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Paraplegiker 1/2011

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1/<strong>2011</strong><br />

29. Jahrgang<br />

Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070<br />

Vereint<br />

mit<br />

Querschnittgelähmte in der Schweiz


Einsteigen und Kompromisse<br />

hinter sich lassen.<br />

Der Audi A3 mit Mobilitätshilfe.<br />

Für Menschen, die im Alltag hinsichtlich ihrer Mobilität Kompromisse machen müssen, ist der Audi A3 mit Mobilitätshilfe<br />

eine erstklassige Lösung. Individuell. Hochwertig. Voller Sportlichkeit. Setzen Sie auf die vielen Möglichkeiten, Technologien<br />

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Weitere Informationen auf www.audi.de/fahrhilfen oder per E-Mail an fahrhilfen@audi.de


Barrierefreie<br />

Abschussrampen<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wenn man glaubt, was in der Zeitung steht, wird das<br />

Leben mit Behinderung immer müheloser. Es vergeht<br />

kaum eine Woche, in der nicht die eine oder andere frohe<br />

Nachricht für unsereinen zwischen Lokalteil und „Aus<br />

aller Welt“ zu finden ist. Und es stimmt ja auch: Die Welt<br />

hat sich verändert, es gibt öffentliche Behindertentoiletten<br />

(in meiner Stadt viel zu wenige, nach Geschäftsschluss<br />

in der Innenstadt nur eine funktionierende…),<br />

barrierefreie Verkehrsmittel (von unterschiedlicher Qualität<br />

und nicht überall) – und abgesenkte Bordsteine.<br />

Letztere werden aktuell vielerorts zum Ärgernis. An sich<br />

schwer verständlich, schließlich war die Absenkung der<br />

hohen Bordsteinkanten in fast allen deutschen Städten<br />

mit der größte Fortschritt (?!) der letzten Jahre z.B. für<br />

Rollstuhlnutzer. Davor brauchte man akrobatisches Geschick<br />

und ein ordentliches Quantum Rücksichtslosigkeit<br />

gegen Mensch und Material, um mit der zeittypisch<br />

kopflastigen und mehr als 20 kg schweren Rollstuhlkarre<br />

von der Straße auf den Bürgersteig zu rappeln. Danach<br />

war die gleiche Aktion auch für körperlich Schwächere<br />

ohne Achsbruchgefahr zu realisieren.<br />

Jetzt kommt ja wieder mal alles neu, der UN-Konvention<br />

zu Nutzen und Frommen, u.a. eine DIN-Norm für<br />

den öffentlichen Raum. Im Gefolge entwickeln sich die<br />

prächtigsten Ideen bis hin zum „Kasseler Querungsbord“,<br />

das eine „barrierefreie Überrollbarkeit, ebenso wie eine<br />

eindeutige Erkennbarkeit für Blinde und Sehbehinderte“<br />

ermöglichen soll. Schöne neue Behindertenwelt, aber<br />

leider – vor Ort sieht‘s anders aus.<br />

In meiner Stadt vermählt sich an nigelnagelneuen Ampelüberwegen<br />

eine Absenkung mittels einer Mördersteigung,<br />

die an Abschussrampen des kasachischen<br />

Weltraumbahnhofs Baikonur gemahnt, mit einem Rappelbelag<br />

aus runden Asphaltpocken („Blinden-Lego“),<br />

ABOTELEFON (0 62 43) 900 704<br />

die zusammen geeignet sind, Rollstuhlnutzer blitzartig<br />

unter die Räder des anrauschenden Autoverkehrs zu<br />

befördern. Schwer zu ergründen, was diesen blitzenden<br />

Blödsinn der allerhöchsten Kategorie verursacht hat. Im<br />

Zweifelsfall die Kombination ausgewiesener behördlicher<br />

Inkompetenz in Reinkultur in inniger Eintracht<br />

mit völliger Unfähigkeit samt unerschütterlicher Gleichgültigkeit<br />

der bauausführenden Kräfte. Ergebnis ist ein<br />

Überweg, auf dem Blinde und Rollis straucheln – siehe<br />

unten…<br />

Nebenbei wiedererstehen bei dieser Gelegenheit unselige<br />

Animositäten zwischen den Behinderungsgruppen,<br />

können Blindenvertreter auch gelegentlich nicht einsehen<br />

(?!), dass man vom Rollstuhl aus Kanten und Rillen<br />

nicht so gern erblickt. Natürlich kommen wir so nicht<br />

weiter. Gefunden werden muss an allen Orten eine Lösung<br />

für hindernisfreie Überwege für alle. (Leserbriefe<br />

dazu oder zu anderen Themen? Immer willkommen!)<br />

Nicht nur Rappelbeläge machen uns das Leben schwer.<br />

Bis uns dagegen Roboter das Leben ernsthaft erleichtern<br />

wird es wohl noch dauern (siehe S.15). Auch ohne<br />

deren Hilfe müssen sich behinderte Frauen in Alltag und<br />

Beruf zu Recht finden (S.12). Ob die Schweiz tatsächlich<br />

so paradiesisch für Querschnittgelähmte ist, wollten wir<br />

immer schon mal wissen (S.42). Das sind neben Rechts-<br />

und Medizinthemen nur einige Beispiele für informative<br />

Beiträge, die im PARA regelmäßig auftauchen. Auch in<br />

diesem Heft kommen zusätzlich Humor (Glosse, Karikatur)<br />

und Urlaub nicht zu kurz.<br />

Ein komplettes Angebot, so soll es sein. Und genau das<br />

wollen Herausgeber, Verlag und Redaktion Ihnen bieten.<br />

Wenn Sie sich darüber freuen, wenn etwas fehlt<br />

oder nicht so gelungen ist, schreiben Sie uns. Wir würden<br />

uns freuen.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Ihr<br />

editorial<br />

PARAPLEGIKER 1/11 3


inhalt<br />

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editorial<br />

Barrierefreie Abschussrampen<br />

kultur<br />

Karikaturen von Barbara Früchtel<br />

bericht<br />

Tierhaltung:<br />

Verspielte Therapeuten<br />

Behinderte Frauen auf dem Arbeitsmarkt:<br />

„Ich will keine finanzielle Abhängigkeit!“<br />

Phoenix – Hilfe für Brandverletzte:<br />

Ohne Angst anders sein<br />

technik<br />

Pflegeroboter – kann man die kaufen?<br />

Ford Focus Fließheck:<br />

Flotter Kompakter für die Beraterin<br />

glosse<br />

Einmal Spieler immer Spieler<br />

medizin<br />

MS-Therapie:<br />

Schluss mit der Spritze?<br />

q – querschnitt spezial<br />

Das silberne Spar-Schwein:<br />

„Rückwirkend geht nichts“<br />

Serie: Dekubitus (1)<br />

Welche Rolle spielt die Ernährung?<br />

Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />

aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />

Teil 2: Operative Therapie<br />

<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-Studie<br />

gesucht<br />

Kinaesthetics für Menschen mit<br />

Querschnittlähmung und Angehörige:<br />

Bewegte Tage in der<br />

Manfred-Sauer-Stiftung<br />

Querschnittgelähmte in Europa (IV): Schweiz<br />

„Gesetzliche Vorschriften reichen nicht aus“<br />

Holger Rummer:<br />

Leidenschaft für Malen und Bildhauerei<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Seite 8<br />

Seite 16<br />

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markt<br />

Das neue Gesicht von „Otto Bock“<br />

Innovationspreis für SPACE DRIVE System<br />

Stehgeräte<br />

Aluminiumschienen<br />

Urologische Hilfsmittel<br />

KÜCHEN QUELLE – Spezialist für<br />

barrierefreie Küchen<br />

Neuer Aktivrollstuhl<br />

Generationenübergreifende<br />

Badezimmerwelten<br />

Bauen-wohnen-renovieren:<br />

Fallstricke erkennen<br />

unterwegs<br />

Belgien:<br />

Ausflug ins Land der Comics<br />

Familien-Sportferien:<br />

DRS RolliKids auf Teneriffa<br />

Thailand:<br />

Glück in der Sonne<br />

kleinanzeigen<br />

recht<br />

Der Wert der Hausarbeit<br />

im Schadensersatzrecht<br />

abo<br />

impressum<br />

In dieser Ausgabe befinden sich Beilagen der Firmen:<br />

• Astra Tech<br />

• Medical Service<br />

Titelfoto: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />

PARAPLEGIKER 1/11 5<br />

inhalt


Seite 52<br />

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markt<br />

Das neue Gesicht von „Otto Bock“<br />

Innovationspreis für SPACE DRIVE System<br />

Stehgeräte<br />

Aluminiumschienen<br />

Urologische Hilfsmittel<br />

KÜCHEN QUELLE – Spezialist für<br />

barrierefreie Küchen<br />

Neuer Aktivrollstuhl<br />

Generationenübergreifende<br />

Badezimmerwelten<br />

Bauen-wohnen-renovieren:<br />

Fallstricke erkennen<br />

unterwegs<br />

Belgien:<br />

Ausflug ins Land der Comics<br />

Familien-Sportferien:<br />

DRS RolliKids auf Teneriffa<br />

Thailand:<br />

Glück in der Sonne<br />

kleinanzeigen<br />

recht<br />

Der Wert der Hausarbeit<br />

im Schadensersatzrecht<br />

abo<br />

impressum<br />

In dieser Ausgabe befinden sich Beilagen der Firmen:<br />

• Astra Tech<br />

• Medical Service<br />

Titelfoto: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />

PARAPLEGIKER 1/11 5<br />

inhalt


ericht<br />

Der positive<br />

Einfluss<br />

der Heimtierhaltung<br />

auf MenschenübersteigtmöglicheGefährdungen.<br />

„<br />

“<br />

8<br />

Tierhaltung:<br />

Verspielte Therapeuten<br />

Es ist lange bekannt, dass tierische Begleiter vielen Menschen gut tun.<br />

Das gilt selbstverständlich nicht nur für Gesunde, sondern auch für Menschen<br />

mit körperlichen Einschränkungen. Tiere können für gute Laune sorgen,<br />

die Lebensqualität heben und die Sinneswahrnehmung verbessern.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

U<br />

nter dem Begriff „tiergestützte Therapie“<br />

gibt es mittlerweile etliche Studien, die<br />

die wohltuende Wirkung von Tieren auf den<br />

Menschen belegen. Wenn man Therapeuten<br />

glauben darf, hat der therapeutisch eingesetzte<br />

oder auch der ganz normale Kontakt<br />

zu einem Haustier jede Menge Vorteile:<br />

• Ein Tier reagiert auf den Menschen mit all<br />

seinen Stärken und Schwächen – ohne ihn<br />

zu kritisieren oder zu werten. Es ist einfach<br />

ein Lebewesen, das sich freut, wenn man<br />

nach Hause kommt.<br />

• Haustierhalter gelten als entspannter.<br />

• Ein Tier kann dabei helfen, das Leben zu<br />

verändern. Beispielsweise sorgt die Notwendigkeit,<br />

das Tier zu versorgen, für Aktivitäten<br />

außer Haus.<br />

• Solche Erkenntnisse werden mittlerweile<br />

auch von Ärzten ernst genommen.<br />

Es gibt sogar eine Klinik, die es Patienten<br />

gestattet, den eigenen Hund mitzubringen.<br />

(www.main-taunus-privatklinik.de/hofheim)<br />

Eine Zeitlang gab es den Verdacht, dass ein<br />

Haustier-Virus an der MS-Entstehung beteiligt<br />

sein könnte. Heute ist diese These widerlegt.<br />

Die Experten sind sicher, dass aus medizinischer<br />

Sicht auch für MS-Patienten nichts<br />

gegen das Halten von Haustieren spricht.<br />

Wer allerdings unter einer Tierhaarallergie<br />

leidet oder eine ausgeprägte Angst vor bestimmten<br />

Tieren hat, der wird mit einem<br />

Haustier sicher nicht glücklicher sein als vorher<br />

– im Gegenteil! Wer ein Tier hat, muss<br />

auch damit rechnen, dass es mal Flöhe oder<br />

Zecken mit sich herumträgt, selbst Bakterien<br />

oder Pilze können vom Tier auf den Menschen<br />

übertragen werden. Meistens wohl harmlos,<br />

für immungeschwächte Menschen aber vielleicht<br />

auch nicht. Das Robert-Koch-Institut<br />

(RKI) stellte schon vor Jahren fest, dass das<br />

Versorgen von Tieren positive Effekte für die<br />

Gesundheit hat. Zum Beispiel nahm der Medikamentenverbrauch<br />

chronisch Kranker ab,<br />

wenn ein Tier im Haushalt versorgt wurde.<br />

Abschließend urteilte das RKI: „Der positive<br />

Einfluss der Heimtierhaltung auf Menschen<br />

übersteigt mögliche Gefährdungen.“<br />

Katzen, Meerschweinchen & Co<br />

Tiere reagieren auf uns Menschen. Wer wenig<br />

Kontakt zu anderen Menschen hat, genießt<br />

es vielleicht, dass ihm ein Lebewesen durch<br />

seine Reaktion überhaupt zeigt, dass er da<br />

ist. Katzen, Hasen oder Meerschweinchen haben<br />

als Therapeuten oder Kumpel allerdings<br />

einen Nachteil: Sie sind Einzelgänger, sodass<br />

außer Streicheln und Füttern nicht allzu viele<br />

gemeinsame Aktivitäten drin sind.


Hunde<br />

Wer träumt nicht manchmal davon, einen Begleiter<br />

zur Seite zu haben, der ohne zu murren<br />

erledigt, was man selbst nicht hinkriegt?<br />

Assistenzhunde können zum Beispiel auf<br />

Kommando heruntergefallene Gegenstände<br />

holen, Socken anziehen helfen oder so lange<br />

bellen, bis jemand aufmerksam wird. Die Ausbildung<br />

zum Therapiebegleithund ist allerdings<br />

sehr aufwendig und entsprechend teuer.<br />

Das Angebot des Berliner Vereins „Hunde<br />

für Handicaps“, behinderte Hundehalter bei<br />

der Ausbildung eines Behindertenbegleithundes<br />

zu unterstützen, dürfte bisher noch<br />

eine Ausnahme darstellen (mehr dazu: www.<br />

hundefuerhandicaps.de). Hier werden drei<br />

Möglichkeiten angeboten, an einen Behindertenbegleithund<br />

zu kommen:<br />

Anzeige<br />

Sitz – fast auf Kommando!<br />

Wer einen Hund hat, lernt leichter<br />

Menschen kennen.<br />

• Der steinige Weg: Man kann sich einen<br />

Welpen besorgen, selbst großziehen und<br />

ausbilden.<br />

• Der Weg mit Paten: Man bekommt vom<br />

Verein einen Welpen, der das erste Jahr<br />

(bis er „aus dem Gröbsten raus“ ist) in einer<br />

Patenfamilie verbracht hat.<br />

• Der Profi-Weg: Der Verein lässt einen Hund<br />

komplett von einem Trainer zum Behindertenbegleithund<br />

ausbilden.<br />

Die Hunde-Profis vom Verein „Hunde für Handicaps“<br />

helfen bei der Entscheidung, welcher<br />

Weg der individuell richtige ist und ob man<br />

vielleicht wichtige Gegenargumente gegen<br />

einen Hund übersehen hat. „Ein Hund ist kein<br />

normales Hilfsmittel“, macht Kerstin Gerke<br />

deutlich, „er ist in erster Linie ein Tier mit allen<br />

seinen Besonderheiten“. Hunde leben natürlicherweise<br />

an der frischen Luft und wollen<br />

regelmäßig raus, motivieren Herrchen oder<br />

Frauchen also zu regelmäßiger Bewegung.<br />

Allerdings müssen sie ihr Geschäft auch bei


ericht<br />

Tierkontakte<br />

ausprobieren?<br />

• Es gibt ziemlich viele<br />

Tierheime, die regelmäßige<br />

Hundeausführer suchen.<br />

Vielleicht können Sie da<br />

ehrenamtlicher Gassigänger<br />

werden?<br />

• Wie wäre es mit einer Schlittenhundreise<br />

in Norwegen?<br />

Zusammen mit dem norwegischen<br />

Doppel-Paralympics-<br />

Goldmedaillengewinner Karl<br />

Einar Henriksen wurde in<br />

Ljørdalen am Rande des Fulufjäll<br />

Nationalparks ein umfassendes<br />

und vielfältiges Urlaubsangebot<br />

für behinderte<br />

Menschen zusammengestellt:<br />

Hundeschlittentouren,<br />

Erlebniswochen und Skikurse<br />

im Winter. Huskytouren mit<br />

Rollwagen, Flusstouren mit<br />

Expeditionsbooten, Tierbeobachtungen<br />

und vieles mehr<br />

im Sommer. Mehr dazu unter<br />

www.hundeschlittenreisen.<br />

de/no/behin_aktiv.html<br />

• Manche Ergotherapeuten<br />

bieten hundegestützte<br />

Therapiestunden an. Hunde<br />

verändern die Trainingssituation.<br />

Sie können körperlich<br />

entspannend wirken.<br />

Ergotherapeuten berichten<br />

beispielsweise, dass eine starke<br />

Bein-Spastik beispielsweise<br />

nach einem Schlaganfall<br />

sich mildert, wenn man das<br />

Bein auf dem Hund lagert.<br />

Andere setzen den Hund als<br />

Motivator ein: Wer keine Lust<br />

mehr auf ein langweiliges<br />

Training hat, wird vielleicht<br />

motivierter sein, wenn der<br />

Therapiehund mit einbezogen<br />

wird.<br />

10<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Schnee und Eis erledigen. Wenn man im Notfall<br />

keinen Helfer hat, wird die Sache vom<br />

Rollstuhl aus anstrengend. Und wenn der<br />

Welpe nachts alle zwei Stunden raus muss,<br />

kommen auch Gesunde an ihre Grenzen. Sie<br />

erinnert daran, dass Hunde einen eigenen<br />

Geruch haben, dass sie Fressen und Bewegung<br />

brauchen und in der Wohnung mit den<br />

spitzen Welpenzähnen locker einen Schaden<br />

von 1 000 € verursachen können. Manche<br />

Hundebesitzer mögen das dann doch nicht,<br />

geraten an körperliche Grenzen oder müssen<br />

einfach begreifen, dass ihr Hund nicht in der<br />

Lage ist, die Assistenzhunde-Team-Prüfung<br />

zu bestehen. Das tut weh.<br />

Andererseits klingt es extrem spannend, was<br />

der Verein alles unternimmt. Vom Pekinesen<br />

bis zur Deutschen Dogge reicht die Spannbreite<br />

der Rassen, die hier schon in Ausbildung<br />

waren. Die Erfahrungsberichte machen<br />

klar, wie nützlich ein gut ausgebildetes<br />

Tier für den Alltag sein kann. Aber sie zeigen<br />

auch, wie emotional<br />

die Beziehung zwischen<br />

Mensch und Hund sein<br />

kann. Vielleicht reicht ja<br />

auch ein „normaler“ Hund<br />

als Begleiter?<br />

(Anm.d.Red.: Wer von<br />

vorneherein weiß, dass<br />

er einen Assistenzhund<br />

sucht, kann sich an „VITA<br />

e.V.“ wenden: www.vitaassistenzhunde.de.<br />

In dem<br />

inzwischen seit zehn Jahren<br />

bestehenden Verein<br />

werden vor allem Retriever<br />

und Labrador als Helfer<br />

professionell ausgebildet,<br />

was allerdings seinen<br />

Preis hat. Die Idee ist, körperlich behinderten<br />

Menschen mit Hilfe von Assistenzhunden zu<br />

mehr Selbstständigkeit und Lebensfreude zu<br />

verhelfen.)<br />

Pferde<br />

Auf Therapiepferden kann man trotz körperlicher<br />

Beeinträchtigungen reiten. Das gilt<br />

sowohl für Querschnittgelähmte als auch für<br />

MS-Kranke. Erste Studienergebnisse (mehr<br />

dazu unter http://johannisberg.net) zeigen,<br />

dass MS-Patienten in vielen Bereichen profitieren:<br />

Gleichgewicht, Spastik, Schmerzen,<br />

Gehfähigkeit und Lebensqualität verbesserten<br />

sich.<br />

Ergotherapie mit Pferden kann aber weit<br />

mehr sein. Die Vierbeiner werden in der therapeutischen<br />

Arbeit gerne eingesetzt, weil<br />

sie Herdentiere sind, sozial handelnde Wesen<br />

also. Als Herdentier verlangt ein Pferd, dass<br />

mit ihm klar, eindeutig und respektvoll umgegangen<br />

wird. Wenn das der Fall ist, wird<br />

es dem Menschen folgen – egal, ob der im<br />

Rollstuhl sitzt oder nicht. Wer keine klaren<br />

Anweisungen gibt, unkonzentriert ist oder<br />

keine klare Richtung vorgibt, der wird das<br />

Pferd nicht zum Mitmachen bringen. Das<br />

kann ziemlich motivierend sein. Überhaupt<br />

ist das Pferd ein Motivationskünstler: Wer<br />

„sein“ Pferd mit Möhrenstücken füttern will,<br />

übt das Kleinschneiden von Gemüse viel-<br />

Im Fahrsport sind etliche Menschen mit Behinderungen aktiv.<br />

leicht fröhlicher als ohne diesen tierischen<br />

Motivator.<br />

Alpakas sind übrigens auch Herdentiere, die<br />

ähnlich eingesetzt werden können wie Pferde.<br />

Nur reiten kann man sie natürlich nicht!<br />

Text & Fotos:<br />

Ruth Auschra


ericht<br />

Tierkontakte<br />

ausprobieren?<br />

• Es gibt ziemlich viele<br />

Tierheime, die regelmäßige<br />

Hundeausführer suchen.<br />

Vielleicht können Sie da<br />

ehrenamtlicher Gassigänger<br />

werden?<br />

• Wie wäre es mit einer Schlittenhundreise<br />

in Norwegen?<br />

Zusammen mit dem norwegischen<br />

Doppel-Paralympics-<br />

Goldmedaillengewinner Karl<br />

Einar Henriksen wurde in<br />

Ljørdalen am Rande des Fulufjäll<br />

Nationalparks ein umfassendes<br />

und vielfältiges Urlaubsangebot<br />

für behinderte<br />

Menschen zusammengestellt:<br />

Hundeschlittentouren,<br />

Erlebniswochen und Skikurse<br />

im Winter. Huskytouren mit<br />

Rollwagen, Flusstouren mit<br />

Expeditionsbooten, Tierbeobachtungen<br />

und vieles mehr<br />

im Sommer. Mehr dazu unter<br />

www.hundeschlittenreisen.<br />

de/no/behin_aktiv.html<br />

• Manche Ergotherapeuten<br />

bieten hundegestützte<br />

Therapiestunden an. Hunde<br />

verändern die Trainingssituation.<br />

Sie können körperlich<br />

entspannend wirken.<br />

Ergotherapeuten berichten<br />

beispielsweise, dass eine starke<br />

Bein-Spastik beispielsweise<br />

nach einem Schlaganfall<br />

sich mildert, wenn man das<br />

Bein auf dem Hund lagert.<br />

Andere setzen den Hund als<br />

Motivator ein: Wer keine Lust<br />

mehr auf ein langweiliges<br />

Training hat, wird vielleicht<br />

motivierter sein, wenn der<br />

Therapiehund mit einbezogen<br />

wird.<br />

10<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Schnee und Eis erledigen. Wenn man im Notfall<br />

keinen Helfer hat, wird die Sache vom<br />

Rollstuhl aus anstrengend. Und wenn der<br />

Welpe nachts alle zwei Stunden raus muss,<br />

kommen auch Gesunde an ihre Grenzen. Sie<br />

erinnert daran, dass Hunde einen eigenen<br />

Geruch haben, dass sie Fressen und Bewegung<br />

brauchen und in der Wohnung mit den<br />

spitzen Welpenzähnen locker einen Schaden<br />

von 1 000 € verursachen können. Manche<br />

Hundebesitzer mögen das dann doch nicht,<br />

geraten an körperliche Grenzen oder müssen<br />

einfach begreifen, dass ihr Hund nicht in der<br />

Lage ist, die Assistenzhunde-Team-Prüfung<br />

zu bestehen. Das tut weh.<br />

Andererseits klingt es extrem spannend, was<br />

der Verein alles unternimmt. Vom Pekinesen<br />

bis zur Deutschen Dogge reicht die Spannbreite<br />

der Rassen, die hier schon in Ausbildung<br />

waren. Die Erfahrungsberichte machen<br />

klar, wie nützlich ein gut ausgebildetes<br />

Tier für den Alltag sein kann. Aber sie zeigen<br />

auch, wie emotional<br />

die Beziehung zwischen<br />

Mensch und Hund sein<br />

kann. Vielleicht reicht ja<br />

auch ein „normaler“ Hund<br />

als Begleiter?<br />

(Anm.d.Red.: Wer von<br />

vorneherein weiß, dass<br />

er einen Assistenzhund<br />

sucht, kann sich an „VITA<br />

e.V.“ wenden: www.vitaassistenzhunde.de.<br />

In dem<br />

inzwischen seit zehn Jahren<br />

bestehenden Verein<br />

werden vor allem Retriever<br />

und Labrador als Helfer<br />

professionell ausgebildet,<br />

was allerdings seinen<br />

Preis hat. Die Idee ist, körperlich behinderten<br />

Menschen mit Hilfe von Assistenzhunden zu<br />

mehr Selbstständigkeit und Lebensfreude zu<br />

verhelfen.)<br />

Pferde<br />

Auf Therapiepferden kann man trotz körperlicher<br />

Beeinträchtigungen reiten. Das gilt<br />

sowohl für Querschnittgelähmte als auch für<br />

MS-Kranke. Erste Studienergebnisse (mehr<br />

dazu unter http://johannisberg.net) zeigen,<br />

dass MS-Patienten in vielen Bereichen profitieren:<br />

Gleichgewicht, Spastik, Schmerzen,<br />

Gehfähigkeit und Lebensqualität verbesserten<br />

sich.<br />

Ergotherapie mit Pferden kann aber weit<br />

mehr sein. Die Vierbeiner werden in der therapeutischen<br />

Arbeit gerne eingesetzt, weil<br />

sie Herdentiere sind, sozial handelnde Wesen<br />

also. Als Herdentier verlangt ein Pferd, dass<br />

mit ihm klar, eindeutig und respektvoll umgegangen<br />

wird. Wenn das der Fall ist, wird<br />

es dem Menschen folgen – egal, ob der im<br />

Rollstuhl sitzt oder nicht. Wer keine klaren<br />

Anweisungen gibt, unkonzentriert ist oder<br />

keine klare Richtung vorgibt, der wird das<br />

Pferd nicht zum Mitmachen bringen. Das<br />

kann ziemlich motivierend sein. Überhaupt<br />

ist das Pferd ein Motivationskünstler: Wer<br />

„sein“ Pferd mit Möhrenstücken füttern will,<br />

übt das Kleinschneiden von Gemüse viel-<br />

Im Fahrsport sind etliche Menschen mit Behinderungen aktiv.<br />

leicht fröhlicher als ohne diesen tierischen<br />

Motivator.<br />

Alpakas sind übrigens auch Herdentiere, die<br />

ähnlich eingesetzt werden können wie Pferde.<br />

Nur reiten kann man sie natürlich nicht!<br />

Text & Fotos:<br />

Ruth Auschra


technik<br />

„In Japan gibt es bereits Pflegeroboter – dort ist man<br />

viel weiter!“ Derartiges ist häufig zu hören, bei genauer<br />

Nachfrage scheint jedoch niemand einen alltagstauglichen<br />

Pflegeroboter selbst gesehen zu haben noch jemanden zu<br />

kennen, der eines solchen angesichtig wurde.<br />

12<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Die eine Variante:<br />

Manuell steuerbarer Roboter.<br />

A<br />

uch in Tokio erging es mir so: In High-<br />

Tec-Laboratorien wird an automatischen<br />

und/oder fernsteuerbaren Hilfsmitteln geforscht.<br />

Dazu gibt es Vorrichtungen zur personalsparenden<br />

Überwachung (Kameras &<br />

Sensoren) sowie modernste Kommunikationstechnik,<br />

die das Verlassen der Wohnung zum<br />

Einkaufen, Arztbesuch oder zwecks Sozialkontakten<br />

optimieren helfen soll. Auch unter der<br />

Bezeichnung „Ambient Assisted Living“ oder<br />

„Smart House“ wird an technikgestützten<br />

Dienstleistungsszenarien geforscht.<br />

Was ist eigentlich ein Roboter? Prinzipiell ist<br />

zu beachten, dass der Begriff nicht einheitlich<br />

genutzt wird. Zuweilen werden fahrerlose (automatisierte)<br />

Transportsysteme, die Material<br />

anliefern und Videokameras führen, als Roboter<br />

bezeichnet. Auch Esshilfen in Form „moto-<br />

risierter Löffel“, die Nahrung zum Mund führen<br />

(wenn nichts vorher herunterfällt) oder Plüschseehunde<br />

mit Sensoren, die sich bewegen und<br />

Laute von sich geben, werden zuweilen unzulässigerweise<br />

der Robotik zugeordnet.<br />

Eine zutreffende, vereinfachte Definition für<br />

Roboter sieht so aus: „Roboter sind Automaten<br />

mit mehreren Bewegungsachsen. Die Bewegungen<br />

werden mittels umprogrammierbaren<br />

Computern direkt (automatisiert) oder manuell<br />

über Tasten bzw. Joystick gesteuert. Am Roboterarm<br />

wird ein Greifer bzw. irgendein Werkzeug<br />

(in der Industrie) geführt.“<br />

Pflege oder Assistenz?<br />

Sobald Roboter für ein Dienstleistungsszenario<br />

bei SeniorInnen oder behinderten Men


schen hinzugezogen werden, fällt schnell die<br />

Bezeichnung „Pflegeroboter“ oder „Serviceroboter<br />

in der Pflege“. Der Begriff „Pflege“ erscheint<br />

dabei sehr dehnbar und vielversprechend.<br />

Weil ich Erfahrung in der Pflege sowie in<br />

der Persönlichen Assistenz habe, gehe ich davon<br />

aus, dass Roboter auf absehbare Zeit keine<br />

umfangreichen pflegerischen Tätigkeiten wie<br />

Ankleiden, Waschen, Toilettenassistenz oder<br />

Rollstuhl-Bett-Transfers übernehmen können<br />

Einen menschlichen Körper mit schwachem<br />

Muskeltonus bei Schmerzanfälligkeit mittels<br />

Robotik aufzunehmen und zu heben, bedarf<br />

stabiler deckenschienengeführter Technik<br />

(Kippsicherheit) mit vielen verschiedenen<br />

Greifern sowie umfangreicher Sensorik und<br />

Sicherheitstechnik. Zudem kommt es nicht<br />

nur auf das Heben an: Es gilt im richtigen Moment<br />

einen ausgelösten Spasmus zu beruhigen,<br />

eventuell den Kopf zu stützen, nebenbei<br />

nach Dekubitus-Gefahrenstellen zu schauen<br />

und im richtigen Moment Vorleistungen für<br />

das Ent- oder Bekleiden zu treffen.<br />

Hinsichtlich dieser Kriterien sind Roboter zu<br />

betrachten, die Personen heben sollen (z.B.<br />

der japanische Roboter RIBA, „Robot for Interactive<br />

Body Assistance“). Ob die RIBA-Entwickler<br />

wissen, wie es sich anfühlt, einen ausgewachsenen<br />

Menschen zu tragen und ob sie<br />

bereits mit (Decken-) Liftern gearbeitet haben?<br />

Inwiefern finden behinderte Personen<br />

tatsächlich ausreichenden und sicheren Halt,<br />

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<br />

wenn zwei Roboterarme gabelstaplerähnlich<br />

unter ihren Körper fahren und heben?<br />

Blecherne Kollegen, die kleine Handreichungen<br />

leisten, nenne ich vorzugsweise<br />

„Assistenzroboter“ und verzichte diesbezüglich<br />

auf den zu missverständlichen Assoziationen<br />

führenden Begriff „Pflege“.<br />

Was kann ein Assistenzroboter?<br />

Es ist detailliert aufzuzeigen,<br />

welche Tätigkeit ein Roboter<br />

tatsächlich auszuführen in der<br />

Lage ist. In Zeiten virtueller Filmwelten<br />

und Computerspielen<br />

wird technischen Laien bei Roboterpräsentationen<br />

nicht immer<br />

deutlich, inwiefern es sich<br />

um ein Ist-Szenario oder um ein<br />

Wunsch-Szenario (von wem?)<br />

handelt. Bereits kleine Auslassungen<br />

sind beim Personentransfer-Szenario<br />

bedeutsam.<br />

Stets sollte der Vollzug kompletter<br />

Tätigkeiten in Echtzeit<br />

gezeigt werden. Beispielsweise beim Trinken:<br />

Wie lange muss der Roboter vorher auf das<br />

Umfeld programmiert werden, auf das er wie<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Automatisch<br />

funktionierender<br />

Roboter.<br />

technik


technik<br />

Von woher<br />

kommt das<br />

wie zubereitete<br />

Getränk<br />

auf welche<br />

Weise in die<br />

Tasse?<br />

14<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

flexibel reagieren kann? Von woher kommt<br />

das wie zubereitete Getränk auf welche Weise<br />

in die Tasse? Wo wiederum kommt die Tasse<br />

her, wie und wo wird sie dem Empfänger<br />

gereicht und wie lange dauert das? Und was<br />

macht der Roboter, wenn eine gut trinkende<br />

jedoch stark bewegungseingeschränkte Nutzerin<br />

daraufhin häufiger zur Toilette möchte?<br />

Es kommt also darauf an, die jeweilige Aufgabe<br />

zu Ende zu denken.<br />

Bereits in den 1970er Jahren wurde ein großer<br />

Roboter in der Rehabilitation ausprobiert<br />

(Heidelberg). Bei dem aktuellen „Serviceroboter<br />

in der Pflege“ Care-O-Bot-III<br />

des Fraunhofer Instituts in Stuttgart<br />

handelt es sich 40 Jahre später<br />

ebenfalls um ein stattliches Gerät,<br />

dessen mächtiger Industrierobo-<br />

terarm nicht in direkter Menschennähe<br />

tätig wird.<br />

Der Robotergreifer des Care-O-Bot-<br />

III stellt beispielsweise eine Trinkflasche<br />

automatisch auf ein mitgeführtes<br />

Tablett. Daraufhin geht der Roboterarm<br />

in Ruheposition und dann erst wird zum<br />

„Nutzer“ gefahren, der per synthetischer<br />

Sprache aufgefordert wird, sich die Flasche<br />

vom Tablett zu nehmen. (Die Grenzen dieser<br />

Technik für Schwerbehinderte mit eingeschränkter<br />

Greiffunktion liegen auf der Hand;<br />

Anm.d.Red.)<br />

Eine andere Richtung in der Assistenzrobotik<br />

beschäftigt sich mit kleineren Roboterarmen<br />

(ungefähr in Größe eines menschlichen Armes),<br />

die am Elektrorollstuhl angebracht<br />

sind. Per (Rollstuhl-)Joystick können Gegenstände<br />

bis ca. 1,5 kg manuell angesteuert,<br />

aufgenommen und im Umkreis von ca. 80 cm<br />

gehandhabt werden (hergestellt z.B. in Kanada<br />

von der Firma KINOVA und in den Niederlanden<br />

von EXACT DYNAMICS).<br />

Die Forschung<br />

Die automatisch/sensorgesteuerten Assistenz-Roboter<br />

bieten Forschungsinstituten<br />

und Firmen, die sich mit Automatisierung<br />

beschäftigen, ein weites Betätigungsfeld.<br />

Ohne die Konkurrenz um Forschungsgelder<br />

& Subventionen könnten die verschiedenen<br />

Roboter-Ansätze und -Generationen vermutlich<br />

mehr voneinander profitieren.<br />

Wenn Roboter-ForscherInnen angeben, dass<br />

ein Roboter in der Pflege „selbstverständlich<br />

keine Menschen ersetzen soll“, jedoch gleichzeitig<br />

von „Optimierung im Pflegesektor“<br />

sprechen und ihren Kostenträgern den Sinn<br />

ihres Forschungsansatzes nachweisen müssen,<br />

kommt ein Dilemma zum Ausdruck. Das<br />

hat auch mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen<br />

zu tun. Jedoch nicht von Arbeitsplätzen für<br />

Schwerbehinderte…<br />

Schwerbehinderte WissenschaftlerInnen, die<br />

selber umfangreich Assistenz in Anspruch<br />

nehmen und in entscheidungsbefugter und<br />

bezahlter Position an Hilfsmittel-Forschungsprojekten<br />

mitarbeiten, scheint es nicht zu geben.<br />

Sie könnten dazu beitragen, dass nicht<br />

über die Köpfe behinderter Menschen hinweg<br />

geforscht wird (letzteres hat lange Tradition).<br />

Roboter fürs Heim oder Daheim?<br />

Die automatisch gesteuerten Assistenzroboter<br />

sind eher für den Einsatz in Pflegeheimen<br />

gedacht, wo es lange Wege zurückzulegen<br />

und viele Menschen zu versorgen gilt. Die Automatisierung<br />

durch so genannte fahrerlose<br />

Transportsysteme kommt in Krankenhäusern<br />

bereits zum Einsatz (z.B. Wäsche- und Materialtransport).<br />

Noch verhindern Normvorschriften,<br />

dass PatientInnen automatisiert<br />

beispielsweise zur Röntgenabteilung gefahren<br />

werden (der Vorteil einer vertrauten,<br />

in langen Krankenhausfluren begleitenden/<br />

helfenden Pflegekraft bliebe dabei auf der<br />

Strecke).<br />

Die kleineren manuell gesteuerten Assistenzroboter<br />

am Elektrorollstuhl sind dagegen<br />

eher in eigener Häuslichkeit sowie unterwegs<br />

einsetzbar. Für GegnerInnen von Alters- und<br />

Pflegeheimen ist das entscheidend.<br />

Zukunft der Pflege & Bevölkerungsentwicklung<br />

ForscherInnen im Hilfsmittelsektor beginnen<br />

Vorträge gern mit dem Bezug auf die Bevöl-


kerungsentwicklung. Problematisch ist, wenn<br />

Robotik als Notpflaster für den angesichts der<br />

demografischen Entwicklung angeblich unvermeidbaren<br />

Pflegenotstand herhalten soll.<br />

Dass StatistikerInnen zu höchst unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsprognosen kommen<br />

(und bisher kamen) und noch ganz andere<br />

Faktoren für die gesellschaftliche Zukunft<br />

viel entscheidender sind, bleibt oftmals unerwähnt<br />

(z.B. Entwicklung der Erwerbslosigkeit<br />

und Berücksichtigung einer gerechteren<br />

Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums<br />

bei steigender Produktivität). Professor Gerd<br />

Bosbach, der als Mathematiker beim Statistischen<br />

Bundesamt arbeitete, wählt bei einer<br />

Schilderung dieses Sachverhaltes den Titel:<br />

„Die Panik der Deutschen. Die Prognosen zur<br />

Bevölkerungsentwicklung lenken von den eigentlichen<br />

Problemen ab.“ (z.B. Süddeutsche<br />

Zeitung, 24. April 2006, siehe auch „Schwarzbuch<br />

Deutschland, das Handbuch der vermissten<br />

Informationen“, 2009).<br />

Seit 1991 ist das reale Bruttoinlandprodukt<br />

um fast 30 % gestiegen, bei 5 % weniger Arbeitsstunden.<br />

Durch Automatisierung werden<br />

immer weniger Arbeitskräfte bei gleichzeitig<br />

steigender Produktivität gebraucht. Selbst<br />

wenn Robotik in sämtlichen (Pflege-) Dienstleistungssektoren<br />

Einzug halten könnte,<br />

bleibt die Problematik der Erwerbslosigkeit:<br />

Wo sollen die Menschen sinnvoll arbeiten, ihren<br />

Unterhalt verdienen, Steuern und Sozialabgaben<br />

zahlen?<br />

Eine nachhaltigere Lösung des Pflegenotstandes<br />

ist zu diskutieren, wenn die Arbeitsbedingungen<br />

und die Honorierung von Pflegekräften<br />

attraktiv gestaltet werden. An Menschen<br />

mangelt es dazu in Deutschland nicht. Wenn<br />

die Ressourcen eines der reichsten Länder der<br />

Welt (das Deutschland nun mal ist) umsichtig<br />

erkannt und genutzt werden und behinderte<br />

Menschen selber über die Form und den Ort<br />

ihrer Pflege im bedarfsdeckenden Ausmaß<br />

entscheiden dürfen, kann ein Gewinn an<br />

Privatsphäre und Selbsttätigkeit bei Einbeziehung<br />

von Robotik vielleicht erst zum Ausdruck<br />

kommen.<br />

Text & Fotos:<br />

Dirk Makoschey<br />

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Reinhard Zillessen, Direktor<br />

der Service-Organisation<br />

von Ford: „Unser<br />

Ziel ist der vollkommen<br />

zufriedene Kunde – daran arbeiten wir<br />

täglich.“ So zitiert in der Zeitschrift<br />

„Auto, Motor und Sport“ Ausgabe<br />

im Dezember 2010. Ob das<br />

auch für Autofahrer mit<br />

Behinderung gilt, soll<br />

dieser Bericht klären.<br />

16<br />

Formschön<br />

und praktisch:<br />

Ford Focus.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Ford Focus Fließheck:<br />

Claudia Dässel aus Niederkrüchten – einer<br />

Kleinstadt an der niederländischen Grenze<br />

– fährt den Ford Focus seit Mitte September<br />

2010. Sie legte Wert darauf, ein in den Abmessungen<br />

kompaktes Auto zu haben. Es sollte<br />

in der Anschaffung nicht zu teuer und auch<br />

in der Haltung günstig sein. Da ihr Vater mit<br />

Ford gute Erfahrungen gemacht hatte, kam<br />

man auf den Fließheck-Focus als ein geeignetes<br />

Fahrzeug. Mit Udo Späker vom Umbauer<br />

KADOMO in Monheim wurde der Einbau<br />

folgender Hilfsmittel vereinbart:<br />

• Gasring vom französischer Hersteller<br />

SOJADIES<br />

• Handbedienung von VEIGEL<br />

• Rollstuhl-Verladung hinter den Fahrersitz<br />

von RAUSCH TECHNIK, Balingen,<br />

Typ LADEBOY S2<br />

Man einigte sich schnell und das Auto konnte<br />

bestellt werden.<br />

Für den Umbau bei KADOMO wurden die von<br />

Udo Späker zugesagten vier Arbeitstage eingehalten:<br />

„Das war eine besondere Herausforderung,<br />

normalerweise benötigen wir für einen<br />

solchen Umbau etwa zehn Arbeitstage.“<br />

So Udo Späker, der damit sichergestellt hat,<br />

dass Claudia Dässel am 13. September mit<br />

ihrem neuen Auto zur Arbeit fahren konnte.<br />

„Mit dem Umbau bei Kadomo hatte ich gleich<br />

ein gutes Gefühl, das wurde voll bestätigt. Der<br />

Kontakt mit Udo Späker war angenehm und er<br />

hat alle seine Zusagen korrekt eingehalten.“<br />

Ihren Führerschein hat Claudia Dässel mit 19<br />

Jahren gemacht, fünf Jahre nach ihrem Unfall.<br />

Sie war als Spaziergängerin auf einem<br />

Feldweg von einer Frau mit einem Geländewagen<br />

angefahren worden, mit der Konsequenz<br />

schwerster Verletzungen. Da die junge<br />

Rollstuhlfahrerin der Meinung war, dass man<br />

beim Autofahren beide Hände am Lenkrad<br />

haben sollte, kam für sie nur ein Gasring in


Groß und gut zu beladen:<br />

Der Kofferraum des Ford Focus.<br />

frage. „Den hatte ich bei meinem bisherigen<br />

Auto, einem Toyota-Corolla.“ Auch der Ford<br />

Focus ist mit einem Gasring ausgerüstet, ergänzt<br />

allerdings durch eine komplette Handbedienung<br />

von VEIGEL, System BRUHN.<br />

Erstaunlich ist, dass neben dem Gasring noch<br />

die komplette Handbedienung für Gas und<br />

Bremse eingebaut wurde. Udo Späker dazu:<br />

„Zu jedem Gasring wird ein Bremsgerät benötigt.<br />

Der Mehraufwand, auch die Gasfunktion<br />

anzuschließen, ist minimal, gibt aber zusätzliche<br />

Sicherheit, so beispielsweise beim Rückwärtseinparken.<br />

Oder wenn – was mit diesem<br />

Gasring bislang nicht passiert ist – doch mal<br />

etwas ausfällt.“ Grundsätzlich – so die Meinung<br />

von Experten – kann man mit der VEI-<br />

GEL-Handbedienung feinfühliger Gas geben<br />

als mit einem Gasring.<br />

Der gesamte Umbau hat etwa 18 000 EURO<br />

gekostet, einschließlich Steuer. „Das Verlade-<br />

Vorsichtshalber: Der Gasring von<br />

SOJADIES wird durch die VEIGEL-Handbedienung<br />

ergänzt.<br />

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an diesem<br />

Auto ist<br />

praktisch,<br />

sicher und<br />

solide.“<br />

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z.T. mit Zusatzkosten:<br />

• Bedienung von Türen und Motor<br />

ohne Schlüssel<br />

• automatisches Fahrlicht<br />

• Reifen-Fehldruck-Warnung<br />

• automatische Scheibenwischer<br />

• Einpark-Hilfe hinten<br />

• vielfältig elektrisch verstellbare Sitze<br />

mit gutem Seitenhalt<br />

• automatische Abblendung des inneren<br />

Rückspiegels<br />

• Standheizung<br />

• großer und gut beladbarer Kofferraum<br />

• Reichweite von etwa 730 km / 55-Liter-Tank<br />

System hat etwa zwei Drittel des Preises ausgemacht“,<br />

so Udo Späker. Bei der Anschaffung<br />

hat die Arbeits-Agentur im Rahmen des Programms<br />

„Kfz-Hilfe zur Förderung der Teilnahme<br />

am Arbeitsleben“ geholfen. „Das war eine<br />

notwendige Unterstützung, die Sachbearbeiterin<br />

der Arbeitsagentur war sehr hilfsbereit“,<br />

so Claudia Dässel, die finanziell trotz vieler<br />

Aktivitäten finanziell nicht auf Rosen gebettet<br />

ist. Sie arbeitet seit 2005 als Beraterin und<br />

Vermittlerin von Selbsthilfe-Gruppen, hilft<br />

auch bei der Gründung von Selbsthilfegruppen<br />

und deren Öffentlichkeitsarbeit, fördert<br />

die Zusammenarbeit mit Ärzten und Fachleuten<br />

und vertritt die Selbsthilfe in öffentlichen<br />

Gremien. Dazu kommt als „geringfügige Beschäftigung“<br />

eine Reha-Beratung im „Maria-<br />

Hilf“-Krankenhaus in Krefeld im Reha-Unternehmen<br />

„Reha Krefeld GmbH“.<br />

Mit ihrem Ford Focus ist Claudia Dässel sehr<br />

zufrieden. „Es macht Freude, mit dem Auto zu<br />

fahren.“ Gut gefällt ihr die schlüssellose Bedienung<br />

für Türen und Anlasser, und auch die<br />

vielen elektrischen Helferlein sind praktisch,<br />

komfortabel und machen das Fahren sicherer.<br />

Dazu die Feststellung: „Alles an diesem Auto<br />

ist praktisch, sicher und solide.“ Zur Aussage<br />

von Reinhard Zillessen meint Claudia Dässel:<br />

„Ich bestätige Herrn Zillessen gerne, dass ich<br />

mit meinem Auto sehr zufrieden bin.“ Und sie<br />

fügt hinzu: „Hervorheben will ich auch, dass<br />

die Umrüstung bei Kadomo schnell und gut<br />

durchgeführt wurde.“<br />

Text: Hermann Sonderhüsken<br />

Fotos: Gunnar Mitzner<br />

Weitere Infos:<br />

Kadomo: www.kadomo.de<br />

Ford: www.ford.de<br />

Veigel: www.veigel-automotive.de<br />

Technische Daten<br />

Motor 100 PS / 74 kW<br />

Drehmoment 150 Nm bei 4.000 U/min<br />

Getriebe Viergang-Automatik<br />

Länge/Breite/Höhe 4.337/2.020/1.497 cm<br />

Leergewicht 1.286 Kilo<br />

Wendekreis 10,9 Meter<br />

Spurt auf 100 km/h 13,6 Sekunden<br />

Höchstgeschwindigkeit etwa 175 km/h<br />

Tank-Volumen 55 Liter<br />

Praxis-Verbrauch 7,5 Liter


technik<br />

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• Reichweite von etwa 730 km / 55-Liter-Tank<br />

System hat etwa zwei Drittel des Preises ausgemacht“,<br />

so Udo Späker. Bei der Anschaffung<br />

hat die Arbeits-Agentur im Rahmen des Programms<br />

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am Arbeitsleben“ geholfen. „Das war eine<br />

notwendige Unterstützung, die Sachbearbeiterin<br />

der Arbeitsagentur war sehr hilfsbereit“,<br />

so Claudia Dässel, die finanziell trotz vieler<br />

Aktivitäten finanziell nicht auf Rosen gebettet<br />

ist. Sie arbeitet seit 2005 als Beraterin und<br />

Vermittlerin von Selbsthilfe-Gruppen, hilft<br />

auch bei der Gründung von Selbsthilfegruppen<br />

und deren Öffentlichkeitsarbeit, fördert<br />

die Zusammenarbeit mit Ärzten und Fachleuten<br />

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Gremien. Dazu kommt als „geringfügige Beschäftigung“<br />

eine Reha-Beratung im „Maria-<br />

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„Reha Krefeld GmbH“.<br />

Mit ihrem Ford Focus ist Claudia Dässel sehr<br />

zufrieden. „Es macht Freude, mit dem Auto zu<br />

fahren.“ Gut gefällt ihr die schlüssellose Bedienung<br />

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vielen elektrischen Helferlein sind praktisch,<br />

komfortabel und machen das Fahren sicherer.<br />

Dazu die Feststellung: „Alles an diesem Auto<br />

ist praktisch, sicher und solide.“ Zur Aussage<br />

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„Ich bestätige Herrn Zillessen gerne, dass ich<br />

mit meinem Auto sehr zufrieden bin.“ Und sie<br />

fügt hinzu: „Hervorheben will ich auch, dass<br />

die Umrüstung bei Kadomo schnell und gut<br />

durchgeführt wurde.“<br />

Text: Hermann Sonderhüsken<br />

Fotos: Gunnar Mitzner<br />

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Kadomo: www.kadomo.de<br />

Ford: www.ford.de<br />

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Drehmoment 150 Nm bei 4.000 U/min<br />

Getriebe Viergang-Automatik<br />

Länge/Breite/Höhe 4.337/2.020/1.497 cm<br />

Leergewicht 1.286 Kilo<br />

Wendekreis 10,9 Meter<br />

Spurt auf 100 km/h 13,6 Sekunden<br />

Höchstgeschwindigkeit etwa 175 km/h<br />

Tank-Volumen 55 Liter<br />

Praxis-Verbrauch 7,5 Liter


glosse<br />

Welche Spiele bleiben<br />

schon einem<br />

Rollstuhlfahrer.<br />

Vor meinem Unfall<br />

habe ich alles<br />

gespielt. Tennis,<br />

Fußball, überhaupt<br />

alles mit Ball, alles<br />

mit Laufen,<br />

Fangen, Springen,<br />

Schneeballschlacht<br />

– Hauptsache es<br />

gab Gewinner und<br />

Verlierer, und ich<br />

natürlich bei den<br />

Gewinnern. Was<br />

blieb mir da als Rollstuhlfahrer?<br />

Mensch<br />

ärger dich nicht?<br />

Gesellschaftsspiele?<br />

Playstation? Und sobald<br />

es um richtige<br />

Spiele geht, nur die<br />

Zuschauerrolle?<br />

20<br />

Einmal Spieler<br />

immer Spieler<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

A<br />

ls Frischverletzter sah das zunächst so<br />

aus. Als ich noch im Krankenhaus lag, berichteten<br />

mir meine Klassenkameraden von<br />

dem neuen Mitschüler, Hagen hieß der, und<br />

konnte angeblich besser Volleyball spielen als<br />

ich! „Na warte“, dachte ich, „dem werde ich es<br />

schon zeigen wenn ich hier raus bin“. Gar nix<br />

zeigte ich, außer meinen nagelneuen Ortopedia<br />

AOK-Shopper. Wenn ich mit dem in der<br />

Pause über den Schulhof fuhr, gefroren alle<br />

Bewegungen rings um mich ein. Die Gummitwister<br />

hörten auf zu gummitwisten, die Fußballer<br />

hörten auf zu fußballern und die Fänger<br />

hörten auf zu fangen. Ich war das Auge des<br />

Zyklonen – rings um mich tobte der Wirbelsturm,<br />

um mich herum war alles still.<br />

Es wurde Winter und der Schulhof gewöhnte<br />

sich an mich. Und ich gewöhnte mich daran,<br />

bei den richtigen Spielen nur Zuschauer und<br />

Daumendrücker zu sein. Eines Tages hatte es<br />

heftig geschneit. Auch auf unserem Schulhof<br />

herrschte strengstes Schneeballverbot. In der<br />

Zehn-Uhr-Pause tobte dennoch ein erbitterter<br />

Krieg zwischen den Elfern (meine Kollegen)<br />

und den Zwölfern. Die Zwölfer hatten sich am<br />

Hauptportal verschanzt, die Elfer hinter der<br />

Mauer am Pavillon. Ein zäher Stellungskrieg,<br />

mit seltenen Treffern auf beiden Seiten. Da entwarf<br />

Hagen einen spontanen Plan. In Windeseile<br />

wurden Schneebälle in eine Jacke gepackt.<br />

Dann packte er mich. Er schob den Rollstuhl<br />

(mit mir drin) vor sich her und kauerte hinter<br />

mir bis mitten ins feindliche Hauptquartier. Die<br />

Zwölfer waren überrumpelt. Niemand traute<br />

sich, einen Schneeball auf den armen Behinderten<br />

zu feuern. Als sie endlich ihre Skrupel<br />

überwunden hatten, war die Schlacht längst<br />

verloren.<br />

Als ich später im Mathekurs saß, war ich nass<br />

bis auf die Haut und glücklich wie ein Schneekönig.<br />

Ich hatte als trojanisches Pferd die<br />

Schlacht für die Elf gewonnen. Ich gehörte<br />

wieder dazu.<br />

Erbärmliches Bild<br />

Als Sportart bleibt nicht viel anderes als Tischtennis.<br />

Aber das geht selbst mit meiner Behinderung<br />

ganz gut. Am liebsten schaue ich den<br />

Kindern im Schwimmbad an den Steinplatten


zu. Die 12 bis 15 jährigen Vereinsspieler sind die<br />

besten Opfer. Die spielen so saubere Toppspins,<br />

dass man schon Stunden vorher sieht, wo sie<br />

den Ball hinspielen. Wenn ich dann schüchtern<br />

frage, ob ich auch mal mitspielen kann, hilft<br />

mir ihr Schamgefühl. Wer kann einem armen<br />

Rolli schon was abschlagen? Wenn ich dann<br />

meinen Wickel raushole, um mir den Schläger<br />

anzubinden, bereuen sie schon ihre Nettigkeit.<br />

Dass ich nicht mal den Schläger richtig festhalten<br />

kann muss ein erbärmliches Bild abgeben.<br />

Das Spiel verläuft dann (bis auf ganz wenige<br />

Ausnahmen) immer nach dem gleichen Muster.<br />

Nach dem ersten verlorenen Satz fragen sie,<br />

ob sie den Ball auch überall hinspielen dürfen.<br />

Nach dem zweiten verlorenen Satz schütteln<br />

sie den Kopf. Beim dritten wollen sie die Seiten<br />

wechseln, weil der Wind wohl auf meiner Seite<br />

günstiger ist. Beim vierten machen sie aus<br />

lauter Verzweiflung selbst die Fehler und nach<br />

dem fünften fragen sie, ob ich morgen wieder<br />

komme. Das nenne ich gelungene Integration.<br />

Süße Siege<br />

Zugegebenermaßen gibt es viele Sportarten,<br />

die nicht so gut gehen. Ich konzentriere<br />

mich umso mehr auf die, die noch gehen. Bei<br />

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Kindergeburtstagen meiner Tochter stelle ich<br />

mich bereitwillig zur „Reise nach Jerusalem“<br />

auf. Nach drei Runden hat auch die letzte kapiert,<br />

dass ich immer einen Stuhl finde. Dann<br />

ist das Geschrei groß. Beim Schokoladeessen<br />

mit Handschuhen, Mütze, Schal und Messer<br />

und Gabel (während der nächste eine sechs<br />

Würfeln muss) – da habe ich noch nie einen<br />

Bissen abbekommen. Beim Mikado ist mir die<br />

Verletzungsgefahr einfach zu groß.<br />

Aber manchmal reicht ein Überraschungsmoment<br />

aus, um ein – an sich aussichtsloses –<br />

Spiel zu gewinnen: Als es neulich darum ging,<br />

wer den Tisch abräumt, schlug ich meiner<br />

Tochter spontan „Schnick, schnack, schnuck“<br />

vor. Noch bevor sie sich besann sagte ich<br />

„schnickschnackschnuck“ und reckte ihr<br />

meine Faust entgegen. Wenn man Tetra ist<br />

wie ich, dann kann man nur „Brunnen“ oder<br />

„Stein“ und eigentlich sieht beides gleich aus.<br />

Sie machte „Schere“ und verlor. Ich würde nie<br />

wieder gegen sie gewinnen – jedenfalls nicht<br />

bei „Schnick, schnack, schnuck“ – aber die<br />

aussichtslosen sind die süßesten Siege!!<br />

Text: Ralf Kirchhoff<br />

Illustration: Kasia<br />

glosse<br />

Wer kann<br />

einem<br />

armen Rolli<br />

schon was<br />

abschlagen?<br />

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medizin<br />

In der MS-Therapie<br />

deutet sich ein Wandel<br />

an: Im Rennen um<br />

die erste orale Therapie<br />

gegen Multiple<br />

Sklerose (MS) hat der<br />

schweizerische Pharmakonzern<br />

Novartis<br />

die entscheidende<br />

Hürde genommen:<br />

Die Europäische<br />

Arzneimittelagentur<br />

EMA empfiehlt die<br />

Zulassung von Fingolimod<br />

(Handelsname<br />

„Gilenya“). Damit<br />

steht ein neues, oral<br />

anwendbares MS-Medikament<br />

zur Verfügung,<br />

das nicht nur<br />

MS-typische Entzündungen<br />

dämpft, sondern<br />

auch Reparaturprozesse<br />

im Gehirn<br />

fördert.<br />

22<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

MS-Therapie:<br />

E<br />

s ist völlig normal: Wer krank ist, muss<br />

Tabletten nehmen. Das empfindet keiner<br />

als ein besonderes Privileg, sondern eher<br />

als etwas lästige Notwendigkeit. Ganz anders<br />

sieht es bei Menschen mit Multipler Sklerose<br />

(MS) aus: Die meisten von ihnen sehnen den<br />

Zeitpunkt herbei, an dem das erste Medikament<br />

auf den Markt kommt, das nicht mehr<br />

per Spritze oder Infusion verabreicht, sondern<br />

einfach mit einem Glas Wasser herunter geschluckt<br />

werden kann. Man sucht seit Jahren<br />

nach einer Tablette, die den injizierten und infundierten<br />

Wirkstoffen überlegen oder zumindest<br />

ebenbürtig ist, weil diese Anwendungen<br />

unangenehm sind und mit der Zeit zu Hautreinzungen<br />

führen.<br />

In Russland ist das Mittel Cladribin (Handelsname:<br />

„Movectro“) seit Juli, in Australien seit<br />

September zugelassen. Ursprünglich hatte die<br />

Firma Merck gehofft, mit Cladribin als erstes<br />

ein orales MS-Therapeutikum auf den Markt<br />

bringen zu können.<br />

Nachdem der Beraterausschuss der US-amerikanischen<br />

Arzneimittelbehörde FDA im Dezember<br />

2010 jedoch einen ersten Zulassungsantrag<br />

nicht angenommen hatte, zerschlug<br />

sich die Hoffnung. Inzwischen ist Konkurrent<br />

Novartis mit seinem Fingolimod („Gilenya“) an<br />

Merck vorbeigezogen. Ende September gab<br />

FDA dem oralen Analogon eines Pilzwirkstof-<br />

fes grünes Licht zur Erstlinientherapie schubförmiger<br />

MS.<br />

Auch bei uns brauchen die Betroffenen nicht<br />

mehr allzu lange warten: Fingolimod („Gilenya“)<br />

steht offenbar kurz vor der Zulassung.<br />

Die Experten der Zulassungsbehörde empfehlen<br />

die Zulassung für Erwachsene mit MS, die<br />

eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen und<br />

nicht auf eine Behandlung mit Beta-Interferon<br />

ansprechen, teilte die EMA mit. Diese Empfehlung<br />

„wird die Therapie der MS grundlegend<br />

verändern“, so der Prüfarzt der Zulassungsstudie,<br />

Professor Hans-Peter Hartung von der<br />

Neurologischen Klinik an der Heinrich-Heine-<br />

Universität Düsseldorf, zu der EMA-Empfehlung.<br />

Schluss mit der Spritze?<br />

Fingolimod ist ein Arzneistoff zur Therapie von<br />

schubförmig verlaufender Multipler Sklerose,<br />

dessen Wirkung auf einem neuartigen Prinzip<br />

beruht: Das als Tablette verabreichte Medikament<br />

verhindert, dass potenziell schädliche<br />

Immunzellen aus den Lymphknoten in die<br />

Blutbahn gelangen. Dadurch können diese<br />

nicht zur Entstehung von Entzündungen im<br />

zentralen Nervensystem beitragen, die für einen<br />

Großteil der Krankheitserscheinungen bei<br />

Multipler Sklerose verantwortlich gemacht<br />

werden. Zudem zeigen Untersuchungen, dass<br />

der Arzneistoff auch direkt mit Zellen des<br />

Zentralen Nervensystems reagiert, wo er eine<br />

schützende Wirkung entfalten und teilweise<br />

die Wiederherstellung von Gewebe fördern<br />

kann.<br />

Cladribin ist ein weiterer Hoffnungsschimmer<br />

am Horizont für MS-Patienten. Der Wirkstoff<br />

des Darmstädter Pharma- und Chemiekonzerns


Merck, der in der Krebstherapie bereits eingesetzt<br />

wird, sollte ebenso wie „Gilenya“ sehr bald<br />

in Form einer Tablette im Kampf gegen die MS<br />

verabreicht werden. Merck dagegen kann aber<br />

seine Tablette „Movectro“ (Cladribin) nach der<br />

endgültigen Ablehnung durch die Experten<br />

vorerst nicht auf den Markt bringen.<br />

Reduzierte Schubhäufigkeit<br />

In zwei Studien wurde der Wirkstoff Fingolimod,<br />

in einer der Wirkstoff Cladribin verabreicht.<br />

Beide halbierten die Schubrate im Vergleich<br />

zum Scheinpräparat. Fingolimod wirkte<br />

sogar besser als die Standardtherapie mit Beta-<br />

Interferon. Beide Wirkstoffe greifen allerdings<br />

tief in das Immunsystem ein und reduzierten<br />

die Zahl der weißen Blutkörperchen. Das hatte<br />

zur Folge, dass während der Behandlungen<br />

vermehrt Infektionen auftraten. Besonders augenfällig<br />

waren Infekte mit Herpesviren.<br />

Basler Forscher um den Neurologen Prof. Ludwig<br />

Kappos konnten zusammen mit einer<br />

internationalen Studiengruppe in einer zweijährigen<br />

klinischen Studie mit 1 272 Patienten<br />

Anzeige<br />

zeigen, dass sich durch die Therapie mit Fingolimod<br />

die Schubhäufigkeit bei schubförmiger<br />

Multipler Sklerose um 54 bis 60 % im Vergleich<br />

zu Placebo vermindert. Auch eine Verschlechterung<br />

der mit der Multiplen Sklerose verbundenen<br />

Behinderung konnte mit beiden getesteten<br />

Dosierungen von Fingolimod um ca. 30<br />

% während der zweijährigen Studie signifikant<br />

vermindert werden. Weiter konnten die Forscher<br />

mittels Magnetresonanztomographie<br />

zeigen, dass sich die Zahl der entzündlichen<br />

Herde deutlich verringerte und sich der Abbau<br />

von Hirngewebe (Atrophieentwicklung) deutlich<br />

verzögerte.<br />

Die Häufigkeit der Nebenwirkungen war unter<br />

beiden Fingolimod-Dosierungen auf dem<br />

gleichen Niveau wie unter Placebo. Die Anzahl<br />

schwerer Nebenwirkungen mit der gleich<br />

wirksamen, niedrigeren Fingolimod-Dosis war<br />

sogar geringer als beim Scheinmedikament.<br />

Im Vergleich dazu ebenfalls nicht generell erhöht<br />

waren Nebenwirkungen wie Infektionen<br />

und bösartige Tumore, die bei Medikamenten<br />

gefürchtet sind, welche das Immunsystem beeinflussen.<br />

medizin


medizin<br />

24<br />

Alle bisherigen<br />

Studien zeigen<br />

eine überlegene<br />

Wirksamkeit des<br />

neuen Präparats,<br />

das als Tablette<br />

eingenommen<br />

werden kann, gegenüber<br />

der Interferon-Therapie.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Einige, mit der Wirkungsweise von Fingolimod<br />

direkt zusammenhängende Nebenwirkungen<br />

wie Herzrhythmusstörungen nach der ersten<br />

Dosis und leicht erhöhte Blutdruckwerte während<br />

der Behandlung, hatten nur in Einzelfällen<br />

Auswirkungen auf das Wohlbefinden der<br />

Studienteilnehmer. Ebenso verhielt es sich mit<br />

erhöhten Leberwerten, die bei bis zu einem<br />

Fünftel der Behandelten festgestellt wurden.<br />

Darüber hinaus verursachte „Gilenya“ bei<br />

manchen Patienten ein vermehrtes Auftreten<br />

von Gürtelrosen. Gürtelrosen entstehen,<br />

wenn schlafende Windpocken-Viren, die nach<br />

der Erkrankung im Nervensystem verblieben<br />

sind, reaktiviert werden.<br />

In einer anderen einjährigen Untersuchung<br />

zeigte sich zudem,<br />

dass eine Behandlung<br />

mit Fingolimod einer<br />

niedrig dosierten Form<br />

der Interferon-Therapie<br />

deutlich überlegen ist.<br />

Noch nicht verglichen<br />

wurden die neuen<br />

Wirkstoffe mit Interferon-Präparaten,<br />

die<br />

mehrfach wöchentlich<br />

verabreicht werden,<br />

und mit dem rekombinanten<br />

Antiköper Natalizumab<br />

(Tysabri®).<br />

Hoffnungsschimmer<br />

am Horizont<br />

Alle bisherigen Studien<br />

zeigen eine überlegene<br />

Wirksamkeit des neuen<br />

Präparats, das als Tablette eingenommen<br />

werden kann, gegenüber<br />

der Interferon-Therapie. Damit ergibt sich die<br />

Chance mit „Gilenya“ (Fingolimod) zu den seit<br />

Anfang der 1990er Jahre eingesetzten Präparaten<br />

eine wirksame Alternative zur Verfügung<br />

zu stellen, die nur in injizierbarer Form<br />

erhältlich sind.<br />

Multiple Sklerose ist eine meist über mehrere<br />

Jahrzehnte dauernde Erkrankung des Zentralen<br />

Nervensystems, die in der Regel im jungen<br />

Erwachsenenalter auftritt. Weltweit sind gut<br />

zwei Millionen Menschen von MS betroffen,<br />

davon leiden an der Autoimmunerkrankung<br />

des Zentralnervensystems rund 130 000 in<br />

Deutschland.<br />

Ebenso wenig, wie die Mediziner den Verlauf<br />

der Erkrankung vorhersagen können, wissen<br />

sie mit letzter Sicherheit, was genau die<br />

Symptome MS auslöst. Bei dieser Krankheit<br />

attackieren Immunzellen die Ummantelung<br />

der Nervenzellen und verursachen eine Art Kabelbrand,<br />

was unter anderem zu Taubheitsgefühlen,<br />

Sehstörungen und Missempfindungen<br />

führt. Was die Immunzellen zu dieser Attacke<br />

veranlasst, ist bislang unbekannt.<br />

Bei über 80 % verläuft die Krankheit zunächst<br />

in Schüben mit neurologischen Störungen, die<br />

sich teilweise oder ganz zurückbilden können,<br />

und mündet im Lauf der Jahre in eine mehr stetige<br />

(chronische) Progression der Behinderung.<br />

Während die eigentliche Ursache nach wie vor<br />

nicht bekannt ist, weiß man, dass eine Überreaktion<br />

der körpereigenen Abwehr (Autoimmunität)<br />

zur Zerstörung der Nervenumhüllung<br />

(Myelinscheide) und der Nervenfortsätze (Axone)<br />

im Zentralen Nervensystem wesentlich<br />

beiträgt. Daneben spielen auch nicht direkt<br />

mit der Entzündung zusammenhängende (degenerative)<br />

Vorgänge eine Rolle.<br />

Die beiden neuen Substanzen greifen an unterschiedlicher<br />

Stelle in das Geschehen ein,<br />

haben aber die gleiche Wirkung. Sie verhindern,<br />

dass die zu den weißen Blutkörperchen<br />

zählenden Lyphozythen ins Zentralnervensystem<br />

einwandern und die Ummantelungen der<br />

Nervenzellen schädigen. Fingolimod sperrt<br />

die Lymphozythen ein, Cladribin stört den<br />

Stoffwechsel der Lymphozyten und ist daher<br />

ein spezifisches Zellgift. Fingolimod muss täglich<br />

eingenommen werden, Cladribin an acht<br />

bis zwanzig Tagen im Jahr. Patienten, die ihre<br />

ganze Hoffnung auf die neuen Arzneien setzen,<br />

wird nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten<br />

und ein gewisses Risiko auf sich zu<br />

nehmen.<br />

Text: Heike Stüvel


medizin<br />

24<br />

Alle bisherigen<br />

Studien zeigen<br />

eine überlegene<br />

Wirksamkeit des<br />

neuen Präparats,<br />

das als Tablette<br />

eingenommen<br />

werden kann, gegenüber<br />

der Interferon-Therapie.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Einige, mit der Wirkungsweise von Fingolimod<br />

direkt zusammenhängende Nebenwirkungen<br />

wie Herzrhythmusstörungen nach der ersten<br />

Dosis und leicht erhöhte Blutdruckwerte während<br />

der Behandlung, hatten nur in Einzelfällen<br />

Auswirkungen auf das Wohlbefinden der<br />

Studienteilnehmer. Ebenso verhielt es sich mit<br />

erhöhten Leberwerten, die bei bis zu einem<br />

Fünftel der Behandelten festgestellt wurden.<br />

Darüber hinaus verursachte „Gilenya“ bei<br />

manchen Patienten ein vermehrtes Auftreten<br />

von Gürtelrosen. Gürtelrosen entstehen,<br />

wenn schlafende Windpocken-Viren, die nach<br />

der Erkrankung im Nervensystem verblieben<br />

sind, reaktiviert werden.<br />

In einer anderen einjährigen Untersuchung<br />

zeigte sich zudem,<br />

dass eine Behandlung<br />

mit Fingolimod einer<br />

niedrig dosierten Form<br />

der Interferon-Therapie<br />

deutlich überlegen ist.<br />

Noch nicht verglichen<br />

wurden die neuen<br />

Wirkstoffe mit Interferon-Präparaten,<br />

die<br />

mehrfach wöchentlich<br />

verabreicht werden,<br />

und mit dem rekombinanten<br />

Antiköper Natalizumab<br />

(Tysabri®).<br />

Hoffnungsschimmer<br />

am Horizont<br />

Alle bisherigen Studien<br />

zeigen eine überlegene<br />

Wirksamkeit des neuen<br />

Präparats, das als Tablette eingenommen<br />

werden kann, gegenüber<br />

der Interferon-Therapie. Damit ergibt sich die<br />

Chance mit „Gilenya“ (Fingolimod) zu den seit<br />

Anfang der 1990er Jahre eingesetzten Präparaten<br />

eine wirksame Alternative zur Verfügung<br />

zu stellen, die nur in injizierbarer Form<br />

erhältlich sind.<br />

Multiple Sklerose ist eine meist über mehrere<br />

Jahrzehnte dauernde Erkrankung des Zentralen<br />

Nervensystems, die in der Regel im jungen<br />

Erwachsenenalter auftritt. Weltweit sind gut<br />

zwei Millionen Menschen von MS betroffen,<br />

davon leiden an der Autoimmunerkrankung<br />

des Zentralnervensystems rund 130 000 in<br />

Deutschland.<br />

Ebenso wenig, wie die Mediziner den Verlauf<br />

der Erkrankung vorhersagen können, wissen<br />

sie mit letzter Sicherheit, was genau die<br />

Symptome MS auslöst. Bei dieser Krankheit<br />

attackieren Immunzellen die Ummantelung<br />

der Nervenzellen und verursachen eine Art Kabelbrand,<br />

was unter anderem zu Taubheitsgefühlen,<br />

Sehstörungen und Missempfindungen<br />

führt. Was die Immunzellen zu dieser Attacke<br />

veranlasst, ist bislang unbekannt.<br />

Bei über 80 % verläuft die Krankheit zunächst<br />

in Schüben mit neurologischen Störungen, die<br />

sich teilweise oder ganz zurückbilden können,<br />

und mündet im Lauf der Jahre in eine mehr stetige<br />

(chronische) Progression der Behinderung.<br />

Während die eigentliche Ursache nach wie vor<br />

nicht bekannt ist, weiß man, dass eine Überreaktion<br />

der körpereigenen Abwehr (Autoimmunität)<br />

zur Zerstörung der Nervenumhüllung<br />

(Myelinscheide) und der Nervenfortsätze (Axone)<br />

im Zentralen Nervensystem wesentlich<br />

beiträgt. Daneben spielen auch nicht direkt<br />

mit der Entzündung zusammenhängende (degenerative)<br />

Vorgänge eine Rolle.<br />

Die beiden neuen Substanzen greifen an unterschiedlicher<br />

Stelle in das Geschehen ein,<br />

haben aber die gleiche Wirkung. Sie verhindern,<br />

dass die zu den weißen Blutkörperchen<br />

zählenden Lyphozythen ins Zentralnervensystem<br />

einwandern und die Ummantelungen der<br />

Nervenzellen schädigen. Fingolimod sperrt<br />

die Lymphozythen ein, Cladribin stört den<br />

Stoffwechsel der Lymphozyten und ist daher<br />

ein spezifisches Zellgift. Fingolimod muss täglich<br />

eingenommen werden, Cladribin an acht<br />

bis zwanzig Tagen im Jahr. Patienten, die ihre<br />

ganze Hoffnung auf die neuen Arzneien setzen,<br />

wird nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten<br />

und ein gewisses Risiko auf sich zu<br />

nehmen.<br />

Text: Heike Stüvel


ericht<br />

Behinderte Frauen auf dem Arbeitsmarkt:<br />

Silvia H. ist trotz aller widriger Umstände zuversichtlich. Aufgrund ihrer MS kann<br />

sie nicht mehr im ambulanten Pflegedienst arbeiten und möchte deshalb eine<br />

neue berufliche Perspektive finden, um nicht von Hartz IV und Grundsicherung<br />

leben zu müssen. Bei dem Berliner Projekt Life e.V. findet sie Unterstützung.<br />

Beim Wettbewerb „Wege<br />

ins Netz“ des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und<br />

Technologie wurde 2009 das<br />

Projekt „Mit Kraft und Perspektive“<br />

ausgezeichnet.<br />

26<br />

„Ich will keine finanzielle<br />

Abhängigkeit!“<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

S<br />

ilvia H. absolviert<br />

zwei<br />

B erufsausbil -<br />

dungen: Zum<br />

einen zur Kinderpflegerin,<br />

zum<br />

anderen – ihrer<br />

künstlerischen<br />

Neigung folgend<br />

– zur Bildhauerin.<br />

Anfang der<br />

90er Jahre geht<br />

sie nach Berlin<br />

und studiert Freie<br />

Kunst/Bildhauerei.<br />

Aber sie kann<br />

von der Kunst<br />

nicht leben und<br />

so arbeitet sie<br />

nach Ende des<br />

Studiums als Hauspflegerin im ambulanten<br />

Pflegebereich.<br />

Bis sie plötzlich im Jahre 2004 einen Totalausfall<br />

hat: Sie kann nicht mehr laufen, nicht<br />

mehr mit den Händen greifen und hat Koordinationsstörungen.<br />

Die Diagnose: Multiple<br />

Sklerose. Es dauert fast ein Jahr, bis sich die<br />

Funktionen wieder regeneriert haben – mit<br />

kleinen Restausfällen. Schließlich beginnt<br />

sie wieder in der Pflegestation zu arbeiten,<br />

zunächst über eine stufenweise Wiedereingliederung,<br />

dann 30 Stunden pro Woche.<br />

Doch das Arbeitspensum ist hart, zu hart für<br />

Silvia H. Sie erleidet einen weiteren Schub.<br />

Seit 2006 erhält sie schließlich eine befristete<br />

Rente, die sie allerdings mit Hartz IV aufsto-<br />

cken muss, um davon leben zu können.<br />

Doch die 44-Jährige will keine finanzielle<br />

Abhängigkeit und vielleicht irgendwann sogar<br />

Grundsicherung beziehen müssen. Sie<br />

möchte ihren körperlichen Möglichkeiten<br />

entsprechend eine Arbeit finden. So stellt sie<br />

bei ihrem Rententräger einen Antrag auf Leistung<br />

zur Teilhabe am Arbeitsleben, um eine<br />

Umschulung machen zu können. Doch dieser<br />

Antrag wird abgelehnt. Die Begründung: „Ihre<br />

Erwerbsfähigkeit ist nicht erheblich gefährdet<br />

oder gemindert, weil Sie in der Lage sind, eine<br />

zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.“<br />

Doppelt benachteiligt<br />

Silvia H. ist ratlos und weiß nicht, wie es weitergehen<br />

kann. Schließlich hört sie von der<br />

gemeinnützigen Bildungsorganisation Life<br />

e.V. Ziel dieses Berliner Vereins ist es, die<br />

Gleichberechtigung von Frauen in Bildung<br />

und Beschäftigung sowie in gesellschaftlichen<br />

Entscheidungsprozessen strukturell zu<br />

verankern. Eine Zielgruppe sind dabei Frauen<br />

mit Behinderung. Denn die etwa 3,3 Millionen<br />

Mädchen und Frauen, die in der Bundesrepublik<br />

mit einer Behinderung leben, sind bei<br />

ihrer Eingliederung in das Arbeitsleben meist<br />

doppelt benachteiligt: Zum einen verdienen<br />

Frauen generell – egal ob mit oder ohne Behinderung<br />

– rund 23 % weniger als Männer<br />

(durchschnittlicher Bruttostundenverdienst<br />

laut Statistischem Bundesamt 2008). Zum<br />

anderen bilden Frauen mit Behinderung immer<br />

noch das Schlusslicht auf dem Arbeits-


markt, auch wenn sich die Beschäftigung von<br />

schwerbehinderten Menschen in den letzten<br />

Jahren insgesamt erhöht hat und die Anzahl<br />

der berufstätigen schwerbehinderten Frauen<br />

im Zeitraum von 2003 bis 2006 um 7,5 % stieg.<br />

Ihre Erwerbsquote liegt aber mit 23 Prozent<br />

deutlich unter derjenigen der behinderten<br />

Männer mit 30 %. Im Vergleich dazu bewegt<br />

sich die Erwerbsquote nichtbehinderter Männer<br />

bei 71 %, die nichtbehinderter Frauen bei<br />

53 % (siehe Mikrozensus 2005).<br />

Anzeige<br />

Um Frauen mit körperlichen und psychischen<br />

Einschränkungen beim (Wieder-)Einstieg in<br />

das Berufsleben zu unterstützen, haben die<br />

Mitarbeiterinnen des Vereins Life e.V. 2008<br />

das Projekt „Kraft und Perspektive“ initiiert.<br />

Damit wollen sie vor allem das Vertrauen dieser<br />

Frauen in die eigenen Fähigkeiten und<br />

Ressourcen stärken, Entwicklungspotenziale<br />

bewusst machen, Kommunikations- und<br />

Selbstlernkompetenzen verbessern und<br />

konkrete Beschäftigungsperspektiven entwickeln.<br />

In der Hoffnung, ihre Chancen auf dem<br />

bericht<br />

Im Projekt „Kraft und<br />

Perspektive“ wird auch<br />

e-learning eingesetzt,<br />

um es Frauen mit Behinderung<br />

zu erleichtern,<br />

daran teilzunehmen.<br />

... etwa 3,3<br />

Millionen Mädchen<br />

und Frauen,<br />

die in der<br />

Bundesrepublik<br />

mit einer Behinderung<br />

leben,<br />

sind bei ihrer<br />

Eingliederung in<br />

das Arbeitsleben<br />

meist doppelt<br />

benachteiligt ...<br />

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau<br />

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ericht<br />

Behinderte<br />

Frauen sind<br />

zwar in den<br />

vergangenen<br />

Jahrzehnten<br />

immer selbstbewusstergeworden,organisieren<br />

sich<br />

und kämpfen<br />

für ihre Rechte.<br />

Doch sie stoßen<br />

oftmals auf Ablehnung<br />

und<br />

Ignoranz.<br />

28<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

ersten Arbeitsmarkt zu verbessern, beginnt<br />

auch Silvia H. im März 2010 einen Kurs bei Life<br />

e.V. „Dieser Kurs hat ziemlich viel bei mir und<br />

den anderen Frauen angestoßen“, berichtet<br />

sie. „Es war das erste Mal, dass ich mich mit<br />

anderen behinderten, benachteiligten Frauen<br />

austauschen konnte.“ Und sie habe sich darin<br />

bestärkt gefühlt, dass ihre Fähigkeiten insbesondere<br />

im künstlerisch-kreativen und sozialen<br />

Bereich lägen, zwei Seiten, die sie gern<br />

zusammenbringen würde. So hofft sie, eine<br />

ihren Möglichkeiten entsprechende Umschulung<br />

zu finden – eine Umschulung, bei der sie<br />

sich durch ihre MS nicht ausgebremst fühlt.<br />

Tropfen auf den heißen Stein<br />

Andrea Simon, Leiterin des Berliner Projektes,<br />

zieht über den gesamten Verlauf des Projektes<br />

ein positives Resümee und erklärt, dass<br />

die Vermittlungsquote der teilnehmenden<br />

Frauen inzwischen bei 20 bis 30 % liege. Die<br />

Erfahrungen der ersten beiden Kurse hätten<br />

gezeigt, dass es besonders schwierig sei, die<br />

Frauen in Berufspraktika und Festanstellungen<br />

zu vermitteln. Deshalb sei der laufende<br />

Kurs von bisher acht auf zehn Monate verlängert<br />

worden, sodass die Frauen zunehmend<br />

bei der Praktikumsplatzsuche unterstützt werden<br />

und Erfahrungen in ausgewählten Betrieben<br />

sammeln können. Dazu werden Kontakte<br />

zu Arbeitgebern hergestellt. Laut Aussage<br />

von Simon müssten die Arbeitgeber jedoch<br />

noch selbstverständlicher zu Bewerbungsgesprächen<br />

einladen. Immer wieder gäbe<br />

es Unsicherheiten im Umgang miteinander.<br />

Behinderte Frauen sind zwar in den vergangenen<br />

Jahrzehnten immer selbstbewusster<br />

geworden, organisieren sich und kämpfen<br />

für ihre Rechte. Doch sie stoßen oftmals auf<br />

Ablehnung und Ignoranz. Fehlendes Wissen<br />

und Vorurteile vor allem hinsichtlich des<br />

besonderen Kündigungsschutzes erschweren<br />

einen unbefangenen Kontakt im Bewerbungsverfahren<br />

und verringern die Beschäftigungschancen<br />

der Frauen. Viele Betriebe<br />

zahlen eher die Ausgleichsabgabe, als dass<br />

sie einen Menschen mit Schwerbehinderung<br />

einstellen.<br />

„Doch nicht nur die Vermittlung ist entscheidend“,<br />

fügt Simon hinzu. „Die Frauen müssen<br />

immer wieder ermutigt werden, nicht aufzugeben,<br />

und versuchen, sich in Berufspraktika<br />

auszutesten.“ Hier könnten sie ihre Kompetenzen<br />

und ihre Leistungsbereitschaft unter<br />

Beweis stellen. Simon weist aber auch darauf<br />

hin, dass der Verdienst der Frauen oft so gering<br />

sei, dass sich der Aufwand, eine Stelle<br />

anzunehmen, selbst für motivierte Frauen<br />

mitunter nicht lohne.<br />

Tatsache bleibt, dass es speziell auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt immer noch viel zu wenige<br />

Stellen für behinderte Frauen und Mädchen<br />

gibt. Dabei ist gerade deren Berufstätigkeit<br />

oft die einzige Chance, um einem Leben in<br />

Armut und sozialer Isolation zu entgehen.<br />

Und Tatsache bleibt auch – trotz aller Bemühungen<br />

von Andrea Simon und ihrer engagierten<br />

KollegInnen: Die Arbeitslosigkeit von<br />

Menschen mit Behinderung in Deutschland<br />

wächst angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise<br />

dramatisch. Mit einem Anstieg auf mehr<br />

als 189 000 haben die Zahlen Anfang Februar<br />

dieses Jahres einen neuen Höchststand erreicht<br />

und beängstigende Dimensionen angenommen.<br />

Die Initiative von Life e.V. ist mit Sicherheit<br />

ein kleiner, regional begrenzter Schritt in die<br />

richtige Richtung. Doch es scheint ein Tropfen<br />

auf den heißen Stein zu sein. Arbeitslosigkeit<br />

bleibt ein gesellschaftliches Grundproblem.<br />

Denn Arbeit ist ein hoher Kostenfaktor, besonders<br />

die von Menschen mit Behinderung, die<br />

zum Teil einen höheren Unterstützungsbedarf<br />

haben als andere. Stellt sich die Frage, ob die<br />

Politik bereit ist, sich den grundsätzlichen Fragen<br />

nach der Verteilung von Arbeit und Einkommen<br />

zu stellen und ob überhaupt Wert<br />

darauf gelegt wird, die berufliche Selbstständigkeit<br />

behinderter Menschen – egal ob Frau<br />

oder Mann – zu fördern. Und zwar bevor das<br />

Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben zu einer<br />

bloßen Absichtserklärung verkümmert ist.<br />

Text & Fotos:<br />

Margit Glasow


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ericht<br />

Phoenix – Hilfe für<br />

Brandverletzte:<br />

Über ihre eigene Geschichte<br />

spricht sie nicht so gern. Viel<br />

wichtiger ist es ihr aufzuklären,<br />

wie es sich anfühlt, mit<br />

einer Brandverletzung zu<br />

leben. Mut zu machen. Deshalb<br />

hat Ilse Koch zusammen<br />

mit Bernhard Heitz den Verein<br />

„Phoenix Deutschland<br />

– Hilfe für Brandverletzte<br />

e.V.“ gegründet.<br />

30<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Ohne Angst anders sein<br />

Es war im Jahre 1990, als Ilse Koch bei der<br />

Explosion einer Propangasflasche in ihrem<br />

Wochenendhaus verletzt wurde. Viele Wochen<br />

lag sie mit schwersten Verbrennungen, auch<br />

im Gesicht, im Krankenhaus. So weiß die engagierte<br />

Frau genau, was Brandopfer durchmachen.<br />

Zum einen sind es die Schmerzen,<br />

die die Betroffenen ertragen müssen. Vor allen<br />

aber scheuen sie die Öffentlichkeit, denn<br />

ihr Aussehen hat sich oft stark verändert. Und<br />

diese Scheu, die Angst davor, wie die Umwelt<br />

auf dieses Anderssein reagiert, ist sicherlich<br />

auch nicht ganz unberechtigt. Denn Außenstehende<br />

haben oft Berührungsängste, wissen<br />

nicht, wie sie mit dem Gegenüber umgehen<br />

sollen. So haben es Brandverletzte für gewöhnlich<br />

schwer, in den Alltag zurückzufinden.<br />

Überhaupt ist der Alltag nach einem Unfall anders<br />

als vorher. Deshalb brauchen Betroffene<br />

in den meisten Fällen Hilfe.<br />

Für Ilse Koch schlossen sich nach dem Aufenthalt<br />

auf der Intensivstation mehrere Operationen<br />

in verschiedenen Krankenhäusern an.<br />

Die Intensivstation war bis dahin noch eine<br />

Art Schutzzone, denn hier gab es keine Spiegel<br />

– um den Betroffenen zunächst den eigenen<br />

Anblick zu ersparen. Doch dann schlug für<br />

Ilse Koch die Stunde der Wahrheit und auf den<br />

Landrat<br />

Manfred Nahrstedt<br />

überreichte Ilse Koch<br />

von Phoenix Deutschland<br />

den Orden.<br />

körperlichen Zusammenbruch folgte ein seelischer.<br />

Eine umfassende psychische Betreuung<br />

fehlte allerdings.<br />

Aus dieser Erfahrung heraus setzte sich Ilse<br />

Koch schon bald nach ihrer Entlassung aus<br />

dem Krankenhaus aktiv für andere Brandverletzte<br />

ein. 1999 gründete sie zusammen mit<br />

dem Piloten Bernhard Heitz, der 1997 in Kanada<br />

mit einem Flugzeug abstürzte, im Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallkrankenhaus Hamburg-Boberg<br />

den Verein „Phoenix Deutschland<br />

– Hilfe für Brandverletzte e.V“. Seitdem laufen<br />

in ihrem Haus im niedersächsischen Sückau,<br />

ihrem Heimatdorf nahe der Elbe, alle Fäden<br />

des Vereins zusammen. Hier trifft man sich<br />

zur Vorstandssitzung, hier geht Ilse Koch ans<br />

Telefon, wenn jemand Hilfe braucht, hier werden<br />

Broschüren, Informationsmaterial und die<br />

Zeitschrift „Brandheiß“ erstellt und dann an<br />

alle Brandverletztenstationen in Deutschland<br />

geschickt.<br />

Die Vorstandsfrau hält Kontakte, koordiniert<br />

und besucht alle Treffen. Bernhard Heitz hingegen<br />

ist eher der Außenminister. Er lebt<br />

überwiegend in den USA, dem Mutterland<br />

von „Phoenix“, ist weltweit für den deutschen<br />

Verein unterwegs und Präsident der Weltorga-


nisation der Brandverletzten, der World Burn<br />

Foundation.<br />

Enorme Fortschritte in der<br />

Rettungs- und Intensivmedizin<br />

Laut Statistischem Bundesamt werden seit<br />

1995 jährlich etwa 18 000 Menschen durch Verbrennungen<br />

und Verbrühungen, Stromschläge<br />

oder die Einwirkung von Chemikalien verletzt<br />

und müssen stationär behandelt werden.<br />

Noch vor wenigen Jahrzehnten bedeutete eine<br />

schwere Brandverletzung für die Betroffenen<br />

häufig den Tod oder lebenslanges Leiden.<br />

Durch die enormen Fortschritte der Rettungs-<br />

und Intensivmedizin sowie der plastischen<br />

Chirurgie konnten nicht nur viele Brandverletzte<br />

überleben, sondern für sie konnte auch<br />

eine befriedigendere Lebensqualität erreicht<br />

werden. Von großer Bedeutung war in diesem<br />

Zusammenhang die Errichtung von Zentren<br />

für Schwerbrandverletzte. Häufig geschah das<br />

an Berufsgenossenschaftlichen Kliniken.<br />

Heute betreiben die Berufsgenossenschaften<br />

sieben Zentren für die Versorgung Schwerbrandverletzter.<br />

So werden im Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallkrankenhaus Hamburg<br />

seit 1976 Schwerbrandverletzte versorgt, eingebunden<br />

in die Abteilung für Handchirurgie,<br />

plastische- und Mikrochirurgie. Dies erfolgt<br />

in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung<br />

für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin,<br />

unter deren Leitung auch die Intensivbe-<br />

Anzeige<br />

handlungsstation steht. Seit 1996 verfügt das<br />

Zentrum nach der letzten Erweiterung über<br />

insgesamt 21 Spezialbetten und gehört damit<br />

zu den größten Brandverletzten-Zentren<br />

Deutschlands. Zusätzlich dazu besteht seit<br />

vielen Jahren eine bewährte Kooperation mit<br />

dem Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift<br />

in Hamburg-Rahlstedt. Hier stehen<br />

zwei Intensivbetten für schwerbrandverletzte<br />

Kinder zur Verfügung, die von den Boberger<br />

Plastischen Chirurgen in Zusammenarbeit mit<br />

der Abteilung für pädiatrische Intensivmedizin<br />

betreut werden.<br />

Unabdingbar:<br />

Die psychische Betreuung<br />

Doch trotz aller medizinischer Fortschritte: Ilse<br />

Koch weiß, dass es besonders wichtig ist, die<br />

Menschen – sowohl die Brandverletzten, als<br />

auch ihre Angehörigen – in dieser schweren<br />

Zeit zu begleiten, zu verstehen, ihnen Mut zu<br />

machen.<br />

Menschen mit Brandverletzungen können<br />

heute mit 80 Prozent und mehr verbrannter<br />

Körperoberfläche überleben, sofern ihre verbrannten<br />

Hautareale mit äußerster Präzision<br />

abgedeckt werden. Die Brandverletzten<br />

wissen aber oft nicht, wie sie sich mit dem<br />

verbrannten Körper, oft auch fehlenden<br />

Gliedmaßen physisch und psychisch auseinandersetzen<br />

sollen. Wie sollen sie das Geschehene<br />

akzeptieren und damit leben? Immer<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

bericht<br />

Doch dann<br />

schlug für<br />

Ilse Koch die<br />

Stunde der<br />

Wahrheit und<br />

auf den körperlichenZusammenbruch<br />

folgte<br />

ein seelischer.<br />

<br />

Erfolgreich Therapieren!<br />

Positive Auswirkungen durch die Anwendung des Vitaline Stehgerätes.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

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Telefon 0234/4175848 • www.vitaline.de


ericht<br />

„Ilse Koch ist<br />

es zu verdanken,<br />

dass viele<br />

dieser Menschen<br />

ihren Lebensmutwieder<br />

gefunden<br />

haben“<br />

Anzeige<br />

wieder wird de utlich, dass die psychische Rehabilitation<br />

und die Langzeitbegleitung von<br />

Brandverletzten sehr viel schwieriger sind als<br />

die körperliche Genesung.<br />

Die meisten Brandverletzten fallen in ein<br />

tiefes Loch, sobald sie ihre Verletzungen, ihr<br />

Anderssein realisiert haben. Die Angst davor,<br />

von der Familie, dem Partner nicht akzeptiert<br />

zu werden, wie es überhaupt weitergehen<br />

soll, ist groß. So erging es auch Ilse Koch. Oft<br />

sind Brandverletzte durch ihre Entstellungen<br />

lästigem Anstarren ausgesetzt. Oft verändert<br />

sich der gesamte Freundeskreis und nicht<br />

selten gehen Partnerschaften an den Folgen<br />

des Unfalls zugrunde. All das bedarf einer<br />

Hilfe, um sich mit den Dingen auseinanderzusetzen,<br />

für die im Krankenhaus keine Zeit<br />

gewesen ist. Und für die sich auch niemand<br />

zuständig fühlte.<br />

Hinzu kommen oft Unsicherheiten im allgemeinen<br />

Lebensalltag. Existentielle Fragen<br />

stehen gerade nach der Entlassung im Mittelpunkt.<br />

Es ist völlig offen, wie lange jeder<br />

einzelne krankgeschrieben wird. Was ist mit<br />

der Arbeitsunfähigkeit? Und was kommt danach?<br />

Gibt es die Möglichkeit, einen anderen<br />

Arbeitsplatz beim gleichen Betrieb zu erhalten?<br />

Kommt eine Umschulung in Frage? Und<br />

wenn man arbeitsunfähig ist, wie finanziert<br />

man seinen Lebensunterhalt? Welche Rente<br />

greift? Welche staatlichen Hilfen gibt es?<br />

Ehrung für Verdienste<br />

Bei all diesen Fragen will Phoenix helfen. Und<br />

Ilse Koch ist dabei unermüdlich. Sie betreut<br />

viele Betroffene persönlich und steht ihnen<br />

mit ihrer Erfahrung, ihrer Menschlichkeit zur<br />

Seite. Für dieses ehrenamtliche Engagement<br />

ist sie im Sommer letzten Jahres mit der Verdienstmedaille<br />

des Verdienstordens der Bundesrepublik<br />

Deutschland ausgezeichnet worden.<br />

„Ilse Koch ist es zu verdanken, dass viele dieser<br />

Menschen ihren Lebensmut wieder gefunden<br />

haben“, betonte Landrat Manfred Nahrstedt<br />

vom Landkreis Lüneburg in seiner Laudatio.<br />

„Alles Große in unserer Welt geschieht nur,<br />

weil jemand mehr tut, als er tun muss. Frau<br />

Koch ist so ein Mensch. Sie hat deutlich mehr<br />

getan als andere“, führte er weiter aus.<br />

In der Tat hat Ilse Koch bundesweit als auch<br />

international viel bewegt. Durch ihr Engagement<br />

haben sich sogar Brandverletztenorganisationen<br />

in Australien, Hongkong und Südafrika<br />

entwickelt. Das Wichtigste für sie selbst<br />

war dabei wohl, dass sie sich niemals zurückgezogen,<br />

sondern für sich einen Weg zurück<br />

ins Leben gefunden hat.<br />

Text: Margit Glasow<br />

Foto: Maria Nielsen


Das silberne Spar-Schwein:<br />

„Rückwirkend<br />

geht nichts“<br />

Ein Lehrstück darüber, wie sich eine<br />

eigentlich gut gemeinte Gesetzesregelung<br />

in ihr Gegenteil verkehrte.<br />

Früher, vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs zu<br />

Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen<br />

(SGB IX) wurde die Teilnahme am Rehasport von den<br />

Krankenkassen bezuschusst – oder auch nicht. Denn<br />

das war Ermessenssache und ein dauernder Streitpunkt<br />

zwischen den Krankenkassen und ihren Versicherten.<br />

In das SGB IX wurde ein Rechtsanspruch auf<br />

Rehasport festgeschrieben. Das war 2004. Mit der<br />

Rahmenvereinbarung über den Rehasport, die das<br />

umsetzen sollte, wurde allerdings der Begriff „Hilfe<br />

zur Selbsthilfe“ nicht mehr vor allem als sinnvolle<br />

Unterstützung eigener rehasportlicher Aktivitäten<br />

definiert, sondern auf Drängen der Krankenkassen<br />

vornehmlich als Argument für eine zeitliche Anspruchsbegrenzung.<br />

Nach einer „Anlernzeit“ von 50<br />

Übungsstunden (bei wenigen besonders schweren<br />

Behinderungen 120 Stunden) sollte man in der Lage<br />

sein, den Rehasport „alleine und in eigener Verantwortung“<br />

(Zitat) durchzuführen. Nur wenn ein Facharzt<br />

mit der Zusatzqualifikation Psychotherapie<br />

bestätigte, dass man dazu „wegen geistiger oder<br />

psychischer Behinderung/Krankheit“ nicht in der<br />

Lage war, konnte der Zeitraum verlängert werden.<br />

Das konnte nicht gut gehen. Nach zähen Verhandlungen<br />

gab es 2007 eine neue Vereinbarung und<br />

auch die hatte nur kurze Zeit Bestand. 2008 erklärte<br />

das Bundessozialgericht die Passagen mit einer<br />

zeitlichen Begrenzung für rechtswidrig und unwirksam.<br />

Einzig und allein medizinische Gründe sind<br />

zu berücksichtigen. Deshalb gibt es jetzt wieder<br />

eine neue Rahmenvereinbarung ab 1. Januar <strong>2011</strong><br />

und außerdem ein weiteres BSG-Urteil (B 1 KR 8/10<br />

R vom 2. 11. 2010) in dem steht, dass Rehasport in<br />

Gruppen stattzufinden hat und nicht – wie so mancher<br />

MDK-Gutachter gemeint hatte – zu Hause im<br />

stillen Kämmerlein.<br />

Das alles scherte die AOK Rheinland-Pfalz in Koblenz<br />

überhaupt nicht. 2008 verweigerte sie mit Unterstützung<br />

des MDK und der üblichen Begründung gleich<br />

drei Antragstellern die Kostenübernahme, obwohl<br />

q – querschnitt spezial<br />

beim MDK über alle drei (zwei Tetraplegiker, einmal<br />

Cerebralparese) ausführliche medizinische Informationen<br />

u. a. wegen des Bezugs von Pflegegeld vorlagen.<br />

Trotz des inzwischen auch dort bekannten<br />

Urteils des BSG waren auch die eingelegten Widersprüche<br />

erfolglos und erst die Richter beim Sozialgericht<br />

rüffelten die AOK – zu Recht. Dann dauerte<br />

es noch bis Ende 2010, bis endlich die genehmigten<br />

und abgestempelten Verordnungsformulare vorlagen,<br />

die für die Abrechnungen benötigt werden<br />

– so dachte man. Denn schließlich hatten die drei<br />

weiterhin regelmäßig am Rehasport teilgenommen,<br />

wie es der MDK auch in einem Nebensatz seiner ablehnenden<br />

Stellungnahme empfohlen hatte. Doch<br />

genehmigt wurde nur die Kostenübernahme für die<br />

Zukunft. Für die vergangenen drei Jahre sollten die<br />

Teilnehmer die Kosten gefälligst selbst übernehmen.<br />

Auf Rückfrage erklärte die Sachbearbeiterin,<br />

es sei ihr nicht erlaubt – und auch vom Gesetz her<br />

verboten – rückwirkende Genehmigungen zu erteilen.<br />

Natürlich stimmt das so nicht. Denn dafür<br />

gibt es im SGB V extra den § 13. Und selbst bezahlen<br />

können das die EU-Rentner auch nicht. Ob man<br />

bei der AOK jetzt Einsicht zeigt oder ob erneut das<br />

Sozialgericht eingeschaltet werden muss ist zurzeit<br />

noch ungeklärt. Klar ist dagegen, dass bis heute bei<br />

der AOK schon mehr Büro- , Verwaltungskosten und<br />

Gebühren angefallen sind als die beantragten Kostenübernahmen<br />

insgesamt ausmachen.<br />

Text: Herbert Müller<br />

Kriterium für die „Ehrung“ ist<br />

die Kreativität der Begründung<br />

für eine Ablehnung. Je unsinniger,<br />

desto besser sind die Chancen.<br />

Ob man darüber eher schmunzelt<br />

oder sich mehr über die Ignoranz<br />

ärgert, bleibt jedem selbst überlassen.<br />

Vorschläge sind willkommen.<br />

Herbert Müller<br />

Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />

der Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Freiherr-vom-Stein-Str. 47<br />

56566 Neuwied-Engers<br />

tel 0 26 22-88 96-32; Fax: -36<br />

eMail: h.mueller@engers.de<br />

PARAPLEGIKER 1/11 33


q – querschnitt spezial<br />

Wer im Rollstuhl<br />

sitzt, hat bekanntlich<br />

ein erhöhtes Risiko<br />

für Hautschäden: Für<br />

Druckgeschwüre, auch<br />

Dekubitalulzera, Dekubiti<br />

oder kurz Dekus<br />

genannt. Auf die Prophylaxe<br />

(Vorbeugung)<br />

durch Spezialkissen,<br />

konsequente Entlastung<br />

und gute Hautpflege<br />

wird oft hingewiesen.<br />

Die Rolle der<br />

Ernährung ist leider<br />

weniger bekannt.<br />

34<br />

Serie: Dekubitus (1)<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Welche Rolle<br />

spielt die Ernährung?<br />

Je schlechter der Hautzustand, desto wahrscheinlicher<br />

ist die Entstehung eines Druckgeschwüres.<br />

Gut für die Haut ist eine Ernährung<br />

mit vielen Vitaminen und Spurenelementen.<br />

Außerdem sollte ein Rollstuhlfahrer viel Eiweiß<br />

zu sich nehmen und täglich mindestens 1,5 bis<br />

zwei Liter Flüssigkeit trinken. Ideal wäre also –<br />

ob Rollstuhl oder nicht<br />

– eine vollwertige Ernährung.<br />

Alltäglich ist<br />

stattdessen der Konsum<br />

von zu viel Fett,<br />

zu viel Zucker und von<br />

Weißmehlprodukten,<br />

die wenig Vitamine<br />

enthalten.<br />

Zwar kann auch eine<br />

ausgewogene Ernährung<br />

und ausreichende<br />

Flüssigkeitsaufnahme<br />

die Deku-Entstehung<br />

nicht hundertprozentig<br />

verhindern. Aber<br />

wer diese Grundsätze<br />

befolgt, der sorgt wenigstens<br />

dafür, dass sein Deku-Risiko nicht<br />

noch weiter ansteigt.<br />

Da Rollstuhlfahrer in der Regel einen geringeren<br />

Energiebedarf als Fußgänger haben, sind<br />

viele von ihnen ständig auf Diät. Einerseits<br />

vernünftig, andererseits aber auch ein Risiko<br />

für eine mangelhafte Versorgung mit Vitaminen<br />

und Mineralstoffen.<br />

Was die Haut braucht<br />

Wer sich schlecht ernährt, muss mit einer verlangsamten<br />

Wundheilung, einem erhöhten<br />

Infektionsrisiko und einer reduzierten mechanischen<br />

Belastbarkeit von Wunden rechnen.<br />

Wer sich schlecht<br />

ernährt, muss mit<br />

einer verlangsamten<br />

Wundheilung, einem<br />

erhöhten Infektionsrisiko<br />

und einer<br />

reduzierten mechanischenBelastbarkeit<br />

von Wunden<br />

rechnen.<br />

Folgen von Fehlernährung zeigen sich auch<br />

bei sonst gesunden Menschen als Hautveränderungen:<br />

Verstärkte Faltenbildung oder Haarausfall<br />

beispielsweise. Typisch ist auch eine<br />

verzögerte Wundheilung bei Eiweißmangel, da<br />

der Körper Eiweiß braucht, um neue Körperzellen<br />

aufzubauen. Man kann einen Eiweißmangel<br />

übrigens messen,<br />

indem man den Blutspiegel<br />

von Albumin<br />

(einem Eiweiß, das vor<br />

allem in der Leber gebildet<br />

wird) bestimmt.<br />

Ein verminderter Albuminspiegel<br />

erhöht das<br />

Risiko einer Dekubitusentstehung.<br />

Auch die gezielte Zufuhr<br />

von Zink ist wichtig<br />

– gerade für Menschen<br />

nach schweren<br />

Verletzungen. Typische<br />

Risikofaktoren für Zinkmangel<br />

sind nämlich<br />

u.a. Narkosen in den<br />

letzten Monaten sowie anhaltender körperlicher<br />

oder psychischer Stress! Ähnliches gilt<br />

für Vitamin C: Ein erhöhter Bedarf besteht beispielsweise<br />

nach Verletzungen oder Operationen,<br />

auch verschiedene Medikamente (ASS!)<br />

erhöhen den Bedarf. Eine Unterversorgung mit<br />

Vitamin C schwächt nicht nur das Immunsystem<br />

(Wundinfektionen!), sondern sorgt auch<br />

für eine verlängerte Entzündungsphase und<br />

einen verzögerten Aufbau von Bindegewebe.<br />

Lipide – mehr als Fett<br />

Damit die Haut als Barriere gegenüber der Außenwelt<br />

funktioniert, ist sie nicht nur auf Nährstoffe,<br />

sondern speziell auf Lipide angewiesen,


Was die Haut braucht<br />

Fischöl (Omega-3- und<br />

Omega-6-Fettsäure)<br />

Eiweiß, essentielle<br />

Aminosäuren<br />

(u.a. Methionin,<br />

Cystein und Arginin)<br />

Vitamin A<br />

Vitamin B-Komplex<br />

Vitamin C<br />

Vitamin E<br />

Vitamin H (Biotin)<br />

Zink<br />

Enthalten z.B. in:<br />

Fetter Seefisch, Leinöl<br />

Eier, Fisch, Fleisch, Milchprodukte,<br />

Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte<br />

Eier, Milch, Milchprodukte, viele<br />

Obst- und Gemüsesorten, z.B.<br />

Möhren, Aprikosen, Kirschen,<br />

Rote Beete oder Tomaten<br />

Vollkornprodukte, Hefe,<br />

Innereien, Gemüse, Seefisch,<br />

mageres Schweinefleisch<br />

Obst, Rohkost, Gemüse, z.B.<br />

Sauerkraut, Sanddorn, Holunder,<br />

Johannisbeeren, Brokkoli, Grünkohl,<br />

Lauch oder Papaya<br />

pflanzliche Öle (z.B. Weizenkeim-,<br />

Distel- oder Rapsöl)<br />

Leber, Eier, Spinat, Pilze<br />

Kalbsleber, Austern oder Linsen<br />

auf Fette also. Man muss nicht unbedingt ständig<br />

cremen, auch mit der Nahrung oder pur<br />

(in Kapseln) eingenommene Öle zeigen an der<br />

Haut Wirkung.<br />

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren verbessern<br />

die Wundheilung und reduzieren Entzündungsreaktionen.<br />

Das haben Studien gezeigt,<br />

in denen Patienten Omega-3-Fettsäure in<br />

Form von Fischölen bekamen. Wer pro Woche<br />

ein bis zwei reichliche Seefischmahlzeiten isst,<br />

muss keine Fischölkapseln nehmen.<br />

Eher wenig bekannt ist dagegen, dass auch<br />

pflanzliche Öle ihre Stärken haben: Eine Studie<br />

am Institut für Experimentelle Dermatologie<br />

der Universität Witten-Herdecke zeigte das: Patientinnen<br />

mit rauer, trockener Haut nahmen<br />

zwölf Wochen lang täglich 2,2g Leinsamen-<br />

oder Borretschsamenöl ein. Anschließend<br />

zeigte sich ihre Haut glatter und weniger empfindlich<br />

gegenüber Giftstoffen. Leinsamenöl ist<br />

reich an Alpha-Linolensäure, Borretschsamenöl<br />

an Gamma-Linolensäure.<br />

Notwendig für:<br />

Verbesserte Wundheilung, weniger Entzündung<br />

Entstehung von Bindegewebe und Kollagen<br />

Gilt als „Hautschutz-Vitamin“, nötig zur Bildung von<br />

Zellen und Zellmembranen<br />

Vitamin B2 ist gut für die Haut, Haare und Nägel.<br />

Vitamin B5 (Pantothensäure) beschleunigt das<br />

Zellwachstum.<br />

q – querschnitt spezial<br />

Vitamin C fördert die Zellatmung und sorgt für die<br />

Vernetzung und Bildung von Kollagen. Es stärkt<br />

das Bindegewebe und hält die Haut elastisch. Als<br />

wichtiger Radikalfänger schützt Vitamin C die Haut<br />

vor schädigenden Umwelteinflüssen.<br />

Entzündungshemmend, Als wichtiger Radikalfänger<br />

schützt Vitamin E die Haut vor schädigenden<br />

Umwelteinflüssen.<br />

Vitamin H fördert die Bildung von Keratin (regt die<br />

Hautregeneration) an<br />

Zellvermehrung, Zellregeneration<br />

Zum Schluss noch eine schlechte Nachricht:<br />

Freunde von Süßigkeiten wissen zwar längst,<br />

dass Schokolade glücklich macht. Ärzte halten<br />

dagegen, dass hohe Blutzuckerspiegel leider<br />

die Wundheilung beeinträchtigen. Und auch<br />

Alkohol und Nikotin hinterlassen an der Haut<br />

Schäden, die nicht nur optisch von Nachteil<br />

sind...<br />

In der nächsten Ausgabe: Dekubitus (2)<br />

Welche Rolle spielt das Sitzkissen?<br />

Text: Ruth Auschra<br />

PARAPLEGIKER 1/11 35


q – querschnitt spezial<br />

Richtigstellung:<br />

Röntengenbild<br />

einer „Augmentatblase“,<br />

im<br />

letzten PARAplegiger<br />

stand<br />

darunter eine<br />

falsche Bildunterschrift,<br />

wir<br />

bitten um Entschuldigung.<br />

36<br />

Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />

aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />

Teil 2: Operative Therapie<br />

Etwa 20 % aller Querschnittgelähmten mit einer neurogen bedingten Störung der<br />

Blasenspeicherung bzw. -entleerung (nBFS) müssen operativ versorgt werden, da kein<br />

ausreichender Schutz der Nieren und/oder keine befriedigende Form der Blasenentleerung-/und<br />

Speicherung erzielt werden konnte.<br />

Schließmuskelschlitzung<br />

Nicht in jedem Fall ist das intermittierende Fremdkatheterisieren<br />

im häuslichen Umfeld gewährleistet. Daher ist<br />

die Schlitzung des äußeren Schließmuskels bei Männern<br />

(Sphinkterotomie), zum Beispiel bei hochgelähmten Tetraplegikern<br />

mit eingeschränkter Handfunktion, die ein Selbstkathetern<br />

unmöglich macht, und bei Koordinationsstörung<br />

zwischen Blasenmuskel und Schließmuskel zu empfehlen.<br />

Die nachfolgend balancierte Entleerung erfordert jedoch<br />

das Tragen eines Kondomurinals. Bei Narbenbildungen<br />

oder Einengungen muss die Schlitzung ggf. mehrmals<br />

durchgeführt werden.<br />

Harnblasenaugmentation<br />

Bei nicht mehr aufdehnbarer Harnblase (Blasenfibrose)<br />

oder bei spastischer Blase ohne<br />

andere Therapiemöglichkeiten ist die Erweiterung<br />

der Harnblase (Augmentation) mit<br />

einem Darmanteil möglich. Ziel ist es eine<br />

kontinente, ausreichend speichernde Harnblase<br />

zu schaffen. Ist ein Selbstkatheterimus<br />

über die Harnröhre nicht durchführbar, kann<br />

zusätzlich zur Harnblasenvergrößerung ein<br />

kontinentes, katheterisierbares Stoma am Nabel<br />

oder im Unterbauch angelegt werden.<br />

Implantation eines künstlichen Harnblasenschließmuskels<br />

Liegt eine Harninkontinenz aufgrund eines zu schwachen<br />

Schließmuskels vor, kann durch das operative Einsetzen<br />

eines sog. artifiziellen Sphinkters (künstlicher Schließmuskel)<br />

den meisten Patienten geholfen werden. Die Grundvoraussetzung<br />

für diese Operation ist jedoch eine schlaffe<br />

Harnblase, da eine spastische bzw. überaktive Blase ständig<br />

gegen den Schließmuskel arbeitet und durch die entstehenden<br />

hohen Drücke die Nieren geschädigt werden.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Implantation eines Harnblasenstimulators<br />

Die Fehlsteuerung der Harnblase kann durch die Nervendurchtrennung<br />

(Deafferentation) vollständig unterbunden<br />

werden. Die nun geschaffene Niederdruckblase kann wieder<br />

aufgedehnt werden. Durch die gleichzeitige Implantation<br />

eines Stimulators (Vorderwurzelstimulator, „Brindley-Stimulator“)<br />

ist eine willkürliche sendergesteuerte Blasenentleerung<br />

möglich. Auch die Darmentleerung und die Erektion<br />

lassen sich durch den Vorderwurzelstimulator steuern.<br />

Diese Operation ist bei komplett gelähmten Patienten mit<br />

spastischer Blase und ausgeprägten Blutdruckkrisen, Kopfschmerzen<br />

und /oder Schweißausbrüchen (sog. autonome<br />

Dysregulation), aber auch bei immer wieder auftretenden<br />

Harnweginfekten mit Verschlechterung der Nierenfunktion<br />

zu empfehlen.<br />

Sakrale Neuromodulation<br />

Die Beeinflussung der nervalen Steuerung der Harnblase,<br />

des Beckenbodens, aber auch des Darms ist bei Versagen<br />

der gängigen konservativen Maßnahmen bei inkompletter<br />

Lähmung mit der sakralen Neuromodulation möglich. Bei<br />

diesem Verfahren werden bestimmte sakrale Wurzeln (im<br />

Kreuzbeinbereich) elektrostimuliert. Besonders vorteilhaft<br />

ist, dass der individuelle Effekt der sakralen Neuromodulation<br />

durch eine vorherige Testung überprüft werden kann.<br />

Nur bei deutlicher klinischer und subjektiver Verbesserung<br />

der Blasen- und/oder Darmfunktion erfolgt eine dauerhafte<br />

Implantation.<br />

Implantation der permanenten Elektrode.


Was kann ich selbst tun?<br />

Zusätzlich zu den aufgeführten ärztlich eingeleiteten Maßnahmen<br />

kann aber auch der Patient mit nBFS zum anhaltenden<br />

Erfolg der Therapie beitragen. Neben der Einhaltung<br />

grundlegender hygienischer Notwendigkeiten beim<br />

intermittierenden Katheterisieren und die regelmäßige<br />

Einnahme der verordneten Medikamente, ist hier besonders<br />

die Vorbeugung gegen Harnweginfekte zu nennen.<br />

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1,5 Liter über den Tag<br />

verteilt) sichert eine ausreichende Spülung des Harntraktes.<br />

Die Harnansäuerung (Optimum pH 5,7-6,2 kann mit einem<br />

Urinstreifentest überprüft werden) mit Apfelessig oder medikamentös<br />

(z.B. Acimethin®, Methionin®), sowie Cranberry<br />

haben sich im klinischen Alltag bewährt. Der Nutzen für<br />

querschnittgelähmte Patienten mit nBFS konnte jedoch in<br />

klinischen Studien nicht nachgewiesen werden. Eine rein<br />

pflanzliche Ergänzung zur Vermeidung von Harnwegsinfekten<br />

stellt auch die Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel<br />

dar (als Angocin® erhältlich).<br />

Bei komplikationslosem Verlauf ist eine jährliche neurourologische<br />

Diagnostik zur Überprüfung des ausgewählten<br />

Therapiekonzepts ausreichend. Lediglich nach therapeutischen<br />

Maßnahmen, wie medikamentösen Umstellungen<br />

oder nach operativer Therapie werden vom behandelnden<br />

Neuro-Urologen die Kontrollintervalle individuell festgelegt.<br />

Zusammenfassung<br />

In Zentren für Querschnittgelähmte mit entsprechender<br />

neurourologischer ärztlicher Kompetenz stellt die Behandlung<br />

von Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung<br />

heute kein unlösbares Problem mehr dar. Querschnittgelähmte<br />

Patienten, die aufgrund einer Fehlsteuerung der<br />

Harnblasenfunktion dialysepflichtig werden, sehen wir zum<br />

Glück nur noch sehr selten. Die Fähigkeit, das tägliche Leben<br />

mit Querschnittlähmung und nBFS weitgehend uneingeschränkt<br />

und selbstständig meistern zu können, ist durch<br />

moderne diagnostische und therapeutische Möglichkeiten<br />

in sehr vielen Fällen zu realisieren.<br />

Autorin:<br />

Dr. med. Ines Kurze<br />

Leitende Ärztin, Abt. Neuro-Urologie<br />

Klinik f. Wirbelsäulenchirurgie u. Querschnittgelähmte<br />

Zentralklinik Bad Berka<br />

Robert-Koch-Allee 9, 99437 Bad Berka<br />

tel 03 64 58-54 14 05<br />

eMail: ines.kurze@zentralklinik.de<br />

www.zentralklink.de<br />

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motorischen und kreativen Fähigkeiten<br />

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stärken den Muskelaufbau und<br />

fördern die Beweglichkeit!“<br />

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Besuchen Sie uns auf der Messe<br />

ALTENPFLEGE 12. bis 14. April in Nürnberg


q – querschnitt spezial<br />

<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-Studie gesucht<br />

Anzeige<br />

Für eine so genannte Defäkographie-Studie über einen Zeitraum von sechs<br />

Monaten werden von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg Teilnehmer<br />

mit einer kompletten Paraplegie gesucht.<br />

Die Auswirkung der Querschnittlähmung auf die Darmfunktion ist ein<br />

bisher ungelöstes Problem. Bei etwa der Hälfte aller querschnittgelähmten<br />

Patienten treten Abführprobleme und Stuhlunregelmäßigkeiten auf.<br />

Blähungen, Schmerzen, Unwohlsein, ungewollte Stuhlabgänge und vermehrte<br />

Spastizität oder auch eine reflektorische Störung der Blasenfunktion<br />

treten oft als Begleitsymptome auf. Etwa 23% der Querschnittpatienten<br />

werden wegen gestörter Darmentleerung stationär behandelt.<br />

Die Dauer der Querschnittlähmung, das Vorhandensein einer kompletten<br />

Lähmung und die Selbstständigkeit des Patienten sind Faktoren,<br />

die eine erfolgreiche Darmrehabilitation beeinflussen können. Die<br />

„Darmrehabilitation“ bei Tetra- und <strong>Paraplegiker</strong>n gründet sich überwiegend<br />

auf erfahrungsbasierten Methoden, die sich bis heute in den<br />

Spezialzentren für Querschnittlähmung bewährt haben. Primär wird der<br />

Entleerungsrhythmus mit Hilfe von Laxantien (Abführmitteln) im Sinne<br />

eines Darm-Managements angestrebt. Aktuell gibt es jedoch keine objektiven<br />

Messverfahren für die Überlegenheit einer bestimmten Abführmethode<br />

bei einem bestimmten Lähmungstyp.<br />

Rehabilitation und Prävention<br />

für Rollstuhlfahrer, 28 Übungen in einem Gerät<br />

mkb-System . Manfred Keller<br />

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Mittels MR-Defäkographie ist es möglich, die Dynamik der Stuhlentleerung<br />

darzustellen und mögliche Störungen im Ablauf der<br />

Stuhlentleerung besser zu verstehen und zu behandeln.<br />

Wie läuft die MR-Defäkographie ab?<br />

Die MR-Defäkographie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem<br />

es möglich ist, den Ablauf der Stuhlentleerung darzustellen. Um<br />

zeitliche Verzögerungen zu vermeiden, ist es notwendig, dass<br />

der MRT Termin mit dem Abführtag übereinstimmt. Während der<br />

Untersuchung sollten Sie sich entspannt auf die linke Seite legen.<br />

Nach Füllung des Enddarmes mit Kontrastmittel (Ultraschallgel)<br />

wird der Prozess der Stuhlentleerung eingeleitet und über einen<br />

anal aufklebbaren Beutel (Fäkal-Kollektor) aufgefangen.<br />

Ausschlusskriterien für die Untersuchung sind beispielsweise<br />

Herzschrittmacher. Wir bitten Sie zur Untersuchung einen aktuellen<br />

Kreatinin-Wert mitzubringen. Wir suchen insgesamt 20 bis<br />

30 Patienten, die als Probanden an der Studie teilnehmen möchten.<br />

Die klinische und kernspintomographische Untersuchung in der<br />

Radiologischen Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik<br />

Heidelberg dauert (inklusive Aufklärung) ca. 90 Minuten und beinhaltet:<br />

MR-Defäkographie,<br />

ASIA Untersuchung (Dokumentation<br />

des bestehenden Lähmungsausmaßes),<br />

Fragebogen zur neurogenen<br />

Darmlähmung,<br />

SkARV Test.<br />

Zur Verfügung stehende Untersuchungszeiten: Montag bis Freitag<br />

ab 16 Uhr, sowie Samstag nach Absprache. Die Untersuchung<br />

erfolgt nur an Abführtagen. Die Koordination der Termine erfolgt<br />

über Herrn cand. med. B. Wagner. Nach Ablauf der Studie werden<br />

wir Sie über die Ergebnisse informieren.<br />

Für die Anfahrt wird eine Aufwandsentschädigung<br />

von 50 € erstattet.<br />

Für weitere Fragen und Informationen stehen wir Ihnen unter<br />

folgender Telefonnummer gerne zur Verfügung:<br />

Frau Dr. med. C. Putz:<br />

0 62 21-96-5 oder eMail:<br />

Cornelia.Putz@med.uni-heidelberg.de


R<br />

ollstuhlfahrer konnten bisher nur mit einem<br />

Lift ins Erdgeschoss mit dem Schauraum gelangen.<br />

Das ist seit Juni 2010 anders. Besucher können<br />

jetzt barrierefrei in das völlig neu gestaltete Foyer des<br />

Hauses gelangen und dann direkt in den mit viel multimedialer<br />

und interaktiver Technik ausgestatteten<br />

Ausstellungsbereich. Dieser gleicht dem bekannten<br />

„Science Center Medizintechnik“ von Otto Bock in Berlin.<br />

So ist auch der neue Schauraum in Duderstadt von<br />

klaren Strukturen geprägt. Die Farbe Weiß dominiert<br />

und gibt dem Ganzen ein positives neues Gesicht.<br />

Prof. Hans Georg Näder, Inhaber von Otto Bock, erklärt:<br />

„Beide Schauplätze werden so in eine Balance<br />

gebracht“. Obwohl weltweit in 40 Ländern tätig, legt<br />

Näder einerseits großen Wert auf Bodenständigkeit<br />

an seinen deutschen Standorten in Duderstadt und<br />

Königsee. Andererseits ist man aber an den großen<br />

Drehscheiben der Erde aktiv. Beispielhaft ist das internationale<br />

Engagement von Otto Bock im Bereich des<br />

Behinderten-Sports, vor allen Dingen bei den Paralympics.<br />

All das ist durch Gestaltungskonzepte verbunden,<br />

die bei allen Auftritten von Otto Bock die selbe<br />

Handschrift („Communicition-Design“) tragen wie in<br />

Duderstadt, Berlin oder auch beim Expo-Auftritt von<br />

Otto Bock in Shanghai.<br />

Sowohl in Berlin als auch in Duderstadt steht „selbst<br />

ausprobieren“ im Mittelpunkt. Im Eingangsbereich<br />

zum Schauraum in Duderstadt kann man mit berührungsloser<br />

„Touchscreen“-Technik an einer großen<br />

Weltkarte viele Nachrichten und Informationen über<br />

die Otto Bock Standorte in 40 Ländern abrufen, kann<br />

sich zusätzlich über die aktuellen Wetterverhältnisse<br />

in diesen Ländern informieren. Und natürlich bekommen<br />

ausländische Besucher die Informationen auch<br />

auf Englisch.<br />

Otto Bock ist der weltgrößte Prothetik Anbieter. Aber<br />

natürlich sind die durch ihre funktionale Schönheit<br />

bekannten Rollstühle der Firma Otto Bock auch im<br />

Schauraum ausgestellt. Ergänzt wird der Ausstellungs-<br />

Bereich durch eine stilvoll eingerichtete Lobby, in der<br />

man sich bei einem Getränk gut gemachte Filme beispielsweise<br />

vom Paralympics-Engagement des Herstellers<br />

ansehen kann.<br />

Ein neues Gesicht gibt es auch in dem bei Otto Bock so<br />

genannten Bereich „Markt-Management im Geschäftsfeld<br />

Mobility Solutions“. Seit dem 1. September 2010<br />

leitet Tim Schäfer das Rollstuhl-Geschäft von Otto<br />

Bock. Er löst damit Wolfgang Raabe ab, der jetzt die<br />

Das neue Gesicht<br />

von „Otto Bock“<br />

markt<br />

An die 15 000 Menschen besuchen jährlich die Hauptverwaltung<br />

von Otto Bock in Duderstadt, dem weltgrößten<br />

Hersteller von Prothesen, dabei auch komplette<br />

Schulklassen. Die Menschen kommen aus 70<br />

Ländern nach Südniedersachsen, um sich über neueste<br />

Erkenntnisse der Prothetik und über das Rollstuhl-<br />

Programm von Otto Bock zu informieren.<br />

Leitung der bei Otto Bock neu geschaffenen „Academie<br />

Mobility Solutions“ – zu deutsch Reha Akademie – übernommen<br />

hat (siehe PARA 4/10, S. 30).<br />

Ein Besuch bei Otto Bock in Duderstadt oder Berlin –<br />

einzeln, paarweise oder in Gruppen – kann empfohlen<br />

werden. Um in Duderstadt eine umfassend qualifizierte<br />

Beratung und Betreuung sicherzustellen, ist eine Termin-Vereinbarung<br />

sinnvoll: tel 0 55 27-8 48 34 23.<br />

Weitere Infos: www.ottobock.de<br />

Text und Fotos:<br />

Hermann Sonderhüsken<br />

PARAPLEGIKER 1/11 39<br />

Tim Schäfer,<br />

Marketing-<br />

Leiter für Rollstühle<br />

(links) und<br />

Pressesprecher<br />

Rüdiger Herzog<br />

im Gespräch mit<br />

Besucherin<br />

Yvonne Fischer.<br />

Blick in den<br />

Schauraum.


q – querschnitt spezial<br />

Kinaesthetics für Menschen mit Querschnittlähmung und Angehörige:<br />

Das zentrale Thema von<br />

Kinaesthetics ist die Auseinandersetzung<br />

mit der<br />

eigenen Bewegung in<br />

alltäglichen Aktivitäten.<br />

Diese führen wir in individuellen,<br />

erlernten und<br />

meist unbewussten Bewegungsmustern<br />

durch.<br />

Die Qualität dieser Bewegungen<br />

hat einen erheblichen<br />

Einfluss auf<br />

unsere Gesundheitsentwicklung.<br />

Eine wichtige<br />

Voraussetzung für eine<br />

gesunde und selbstständige<br />

Lebensgestaltung<br />

ist die Fähigkeit, die eigene<br />

Bewegung an veränderte<br />

innere und äußere<br />

Bedingungen anpassen<br />

zu können. Darum besteht<br />

ein Ziel von Kinaesthetics<br />

darin, die Qualität<br />

der eigenen Bewegung,<br />

den persönlichen Handlungsspielraum<br />

und die<br />

Anpassungsfähigkeit im<br />

Alltag zu vergrößern.<br />

40<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Bewegte Tage in der<br />

Manfred-Sauer-Stiftung<br />

Die bewusste Sensibilisierung der Bewegungswahrnehmung<br />

und die Entwicklung der<br />

Bewegungskompetenz leisten bei jedem Menschen<br />

jeden Alters einen nachhaltigen Beitrag<br />

zur Gesundheits-, Entwicklungs- und Lernförderung.<br />

Im April 2010 fand in der Manfred-Sauer-Stiftung<br />

in Lobbach bei Heidelberg ein Kinaesthetics Seminar<br />

für Querschnittgelähmte und deren Angehörige<br />

unter der Leitung von Andreas Bartling<br />

und Anette Vogel statt. Beide sind als Pflegende<br />

und Kinaesthetics Trainer langjährig in den Querschnittzentren<br />

in Herdecke und Heidelberg tätig.<br />

In diesem Seminar setzten sich vier Tetraplegiker<br />

und ihre Partnerinnen mit dem zentralen Thema<br />

von Kinaesthetics – der eigenen Bewegung in alltäglichen<br />

Aktivitäten – auseinander. „ Unter dem<br />

Motto Gleichgewicht – Ungleichgewicht / bist<br />

du bereit deine Position zu verändern?“ machten<br />

die Teilnehmer neben kurzen theoretischen<br />

Einheiten vor allem praktische Erfahrungen mit<br />

Kinaesthetics.<br />

Spielerische Körpererfahrungen<br />

zum Finden des Gleichgewichts.<br />

Dabei stand zunächst die Sensibilisierung für die<br />

eigene Bewegung und das Verstehen von eigenen<br />

Bewegungsmustern im Vordergrund. Spielerisch<br />

versuchten die Teilnehmer mit Luftballons<br />

eigene Körpererfahrungen zum Finden ihres<br />

Gleichgewichts zu machen. Erstaunlich dabei<br />

war, wie auf diese Weise neue Bewegungsspielräume<br />

z.B. innerhalb des Schultergürtels entdeckt<br />

wurden. Auch war es für die betroffenen<br />

Menschen eine positive Erfahrung ihre Position,<br />

die im Rollstuhl oft eingeschränkt und statisch zu<br />

sein scheint, kleinschrittig zu verändern.<br />

Bewegung unterstützen<br />

Ein weiteres wichtiges Erfahrungsfeld bot die<br />

Auseinandersetzung mit alltäglichen Aktivitäten<br />

z.B. Transfersituationen Bett – Rollstuhl und dem<br />

Kopfwärtsbewegen im Bett. Unter kinaesthetischen<br />

Gesichtspunkten hatten die Angehörigen<br />

die Möglichkeit, ihre Partner in der Bewegung zu<br />

unterstützen ohne zu heben. In diesem Zusammenhang<br />

konnte auf individuelle Wünsche und<br />

Fragestellungen aus dem häuslichen Alltag ein-<br />

Größere Bewegungskompetenz für Pflegebedürftige<br />

und Angehörige durch Kinaesthetics.


gegangen werden wie z.B. Gestaltung eines Autotransfers,<br />

Bewegungsmöglichkeiten in einem<br />

Wohnmobil. Dabei konnten verschiedene Hilfsmittel<br />

z.B. Gleittunnel und Anti-Rutschmatten zur<br />

Bewegungsförderung ausprobiert, sowie Ideen<br />

für die individuelle Gestaltung der häuslichen<br />

Umgebung entwickelt werden. Darüberhinaus<br />

gestaltete ein Paar – selbst Kursteilnehmer des<br />

Seminars – dieses mit, indem sie den Rollstuhltanz<br />

vorstellten und die anderen Teilnehmer zu<br />

dieser Bewegungserfahrung motivierten.<br />

Bezeichnend für dieses Seminar war, dass die<br />

Teilnehmer kein starres, vorgefertigtes Konzept<br />

erhielten, sondern vielmehr eine Lernumgebung,<br />

in der sie eigene, ganz individuelle Bewegungsideen<br />

entwickeln konnten. Alle Beteiligten<br />

arbeiteten sehr motiviert und mit viel Freude an<br />

diesem Thema. Zu dieser Stimmung trug auch<br />

die einladende Atmosphäre der Manfred-Sauer-Stiftung<br />

bei. Lichtdurchflutete, helle Räume<br />

schufen eine optimale Lernumgebung und die<br />

rollstuhlgerechten Appartements sorgten für<br />

eine gute Unterbringung der Teilnehmer. Das<br />

Restaurant bot nach dem Essen viel Raum für einen<br />

gemeinsamen Austausch.<br />

Das nächste Seminar ist vom 14. bis 17. April<br />

diesen Jahres ebenfalls in der Manfred-Sauer-<br />

Stiftung in Lobbach geplant und wird als Kinaesthetics<br />

Grundkurs für pflegende Angehörige<br />

durchgeführt. Detaillierte Informationen: www.<br />

manfred-sauer-stiftung.de unter Kursprogramm.<br />

Grundkurs Kinaesthetics für<br />

pflegende Angehörige<br />

Menschen, die Angehörige pflegen, bewältigen<br />

in ihrem Alltag große Herausforderungen. Sie<br />

führen ihr eigenes Leben und helfen dem pflegebedürftigen<br />

Menschen bei der Verrichtung<br />

alltäglicher Aktivitäten wie aufstehen, waschen,<br />

sich anziehen, essen usw. Sie sind vor die Aufgabe<br />

gestellt, für die Lebensqualität des pflegebedürftigen<br />

Menschen und für die eigene Gesundheit<br />

zu sorgen. Diese Doppelrolle kann leicht zu einer<br />

Überforderung werden und die Gesundheit aller<br />

Beteiligten beeinträchtigen.<br />

Kinaesthetics geht davon aus, dass die Unterstützung<br />

eines pflegebedürftigen Menschen<br />

dann gesundheits- und entwicklungsfördernd<br />

ist, wenn sie ihn in seinen eigenen Bewegungsmöglichkeiten,<br />

in seiner Eigenaktivität und<br />

Selbstwirksamkeit unterstützt. Eine Voraussetzung<br />

dafür ist die Bewegungskompetenz der<br />

pflegenden Personen.<br />

Wird eine Unterstützung auf der Grundlage von<br />

Kinaesthetics gestaltet, führt diese nicht nur zu<br />

erstaunlichen Fortschritten bei den pflegebedürftigen<br />

Menschen, sondern verhindert auch,<br />

dass pflegende Angehörige durch ihre Pflegetätigkeit<br />

ihrer eigenen Gesundheit schaden. Alle<br />

Beteiligten profitieren gleichermaßen von einer<br />

größeren Bewegungskompetenz.<br />

Anmerkung zum Autor:<br />

Andreas Bartling ist Krankenpfleger auf der<br />

Fachabteilung für Rückenmarkverletzte im<br />

Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke und<br />

Kinaesthetics Trainer Stufe 3.<br />

Anzeige<br />

q – querschnitt spezial


Leitet den Bereich Kultur<br />

und Freizeit bei der Schweizer<br />

<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung:<br />

Urs Styger.<br />

„Égalité Handicap“:<br />

Beratung und Information<br />

Égalité Handicap ist eine<br />

Fachstelle der Konferenz<br />

der Dachorganisationen der<br />

privaten Behindertenhilfe und<br />

-selbsthilfe DOK in Bern. Sie<br />

bietet eine Rechtsberatung für<br />

Menschen an, die wegen ihrer<br />

Behinderung benachteiligt<br />

werden, steht Betroffenen und<br />

Interessierten bei Fragen zum<br />

Behindertengleichstellungsrecht<br />

zur Verfügung und informiert<br />

über das Thema durch<br />

verschiedene Publikationen.<br />

Die Einrichtung verfolgt Gesetzgebung<br />

sowie Rechtsprechung<br />

auf nationaler Ebene<br />

und wirkt bei der Entwicklung<br />

weiterer gesetzlicher Grundlagen<br />

mit. Kontakt:<br />

www.egalite-handicap.ch<br />

42<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Querschnittgelähmte in Europa (IV): Schweiz<br />

„Gesetzliche Vorschriften<br />

reichen nicht aus“<br />

Ein Blick über den Zaun zu unseren Nachbarn: Wie leben Querschnittgelähmte<br />

in der Schweiz? Ist Barrierefreiheit (noch) ein Problem? Gibt es<br />

einen rechtlich garantierten Schutz vor Diskriminierung? Und: Wie sieht<br />

die medizinische und materielle Versorgung aus? Im Rahmen unserer Europa-Serie<br />

sprachen wir mit Urs Styger, dem Bereichsleiter Kultur und Freizeit<br />

bei der Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung (SPV).<br />

? Herr Styger, wie viele<br />

Mitglieder hat Ihr Verband?<br />

Insgesamt etwa 11.000, davon zirka<br />

4.200 Aktivmitglieder.<br />

? Geben Sie eine Mitglieder-Zeitschrift<br />

heraus und wenn ja: Wie<br />

hoch ist die Auflage?<br />

„Paracontact“ kommt viermal<br />

jährlich in deutscher und französischer<br />

Sprache heraus. Die Auflage ist 9 200<br />

Exemplare deutsch und 5 200 französisch. Wir<br />

haben noch andere Druckerzeugnisse, wie einen<br />

jährlich erscheinenden Ferienkatalog und „Go<br />

Ahead“, das sich dem Rollstuhlsport und deren<br />

Resultaten widmet.<br />

? Wie würden Sie allgemein das Klima gegenüber<br />

Körperbehinderten in der Schweiz<br />

beschreiben?<br />

Wir erfahren eine gute Akzeptanz. Probleme haben<br />

wir eher damit, dass die Mitmenschen zu<br />

wenig über Behinderungen Bescheid wissen und<br />

oftmals Mühe bekunden, mit Behinderten umzugehen.<br />

? Auf welches Verhalten trifft man zum Beispiel,<br />

wenn ein Rollstuhlfahrer um Hilfe bei der<br />

Überwindung einer Barriere bittet, etwa beim<br />

Einsteigen in einen Bus?<br />

Wenn Hilfe benötigt wird, bekommt man diese in<br />

der Regel.<br />

Auf Reisen: Der himmelblaue Bus der SPV.<br />

? Gibt es in der Schweiz gesetzliche Vorschriften,<br />

die körperbehinderte Menschen vor Diskriminierung<br />

schützen?<br />

Das schweizerische Recht zum Schutz vor Benachteiligung<br />

und Diskriminierung von Menschen mit<br />

Behinderungen besteht auf der einen Seite aus<br />

dem eigentlichen Behindertengleichstellungsrecht.<br />

Auf der anderen Seite umfasst es auch zahlreiche<br />

Rechtsnormen im Privatrecht, Strafrecht<br />

und öffentlichen Recht, die implizit Schutz vor<br />

diskriminierenden Handlungen gewähren. Das<br />

eigentliche Behindertengleichstellungsrecht ist<br />

noch jung. Das Verbot der Diskriminierung wegen<br />

einer körperlichen, geistigen und psychischen Behinderung<br />

ist seit dem 1. Januar 2000 ausdrücklich<br />

in Kraft. Das Bundesgesetz über die Beseitigung<br />

von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen<br />

gilt seit Anfang 2004. Außerdem steht<br />

„Égalité Handicap“ zur Beratung und Information<br />

zur Verfügung (Anm.d.Red.: siehe Kasten, links).


Alltag: Ein rolligerechter Automat.<br />

? Rein rechtlich ist also Gleichstellung garantiert.<br />

Verändert sich dadurch auch die Realität für<br />

Behinderte generell?<br />

Gesetzliche Vorschriften reichen nicht aus. Wir sind<br />

der Meinung, dass die Öffentlichkeitsarbeit sehr<br />

wichtig ist und damit auch ein besseres Verständnis<br />

bei der Bevölkerung erreicht wird. Wir stellen<br />

immer wieder fest, dass die sichtbaren Probleme<br />

erkannt werden. Einem Rollstuhlfahrer sieht man<br />

an, dass er eine Körperbehinderung hat. Man sieht<br />

ihm aber nicht an, dass er ebenfalls Blasen-, Darm-<br />

oder auch Sexualfunktionsstörungen hat.<br />

Zu niedrige Tische in Restaurants<br />

? Wie sieht es mit der Barrierefreiheit in öffentlichen<br />

Einrichtungen und Verkehrsmitteln aus?<br />

Kommt ein Rollstuhlfahrer im Allgemeinen gut in<br />

Restaurants oder Kneipen?<br />

Im öffentlichen Verkehr hat sich die Situation in<br />

den letzten Jahren stark verbessert. Es braucht<br />

aber noch einige Efforts, um mit skandinavischen<br />

Ländern oder den USA mithalten zu können. In ein<br />

Restaurant zu gelangen ist nur ein Teil. Irgendwie<br />

geht das in der Regel, wenn nötig durch die Kü-<br />

Anzeige<br />

Hebe- und Pfl egehilfen<br />

für Menschen mit Handicap<br />

Auf der Messe: REHAB in Karlsruhe, 19.- 21. Mai <strong>2011</strong><br />

Baden ohne Barrieren •<br />

Poollifter • Deckenlifter •<br />

Wandlifter • Mobile Lifter ...<br />

che oder sonst einen Eingang. Probleme haben<br />

wir mit zu niedrigen Tischen. Meistens aber hat es<br />

keine barrierefreie Toilette oder diese befindet sich<br />

an einem Ort, der nur über Stufen erreichbar ist.<br />

Auch hier ist die Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig.<br />

Wir haben schon mehrmals erlebt, dass eine gut<br />

ausgestattete Toilette vorhanden wäre, diese aber,<br />

mangels regelmäßigen Gebrauchs, zweckentfremdet<br />

wird für Stauraum, Putzraum etc.<br />

? Gibt es rollstuhlgerechte öffentliche Toiletten<br />

in den Stadtzentren?<br />

Ja. Die Situation hat sich massiv verbessert. Schwierig<br />

ist jedoch das Finden der öffentlichen Toiletten.<br />

Im Internet gibt es einzelne Verzeichnisse, oder<br />

Städte haben eine Information betreffend Barrierefreiheit<br />

allgemein in ihrer Stadt – aus meiner<br />

Sicht ist das Verzeichnis von „Luzern Tourismus“<br />

sehr gelungen. Es informiert auch über den Euro-<br />

Key (http://www.luzern.com/de/navpage.cfm?ca<br />

tegory=FactsLU&subcat=LuzernAZLU&id=72345).<br />

? Und verfügen die Rollstuhlfahrer in der Schweiz<br />

über einen Europa-Schlüssel für die Toiletten?<br />

Ja, unseren Mitgliedern ist der Euro-Schlüssel bekannt.<br />

Sie können diesen bei uns bestellen.<br />

? Gibt es in der Schweiz medizinische Aufklärungskampagnen<br />

über die Gefahr, eine Querschnittlähmung<br />

zu bekommen, zum Beispiel<br />

durch Bade- oder Motorradunfälle?<br />

In der Zeitschrift „Paraplegie“ der Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Stiftung<br />

wird immer wieder auf die täglichen<br />

Gefahren hingewiesen in dem Sinne, dass<br />

die Unglücksfälle beschrieben werden. Wir kennen<br />

aber auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung,<br />

die sehr gute Arbeit leistet und auch im Fernsehen<br />

aktiv Werbung zur Unfallverhütung betreibt<br />

(http://www.bfu.ch/German/Seiten/default.aspx).<br />

Telefon: 07054/7178<br />

www.reha-hebehilfen.de<br />

10 x in<br />

Deutschland<br />

Hubkraft<br />

225 kg<br />

„Die Staatskasse kann nicht<br />

auf Kosten von Behinderten<br />

saniert werden“<br />

Schweizer<br />

<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />

Die 1980 gegründete Schweizer<br />

<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung (SPV)<br />

ist der nationale Dachverband<br />

der Querschnittgelähmten. Sie<br />

fördert, vertritt und koordiniert<br />

gesamtschweizerisch die Anliegen<br />

der Para- und Tetraplegiker<br />

sowie weiterer Mitglieder. Zudem<br />

unterstützt sie 26 regionale<br />

Rollstuhlclubs in der ganzen<br />

Schweiz. Zum Leistungsangebot<br />

gehören die Sozial- und Rechtsberatung,<br />

Rollstuhlsport Schweiz<br />

(Förderung des Spitzen- und<br />

Breitensports), die Lebensberatung,<br />

das Zentrum für hindernisfreies<br />

Bauen und die Abteilung<br />

Kultur und Freizeit mit ihrem<br />

Reisebüro und der eigenen<br />

Reisebusflotte.<br />

Geschäftsstelle:<br />

Kantonsstrasse 40<br />

CH-6207 Nottwil<br />

tel 0041- 939 54 00<br />

Fax 0041- 939 54 09<br />

eMail: spv@spv.ch<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.spv.ch


q – querschnitt spezial<br />

Sehr gute medizinische Versorgung<br />

? Wie würden Sie den medizinischen Versorgungsstand von<br />

Querschnittgelähmten in der Schweiz beschreiben? Gibt es spezielle<br />

Querschnitt-Zentren, in denen akut Querschnittgelähmte versorgt<br />

werden?<br />

Ja, die Versorgung in der Schweiz ist sehr gut. Wir haben verschiedene<br />

Zentren: Basel, Zürich, Sion und Nottwil. Das größte Zentrum, das<br />

Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Zentrum, ist in Nottwil und genießt weltweit<br />

große Anerkennung.<br />

? Erhalten Querschnittgelähmte in der Schweiz materielle Unterstützung<br />

vom Staat oder anderen Institutionen, etwa bei der Umrüstung<br />

des Autos, dem barrierefreien Umbau der Wohnung sowie bei der<br />

Rehabilitation? Gibt es so etwas wie Erwerbsunfähigkeitsrenten für<br />

einen Querschnittgelähmten?<br />

Wir kennen in der Schweiz verschiedene Versicherungen, die für Heilungskosten,<br />

Hilfsmittel und Renten aufkommen. Die Heilungskosten<br />

werden in der Regel für Unfälle von Arbeitnehmern durch die obligatorische<br />

Unfallversicherung übernommen. Bei der Krankenversicherung<br />

ist die Unfallversicherung bei allen obligatorisch mitversichert,<br />

die nicht berufstätig sind oder keine obligatorische Unfallversicherung<br />

haben. Das System ist jedoch relativ kompliziert und die Koordination<br />

der einzelnen Versicherungen ist selbst für Fachleute ein Buch mit sieben<br />

Siegeln. Umbauten zuhause und allenfalls für die berufliche Wiedereingliederung<br />

werden in der Regel von der Invalidenversicherung<br />

übernommen. In der Schweiz kennen wir das „Drei Säulen Konzept“:<br />

Staatliche Vorsorge, berufliche Vorsorge und private Vorsorge. Die erste<br />

und zweite Säule erreichen ihr Ziel jedoch nur noch bedingt. Aus<br />

diesem Grunde unterstützt der Staat auch die private Vorsorge. Die<br />

dritte Säule ist im Gesetz verankert und wird zum Teil mit Steuervorteilen<br />

belohnt.<br />

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Para Agility: Macht sowohl dem behinderten Hundehalter<br />

als auch dem Hund Spaß.<br />

? Haben Sie einen bestimmten Wunsch an die Politik?<br />

In den letzten Jahren mussten wir uns vermehrt mit Gesetzesrevisionen<br />

abfinden. Diese Revisionen hatten sehr oft zur Folge, dass die<br />

Behinderten schlechter gestellt wurden. Diese Tendenz darf so nicht<br />

weitergehen. Die Staatskasse kann nicht auf Kosten von Behinderten<br />

saniert werden. Für Fehler in der Vergangenheit sollen nicht Betroffene<br />

den Kopf hinhalten. Ich erwarte von den Politikern auch mehr<br />

Sachverstand und, wenn dieser nicht genügend vorhanden ist, dass<br />

er bei Betroffenen eingeholt wird. Von den einzelnen Versicherungen<br />

erwarte ich, dass sie die Verordnungen überall gleich behandeln.<br />

Herr Styger, ich bedanke mich für dieses Gespräch.<br />

Interview: Arndt Krödel<br />

Fotos: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung


Die Paravan GmbH ist für die Erfindung<br />

des SPACE DRIVE Systems mit<br />

dem „Innovationspreis der deutschen<br />

Wirtschaft – Erster Innovationspreis<br />

der Welt®“ in der Kategorie<br />

„Mittelständische Unternehmen“<br />

ausgezeichnet worden. Frau Prof.<br />

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin<br />

für Forschung und Bildung,<br />

hat den Preis im Rahmen einer festlichen<br />

Gala im Congress Center zu<br />

Frankfurt gemeinsam mit Vertretern<br />

der Stifter übergeben.<br />

Mit dem SPACE DRIVE System geht der mobile<br />

Traum vom Fahren ohne Lenkrad für Rollstuhlfahrer<br />

in Erfüllung: Autofahren mit einem 4-Wege-<br />

Joystick ohne Lenksäule, Lenkrad und Pedale. Das<br />

neue System ermöglicht Menschen mit geringsten<br />

Restkräften, hohem Querschnitt, minimalen<br />

Bewegungsfähigkeiten und sogar ohne Arme<br />

oder Beine, sicher Auto zu fahren. Mit Space Drive<br />

sind diese in der Lage Bremse, Gas und Lenkung<br />

sowie alle anderen Funktionen durch mikroprozessorgesteuerte<br />

Fahrhilfen zu betätigen, die die<br />

Signale in Nanosekunden an zwei Servomotoren<br />

für Bremse und Gas und an zwei weitere für die<br />

Lenkung übertragen. Das patentierte System ist<br />

das erste modulare, digitale und universell einsetzbare<br />

Mehrkanal-Komplettsystem mit patentierter<br />

Aktiver Servomotoren-Redundanz. Es ist TÜV-geprüft<br />

und erhält Straßenzulassung.<br />

Die PARAVAN GmbH ist mit nun 31 hochrangigen<br />

Staats- und Innovationspreisen das meist ausgezeichnete,<br />

mittelständische Unternehmen im Mobilitätsbereich.<br />

Gegründet von Roland Arnold hat<br />

sich der PARAVAN Mobilitätspark zum Weltmarktführer<br />

für individuell angepasste Behindertenfahrzeuge<br />

mit eigenen, patentierten Produkten und<br />

dem „Alles aus einer Hand – Service“ etabliert. Die<br />

PARAVAN GmbH beschäftigt über 100 Mitarbeiter<br />

und hat Niederlassungen und Partner auf der<br />

ganzen Welt. Die Neuentwicklung SPACE DRIVE<br />

<strong>2011</strong> zählte zu den insgesamt 320 Einreichungen,<br />

aus denen ein unabhängiger Wissenschaftler-Ausschuss,<br />

unter anderem Nobelpreisträger Prof. Dr.<br />

Klaus von Klitzing, der Astronaut Dr. Ulf Merbold,<br />

Prof. Dr. Lothar Späth, Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger,<br />

Präsident des Fraunhofer-Instituts jeweils die<br />

beste technische, wissenschaftliche oder geistige<br />

Innovation ausgewählt hat.<br />

markt<br />

Innovationspreis<br />

für SPACE DRIVE System<br />

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PARAVAN Geschäftsführer<br />

Roland Arnold mit<br />

Gattin Martina Arnold<br />

erhalten aus den Händen<br />

der Bundesministerin für<br />

Forschung und Bildung<br />

Prof. Dr. Annette Schavan<br />

die Auszeichnung „Innovationspreis<br />

der deutschen<br />

Wirtschaft“. TV-Liebling<br />

Cherno Jobatey freut sich<br />

mit den Gewinnern.<br />

24. Jahrestagung<br />

der Deutschsprachigen<br />

Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie e.V.<br />

Bad Wildbad<br />

Berufsförderungswerk<br />

Bad Wildbad<br />

Berufliche Rehabilitation Querschnittgelähmter:<br />

ein entscheidender Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe<br />

Weitere Themen<br />

Schmerz bei Querschnittlähmung Fortschritte der operativen Therapie Neuro-Urologie<br />

Querschnitt-Rehabilitation bei pädiatrischen Patienten Rehabilitation: Physiotherapie, Ergotherapie<br />

Freie Themen<br />

Information und Anmeldung unter<br />

www.conventus.de/dmgp<strong>2011</strong>


q – querschnitt spezial<br />

Holger Rummer:<br />

Vor 20 Jahren begann Holger Rummer sein „neues“<br />

Leben als Künstler. Nach einem Unfall entwickelte sich<br />

in der Reha-Phase als Tetraplegiker sein Interesse an der<br />

Malerei, zu der sich das Formen von Skulpturen dazu gesellte.<br />

Seitdem hat er seine Kompositionen in zahlreichen<br />

Ausstellungen gezeigt. Seine Überzeugung: Vielleicht<br />

steckt viel mehr in jedem Einzelnen, als man denkt.<br />

Energie hat der Mann. Das merkt man, wenn er redet, und das sieht man<br />

seinen farbintensiven Bildern an. „Rummer-Energie“ hat das mal eine Rednerin<br />

bei der Eröffnung einer seiner Ausstellungen genannt. Als wir uns<br />

an diesem Januarnachmittag im Kurpfalz-Café auf dem Heidelberger SRH-<br />

Gelände treffen, erscheint Holger Rummer in sportlicher Kleidung – nach<br />

unserem Gespräch ist Rugby-Training angesagt. Der 42-Jährige spielt bei<br />

den Heidelberger „Outlaws“ und ist auch im Vorstand des gleichnamigen<br />

Vereins. Acrylbilder und Rugby: Das sensible Künstlerische und das Sportliche<br />

mit dem eher etwas rauen Anstrich schließen sich bei ihm nicht aus.<br />

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Leidenschaft für<br />

Malen und Bildhauerei<br />

RL-50 Deckenlift<br />

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Dank der speziell entwickelten Fahrschiene bleibt ihre Treppe in ganzer Breite frei. Der<br />

Einbau kann in Mehrfamilienhäusern, engen Treppenhäusern, über mehrere Etagen<br />

erfolgen. Haltestellen sind frei wählbar. Die Bedienung erfolgt auch bei eingeschränkter<br />

Mobilität durch den Benutzer oder Begleitperson. Fernsteuerbar ohne Kabelmontage.<br />

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Gerade ist eine mehrwöchige Ausstellung<br />

seiner Bilder in der Manfred-Sauer-Stiftung<br />

in Lobbach bei Heidelberg zu Ende gegangen.<br />

Und Holger Rummer gehört nicht zu den<br />

Künstlern, die auf ihren Bildern sitzen bleiben<br />

– seine Kunst kommt an und findet ihre Käufer.<br />

Gelernt hat der gebürtige Aschaffenburger eigentlich<br />

etwas ganz Anderes: Schreiner. In diesem<br />

Beruf arbeitete er als junger Mann auch<br />

einige Monate in Berlin, damals der Ort, an<br />

dem Wehrdienstpflichtige vom „Bund“ befreit<br />

waren. Aber die alte (und jetzt wieder neue)<br />

Hauptstadt war nicht seine Welt. Holger Rummer<br />

ist jemand, dem seine Wurzeln – manche<br />

nennen es „Heimat“ – wichtig sind. Er ging zurück<br />

nach Unterfranken, stellte den Antrag auf<br />

Kriegsdienstverweigerung und trat 1989 seinen<br />

Zivildienst bei der Caritas an, wo er unter<br />

anderem im Fahrdienst eingesetzt war.<br />

„Mit mir selbst klar kommen“<br />

Ein Jahr später, an einem freien Sonntag bei<br />

einer Ausfahrt mit dem Motorrad im Spessart,<br />

veränderte sich sein Leben auf einen Schlag. Er<br />

hatte einen Unfall und erlitt eine Querschnittlähmung.<br />

„Es war eine Kurve zu viel“, sagt er<br />

heute. Mit 22 Jahren kam er als Tetraplegiker<br />

zur medizinischen Reha in das Querschnittzentrum<br />

in Heidelberg-Schlierbach, später<br />

folgten berufliche Eignungstests im Berufsförderungswerk<br />

in Wieblingen. An eine konkrete<br />

Umschulung dachte Rummer damals nicht:<br />

„Ich musste erst mal mit mir selbst klar kommen“,<br />

schildert er rückblickend seine Situation.<br />

Die Aussage eines Pflegers, er würde nun nie<br />

mehr selbstständig sein können, fand er dabei<br />

eher abschreckend.<br />

Schon in dieser Phase keimte in ihm das Interesse<br />

an der Malerei. Früher hatte er damit<br />

wenig am Hut, ein bisschen Zeichnen war eigentlich<br />

alles. Mit Seidenmalerei begann dann<br />

der Einstieg ins künstlerische Fach, und bald<br />

malte Rummer – inzwischen wieder zu Hause


– auch großflächig mit Acryl auf Leinwand. In<br />

der Zukunft will er auch mit Ölfarben arbeiten.<br />

1993 hatte er in der Nähe von Aschaffenburg<br />

seine erste Ausstellung, viele weitere folgten<br />

seitdem, unter anderem auch bei „Brave Art“<br />

in Weinheim, einer Stiftungsinitiative zur Förderung<br />

talentierter junger Behinderter in der<br />

Kunst.<br />

Filigrane Tusche-Arbeiten<br />

Holger Rummer fasziniert der Entstehungsprozess<br />

eines Bildes, die Eigendynamik bei der<br />

Formung des Sujets. Es braucht also nicht unbedingt<br />

die klar umrissene Vorgabe, denn „der<br />

Weg ist das Ziel“, wie er seine Erfahrungen beschreibt.<br />

Aus diesem künstlerischen Arbeiten<br />

zieht er Kraft – und freut sich darüber, wenn<br />

seine Bilder den Leuten gefallen. „Aber in erster<br />

Linie male ich für mich“, ergänzt er. Seine<br />

Werke, deren Technik zum Beispiel in mehreren,<br />

sich überlagernden Farbschichten angelegt<br />

ist und bei denen das Abstrakte überwiegt,<br />

lassen einen großen Raum zur Interpretation.<br />

Dazu passt seine Aussage: „Ich will keine Rätsel<br />

lösen, sondern neue Rätsel schaffen“.<br />

Der Aschaffenburger Künstler würde nicht soweit<br />

gehen zu behaupten, mit seinen Bildern<br />

die Welt besser machen zu wollen. Es bedeutet<br />

für ihn schon viel, sie damit für einige Menschen<br />

ein bisschen schöner zu machen – davon hätte<br />

er am Anfang seines Künstlerlebens kaum zu<br />

träumen gewagt. Neben dem Malen mit Acryl<br />

widmet sich Rummer auch dem Zeichnen mit<br />

„Getrennte Verbundenheit“.<br />

q – querschnitt spezial<br />

Tusche, was zunächst wegen des Handikaps gar nicht möglich war. Wie<br />

sehr ihm die filigrane Arbeit mittlerweile gelingt, zeigt etwa das Bild „Gedankenausbruch“.<br />

Dennoch, manchmal merkt er die Einschränkung seiner<br />

Fingerfunktionen schon.<br />

Und noch eine künstlerische Ausdrucksmöglichkeit reizt ihn: das Formen<br />

von Skulpturen. In einer kleinen Halle neben seinem Wohnhaus kann er<br />

in Ruhe arbeiten und stört auch niemanden in der Umgebung. Mit Ytong,<br />

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q – querschnitt spezial<br />

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„Gedankenausbruch“.<br />

dem weichen Porenbeton,<br />

fing er an und tastete sich<br />

nach und nach an andere<br />

Materialien heran: Sandstein,<br />

Alabaster und Speckstein.<br />

Die Erfahrung des<br />

Dreidimensionalen<br />

macht ihm Spaß, und<br />

ganz nebenbei kann<br />

er mit seinen Skulpturen<br />

auch den Garten<br />

mitgestalten.<br />

Holger Rummer<br />

macht den Eindruck<br />

eines optimistischenMenschen.<br />

„Man kann<br />

tatsächlich auch mit Handicap<br />

ein glückliches und<br />

erfülltes Leben führen. Ich<br />

weiß es“, sagt er. Ein bisschen<br />

möchte er auch an-<br />

Der Rolli wird zum Sportgerät:<br />

Holger Rummer als Rugby-Spielmacher.<br />

dere Menschen mit einem ähnlichen Schicksal<br />

ermutigen, neue Wege zu probieren, weil vielleicht<br />

viel mehr in jedem Einzelnen stecke, als<br />

man denkt: „Unsere Träume von gestern und<br />

was uns wichtig erschien, können morgen<br />

zwar schon vorbei sein, aber wenn wir dazu<br />

bereit sind, treten dafür neue Möglichkeiten<br />

und Ziele hervor“, ist gewissermaßen sein Credo.<br />

Und bescheiden möchte er noch einen<br />

Dank an seine Mutter loswerden, ohne deren<br />

Kraft und Hilfe er sein Leben nicht in diese r Art<br />

und Weise führen könnte, wie er sagt.<br />

Inzwischen ist es bereits dunkel geworden. Es<br />

wird Zeit, das Gespräch zu beenden, in Kürze<br />

beginnt das Rugby-Training mit den „Outlaws“<br />

in der Sporthalle schräg gegenüber. Ich begleite<br />

Holger Rumme r noch ein Stück auf dem<br />

Weg dorthin. Zwei Stunden jede Woche ist er<br />

der Spielmacher im Team – „Rummer-Energie“<br />

auch hier. „Kommen Sie noch mit zum Training?“<br />

fragt er. Nun, dieses Thema heben wir<br />

uns für ein anderes Mal auf…<br />

Text: Arndt Krödel<br />

Fotos: Rummer (5), Krödel (1)


markt<br />

Stehgeräte<br />

Die Stehgeräte von VITALINE ermöglichen<br />

geh- und stehunfähigen Benutzern eine qualifizierte<br />

Stehtherapie, in den meisten Fällen vollkommen<br />

selbstständig. Die Vorteile einer fachgerecht<br />

begleiteten Stehtherapie bei Behinderungen wie<br />

Querschnittlähmungen, Multipler Sklerose oder Kinderlähmung sind signifikant. Der<br />

begleitende Therapietisch ist ein neues Zubehör, das den Benutzer aus der Sitzposition<br />

in die Stehposition begleitet. Der Anwender ist in jeder Phase der Aufrichtung absolut<br />

sicher fixiert. Vorzugsweise wird der Tisch in Schulen und bei frisch verletzten Querschnittgelähmten<br />

eingesetzt. Eine wichtige Unterstützung, auch für Menschen, die<br />

nicht in voller Streckung stehen können.<br />

Weitere Infos bei VITALINE, tel 02 34-4 17 58 48, www.vitaline.de.<br />

Aluminiumschienen<br />

Rollstuhlfahrer müssen die unterschiedlichsten<br />

Hindernisse überwinden. Mit der neuentwickelten<br />

Rollstuhlrampe vom Typ AOL-R der Fa. Altec,<br />

78224 Singen lassen sich vor allem Treppen und<br />

hohe Absätze überbrücken. Eine Stanzung der<br />

Fahrfläche sorgt für eine hohe Rutschsicherheit.<br />

Durch die Lochung können Regen, Schnee und<br />

Schmutz schnell entweichen. Die Rampe hat<br />

standardmäßig eine Breite von 80 cm und ist in<br />

verschiedenen Längen, sowie auf Wunsch auch<br />

mit Geländer erhältlich. Sonderanfertigungen<br />

dieser Rampe sind auf Anfrage möglich. Wie alle<br />

Überfahrrampen von Altec ist auch die AOL-R-<br />

Rampe GS-zertifiziert.<br />

www.altec-singen.de<br />

Urologische Hilfsmittel<br />

Medical Service bietet ab sofort auch Urinalkondome und Beinbeutel an. Das neue<br />

Produkt Liquick® Plus ergänzt die hydrophilen Produkte um ein Auffangbeutelsystem.<br />

Das hydrophile Kathetersystem beinhaltet Auffangbeutel und Kochsalz-Sachet<br />

in einem Produkt. In wenigen Schritten ist das handliche Kathetersystem gebrauchsfertig.<br />

Als externe Harnableitung bieten sich für Männer Urinalkondome an. Mit den<br />

Produkten Ultraflex®, Wideband® und Pop-on® bietet Medical Service verschiedene<br />

Ausführungen aus latexfreiem Material an. Die Urinalkondome gibt es in unterschiedlichen<br />

Größen und Klebeflächen. Für jede Anforderung gibt es die passenden Beinbeutel.<br />

Die besonders hautfreundliche Rückseite des Beinbeutels beugt Hautirritationen<br />

vor. Durch das Drei-Kammer-Prinzip füllt sich der Beinbeutel geräuschlos. Alle Beinbeutel<br />

erlauben eine nadelfreie Urinprobeentnahme.<br />

www.medical-service.de<br />

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16. Internationale Fachmesse für<br />

Rehabilitation, Pflege,<br />

Prävention und Integration<br />

19. – 21. Mai <strong>2011</strong><br />

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Die Fachmesse<br />

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die neue Küche dort,<br />

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kommt und<br />

misst den Küchenraum<br />

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Er bringt Muster zum<br />

Anfassen mit – von den<br />

Arbeitsplatten, den<br />

Griffen und von jeder<br />

Modellfront. An seinem<br />

Notebook plant er eine<br />

Küche, die individuelle<br />

Anforderungen perfekt<br />

umsetzt. Eine Vielzahl<br />

von Modellen und Farben<br />

stehen zur Auswahl.<br />

Mit der Spezialfinanzierung<br />

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Spezialist für<br />

barrierefreie<br />

Küchen<br />

In den barrierefreien Küchen von KÜCHEN QUEL-<br />

LE ist der Mensch das Maß aller Dinge. Diese Küchen<br />

können von jedem – und zwar unabhängig<br />

von seiner körperlichen Einschränkung – ohne<br />

fremde Hilfe genutzt werden. Barrierefrei bedeutet<br />

weit mehr als behindertengerecht, behindertenfreundlich<br />

oder seniorengerecht, denn bei der individuellen<br />

Planung und Realisierung der Küchen<br />

wird besondere Rücksicht auf alle Personengruppen<br />

genommen.<br />

Die großen Pluspunkte:<br />

• Elektromotorisch höhenverstellbare Oberschränke<br />

und Arbeitsflächen.<br />

• Auffahrschutz und Scherenschutz an den<br />

höhenverstellbaren Elementen.<br />

• Unterfahrbare Arbeitsbereiche.<br />

• Hoch-und zurückgesetzte Sockel für Rollstuhlfußrasten.<br />

Neuer Aktivrollstuhl<br />

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einzigartig? Der neue<br />

ZX1 von MEYRA basiert<br />

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Neue Materialien und moderne Details am ZX1überzeugen<br />

den aktiven Rollstuhlfahrer. Ein faltbarer<br />

Aktivrollstuhl mit starrrahmenähnlichen Fahreigenschaften<br />

und innovativem Rahmenkonzept, zeitge-<br />

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„LeMans-Auszug“<br />

für leichte Zugriffe<br />

auch im Sitzen.<br />

• Viele weitere individuelle Lösungen und<br />

Details für mehr Komfort und Sicherheit.<br />

• In vielen Fällen auch nachträglicher Einbau<br />

möglich.<br />

Barrierefreie Küchen von KÜCHEN QUELLE erfüllen<br />

die Industrienormen für Sicherheit und Langlebigkeit:<br />

DIN 1153:1996 für die Belastungen von<br />

Küchenmöbeln, DIN 18025•1:1992 für barrierefreie<br />

Wohnungen für Rollstuhlfahrer, DIN 18025•2:1992<br />

für barrierefreie Wohnungen, DIN 18022 für Planungsgrundlagen<br />

für Küchen im Wohnungsbau.<br />

Terminvereinbarung für ein kostenloses Beratungsgespräch<br />

unter 0180-55 62 555, Mo-Fr 8 bis<br />

19 Uhr, Sa 10 bis 16 Uhr (14 Ct./Min.a.d. deutschen<br />

Festnetz; max. 42 Ct./Min.a.d. Mobilfunk) oder unter<br />

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Bitte Kennwort KÜCHE 312 angeben.<br />

mäß im Design , mit purer Fahrdynamik und überzeugend<br />

in seiner Funktion. Er bietet als Faltrollstuhl<br />

Charakterzüge eines festverschweißten Rollstuhles,<br />

denn der festverschweißte Seitenrahmen garantiert<br />

ein Maximum an Stabilität bei minimalem Gewicht.<br />

Leichtes Handling und gewichtsoptimierte Details,<br />

wie Bremse, Seitenteil, Fußstütze und Räder reduzieren<br />

das Gesamtgewicht auf unter 9 kg. Die in<br />

dem festverschweißten Rahmen integrierte Kreuzgelenkschere<br />

verleiht dem ZX1 ein dynamisches<br />

Fahrverhalten. Ausgewählte neue Farben und ausdrucksstarke<br />

Akzente geben dem ZX1 eine eigene<br />

Identität. Sein Erscheinungsbild ist dynamisch, faltbar<br />

und selbstbewusst. Durch aktive Einstellmöglichkeiten,<br />

drei Rahmenlängen und Standard- bzw.<br />

Kompaktrahmen mit oder ohne Rahmeneinzug<br />

zeigt sich der faltbare Aktivrollstuhl absolut anpassungsfähig.


Generationenübergreifende<br />

Badezimmerwelten<br />

Mit einer nachhaltigen Planung stellen<br />

Bauherren von Anfang an die Weichen so,<br />

dass sich der Komfort eines Bades in jungen<br />

Jahren, als Single oder im Familienverbund<br />

mit Kindern ebenso wie im Alter genießen<br />

lässt. Wesentlich in der modernen Badkultur<br />

sind Toiletten, die den Po mit Wasser<br />

reinigen. Geberit AquaClean WCs mit integrierter<br />

Duschfunktion überzeugen alle<br />

Generationen, bewegungseingeschränkte<br />

Menschen wie deren Familienangehörige.<br />

Die neue Toilettengeneration Geberit AquaClean reinigt<br />

den Po mit Wasser – berührungslos. Sowohl die WC-Aufsätze<br />

Geberit AquaClean 4000, Geberit AquaClean 5000, Geberit<br />

AquaClean 5000plus als auch die Komplettanlagen<br />

Geberit AquaClean 8000 und Geberit AquaClean 8000plus<br />

reinigen mit klarem, körperwarmen Wasser, und das sanft,<br />

hygienisch sowie gründlich und bieten je nach Modell<br />

viele weitere Komfortfunktionen, so Geruchsabsaugung<br />

oder Föhn. Ergänzend gibt es zahlreiche praktische Zubehörteile<br />

für Menschen mit Bewegungseinschränkungen,<br />

von der Fernbedienung mit Optoauslösung bis zur Sitzfixierung<br />

ohne Deckel. Weitere Informationen hierzu finden<br />

sich auf der Homepage: www.geberit.de/Produkte/GeberitAquaCleanLinie/Modelle<br />

mit Hilfsmittelnummer<br />

Das nach dem Einbau höhenverstellbare WC-Element aus<br />

dem Haus Geberit ist in der Standardanwendung ideal<br />

geeignet für individuelle Sitzhöhen von 41 bis 49 cm, je<br />

nach Körpergröße, Bedürfnissen und Wünschen wie zum<br />

Beispiel einer barrierefreien Badgestaltung in den eigenen<br />

vier Wänden, aber auch im Wohnungsbau, im Betreuten<br />

Wohnen oder in Kliniken. Problemlos ist die Montage innerhalb<br />

der sanitärtechnischen Installationssysteme Geberit<br />

Duofix- oder Geberit GIS.<br />

Design und Frische<br />

Stark nachgefragt werden heute Module für eine schnelle<br />

und saubere Renovierung bestehender Bäder. Den bodenstehenden<br />

Geberit Monolith zeichnet seine schlichte,<br />

zeitlose Formensprache aus. Erhältlich ist er in drei Ausführungen<br />

und Glasfarben: Für Wand- und Stand-WC sowie<br />

für Geberit AquaClean, jeweils in den Glasoberflächen<br />

schwarz, weiß und mint. Aufgrund seines außergewöhn-<br />

lichen Designs erhielt der Geberit Monolith bereits den iF<br />

Product Design Award 2010.<br />

Die Geberit AquaClean Designplatte weiß-alpin mit seidenglanzverchromter<br />

umlaufender Kante ermöglicht den<br />

verdeckten Wasser- und Stromanschluss für einen nachträglichen<br />

Einbau von Geberit AquaClean. Es handelt sich<br />

um eine Abdeckplatte mit einer Aufbauhöhe von 15 Millimetern,<br />

die eine flächenbündige Betätigung mit einer<br />

Zwei-Mengen-Spülung integriert. Sie lässt sich für alle Geberit<br />

Spülkästen<br />

ab Baujahr 1988<br />

mit Betätigung<br />

von vorn verwenden.Gestaltet<br />

ist dieses aus<br />

einer wasserfestenSchichtstoffplatte<br />

gefertigte<br />

Modul in einem<br />

klassisch-zeitlosen<br />

Design und<br />

verleiht dem gesamten<br />

Bad ein<br />

innovatives Flair.<br />

Einfach integrierbar<br />

Ebenfalls mit dem iF Product Design Award 2010 prämiert<br />

sind die neuen Duschelemente mit integriertem<br />

Wandablauf für bodenebene Duschen, die die Realisierung<br />

gefliester Duschen deutlich vereinfachen. Das Duschelement<br />

wird einfach in das Geberit Installationssystem GIS<br />

oder in die Geberit Duofix Installationswand integriert.<br />

Vier passende Designsets sind im Angebot: Hochglanz verchromt,<br />

Edelstahl gebürstet, weiß-alpin und „befliesbar“.<br />

Alle Produkte und sanitärtechnischen Systeme aus dem<br />

Haus Geberit sind nachhaltig und umweltfreundlich, zeichnen<br />

sich durch Langlebigkeit und Sicherheit aus. Weitere<br />

Argumente, um einen Neubau oder eine Renovation mit<br />

dem Know-How Installed by Geberit durchzuführen.<br />

Wohnortnahe Beratung gibt es in zahlreichen Sanitärfachbetrieben<br />

(zu finden auf www.i-love-water.de).<br />

markt<br />

PARAPLEGIKER 1/11 51


unterwegs<br />

Belgien – das Land der<br />

leckeren Pralinen und<br />

knusprigen Fritten.<br />

So mag mancher denken.<br />

Doch unser kleiner<br />

Nachbar im Nordwesten<br />

hat weitaus mehr als kulinarische<br />

Genüsse zu<br />

bieten. Neben zahreichen<br />

kulturellen Highlights<br />

ist es z.B. das Geburtsland<br />

vieler prominenter<br />

Comic-Helden.<br />

Reiseliteratur:<br />

Reinhard Tiburzy<br />

Belgien<br />

DuMont Reiseverlag<br />

Ostfildern 2009<br />

www.dumontreise.de<br />

Petra Sparrer<br />

Brüssel<br />

Michael Müller Verlag<br />

Erlangen 2008<br />

www.michael-mueller-verlag.de<br />

52<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Belgien:<br />

Wer kennt sie nicht, die Abenteuer von Tim und<br />

Struppi? Oder dem Westernheld Lucky Luke mit<br />

seinem treuen Begleiter Jolly Jumper? Auch die<br />

Schlümpfe stammen aus der Feder eines Belgiers.<br />

Ganz besonders die Hauptstadt Belgiens, nämlich<br />

Brüssel, war und ist Sitz zahlreicher Verlage, die sich<br />

der Comic-Kunst verschrieben haben. Kein anderes<br />

Land hat eine so große Menge an Comiczeichnern<br />

vorzuweisen wie Belgien: Über 650 Autoren<br />

bei zehn Millionen Einwohnern. Symbol dafür ist<br />

der „Comic Walk“. Eine ca. sechs km lange Route<br />

führt an insgesamt 32 großformatigen Malereien<br />

auf Hauswänden vorbei. Eine besondere Attraktion,<br />

nicht nur für Kinder. Zu diesen Wandmalereien<br />

gibt es einen interessanten Comicführer, der gratis<br />

im Touristenbüro in Brüssel erhältlich ist. Und wer<br />

dann noch nicht genug Comics gesehen hat, der<br />

kann natürlich auch dem legendären Comicmuseum<br />

einen Besuch abstatten. Hautnah kann der<br />

Besucher die verschiedenen Entwicklungsstufen<br />

der Comic-Kunst erleben: Von der Zeichnung bis<br />

zum Erstellen eines Trickfilms.<br />

Und wenn man schon einmal in Brüssel, der<br />

Hauptstadt Europas mit Sitz der EU-Institutionen<br />

ist, sollte man sich schon das Wahrzeichen der<br />

Stadt anschauen. Das Atomium ist 102 Meter<br />

hoch und entstand zur Weltausstellung im Jahr<br />

1958. Das Atomium stellt die 165-milliardenfache<br />

Vergrößerung eines Eisenkristallmoleküls dar und<br />

wurde damals als architektonisches Meisterwerk<br />

mit futuristischen Zügen gefeiert. Im Inneren des<br />

Atomiums erfährt man Wissenswertes zu Atomtechnik,<br />

Raumfahrt, Astronomie und Meteorologie.<br />

In der obersten Kugel befindet sich ein Restaurant,<br />

von dem aus man bei schönem Wetter<br />

einen herrlichen Blick über die Stadt hat. Zu Füssen<br />

des Atomiums befindet sich der Park Mini-Europe.<br />

Hier sind die schönsten Bauwerke Europas<br />

en miniature zu bewundern.<br />

Wer dem Großstadtrummel entfliehen möchte,<br />

der sollte in Richtung Nordseeküste fahren und<br />

auf dem Weg dorthin die flandrische Stadt Gent<br />

besuchen. Gent – eine Stadt wie eine Ritterburg –<br />

wurde als Provinzhauptstadt Ostflanderns bereits<br />

im siebten Jahrhundert gegründet. Zum Schutz<br />

der Siedlung entstand eine mächtige, trutzige<br />

Ritterburg, die Gravensteen. Malerisch von einem<br />

Wassergraben umgeben, kann die Burg natürlich<br />

auch besichtigt werden. Wer Gent gesehen hat,<br />

sollte sich zum Vergleich auch Brügge anschauen.<br />

Brügge sehen und staunen könnte der Werbeslogan<br />

der kleinen aber feinen Stadt lauten. Stolz<br />

präsentiert sich die Königin der mittelalterlichen<br />

Städte. Einst war sie durch Handel und Wandel zu<br />

Reichtum gelangt und auch heute noch spürt der<br />

Besucher den ganz besonderen Charme dieser<br />

Stadt. Prächtige Patrizier- und Zunfthäuser bilden<br />

den eindrucksvollen Rahmen des Großen Marktes.<br />

Sehenswert ist in Brügge auch die Choco-Story.<br />

Hier erfährt der Besucher alles über die belgische<br />

Schokolade und darf natürlich auch probieren.<br />

Und was wäre ein Besuch Flanderns ohne die dritte<br />

im Bunde, die schöne Stadt an der Schelde: Antwerpen.<br />

Sie ist eine der größten Hafenstädte der<br />

Welt. Eindrucksvoll dokumentieren dies die rund<br />

90 000 Ausstellungsstücke im Nationalen Schifffahrtsmuseum:<br />

vom Uniformknopf bis zum kompletten<br />

Schiff ist alles vorhanden.<br />

Auch ein Abstecher an die belgische Küste lohnt<br />

sich. Die Seebäder Oostende, Zeebrugge und<br />

Knokke-Heist laden zum Baden und Promenieren<br />

ein. Hier kann der Besucher Meeresluft schnuppern,<br />

edle Jachten im Hafen bewundern und frischen<br />

Fisch genießen.<br />

Das kleine Belgien hat also viel zu bieten und ist zu<br />

jeder Jahreszeit eine Reise wert.<br />

Text: Henriette Brückmann<br />

Fotos: Belgien Tourismus Köln<br />

Weitere Infos:<br />

Belgien Tourismus<br />

Brüssel-Wallonien-Ardennen<br />

Cäcilienstraße 46<br />

50667 Köln<br />

tel 02 21-27 75 90<br />

www.belgien-tourismus.de<br />

www.flandern.com


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Grachten in Gent<br />

Comic-Wand ‚Quick & Flupke‘<br />

unterwegs<br />

Allgemeine Infos:<br />

Infopunkt Barrierefreies Reisen<br />

Grasmarkt 61<br />

1000 Brüssel<br />

www.toegankelijkreizen.be<br />

eMail: post-at-accessinfo.be<br />

tel: +32(0)70 23 30 50<br />

Fax: +32(0)70 23 30 51<br />

Beim Infopunkt Barrierefreies Reisen<br />

handelt es sich um einen Dienst von<br />

Toerisme Vlaanderen, der aus einer<br />

Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />

Organisationen und Diensten von<br />

und für Menschen mit einer Behinderung<br />

entstanden ist. Aufgabe des<br />

Infopunktes ist es, die fehlenden Informationen<br />

zum Thema Reisen mit<br />

einer Behinderung bereitzustellen.<br />

Im Internet einsehbar ist auch eine<br />

Broschüre mit barrierefreien Unterkünften.<br />

(Infos auch in Deutsch)<br />

vzw Toegankelijkheidsbureau<br />

Koorstraat 1<br />

3510 Hasselt-Kermt<br />

www.toevla.be<br />

eMail: info@toegankelijkheidsbureau.be<br />

tel: +32(0)11 87 41 38<br />

Fax: +32(0)11 87 41 39<br />

Niederländische und flämische Beratungsstellen<br />

haben eine Datenbank<br />

angelegt. Hier gibt es Informationen<br />

über die Zugänglichkeit von öffentlichen<br />

Gebäuden, Hotels, Museen,<br />

Kulturzentren, Sportanlagen etc.,<br />

aber auch über Rad-und Wanderwege<br />

und touristische Einrichtungen<br />

aller Art. (Infos auch in Deutsch)


unterwegs<br />

54<br />

Familien-<br />

Sportferien:<br />

N ach gut vier Stunden Flug von<br />

Köln, erreichten wir Teneriffa Süd.<br />

Ein Blick aus dem Kabinenfenster<br />

zeigte bereits, dass das Bodenpersonal<br />

lässig im T-Shirt seine Arbeit<br />

verrichtete. In Deutschland waren<br />

wir bei eisigen Minusgraden gestar-<br />

Problemlose Anreise im Flugzeug.<br />

tet. Es ist schon ein paar Jahre her,<br />

dass ich das<br />

letzte Mal auf<br />

einer längeren<br />

Flugreise<br />

war – Enge<br />

und Toilettenverzicht<br />

vergällten mir<br />

den Traum<br />

vom Fliegen.<br />

Zuhause<br />

hatte ich mir<br />

meinen Reise-<br />

Rolli (ProActiv<br />

Traveller) mittels<br />

geteiltem<br />

Sitzkissen<br />

Blick auf die Anlage.<br />

und Klettgurt<br />

soweit präpariert, dass er durch den schmalen Gang<br />

der Maschine passen sollte. Abklappbare Rückenlehne<br />

und abnehmbare Vorder- und Hinterräder ließen<br />

den Rolli auf Handgepäckformat schrumpfen und die<br />

Besatzung hatte nur anerkennende Worte für mich<br />

übrig, als ich lässig durch den engen Gang zu meinem<br />

Platz rollte, und auch nichts dagegen, dass die Einzelteile<br />

des flott zerlegten Rollis hinter den Klappen des<br />

Handgepäcks verschwanden.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

DRS RolliKids auf<br />

Für viele Menschen, die barrierefreien Urlaub unter südlicher<br />

Sonne genießen wollen, ist das Kurhotel Mar y Sol schon<br />

länger eine gute Adresse. Nun wird das umfangreiche Freizeitangebot<br />

der Ferienanlage im Süden Teneriffas noch<br />

attraktiver – noch im Frühjahr des Jahres <strong>2011</strong> soll die neue<br />

Turn- und Sporthalle fertiggestellt werden. Anlässlich dieser<br />

neuen Möglichkeiten besuchten die DRS- (Deutscher Rollstuhl-Sportverband)<br />

RolliKids-Übungsleiter Sophie Minelli<br />

und Klaus D. Herzog Ende Januar das Mar y Sol.<br />

So begann unsere Reise nach Teneriffa schon mal ganz<br />

gut. Von der Hotelanlage Mar y Sol hatte ich die letzten<br />

Jahren immer wieder gehört oder gelesen – ich stand<br />

sogar schon einmal davor, aber da war damals noch<br />

überall Baustelle. In den vergangenen 20 Jahren wurde<br />

immer weiter gebaut, erneuert, verbessert und renoviert<br />

und nun soll endlich die lange ersehnte Turn- und<br />

Sporthalle das reichhaltige Freizeitangebot abrunden<br />

und komplettieren.<br />

Das Mar y Sol bietet seinen Gästen sonnige barrierefreie<br />

Zimmer unterschiedlicher Größe. Die Anlage ist mit viel<br />

Stil liebevoll gestaltet, großzügig und dennoch familiär.<br />

Es gibt zwei Pools, einer davon immer auf 32 Grad geheizt,<br />

ein eigenes Therapie-Zentrum für Kur, Wellness<br />

und Fitness. Dazu kommen täglich viele Angebote,<br />

wie Wasser- und Rollstuhl-Gymnastik, Sprachkurse und<br />

Animation. Zudem werden unterschiedliche Freizeitaktivitäten<br />

und Ausflüge vermittelt, bis hin zu Tauchen<br />

und PowerGolf für Rollstuhlfahrer. Ein Sanitätshaus in<br />

der Anlage mit eigener Werkstatt ergänzt die Bedürfnisse<br />

der Urlauber. Es können Scooter, Rollis oder ein<br />

MiniTrac ausgeliehen und repariert werden. Zudem<br />

bietet es qualifizierte Hilfen und ambulante Pflege – da<br />

bleibt kaum ein Wunsch offen. Die Gäste kommen aus<br />

ganz Europa und sind äußerst unterschiedlich. Ob Einzelreisende,<br />

Kurzzeiturlauber oder Überwinterer, viele<br />

davon Stammgäste, die schon seit vielen Jahren kommen.<br />

Durch die neue Turn- und Sporthalle bieten sich nunmehr<br />

viele weitere Möglichkeiten der aktiven Freizeitgestaltung<br />

für jedermann, egal ob Leistungs- oder<br />

Breitensportler, oder für Leute, die erst lernen wieder<br />

sportlich aktiv zu sein, wie z.B. Familien mit behinder-


Teneriffa<br />

* 14 Cent/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkhöchstpreis 42 Cent/Min. Im Sinne des Fortschritts: Irrtum und technische Änderungen vorbehalten.<br />

ten Kindern. Die Halle fügt sich harmonisch in das<br />

gesamte Haus ein und wird zu einer großen Bereicherung<br />

für alle werden.<br />

Herr Fischer, der Initiator von Mar y Sol und Frau<br />

Kraus, die Hotel-Managerin, kamen auf uns, die<br />

www.rollikids.de zu, um gemeinsam mit uns die<br />

Möglichkeiten für barrierefreie Familien-Sportferien<br />

zu diskutieren, konzeptionieren und für die Zukunft<br />

zu erarbeiten. Für <strong>2011</strong> ist zunächst für Ende<br />

Juli geplant, dass Übungsleiter des DRS vor Ort<br />

sein werden, um eine interessante, abwechslungsreiche<br />

und tolle Woche zu gestalten. Angefangen<br />

von Spiel, Sport und Bewegungs-Angeboten für<br />

die ganze Familie, über Mobilitätsschulung und<br />

Schwimmunterricht für betroffene Kinder bis hin<br />

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www.reha.com · Hotline: 01805 566 399*<br />

zu Tipps zur Rollstuhlversorgung, zu Freizeitaktivitäten,<br />

Hilfen im Alltag und rückenschonendem<br />

Helfen u.v.a.m.. Zudem bieten wir eine Kinderbetreuung<br />

an, damit die Eltern bzw. Begleitpersonen<br />

die besonderen Möglichkeiten der Insel bei Bedarf<br />

auf eigene Faust erkunden können.<br />

Uns wurde versichert, dass Teneriffa das ganze<br />

Jahr über sehr gut zu bereisen ist – die Kanaren<br />

werden nicht umsonst „die Inseln der Glücklichen“<br />

oder „die Inseln des ewigen Frühlings“ genannt.<br />

Wie wär‘s – Meer und Sonne, Aktivität und Entspannung,<br />

Bade- und/oder Wanderurlaub, mit<br />

und ohne Rolli für die ganze Familie?<br />

Text & Fotos:<br />

klausd.herzog@gmx.de<br />

Weitere Infos:<br />

www.marysol.org<br />

www.rollikids.de<br />

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damit wir gemeinsam für Sie die optimale Lösung für Ihre<br />

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Thailand:<br />

Ritt auf dem Elefanten.<br />

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Glück in der<br />

Die Geschichte, die Guido Prinz erzählt, beginnt mit einem<br />

schweren Unfall und endet mit einem neuen Leben auf Koh Samui.<br />

Seit zwei Jahren lebt er jetzt dauerhaft<br />

in Thailand. Hier hat er wieder gelernt zu<br />

laufen und sein Leben zu genießen. Inzwischen<br />

berät er Menschen mit Behinderung über die Urlaubs- und<br />

Lebensmöglichkeiten „seiner“ Insel.<br />

Schwimmen mit Assistenz.<br />

Die Vorgeschichte fasst man wohl<br />

am besten knapp und emotionslos zusammen:<br />

Guido Prinz hatte einen schweren Autounfall.<br />

So schwer, dass er drei Monate auf der Intensivstation<br />

verbrachte und seine Frau überzeugt<br />

war, dass er nicht überleben würde. Er überlebte,<br />

verbrachte zwei Jahre in Kliniken, wo er<br />

„unzählige Male“ operiert wurde. Nach der Reha<br />

saß er im Rollstuhl und musste sich plötzlich alleine<br />

zurechtfinden: Die Beziehung zu Frau und<br />

Kindern war abgebrochen. Die folgenden Jahre<br />

waren vermutlich eine harte Probe für den<br />

Überlebenswillen des Mannes. Immerhin lernte<br />

er, wieder ein paar Schritte zu gehen. Aber er<br />

saß vor allem in der Wohnung, war deprimiert<br />

und hatte kaum Kontakte zur Außenwelt.<br />

In dieser Situation beschloss Prinz, eine Reise<br />

nach Thailand zu unternehmen. Die Erfahrung


Sonne<br />

war so positiv, dass er nach einigen weiteren Reisen die Entscheidung traf, ganz<br />

nach Koh Samui zu ziehen. In Thailand, vor allem auf Koh Samui im Golf von Siam,<br />

ist das Klima das ganze Jahr hindurch angenehm warm – für Prinz eine wichtige<br />

Quelle von Wohlbefinden: „Durch die Sonne produziert der Körper Endorphine,<br />

also Glückshormone, und das Klima macht nicht nur eine positive Stimmung,<br />

sondern es lindert beispielsweise Hautkrankheiten, Rheuma und chronische<br />

Schmerzen.“<br />

Urlaubsberatung<br />

Am 7 km langen Sandstrand<br />

von Chaweng werden auch<br />

Massagen angeboten.<br />

„Ich bin kein Reisebüro, ich habe überhaupt keine Firma“, erklärt Prinz. Sein Angebot<br />

ist völlig privat – und kostenlos. „Mein Anliegen ist es, anderen Menschen<br />

mit Behinderungen Mut zu machen, einmal aus ihrem Alltag herauszutreten<br />

und etwas von der Welt zu sehen.“ Er weiß, dass eine Behinderung das Reisen<br />

erschwert. Gleichzeitig hat er aber erlebt, dass trotzdem wunderschöne, erlebnisreiche<br />

und ungetrübte Urlaubsreisen nach Thailand für Rollstuhlfahrer möglich<br />

sind. Er berät, beantwortet Fragen und kann von der Ankunft am Flughafen<br />

für Menschen da sein, die seinen Traum vom Leben im Land des Lächelns eine<br />

Zeitlang teilen wollen.<br />

Auch wenn sich Prinz’ Gesundheitszustand mit jedem Thailandurlaub gebessert<br />

hat, ist er natürlich immer noch gehbehindert. Das war zumindest am Anfang<br />

auch der Anlass, sich nach barrierefreien Einrichtungen umzuschauen. Er ist<br />

also viel auf der Insel herumgefahren und hat sich Hotels und Anlagen in unterschiedlichsten<br />

Preiskategorien angeschaut. Diese hat er nach selbst erstellten<br />

Kriterien auf Barrierefreiheit überprüft. Dabei ging es ihm beispielsweise um die<br />

Zugänge zu allen Hoteleinrichtungen, zum Pool, zum Strand und so weiter. Sein<br />

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unterwegs<br />

58<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Bericht über die Hilfsbereitschaft der<br />

Thailänder deckt sich mit vielen Erfahrungen,<br />

die berichtet werden: „In<br />

vielen Hotels wurden mir beispielsweise<br />

Rampen angeboten, wenn<br />

kein rollstuhltauglicher Zugang vorhanden<br />

war.“ Guido Prinz hat schon<br />

einigen Gästen seine Insel gezeigt.<br />

„Manche wollten einfach nur Tipps<br />

von mir, andere brauchten Hilfe zur<br />

Bewältigung des Alltages und wieder<br />

andere einen Führer und Organisator<br />

zur Erkundung der Insel“.<br />

Die Kosten<br />

Guido Prinz zählt die Kostenblöcke zusammen, die einem<br />

Individualreisenden entstehen: Der Flugpreis nach Thailand<br />

liegt zwischen 600 und 1 000 €, wobei es saisonbedingt<br />

immer wieder günstigere Angebote gibt. Die Kosten<br />

der Unterbringung auf Koh Samui beginnen bei etwa 20<br />

€/Tag. Nach oben sind die Hotelpreise natürlich offen,<br />

auch hier gibt es saisonabhängige Unterschiede.<br />

Und welche Kosten entstehen, wenn auf Grund einer<br />

Behinderung eine pflegerische Betreuung nötig ist? Bekanntlich<br />

zieht es viele alte, pflegebedürftige oder demente<br />

Menschen wegen der günstigen Preise für Pflegekräfte<br />

nach Thailand. Eine Betreuung kostet pro Arbeitstag<br />

rund 25 €, für einen ganzen Monat ist der Preis mit 360 bis<br />

400 € nochmals günstiger. Massagen oder Bewegungstherapien<br />

haben einen Stundenpreis von rund 6 €. Es wird<br />

immer wieder berichtet, dass die Thailänder sehr zuvorkommend,<br />

hilfsbereit und voller Anteilnahme sind. Mit<br />

Behinderungen gehen sie angeblich angenehm unvoreingenommen<br />

um. „Aufgrund meiner Beziehungen hier ist es<br />

mir möglich, nahezu jede Art der gewünschten oder notwendigen<br />

Betreuung und Versorgung zu organisieren“,<br />

erklärt Guido Prinz. Falls eine medizinische Versorgung<br />

durch eine ausgebildete Krankenschwester erforderlich<br />

ist, sind die Kosten dafür natürlich abhängig vom täglichen<br />

Zeitaufwand und der notwendigen Pflegeleistung.<br />

Aber der Wahl-Thailänder bietet gerne an, solche Kosten<br />

individuell im Vorfeld abzuklären. Wichtig ist ihm auch<br />

der Hinweis, dass medizinisches Personal in Thailand eine<br />

sehr gute Ausbildung erhält.<br />

Was Guido Prinz in Thailand so gut gefällt? „Hier gibt es<br />

Menschen, mit denen man sich jederzeit nett unterhalten<br />

kann. Sie nehmen das Leben etwas leichter und damit<br />

empfindet man selbst das Leben etwas sorgenfreier.“<br />

Das liegt sicher auch an dem angenehmen warmen Klima<br />

– man kann das ganze Jahr im Freien sitzen und an den<br />

Strand gehen. Das hat auch ganz praktische Vorteile. Für<br />

Guido Prinz mit seinen Bewegungseinschränkungen ist<br />

es sehr angenehm, dass er mit wenigen Kleidungsstücken<br />

auskommt und zum Beispiel nicht gezwungen ist, langwierig<br />

und umständlich Strümpfe und feste Schuhe anzuziehen.<br />

Ein weiteres Plus in Thailand ist für ihn die gute Küche<br />

(„eine der besten der Welt!“) und das große Angebot<br />

an frischem Obst auf den Märkten. Selbst das Einkaufen ist<br />

einfacher: Viele Geschäfte sind täglich 24 Stunden geöffnet.<br />

„Dies und mehr gibt mir eine entschieden bessere Lebensqualität<br />

a ls in Deutschland“, fasst er zusammen. Er<br />

hat seinen Lebensmittelpunkt gefunden, er ist nicht mehr<br />

der traurige Mensch, der er kurz nach der Entlassung aus<br />

dem Krankenhaus war. Dazu passt sein Motto: „Beginne jeden<br />

Tag so, als wäre es Absicht!“<br />

Text: Ruth Auschra<br />

Fotos: Guido Prinz<br />

Anbieter von Rollstuhlreisen<br />

nach Thailand:<br />

www.rollontravel.de<br />

www.runa-reisen.de<br />

Barrierefreie Ferienwohnungen:<br />

www.behinderten.eu<br />

Unterstützung<br />

beim Einkaufen.<br />

Weitere Infos:<br />

– www.weg-mit-handicap.de<br />

Die Internetseite von Guido Prinz.<br />

– www.dhv-thailand.de<br />

Der Deutsche Hilfsverein Thailand informiert z.B.<br />

über das Leben als Rentner dort.<br />

– www.samui-paradise.com<br />

Barbara Griesch lebt als Krankengymnastin und<br />

Heilpraktikerin auf Koh Samui.<br />

Auch sie hilft gerne weiter, macht beispielsweise auch<br />

Hausbesuche für mobilitätseingeschränkte Patienten.


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Dauerkatheter Blasenvergrößerung mittels Darm erhalten, möchte sich mit<br />

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bitte als eMail an peter.mand@t-online.de, nur wenn nicht anders möglich als<br />

(lesbares!) Fax an 0 21 51-62 17 004. Abdruck vorbehalten, ohne Gewähr.<br />

Beim Verkauf von Hilfsmitteln muss der Verkäufer auch der Eigentümer sein.<br />

Sponsoren gesucht<br />

Mit dem Tennisspielen war es nach dem Unfall 2005 für die heute<br />

24 Jahre alte Bianca Osterer erst einmal vorüber. Seitdem litt sie<br />

an Morbus Sudeck, einer schweren Schmerzerkrankung. Seit einer<br />

OP 2006 kann sie auch nicht mehr laufen. Die Liebe zum Tennisspielen<br />

war allerdings immer noch da. Nach nur einem halben Jahr<br />

Rollstuhltennis wurde sie in den Nationalkader gerufen. Doch ohne<br />

entsprechenden Führerschein und ein umgebautes Auto kann sie<br />

keine internationalen Turniere spielen, Voraussetzung für die Teilnahme<br />

an Olympia 2012 und der WM in Südafrika <strong>2011</strong>. Fahrstunden<br />

mit einem behindertengerechten Fahrschulfahrzeug und der<br />

Fahreignungsprobe beim TÜV wurden bereits von Sodermanns<br />

Automobile und Fahrschule Hoffmann gesponsert. Für die Finanzierung<br />

ihres Autos samt Umbau fehlen aber noch Sponsoren. Als<br />

Rentnerin hat sie keinen Anspruch auf staatliche Hilfe.<br />

PARAPLEGIKER 1/1159<br />

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doch ist Wohnen ohne Barrieren<br />

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Wohnungen durch Umbau, Renovierung<br />

oder Ausstattung so verändert<br />

werden, dass sie allen Bewohnern – ob<br />

behindert oder nicht – für einen immer<br />

länger werdenden Zeitraum ein lebens-<br />

und erstrebenswertes Umfeld bieten.<br />

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Hilfen für<br />

einen unbeschwerteren<br />

Alltag.<br />

Mit barrierefreiem Wohnen haben sich mittlerweile<br />

zahlreiche Institutionen und Organisationen<br />

auseinandergesetzt. Grundlegende Informationen<br />

hierüber gibt es unter anderem auch bei den Architekten<br />

der Arbeitsgemeinschaft „Bauen & Umwelt“<br />

Fallstricke<br />

erkennen<br />

Komfortabler<br />

Treppenlift mit Platz<br />

sparender Technik.<br />

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Ihr Ansprechpartner in NRW für behindertengerechte Fahrzeugumbauten<br />

Für Selbstfahrer, Beifahrer und Familien mit behinderten Kindern<br />

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unterschiedlicher<br />

Steigung<br />

und Belag.<br />

der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V., Dirk Michalski und Frank Opper<br />

(Adressen siehe vorletzte Heftseite). Ein langjähriger<br />

engagierter Streiter für das barrierefreie und lebensgerechte<br />

Planen und Bauen ist auch Joachim F. Giess-<br />

Kompetenzzentrum<br />

in NRW auf über<br />

7.000 qm<br />

Auf dem Taubenkamp 12<br />

41849 Wassenberg<br />

Telefon: 0 24 32 - 933 890<br />

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info@autohaus-sodermanns.de<br />

LIZENZPARTNER NRW


ler, der bereits vor acht Jahren in Bad Tölz das Institut<br />

Wohnen im Alter e.V. (IWiA) ins Leben gerufen hat.<br />

Das Institut hat seinen Sitz heute in Murnau in Oberbayern<br />

und versteht sich als interdisziplinärer Zusammenschluss<br />

von Medizinern, Architekten, Innenarchitekten,<br />

Industriedesignern, Möbelkon-strukteuren,<br />

Handwerkern und Fachkräften aus der Pflege. Ihr Ziel<br />

ist, generell gesagt, die Entwicklung von „lebensgerechten<br />

Lebensformen“. Giessler: „Unsere Lebenserwartung<br />

steigt. Wir werden uns für immer längere<br />

Lebensabschnitte in unseren Wohnungen aufhalten<br />

und neue Bedürfnisse werden entstehen. Es ist abzusehen,<br />

dass Pflege stärker im häuslichen Bereich<br />

stattfinden wird. Forderungen an die Beschaffenheit,<br />

Qualität und Einrichtung unserer eigenen, angestammten<br />

Wohnungen werden damit gestellt. Es<br />

gilt, unsere Wohnungen diesen Bedürfnissen in den<br />

kommenden Jahren durch Umbau, Renovierung und<br />

Ausstattung anzupassen und die Bauherren dazu<br />

anzuregen, neue Wohnungen heute schon für morgen<br />

barrierefrei und lebensgerecht zu planen und zu<br />

bauen. Es gilt auch, dabei nicht nur an das Bauen zu<br />

denken, sondern auch die Neuentwicklung von Einrichtung<br />

und technischen Hilfsmitteln voranzutreiben.<br />

Wir müssen erkennen, was Barrieren sind.“<br />

Wo überall in Wohnungen sich Fallstricke verstecken,<br />

und für welche Bewohner sie von Bedeutung sein<br />

können, hat Joachim F. Giessler systematisch untersucht<br />

und aufgelistet. Mit relativ einfachen Mitteln<br />

hat er diese beispielhaft umgesetzt und zu einer Sonderschau<br />

„Barrierefreies Wohnen“ zusammengefasst,<br />

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Jetzt GRATIS-Beratungstermin bei Ihnen zu<br />

Hause vereinbaren und Prospekt anfordern:<br />

mit der das Institut Wohnen im Alter auf Tournee<br />

geht. Anfangs auf Fachmessen für das Bauhandwerk<br />

unterwegs, gastierte Joachim F. Giessler mit seiner<br />

Schau erstmals auf einer der großen regionalen Publikumsmessen<br />

im Südwesten des Landes, wo wir<br />

den Bau- und Planungsexperten aufgesucht haben.<br />

Im Rahmen der Offerta 2010 in Karlsruhe konnten<br />

die Besucher der Sonderschau „Barrierefreies Wohnen“<br />

Barrieren des täglichen Lebens erkennen und<br />

Anstöße erfahren, diese zukünftig im eigenen Umfeld<br />

bei Bau, Umbau und Einrichtung zu vermeiden<br />

und zu beseitigen. Dafür aufgebaut wurden unter<br />

anderem ein Rollstuhlparcours, ein Dunkelraum, eine<br />

schiefe Ebene, ein Sehbehinderten-Parcours sowie<br />

ein Sensorium, welche die Besucher eindrucksvoll<br />

miterleben ließen, mit welchen Schwierigkeiten die<br />

Verrichtungen ganz einfacher Dinge des Alltags im<br />

Falle einer Behinderung verbunden sein können. Mit<br />

im Boot waren in Karlsruhe verschiedene Firmen, die<br />

sich bereits intensiv mit dem Thema auseinandersetzen:<br />

Agrob, Kusch & Co alternativ, Brunner, Telekom,<br />

Humantechnik, Thomashilfen, Flexo, Thyssen und der<br />

Verband Wohneigentum Baden-Württemberg e.V.<br />

Institutsleiter Joachim F. Giessler betont: „Es ist dringend<br />

erforderlich, dem Besucher in Form von Vorträgen<br />

und individueller Beratung klarzumachen, dass<br />

das Thema Barrierefreiheit ganzheitlich zu betrachten<br />

und umzusetzen ist. Die Hemmschwelle zum Thema<br />

ist abzubauen, indem man dem Besucher erklärt, dass<br />

Barrierefreiheit nicht nur etwas mit Alter, Rollstuhl,<br />

Krankheit und Behinderung zu tun hat. Vielmehr ist<br />

Zuhause gewählt. Zuhause geplant. Zuhause gekocht.<br />

markt<br />

„Unsere Lebenserwartung<br />

steigt.<br />

Wir werden uns<br />

für immer längere<br />

Lebensabschnitte<br />

in unseren Wohnungenaufhalten<br />

und neue Bedürfnisse<br />

werden<br />

entstehen…“<br />

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Behinderung selbst<br />

erfahren auf dem<br />

Rollstuhlparcours.<br />

PARAPLEGIKER 1/11<br />

Sonderschau<br />

„Barrierefreies Wohnen“<br />

von Joachim F. Giessler<br />

auf der Offerta 2010<br />

in Karlsruhe.<br />

Barrierefreiheit für die ganze Familie, speziell unter<br />

dem Aspekt der Sicherheit, sehr wichtig. Barrierefreiheit<br />

und Sicherheit braucht nicht nur der ältere<br />

Mensch, sondern auch das Kind, die Mutter, die ganze<br />

Familie.“ Besonderes Augenmerk legt das Institut<br />

für Wohnen im Alter e.V. auf das vorausschauende<br />

Planen und Bauen, und zwar sowohl beim Neubau<br />

als auch bei der Sanierung und Renovierung von Bestandswohnungen.<br />

Neben den Ausstellungen mit wechselnden<br />

Standorten verfolgt das Institut seine Ziele durch<br />

Seminare und Fortbildungsveranstaltungen, Lehrtätigkeit<br />

und in der Lehrerfortbildung, Veröffentlichungen<br />

in Form von Fachschriften und Büchern,<br />

das Sammeln und Auswerten greifbarer internationaler<br />

Informationen, das Ausarbeiten von Aufgabenstellungen,<br />

Analysen und Forschung auf<br />

dem Gebiet des Wohnens und des Wohnumfeldes<br />

sowie die Beratung von Industrie und Handel bei<br />

der Entwicklung von neuen Produkten im Wohn-<br />

umfeld. Das Leistungsangebot wird komplettiert<br />

durch Standortanalysen für Immobilienprojekte<br />

und Stadtgestaltung, interdisziplinäre Studien über<br />

„Pflege im häuslichen Bereich“ und das Projekt<br />

„Kurorte und Tourismus für jedes Alter“.<br />

„Der Erholung-Suchende und der kurende Gast der<br />

Zukunft wird barrierefreie, komfortable und attraktive<br />

Orte bevorzugen. Wir fragen: Was sollte ein Ferien-<br />

oder Kurort bedenken und wie sollten seine Hotels,<br />

Pensionen, Gaststätten, Ferienwohnungen und<br />

die allgemeinen Bereiche gestaltet sein. Ein weiterer<br />

Aspekt befasst sich mit dem Thema „Elektrische Installationen<br />

– Elektronik für ältere Menschen“ und<br />

geht der Frage nach: Wie muss die elektrische Instal-<br />

lation im Wohnbereich und im Wohnumfeld aussehen,<br />

um Barrierefreiheit, Sicherheit und Komfort für<br />

eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen.<br />

Welche Hilfsmittel gibt es und was muss noch entwickelt<br />

werden?“ Projekte, Betriebe oder Produkte, die<br />

dazu beitragen, bestehende Barrieren im täglichen<br />

Leben abzubauen, können auf Antrag vom Institut<br />

Wohnen im Alter e.V. mit dem Emblem „Leben ohne<br />

Barrieren“ zertifiziert werden. Die Zertifizierung ist<br />

gebunden an die Teilnahme an einem ganzheitlichen<br />

Seminar sowie einem fachspezifischen Seminar<br />

des IWiA. Die Zertifizierung ist zeitlich nicht<br />

beschränkt und soll der Öffentlichkeitsarbeit und<br />

Qualitätsbeurteilung im Themenbereich „Wohnen<br />

im Alter“ dienen.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.institut-wohnen-im-alter.de<br />

Text: Raimund Artinger<br />

Fotos: Marie Artinger


Der Wert der Hausarbeit im<br />

Schadensersatzrecht<br />

Bereits im Jahr 2001 hat der Bundesgerichtshof<br />

im Familienrecht festgelegt, dass die Arbeit im<br />

eigenen Haushalt, wenn auch nicht vergütet,<br />

einen geldwerten Vorteil darstellt.<br />

Im Falle einer Scheidung wird seither der Wert der Hausarbeit<br />

dem Familienvermögen zugerechnet, sollte der Partner, der<br />

bislang den Haushalt geführt hat, nach der Trennung wieder<br />

arbeiten gehen, so schmälert das dann den Unterhalt nicht<br />

in dem selben Maße wie vor diesem Urteil (BGH, Urteil vom<br />

13.6.2001 - XII ZR 343/99). Hausarbeit hat also – höchstrichterlich<br />

festgestellt - einen Wert, welcher in Geld messbar ist.<br />

Dies gilt selbstverständlich ebenso im Schadensersatzrecht<br />

– auch wenn die Position gern von den Versicherern vergessen<br />

oder bestritten wird, da anders als beim Erwerbschaden<br />

keine Lohnabrechungen und Krankmeldungen vorliegen<br />

und sich der Betroffene oft durch den kostenlosen Einsatz<br />

von Freunden und Familienmitgliedern behilft. Aber wie<br />

auch bei anderen Schadenspositionen mindern die freiwillig<br />

oder im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht erbrachten Leistungen<br />

und Hilfestellungen Dritter nicht den Schadensersatzanspruch<br />

gegen den Schädiger oder die dahinter stehende<br />

Versicherung.<br />

Rein dogmatisch muss der Haushaltsschaden in den Haushaltsführungsschaden<br />

(Erwerbsschaden) nach § 843 Absatz<br />

1 1. Alternative BGB – das ist, was Hausfrau oder Hausmann<br />

für den Rest der Mitbewohner tun – und die vermehrten<br />

Bedürfnisse nach § 843 Absatz 1 2. Alternative BGB – das ist,<br />

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auf das Angebot<br />

was Hausfrau oder Hausmann für sich selbst tun – aufgeteilt<br />

werden. Dies ist dann von Belang, wenn die persönliche Assistenz<br />

im Rahmen einer Vollpflegebedürftigkeit auch für<br />

den Geschädigten kocht, putzt und einkauft – immer dann<br />

kommt es zu Überschneidungen im Bereich der vermehrten<br />

Bedürfnisse.<br />

Richterliche Schätzungen<br />

Doch wie wird dieser Wert in EURO und Cent berechnet?<br />

Laut Gesetzbuch sind die auf § 843 Absatz 1 BGB gestützten<br />

Schadensersatzansprüche gemäß § 287 ZPO i. V. m. § 252<br />

BGB (richterlich) zu schätzen.<br />

Zwar ist das kein Hexenwerk, jedoch sind durchaus mehrere<br />

Schritte notwendig, denen allen ein gewisses Streit- und<br />

Verhandlungspotential innewohnt, bevor ein Vergleich geschlossen<br />

oder ein Urteil gefunden werden kann.<br />

Zunächst ist zu ermitteln, wie viele Stunden der Geschädigte<br />

vor dem Unfall in den Haushalt gesteckt hat. Hierzu empfiehlt<br />

sich – neben dem Erstellen einer entsprechenden Liste<br />

– der Blick in die Tabellen von Schulz-Borck und Hoffmann in<br />

einer neueren Auflage. Aus diesem Werk, das ständig aktualisiert<br />

wird, lässt sich entnehmen, wie hoch der Aufwand in<br />

einzelnen Haushalten in Deutschland pro Woche im Durchschnitt<br />

ist.<br />

Die Zahlen sind durchaus erstaunlich hoch, da die Autoren<br />

tatsächlich jedes noch so kleine Detail der Haushaltsführung<br />

in umfangreichen Umfragen ermittelt haben. So bedarf ein<br />

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<strong>Paraplegiker</strong> 02/11


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Haushalt mit fünf Kindern insgesamt ca. 70 Wochenstunden<br />

um am Laufen gehalten zu werden. Überraschend ist aber<br />

auch, dass Singlehaushalte bereits ca. 20 Wochenstunden<br />

Zeit verschlingen.<br />

Die Autoren unterscheiden dann noch – über die Zahl der<br />

im Haushalt lebenden Personen hinaus – zwischen verschiedenen<br />

Haushaltsqualitäten. Klar ist, dass ein wohlhabender<br />

Haushalt mehr Stunden zur Aufrechterhaltung benötigt,<br />

denn Swimmingpoolpflege und Putzen des Silberbestecks<br />

fallen nicht in jedem Haushalt an (Der Geldspeicher will<br />

ebenso sauber gehalten werden…; Anm.d.Red.) Auch viele<br />

Haustiere stellen eine deutliche Mehrbelastung dar, ebenso<br />

ein Garten – das kann durchaus auch ein Schrebergarten<br />

sein.<br />

Höhe des Stundenlohns<br />

Hat man einen ersten Anhaltspunkt, so empfiehlt sich im<br />

zweiten Schritt eine individuelle Liste mit Zeitschätzung darüber<br />

zu erstellen, wie oft man im betroffenen Haushalt wöchentlich<br />

putzt, einkauft, Dinge repariert, Behördengänge<br />

tätigt und was der Dinge mehr sind. Weicht die persönliche<br />

Liste erheblich von den in Schulz-Borck geschätzten Zeiten<br />

ab, so empfiehlt es sich Gedanken darüber zu machen, wie<br />

sich diese Abweichung erklären lässt. Ist die individuelle Zahl<br />

zu niedrig, so sind möglicherweise einige Tätigkeiten vergessen<br />

oder falsch eingeschätzt worden, ist die Zahl zu hoch,<br />

muss sich Gedanken darüber gemacht werden, wie die Abweichung<br />

von der Norm für ein Gericht nachvollziehbar zu<br />

begründen ist.<br />

Dann ist zu überlegen, ob die Aufgaben vor dem Unfall von<br />

der geschädigten Person oder vom Partner oder den erwachsenen,<br />

noch zu Hause lebenden Kindern übernommen<br />

wurden. Nur die Stunden, die der Geschädigte übernommen<br />

hat, sind relevant.<br />

Danach sollte überlegt werden, welche Tätigkeiten trotz Behinderung<br />

noch selbst ausgeführt werden können – auch<br />

wenn hierfür mehr Zeit verbraucht wird als bisher. Wichtig<br />

in diesem Zusammenhang ist, dass selbst bei einer Erwerbsminderung<br />

von 100 % gewisse Dinge im Haushalt noch<br />

erledigt werden können, so beispielsweise die Hausaufga-<br />

benüberwachung der Kinder oder das Anfertigen von Steuererklärungen<br />

– also primär die Kopfarbeit.<br />

Erst dann lassen sich die ausgefallenen Stunden mit einiger<br />

Sicherheit bemessen und gerichtsfest vortragen.<br />

Im letzten Schritt stellt sich dann die Frage, wie die einzelne<br />

Stunde in EURO zu bemessen ist. Viele Gerichte geben hier<br />

pauschal zwischen 8 und 10 € netto – bei Festanstellung einer<br />

Haushaltshilfe erhöht um die Sozialabgaben (ca. 25 %),<br />

Ausreißer nach oben und unten sind nicht ausgeschlossen.<br />

Es empfiehlt sich daher mit dem Bundesangestelltentarifvertrag<br />

(kurz BAT) zu argumentieren und die entsprechende Vergütung<br />

eines mittleren Angestellten im öffentlichen Dienst<br />

anzuwenden. Ähnlich wie bei der Stundenzahl kommt es<br />

dann bei der Lohnhöhe darauf an wie einfach oder kompliziert<br />

ein Haushalt zu führen ist (Fastfood oder frisches Gemüse?<br />

Garten oder Balkon?). Je aufwändiger die Tätigkeit desto<br />

besser auch die „Besoldung“.<br />

Am Schluss noch ein Hinweis: Anders als beim Erwerbsschaden<br />

endet der Haushaltsführungsschaden und Haushaltsschaden<br />

nicht mit Erreichen des Rentenalters.<br />

Anmerkung zum Autor: Der Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />

für Verkehrsrecht Oliver Negele, Mitarbeiter der AG-Recht<br />

der FGQ, bearbeitet derzeit ca. 30 Fälle aus dem Bereich<br />

Großpersonenschaden im Jahr.<br />

Kontakt:<br />

Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

Oliver Negele<br />

Bgm.-Fischer-Str. 12<br />

86150 Augsburg<br />

tel 08 21-32 79 88-10, Fax -20<br />

eMail: kontakt@arge-recht.de


Arbeitsgemeinschaften (AG)<br />

Ambulante Dienste<br />

Milan Kadlec<br />

Bornberg 94<br />

42109 Wuppertal<br />

tel 02 02-45-02 71; Fax -39 42<br />

eMail: info@isb-ggmbh.de<br />

Bauen & Umwelt<br />

Dipl. Ing. Dirk Michalski<br />

Im Hohnsiefen 1<br />

53819 Neunkirchen-Seelscheid<br />

tel 0 22 47-60 70<br />

eMail: DirkMichalski@t-online.de<br />

Internet: www.DirkMichalski.de<br />

Frank Opper, Architekt<br />

Auf der Wiese 20 • 41564 Kaarst<br />

tel 0 21 31-51 17 09<br />

eMail: frank@opper-architekten.de<br />

FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />

Herbert Müller<br />

Freiherr-vom-Stein-Straße 47<br />

56566 Neuwied-Engers<br />

tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36<br />

eMail: h.mueller@engers.de<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Peter Mand<br />

Felbelstraße 15 • 47799 Krefeld<br />

tel 0 21 51-62 17 000<br />

eMail: peter.mand@t-online.de<br />

Recht / Schadensersatzrecht<br />

Gottfried Weller<br />

Oliver Negele<br />

Dr. Loeffelladstr. 127 • 86609 Donauwörth<br />

tel 09 06-83 34; Fax 99 99 715<br />

eMail: gottfriedweller@arcor.de<br />

Schmerz bei Querschnittlähmung<br />

Margarete „Gritli“ Blickensdörfer<br />

Gottfried-Keller Str. 54 • 40474 Düsseldorf<br />

tel 02 11-38 73 69 67<br />

eMail: gblickensdoerfer@ish.de<br />

Schule & Studium<br />

Karen Fischer<br />

Auf der Kuhweide 1 • 44269 Dortmund<br />

tel 02 31-75 97 55<br />

Urlaub<br />

Johann Kreiter<br />

Laubeweg 1 • 70565 Stuttgart<br />

tel 07 11-7 15 64 90<br />

eMail: jnkreiter@aol.com<br />

Neue Ansprechpartner gesucht!<br />

Anfragen bitte an<br />

eMail: FGQ-Moelsheim@t-online.de<br />

Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe<br />

von Euro<br />

(mindestens 30 Euro)<br />

Querschnittgelähmte 15 Euro, je Familienmitglied 15 Euro<br />

Ich zahle per: Abbuchung Rechnung<br />

Buchen Sie von folgendem Konto ab:<br />

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Bankleitzahl Konto-Nr.<br />

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Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich<br />

widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />

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PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen<br />

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deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen<br />

Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen n<br />

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Werden Sie Mitglied!<br />

Bitte ausschneiden und in einem ausreichend frankierten Umschlag senden an:<br />

Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

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Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte<br />

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Humanis<br />

Verlag für Gesundheit GmbH<br />

Silcher Straße 15<br />

67591 Mölsheim<br />

oder faxen an:<br />

0 62 43 - 90 35 69<br />

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gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten)<br />

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Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V. werden.<br />

Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle<br />

laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall<br />

eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender<br />

Abstufung bei Teilinvalidität.<br />

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Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an:<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Ich bin querschnittgelähmt ja nein<br />

Andere Behinderung:<br />

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Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerufen<br />

werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine<br />

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I M P R E S S U M<br />

PARAplegiker – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung<br />

HUMANIS Verlag GmbH<br />

Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

Telefax: 0 62 43-903 569<br />

info@humanis-verlag.de<br />

www.humanis-verlag.de<br />

ISSN 0723-5070<br />

HERAUSGEBER<br />

Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Roger Kniel<br />

MARKETINGLEITUNG<br />

Gisela Werner<br />

ANZEIGENBETREUUNG<br />

POINT63 Media- und Verlagsservice<br />

Andreas Stoßberg<br />

Telefon: 02 12-2 33 52 65<br />

Telefax: 02 12-2 33 52 66<br />

a.stossberg@arcor.de<br />

ABOBETREUUNG<br />

Probeheft<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

REDAKTIONSLEITUNG<br />

(v.i.S.d.P.) Peter Mand<br />

MITARBEIT AN DIESER AUSGABE<br />

Barbara Früchtel, Ruth Auschra, Dirk Makoschey, Hermann Sonderhüsken,<br />

Ralf Kirchhoff, Kasia, Heike Stüvel, Margit Glasow, Dr. med.<br />

Ines Kurze, Herbert Müller, Andreas Bartling, Arndt Krödel, Henriette<br />

Brückmann, Klaus Herzog, Raimund Artinger, RA Oliver Negele.<br />

LAYOUT<br />

Eickhoff – Grafik & Design - Speyer<br />

Telefon: 0 62 32-62 93 20<br />

DRUCK<br />

NINO Druck GmbH<br />

Im Altenschemel 21<br />

67435 Neustadt/Weinstraße<br />

ERSCHEINUNGSWEISE<br />

vierteljährlich<br />

ANZEIGENSCHLUSS<br />

3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung<br />

der Auftraggeber.<br />

Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008<br />

BEZUGSBEDINGUNGEN<br />

Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft:<br />

Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4<br />

EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung<br />

gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement<br />

verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8<br />

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