen.<br />
nig Zeit für die Durchführung besonderer organisierter<br />
Interessen. An Sport steht – neben<br />
Reha-Maßnahmen – hauptsächlich etwas Training<br />
mit Fitnessgeräten an, gelegentlich auch<br />
Ausfahrten mit dem Rollibike im schönen<br />
deutsch-niederländischen Grenzraum, den<br />
man in dieser landwirtschaftlich geprägten<br />
Region gar nicht mehr als Trennung zwischen<br />
zwei Staaten erkennt.<br />
Daneben pflegt Claudia Dässel gute Kontakte<br />
zu vielen Freunden und Bekannten: „Meine<br />
abendlichen Telefonate dauern schon mal<br />
länger als eine Stunde.“ Sie besucht gerne<br />
Rockkonzerte und liebt es, in ihrem Urlaub zu<br />
verreisen. Immerhin war sie schon mal mit ihren<br />
ebenfalls sehr naturliebenden Eltern – die<br />
Mutter hat als Krankenschwester gearbeitet,<br />
der Stiefvater ist selbstständiger Fotograf – in<br />
Kanada und schwärmt von der riesigen Weite<br />
dieses Landes.<br />
Alles in allem ist Claudia Dässel eine wirklich<br />
sehr zufriedene und lebensbejahende junge<br />
Frau, die sich ihres Lebens und ihrer wichtigen<br />
gemeinnützigen Aufgaben freut. Die auch in<br />
der Lage ist, mit ihrem Einkommen ein selbstbestimmtes<br />
Leben zu führen nach dem Motto<br />
„selbst optimistisch sein und diesen Optimismus<br />
anderen vermitteln.“<br />
Text & Fotos:<br />
Hermann Sonderhüsken
Wir sind für Sie da!<br />
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menschen<br />
Doblers Jeep<br />
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24<br />
Die Gehschule<br />
soll da stattfinden,<br />
wo man lebt<br />
– zum Beispiel auf<br />
dem Bauernhof.<br />
Geländewagenrennen<br />
– auch mit Beinprothese<br />
kann man dieses Hobby<br />
ausüben.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Mit mobilem Sanitätshaus zum Kunden:<br />
Josef Dobler<br />
Moderne Sanitätshäuser definieren<br />
sich als Gesundheitsdienstleister,<br />
bieten Online-<br />
Bestellmöglichkeiten, haben<br />
moderne Ausstellungsräume<br />
und Marketingstrategien,<br />
vielleicht sogar eine eigene<br />
Zeitschrift. So gesehen ist das<br />
Sanitätshaus von Orthopädiemechaniker<br />
Josef Dobler hoffnungslos<br />
unmodern.<br />
S<br />
ein Laden ist so klein wie möglich, seine<br />
Werkstatt befindet sich in einem Transporter.<br />
Der „Orthosepp“, wie er sich selbst<br />
nennt, hat gegenüber seinen großen Wettbewerbern<br />
allerdings einen Vorteil: Er muss nicht<br />
darauf warten, dass die Kunden es schaffen, in<br />
seinen Laden zu kommen. Er fährt selbst auf<br />
Kundenbesuch. Beim Kunden daheim in der<br />
Küche nimmt er Gipsabdrücke, repariert Orthesen<br />
oder passt Prothesen an.<br />
Dobler ist mit Sicherheit ein ungewöhnlicher<br />
oder unangepasster Orthopädiemechaniker.<br />
Unprofessionell ist er allerdings nicht! Er hat<br />
seit 1994 einen Meistertitel („den besten, Notenschnitt<br />
– 1,46!“), hat seine Firma seit ein<br />
paar Monaten nach DIN ISO 9001 zertifiziert<br />
und arbeitet mit denselben Zulieferfirmen<br />
wie andere Sanitätshäuser – von Otto Bock bis<br />
Medi und von Bauerfeind bis Neuhof. Wie alle<br />
anderen muss auch er scharf kalkulieren: Die<br />
Preise für orthopädische Hilfsmittel wurden<br />
seit Jahren nicht der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
angepasst, teilweise sind sie rückläufig.<br />
Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik<br />
warnte kürzlich, dass in den Betrieben<br />
alle Rationalisierungsmöglichkeiten<br />
ausgeschöpft seien, sodass weitere Preissenkungen<br />
im Bereich der Hilfsmittel- oder Rehamittelversorgung<br />
in Zukunft zu Qualitätsverschlechterungen<br />
führen würden. Die meisten<br />
Sanitätshäuser suchen längst nach Wegen,<br />
neben Patienten mit Rezepten auch selbst
zahlende Kunden anzuziehen. Sportartikel,<br />
Mode-, Wellness- und Kosmetikangebote sollen<br />
Sportler und Gesundheitsbewusste in die<br />
„Gesundheitshäuser der Zukunft“ locken.<br />
Dobler hat seinen eigenen Weg gefunden,<br />
die Kosten seiner Firma zu senken. Eigentlich<br />
bräuchte er gar keinen Laden. Er hat trotzdem<br />
einen, den kleinsten, der zu haben war. Gegenüber<br />
den Krankenkassen muss er nämlich<br />
dieselben Bedingungen erfüllen wie seine<br />
großen Kollegen. Um seine Kassenzulassung<br />
zu behalten, muss er einen Laden besitzen,<br />
der auch noch dauernd besetzt ist. Für seinen<br />
Alltag wäre das nicht wirklich nötig. Er kommt<br />
aus Großkarolinenfeld, einem Dorf zwischen<br />
München und Chiemsee. Sein Einzugsgebiet<br />
ist Süddeutschland, am liebsten fährt er in<br />
die Orte rund um München. Notfalls würde<br />
er auch weiter fahren. Seine Kunden sind vor<br />
allem Menschen mit Beinprothesen. Da lag es<br />
nahe, die Kunden aufzusuchen, die nicht oder<br />
nur schlecht laufen können.<br />
Auf Hausbesuch fährt er beispielsweise, wenn<br />
ein Prothesenschaft nicht mehr richtig passt,<br />
weil der Kunde 10 kg zu- oder abgenommen<br />
hat. Bei so großen Volumenschwankungen<br />
muss man einen neuen Schaft beantragen,<br />
kleinere Unterschiede lassen sich oft durch<br />
Polsterungen oder Erweiterungen des Schaftes<br />
lösen. Solche Kunden haben es immer eilig –<br />
und sie sind zwangsläufig schlecht zu Fuß. Der<br />
mobile Orthopädiemechaniker erspart ihnen<br />
also die Taxikosten oder den Aufwand, einen<br />
Transport privat zu organisieren. Zeit spart er<br />
auch. Die Krankenkassen könnten sich über<br />
diesen Extra-Service eigentlich freuen und ihn<br />
entsprechend honorieren. Die Realität sieht<br />
anders aus: Dobler erhält weder Fahrtkosten<br />
noch sonstige Zuschüsse für seine mobile<br />
Werkstatt.<br />
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Baden ohne Barrieren<br />
Hebe- und Pfl egehilfen für Menschen mit Handicap<br />
Beim Aufbau der mobilen Werkstatt kam dem<br />
Orthopädiemechaniker sein Hobby zu gute. In<br />
seiner Freizeit fährt er Geländewagenrennen.<br />
Dazu braucht man, ganz wie berühmtere Rennfahrer<br />
auch, einen Werkstattwagen. Der Umgang<br />
mit Notstrom, Druckluft, Spannungswandlern<br />
und Reservebatterien ist für ihn deshalb alltäglich.<br />
Im Rallyesport müssen die elektrischen<br />
Werkzeuge natürlich auch funktionieren, wenn<br />
es dunkel ist und kein Stromanschluss in der<br />
Nähe ist. Verglichen mit diesen Anforderungen<br />
ist die Arbeit vor Ort bei seinen Kunden in Bayern<br />
eine Kleinigkeit.<br />
Für den Orthopädiemechaniker ist die technische<br />
Herstellung einer passenden Prothese heute kein<br />
großes Problem. Der Hauptaufwand besteht für<br />
ihn in Wirklichkeit darin, die Bürokratie zu erledigen.<br />
Jeder Antrag muss korrekt ausgearbeitet<br />
bei der Krankenkasse gestellt werden. Abgelehnte<br />
Anträge sind häufig, Kostenvoranschläge<br />
müssen ausgearbeitet und korrigiert werden.<br />
Vielleicht sind die Hausbesuche, die Dobler mit<br />
seiner mobilen Werkstatt durchführt, ein kleiner<br />
Ausgleich für diese lästigen Bürotätigkeiten. Begeistert<br />
berichtet er beispielsweise davon, dass<br />
er mit seinen Kunden auch gleich übt, die neuen<br />
Prothesen zu nutzen. Bei Bedarf holt er sich<br />
Unterstützung durch ein Therapeutenteam. Und<br />
bei der Wahl der Trainingsorte orientiert er sich<br />
an den häuslichen Gegebenheiten. Eine Bäuerin<br />
wollte beispielsweise daheim in ihrem Kuhstall<br />
üben, mit der Prothese zu laufen. Dem Orthopädiemechaniker<br />
hat es ganz offensichtlich Spaß<br />
gemacht.<br />
Info: Ein Video vom Gehtraining im Kuhstall findet<br />
sich auf www.orthosepp.de.<br />
Text: Ruth Auschra<br />
Fotos: Dobler<br />
10 x in Deutschland<br />
menschen<br />
Für den Orthopädiemechaniker<br />
ist die technische<br />
Herstellung einer<br />
passenden Prothese<br />
heute kein<br />
großes Problem.<br />
Der Hauptaufwand<br />
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ericht<br />
Bundesliga-Stadien:<br />
26<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Zu wenig Platz für<br />
Wohl dem, der eine Dauerkarte hat. Doch die zu bekommen ist schwierig.<br />
Hunderte Rollifahrer stehen auf den Wartelisten der Fußballklubs.<br />
Dabei gibt es eine gesetzliche Vorschrift, dass ein Prozent der deutschen<br />
Fußballstadien den behinderten Fans vorbehalten sein muss. Es<br />
handelt sich um eine bindende Verordnung, an die sich alle Betreiber<br />
von Fußballstadien halten müssen – sie tun es aber nicht…<br />
D<br />
er ehemalige Steiger Ulli Freitag ist<br />
glücklich: Er hat seit 16 Jahren ein Saisonticket<br />
und genießt die Annehmlichkeiten<br />
der (zum Teil) barrierefreien Arena in Gelsenkirchen.<br />
Ohne Hindernisse rollt er vom Parkplatz<br />
zu seinem Platz im Stadion. Ulli Freitag,<br />
der durch einen Arbeitsunfall gelähmt<br />
ist, setzt sich aktiv für Behinderte ein. Auch<br />
gehörte er zu den wenigen auserwählten<br />
Rollstuhl fahrenden Schalke-Fans, dessen<br />
Meinung beim Bau der Arena im Jahr 2001<br />
zählte. Doch leider wurde sein Anliegen nach<br />
mehr Plätzen für Behinderte ignoriert. „Zwar<br />
wurden wir gefragt, doch leider wurden nicht<br />
alle unsere Wünsche berücksichtigt, dabei<br />
wären die Baukosten des Stadions vermutlich<br />
nicht einmal gestiegen“, so Freitag. „Aber<br />
bei den meisten Bundesligavereinen besteht<br />
das Problem der umkämpften Plätze, nicht<br />
nur bei den Rollifahrern.“<br />
Dennoch kümmert sich Schalke 04 sehr um<br />
seine behinderten Fans. „Ein Shuttleservice<br />
holt sie vom Bahnhof ab und bringt sie<br />
zum Stadion. Auch gibt es organisierte Fan-<br />
Fahrten in einem behindertengerechten Bus<br />
zu interessanten Fußballspielen“, so Freitag.<br />
Auch kann man sich, wie bei allen Bundesligaspielen<br />
des Landes an die jeweiligen<br />
Behinderten-Beauftragten wenden, die bei<br />
auftauchenden Problemen zur Verfügung<br />
stehen und versuchen Hilfestellung zu leisten.<br />
Bei Schalke 04 ist es der ehemalige Pfarrer<br />
Jochen Dohm, der den Rollifahrern mit Rat<br />
und Tat zur Seite steht. Er ist gleichzeitig<br />
auch Vorsitzender der BBAG, der Organisation<br />
behinderter Fans in Deutschland. An die<br />
kann sich jeder wenden, sollte er Fragen zu
Fans im Rollstuhl<br />
den Vereinen, Spielen, Aktivitäten sowie dem<br />
ganzen Drumherum benötigen. „Mit Pfarrer<br />
Dohm zusammen löse ich die meisten Probleme“,<br />
sagt Freitag. „Wichtig zu wissen ist<br />
noch, dass nicht in Anspruch genommene<br />
Dauerkarten bei Schalke 04 nie verfallen. Ich<br />
gebe in der Saison ungefähr fünf Karten pro<br />
Saison zurück, die wiederum anderen behinderten<br />
Fans zugutekommen.“<br />
Die BBAG hat sogar einen, von der Bahn gesponserten<br />
Reiseführer für behinderte Fußballfans<br />
herausgegeben. Hier sind Informationen<br />
aus den Städten, deren Vereine in der 1.,<br />
2. und 3. Bundesliga spielen, zusammengetragen<br />
worden, damit behinderte Fans sowohl<br />
einen unbeschwerten Stadionaufenthalt als<br />
auch alle weiteren Aspekte des Fan-Lebens in<br />
der jeweiligen Stadt genießen können.<br />
Walter Neuss (Name gerändert) geht es nicht<br />
so gut wie Ulli Freitag. Der Achtundfünfzigjährige<br />
ist seit sieben Jahren auf den Rollstuhl<br />
angewiesen, weil sich seine Gelenke langsam<br />
versteiften. Das hat sein Leben auch als Fan<br />
verändert. Seit seiner Kindheit betrachtet<br />
Neuss Schalke 04 fast wie seine Familie. Er<br />
weiß alles über seinen Verein und besaß früher<br />
eine Dauerkarte. Aber jetzt ist er außen<br />
vor. In seinen Tagträumen hört er die Fans<br />
singen und sieht die Spieler einlaufen. Trä-<br />
Anzeige<br />
nen steigen ihm in die Augen, denkt er an<br />
die Zeiten, wo er live die Stimmung in dem<br />
Schalke-Stadion erleben durfte. Jetzt ist ihm<br />
der Kampf ums Ticket zuwider. Anrufen und<br />
betteln um eine Karte mag er nicht mehr. Er<br />
ist etwas enttäuscht von dem Verein, der es<br />
nicht schafft, genügend Rollstuhlplätze einzubauen.<br />
Da Walter Neuss auf das Stadion-<br />
Erlebnis nicht ganz verzichten möchte, hat<br />
er sich eine Ersatzdroge zugelegt. Er besucht<br />
alle vierzehn Tage einen Zweitligaverein in der<br />
Nachbarstadt und hat auch da seinen Spaß.<br />
Zwar ist die Stimmung da nicht ganz so wie<br />
auf Schalke. Wenn er dort in der ersten Reihe<br />
und familiären Atmosphäre seinen Favoriten<br />
zujubelt, vergisst Walter Neuss die Sehnsucht<br />
nach seiner großen Liebe Schalke 04.<br />
Tricksen unerwünscht<br />
Für die Gelsenkirchener Arena gehen beispielsweise<br />
nur 0,15 Prozent aller Karten an<br />
Rollstuhlfahrer. Das passt ins Gesamtbild: In<br />
allen Stadien der ersten und zweiten Bundesliga<br />
gibt es insgesamt 2 800 Rolli-Plätze.<br />
Häufig wurde die Ein-Prozent-Quote schon<br />
beim Bau ignoriert. In vielen Stadien herrscht<br />
Kartenknappheit – und die Rolli-Plätze müssen<br />
aus sozialen Gründen günstig abgegeben<br />
werden. 13 €, inklusive Begleitperson, muss<br />
der behinderte Fußballfan bezahlen. Ein Roll-<br />
bericht
ericht<br />
„Bei dieser<br />
Verordnung handelt<br />
es sich um ein bindendes<br />
Gesetz, woran<br />
sich auch die Betreiber<br />
von Fußballstadien<br />
28<br />
halten müssen“<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
stuhlfahrer beansprucht drei bis vier Plätze,<br />
die für 50 € verkauft werden könnten. Für die<br />
Vereine ein Verlustgeschäft.<br />
98 Fans im Rollstuhl können die Heimspiele<br />
der Königsblauen genießen. Davon besitzen<br />
sechzig Dauerkarten, zehn Tickets bekommen<br />
die Fans des Gästeteams. Sind also nur noch<br />
achtundzwanzig freie Karten übrig, die häufig<br />
unter der Hand verteilt werden, so dass der<br />
Rollstuhl fahrende Fan wenig Chancen hat.<br />
Diese Zahlen gelten nicht nur für die Schalker.<br />
In den Bundesliga-Arenen sind so<br />
ziemlich alle Plätze in den Hän-<br />
den der Dauerkartenbesitzer.<br />
Kein Wunder, dass dieses<br />
Thema die Rollstuhlfah-<br />
rer erhitzt. Schließlich<br />
sitzen in Deutschland<br />
800 000 Menschen im<br />
Rollstuhl und es werden,<br />
aufgrund der demografischenEntwicklung,<br />
immer mehr.<br />
Beim FC Schalke 04 bestreitet<br />
man, dass Geldgründe für<br />
das Kartendefizit vorliegen. „Wir<br />
versuchen es jedem recht zu machen“, so der<br />
Geschäftsführer Peter Peters. „Da aber in jeder<br />
Kartenkategorie eine Übernachfrage besteht,<br />
können wir es nicht jedem recht machen.“<br />
Damit machen es sich Klubs wie Schalke<br />
wohl zu leicht, berichtete das WDR-Magazin<br />
„sport inside“. In vielen Bundesländern gibt<br />
es die so genannte „Muster-Versammlungsstättenverordnung“.<br />
Auch in Nordrhein-Westfalen<br />
schreibt sie vor: Ein Prozent der Plätze<br />
in Versammlungsstätten müssen für Rollis<br />
zugänglich sein. Jan Hoffmann, Referent des<br />
Beauftragten der Bundesregierung für die Belange<br />
behinderter Menschen, kritisiert, dass<br />
die Klubs diese Quote allesamt ignorieren.<br />
„Bei dieser Verordnung handelt es sich um<br />
ein bindendes Gesetz, woran sich auch die<br />
Betreiber von Fußballstadien halten müssen“,<br />
so Hoffmann. Die Verstöße sind aus seiner<br />
Sicht erheblich. Wahrscheinlich hätten die<br />
Landesregierungen beide Augen zugedrückt.<br />
Hoffmann würde sich wünschen, dass die<br />
Rollstuhlfahrer eine Musterklage inszenieren,<br />
damit die Klubs reagieren. Aber dafür sind<br />
die behinderten Fans zu zurückhaltend, weil<br />
sie fürchten, dass dadurch schwer erkämpfte<br />
Errungenschaften wieder verloren gehen<br />
könnten. Sie tun sich verständlicherweise<br />
schwer, bei diesem Thema Druck auf die Vereine<br />
auszuüben.<br />
Viele Rollifahrer leiden doppelt: Früher – nicht<br />
behindert – waren sie noch gern gesehener<br />
Teil der Kurve, heute sind sie außen vor. Nur<br />
im Fernsehen können die meisten Spiele noch<br />
mit verfolgt werden. Wer eine Dauerkarte hat,<br />
kann sich glücklich schätzen. Doch die zu bekommen<br />
ist schwierig: Hunderte Rolli-Fahrer<br />
stehen auf den Wartelisten der Klubs. Einen<br />
freien Platz gibt es fast nur dann, wenn sein<br />
Vorbesitzer verstirbt. Mancher Rollstuhl fahrende<br />
Fan greift in seiner Verzweiflung zu einer<br />
List und gibt sich als Fan des Gegners aus,<br />
um so ein Ticket aus dem Auswärtskontingent<br />
zu ergattern. „Es ist getrickst“, sagt Helge<br />
Maurer. Helge ist Fan vom VFL Wolfsburg.<br />
„Ich habe aber keine andere Wahl, wenn ich<br />
irgendwo in Deutschland ein Fußballspiel besuchen<br />
möchte.“ Ihm als Rollstuhlfahrer ist es<br />
finanziell nicht möglich, sich teure Tickets im<br />
Internet zu ersteigern. Also blüht der illegale<br />
Schwarzmarkt, der aber zusammenbrechen<br />
würde, wenn es jeder so handhabt.<br />
Text: Heike Stüvel<br />
Foto: Ulli Freitag<br />
Infos:<br />
Internet-Portal f. behinderte Fans:<br />
www.behinderte-aufschalke.de<br />
BBAG - Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft<br />
www.bbag-online.de /<br />
www.behindertefans.de<br />
eMail: info@bbag-online.de<br />
Postanschrift:<br />
BBAG e.V.<br />
Jochen Dohm<br />
Freiligrathstr. 23<br />
45881 Gelsenkirchen
Das silberne Spar-Schwein:<br />
Provision für Kürzungen?!<br />
q – querschnitt spezial<br />
Man staunte nicht schlecht bei einer Firma, die Menschen mit Handikap mit „zum Verbrauch bestimmten<br />
Hilfsmitteln“ versorgt und die Kosten dafür mit den Krankenkassen abrechnet. Landete<br />
doch auf dem Schreibtisch der Firma Hilfsmittel Komplett (Name geändert) eine Abrechnung<br />
der Firma OTOP an die AOK Schleswig-Holstein, die ausgerechnet auch noch sie selbst betraf.<br />
Dass es dabei um die rigorose Kürzung von<br />
Versorgungsmengen für ärztlich verordnete Inkontinenzprodukte<br />
ging ist schon aus Datenschutzgründen<br />
mehr als bedenklich. Denn um<br />
solche Überprüfungen zu veranlassen, muss die<br />
Krankenkasse persönliche Daten ihrer Mitglieder<br />
an eine Fremdfirma weiterreichen. Nur mit Name<br />
und Anschrift des Patienten geht das nicht und auf<br />
jedem Rezept steht u.a. auch eine Diagnose. Was<br />
man mit solchen Daten anfangen kann hat vor gar<br />
nicht langer Zeit das Beispiel der Deutschen Telekom<br />
gezeigt, die Kundendaten an Callcenter weitergereicht<br />
hatte.<br />
Gleiches gilt für die Tatsache, dass Mitarbeiter<br />
der Firma OTOP unaufgefordert mit Patienten<br />
„Beratungsgespräche“ führen, dabei sensible<br />
medizinische Einzelheiten erfragen und daraus<br />
Empfehlungen für Kosten- (= Mengen-) reduzierte<br />
Versorgungen herleiten. So etwas wäre allenfalls<br />
eine Aufgabe des MDK. Selbst Krankenkassen<br />
haben kein Recht, genaue medizinische Informationen<br />
zu bekommen und ohne ausdrückliche<br />
schriftliche Erlaubnis dürfen sie Fremdfirmen noch<br />
weniger das Recht einräumen. Dass eine Krankenkasse<br />
Möglichkeiten sucht, Kosten einzusparen<br />
kann man ihr nicht verdenken. Dass sie dabei<br />
rigoros und inkompetent vorgeht, könnte man<br />
noch auf dem Kostendruck zurückführen. Dass die<br />
Patienten als schwächstes Glied in der Kette alles<br />
ausbaden müssen kennen wir auch schon. Doch<br />
in diesem Fall „kaufen Patienten nicht etwas bei<br />
ihrer Krankenkasse ein“, sondern sie sind durch das<br />
Gesetz zwangsweise verpflichtet, von ihrem Einkommen<br />
Beiträge für die Krankenversicherung zu<br />
zahlen, für die ihnen von der Krankenkasse neben<br />
anderem auch Hilfsmittel als Sachleistung zur Verfügung<br />
gestellt werden. Deshalb sind gesetzliche<br />
Krankenkassen auch Anstalten des öffentlichen<br />
Rechts, die durch den Bundesrechnungshof ge-<br />
prüft werden und verpflichtet sind, mit den ihnen<br />
anvertrauten Geldern ihrer Mitglieder sorgsam<br />
umzugehen.<br />
Die AOK Schleswig-Holstein entlohnt die Firma<br />
OTOP nämlich nicht nach Rezepten, Patientenzahlen<br />
oder Aufträgen. OTOP erhält von der AOK<br />
eine Provision als Prozentsatz der durch ihre Tätigkeit<br />
„eingesparten“ Beträge. Im Klartext: Je mehr<br />
zusammengestrichen wird, desto mehr verdient die<br />
Firma OTOP. Die Mitglieder werden also nicht nur<br />
schlechter versorgt als vorher, sie finanzieren über<br />
diese Provisionen aus ihren Mitgliedsbeiträgen<br />
ihre Schlechterversorgung sogar noch selbst. Das<br />
Sprichwort von den allerdümmsten Kälbern, die<br />
sich ihre Metzger selber suchen, passt an dieser Stelle<br />
leider nicht. Die gesetzliche Krankenversicherung<br />
ist eine Pflichtversicherung und der Wechsel zu einer<br />
anderen gesetzlichen Krankenkasse führt nicht<br />
notwendigerweise zu einem anderen Ergebnis.<br />
Denn OTOP bewirbt sich überall bei den Krankenkassen<br />
unter dem Motto „Wir sparen Ihnen Kosten<br />
ein und kosten Sie nichts, weil wir nur von den Beträgen<br />
Provision bekommen, die Sie durch unsere<br />
Arbeit nicht ausgeben müssen“. Ob es noch andere<br />
Krankenkassen gibt, die einen solchen – m. E. sittenwidrigen<br />
– Vertrag vereinbart haben weiß ich nicht.<br />
Die Vereinbarung rechtlich zu bewerten überlasse<br />
ich anderen. Ein erschreckendes Beispiel für eine<br />
echte „Spar-Schwein“erei ist sie garantiert!<br />
Text: Herbert Müller<br />
Herbert Müller<br />
Rechtsbeistand im Sozialrecht der Fördergemeinschaft<br />
d. Querschnittgelähmten in Deutschland e.V.<br />
Freiherr-vom-Stein-Str. 47<br />
56566 Neuwied-Engers<br />
tel 0 26 22-88 96-32; fax -36<br />
eMail: h.mueller@engers.de<br />
Kriterium für die „Ehrung“ ist<br />
die Kreativität der Begründung<br />
für eine Ablehnung.<br />
Je unsinniger, desto besser sind<br />
die Chancen. Ob man darüber<br />
eher schmunzelt oder sich mehr<br />
über die Ignoranz ärgert, bleibt<br />
jedem selbst überlassen.<br />
Vorschläge sind willkommen.<br />
PARAPLEGIKER 2/10 29
q – querschnitt spezial<br />
30<br />
BG Klinik Bergmannstrost<br />
in Halle/Saale:<br />
Moderne Medizin<br />
im Wandel der Zeit<br />
In unserer Serie über Behandlungszentren für Rückenmarkverletzte beschäftigen wir uns diesmal<br />
mit den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost, hier dem Zentrum für Rückenmarkverletzte<br />
und der Klinik für Orthopädie in Halle/Saale. Betroffenen und ihren Familien, die in ihrer<br />
Nähe eine Klinik suchen oder einen Ansprechpartner zum Thema Querschnittlähmung benötigen,<br />
sei die Internetseite der Fördergemeinschaft „www.fgq.de“ ans Herz gelegt. Dort findet man Kliniken,<br />
Ärzte, Sozialdienste und meist selbst betroffene erfahrene Berater.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Das Fundament für die Hochleistungsmedizin<br />
in Deutschland von heute wurde durch die Einführung<br />
der Sozialgesetze vor über 110 Jahren<br />
gelegt. Die 1884 eingeführte Unfallversicherung<br />
war und ist neben der Kranken- und Rentenversicherung<br />
Grundlage unseres sozialen Zusammenhaltes.<br />
Um die bis dahin unzureichende<br />
Heilbehandlung der Bergleute zu verbessern,<br />
wurde 1887 unter der Leitung von Bergassessor<br />
Bernhard Leopold mit der Planung eines Krankenhauses<br />
begonnen. Dank eines zügigen Bauablaufs<br />
konnte am 8. September 1894 das Krankenhaus<br />
Bergmannstrost eingeweiht werden.<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg diente der Standort<br />
als russisches Lazarett und ab 1947 als<br />
Das neue Bergmannsstrost,<br />
Luftaufnahme 2009.<br />
Krankenhaus der Allgemeinversorgung. Mit<br />
der Deutschen Vereinigung und dem Trägerwechsel<br />
1994 erstarkte das Bergmannstrost<br />
zum europaweit einzigartigen Leistungszentrum<br />
bei der Versorgung Unfallverletzter. Am<br />
04.12.1997, dem Tag der christlichen Märtyrerin<br />
und Schutzherrin der Bergleute, der heiligen<br />
Barbara, konnte der Klinikneubau eröffnet werden.<br />
Mit der Neueröffnung entstand mitten in<br />
Sachsen-Anhalt eines der modernsten Traumazentren<br />
Europas, mit dem Rückenmarkzentrum<br />
als eines der entscheidenden Leistungsträger.<br />
Seither wird das medizinische Hochleistungszentrum<br />
mit heute neun Fachkliniken und insgesamt<br />
452 Betten weiterentwickelt. Im neuen
Bergmannstrost in Halle werden sämtliche Verletzungen<br />
und deren Folgezustände behandelt. Damit<br />
steht das neue Bergmannstrost beispielhaft<br />
für eine Versorgung frisch verletzter Unfallopfer<br />
bis hin zur Rehabilitation.<br />
Somit hat sich auf Grundlage des Gesetzes zur<br />
Linderung der sozialen Not vor über 110 Jahren<br />
ein hocheffizientes und leistungsfähiges System<br />
der Versorgung von Unfallopfern entwickelt. Das<br />
berufsgenossenschaftliche Prinzip der Steuerung<br />
des Heilverfahrens über die Akutphase hinaus bis<br />
zur Wiedereingliederung wird seitdem stetig weiterentwickelt.<br />
Umfassendes Konzept<br />
Das Zentrum für Rückenmarkverletzte und die Klinik<br />
für Orthopädie der BG Klinik Bergmannstrost<br />
/ Halle hält im Rahmen des europaweit einzigartigen<br />
Polytraumakonzeptes (= vielfältige Ver-<br />
Anzeige<br />
Wirbelsäule nach operativer<br />
Stabilisierung.<br />
q – querschnitt spezial<br />
letzungen; Anm.d.Red.) eine effektive und spezialisierte<br />
Behandlung für Patienten mit frischer<br />
Querschnittlähmung vor. Das Rückenmarkzentrum<br />
setzt mit medizintechnischer Ausstattung<br />
und Angebotsvielfalt überregional Zeichen.<br />
Neben der Wirbelsäulenchirurgie und der intensivmedizinischen<br />
Betreuung in der Schockphase,<br />
wird die Nachsorge über Physio- und Ergotherapie,<br />
die Hilfsmittelanpassung bis hin zur Beratung,<br />
in Zusammenarbeit mit den Versicherern,<br />
zur Anpassung der Wohnsituation fortgeführt.<br />
Lebenslange Nachsorge und Check up sowie die<br />
unentbehrliche urologische Betreuung ist konzeptionell<br />
verankert.<br />
„Space Curle“ zur<br />
Rumpfstabilisierung.
q – querschnitt spezial<br />
32<br />
Auf Querschnittlähmung und Wirbelsäulenverletzung<br />
hoch spezialisierte Ärzte, Pflegepersonal,<br />
Physio- und Ergotherapeuten erfüllen das<br />
Konzept mit Leben und tragen zum Erfolg der<br />
ganzheitlichen Versorgung bei. Im Zentrum<br />
für Rückenmarkverletzte der BG-Kliniken Bergmannstrost<br />
wurden im Jahre 2009 insgesamt<br />
375 Patienten mit einer Querschnittlähmung<br />
behandelt. Davon waren über die Hälfte berufsgenossenschaftlich<br />
versichert.<br />
Neben den Erkrankungen der Wirbelsäule,<br />
die Lähmungen verursachen, werden auch<br />
sämtliche anderen Wirbelsäulenerkrankungen<br />
und orthopädischen Leiden behandelt. Das<br />
Spektrum umfasst Bandscheibenvorfälle, Korrekturen<br />
von Fehlstellungen, Skolioseaufrichtungen,<br />
tumoröse / entzündliche / rheumatische<br />
Instabilitäten. Minimalinvasive Techniken<br />
finden unter Verwendung moderner Implantate,<br />
biologischer Transplantate, Schmerztherapie,<br />
Medikamentenpumpen und Schmerzsonden<br />
am Rückenmark statt.<br />
Weitere Therapien<br />
• Plastische Deckung schwerer Weichteildefekte,<br />
• Versorgung von Extremitätenverletzungen bei Querschnittgelähmten,<br />
• Entfernung von Gelenkverknöcherungen sämtlicher Gelenke,<br />
• Endoprothesen, Kunstgelenkersatz von Hüft- und Kniegelenken,<br />
• Gelenkspiegelungen: orthopädisch / arthroskopische Gelenkchirurgie<br />
(Knie-, Hüft-, Schulter- Sportverletzungen),<br />
• Muskelersatzoperationen inkl. Neuroprothesen bei Tetraplegikern,<br />
• Spastiktherapie.<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Das Zentrum für Rückenmarkverletzte und die<br />
Klinik für Orthopädie sind die konsequente<br />
Fortsetzung des Prinzips einer Versorgung unter<br />
dem Motto „Alles aus einer Hand“. Dies beginnt<br />
mit dem Polytraumakonzept in der Rettungsstelle<br />
und setzt sich in der operativen Versorgung<br />
der Verletzungen der Wirbelsäule über<br />
die intensivmedizinische Phase des spinalen<br />
Schocks, Eingliederung in das gesellschaftliche<br />
und berufliche Leben und lebenslange Nachsorge<br />
fort.<br />
Text: Dr. med. Volker Mall, Oberarzt<br />
Fotos: BG Kliniken Bergmannstrost, Halle<br />
Kontakte<br />
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannstrost<br />
Zentrum für Rückenmarkverletzte<br />
Merseburger Str. 165<br />
06112 Halle/Saale<br />
Sekretariat: Frau Kalbitz/Frau Beyer<br />
Telefonzentrale: 03 45-1 32 60<br />
www.qz-halle.de<br />
Für Fragen aller Art:<br />
Direktor des Zentrums für Rückenmarkverletzte:<br />
Dr. Klaus Röhl<br />
tel 03 45-1 32-63 11<br />
roehl@qz-halle.de<br />
Leiter Neuro-Urologie: Dr. Andreas Redecker<br />
Sekretariat: Frau Schlegel<br />
tel 03 45-1 32-74 30<br />
andreas.redecker@bergmannstrost.com<br />
Sozialdienst:<br />
Petra Kücker<br />
tel 03 45-1 32-75 45<br />
petra.kuecker@bergmannstrost.com<br />
FGQ-Berater:<br />
Christoph Kuliberda<br />
tel 03 45-1 32-75 76<br />
kuliberda@qz-halle.de<br />
Thorsten Staar<br />
Haselnussweg 18<br />
06120 Halle<br />
tel 03 45-29 00 870<br />
fax 03 45-29 00 871<br />
thorsten.staar@t-online.de
q – querschnitt spezial<br />
<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-<br />
Studie gesucht<br />
Für eine so genannte Defäkographie-Studie<br />
über einen Zeitraum von sechs Monaten werden<br />
von der Orthopädischen Universitätsklinik<br />
Heidelberg Teilnehmer mit einer kompletten<br />
Paraplegie gesucht.<br />
Die Auswirkung der Querschnittlähmung auf die Darmfunktion ist ein<br />
bisher ungelöstes Problem. Bei etwa der Hälfte aller querschnittgelähmten<br />
Patienten treten Abführprobleme und Stuhlunregelmäßigkeiten auf.<br />
Blähungen, Schmerzen, Unwohlsein, ungewollte Stuhlabgänge und vermehrte<br />
Spastizität oder auch eine reflektorische Störung der Blasenfunktion<br />
treten oft als Begleitsymptome auf. Etwa 23% der Querschnittpatienten<br />
werden wegen gestörter Darmentleerung stationär behandelt.<br />
Die Dauer der Querschnittlähmung, das Vorhandensein einer kompletten<br />
Lähmung und die Selbstständigkeit des Patienten sind Faktoren, die eine<br />
erfolgreiche Darmrehabilitation beeinflussen können. Die „Darmrehabilitation“<br />
bei Tetra- und <strong>Paraplegiker</strong>n gründet sich überwiegend auf<br />
erfahrungsbasierten Methoden, die sich bis heute in den Spezialzentren<br />
für Querschnittlähmung bewährt haben. Primär wird der Entleerungsrhythmus<br />
mit Hilfe von Laxantien (Abführmitteln) im Sinne eines Darm-<br />
Managements angestrebt. Aktuell gibt es jedoch keine objektiven Messverfahren<br />
für die Überlegenheit einer bestimmten Abführmethode bei<br />
einem bestimmten Lähmungstyp.<br />
Mittels MR-Defäkographie ist es möglich die Dynamik der Stuhlentleerung<br />
darzustellen und mögliche Störungen im Ablauf der Stuhlentleerung<br />
besser zu verstehen und zu behandeln.<br />
Wie läuft die MR-Defäkographie ab?<br />
Die MR-Defäkographie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem es<br />
möglich ist den Ablauf der Stuhlentleerung darzustellen. Um zeitliche<br />
Verzögerungen zu vermeiden, ist es notwendig, dass der MRT Termin<br />
mit dem Abführtag übereinstimmt. Während der Untersuchung<br />
sollten Sie sich entspannt auf die linke Seite legen. Nach Füllung des<br />
Enddarmes mit Kontrastmittel (Ultraschallgel) wird der Prozess der<br />
Stuhlentleerung eingeleitet und über einen anal aufklebbaren Beutel<br />
(Fäkal-Kollektor) aufgefangen.<br />
Ausschlusskriterien für die Untersuchung sind beispielsweise Herzschrittmacher.<br />
Wir bitten Sie zur Untersuchung einen aktuellen Kreatinin-Wert<br />
mitzubringen. Wir suchen insgesamt 20 bis 30 Patienten, die<br />
als Probanden an der Studie teilnehmen möchten.<br />
Die klinische und kernspintomographische Untersuchung in der Radiologischen<br />
Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg<br />
dauert (inklusive Aufklärung) ca. 90 Minuten und beinhaltet:<br />
MR-Defäkographie,<br />
ASIA Untersuchung (Dokumentation des<br />
bestehenden Lähmungsausmaßes),<br />
Fragebogen zur neurogenen Darmlähmung,<br />
SkARV Test.<br />
Zur Verfügung stehende Untersuchungszeiten: Montag bis Freitag ab<br />
16 Uhr, sowie Samstag nach Absprache. Die Untersuchung erfolgt nur<br />
an Abführtagen. Die Koordination der Termine erfolgt über Herrn cand.<br />
med. B. Wagner. Nach Ablauf der Studie werden wir Sie über die Ergebnisse<br />
informieren.<br />
Für die Anfahrt wird eine Aufwandsentschädigung von 50 € erstattet.<br />
Für weitere Fragen und Informationen stehen wir Ihnen unter folgender<br />
Telefonnummer gerne zur Verfügung:<br />
Frau Dr. med. C. Putz: 0 62 21-96-5<br />
Oder eMail: Cornelia.Putz@med.uni-heidelberg.de<br />
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q – querschnitt spezial<br />
34<br />
Was ist eigentlich –<br />
Der „Brindley Stimulator“?<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Laien sprechen vom „Brindley-Stimulator“, einer „Blasenstimulator-OP“<br />
oder gar vom „Blasenschrittmacher“. Der letztgenannte<br />
Ausdruck ist unzutreffend, denn es handelt sich nicht um einen<br />
Schrittmacher mit einer eigenen Energiequelle wie z. B. ein Herzschrittmacher.<br />
Die anderen Begriffe berücksichtigen nicht den wichtigsten<br />
Teil dieses Behandlungsverfahrens, die sakrale Deafferentation.<br />
Die gesunde Harnblase hat zwei Funktionen:<br />
Speichern (Reservoir) und Entleeren (Miktion).<br />
99 % der Zeit ist die Blase ein Reservoir. Die<br />
Miktion ist eine kurzdauernde Funktionsphase<br />
mit Druckerhöhung, die max. 1 % der Tageszeit<br />
andauert. Das funktioniert durch ein fein aufeinander<br />
abgestimmtes Steuerungssystem in<br />
Zentren des Gehirn und des Rückenmarks. Dabei<br />
kommt es während der Blasenentleerung zu<br />
einer Kontraktion (Zusammenziehung) der Blasenmuskulatur<br />
mit Öffnung des Blasenhalses<br />
und gleichzeitiger Entspannung des äußeren<br />
Schließmuskels, so dass eine koordinierte, zügige<br />
und restharnfreie Entleerung stattfindet.<br />
Anders die gelähmte Harnblase: Nach Überwinden<br />
des spinalen Schocks mit schlaffer<br />
Lähmung aller Körperfunktionen ändert sich<br />
je nach Schädigungshöhe des Rückenmarks<br />
das Blasenlähmungsbild. Bei Schädigungen<br />
etwa vom ersten Lendenwirbel und darunter<br />
entwickelt sich eine schlaffe Blasenlähmung.<br />
Bei Schädigungen oberhalb kommt es zu einer<br />
spastischen Blasenlähmung. (Mischformen<br />
sind möglich.) Bei kompletter Lähmung ist die<br />
Steuerung über das Blasenreflexzentrum vollständig<br />
ausgefallen. Für die genaue Klassifizierung<br />
der Blasenlähmung ist die Video-Urodynamik<br />
das wichtigste diagnostische Werkzeug.
Dies ist eine Kombination aus Blasendruckmessung<br />
und Röntgendarstellung der Harnblase<br />
mit Kontrastmittel.<br />
Eine spastische Blasenlähmung führt zur Reflexharninkontinenz.<br />
Dabei besteht ein erhöhtes<br />
Risiko von Harnwegsinfektionen (HWI) und<br />
längerfristig das Risiko der Schädigung der<br />
Nierenfunktionen. Es kommt zur spastischen<br />
Kontraktion des äußeren Schließmuskels (externer<br />
Sphinkter), so dass die Harnentleerung<br />
durch den Aufbau eines hohen Entleerungswiderstandes<br />
behindert oder sogar verhindert<br />
wird (Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie).<br />
Bei Querschnittlähmungen oberhalb von Th<br />
6 können autonome Dysreflexien auftreten, d.<br />
h. es kommt durch die spastische Aktivität der<br />
Harnblase zu abrupten heftigen krisenhaften<br />
Blutdrucksteigerungen, meist verbunden mit<br />
Schwitzen und heftigsten Kopfschmerzen. Je<br />
nach Lebensalter bedeutet das ein erhöhtes<br />
Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies ist<br />
eine lebensbedrohende Situation. Solch eine<br />
autonome Dysreflexie gilt in der Neuro-Urologie<br />
als ein Notfall.<br />
Die Operationsmethode<br />
Brindley forschte 1969-1978 an der Entwicklung<br />
eines Implantates und der externen<br />
Steuerung zur Sakralwurzelstimulation, um so<br />
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q – querschnitt spezial<br />
eine Implantat gesteuerte Blasenentleerung<br />
zu erreichen. Zu Beginn wurden die sakralen<br />
Vorder- und Hinterwurzeln soweit möglich nur<br />
voneinander getrennt, u. a. S 2 und S 3. Sauerwein<br />
war der erste Operateur, der die sensiblen<br />
Hinterwurzeln von S 4 und wenn notwendig<br />
auch von S 5 separieren konnte und<br />
durchtrennte, ohne dabei die motorischen<br />
Vorderwurzeln zu verletzen (Sept.1986). Die<br />
vollständige Separation und Durchtrennung<br />
der sensiblen Hinterwurzeln S 2 bis S 5 wird als<br />
sakrale Deafferentation bezeichnet (SDAF).<br />
Heute ist die SDAF und die SARS ein etabliertes<br />
Verfahren. Nach erfolgreicher SDAF von S 2 bis<br />
S 5 auf beiden Seiten wird die spastische Harnblasenreaktion<br />
vollständig ausgeschaltet (Prof.<br />
D. Sauerwein). Damit wird die Reservoirfunktion<br />
der Harnblase wieder hergestellt und Harnkontinenz<br />
erreicht. Durch das Einlegen von<br />
Elektroden in den offenen Wirbelkanal, in die<br />
die motorischen Vorderwurzeln gelegt werden,<br />
wird eine kontrollierte Blasenentleerung<br />
durch Elektrostimulation (SARS) möglich. Die<br />
angeschlossenen Elektroden werden hierzu<br />
mit einem unter die Haut platzierten Empfänger<br />
verbunden. Die Harnblasenentleerung erfolgt<br />
durch Auflegen des Senders auf die Haut<br />
exakt über dem implantierten Empfänger, der<br />
über die Kabel zu den Elektroden mit den Sakralnerven<br />
in Verbindung steht.<br />
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q – querschnitt spezial<br />
Die Programmierung<br />
findet<br />
nach der Operation<br />
und nach<br />
abgeschlossener<br />
Wundheilung<br />
statt. Die Blasenentleerung<br />
durch Triggern<br />
ist dann nicht<br />
mehr möglich.<br />
36<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Die Elektrostimulation erfolgt über ein Steuergerät.<br />
Die Programmierung findet nach der<br />
Operation und nach abgeschlossener Wundheilung<br />
statt. Die Blasenentleerung durch Triggern<br />
ist dann nicht mehr möglich. Unabhängig von<br />
der Vorderwurzelstimulation bleibt dem Querschnittgelähmten<br />
die Möglichkeit der Harnblasenentleerung<br />
durch intermittierenden Katheterismus<br />
(ISK) erhalten (z. B. für Notfälle, bei<br />
Defekt des Steuergerätes oder Funktionsverlust<br />
des Implantates).<br />
Indikationen<br />
• Drohender, fortschreitender Verlust von Nie-<br />
•<br />
renfunktion und/oderReflexharninkontinenz<br />
häufig wiederkehrende, insbesondere fie-<br />
•<br />
berhafte Harnwegsinfektionen<br />
strukturelle Schädigungen des unteren<br />
Harntraktes (z.B. Christbaumblase) und/oder<br />
des oberen Harntraktes (z. B. Harnstauung,<br />
•<br />
Reflux)<br />
autonome Dysreflexie (Bluthochdruckkri-<br />
•<br />
sen)<br />
Fehlschlag konservativer Therapiemaßnahmen<br />
(anticholinerge Therapie und intermit-<br />
•<br />
tierender Katheterismus)<br />
Fehlschlag minimalinvasiver Behandlungen<br />
(Schließmuskeleinkerbung bei querschnittgelähmten<br />
Männern, Botulinum-Toxin-A-<br />
Injektionen (Botox®) mit intermittierendem<br />
Katheterismus)<br />
Patientenauswahl<br />
• Motorisch und sensibel komplette Querschnittlähmung,<br />
(in Ausnahmefällen auch<br />
inkomplette Läsionen nach einer detaillier-<br />
•<br />
ten neurologischen Untersuchung)<br />
Intakter sakraler Reflexbogen S2-S5: spasti-<br />
•<br />
sche Blasenlähmung<br />
Intakte Blasenmuskelfunktion:<br />
- normale Dehnungsfähigkeit der Harnblase<br />
- kein bindegewebiger Umbau der Blasenwand<br />
(Fibrosierung)<br />
- keine myogene Schädigung (keine Über-<br />
•<br />
dehnungsschädigung)<br />
Sicheres Langzeitkonzept der medizinischen<br />
und sozialen Versorgung des Querschnittgelähmten<br />
Komplikationen<br />
Diese Darstellung kann und will nicht das notwendige<br />
Beratungsgespräch mit einem erfahrenen<br />
Neuro - Urologen ersetzen. Deshalb wird<br />
hier nur auf einige wichtige Komplikationmöglichkeiten<br />
eingegangen.<br />
Frühkomplikationen:<br />
• Infektion<br />
- Trotz Beachtung von makellosen Hautverhältnissen,<br />
einer voroperativen Ganzkörperdesinfektion<br />
und einer perioperativen<br />
antibiotischen Prophylaxe sind bakterielle<br />
Infektionen im Operationswundgebiet und<br />
am Implantat nicht zu 100 Prozent zu verhindern.<br />
- Wenn es zu einem solchen Ereignis kommt,<br />
muss das Implantat entfernt werden, um<br />
Folgeerkrankungen, wie Hirnhautentzündung,<br />
Gehirnentzündung oder Knochenentzündung<br />
zu vermeiden.<br />
– Die Entfernung des Implantates führt zum<br />
Verlust der SARS, aber die Wirkung der SDAF<br />
wird nicht aufgehoben. Die Blasenentleerung<br />
muss dann durch Einmalkatheterismus<br />
stattfinden.<br />
- Nach Ausheilung der Infektion ist eine Neueinpflanzung<br />
eines Implantates möglich.<br />
• Liquorfistel<br />
- Das Gehirn und das Rückenmark sind innerhalb<br />
der Hirnhäute schwimmend vor Stößen<br />
geschützt im Hirnwasser (Liquor) gelagert.<br />
- Die Elektrodenkabel werden durch eine Art<br />
“Schornstein“ hindurch aus dem Wirbelkanal<br />
ausgeleitet. Um den “Schornstein“ herum<br />
werden die Hirnhäute durch eine wasserdichte<br />
Naht verschlossen.<br />
- Kommt es hier zu einer Heilungsstörung,<br />
tritt Liquor aus (Liquorfistel). Eine Zweitoperation,<br />
um diese Fistel zu verschließen,<br />
kann erforderlich werden, sofern Kopftief -<br />
lagerung nicht zu einem Spontanverschluss<br />
führt.<br />
Spätkomplikationen:<br />
• Implantatdefekte (Spätkomplikation):<br />
- Defekte am Empfänger oder Kabelbrüche.<br />
- Geeignete Untersuchungen lassen Defekte<br />
des Steuergerätes und des Implantates<br />
unterscheiden.<br />
- Bei plötzlichem Funktionsausfall muss durch<br />
Einmalkatheterismus eine Überdehnungs
schädigung der Blasenmuskulatur vermieden<br />
werden. (Volumen kleiner als 500 ml!)<br />
- Je nach Art des Defektes kann durch Austausch<br />
des Empfängers, durch Kabelreparatur<br />
oder durch Einsetzen eines kompletten<br />
neuen Implantates die Funktion wieder hergestellt<br />
werden.<br />
• Überdehnungsschädigung<br />
- Der Blasenfüllungszustand wird von Querschnittgelähmten<br />
nicht oder nur durch sehr<br />
unbestimmte Signale wahrgenommen. So<br />
kann es zur Überfüllung der Harnblase mit<br />
Überdehnung der Blasenmuskulatur kommen<br />
und die Blasenentleerung mittels SARS<br />
kann versagen.<br />
- Dann Einmalkatheterismus bis sich die<br />
Harnblase von der Überdehnung erholt hat.<br />
Dies kann Tage aber auch Wochen dauern.<br />
Nachsorge<br />
Die erste Nachsorge findet 6 Monate nach der<br />
Operation statt. Meistens müssen die Stimulationsparameter<br />
sowohl für die Blasenentleerung<br />
als auch für die Stuhlregulierung nachjustiert<br />
werden. Im weiteren Verlauf sind regelmäßige<br />
jährliche Nachsorgeuntersuchungen anzuraten,<br />
um die vollständige SDAF und die regelrechte<br />
Funktion der SARS zu überprüfen und<br />
je nach Notwendigkeit Korrekturen vorzunehmen.<br />
Harnwegsinfektionen sind in aller Regel<br />
nur noch ein seltenes Problem.<br />
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Es gibt in der Medizin leider keine Erfolgsquote<br />
von 100 %. Nach der letzten Auswertung der<br />
Bad Wildunger Ergebnisse in 2007 gelang eine<br />
vollständige Deafferentation in 95,2 % (464<br />
Operationen). Die mittlere Blasenkapazität lag<br />
danach bei 476 ml. Bei 83 % der Patienten bestand<br />
Kontinenz. 95 % der Patienten nutzten die<br />
SARS für die Blasenentleerung und 91 % für die<br />
Stuhlregulierung. Die HWI-Rate fiel von 6,3 Infektionen<br />
pro Jahr vor Durchführung der SDAF<br />
auf 1,2 HWIs pro Jahr nach der Operation.<br />
Von allen Behandlungsmethoden bei spastischer<br />
Blasenlähmung infolge einer erworbenen<br />
Querschnittlähmung ist die SDAF und SARS die<br />
dauerhaft verlässlichste. Für eine erfolgreiche<br />
Diagnostik, Patientenauswahl, Durchführung<br />
der Operation und Nachbehandlung sowie<br />
auch für die Beherrschung von möglichen Komplikationen<br />
ist ein erfahrenes Team Voraussetzung.<br />
Der Autor und sein chefärztlicher Partner<br />
Dr. med. B. Domurath sowie das ganze Mitarbeiterteam<br />
stehen gerne zur weiteren Beratung<br />
zur Verfügung.<br />
Text:<br />
Dr. med. J. Kutzenberger<br />
Facharzt für Urologie<br />
Chefarzt Klinik für Neuro-Urologie<br />
An der Werner Wicker Klinik<br />
34537 Bad Wildungen<br />
jkutzenberger@werner-wicker-klinik.de<br />
q – querschnitt spezial<br />
Von allen Behandlungsmethoden<br />
bei<br />
spastischer<br />
Blasenlähmung<br />
infolge einer<br />
erworbenen<br />
Querschnittlähmung<br />
ist die<br />
SDAF und SARS<br />
die dauerhaft<br />
verlässlichste.<br />
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Jeder Sportler<br />
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...Blutdruckspitzen<br />
bis zu<br />
200/120 mmHg<br />
und mehr, die<br />
bei hoher Querschnittlähmung<br />
oft auftreten.<br />
Dieses Risiko<br />
wurde durch die<br />
OP beseitigt.<br />
„Querschnitt-Tuning“ aus Patientensicht (1):<br />
Der Brindley<br />
Aufklärung gehört heute standardmäßig zum Schulunterricht.<br />
Früher war das anders. Da erfolgte die auf der Straße, in der Schule,<br />
unter Freunden usw. Man kannte einen, der kannte einen, der wusste:<br />
Das kann so oder so sein oder auch anders… Aber genau das<br />
verunsichert bis heute viel zu oft auch Menschen, die das Leben mit<br />
einer Querschnittlähmung für sich zu organisieren haben. Halbwahrheiten,<br />
undefinierbare Ängste, Spekulationen und Fantasien blockieren<br />
deshalb manchmal Chancen, die der Fortschritt der Medizin<br />
ihnen heute ermöglicht.<br />
Beispiel Brindley: Vor sieben Jahren habe ich zu<br />
diesem Thema mit Unterstützung der Fachmediziner<br />
in den deutschen Querschnittzentren eine<br />
ausführliche Befragung von operierten Personen<br />
durchgeführt. Bis dahin waren in Deutschland<br />
ca. 700 Brindley-Operationen erfolgt. 101 Personen<br />
haben den ausgefüllten Bogen zurückgeschickt,<br />
also jeder siebte. Damit<br />
ist diese Befragung viel reprä-<br />
sentativer als jeder “Deutschlandtrend“<br />
im Fernsehen. 93<br />
von ihnen fanden ihre Entscheidung<br />
für die OP richtig. Sie<br />
würden sich auch erneut dafür<br />
entscheiden. In zwei weiteren,<br />
mir bekannten Fällen wurde<br />
die Erwartung – Entleerung der<br />
Blase mit Brindley – zwar nicht<br />
erfüllt, aber bei beiden war das<br />
nicht der eigentliche OP-Grund,<br />
sondern die Vermeidung von<br />
lebensgefährlichen Blutdruckspitzen<br />
bis zu 200/120 mmHg<br />
und mehr, die bei hoher Querschnittlähmung<br />
oft auftreten.<br />
Dieses Risiko wurde durch die<br />
OP beseitigt. Allerdings müssen beide jetzt trotz<br />
OP – also wie vorher – weiter katheterisieren.<br />
Das aber, weil sich der Blasenschließmuskel auch<br />
durch den Stimulator nicht davon überzeugen<br />
ließ, seine Aufgabe zu erfüllen, ohne die vorher<br />
benötigten zusätzlichen Medikamente mit allen<br />
Nebenwirkungen, die oft beim ISK (Intermittierender<br />
Selbstkatheterismus) erforderlich sind.<br />
Dem gegenüber stehen die vielen anderen Fälle,<br />
nämlich die Tetraplegiker, die nicht mehr fünf- bis<br />
sechsmal täglich mit Fremdhilfe katheterisiert<br />
werden müssen, sondern nur noch morgens Hilfe<br />
beim Kleben eines Kondoms benötigen (vielleicht<br />
noch nicht einmal das), weil sie ohne fremde Hilfe<br />
tagsüber mittels Brindley ihre Blase in einen Beinbeutel<br />
entleeren können.<br />
Da gibt es auch die Frauen die nicht mehr in permanent<br />
feuchten Windeln herumfahren müssen,<br />
weil die Nebenwirkungen der Medikamente zu<br />
stark wären und weil sie “bauartbedingt“ auch<br />
kein Kondom tragen können. Und da gibt es diejenigen,<br />
die viel auf Reisen sind und nicht für eine<br />
Woche Urlaub einen ganzen Karton Katheter mit<br />
einpacken wollen und, und, und... Weitere Gründe<br />
kann sich jeder selbst ausdenken.<br />
Ein ganz besonders wichtiger Aspekt darf nicht<br />
vergessen werden: Viele Menschen mit einer<br />
Querschnittlähmung quälen sich regelmäßig<br />
mit Harnwegsinfekten, die auf Dauer auch Blase<br />
und Nieren schädigen. Bei der Leerung der Blase<br />
durch den Brindley (vier- bis fünfmal täglich, bei<br />
Bedarf eventuell auch häufiger) infizieren sie sich<br />
nur noch sehr selten – meist ein oder zweimal im<br />
Jahr. Weil sie keine spastische Blase mehr haben<br />
geht es ihnen wie allen Menschen, auch ohne<br />
Handikap, die, oft ohne dass sie es bemerken,<br />
von Zeit zu Zeit einen Harnwegsinfekt haben,<br />
der ohne Antibiotika nach wenigen Tagen wieder<br />
von selbst verschwindet.
Zeitgewinn<br />
Doch nicht nur die Versorgung der Blaseninkontinenz<br />
macht einen großen Schritt nach vorne.<br />
Auch die bei einer Querschnittlähmung fast immer<br />
vorhandene Inkontinenz des Mastdarms<br />
lässt sich mit einem Brindley wesentlich besser in<br />
den Griff bekommen. Auch wenn die Mediziner<br />
den Erfolg dabei grundsätzlich nicht versprechen<br />
(denn der Grund für die OP ist ja die Blaseninkontinenz)<br />
und nur davon sprechen, dass in zwei von<br />
drei Fällen auch die Entleerung des Darms vereinfacht<br />
wird, sehen nach dieser Umfrage die Zahlen<br />
ganz anders aus. Bei 90 % von ihnen haben sich<br />
die Zeiten, die sie dafür aufwenden müssen, erheblich<br />
verkürzt. Beispiele: Aus drei Stunden sind<br />
30 Minuten geworden, aus zwei Stunden 10 bis<br />
15 Minuten usw. Wer vorher jeden zweiten Tag<br />
eine Stunde für eine Sitzung einplanen musste<br />
freut sich darüber, dass es jetzt nur noch ca. 10<br />
Minuten dauert, eine so kurze Zeit, dass sie gar<br />
nicht vorgeplant werden muss. (Da spreche ich<br />
aus eigener Erfahrung).<br />
Und dann gibt es auch noch die „Stufe III“... Die<br />
funktioniert manchmal, manchmal nicht und<br />
manchmal nicht zufriedenstellend. Dafür sollte<br />
man eine solche OP sicher nicht in Erwägung<br />
ziehen. Aber wie heißt es so schön: „Es spielt sich<br />
sowieso alles im Kopf ab“.<br />
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q – querschnitt spezial<br />
Auch mit einer anderen Verunsicherung kann ich<br />
aufräumen: Wenn jemand sensibel inkomplett<br />
ist, kann im „Reithosenbereich“ eventuell noch<br />
vorhandene Sensibilität verloren gehen. Dass<br />
die Ärzte darauf hinweisen, damit man ihnen das<br />
später nicht zum Vorwurf macht ist verständlich.<br />
Aber ob es wirklich dazu kommt, ist von Fall zu<br />
Fall unterschiedlich. Auch da<br />
spreche ich aus eigener Er-<br />
fahrung.<br />
Auf die Frage, was an der<br />
Brindley-OP und den Folgen<br />
negativ sei gab es bei<br />
der Umfrage – wenn überhaupt<br />
– überwiegend zwei<br />
Antworten: Erstens: Die drei<br />
Tage vor der OP, in denen<br />
der Darm mit literweise eklig<br />
schmeckendem Abführmittel<br />
ratzeputz geleert wurde.<br />
Da muss man einfach durch.<br />
Zweitens (aber das soll inzwischen<br />
besser sein): Der Ärger und die Angst<br />
wenn ein Stimuliergerät aus technischen Gründen<br />
ausfällt. Die Stimuliergeräte sind im Laufe<br />
der Zeit nicht nur sicherer geworden und fallen<br />
seltener aus. Inzwischen akzeptieren auch fast<br />
alle Krankenkassen, dass ein Brindley-Benutzer<br />
aus Sicherheitsgründen auch ein Zweitgerät zur<br />
Wenn jemand<br />
sensibel inkomplett<br />
ist, kann im<br />
„Reithosenbereich“<br />
eventuell<br />
noch vorhandene<br />
Sensibilität<br />
verloren gehen.<br />
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40<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Für eine Brindley-OP<br />
muss<br />
man erfahrungsgemäß<br />
fünf bis<br />
sechs Wochen<br />
Krankenhausaufenthalteinkalkulieren.<br />
Blasenentleerung braucht. Falls es Ärger mit der<br />
Kasse geben sollte: Als Rechtsbeistand der FGQ<br />
habe ich bisher alle Auseinandersetzungen zu<br />
diesem Thema zu einem positiven Ende führen<br />
können.<br />
Für eine Brindley-OP muss man erfahrungsgemäß<br />
fünf bis sechs Wochen Krankenhausaufenthalt<br />
einkalkulieren: Zwei bis drei Wochen<br />
Vorlauf mit allen möglichen Untersuchungen<br />
und ca. drei Wochen bis man wieder im Rollstuhl<br />
durch die Gegend fahren kann. Früher<br />
dauerte eine solche Operation acht bis zehn<br />
Stunden. Aber auch hier hat sich einiges geändert.<br />
Normalerweise benötigen die Operateure<br />
heute nur noch die<br />
Hälfte der Zeit, um zuerst die<br />
Sakralnerven ganz am unteren<br />
Ende der Wirbelsäule zu<br />
trennen und dann, im linken<br />
oder rechten Unterbauch, den<br />
stromlosen Empfänger zu implantieren.<br />
Die Stimulation erfolgt<br />
später durch einen kleinen<br />
Sender, ungefähr so groß<br />
wie eine Zigarettenschachtel,<br />
mit einem kleinen Sender,<br />
der auf die Bauchdecke aufgelegt<br />
wird und den Blasenschließmuskel<br />
aktiviert. Vier<br />
bis fünf Mal am Tag wird die<br />
Blase so völlig entleert und wenn man einmal<br />
mehr getrunken hat als üblich, schadet es auch<br />
nicht der Gesundheit falls man das dann öfter<br />
macht. Nur überdehnen sollte man die Blase<br />
auch bei der funktionellen Elektrostimulation<br />
nicht. Denn dann erschlafft sie im Laufe der<br />
Zeit. Aber wenn nur gelegentlich einmal mehr<br />
als die ärztlicherseits empfohlene Menge von<br />
ca. 500 bis 600 ml Blaseninhalt überschritten<br />
wird, passiert nichts – außer einem strengen<br />
Blick, den man zu erwarten hat, wenn man das<br />
bei dem obligaten jährlichen Check wirklich<br />
berichtet...<br />
Rechtsanspruch<br />
Die Angst vor der „Maschine“ im Bauch ist<br />
nur mental zu begründen. Denn sehen kann<br />
man den Empfänger von außen nicht und<br />
wer macht sich solche Gedanken bei einem<br />
künstlichen Hüftgelenk oder einer künstli-<br />
chen Herzklappe, die zu Tausenden implantiert<br />
werden?<br />
Nicht für jeden ist eine Brindley OP die optimale<br />
Lösung seiner Inkontinenzprobleme.<br />
Das hängt vom Einzelfall ab. Denn auch andere<br />
Lösungen wie z. B. Botox, ISK oder Urinalkondome<br />
haben ihre Vor- und Nachteile und<br />
ihre Berechtigung, in manchen Ausnahmefällen<br />
sogar Dauerkatheter (suprabubisch oder<br />
durch die Harnröhre). Vor einer Entscheidung<br />
sollte man aber immer unvoreingenommen<br />
informiert sein und diese dann zusammen<br />
mit den qualifizierten Medizinern einer Neurourologie<br />
getroffen werden, die Erfahrungen<br />
mit Querschnittlähmung haben z. B. in den<br />
Querschnittzentren mit eigener Neurourologie.<br />
Auf die Behandlung dort haben Querschnittgelähmte<br />
einen Rechtsanspruch (u. a.<br />
SG Freiburg Az S 11 KR 3430/04). Man sollte<br />
sich also von seiner Krankenkasse nicht zu einer<br />
Behandlung in einer “normalen“ Urologie<br />
drängen lassen, egal wo diese angesiedelt ist,<br />
nur weil die Kasse dadurch (kurzfristig) ein<br />
paar EURO spart.<br />
Zitat eines Tetraplegikers seit einem Unfall<br />
Ende der 80-er Jahre, der 2008 operiert wurde:<br />
„Hätte ich gewusst wie gut ich damit zurecht<br />
komme, hätte ich schon seit zwanzig<br />
Jahren einen Brindley. Aber ich habe die ganze<br />
Zeit nicht nur Positives gehört, sondern<br />
vor allem viel Negatives. Darum habe ich die<br />
Entscheidung immer wieder vor mir hergeschoben.“<br />
Klar, denn die negativen Berichte<br />
kommen von den (wenigen) Leuten, bei denen<br />
es nicht geklappt hat oder bei denen<br />
falsche Erwartungen nicht erfüllt wurden. Die<br />
sind es vor allem, die man in der Klinik trifft.<br />
Denn die anderen kommen einmal im Jahr<br />
ambulant zu einem Check oder höchstens für<br />
ein paar Tage stationär. Und außerdem: Wie<br />
überall sind auch hier negative Geschichten<br />
viel interessanter als positive und damit sind<br />
wir wieder am Anfang: „Ich kenne jemand, der<br />
kennt jemanden...“<br />
Text: Herbert Müller
Stomaträger im Internet:<br />
Selbsthilfe<br />
einmal anders<br />
medizin<br />
Das Internet ist als meistgenutzte Informationsquelle oft sehr<br />
unübersichtlich. Das gilt auch für das Thema Behinderung.<br />
In direktem Kontakt mit anderen Betroffenen lassen sich hilfreiche<br />
Fakten und Erfahrungen besser bewerten.<br />
Viele der großen Selbsthilfevereine nutzen das Internet als zusätzliches Angebot. Es<br />
haben sich aber auch ganz eigenständige Plattformen im Netz entwickelt. Zum Beispiel<br />
„stoma-welt.de“, eine Selbsthilfeplattform, die über das weitgehend tabuisierte Thema<br />
künstlicher Darmausgang und künstliche Harnableitung informiert. Stomaträger, deren<br />
Angehörige und Interessierte finden ein umfangreiches Informationsangebot, vom Basiswissen<br />
über Stoma und Stomaversorgung bis hin zu ganz alltäglichen Problemen wie<br />
Umgang mit der eigene Behinderung in der Familie und unter Freunden, Auswirkungen<br />
auf Beruf, Sport, Reisen usw.<br />
Virtuelle Selbsthilfe<br />
Und falls doch einmal keine Antwort zu finden ist, gibt es noch Stoma-Forum.de, Teil der<br />
Stoma-Welt. Eine virtuelle Selbsthilfegruppe, in der sich Stomaträger an sieben Tagen in<br />
der Woche, 24 Stunden am Tag treffen, Fragen stellen und Antworten geben und ihre Erfahrungen<br />
austauschen. Ein Treffpunkt für Stomaträger aus allen deutschsprachigen Ländern.<br />
Während es in vielen anderen Foren oft laut und ungemütlich zugeht, fühlt man sich<br />
dort gleich aufgenommen und verstanden. Denn hier treffen sich Menschen, die alle dasselbe<br />
durchgemacht haben. Wie wichtig solche Treffpunkte im Internet geworden sind,<br />
zeigen die Besucherzahlen auf Stoma-Welt.de. Im Moment sind es Monat für Monat mehr<br />
als 25 000 Besucher. Darunter nicht nur Stomaträger, wie sich die Betroffenen selbst nennen,<br />
sondern auch Angehörige, Pflegefachkräfte und andere Interessierte. Eine enorme<br />
Herausforderung für die ehrenamtlichen Helfer, die sich um Technik, redaktionelle Inhalte<br />
und Organisation kümmern.<br />
Professionalisierung<br />
Vor die Entscheidung gestellt entweder das in zehn Jahren Gewachsene für die Zukunft<br />
zu beschränken oder neue Wege zu gehen hat die Stoma-Welt sich für eine Zukunftsperspektive<br />
entschieden. die es in dieser Form bisher noch nicht gab. Getragen von einem gemeinnützigen<br />
Verein wird die Stoma-Welt in Zukunft von hauptberuflichen Mitarbeitern<br />
betrieben, redaktionell betreut und moderiert. Finanziert wird das Unternehmen überwiegend<br />
durch Sponsorenbeiträge der Hersteller und von bundesweit agierenden bzw.<br />
regional tätigen Homecare-Anbietern in jeweils gleicher Höhe. Zusätzliche Werbung ist<br />
nicht möglich. Niemand hat so die Chance, sich durch höhere Zahlungen einen Vorteil zu<br />
„erkaufen“. Die Plattform bleibt werbefrei, unabhängig und objektiv und ist damit für die<br />
Zukunft gerüstet, um für noch mehr Betroffene eine Anlaufstelle zu sein und das Internet<br />
für aktive Selbsthilfe einzusetzen. Denn mit der Änderung der Altersstruktur in der Gesellschaft<br />
geht auch eine intensivere Nutzung des Internets durch ältere Menschen einher.<br />
Text: Christian Limpert<br />
Kontaktdaten: Stoma-Welt e. V • Vorsitzender Christian Limpert<br />
Am Bettenheimer Hof 26 • 55576 Sprendlingen<br />
www.stoma-welt.de<br />
www.stoma-forum.de<br />
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medizin<br />
42<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
I<br />
m vergangenen Jahr befragten Forscher<br />
537 Amputierte zu ihrer Lebensqualität.<br />
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Handlungsbedarf<br />
besteht:<br />
• 56 Prozent der Befragten nehmen bis zu<br />
fünf Stunden am Tag messerstichartige,<br />
elektrisierende Schmerzen oder Kribbeln<br />
in ihrem amputierten Körperglied wahr<br />
• 28 Prozent empfinden diese Schmerzen<br />
sogar Tag und Nacht<br />
• 62 Prozent aller Amputierten leiden unter<br />
Schlafstörungen – unabhängig davon, ob<br />
sie Phantomschmerzen haben oder nicht.<br />
Schmerzen verhindern<br />
Phantomschmerzen:<br />
Training und<br />
Medikamente<br />
Für Patienten vor einer geplanten Operation<br />
ist es wichtig zu wissen, dass man die Wahrscheinlichkeit<br />
von Phantomschmerzen senken<br />
kann: Je stärker die Schmerzen vor dem<br />
Eingriff sind, desto wahrscheinlicher ist es,<br />
Rund 70 Prozent der Patienten leiden nach einer<br />
Amputation unter Phantomschmerzen. Am besten<br />
lassen sich diese Schmerzen behandeln,<br />
bevor sie chronisch geworden sind. Deshalb<br />
sollten Betroffene nicht die Zähne zusammenbeißen,<br />
sondern möglichst früh nach<br />
Behandlungsmöglichkeiten suchen.<br />
Der aktive<br />
Selbsthilfegruppen-Fachmann<br />
Egon Griebel<br />
hat kaum noch<br />
Phantomschmerzen.<br />
dass nach der Operation Phantomschmerzen<br />
auftreten. Es ist also sinnvoll, Schmerzen<br />
schon ein paar Tage vor der geplanten Operation<br />
auszuschalten, beispielsweise durch<br />
eine Rückenmarks- oder Lokalanästhesie. Der<br />
Berliner Schmerzspezialist Dr. med. Jan-Peter<br />
Jansen empfiehlt in solchen Fällen dringend<br />
eine Kombination zwischen Allgemeinnarkose<br />
und Lokalanästhesie.<br />
Nach der Operation können elektrische Stimulationsverfahren<br />
im Bereich des Amputationsstumpfes<br />
dabei helfen, die Entstehung<br />
von Phantomschmerzen zu verhindern. Auch<br />
eine gut sitzende Prothese ist ausgesprochen<br />
wichtig!<br />
Schlafstörungen verstärken übrigens das<br />
Schmerzempfinden und sollten auch aus diesem<br />
Grund behandelt werden, wenn Phantomschmerzen<br />
bestehen.<br />
Medikamentöse Therapie<br />
Schmerzen sollte man nicht aushalten. Wer<br />
die Zähne zusammenbeißt, macht seine Situation<br />
nicht besser, im Gegenteil. Er riskiert,<br />
dass sein Körper ein Schmerzgedächtnis aufbaut,<br />
sich beim kleinsten Anlass an die negativen<br />
Gefühle erinnert und immer häufiger<br />
Schmerzen auftreten.
Schmerztherapeuten sind sich heute einig,<br />
dass eine effektive Schmerztherapie möglichst<br />
früh und möglichst intensiv eingeleitet<br />
werden sollte. Die medikamentösen und begleitenden<br />
Möglichkeiten sind für den Laien<br />
unübersichtlich: Schmerzmittel alleine oder<br />
in Kombination mit Vitamin-B-Komplex und<br />
Folsäure können neuropathische Schmerzen<br />
– und dazu gehören die Phantomschmerzen –<br />
bekämpfen. Manche Therapeuten empfehlen<br />
auch die Kombination mit Psychopharmaka<br />
(Antidepressiva) oder Entspannungsmethoden.<br />
Medikamente, die direkt an den Nerven<br />
wirken, sind beispielsweise Antiepileptika wie<br />
Carbamazepin und Valproinsäure. Auch sie<br />
können positive Effekte haben.<br />
Je nach Schmerzintensität können bei Phantomschmerzen<br />
auch unterschiedlich starke<br />
Opiate verordnet werden. Schmerztherapeut<br />
Jansen findet hier die Zusammenarbeit zwischen<br />
Patient und einem in der Schmerztherapie<br />
erfahrenen Arzt besonders wichtig. Oft<br />
besteht eine unnötige Angst vor der Entwicklung<br />
von Abhängigkeiten. Es werden häufig<br />
Kombinationen verwendet, die einerseits aus<br />
Opioiden (morphinähnliche Stoffe) bestehen,<br />
andererseits aus Wirkstoffen, die zusätzlich<br />
die Empfindlichkeit der Nerven dämpfen können,<br />
die den Schmerz verarbeiten. Vitamine<br />
werden seiner Erfahrung nach als Schmerzmittel<br />
deutlich überschätzt.<br />
Methoden ohne Medikamente<br />
Umbrellan: Auf das Ausschalten elektromagnetischer<br />
Einflüsse bei der Entstehung von<br />
Phantomschmerzen setzen die Hersteller von<br />
Umbrellan. Dieses Material soll den Stumpf<br />
vor elektromagnetischen Einflüssen abschirmen<br />
und Phantomschmerzen ohne Nebenwirkungen<br />
reduzieren. Die Idee stammt<br />
übrigens von Prothesenträgern, die auf der<br />
Suche nach einer Lösung für ihre Phantomschmerzen<br />
den Stumpf versuchsweise in Alufolie<br />
eingewickelt hatten. Die Methode wirkte<br />
gut, sie berichteten darüber und stießen bei<br />
der Medi-Abteilung für Forschung und Entwicklung<br />
auf offene Ohren: Die Idee für die<br />
Umbrellan-Liner (medi relax) war geboren.<br />
Bei rund 70-80 Prozent der Patienten mit<br />
Phantomschmerzen lassen sich mit dieser<br />
Methode die Schmerzen lindern. Nicht alle<br />
Menschen werden schmerzfrei, bei manchen<br />
hilft die Methode leider gar nicht. Aber Menschen<br />
wie Egon Griebel, der seit 40 Jahren<br />
doppelt beinamputiert ist, möchten nicht<br />
mehr darauf verzichten. Bei ihm begannen<br />
die Phantomschmerzen erst 20 Jahre nach<br />
seinem Unfall – und sie waren heftig: Am linken<br />
Bein beschreibt er einen knochenzerbrechenden<br />
Schmerz, am rechten ein Gefühl, als<br />
würden ihn 1000 Ameisen gleichzeitig beißen.<br />
Kein Wunder, dass er starke Schmerzmittel<br />
brauchte. Heute trägt er die Umbrellan-Liner<br />
oder Strümpfe und kommt fast ohne Medikamente<br />
aus.<br />
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medizin
medizin<br />
Prof. E. Martin-Fiori (l)<br />
und Prof. D. Jeanmonod (r)<br />
am Kinderspital Zürich:<br />
Unblutige Hirnoperation<br />
mit Hochenergie-Ultraschall-System.<br />
44<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Unblutige Hirnoperation: In der Zürcher Universitäts-Kinderklinik<br />
arbeitet ein interdisziplinäres<br />
Team von Neuroradiologen, Neurochirurgen,<br />
Neurophysiologen und Physikern<br />
mit einem neuen Hochenergie-Ultraschall-<br />
System für nicht-invasive neurochirurgische<br />
Eingriffe. Es geht also um Operationen, um<br />
chirurgische Eingriffe, bei denen kein Blut<br />
fließt. Die gebündelten Ultraschallwellen<br />
können den Schädel durchdringen, sodass<br />
kein Skalpell oder Bohrer nötig ist. Die Operation<br />
wird derzeit nur im Rahmen einer klinischen<br />
Phase-I-Studie durchgeführt, einer<br />
so genannten Machbarkeitsstudie. Seit 2008<br />
wurden in diesem Rahmen einige Patienten<br />
mit neuropathischen Schmerzen (z.B. auch<br />
Phantomschmerzen) behandelt.<br />
Wenn man sich die Operation vorstellen will,<br />
muss man zuerst die Abläufe beim Phantomschmerz<br />
begreifen: Beim gesunden Menschen<br />
sendet die Peripherie (z.B. das Gesicht<br />
oder die Beine) regelmäßig Signale in die<br />
Schaltzentrale im Gehirn (Thalamus). Von<br />
hier aus werden die Signale koordiniert an<br />
die Hirnrinde weitergeleitet, die Rückantwort<br />
vom Großhirn wird wiederum an die Peripherie<br />
gesendet. Nach einer Amputation fallen<br />
diese normalen Impulse aus der Peripherie<br />
aus. Dadurch werden bestimmte Zentren im<br />
Thalamus unterbeschäftigt und sie beginnen,<br />
selbstständig falsche Signale an die Hirnrinde<br />
zu senden.<br />
An diesen Zentren im Thalamus setzt die neue<br />
Operationsmethode an: An einem Bildschirm<br />
peilen die Operateure um Prof. Ernst Martin<br />
millimetergenau den richtigen Punkt an, wo<br />
die Ursache für den Phantomschmerz sitzt.<br />
Durch die Kombination der Magnetresonanz-<br />
Bildgebung mit fokussiertem Hochenergie-<br />
Ultraschall lassen sich nun diese Gebiete im<br />
Thalamus, die den Phantomschmerz verursachen,<br />
genau lokalisieren und mit Temperaturen<br />
im Zielgebiet von 55 bis 60° C präzise<br />
ausschalten. Wegen des Studiencharakters<br />
der Anwendung werden die Patienten von<br />
den Prüfärzten nach genauen, im Prüfprotokoll<br />
festgelegten Richtlinien ausgewählt und<br />
nachkontrolliert. „Es ist zu hoffen, dass diese<br />
Methode nach erfolgreichem Abschluss der<br />
laufenden Testphasen in naher Zukunft zur<br />
klinischen Anwendung gelangt, um vielen leidenden<br />
Patienten eine neue Hoffnung geben<br />
zu können“, so Prof. Ernst Martin.<br />
Spiegeltherapie: Mit einem Spiegel kann man<br />
die gesunde Körperseite spiegeln, so dass
man auf ein Bild von zwei vollständigen Körperhälften<br />
blickt. Dieser Trick spiegelt dem<br />
Gehirn vor, der amputierte Fuß oder die amputierte<br />
Hand wäre noch vorhanden. Diese<br />
Vorspiegelung falscher Tatsachen hilft vielen<br />
Patienten, die unter Phantomschmerzen leiden.<br />
Das lässt sich erklären: Der Phantomschmerz<br />
entsteht bekanntlich, weil aus dem<br />
amputierten Körperteil keine Signale mehr in<br />
Richtung Schaltzentrale (Thalamus) gesendet<br />
werden. Mit dem Spiegel lässt sich dem<br />
Gehirn aber vorgaukeln, dass die Hand oder<br />
der Fuß noch da ist. Die optische Wahrnehmung<br />
eines nicht amputierten Körpers sorgt<br />
dafür, dass eine Art Hilfssignale entstehen.<br />
Dieser Effekt lässt sich verstärken, wenn der<br />
Patient beispielsweise mit dem gesunden Fuß<br />
trainiert und dabei den gespiegelten Fuß beobachtet.<br />
Bei diesem Training kommt es nur<br />
darauf an, dass man Sinnesreize spürt: Sand<br />
unter der Fußsohle etwa, eine Haarbürste<br />
oder einen Igelball.<br />
Text: Ruth Auschra<br />
Fotos: medi, Auschra<br />
Weitere Infos<br />
• Das „inzwischen sicherlich größte ambulante<br />
Schmerzzentrum Europas“, so<br />
der Gründer Dr. Jan-Peter Jansen. Positiv:<br />
Anfragen per eMail werden gerne<br />
und schnell beantwortet:<br />
www.schmerzzentrum-berlin.de<br />
• In diesem Internetforum kann man<br />
alle Fragen zur Schmerztherapie stellen:<br />
http://forum.dgk.de<br />
• http://www.stolperstein.com<br />
• Auch Otto Bock hat selbstverständlich<br />
einen umfangreichen Internetauftritt<br />
(www.ottobock.de), wo man u.a. auf<br />
der Suche nach Adressen von Selbsthilfegruppen<br />
fündig wird.<br />
• Ein Forum für Amputierte gibt es z.B.<br />
im Rahmen des Internetauftritts der<br />
Orthopädietechniker: www.otworld.de<br />
• Der Internetauftritt von Medi ist unter<br />
www.stolperstein.com zu finden:<br />
viele Infos, vor allem (aber nicht nur!)<br />
über Medi-Produkte.<br />
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Elektrische Garagentor-Öffner<br />
sind<br />
längst selbstverständlich.<br />
Nur bei<br />
Haus- und Wohnungstüren<br />
werden<br />
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Ein- oder Durchgänge<br />
noch als<br />
Luxus eingestuft.<br />
46<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Bauen-wohnen-renovieren:<br />
Alle Türen offen?<br />
Dass barrierefreie Zugänge zu Gebäuden und<br />
Gebäudeteilen nicht nur für Körperbehinderte<br />
Vorteile bieten, die auf Gehhilfen oder Rollstuhl<br />
angewiesen sind, verdeutlicht eine Broschüre<br />
des Fachverbandes Türautomation (FTA): Wer<br />
einmal in der Situation war, eine manuelle Tür<br />
öffnen zu wollen und dabei beide Hände voll zu<br />
tun hatte (mit Koffer, Einkaufstasche, Kleinkindern),<br />
weiß, wo das Problem liegt. Eine manuelle<br />
Tür wird dann zu einem unüberwindbaren<br />
Hindernis. „In unserer Funktion als Fachverband<br />
empfehlen wir Hauseigentümern sowie Betreibern<br />
von Hotels, Krankenhäusern und anderen<br />
öffentlichen Einrichtungen, im Zuge von Renovierung<br />
und Neubau den Qualitätsstandard der<br />
Barrierefreiheit mit automatischen Türsystemen<br />
sicherzustellen.“ Aufgrund ihrer teilweise hohen<br />
Bedienkräfte können manuelle Türen nicht nur<br />
für Körperbehinderte eine Barriere darstellen,<br />
sondern genauso auch für Ältere, Gebrechliche<br />
oder Kinder ein unüberwindbares Hindernis bilden,<br />
erst recht, wenn die Tür mit einem schwergängigen<br />
Türschließer ausgestattet ist. „Automatische<br />
Türen eröffnen hier ein entscheidendes<br />
Mehr an Lebensqualität.“ Für automatisierte<br />
Türen in Wohnungen und Privathäusern gibt es<br />
grundsätzlich zwei Bauarten: die automatische<br />
Schiebetür und die automatische Drehflügeltür.<br />
Durch die Vielfalt an gestalterischen und planungstechnischen<br />
Möglichkeiten können automatische<br />
Schiebetüren nicht nur als architektonisch<br />
perfekte Ergänzung an jedes Umfeld<br />
angepasst werden. Sie bieten auch größtmöglichen<br />
Komfort durch eine ausreichende Dimension<br />
mit einer Öffnungsbreite bis vier Meter.<br />
Darüber hinaus öffnen sich automatische<br />
Schiebetüren zuverlässig und geräuscharm. Eine<br />
selbstüberwachende Sensorik gewährleistet<br />
ein Höchstmaß an Sicherheit und Begehungskomfort<br />
nach DIN 18650 (Automatische Türsysteme).<br />
Mit allen erforderlichen Prüfzertifikaten<br />
ausgestattet, dürfen automatische Schiebetüren<br />
auch in Flucht- und Rettungswegen eingesetzt<br />
werden. Moderne Steuerungselektroniken lassen<br />
sich an alle möglichen Bedürfnisse optimal<br />
Architektonisch perfekt:<br />
Elektrisch öffnende Haustür.<br />
anpassen. Programmiert werden können so unter<br />
anderem je nach Jahreszeit unterschiedliche<br />
Türöffnungsweiten und -zeiten, um Warmluft<br />
drinnen und die Kälte ausgesperrt zu lassen.<br />
Drehflügeltür als Alternative<br />
Wenn aber Gänge nicht ausreichend breit sind,<br />
um automatische Schiebetüren zu installieren,<br />
bietet die automatische Drehflügeltür oft die<br />
einzige Möglichkeit, einen barrierefreien Zugang<br />
zu gewährleiten. In der Altbausanierung sind sie<br />
oft die einzig mögliche Lösung, um Gänge und<br />
Durchgänge barrierefrei zu gestalten und gleichzeitig<br />
alle Auflagen für Fluchtwege und Brandschutz<br />
zu erfüllen. Neben der Geschwindigkeit<br />
des Öffnens und Schließens lassen sich bei den<br />
Drehflügeltüren sämtliche Parameter für die örtliche<br />
Umgebung einstellen und an die Belange<br />
der Nutzgruppen anpassen. Der so genannte<br />
„Low energy”- und „Full energy”-Bereich bietet je
nach Einbau- und Nutzersituation optimale Einstellmöglichkeiten.<br />
Damit sind Drehflügeltüren<br />
für den Einsatz in behindertengerechten Bereichen<br />
besonders geeignet. Sie können entweder<br />
über Taster gesteuert und betätigt werden,<br />
oder aber durch berührungslose Sensorik oder<br />
Funkfernsteuerung automatisch öffnen und<br />
schließen. Die berührungslose Sensorik bietet<br />
zusätzlich den Vorteil der absoluten Hygiene. Für<br />
komfortables Begehen sorgen Flügelbreiten bis<br />
1,60 Meter. Der automatische Drehflügelantrieb<br />
kann auch in Flucht- und Rettungswegen eingesetzt<br />
und nach DIN 18650 baumustergeprüft und<br />
zertifiziert werden.<br />
Impulsgeber für automatisierte Türen arbeiten<br />
entweder automatisch oder manuell. Je nach<br />
Einsatzort können an ein und derselben Tür auch<br />
beide Typen an Impulsgebern miteinander kombiniert<br />
eingesetzt werden. Automatische Impulsgeber<br />
werden normalerweise an Türen installiert,<br />
die als öffentlicher Durchgang dienen. Manuelle<br />
Impulsgeber werden an internen Türen und in Situationen<br />
eingesetzt, in denen Personen mit den<br />
Örtlichkeiten vertraut sind.<br />
Sicherheit durch Sensoren<br />
Sensoren für Schiebetüren können feststellen, ob<br />
sich Personen oder Objekte in der Nähe der Tür<br />
befinden, und verhindern zuverlässig, dass diese<br />
von der sich schließenden Tür eingeklemmt<br />
werden. Auf Wunsch erkennen sie auch sich<br />
bewegende Personen oder Objekte, die sich im<br />
optimalen Näherungsbereich der Tür befinden.<br />
Radarimpulsgeber mit Richtungserkennung können<br />
sogar Personen, die sich der Tür nähern von<br />
jenen unterscheiden, die sich von ihr entfernen.<br />
Der Antrieb wird nur ausgelöst, wenn sich eine<br />
Person der Tür nähert. Auch Fotozellen lassen sich<br />
als Impulsgeber für automatische Türen oder als<br />
Erkennungssensoren einsetzen, die ein Schließen<br />
der Tür verhindern. Vor jedem Schließvorgang<br />
wird die Funktion der Fotozelle geprüft. Wenn ein<br />
Fehler erkannt wird, bleibt die Tür offen.<br />
Bei automatischen Drehflügeltüren verbessern<br />
Anwesenheits- und Aktivierungssensoren Sicherheit<br />
und Komfort. Durch den Sensor wird sichergestellt,<br />
dass die Tür automatisch geöffnet wird.<br />
Gleichzeitig wird jedoch eine unerwünschte Bewegung<br />
der Tür verhindert, falls der Sensor während<br />
des Öffnens ein Hindernis feststellt. Wird ein<br />
Hindernis während des Schließens festgestellt,<br />
öffnet sich die Tür erneut. Als manuelle Impulsgeber<br />
können unter anderem eingesetzt werden:<br />
Tastschalter zur Unter- oder Aufputzmontage im<br />
Innenbereich,<br />
Ellbogenschalter zur Aufputzmontage an Wänden,<br />
Schnurschalter zur Deckenmontage,<br />
Schlüsselschalter zur Unterputz- und Aufputzmontage,<br />
Trittschalter zur Aufputzmontage an Wänden,<br />
Tastplatten zur Unter- oder Aufputzmontage,<br />
Fernbedienung mit Audio-, Funk- oder Infrarot-<br />
Impulsgebern.<br />
Text: Raimund Artinger<br />
Foto: Marie Artinger<br />
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kultur<br />
In Kooperation mit den „Singing Rollis“:<br />
Der nörgelnde Regisseur und seine Assistentin.<br />
„Holpersteine“ nennt<br />
sich selbstironisch<br />
eine Gruppe von<br />
Mitarbeitern der „Diakonische<br />
Leipziger<br />
gGmbH Diakonie am<br />
Thonberg“, die seit<br />
einigen Jahren mit<br />
Spaß an der Freud‘<br />
und viel Engagement<br />
Theater spielt. Handikaps<br />
sind dabei<br />
kein Hindernis.<br />
48<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
D<br />
Theater ohne Hindernisse:<br />
Die Hexe weiß, dass sie sich im Kampf gegen den Drachen auf ihre Katze verlassen kann.<br />
en Zuschauern lief ein eiskalter Schauer<br />
den Rücken herunter, als plötzlich ein<br />
fürchterlicher Drache über die Bühne rollte. Alle<br />
bangten mit angehaltenem Atem um das Leben<br />
der kleinen Hexe, der Heldin des Stücks. Doch<br />
wie alle Märchen hatte natürlich auch dieses<br />
Stück ein Happy-End: Unter großer Gefahr besiegten<br />
die Haustiere der Hexe das gefährliche<br />
Fabelwesen. Den Drachen stellte Claus-Dieter<br />
dar. Der 50 jährige „Freizeitschauspieler“ arbeitet<br />
in einer Werkstatt der Diakonische Leipziger<br />
gGmbH Diakonie am Thonberg am PC. Doch<br />
seit etwa zwei Jahren schlüpft er immer, wenn<br />
es dort etwas zu feiern gibt, in eine andere Haut.<br />
„Zuerst habe ich den ‚Holpersteinen‘ beim Theaterspielen<br />
nur zugeschaut. Ich war davon aber<br />
so begeistert, dass ich schließlich fragte, ob ich<br />
auch mitspielen darf“, berichtet Claus-Dieter.<br />
„Holpersteine“<br />
Ein furchterregender Drache rollt über die Bühne:<br />
Eine Paraderolle für Claus-Dieter.<br />
Natürlich durfte er. „Wir haben überlegt, welche<br />
Rollen Claus-Dieter übernehmen kann und<br />
wie wir ihn in das Ensemble integrieren können“,<br />
erläutert Matthias Troeger. Claus-Dieter ist<br />
aufgrund einer schweren Tetraparese auf den<br />
Rollstuhl angewiesen. „Handikaps sind bei uns<br />
keine Hindernisse“, so der Förderpädagoge und<br />
Mitarbeiter für Pflege und Assistenz in der Diakonie<br />
am Thonberg. „Wir sagen nie ‚es geht nicht‘,<br />
sondern überlegen immer wieder, wie es gehen<br />
könnte.“<br />
Dabei werden die starken Seiten der Schauspieler<br />
individuell gefordert und gefördert. Wer zum<br />
Beispiel Schwierigkeiten hat, sich längere Texte<br />
zu merken, bekommt eine kurze oder sogar eine<br />
„stumme“ Rolle. Hat der Autor des Stücks solch<br />
eine Rolle nicht vorgesehen, wird sie einfach dazugeschrieben<br />
und in das Stück integriert. „Felix<br />
ist Spastiker. Damit er mitspielen konnte, haben<br />
wir ihn der Hexe als Hausgeist zur Seite gestellt“,<br />
erläutert der Spielleiter ein Beispiel.<br />
Durch das Spiel die Persönlichkeit<br />
weiterentwickeln<br />
Auch für Claus-Dieter entwickelte er zusammen<br />
mit Dipl.-Sozialpädagogin Carola Scheibe vom<br />
Begleitenden Dienst der Einrichtung und der<br />
Ergotherapeutin und Gruppenleiterin Ulrike Zeiler<br />
eine originelle Idee: „Mit großen Umhängen
ko men ins Ro len<br />
Ein Frosch, ein Vogel, ein Hund und die Katze stehen der Hexe zur Seite.<br />
verwandelten wir seinen Rollstuhl in einen Drachenrumpf.<br />
Für Claus-Dieter bastelten wir eine<br />
furchterregende Maske.“ Weil der Akteur sich nur<br />
schwierig artikulieren kann, rezitierten der Spielleiter<br />
und Carola Scheibe hinter der Bühne für ihn<br />
den Text.<br />
Ungefähr vier Jahre ist es her, als die „Holpersteine“<br />
im wahrsten Sinn des Wortes ins Rollen kamen.<br />
Carola Scheibe: „Bei der Vorbereitung des<br />
Sommerfestes 2006 beschlossen wir, das gesellige<br />
Beisammensein von über hundert behinderten<br />
Mitarbeitern durch Sketche etwas aufzupeppen.“<br />
Noch besser – so die Überlegung – wäre es natürlich,<br />
wenn verschiedene Darsteller die witzigen<br />
Dialoge vortragen könnten. In den Werkstätten<br />
wurden nun einige Mitarbeiter gefragt, ob sie<br />
mitwirken möchten. Andere bewarben sich nach<br />
einer Einladung am Schwarzen Brett.<br />
„Es bildete sich ein harter Kern von etwa zehn<br />
Bühnendarstellern, die in Leipzig und Umgebung<br />
auch schon auf öffentlichen Veranstaltungen aufgetreten<br />
sind“, berichtet Matthias Troeger. Einige<br />
hätten aufgegeben, andere – ähnlich wie Claus-<br />
Dieter – seien erst später hinzugekommen. Auch<br />
Patrick ist ein „Newcomer“. Ursprünglich wollte<br />
der 24-Jährige bei den „Singing Rollis“ der Diakonie<br />
am Thonberg mitsingen. Doch dann überlegte<br />
er es sich anders: „Durch Theaterspielen<br />
kann man Erfahrungen machen und seine Persönlichkeit<br />
weiterentwickeln“, so Patrick. Aktuell<br />
spielt er im „Tierhäuschen“ den Fuchs. Neben der<br />
Schauspielerei interessiert sich der junge Mann<br />
für Musik, Literatur und Filme. Nach einem PC-<br />
Aufbaukurs möchte Patrick eine kaufmännische<br />
Ausbildung beginnen.<br />
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kultur<br />
50<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Jeder bringt seine Ideen ein<br />
Märchen, Kinderbücher und andere Quellen inspirieren<br />
das Ensemble immer wieder zu neuen<br />
Produktionen. „Ich verstehe mich nicht als Starregisseur,<br />
sondern jeder Akteur soll sich und seine<br />
Ideen aktiv einbringen“, unterstreicht Matthias<br />
Troeger. Für das nächste Sommerfest hat sich das<br />
Ensemble etwas ganz Besonderes ausgedacht:<br />
Die Schauspieler sollen Filmplakate in Szene<br />
setzen und sich fotografieren lassen. In der Abteilung<br />
für Mediengestaltung der Diakonie am<br />
Thonberg sollen die Fotos dann als Vorlagen für<br />
ein Quiz bearbeitet werden. Natürlich diskutieren<br />
die Mimen nun darüber, wer vor der Kamera<br />
welchen Filmstar wie in welchem Kassenschlager<br />
mimen soll.<br />
Für Steven und einige andere männliche „Holpersteine“<br />
ist „Krieg der Sterne“ ein Thema. Der<br />
22-Jährige stand ebenfalls schon als Schüler auf<br />
den Brettern und ist seit Ende 2007 Ensemblemitglied.<br />
Im „Tierhäuschen“ gibt er den Hahn. Ein anderes<br />
Mal übernahm er die Rolle eines Puppen-<br />
spielers, der im Umgang mit Stabpuppen einiges<br />
Geschick bewies. Tolle Idee, für das Plakat eines<br />
Science-Fiction-Films zu posieren, meint Steven.<br />
Doch wie kann man die Szene mit möglichst einfachen<br />
Requisiten darstellen? Die Schauspieler<br />
haben bis zum nächsten Übungsnachmittag in<br />
einer Woche einige harte Nüsse zu knacken.<br />
Auch Falk findet den „Krieg der Sterne“ echt cool.<br />
Der 24-Jährige ist rhetorisch sehr gewandt. Kein<br />
Wunder, dass er bei den „Holpersteinen“ schon<br />
fast ein „Urgestein“ ist. Im „Tierhäuschen“ verkörpert<br />
er den Bär, der zusammen mit dem Fuchs<br />
und dem Wolf in ein Haus eindringt, in dem der<br />
Igel, die Maus, der Hahn und der Frosch friedlich<br />
zusammenleben. Die Moral von der Geschichte:<br />
Ähnlich wie seinerzeit den Bremer Stadtmusikanten<br />
gelingt es auch in diesem Stück den<br />
schwächeren, aber klugen Tieren, die Störenfriede<br />
zu vertreiben.<br />
Text: Reinhard Wylegalla<br />
Fotos: Diakonie am Thonberg<br />
Nach dem Happy-End präsentiert sich das Ensemble dem applaudierenden Publikum.
Karikaturen von Philipp Hubbe in Heidelberg<br />
Gefesselt und geknebelt<br />
Kann man die Situation von Behinderten in Karikaturen darstellen?<br />
Man kann, ganz ohne Peinlichkeiten und mit erfrischender Komik.<br />
Das beweist jedenfalls der selbst mit einer Behinderung lebende<br />
Cartoonist Philipp Hubbe, dessen Arbeiten in einer Ausstellung<br />
in Heidelberg zu sehen waren.<br />
„Wie geht es ihm?“ fragt die Dame mit Knautschhütchen<br />
und Handtasche, hinter vorgehaltener<br />
Hand und mit besorgter Miene. „Er“, dem die<br />
Frage gilt, sitzt im Rolli und ist durchaus wachen<br />
Geistes. Aber die nette Dame fragt lieber über<br />
ihn hinweg seinen Begleiter, der hinter dem Rolli<br />
steht. Die Antwort des tatsächlich Gemeinten<br />
lässt nicht lange auf sich warten: „GUT! Wenn Sie<br />
mich so indirekt fragen“, schreit „er“ durch die<br />
Flüstertüte. Und die herzensgute Dame verliert<br />
darob vor Schreck ihre Contenance.<br />
Philipp Hubbe spießt mit Karikaturen wie dieser<br />
Alltäglichkeiten auf, die im Leben von Behinderten<br />
(immer noch) eine Rolle spielen: Zum<br />
Beispiel auf einer falschen Ebene angesiedeltes<br />
„Verständnis“ und Mitgefühl“ von Fußgängern<br />
für Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder, wie es<br />
hartnäckig in den Medien zu lesen oder zu hören<br />
ist, „an den Rollstuhl gefesselt“ sind. So als ob sie<br />
mit dicken Seilen bis oben hin zugeschnürt seien<br />
– auch dieses Bild lässt sich der Cartoonist nicht<br />
entgehen, steckt dem Rolli sogar noch einen Knebel<br />
in den Mund und veranlasst zwei ältere Damen<br />
zu den mitleidsvollen Worten: „Schlimm, so<br />
an den Rollstuhl gefesselt“.<br />
Präsentation mit Schwächen<br />
Mehr Beispiele von Philipp Hubbes bestürzend<br />
gültigen und erfrischend komischen zeichnerischen<br />
Übertreibungen waren kürzlich in einer<br />
Ausstellung in Heidelberg zu sehen, die der Beirat<br />
für Menschen mit Behinderungen (bmb) der Stadt<br />
unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister<br />
Eckart Würzner im Kundenzentrum der Rhein-<br />
Neckar-Verkehr GmbH (RNV) am Hauptbahnhof<br />
veranstaltete. Den Hintergrund bildeten die vom<br />
Beirat organisierten Heidelberger Aktionstage<br />
<strong>2010</strong> von Menschen mit Behinderungen. Das<br />
kommunale Gremium vertritt – beratend – die<br />
Interessen der über 20 000 in Heidelberg lebenden<br />
Menschen mit Behinderung und chronischer<br />
Erkrankung.<br />
Dass man als Ausstellungsort das Kundenzentrum<br />
der Straßenbahn- und Busverkehrsbetriebe<br />
gewählt hat, mag seinen Grund darin haben,<br />
dass in Heidelberg schon seit längerem ein relativ<br />
kultur<br />
PARAPLEGIKER 2/10 51
kultur<br />
Schwarzer<br />
Humor mit<br />
Behinderten?<br />
Das geht doch<br />
nicht, werden<br />
manche sagen,<br />
die sich dem<br />
reichlich überflüssigen<br />
Begriff<br />
der „political<br />
correctness“<br />
verpflichtet<br />
fühlen.<br />
52<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
gutes Angebot für mobilitätseingeschränkte<br />
Fahrgäste besteht. Busse sind in der Regel<br />
mit Rampen und Rollstuhl-Liften ausgestattet,<br />
und in den letzten Jahren wurden die älteren<br />
Straßenbahnen mehr und mehr durch<br />
Niederflurfahrzeuge ersetzt. Auch die Anzahl<br />
der Hochbahnsteige (30 Zentimeter) hat zugenommen,<br />
während hingegen der zentrale<br />
Umsteigeort der Stadt, der Bismarckplatz, immer<br />
noch voller Barrieren ist. Hier geschieht<br />
seit Jahren – nichts.<br />
Die Ausstellung zeigt 14 Karikaturen von<br />
Philipp Hubbe, leider nicht im Original, sondern<br />
nur als Ausdruck von Dateien – von einer<br />
künstlerischen Präsentation darf man mehr<br />
erwarten. Zudem haben die Veranstalter die<br />
Exponate recht phantasielos gehängt und auf<br />
die Vorder- und Rückseite zweier Stellwände<br />
verteilt, die wie Info-Wände in der Mensa<br />
aussehen. Der besondere Humor Hubbes<br />
bleibt trotz solcher Hindernisse glücklicherweise<br />
nicht auf der Strecke. Er ist nicht selten<br />
schwarz, was dem Gegenstand keineswegs<br />
abträglich ist. Schwarzer Humor mit Behinderten?<br />
Das geht doch nicht, werden manche<br />
sagen, die sich dem reichlich überflüssigen<br />
Begriff der „political correctness“ verpflichtet<br />
fühlen. Philipp Hubbe antwortet solchen<br />
Bedenkenträgern auf seine (entwaffnende)
Weise, nämlich mit einem Cartoon, auf dem der<br />
Zeichner entgegnet „Äh…wäre grün besser?“<br />
„Stehplatz oder Sitzplatz?“<br />
Mit seinen spezifischen Mitteln – spitzer Feder,<br />
genauer Wahrnehmung und hintergründigem<br />
Witz – lenkt er in gekonnter Weise die Blicke auf<br />
etwas, das vielen Menschen im Umgang mit Behinderten<br />
gar nicht bewusst ist. „Stehplatz oder<br />
Sitzplatz?“ fragt die Kassenfrau den Rolli am Eingang<br />
zum Fußballstadion. Treffender kann die<br />
karikaturistische Aussage über unsere alltägliche<br />
Gedankenlosigkeit kaum sein, und sie umgeht<br />
die belehrende Geste.<br />
Hubbe nimmt mit seinen Arbeiten aber nicht nur<br />
das Verhalten der Umwelt der Behinderten aufs<br />
Korn, sondern treibt seinen Humor auch mit sich<br />
selbst und seiner eigenen Behinderung. 1985 erkrankte<br />
er an Multipler Sklerose. Freunde und Kollegen<br />
ermutigten ihn, die Krankheit zum Thema<br />
von Cartoons zu machen. So entstand etwa jener<br />
mit dem Titel „MS Rainer“: Bei der Mitteilung, er<br />
habe „MS“, hält der Patient das zunächst für die<br />
Abkürzung von „Motorschiff“ und phantasiert<br />
dazu den Namen Rainer, bevor der Arzt ihn aus<br />
seinem Traum mit bereitgestellten Rolli und Krücken<br />
unsanft weckt. Die Selbstironie ist in diesem<br />
Fall auch (s)eine Stärke. Und Hubbe bezieht auch<br />
Blinde, Prothesenträger und Taubstumme in seine<br />
Karikaturen mit ein, ohne bestimmte Grenzen<br />
zu überschreiten. Hinter den Zeichnungen steckt<br />
ein Augenzwinkern, nie ein bloßes Sich-Lustig-<br />
Machen.<br />
Vorrangiges Ziel des Veranstalters der Ausstellung,<br />
des Beirates von Menschen mit Behinderungen,<br />
ist es generell, den Dialog zwischen<br />
Menschen mit und ohne Behinderungen zu verbessern.<br />
Die eher lieblos gemachte Präsentation<br />
der Karikaturen, an der der Künstler selbst nicht<br />
beteiligt war, lud nicht unbedingt dazu ein.<br />
Text: Arndt Krödel<br />
Illustrationen: Philipp Hubbe<br />
Philipp Hubbe<br />
Der Karikaturist wurde 1966 in Haldensleben<br />
(Sachsen-Anhalt) geboren. Nach<br />
Abitur, Grundwehrdienst und abgebrochenem<br />
Mathematikstudium in Magdeburg<br />
arbeitete er in einem Keramikwerk<br />
und als Wirtschaftskaufmann, war aber<br />
nach eigenen Worten „eigentlich schon<br />
immer Zeichner“. In dieser Funktion ist<br />
er regelmäßig für Tageszeitungen, Zeitschriften<br />
und Anthologien sowie für den<br />
MDR und ZDF-online tätig. Auszeichnungen:<br />
3. Preis des Deutschen Preises für<br />
die politische Karikatur (2002), Hertie-Preis<br />
für Engagement und Selbsthilfe (2006).<br />
Verschiedene Buchveröffentlichungen,<br />
zuletzt 2009 „Das Leben des Rainer – Behinderte<br />
Cartoons 3“. Zahlreiche Ausstellungen,<br />
darunter mehrfach „Mit Behinderungen<br />
ist zu rechnen“.<br />
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®<br />
KADOMO
technik<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
Audi A5 Sportback TDI quattro mit VEIGEL-Technik<br />
Der klassische Audi-Slogan „Vorsprung durch<br />
Technik“ wird beim A5 Sportback TDI quattro<br />
eindrucksvoll bestätigt: Das Auto ist technisch<br />
ausgereift, sicher und ausgesprochen<br />
schön – wenngleich<br />
letzteres natürlichGeschmacksache<br />
ist.<br />
VEIGEL-Classic-Handbedienung mit<br />
Commander, ab Werk lieferbar.<br />
Das sportliche Cockpit zeigt u.a., wenn<br />
Fahrertür und Heckklappe geöffnet sind.<br />
Sicher ist sicher:<br />
Einsteckbare Pedal-Abdeckung von VEIGEL.<br />
54<br />
Praktische Eleganz<br />
Elegantes Auto<br />
mit vielen technischen<br />
Qualitäten: Der Audi A5 Sportback.<br />
S<br />
chönheit hin oder her, wichtig bei<br />
einem Auto ist letzthin immer noch,<br />
wie man mit ihm fahren kann. Und da gab<br />
es bei der 185 Kilometer langen Fahrprobe<br />
in Städten und Dörfern, auf Autobahnen,<br />
Bundes- Landstraßen und Feldwegen,<br />
mit guten Belägen, aber auch mit Schlaglöchern<br />
oder Schotter grundsätzlich sehr<br />
gute Erfahrungen.<br />
Für jemanden wie mich, der Zweitürer<br />
mit breiten Türausschnitten und weit<br />
zu öffnenden Türen gewohnt ist, gibt es<br />
beim Einstieg in den Viertürer Probleme.<br />
Mit dem Übersetzen klappt es trotz des<br />
engen Raumes noch einigermaßen, zum<br />
Auseinandernehmen des Rollstuhls fehlt<br />
es dann aber ebenso deutlich an Platz wie<br />
beim Zusammenbau vor dem Aussteigen.<br />
Zudem wäre es bei der Enge sehr sinnvoll,<br />
die ausgeprägten Seitenschweller abzukleben<br />
und der sehr elegant wirkende<br />
weiße Dachhimmel sollte besser schwarz<br />
sein: ansonsten werden bald unschöne<br />
Rollstuhl-Spuren die Schönheit dieses Autos<br />
mindern.<br />
Wenn man dann aber den Rollstuhl leicht<br />
hinter den durch die spezielle VEIGEL-<br />
Technik modifizierte und damit weit vor-<br />
klappbareLehne<br />
des Beifahrersitzes<br />
verstaut hat, beginnt<br />
der Genuss. Der vielfältig verstellbare<br />
Leder-Fahrersitz ist ausreichend bequem<br />
und bietet guten Seitenhalt. Wenn<br />
man sich dann im Innenraum umschaut,<br />
ist man zunächst verwirrt durch die Vielzahl<br />
der Hebel, Knöpfe, Schalter, Tasten und<br />
Anzeigen. Eine kurze Einweisung und eine<br />
gemeinsame 40-Kilometer-Fahrt mit dem<br />
Überbringer des Autos, dem Fahrlehrer Dieter<br />
Hendel aus Kupferzell im Schwäbischen<br />
brachte Klarheit über die wichtigsten Bedienelemente.<br />
Den Rest der logisch selbsterklärenden<br />
Audi-Technik habe ich dann<br />
schnell begriffen.<br />
Der A5 hat eine schlüssellose Bedienung<br />
für Türen, Heckklappe und Anlasser. Der<br />
Schlüssel kann also sicher in irgendeiner<br />
Tasche der Kleidung oder an einem Umhängeband<br />
verwahrt werden. Gestartet wird,<br />
indem man die Bremse betätigt – in diesem<br />
Fall mit der aus vielen Gründen sicheren<br />
und bequemen „Classic“-Handbedienung<br />
von VEIGEL – und dann den auf der Mittelkonsole<br />
angebrachten Starterknopf drückt.<br />
Leise und spurtstark<br />
Dass der Motor ein Diesel ist, hört man<br />
kaum, das Leerlauf-Geräusch ist eher leise.<br />
Man zieht dann den Wählhebel auf der Mittelkonsole<br />
in die Automatik-Position und
der Audi fährt an, langsam oder gleich im Spurttempo,<br />
je nachdem, wie schnell und wie weit man<br />
den ergonomisch gut in der Hand liegenden Griff<br />
der Handbedienung um die eigene Achse dreht.<br />
Auffällig ist die absolut ruckfreie schaltende Automatik<br />
beim Wechseln der sieben Vorwärtsgänge,<br />
man merkt dies lediglich am gut ablesbaren<br />
Tourenzähler. Der liegt gleichgroß zum Tacho im<br />
Blickfeld, dazu wechseln situationsbedingt etliche<br />
andere Anzeigen und nützliche Informationen auf<br />
einem Display zwischen diesen beiden Instrumenten.<br />
Der Audi war der erste moderne Diesel-PKW, mit<br />
dem ich gefahren bin. An eher hochdrehende<br />
Benziner gewöhnt, war ich geradezu verblüfft<br />
über die niedrigen Drehzahlen, mit der sich dieses<br />
Auto bewegte. Bei ruhigen 80 km/h im Automatik-Modus<br />
wurden teilweise nur 1 200 Touren<br />
angezeigt. Es gibt bei diesem Auto aber auch die<br />
Möglichkeit, manuell mit dem Doppelkupplungs-<br />
Getriebe (DSG) zu schalten, ohne eine Kupplung<br />
betätigen zu müssen. Das wird erreicht, indem<br />
man den Wählhebel aus der Automatik-Stellung<br />
einfach nach rechts drückt. Man kann dann mit<br />
dem Wählhebel bis zum siebten Gang hoch oder<br />
in den ersten runterschalten. Ein Überdrehen des<br />
Motors ist aber durch rechtzeitiges automatisches<br />
Hochschalten unmöglich. Der rote Bereich des<br />
Drehzahlmessers beginnt bei 4 500 Touren. 5 000<br />
werden bei Vollgas extrem schnell erreicht, wofür<br />
Anzeige<br />
man die VEIGEL einfach bis zum Anschlag dreht.<br />
Die 100 km/h wurden gefühlt schneller erreicht als<br />
in den vom Werk angegebenen 6,3 Sekunden, die<br />
Le Mans-Diesel-Siege von Audi grüßten freundlich.<br />
Interessant dabei ist, dass so ein extremer<br />
Spurt total unspektakulär erfolgt. Keine durchdrehende<br />
Räder beim Quattro, kein brüllendes<br />
Motorgeräusch. Das überragende Spurtvermögen<br />
des Audi ermöglicht neben der Freude daran auch<br />
das schnelle und damit sichere Überholen anderer<br />
Fahrzeuge. Die von Audi angegebene Höchstgeschwindigkeit<br />
von 250 km/h habe ich nicht getestet,<br />
zweifle allerdings aufgrund der anderen Werte<br />
aber nicht daran.<br />
Ausgesprochen praktisch kann das mit dem<br />
Tempomat gekoppelte Abstand-Radar sein, so<br />
technik<br />
Die umgebauteBeifahrersitzlehne<br />
lässt sich<br />
leicht und weit<br />
umlegen.
technik<br />
Die weit öffnende Kofferraumklappe<br />
kann mit dem Spannrollen-Gurt<br />
von VEIGEL zugezogen<br />
werden.<br />
Technische Daten<br />
Motor<br />
6-Zyl.-Diesel, 240 PS / 176 kW<br />
Getriebe<br />
7-Gang-Automatik (DSG)<br />
Länge/Breite/Höhe<br />
471/185/139 cm<br />
Leergewicht<br />
1 720 Kilo<br />
Wendekreis<br />
11,5 Meter<br />
Spurt auf 100 km/h<br />
6,3 Sekunden<br />
Höchstgeschwindigkeit<br />
etwa 250 km/h<br />
Tank-Volumen<br />
64 Liter<br />
Praxis-Verbrauch<br />
6-7 Liter Diesel<br />
56<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
beispielsweise bei Kolonnen-Fahrten, ruhigen<br />
Fahrten auf der Autobahn oder in Staus. Ich<br />
habe diese leicht zu bedienende Technik mal<br />
auf etwa 20 Kilometern hinter einem Lastzug<br />
auf einer kurvenreichen Bundesstraße getestet,<br />
es war faszinierend. Die eingestellten etwa 20<br />
Meter zum Lastzug wurden eingehalten, auch<br />
bei einigen Ortsdurchfahrten, in einem engen<br />
Kreisverkehr und einer 90-Grad-Kurve. Angenehm<br />
ist auch die Spracheingabe, mit der man<br />
beispielsweise das sehr gute Navi des Audi während<br />
der Fahrt sicher bedienen kann.<br />
Auf den kurvenreichen und kaum befahrenen<br />
Straßen in der hügeligen Umgebung von Bad<br />
Wildungen lernt man die sicheren Qualitäten<br />
des Quattro-Fahrwerks schätzen. Selbst schnell<br />
gefahrene Bergab-Kurven werden gemeistert,<br />
ohne dass die Hände an dem nur 38 Zentimeter<br />
Durchmesser messenden und sehr griffigen Leder-Lenkrad<br />
feucht werden. Man kann im Audi<br />
durch einfachen Druck auf Mittelkonsolen-Tasten<br />
unter drei Fahrprogrammen für Motor, Getriebe,<br />
Lenkung und Dämpfung wählen, auch<br />
während der Fahrt. Die Stufe COMFORT erklärt<br />
sich durch den Namen und bietet komfortables<br />
Fahren auch auf schlechten Wegstrecken.<br />
Im Modus DYNAMIC wird der Straßenzustand<br />
spürbar, was bei sportlicher Fahrweise durchaus<br />
Freude machen kann. Dazwischen liegt der<br />
AUTO-Modus.<br />
Gut bedienbar<br />
Wirklich komfortabel und zudem sicher ist die<br />
Classic von VEIGEL. Der Unterarm kann ruhig auf<br />
der Mittelkonsole ruhen, zum Gasgeben wird lediglich<br />
das Handgelenk gedreht. Den linken Ellenbogen<br />
kann man – mit der Hand am Lenkrad<br />
– entspannt auf die Konsole der Fahrertür legen.<br />
Praktisch und ein Beitrag zur Sicherheit ist der in<br />
die VEIGEL-Classic integrierte „Commander“, mit<br />
dem sich Blinker, Warnblinker, Scheibenwischer<br />
und Lichthupe sehr einfach schalten lassen. Gut<br />
bedienbar ist das Navigations-System im Audi.<br />
Direkt im Blickfeld hat man beispielsweise die<br />
Kilometer-Angaben bis zur nächsten Abbiegung<br />
und bis zum Ziel, dazu die berechnete<br />
Ankunftszeit. Die aktuelle Position und die noch<br />
zu fahrende Strecke kann man auf der Farbkarte<br />
im großen Bildschirm gut erkennen. Praktisch ist<br />
auch die zentral sichtbare Anzeige der noch zur<br />
Verfügung stehenden Kilometer. Die komplette<br />
Tankfüllung reicht bei normaler Fahrweise für<br />
annähernd 1 000 Kilometer, so dass man sich<br />
nicht so oft über die hohen Spritpreise ärgern<br />
muss.<br />
Eine bemerkenswerte Sicherheits-Technik des<br />
Audi bei Autobahn-Fahrten ist eine in den Außenspiegel-Haltern<br />
angebrachte Leuchtanzeige.<br />
An der sieht man, wenn sich ein Fahrzeug<br />
links oder rechts im toten Winkel des Spiegels<br />
befindet und deshalb nicht sichtbar ist. Wenn<br />
man dann den Blinker in diese Richtung setzt,<br />
wird man durch schnelles Blinken der Anzeige<br />
auf die Gefahr des Fahrbahnwechsels hingewiesen.<br />
Und auch eine weitere Innovation ist interessant,<br />
die „elektromechanische Parkbremse“.<br />
Betätigt wird sie praktischerweise mit einem<br />
Schalter auf der Mittelkonsole. Wer den Audi A5<br />
Sportback bestellt, kann ihn im Audi-Werk in Ingolstadt<br />
direkt mit den VEIGEL-Aggregaten ausrüsten<br />
lassen und komplett umgerüstet geliefert<br />
bekommen. Dies hat den Vorteil der vollen<br />
Audi-Garantie, auch für die VEIGEL-Aggregate.<br />
Bei anderen Herstellern entfällt die Garantie,<br />
wenn bei Fremd-Umrüstungen die Elektronik<br />
berührt wird.<br />
Ein Auto wie der Audi A5 Sportback TDI quattro<br />
ist nicht zum Schnäppchenpreis zu haben.<br />
Umfassende Informationen über Audi und den<br />
hier vorgestellten A5 Sportback und die individuelle<br />
Zusammenstellung mit allen Extras und<br />
Preisen gibt es im „Konfigurator“ bei www.audi.<br />
de. Der dann ermittelte Preis kann aber um 15<br />
Prozent reduziert werden, bei Audi gibt es Rolli-Rabatt.<br />
Informationen über die Rolli-Produkte<br />
von Veigel sind bei www.veigel-automotive.de<br />
zu sehen.<br />
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Audi seinen<br />
Ansprüchen hier voll gerecht wird. Zwar ist ein<br />
Viertürer nicht das ideale Auto für diejenigen,<br />
die ihren Rollstuhl selbst verladen, aber Audi<br />
hat natürlich auch viele sehr attraktive Zweitürer,<br />
bis bin zum sagenhaften R8...<br />
Text & Fotos:<br />
Hermann Sonderhüsken
Sitzkissen Hybrid Elite von Etac:<br />
Das Beste aus zwei Welten<br />
Es gibt behinderte Menschen, die<br />
für ihren Rollstuhl kein Spezialkissen<br />
brauchen. Die meisten aber sind<br />
dringend darauf angewiesen.<br />
Dafür gibt es viele<br />
Gründe.<br />
E rst<br />
einmal<br />
m u s s<br />
das Kissen<br />
im Rollstuhl<br />
Druck aufnehmen und<br />
verteilen. Wir wissen alle,<br />
dass Sitzen auf Dauer nicht optimal<br />
ist, aber schließlich wird nicht danach gefragt,<br />
wenn ein Mensch durch eine Behinderung<br />
auf den Rollstuhl angewiesen ist. Die Unterseite<br />
unseres Gesäßes ist eben nicht flach und leider<br />
oft auch nicht optimal gepolstert. Es gibt da Problemzonen<br />
in Form der Sitzbeinhöcker, der beidseitig<br />
unteren scharfen Knochenenden unserer<br />
typisch menschlich unvollkommenen Hüftkonstruktion.<br />
Hier und evtl. noch am Steißbein baut<br />
sich Druck auf, der bei Nichtbeachtung zu bösen,<br />
im Endergebnis dann lebensbedrohlichen Hautschäden<br />
(Dekubitus) führen kann. Leider ist es<br />
hier nicht getan nur ein weiches Ruhekissen unterzulegen.<br />
Das sitzt sich durch und das Ergebnis<br />
ist am Ende ebenso ungesunde Härte.<br />
Zur Druckvermeidung bewährt hat sich das<br />
ROHO-Kissen. Es reduziert auch die im Geheimen<br />
wirkenden Scherkräfte, die vergleichbar sind mit<br />
denen, die einen Luftballon platzen lassen, wenn<br />
man ihn mit den Händen walkt – so was kann<br />
also nicht gesund sein. Der hintere Teil des neuen<br />
Hybrid-Kissens sieht aus wie ein ROHO – zum<br />
größten Teil diese gummiweichen, aber formspitzen<br />
Kegel, die voll aufgeblasen Schokoküssen<br />
ähneln. Um den Druck optimal zu verteilen<br />
wird aus dem vorher mittels mitgelieferter Luftpumpe<br />
gefüllten Kissen Luft abgelassen, bis nur<br />
noch gut ein Fingerbreit Raum zwischen dem<br />
am tiefsten liegenden Knochenende und Sitz<br />
liegt. Dieses Verfahren erfordert eine fachliche<br />
Einweisung!<br />
Die Jay-Technik ist beliebt bei Rollstuhlnutzern,<br />
denen es auf Druckverteilung und Sitzstabilität<br />
ankommt, zum Beispiel im Sport. Viele verwenden<br />
es aber auch im Alltag. Die Sitzschale besteht<br />
aus festem haltgebendem Schaumstoff.<br />
Dazu kommen je nach Modell Auflagen,<br />
die mit einem „Fluid“ gefüllt sind,<br />
das sich der Körperform<br />
anpasst, aber nicht fließt,<br />
sondern etwa wie Sand<br />
am Strand eine angepasste<br />
Form einnimmt und hält.<br />
Dadurch entsteht eine unterstützende<br />
Sitzauflage, die auch den Druck<br />
gut verteilt.<br />
Zwischen diesen beiden Sitzsystemen gibt es<br />
keine Qualitätsunterschiede. Sie sind beide gut<br />
durchdacht und funktionieren. Worauf man<br />
langfristig besser sitzt kann nur die eigene Erfahrung<br />
aussagen. Vom Konzept her bringt ROHO<br />
optimale Entlastung bei gleichzeitig guter Hinterlüftung,<br />
Jay Druckverteilung bei stabiler Positionierung.<br />
Eigentlich logisch, dass in der Praxis<br />
daraus ein gutes gemeinsames Konzept werden<br />
kann.<br />
Nach einigen Wochen Sitzprobe kann ich das<br />
bestätigen. Die Jay-Sitzschale ist ergonomisch<br />
sinnvoll ausgeformt und führt zu aufrechter Haltung.<br />
Die ROHO-Auflage nimmt jeden Druck von<br />
den Knochen. Es wird nie ganz einfach sein, die<br />
richtige Menge Restluft im ROHO zu lassen, das<br />
muss man üben. Wenn man nicht ganz gerade<br />
sitzt werden sich Auflagen beim Jay mit der Zeit<br />
verschieben, gelegentliche Kontrolle (spätestens<br />
beim Bezugwechsel) ist also angesagt. Die Kombination<br />
beider Systeme ergibt tatsächlich ein<br />
Kissen, das den Titel „Das Beste aus zwei Welten“<br />
verdient. Das „Hybrid Elite TM“ entlastet die Haut<br />
und gibt untadeligen Halt. Schön, dass die beiden<br />
Konzepte zueinander gefunden haben.<br />
Vertrieb: Etac GmbH, Marl. Garantie 24 Monate,<br />
Preis 490 €, zzgl. MwSt. Infos unter www.etac.de.<br />
Text: Peter Mand<br />
Foto: Hersteller<br />
hilfsmittel<br />
PARAPLEGIKER 2/10 57
ericht<br />
Erforschte die Effekte<br />
einer Abmeldung vom<br />
betreuten Wohnen: Prof.<br />
Reinhard Peukert<br />
58<br />
Abmeldungen bei betreutem Wohnen:<br />
Selbstständigkeit<br />
durch Zuzahlungszwang?<br />
Die kürzlich auf einer Tagung in Fulda vorgestellten<br />
Ergebnisse einer Studie zeigen<br />
unter anderem, dass einige Menschen mit<br />
Behinderungen von einem Ausscheiden aus<br />
der Betreuung profitierten. Der Abmeldung<br />
vorangegangen war die Ankündigung, sie<br />
für die Kosten der Betreuungsleistungen<br />
künftig selbst heranzuziehen.<br />
W<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
as war passiert? Der Landeswohlfahrtsverband<br />
Hessen (LWV) hatte im Jahr 2005 all<br />
jenen behinderten Klienten einen Brief geschrieben,<br />
die das Angebot des betreuten Wohnens in<br />
Anspruch nahmen. Genauer müsste es „betreutes<br />
Einzelwohnen“ heißen: Jemand wohnt in seiner eigenen<br />
Wohnung und erhält dort regelmäßig Hilfe<br />
von einer Fachkraft. Die Wohnung wird von einem<br />
Träger angemietet, aber der Betreute ist trotzdem<br />
der primäre Mieter. Doch zurück zum Brief. Den<br />
Adressaten wurde darin mitgeteilt, dass diese ab<br />
jetzt mit ihrem Einkommen und Vermögen für die<br />
Kosten der Betreuung herangezogen werden.<br />
Als Financier des betreuten Wohnens ging der LWV<br />
also sozusagen „ans Eingemachte“ seiner Leistungsempfänger,<br />
wie das unser „Sozialstaat“ auch erst mal<br />
macht, wenn jemand Hartz IV beantragt. Beim LWV<br />
handelt es sich um einen Zusammenschluss der<br />
hessischen Landkreise und kreisfreien Städte. Die<br />
Einrichtung mit Sitz in Kassel ist überörtlicher Träger<br />
der Sozialhilfe und unter anderem zuständig für<br />
die Unterstützung und Förderung von behinderten<br />
und kranken Menschen in sozialer und materieller<br />
Not. Und auch beim betreuten Wohnen geht es ja<br />
um Sozialhilfe, da die Behindertenhilfe gesetzlich<br />
in der Sozialhilfe angesiedelt ist. In den meisten<br />
anderen Bundesländern werden die Angebote für<br />
Behinderte ähnlich organisiert wie in Hessen.<br />
Als Konsequenz des besagten „blauen Briefs“ der<br />
LWV kam es zu Abmeldungen seitens der betreuten<br />
Klienten. In der Gruppe der körperlich behin-<br />
derten Menschen waren es 10,3 Prozent, die zu den<br />
vom LWV geforderten Zuzahlungen nicht bereit<br />
waren, doppelt so viele (20,7 Prozent) meldeten sich<br />
in der Gruppe der Menschen mit seelischer Behinderung<br />
ab. Etwas niedriger (zwischen 5 und knapp<br />
7 Prozent) lag die jeweilige Quote bei den übrigen<br />
Betreutengruppen: Menschen mit geistiger Behinderung,<br />
Aids- und Suchtkranke.<br />
Fragen der Wissenschaftler<br />
Sechs Monate später nahmen Wissenschaftler und<br />
Studierende der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden<br />
und der Hochschule Fulda (die einen gemeinsamen<br />
Masterstudiengang „Gemeindepsychiatrie“<br />
anbieten) den Vorgang genauer unter die Lupe: Sie<br />
wollten wissen, welche Effekte sich aus den Abmeldungen<br />
für die bisherigen Nutzer (und die Träger)<br />
des betreuten Wohnens ergeben haben. Das Forschungsprojekt<br />
unter der Leitung von Prof. Reinhard<br />
Peukert, Fachbereich Sozialwesen der Hochschule<br />
RheinMain, startete eine Fragebogenerhebung bei<br />
allen Betroffenen, von denen sich letztlich 20 Prozent<br />
(144 Abmelder) rückmeldeten – unter den gegebenen<br />
Bedingungen ist das relativ viel.<br />
Zwei Jahre später, 2008, wurde bei den Befragten<br />
noch einmal „nachgehakt“, und gegenwärtig läuft<br />
gerade die dritte Nachfrage. Für Prof. Reinhard<br />
Peukert war das „endlich mal eine naturalistische<br />
Studie“, denn als Experiment ist eine solche Untersuchung<br />
ja nicht möglich, bei der man herausfinden<br />
will, was bei Menschen eigentlich vorgeht, die heute<br />
noch eine Betreuung haben (von deren Notwendigkeit<br />
sie und auch ihre Betreuer fest überzeugt sind)<br />
und morgen auf einmal „draußen“ sind.<br />
Als Ergebnis der Interviews zeigte die Studie – Auftraggeber<br />
war der LWV, auch die Landesarbeitsgemeinschaft<br />
(LAG)-Wohnen Hessen war an der<br />
Finanzierung beteiligt – unter den Abmeldern vom<br />
betreuten Wohnen „Gewinner“ und „Verlierer“: Es<br />
mag überraschen, aber für 20 Prozent der Befragten
war die angekündigte Heranziehung für die Kosten<br />
mit der Folge der Abmeldung gewissermaßen ein<br />
„Glücksfall“. Sie äußerten deutlich, dass es für sie<br />
an der Zeit gewesen sei, sich abzumelden, denn es<br />
ging ihnen nach der Abmeldung besser als vorher.<br />
So hatte ihnen der Brief des LWV sozusagen einen<br />
„Schubs“ gegeben, wie Studienleiter Reinhard Peukert<br />
es formulierte, der notwendig war, denn von<br />
sich aus hätten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine<br />
Anstalten zum Beenden des betreuten Wohnens<br />
gemacht. Bisher hatten sie ja geglaubt, die Betreuung<br />
zu brauchen.<br />
Situation teilweise noch verschlechtert<br />
Auf der anderen Seite standen die „Verlierer“: Als solche<br />
sahen sich etwa ein Drittel der Befragten, für die<br />
sich die Abmeldung keineswegs positiv auswirkte,<br />
sondern ihre Situation noch verschlechterte. Es handelte<br />
sich dabei um diejenigen, die sich ausschließlich<br />
aus finanziellen Gründen abgemeldet haben.<br />
Hier war die Androhung, für die Kosten herangezogen<br />
zu werden, der ausschlaggebende Punkt, wie<br />
Peukert erläuterte. Zu den Abmeldern zählten im<br />
Übrigen auch Menschen, die gar nicht herangezogen<br />
worden wären. Ein weiteres interessantes Ergebnis:<br />
Sechs der so genannten Verlierer zählen sich<br />
im Abstand von zwei Jahren zu den Gewinnern und<br />
sind heute stolz über die gewonnene Selbstständigkeit.<br />
Hier hat sich die positive Entwicklung aufgrund<br />
des Ausscheidens aus dem betreuten Wohnen erst<br />
später eingestellt.<br />
Ist aber nicht gerade bei behinderten Menschen eine<br />
generelle Sorge vorhanden, ein angespartes Vermögen<br />
zu verlieren – weil dies eine Art Versicherung<br />
für mögliche Notzeiten darstellt? So lauteten auch<br />
genau die Aussagen von Befragten, bestätigte Peukert.<br />
Einige von ihnen äußerten in den Interviews,<br />
über ein kleines Vermögen zu verfügen, das sie sich<br />
eigentlich als Alterssicherung auf die Seite gelegt<br />
hätten, und deshalb wurde die Heranziehung zu<br />
den Kosten des betreuten Wohnens offensichtlich<br />
als eine relativ massive Bedrohung empfunden.<br />
Der LWV handelte, wie schon gesagt, nach Gesetzeslage,<br />
und eben diese ist in diesem Fall nicht stimmig:<br />
Peukert bezeichnete es als einen „sozialrechtlichen<br />
Fehler“, dass die Behindertenhilfe wie Sozialhilfe<br />
gehandhabt wird. Ein besonderes Problem besteht<br />
auch darin, dass die Grenzen der Freibeträge für die<br />
Leistungsempfänger im betreuten Wohnen dras-<br />
tisch niedriger sind als für Hartz IV-Empfänger. In der<br />
Bund-Länder-Kommission bemüht man sich, so der<br />
Wissenschaftler, gegenwärtig darum, eine einkommensunabhängige<br />
Leistungserbringung in der Behindertenhilfe<br />
zu schaffen.<br />
Eine der Folgerungen aus den Ergebnissen der Studie:<br />
Das betreute Wohnen muss von allen Beteiligten<br />
als zeitlich begrenzte Hilfe verstanden werden, deren<br />
Beendigung deutlich zu markieren ist. Gegebenenfalls<br />
noch erforderliche Hilfen sollten als unspezifische<br />
und leicht zugängliche Assistenz angeboten<br />
werden.<br />
Was aus der Studie nicht direkt hervorgeht: Nachdem<br />
die Zuzahlung eingeführt wurde, sind viele Betroffene<br />
– Peukert spricht von 20 Prozent –, die eigentlich sinnvollerweise<br />
das betreute Wohnen in Anspruch nehmen<br />
würden, nicht mehr bereit, das zu tun. Es besteht ein<br />
Bedarf, der unter den gegebenen Bedingungen nicht<br />
befriedigt wird.<br />
Text: Arndt Krödel<br />
Foto: privat<br />
Anzeige<br />
bericht
markt<br />
Neuer Hebelantrieb für Aktivrollstühle<br />
Grundsätzlich hat der<br />
Antrieb eines Rollstuhles<br />
über den Greifreifen<br />
seine Grenzen. Der Antriebsradius<br />
und damit<br />
der erreichbare Vortrieb<br />
ist abhängig von der<br />
Armlänge und den Möglichkeiten<br />
sich nach vorne<br />
zu beugen. NuDrive ist<br />
dagegen ein unkonventioneller<br />
Hebelantrieb für<br />
manuelle Rollstühle, der nach sechs Jahren intensiver Forschung und<br />
Entwicklung seit Januar auf dem deutschen Markt ist. Das System besteht<br />
aus je einem Radadapter und einer Antriebseinheit pro Rad. Die<br />
Montage ist sehr einfach. Der NuDrive wird an den vorhandenen Rollstuhl<br />
adaptiert. Er ist für alle gängigen 24“ Räder einsetzbar. Mittels<br />
der Schnapp-Verriegelung lässt sich der Rad-Adapter in Sekunden-<br />
Die Haut ist das größte Organ des Menschen. Entsprechend wichtig ist<br />
es, dass sie gesund ist. Doch das ist leichter gesagt als getan für Menschen,<br />
die sich regelmäßig Medikamente injizieren, um den Erkrankungsverlauf<br />
positiv zu beeinflussen – wie zum Beispiel Patienten, die<br />
an Multipler Sklerose erkrankt sind.<br />
Die chronische Erkrankung Multiple Sklerose verlangt nach einer dauerhaften<br />
Therapie. Üblicherweise werden hier die so genannten Basistherapeutika<br />
verschrieben: Interferon beta-Präparate oder Glatirameracetat.<br />
Diese Medikamente werden bei den meisten MS-Patienten für<br />
die Langzeittherapie gewählt, da ihre Wirksamkeit und Sicherheit belegt<br />
sind. Sie können die Häufigkeit von Krankheitsschüben reduzieren<br />
und so das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Sie werden<br />
entweder unter die Haut oder direkt in den Muskel gespritzt. Weiterhin<br />
variiert die Häufigkeit der Anwendung von 1 x wöchentlich bis hin zu<br />
7 x wöchentlich. Welches Medikament das richtige ist, entscheidet der<br />
Arzt gemeinsam mit dem Patienten.<br />
60<br />
PARAPLEGIKER 2/10<br />
schnelle befestigen, ohne dass dabei die Radbefestigung verändert<br />
werden muss.<br />
Mit dem NuDrive kann man auf einfache Art manövrieren und bremsen.<br />
Es ist ein interessantes System für Menschen, die nicht mehr die<br />
volle Kraft für einen Aktivrollstuhl haben, aber noch keinen Elektroantrieb<br />
nutzen wollen. Klinische Untersuchungen haben ergeben, daß<br />
der Hebelantrieb die Inanspruchnahme der Schultern steigert und<br />
somit Degenerationserscheinungen vorbeugt und die Verletzungsgefahr<br />
vermindert. Durch den Hebelantrieb wird eine Verbesserung<br />
der Körperhaltung und ein verstärktes Training der Schultern erreicht.<br />
Auch das Karpaltunnelsyndrom, eine Schädigung des Nervs in der<br />
Handwurzel, die gerade bei Nutzern von Aktivrollstühlen häufig auftritt,<br />
kann deutlich reduziert werden. Durch die Hebelwirkung wird<br />
eine Reduzierung des für den Antrieb erforderlichen Kraftaufwandes<br />
um bis zu 40 % erreicht. Er kann sowohl im Innenbereich als auch im<br />
Freien eingesetzt werden. Besonders bergauf ist der NuDrive eine<br />
große Hilfe für den Nutzer. Der Hersteller gibt drei Jahre Garantie.<br />
Vertrieb durch die TRV GmbH Karlsruhe.<br />
Gesunde Haut – wichtig bei MS<br />
„Wie komme ich in die Wanne? Und vor allem wieder heraus?“ Diese<br />
Fragen führen oft dazu, dass behinderte Menschen auf ein Wannenbad<br />
völlig verzichten müssen, oder aber auf Hilfspersonen angewiesen<br />
sind. Beim Heben und Senken innerhalb der Wanne hilft ein<br />
Badewannenlift. Ein Problem jedoch bleibt – wie überwinde ich den<br />
Wannenrand?<br />
Eine mögliche Nebenwirkung der regelmäßigen Injektion sind Hautreaktionen<br />
wie Rötungen, Schwellungen oder Entzündungen. Diese<br />
können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Wenn Hautreaktionen<br />
auftreten, sollte der behandelnde Arzt hinzugezogen werden. Wichtig<br />
ist in jedem Fall eine konsequent durchgeführte Therapie. Was in<br />
der Theorie einfach klingt, fällt vielen Patienten in der Praxis schwer.<br />
Aus diesem Grund wurde das Patientenprogramm AVOSTART-1a<br />
entwickelt. Es bietet z.B. die persönliche Betreuung und Schulungen<br />
in der Selbstinjektion durch MS-Schwestern. Dazu eine Reihe von<br />
Informationsbroschüren und eine kostenfreie Servicenummer. Hier<br />
werden alle Fragen rund um die MS beantwortet. Ganz neu steht nun<br />
die Broschüre „Hau(p)tsache gesund – die Hautfibel für MS-Patienten“<br />
zur Verfügung, in der alle Fragen rund um das Thema Haut beantwortet<br />
werden. Weitere Infos unter www.ms-life.de oder kostenfrei unter<br />
0800 – 37 37 000.<br />
Schwenklift hilft beim Baden<br />
Durch den Schwenklift UNO von TRUSS Innova Trading kann hier<br />
häufig Abhilfe geschaffen werden. Er wird neben der Wanne montiert<br />
und fest in den Boden verankert. Bereits neben der Wanne wird<br />
auf den stabilen Sitz aus Alu-Guss umgesetzt. Hilfreich hierbei sind<br />
die hochklappbaren Armlehnen. Der Sitz lässt sich soweit absenken,<br />
dass ein bequemes Umsetzen ermöglicht wird. Nach dem Umsetzen
und Sichern wird der Sitz durch Betätigen eines Hebels am Schwenkarm mittels<br />
Wasserdruck so hoch gehoben, dass die Füße über den Wannenrand ragen. In<br />
die Wanne einschwenken kann man dann völlig selbstständig mittels eines ratschenähnlichen<br />
Antriebes am Bedienarm.<br />
Nach dem Einschwenken über die Badewanne<br />
wird der Sitz nach unten in die Wanne<br />
gesenkt. Bis etwa 2 cm über den Wannenboden<br />
senkt sich der Schwenklift ab.<br />
Nach dem Bad geht es dann in der gleichen<br />
Weise wieder hinaus. Bequem wird sich auf<br />
dem Sitz des Liftes abgetrocknet und dann<br />
trocken und sicher umgesetzt. Auch andere<br />
Personen können ohne Einbußen baden,<br />
der Sitz wird dann einfach außerhalb der<br />
Wanne abgesenkt und geparkt. Ein weiteres<br />
Modell der Schwenklift – Familie, der<br />
DUO, wurde übrigens für die Nutzung mit einer Hilfsperson konzipiert.<br />
Der Schwenklift wird bei der Firma TRUSS Innova Trading in Kassel als langlebiges<br />
Kleinserienprodukt aus Edelstahl und Aluminium hergestellt. Die Lifte werden<br />
mit dem Wasserdruck des Hauswasseranschlusses betrieben. Lediglich ein 6-<br />
Volt-Akku zur Steuerung des Liftes wird benötigt. Der Schwenklift trägt die CE-<br />
Kennzeichnung und ist TÜV-geprüft.<br />
Infos unter tel 05 61-807 55 55, www.schwenklift.net<br />
oder eMail: info@schwenklift.net.<br />
10. cSc capp<br />
Sport cup<br />
Den über 600 Teilnehmern des 10. cSc (capp Sport cup) „gemeinsam rollt’s“ werden<br />
exzellente Bedingungen rund um den Freizeitpark Langenfeld geboten. Ob<br />
mit oder ohne Handikap, aus der gesamten Bundesrepublik und dem angrenzenden<br />
Ausland, hier ist jeder/jede herzlich willkommen. Das Startgeld beträgt<br />
für Teilnehmer bis 17 Jahre 5 €, ab 18 Jahre 10 €, wenn die Anmeldung bis zum<br />
29. August 24 Uhr online erfolgt und der Betrag bis zum 30. August 12 Uhr auf<br />
dem Konto der Weik-Stiftung eingegangen ist. (Speedskater zahlen 14 €.) Wer sich<br />
erst am Starttag anmeldet, zahlt doppelt so viel. Im Startgeld sind übrigens Bons<br />
über 5 € für Essen und Trinken und ein Präsent (T-Shirt oder Badetuch) enthalten.<br />
Meldungen und weitere Informationen sind im Internet unter www.gemeinsamcsc.de<br />
möglich.<br />
Dort sind auch die Bankdaten aufgeführt. Bernhard Weik, Stifter der E & B Weik-<br />
Stiftung, Organisator und Veranstalter, gibt zu allen Fragen gerne Auskunft über<br />
tel 0 21 73-270 233<br />
oder eMail: b.weik@gemeinsam-csc.de.<br />
Wie jedes Jahr wird wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm vorbereitet,<br />
und die internationale cSc-Schlemmermeile bietet viele Köstlichkeiten, um Hunger<br />
und Durst zu stillen.<br />
Anzeige<br />
Mode,<br />
die im Sitzen sitzt.<br />
<br />
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Manfred Sauer GmbH<br />
Geschäftsbereich<br />
Rolli-Moden<br />
Neurott 20<br />
74931 Lobbach-Waldwimmersbach<br />
Tel: 06226 960 200<br />
Fax: 06226 960 050<br />
service@rollimoden.de
kleinanzeigen<br />
62<br />
Chrysler Grand Voyager<br />
116 kw, ca. 122 000 km, 11/96, 1. Hd, Scheckheft, PARAVAN Umbau,<br />
geeignet f. Tetraplegiker. Leder, Sitzheizungen, Klima, Standheizung,<br />
Servolenkung 8 n, el. Schiebetür u. Rampe, Handbedienung f. Gas u.<br />
Bremse, Rollstuhlhaltesystem f. Fahrer- u. Beifahrersitz, hintere Sitzbank<br />
flachstellbar, Fahrer- u. Beifahrersitz in Original. Mängel:<br />
Korrosion an Fahrzeugboden. Montage u. Einstellung v. Kopfstütze.<br />
Lackschäden. TÜV bis 11/09, auf Wunsch neu, VB 5 500 €. Vahid Abkar,<br />
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VW Polo<br />
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VW Passat Variant<br />
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Elektromobil<br />
Mini-Crosser 130 R 4, 15 km/h, Bj 1996, Neupr. 16 000 DM. Laufleistung<br />
ca. 1 500 km, seit 2001 wg. Krankheit nicht mehr benutzt, Batterien<br />
müssten erneuert werden, Preis VB, tel 0 26 05-12 93,<br />
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eMail: Karin.Mueller.01@googlemail.com.<br />
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bitte als eMail an Peter.Mand@t-online.de, nur wenn nicht<br />
anders möglich als (lesbares!) Fax an 0 21 51-62 17 004, Abdruck<br />
vorbehalten, ohne Gewähr. Beim Verkauf von Hilfsmitteln muss der<br />
Verkäufer auch der Eigentümer sein.
Behindertengerechtes Wohnen –<br />
Berechnungsmethoden für Schadensersatzforderungen (2)<br />
Kosten für Umbauten<br />
Während in vielen Fällen ein Umzug unumgänglich ist, sind manche frischverletzte Rollstuhlfahrer<br />
in der glücklichen Lage, dass ihre bisherige Wohnung (meist ein Haus auf dem<br />
Land) umbaubar ist. Hier stellt sich natürlich ebenso wie beim Umzug die Frage, welche<br />
Kosten auf die Behinderung zurückzuführen sind und welche Kosten einen effektiven<br />
Mehrwert darstellen.<br />
Stets behinderungsbedingt und daher regelmäßig<br />
übernommen werden die Kosten von Aufzügen.<br />
Insoweit sollte, falls möglich, der Aufzug immer an<br />
das Haus angebaut werden, Treppenlifte o.ä. sind<br />
anderen Familienmitgliedern oft im Weg und nehmen<br />
unnötig Platz weg, oft zerstören sie auch den<br />
Charme eines Hauses.<br />
Zusammen mit dem Anbau des Liftes sollte auch<br />
an einen generellen Anbau gedacht werden, da<br />
Rollstuhlfahrer normalerweise einen Therapieraum<br />
benötigen. Ein Therapieraum erklärt sich von selbst,<br />
irgendwo muss die Krankengymnastik und Physiotherapie<br />
auch stattfinden, irgendwo müssen Motomed,<br />
Stehtrainer und die verschiedenen Rollstühle<br />
auch gelagert werden.<br />
Für den Fall, dass Pflegepersonen im Haushalt untergebracht<br />
werden sollen, brauchen diese einen<br />
eigenen Rückzugsbereich mit Wasch- und Kochgelegenheit,<br />
dieser kann im Anbau untergebracht<br />
werden.<br />
Auch für ein eigenes Bad gibt es gute Argumente,<br />
die ein Gericht überzeugen: Bekanntermaßen verbringen<br />
viele Rollstuhlfahrer viel mehr Zeit im Bad<br />
als Fußgänger, allein schon wegen der verschiedenen<br />
zeitaufwändigen Methoden des Abführens.<br />
Nichts kann in einer Familie zu mehr Reibereien führen<br />
als ein andauernd belegtes Bad. Das Bad selbst<br />
ohne Duschwanne ist auch von Fußgängern nicht so<br />
gut benutzbar und benötigt nach Benutzung auch<br />
mehr Reinigungsaufwand als ein normales Bad.<br />
Natürlich sind auch die Außenanlagen rollstuhlgerecht<br />
umzubauen, auch der Garten soll wieder für<br />
den Betroffenen voll nutzbar sein, umso mehr als<br />
der Garten oft die einzige einfache Möglichkeit dar-<br />
stellt, schnell und unkompliziert ins Grüne zu kommen.<br />
Großes Augenmerk sollte auch darauf gelegt werden,<br />
dass ein überdachter Stellplatz, am besten eine<br />
Garage, zur Verfügung steht, die vom Haus aus direkt<br />
oder auf überdachten Wegen – wichtig v.a. bei<br />
Eis und Schnee – zu erreichen ist.<br />
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Diese Punkte werden alle regelmäßig unproblematisch<br />
von Haftpflichtversicherungen übernommen,<br />
sofern eine ordentliche Planung (inklusive<br />
Ausschreibung) stattfindet – hier sollte auf jeden<br />
Fall ein Architekturbüro für behindertengerechtes<br />
Bauen eingesetzt werden – und die Qualität der<br />
Umbaumaßnahmen sich am Lebensstandard des<br />
Betroffenen vor Unfall orientiert. D.h., dass nur wer<br />
vorher in einem Schloss gewohnt hat, einen fürstlichen<br />
Umbau bekommt, ein eher armer Geschädigter<br />
wird sich indes mit einem einfacheren funktionalen<br />
Umbau begnügen müssen.<br />
Anspruch auf Privatsphäre<br />
Problematisiert werden allerdings meistens die<br />
folgenden Punkte. Insbesondere bei schwerstbehinderten<br />
Tetraplegikern, die jedenfalls rund um<br />
die Uhr eine Pflegeperson im Haus haben, wird oft<br />
argumentiert, dass aufwändige Umweltsteuerungssysteme<br />
und eine behindertengerechte Küche nicht<br />
benötigt werden, da Dinge wie Kochen und Mobilität<br />
jedenfalls regelmäßig von Dritten übernommen<br />
werden. Hier ist darauf zu verweisen, dass auch<br />
noch ein Rest Privatsphäre vorhanden sein sollte<br />
und es insbesondere aus psychischen und rehabilitativen<br />
Gesichtspunkten heraus sinnvoll ist, wenn<br />
sich der Betroffene jedenfalls im Einzelfall selbst<br />
helfen kann.<br />
Oft wenden Versicherer auch ein, dass das Haus<br />
durch die Umbauten ja einen Mehrwert bekommen<br />
würde, der vom Betroffenen selbst zu tragen<br />
sei. Den Mehrwert bei behindertengerechten Umbauten<br />
kann ich nicht erkennen. Oft ist ein barrierefreies<br />
Haus mit Aufzug und entsprechendem Bad<br />
nicht marktüblich zu verkaufen, weil einfach keine<br />
Interessenten da sind.<br />
Auch das oft gebrachte Argument, dass teilweise<br />
Dinge einfach neu zu machen seien, wenn sich<br />
beim Teilentkernen herausstellt, dass irgendwo<br />
die Mauersubstanz oder der Dachstuhl nicht mehr<br />
gängigen Standards entspricht und so ein Renovierungsmehrwert<br />
entstünde, greift nicht, da es sich<br />
ja (wenn denn überhaupt) um eine aufgedrängte<br />
Bereicherung handelt, also eine Aufwendung ,die<br />
der Betroffene den normalen Verlauf der Dinge betrachtet<br />
überhaupt nicht getätigt hätte.<br />
Wartungskosten<br />
Nicht vergessen sollte man auch, dass die behindertengerechten<br />
Umbauten – hier vor allem der<br />
Aufzug – Strom verbrauchen und Wartungskosten<br />
verursachen und dass der Anbau auch zu heizen<br />
ist. All dies sind Positionen, die regelmäßig anfallen<br />
und vom Haftpflichtversicherer in Rentenform oder<br />
Kapitalabfindung zu ersetzen sind.<br />
Ebenso muss auch klar sein, dass Menschen, die im<br />
Kindesalter verunfallen, einen Anspruch auf einen<br />
weiteren Umbau bei Volljährigkeit haben, nämlich<br />
dann, wenn sie nach dem gewöhnlichen Verlauf der<br />
Dinge das elterliche Haus verlassen hätten.<br />
Anmerkung zum Autor: Der Rechtanwalt und Fachanwalt<br />
für Verkehrsrecht Oliver Negele, Mitarbeiter der<br />
AG-Recht der FGQ, bearbeitet derzeit ca. 30 Fälle aus<br />
dem Bereich Großpersonenschaden im Jahr.<br />
Kontakt:<br />
RA Oliver Negele<br />
Bgm.-Fischer-Str. 12<br />
86150 Augsburg<br />
tel 08 21-32 79 88 10<br />
eMail: kontakt@arge-recht.de
Arbeitsgemeinschaften (AG)<br />
Ambulante Dienste<br />
Milan Kadlec<br />
Bornberg 94<br />
42109 Wuppertal<br />
tel 02 02-45-02 71, Fax: -39 42<br />
eMail: info@isb-ggmbh.de<br />
Bauen & Umwelt<br />
Dipl. Ing. Dirk Michalski<br />
Im Hohnsiefen 1<br />
53819 Neunkirchen-Seelscheid<br />
tel 0 22 47-60 70<br />
eMail: DirkMichalski@t-online.de<br />
Internet: www.DirkMichalski.de<br />
Frank Opper, Architekt<br />
Auf der Wiese 20<br />
41564 Kaarst<br />
tel 0 21 31-51 17 09<br />
eMail: frank@opper-architekten.de<br />
FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />
Herbert Müller<br />
Freiherr-vom-Stein-Straße 47<br />
56566 Neuwied-Engers<br />
tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36<br />
eMail: h.mueller@engers.de<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Peter Mand<br />
Felbelstraße 15<br />
47799 Krefeld<br />
tel 0 21 51-62 17 000<br />
eMail: peter.mand@t-online.de<br />
Recht / Schadensersatzrecht<br />
Gottfried Weller<br />
Oliver Negele<br />
Dr. Loeffelladstr. 127<br />
86609 Donauwörth<br />
tel 09 06-83 34; Fax: 99 99 715<br />
eMail: gottfriedweller@arcor.de<br />
Schmerz bei Querschnittlähmung<br />
Neue Ansprechpartner gesucht!<br />
Anfragen bitte an<br />
eMail: FGQ-Moelsheim@t-online.de<br />
Schule & Studium<br />
Karen Fischer<br />
Auf der Kuhweide 1<br />
44269 Dortmund<br />
tel 02 31-75 97 55<br />
Urlaub<br />
Johann Kreiter<br />
Laubeweg 1<br />
70565 Stuttgart<br />
tel 07 11 - 7 15 64 90<br />
eMail: jnkreiter@aol.com<br />
Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe<br />
von Euro<br />
(mindestens 30 Euro)<br />
Querschnittgelähmte 15 Euro, je Familienmitglied 15 Euro<br />
Ich zahle per: Abbuchung Rechnung<br />
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Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich<br />
widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />
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PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen<br />
mit Körperbehinderung<br />
Das offizielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im<br />
vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung<br />
haben viele gemeinsame Interessen,<br />
deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen<br />
Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen<br />
Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung.<br />
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in Deutschland e.V. werden.<br />
Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle<br />
laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall<br />
eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender<br />
Abstufung bei Teilinvalidität.<br />
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ISSN 0723-5070<br />
HERAUSGEBER<br />
Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V.<br />
Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
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MARKETINGLEITUNG<br />
Gisela Werner<br />
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Andreas Stoßberg<br />
Telefon: 02 12-2 33 52 65<br />
Telefax: 02 12-2 33 52 66<br />
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(v.i.S.d.P.) Peter Mand<br />
MITARBEIT AN DIESER AUSGABE<br />
Ralf Kirchhoff, Barbara Früchtel, Ulrike Talmann, Ruth Auschra,<br />
Hermann Sonderhüsken, Heike Stüvel, Herbert Müller, Dr. med.<br />
Volker Mall, Dr. med. J. Kutzenberger, Raimund Artinger, Reinhard<br />
Wylegalla, Arndt Krödel, RA Oliver Negele.<br />
LAYOUT<br />
Eickhoff – Grafik & Design - Speyer<br />
Telefon: 0 62 32-62 93 20<br />
DRUCK<br />
NINO Druck GmbH<br />
Im Altenschemel 21<br />
67435 Neustadt/Weinstraße<br />
ERSCHEINUNGSWEISE<br />
vierteljährlich<br />
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3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung<br />
der Auftraggeber.<br />
Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008<br />
BEZUGSBEDINGUNGEN<br />
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