Paraplegiker 1/2011
Paraplegiker 1/2011
Paraplegiker 1/2011
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1/<strong>2011</strong><br />
29. Jahrgang<br />
Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070<br />
Vereint<br />
mit<br />
Querschnittgelähmte in der Schweiz
Einsteigen und Kompromisse<br />
hinter sich lassen.<br />
Der Audi A3 mit Mobilitätshilfe.<br />
Für Menschen, die im Alltag hinsichtlich ihrer Mobilität Kompromisse machen müssen, ist der Audi A3 mit Mobilitätshilfe<br />
eine erstklassige Lösung. Individuell. Hochwertig. Voller Sportlichkeit. Setzen Sie auf die vielen Möglichkeiten, Technologien<br />
und Ausstattungsvarianten, die Ihrer Mobilität neue Horizonte eröff nen.<br />
Spezielle Konditionen sowie aktuelle Sonderaktionen erfahren Sie unter unserer Servicenummer 0800/5 51 11 11.<br />
Weitere Informationen auf www.audi.de/fahrhilfen oder per E-Mail an fahrhilfen@audi.de
Barrierefreie<br />
Abschussrampen<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wenn man glaubt, was in der Zeitung steht, wird das<br />
Leben mit Behinderung immer müheloser. Es vergeht<br />
kaum eine Woche, in der nicht die eine oder andere frohe<br />
Nachricht für unsereinen zwischen Lokalteil und „Aus<br />
aller Welt“ zu finden ist. Und es stimmt ja auch: Die Welt<br />
hat sich verändert, es gibt öffentliche Behindertentoiletten<br />
(in meiner Stadt viel zu wenige, nach Geschäftsschluss<br />
in der Innenstadt nur eine funktionierende…),<br />
barrierefreie Verkehrsmittel (von unterschiedlicher Qualität<br />
und nicht überall) – und abgesenkte Bordsteine.<br />
Letztere werden aktuell vielerorts zum Ärgernis. An sich<br />
schwer verständlich, schließlich war die Absenkung der<br />
hohen Bordsteinkanten in fast allen deutschen Städten<br />
mit der größte Fortschritt (?!) der letzten Jahre z.B. für<br />
Rollstuhlnutzer. Davor brauchte man akrobatisches Geschick<br />
und ein ordentliches Quantum Rücksichtslosigkeit<br />
gegen Mensch und Material, um mit der zeittypisch<br />
kopflastigen und mehr als 20 kg schweren Rollstuhlkarre<br />
von der Straße auf den Bürgersteig zu rappeln. Danach<br />
war die gleiche Aktion auch für körperlich Schwächere<br />
ohne Achsbruchgefahr zu realisieren.<br />
Jetzt kommt ja wieder mal alles neu, der UN-Konvention<br />
zu Nutzen und Frommen, u.a. eine DIN-Norm für<br />
den öffentlichen Raum. Im Gefolge entwickeln sich die<br />
prächtigsten Ideen bis hin zum „Kasseler Querungsbord“,<br />
das eine „barrierefreie Überrollbarkeit, ebenso wie eine<br />
eindeutige Erkennbarkeit für Blinde und Sehbehinderte“<br />
ermöglichen soll. Schöne neue Behindertenwelt, aber<br />
leider – vor Ort sieht‘s anders aus.<br />
In meiner Stadt vermählt sich an nigelnagelneuen Ampelüberwegen<br />
eine Absenkung mittels einer Mördersteigung,<br />
die an Abschussrampen des kasachischen<br />
Weltraumbahnhofs Baikonur gemahnt, mit einem Rappelbelag<br />
aus runden Asphaltpocken („Blinden-Lego“),<br />
ABOTELEFON (0 62 43) 900 704<br />
die zusammen geeignet sind, Rollstuhlnutzer blitzartig<br />
unter die Räder des anrauschenden Autoverkehrs zu<br />
befördern. Schwer zu ergründen, was diesen blitzenden<br />
Blödsinn der allerhöchsten Kategorie verursacht hat. Im<br />
Zweifelsfall die Kombination ausgewiesener behördlicher<br />
Inkompetenz in Reinkultur in inniger Eintracht<br />
mit völliger Unfähigkeit samt unerschütterlicher Gleichgültigkeit<br />
der bauausführenden Kräfte. Ergebnis ist ein<br />
Überweg, auf dem Blinde und Rollis straucheln – siehe<br />
unten…<br />
Nebenbei wiedererstehen bei dieser Gelegenheit unselige<br />
Animositäten zwischen den Behinderungsgruppen,<br />
können Blindenvertreter auch gelegentlich nicht einsehen<br />
(?!), dass man vom Rollstuhl aus Kanten und Rillen<br />
nicht so gern erblickt. Natürlich kommen wir so nicht<br />
weiter. Gefunden werden muss an allen Orten eine Lösung<br />
für hindernisfreie Überwege für alle. (Leserbriefe<br />
dazu oder zu anderen Themen? Immer willkommen!)<br />
Nicht nur Rappelbeläge machen uns das Leben schwer.<br />
Bis uns dagegen Roboter das Leben ernsthaft erleichtern<br />
wird es wohl noch dauern (siehe S.15). Auch ohne<br />
deren Hilfe müssen sich behinderte Frauen in Alltag und<br />
Beruf zu Recht finden (S.12). Ob die Schweiz tatsächlich<br />
so paradiesisch für Querschnittgelähmte ist, wollten wir<br />
immer schon mal wissen (S.42). Das sind neben Rechts-<br />
und Medizinthemen nur einige Beispiele für informative<br />
Beiträge, die im PARA regelmäßig auftauchen. Auch in<br />
diesem Heft kommen zusätzlich Humor (Glosse, Karikatur)<br />
und Urlaub nicht zu kurz.<br />
Ein komplettes Angebot, so soll es sein. Und genau das<br />
wollen Herausgeber, Verlag und Redaktion Ihnen bieten.<br />
Wenn Sie sich darüber freuen, wenn etwas fehlt<br />
oder nicht so gelungen ist, schreiben Sie uns. Wir würden<br />
uns freuen.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Ihr<br />
editorial<br />
PARAPLEGIKER 1/11 3
inhalt<br />
4<br />
3<br />
6<br />
8<br />
26<br />
30<br />
12<br />
16<br />
20<br />
22<br />
33<br />
34<br />
36<br />
39<br />
40<br />
42<br />
46<br />
editorial<br />
Barrierefreie Abschussrampen<br />
kultur<br />
Karikaturen von Barbara Früchtel<br />
bericht<br />
Tierhaltung:<br />
Verspielte Therapeuten<br />
Behinderte Frauen auf dem Arbeitsmarkt:<br />
„Ich will keine finanzielle Abhängigkeit!“<br />
Phoenix – Hilfe für Brandverletzte:<br />
Ohne Angst anders sein<br />
technik<br />
Pflegeroboter – kann man die kaufen?<br />
Ford Focus Fließheck:<br />
Flotter Kompakter für die Beraterin<br />
glosse<br />
Einmal Spieler immer Spieler<br />
medizin<br />
MS-Therapie:<br />
Schluss mit der Spritze?<br />
q – querschnitt spezial<br />
Das silberne Spar-Schwein:<br />
„Rückwirkend geht nichts“<br />
Serie: Dekubitus (1)<br />
Welche Rolle spielt die Ernährung?<br />
Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />
aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />
Teil 2: Operative Therapie<br />
<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-Studie<br />
gesucht<br />
Kinaesthetics für Menschen mit<br />
Querschnittlähmung und Angehörige:<br />
Bewegte Tage in der<br />
Manfred-Sauer-Stiftung<br />
Querschnittgelähmte in Europa (IV): Schweiz<br />
„Gesetzliche Vorschriften reichen nicht aus“<br />
Holger Rummer:<br />
Leidenschaft für Malen und Bildhauerei<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Seite 8<br />
Seite 16<br />
Seite 34<br />
Seite 12
Seite 52<br />
Seite 40<br />
Seite 42<br />
Seite 56<br />
39<br />
45<br />
49<br />
49<br />
49<br />
50<br />
50<br />
51<br />
60<br />
52<br />
54<br />
56<br />
59<br />
63<br />
65<br />
66<br />
markt<br />
Das neue Gesicht von „Otto Bock“<br />
Innovationspreis für SPACE DRIVE System<br />
Stehgeräte<br />
Aluminiumschienen<br />
Urologische Hilfsmittel<br />
KÜCHEN QUELLE – Spezialist für<br />
barrierefreie Küchen<br />
Neuer Aktivrollstuhl<br />
Generationenübergreifende<br />
Badezimmerwelten<br />
Bauen-wohnen-renovieren:<br />
Fallstricke erkennen<br />
unterwegs<br />
Belgien:<br />
Ausflug ins Land der Comics<br />
Familien-Sportferien:<br />
DRS RolliKids auf Teneriffa<br />
Thailand:<br />
Glück in der Sonne<br />
kleinanzeigen<br />
recht<br />
Der Wert der Hausarbeit<br />
im Schadensersatzrecht<br />
abo<br />
impressum<br />
In dieser Ausgabe befinden sich Beilagen der Firmen:<br />
• Astra Tech<br />
• Medical Service<br />
Titelfoto: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />
PARAPLEGIKER 1/11 5<br />
inhalt
Seite 52<br />
Seite 40<br />
Seite 42<br />
Seite 56<br />
39<br />
45<br />
49<br />
49<br />
49<br />
50<br />
50<br />
51<br />
60<br />
52<br />
54<br />
56<br />
59<br />
63<br />
65<br />
66<br />
markt<br />
Das neue Gesicht von „Otto Bock“<br />
Innovationspreis für SPACE DRIVE System<br />
Stehgeräte<br />
Aluminiumschienen<br />
Urologische Hilfsmittel<br />
KÜCHEN QUELLE – Spezialist für<br />
barrierefreie Küchen<br />
Neuer Aktivrollstuhl<br />
Generationenübergreifende<br />
Badezimmerwelten<br />
Bauen-wohnen-renovieren:<br />
Fallstricke erkennen<br />
unterwegs<br />
Belgien:<br />
Ausflug ins Land der Comics<br />
Familien-Sportferien:<br />
DRS RolliKids auf Teneriffa<br />
Thailand:<br />
Glück in der Sonne<br />
kleinanzeigen<br />
recht<br />
Der Wert der Hausarbeit<br />
im Schadensersatzrecht<br />
abo<br />
impressum<br />
In dieser Ausgabe befinden sich Beilagen der Firmen:<br />
• Astra Tech<br />
• Medical Service<br />
Titelfoto: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />
PARAPLEGIKER 1/11 5<br />
inhalt
ericht<br />
Der positive<br />
Einfluss<br />
der Heimtierhaltung<br />
auf MenschenübersteigtmöglicheGefährdungen.<br />
„<br />
“<br />
8<br />
Tierhaltung:<br />
Verspielte Therapeuten<br />
Es ist lange bekannt, dass tierische Begleiter vielen Menschen gut tun.<br />
Das gilt selbstverständlich nicht nur für Gesunde, sondern auch für Menschen<br />
mit körperlichen Einschränkungen. Tiere können für gute Laune sorgen,<br />
die Lebensqualität heben und die Sinneswahrnehmung verbessern.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
U<br />
nter dem Begriff „tiergestützte Therapie“<br />
gibt es mittlerweile etliche Studien, die<br />
die wohltuende Wirkung von Tieren auf den<br />
Menschen belegen. Wenn man Therapeuten<br />
glauben darf, hat der therapeutisch eingesetzte<br />
oder auch der ganz normale Kontakt<br />
zu einem Haustier jede Menge Vorteile:<br />
• Ein Tier reagiert auf den Menschen mit all<br />
seinen Stärken und Schwächen – ohne ihn<br />
zu kritisieren oder zu werten. Es ist einfach<br />
ein Lebewesen, das sich freut, wenn man<br />
nach Hause kommt.<br />
• Haustierhalter gelten als entspannter.<br />
• Ein Tier kann dabei helfen, das Leben zu<br />
verändern. Beispielsweise sorgt die Notwendigkeit,<br />
das Tier zu versorgen, für Aktivitäten<br />
außer Haus.<br />
• Solche Erkenntnisse werden mittlerweile<br />
auch von Ärzten ernst genommen.<br />
Es gibt sogar eine Klinik, die es Patienten<br />
gestattet, den eigenen Hund mitzubringen.<br />
(www.main-taunus-privatklinik.de/hofheim)<br />
Eine Zeitlang gab es den Verdacht, dass ein<br />
Haustier-Virus an der MS-Entstehung beteiligt<br />
sein könnte. Heute ist diese These widerlegt.<br />
Die Experten sind sicher, dass aus medizinischer<br />
Sicht auch für MS-Patienten nichts<br />
gegen das Halten von Haustieren spricht.<br />
Wer allerdings unter einer Tierhaarallergie<br />
leidet oder eine ausgeprägte Angst vor bestimmten<br />
Tieren hat, der wird mit einem<br />
Haustier sicher nicht glücklicher sein als vorher<br />
– im Gegenteil! Wer ein Tier hat, muss<br />
auch damit rechnen, dass es mal Flöhe oder<br />
Zecken mit sich herumträgt, selbst Bakterien<br />
oder Pilze können vom Tier auf den Menschen<br />
übertragen werden. Meistens wohl harmlos,<br />
für immungeschwächte Menschen aber vielleicht<br />
auch nicht. Das Robert-Koch-Institut<br />
(RKI) stellte schon vor Jahren fest, dass das<br />
Versorgen von Tieren positive Effekte für die<br />
Gesundheit hat. Zum Beispiel nahm der Medikamentenverbrauch<br />
chronisch Kranker ab,<br />
wenn ein Tier im Haushalt versorgt wurde.<br />
Abschließend urteilte das RKI: „Der positive<br />
Einfluss der Heimtierhaltung auf Menschen<br />
übersteigt mögliche Gefährdungen.“<br />
Katzen, Meerschweinchen & Co<br />
Tiere reagieren auf uns Menschen. Wer wenig<br />
Kontakt zu anderen Menschen hat, genießt<br />
es vielleicht, dass ihm ein Lebewesen durch<br />
seine Reaktion überhaupt zeigt, dass er da<br />
ist. Katzen, Hasen oder Meerschweinchen haben<br />
als Therapeuten oder Kumpel allerdings<br />
einen Nachteil: Sie sind Einzelgänger, sodass<br />
außer Streicheln und Füttern nicht allzu viele<br />
gemeinsame Aktivitäten drin sind.
Hunde<br />
Wer träumt nicht manchmal davon, einen Begleiter<br />
zur Seite zu haben, der ohne zu murren<br />
erledigt, was man selbst nicht hinkriegt?<br />
Assistenzhunde können zum Beispiel auf<br />
Kommando heruntergefallene Gegenstände<br />
holen, Socken anziehen helfen oder so lange<br />
bellen, bis jemand aufmerksam wird. Die Ausbildung<br />
zum Therapiebegleithund ist allerdings<br />
sehr aufwendig und entsprechend teuer.<br />
Das Angebot des Berliner Vereins „Hunde<br />
für Handicaps“, behinderte Hundehalter bei<br />
der Ausbildung eines Behindertenbegleithundes<br />
zu unterstützen, dürfte bisher noch<br />
eine Ausnahme darstellen (mehr dazu: www.<br />
hundefuerhandicaps.de). Hier werden drei<br />
Möglichkeiten angeboten, an einen Behindertenbegleithund<br />
zu kommen:<br />
Anzeige<br />
Sitz – fast auf Kommando!<br />
Wer einen Hund hat, lernt leichter<br />
Menschen kennen.<br />
• Der steinige Weg: Man kann sich einen<br />
Welpen besorgen, selbst großziehen und<br />
ausbilden.<br />
• Der Weg mit Paten: Man bekommt vom<br />
Verein einen Welpen, der das erste Jahr<br />
(bis er „aus dem Gröbsten raus“ ist) in einer<br />
Patenfamilie verbracht hat.<br />
• Der Profi-Weg: Der Verein lässt einen Hund<br />
komplett von einem Trainer zum Behindertenbegleithund<br />
ausbilden.<br />
Die Hunde-Profis vom Verein „Hunde für Handicaps“<br />
helfen bei der Entscheidung, welcher<br />
Weg der individuell richtige ist und ob man<br />
vielleicht wichtige Gegenargumente gegen<br />
einen Hund übersehen hat. „Ein Hund ist kein<br />
normales Hilfsmittel“, macht Kerstin Gerke<br />
deutlich, „er ist in erster Linie ein Tier mit allen<br />
seinen Besonderheiten“. Hunde leben natürlicherweise<br />
an der frischen Luft und wollen<br />
regelmäßig raus, motivieren Herrchen oder<br />
Frauchen also zu regelmäßiger Bewegung.<br />
Allerdings müssen sie ihr Geschäft auch bei
ericht<br />
Tierkontakte<br />
ausprobieren?<br />
• Es gibt ziemlich viele<br />
Tierheime, die regelmäßige<br />
Hundeausführer suchen.<br />
Vielleicht können Sie da<br />
ehrenamtlicher Gassigänger<br />
werden?<br />
• Wie wäre es mit einer Schlittenhundreise<br />
in Norwegen?<br />
Zusammen mit dem norwegischen<br />
Doppel-Paralympics-<br />
Goldmedaillengewinner Karl<br />
Einar Henriksen wurde in<br />
Ljørdalen am Rande des Fulufjäll<br />
Nationalparks ein umfassendes<br />
und vielfältiges Urlaubsangebot<br />
für behinderte<br />
Menschen zusammengestellt:<br />
Hundeschlittentouren,<br />
Erlebniswochen und Skikurse<br />
im Winter. Huskytouren mit<br />
Rollwagen, Flusstouren mit<br />
Expeditionsbooten, Tierbeobachtungen<br />
und vieles mehr<br />
im Sommer. Mehr dazu unter<br />
www.hundeschlittenreisen.<br />
de/no/behin_aktiv.html<br />
• Manche Ergotherapeuten<br />
bieten hundegestützte<br />
Therapiestunden an. Hunde<br />
verändern die Trainingssituation.<br />
Sie können körperlich<br />
entspannend wirken.<br />
Ergotherapeuten berichten<br />
beispielsweise, dass eine starke<br />
Bein-Spastik beispielsweise<br />
nach einem Schlaganfall<br />
sich mildert, wenn man das<br />
Bein auf dem Hund lagert.<br />
Andere setzen den Hund als<br />
Motivator ein: Wer keine Lust<br />
mehr auf ein langweiliges<br />
Training hat, wird vielleicht<br />
motivierter sein, wenn der<br />
Therapiehund mit einbezogen<br />
wird.<br />
10<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Schnee und Eis erledigen. Wenn man im Notfall<br />
keinen Helfer hat, wird die Sache vom<br />
Rollstuhl aus anstrengend. Und wenn der<br />
Welpe nachts alle zwei Stunden raus muss,<br />
kommen auch Gesunde an ihre Grenzen. Sie<br />
erinnert daran, dass Hunde einen eigenen<br />
Geruch haben, dass sie Fressen und Bewegung<br />
brauchen und in der Wohnung mit den<br />
spitzen Welpenzähnen locker einen Schaden<br />
von 1 000 € verursachen können. Manche<br />
Hundebesitzer mögen das dann doch nicht,<br />
geraten an körperliche Grenzen oder müssen<br />
einfach begreifen, dass ihr Hund nicht in der<br />
Lage ist, die Assistenzhunde-Team-Prüfung<br />
zu bestehen. Das tut weh.<br />
Andererseits klingt es extrem spannend, was<br />
der Verein alles unternimmt. Vom Pekinesen<br />
bis zur Deutschen Dogge reicht die Spannbreite<br />
der Rassen, die hier schon in Ausbildung<br />
waren. Die Erfahrungsberichte machen<br />
klar, wie nützlich ein gut ausgebildetes<br />
Tier für den Alltag sein kann. Aber sie zeigen<br />
auch, wie emotional<br />
die Beziehung zwischen<br />
Mensch und Hund sein<br />
kann. Vielleicht reicht ja<br />
auch ein „normaler“ Hund<br />
als Begleiter?<br />
(Anm.d.Red.: Wer von<br />
vorneherein weiß, dass<br />
er einen Assistenzhund<br />
sucht, kann sich an „VITA<br />
e.V.“ wenden: www.vitaassistenzhunde.de.<br />
In dem<br />
inzwischen seit zehn Jahren<br />
bestehenden Verein<br />
werden vor allem Retriever<br />
und Labrador als Helfer<br />
professionell ausgebildet,<br />
was allerdings seinen<br />
Preis hat. Die Idee ist, körperlich behinderten<br />
Menschen mit Hilfe von Assistenzhunden zu<br />
mehr Selbstständigkeit und Lebensfreude zu<br />
verhelfen.)<br />
Pferde<br />
Auf Therapiepferden kann man trotz körperlicher<br />
Beeinträchtigungen reiten. Das gilt<br />
sowohl für Querschnittgelähmte als auch für<br />
MS-Kranke. Erste Studienergebnisse (mehr<br />
dazu unter http://johannisberg.net) zeigen,<br />
dass MS-Patienten in vielen Bereichen profitieren:<br />
Gleichgewicht, Spastik, Schmerzen,<br />
Gehfähigkeit und Lebensqualität verbesserten<br />
sich.<br />
Ergotherapie mit Pferden kann aber weit<br />
mehr sein. Die Vierbeiner werden in der therapeutischen<br />
Arbeit gerne eingesetzt, weil<br />
sie Herdentiere sind, sozial handelnde Wesen<br />
also. Als Herdentier verlangt ein Pferd, dass<br />
mit ihm klar, eindeutig und respektvoll umgegangen<br />
wird. Wenn das der Fall ist, wird<br />
es dem Menschen folgen – egal, ob der im<br />
Rollstuhl sitzt oder nicht. Wer keine klaren<br />
Anweisungen gibt, unkonzentriert ist oder<br />
keine klare Richtung vorgibt, der wird das<br />
Pferd nicht zum Mitmachen bringen. Das<br />
kann ziemlich motivierend sein. Überhaupt<br />
ist das Pferd ein Motivationskünstler: Wer<br />
„sein“ Pferd mit Möhrenstücken füttern will,<br />
übt das Kleinschneiden von Gemüse viel-<br />
Im Fahrsport sind etliche Menschen mit Behinderungen aktiv.<br />
leicht fröhlicher als ohne diesen tierischen<br />
Motivator.<br />
Alpakas sind übrigens auch Herdentiere, die<br />
ähnlich eingesetzt werden können wie Pferde.<br />
Nur reiten kann man sie natürlich nicht!<br />
Text & Fotos:<br />
Ruth Auschra
ericht<br />
Tierkontakte<br />
ausprobieren?<br />
• Es gibt ziemlich viele<br />
Tierheime, die regelmäßige<br />
Hundeausführer suchen.<br />
Vielleicht können Sie da<br />
ehrenamtlicher Gassigänger<br />
werden?<br />
• Wie wäre es mit einer Schlittenhundreise<br />
in Norwegen?<br />
Zusammen mit dem norwegischen<br />
Doppel-Paralympics-<br />
Goldmedaillengewinner Karl<br />
Einar Henriksen wurde in<br />
Ljørdalen am Rande des Fulufjäll<br />
Nationalparks ein umfassendes<br />
und vielfältiges Urlaubsangebot<br />
für behinderte<br />
Menschen zusammengestellt:<br />
Hundeschlittentouren,<br />
Erlebniswochen und Skikurse<br />
im Winter. Huskytouren mit<br />
Rollwagen, Flusstouren mit<br />
Expeditionsbooten, Tierbeobachtungen<br />
und vieles mehr<br />
im Sommer. Mehr dazu unter<br />
www.hundeschlittenreisen.<br />
de/no/behin_aktiv.html<br />
• Manche Ergotherapeuten<br />
bieten hundegestützte<br />
Therapiestunden an. Hunde<br />
verändern die Trainingssituation.<br />
Sie können körperlich<br />
entspannend wirken.<br />
Ergotherapeuten berichten<br />
beispielsweise, dass eine starke<br />
Bein-Spastik beispielsweise<br />
nach einem Schlaganfall<br />
sich mildert, wenn man das<br />
Bein auf dem Hund lagert.<br />
Andere setzen den Hund als<br />
Motivator ein: Wer keine Lust<br />
mehr auf ein langweiliges<br />
Training hat, wird vielleicht<br />
motivierter sein, wenn der<br />
Therapiehund mit einbezogen<br />
wird.<br />
10<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Schnee und Eis erledigen. Wenn man im Notfall<br />
keinen Helfer hat, wird die Sache vom<br />
Rollstuhl aus anstrengend. Und wenn der<br />
Welpe nachts alle zwei Stunden raus muss,<br />
kommen auch Gesunde an ihre Grenzen. Sie<br />
erinnert daran, dass Hunde einen eigenen<br />
Geruch haben, dass sie Fressen und Bewegung<br />
brauchen und in der Wohnung mit den<br />
spitzen Welpenzähnen locker einen Schaden<br />
von 1 000 € verursachen können. Manche<br />
Hundebesitzer mögen das dann doch nicht,<br />
geraten an körperliche Grenzen oder müssen<br />
einfach begreifen, dass ihr Hund nicht in der<br />
Lage ist, die Assistenzhunde-Team-Prüfung<br />
zu bestehen. Das tut weh.<br />
Andererseits klingt es extrem spannend, was<br />
der Verein alles unternimmt. Vom Pekinesen<br />
bis zur Deutschen Dogge reicht die Spannbreite<br />
der Rassen, die hier schon in Ausbildung<br />
waren. Die Erfahrungsberichte machen<br />
klar, wie nützlich ein gut ausgebildetes<br />
Tier für den Alltag sein kann. Aber sie zeigen<br />
auch, wie emotional<br />
die Beziehung zwischen<br />
Mensch und Hund sein<br />
kann. Vielleicht reicht ja<br />
auch ein „normaler“ Hund<br />
als Begleiter?<br />
(Anm.d.Red.: Wer von<br />
vorneherein weiß, dass<br />
er einen Assistenzhund<br />
sucht, kann sich an „VITA<br />
e.V.“ wenden: www.vitaassistenzhunde.de.<br />
In dem<br />
inzwischen seit zehn Jahren<br />
bestehenden Verein<br />
werden vor allem Retriever<br />
und Labrador als Helfer<br />
professionell ausgebildet,<br />
was allerdings seinen<br />
Preis hat. Die Idee ist, körperlich behinderten<br />
Menschen mit Hilfe von Assistenzhunden zu<br />
mehr Selbstständigkeit und Lebensfreude zu<br />
verhelfen.)<br />
Pferde<br />
Auf Therapiepferden kann man trotz körperlicher<br />
Beeinträchtigungen reiten. Das gilt<br />
sowohl für Querschnittgelähmte als auch für<br />
MS-Kranke. Erste Studienergebnisse (mehr<br />
dazu unter http://johannisberg.net) zeigen,<br />
dass MS-Patienten in vielen Bereichen profitieren:<br />
Gleichgewicht, Spastik, Schmerzen,<br />
Gehfähigkeit und Lebensqualität verbesserten<br />
sich.<br />
Ergotherapie mit Pferden kann aber weit<br />
mehr sein. Die Vierbeiner werden in der therapeutischen<br />
Arbeit gerne eingesetzt, weil<br />
sie Herdentiere sind, sozial handelnde Wesen<br />
also. Als Herdentier verlangt ein Pferd, dass<br />
mit ihm klar, eindeutig und respektvoll umgegangen<br />
wird. Wenn das der Fall ist, wird<br />
es dem Menschen folgen – egal, ob der im<br />
Rollstuhl sitzt oder nicht. Wer keine klaren<br />
Anweisungen gibt, unkonzentriert ist oder<br />
keine klare Richtung vorgibt, der wird das<br />
Pferd nicht zum Mitmachen bringen. Das<br />
kann ziemlich motivierend sein. Überhaupt<br />
ist das Pferd ein Motivationskünstler: Wer<br />
„sein“ Pferd mit Möhrenstücken füttern will,<br />
übt das Kleinschneiden von Gemüse viel-<br />
Im Fahrsport sind etliche Menschen mit Behinderungen aktiv.<br />
leicht fröhlicher als ohne diesen tierischen<br />
Motivator.<br />
Alpakas sind übrigens auch Herdentiere, die<br />
ähnlich eingesetzt werden können wie Pferde.<br />
Nur reiten kann man sie natürlich nicht!<br />
Text & Fotos:<br />
Ruth Auschra
technik<br />
„In Japan gibt es bereits Pflegeroboter – dort ist man<br />
viel weiter!“ Derartiges ist häufig zu hören, bei genauer<br />
Nachfrage scheint jedoch niemand einen alltagstauglichen<br />
Pflegeroboter selbst gesehen zu haben noch jemanden zu<br />
kennen, der eines solchen angesichtig wurde.<br />
12<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Die eine Variante:<br />
Manuell steuerbarer Roboter.<br />
A<br />
uch in Tokio erging es mir so: In High-<br />
Tec-Laboratorien wird an automatischen<br />
und/oder fernsteuerbaren Hilfsmitteln geforscht.<br />
Dazu gibt es Vorrichtungen zur personalsparenden<br />
Überwachung (Kameras &<br />
Sensoren) sowie modernste Kommunikationstechnik,<br />
die das Verlassen der Wohnung zum<br />
Einkaufen, Arztbesuch oder zwecks Sozialkontakten<br />
optimieren helfen soll. Auch unter der<br />
Bezeichnung „Ambient Assisted Living“ oder<br />
„Smart House“ wird an technikgestützten<br />
Dienstleistungsszenarien geforscht.<br />
Was ist eigentlich ein Roboter? Prinzipiell ist<br />
zu beachten, dass der Begriff nicht einheitlich<br />
genutzt wird. Zuweilen werden fahrerlose (automatisierte)<br />
Transportsysteme, die Material<br />
anliefern und Videokameras führen, als Roboter<br />
bezeichnet. Auch Esshilfen in Form „moto-<br />
risierter Löffel“, die Nahrung zum Mund führen<br />
(wenn nichts vorher herunterfällt) oder Plüschseehunde<br />
mit Sensoren, die sich bewegen und<br />
Laute von sich geben, werden zuweilen unzulässigerweise<br />
der Robotik zugeordnet.<br />
Eine zutreffende, vereinfachte Definition für<br />
Roboter sieht so aus: „Roboter sind Automaten<br />
mit mehreren Bewegungsachsen. Die Bewegungen<br />
werden mittels umprogrammierbaren<br />
Computern direkt (automatisiert) oder manuell<br />
über Tasten bzw. Joystick gesteuert. Am Roboterarm<br />
wird ein Greifer bzw. irgendein Werkzeug<br />
(in der Industrie) geführt.“<br />
Pflege oder Assistenz?<br />
Sobald Roboter für ein Dienstleistungsszenario<br />
bei SeniorInnen oder behinderten Men
schen hinzugezogen werden, fällt schnell die<br />
Bezeichnung „Pflegeroboter“ oder „Serviceroboter<br />
in der Pflege“. Der Begriff „Pflege“ erscheint<br />
dabei sehr dehnbar und vielversprechend.<br />
Weil ich Erfahrung in der Pflege sowie in<br />
der Persönlichen Assistenz habe, gehe ich davon<br />
aus, dass Roboter auf absehbare Zeit keine<br />
umfangreichen pflegerischen Tätigkeiten wie<br />
Ankleiden, Waschen, Toilettenassistenz oder<br />
Rollstuhl-Bett-Transfers übernehmen können<br />
Einen menschlichen Körper mit schwachem<br />
Muskeltonus bei Schmerzanfälligkeit mittels<br />
Robotik aufzunehmen und zu heben, bedarf<br />
stabiler deckenschienengeführter Technik<br />
(Kippsicherheit) mit vielen verschiedenen<br />
Greifern sowie umfangreicher Sensorik und<br />
Sicherheitstechnik. Zudem kommt es nicht<br />
nur auf das Heben an: Es gilt im richtigen Moment<br />
einen ausgelösten Spasmus zu beruhigen,<br />
eventuell den Kopf zu stützen, nebenbei<br />
nach Dekubitus-Gefahrenstellen zu schauen<br />
und im richtigen Moment Vorleistungen für<br />
das Ent- oder Bekleiden zu treffen.<br />
Hinsichtlich dieser Kriterien sind Roboter zu<br />
betrachten, die Personen heben sollen (z.B.<br />
der japanische Roboter RIBA, „Robot for Interactive<br />
Body Assistance“). Ob die RIBA-Entwickler<br />
wissen, wie es sich anfühlt, einen ausgewachsenen<br />
Menschen zu tragen und ob sie<br />
bereits mit (Decken-) Liftern gearbeitet haben?<br />
Inwiefern finden behinderte Personen<br />
tatsächlich ausreichenden und sicheren Halt,<br />
Anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
wenn zwei Roboterarme gabelstaplerähnlich<br />
unter ihren Körper fahren und heben?<br />
Blecherne Kollegen, die kleine Handreichungen<br />
leisten, nenne ich vorzugsweise<br />
„Assistenzroboter“ und verzichte diesbezüglich<br />
auf den zu missverständlichen Assoziationen<br />
führenden Begriff „Pflege“.<br />
Was kann ein Assistenzroboter?<br />
Es ist detailliert aufzuzeigen,<br />
welche Tätigkeit ein Roboter<br />
tatsächlich auszuführen in der<br />
Lage ist. In Zeiten virtueller Filmwelten<br />
und Computerspielen<br />
wird technischen Laien bei Roboterpräsentationen<br />
nicht immer<br />
deutlich, inwiefern es sich<br />
um ein Ist-Szenario oder um ein<br />
Wunsch-Szenario (von wem?)<br />
handelt. Bereits kleine Auslassungen<br />
sind beim Personentransfer-Szenario<br />
bedeutsam.<br />
Stets sollte der Vollzug kompletter<br />
Tätigkeiten in Echtzeit<br />
gezeigt werden. Beispielsweise beim Trinken:<br />
Wie lange muss der Roboter vorher auf das<br />
Umfeld programmiert werden, auf das er wie<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Automatisch<br />
funktionierender<br />
Roboter.<br />
technik
technik<br />
Von woher<br />
kommt das<br />
wie zubereitete<br />
Getränk<br />
auf welche<br />
Weise in die<br />
Tasse?<br />
14<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
flexibel reagieren kann? Von woher kommt<br />
das wie zubereitete Getränk auf welche Weise<br />
in die Tasse? Wo wiederum kommt die Tasse<br />
her, wie und wo wird sie dem Empfänger<br />
gereicht und wie lange dauert das? Und was<br />
macht der Roboter, wenn eine gut trinkende<br />
jedoch stark bewegungseingeschränkte Nutzerin<br />
daraufhin häufiger zur Toilette möchte?<br />
Es kommt also darauf an, die jeweilige Aufgabe<br />
zu Ende zu denken.<br />
Bereits in den 1970er Jahren wurde ein großer<br />
Roboter in der Rehabilitation ausprobiert<br />
(Heidelberg). Bei dem aktuellen „Serviceroboter<br />
in der Pflege“ Care-O-Bot-III<br />
des Fraunhofer Instituts in Stuttgart<br />
handelt es sich 40 Jahre später<br />
ebenfalls um ein stattliches Gerät,<br />
dessen mächtiger Industrierobo-<br />
terarm nicht in direkter Menschennähe<br />
tätig wird.<br />
Der Robotergreifer des Care-O-Bot-<br />
III stellt beispielsweise eine Trinkflasche<br />
automatisch auf ein mitgeführtes<br />
Tablett. Daraufhin geht der Roboterarm<br />
in Ruheposition und dann erst wird zum<br />
„Nutzer“ gefahren, der per synthetischer<br />
Sprache aufgefordert wird, sich die Flasche<br />
vom Tablett zu nehmen. (Die Grenzen dieser<br />
Technik für Schwerbehinderte mit eingeschränkter<br />
Greiffunktion liegen auf der Hand;<br />
Anm.d.Red.)<br />
Eine andere Richtung in der Assistenzrobotik<br />
beschäftigt sich mit kleineren Roboterarmen<br />
(ungefähr in Größe eines menschlichen Armes),<br />
die am Elektrorollstuhl angebracht<br />
sind. Per (Rollstuhl-)Joystick können Gegenstände<br />
bis ca. 1,5 kg manuell angesteuert,<br />
aufgenommen und im Umkreis von ca. 80 cm<br />
gehandhabt werden (hergestellt z.B. in Kanada<br />
von der Firma KINOVA und in den Niederlanden<br />
von EXACT DYNAMICS).<br />
Die Forschung<br />
Die automatisch/sensorgesteuerten Assistenz-Roboter<br />
bieten Forschungsinstituten<br />
und Firmen, die sich mit Automatisierung<br />
beschäftigen, ein weites Betätigungsfeld.<br />
Ohne die Konkurrenz um Forschungsgelder<br />
& Subventionen könnten die verschiedenen<br />
Roboter-Ansätze und -Generationen vermutlich<br />
mehr voneinander profitieren.<br />
Wenn Roboter-ForscherInnen angeben, dass<br />
ein Roboter in der Pflege „selbstverständlich<br />
keine Menschen ersetzen soll“, jedoch gleichzeitig<br />
von „Optimierung im Pflegesektor“<br />
sprechen und ihren Kostenträgern den Sinn<br />
ihres Forschungsansatzes nachweisen müssen,<br />
kommt ein Dilemma zum Ausdruck. Das<br />
hat auch mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen<br />
zu tun. Jedoch nicht von Arbeitsplätzen für<br />
Schwerbehinderte…<br />
Schwerbehinderte WissenschaftlerInnen, die<br />
selber umfangreich Assistenz in Anspruch<br />
nehmen und in entscheidungsbefugter und<br />
bezahlter Position an Hilfsmittel-Forschungsprojekten<br />
mitarbeiten, scheint es nicht zu geben.<br />
Sie könnten dazu beitragen, dass nicht<br />
über die Köpfe behinderter Menschen hinweg<br />
geforscht wird (letzteres hat lange Tradition).<br />
Roboter fürs Heim oder Daheim?<br />
Die automatisch gesteuerten Assistenzroboter<br />
sind eher für den Einsatz in Pflegeheimen<br />
gedacht, wo es lange Wege zurückzulegen<br />
und viele Menschen zu versorgen gilt. Die Automatisierung<br />
durch so genannte fahrerlose<br />
Transportsysteme kommt in Krankenhäusern<br />
bereits zum Einsatz (z.B. Wäsche- und Materialtransport).<br />
Noch verhindern Normvorschriften,<br />
dass PatientInnen automatisiert<br />
beispielsweise zur Röntgenabteilung gefahren<br />
werden (der Vorteil einer vertrauten,<br />
in langen Krankenhausfluren begleitenden/<br />
helfenden Pflegekraft bliebe dabei auf der<br />
Strecke).<br />
Die kleineren manuell gesteuerten Assistenzroboter<br />
am Elektrorollstuhl sind dagegen<br />
eher in eigener Häuslichkeit sowie unterwegs<br />
einsetzbar. Für GegnerInnen von Alters- und<br />
Pflegeheimen ist das entscheidend.<br />
Zukunft der Pflege & Bevölkerungsentwicklung<br />
ForscherInnen im Hilfsmittelsektor beginnen<br />
Vorträge gern mit dem Bezug auf die Bevöl-
kerungsentwicklung. Problematisch ist, wenn<br />
Robotik als Notpflaster für den angesichts der<br />
demografischen Entwicklung angeblich unvermeidbaren<br />
Pflegenotstand herhalten soll.<br />
Dass StatistikerInnen zu höchst unterschiedlichen<br />
Bevölkerungsprognosen kommen<br />
(und bisher kamen) und noch ganz andere<br />
Faktoren für die gesellschaftliche Zukunft<br />
viel entscheidender sind, bleibt oftmals unerwähnt<br />
(z.B. Entwicklung der Erwerbslosigkeit<br />
und Berücksichtigung einer gerechteren<br />
Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums<br />
bei steigender Produktivität). Professor Gerd<br />
Bosbach, der als Mathematiker beim Statistischen<br />
Bundesamt arbeitete, wählt bei einer<br />
Schilderung dieses Sachverhaltes den Titel:<br />
„Die Panik der Deutschen. Die Prognosen zur<br />
Bevölkerungsentwicklung lenken von den eigentlichen<br />
Problemen ab.“ (z.B. Süddeutsche<br />
Zeitung, 24. April 2006, siehe auch „Schwarzbuch<br />
Deutschland, das Handbuch der vermissten<br />
Informationen“, 2009).<br />
Seit 1991 ist das reale Bruttoinlandprodukt<br />
um fast 30 % gestiegen, bei 5 % weniger Arbeitsstunden.<br />
Durch Automatisierung werden<br />
immer weniger Arbeitskräfte bei gleichzeitig<br />
steigender Produktivität gebraucht. Selbst<br />
wenn Robotik in sämtlichen (Pflege-) Dienstleistungssektoren<br />
Einzug halten könnte,<br />
bleibt die Problematik der Erwerbslosigkeit:<br />
Wo sollen die Menschen sinnvoll arbeiten, ihren<br />
Unterhalt verdienen, Steuern und Sozialabgaben<br />
zahlen?<br />
Eine nachhaltigere Lösung des Pflegenotstandes<br />
ist zu diskutieren, wenn die Arbeitsbedingungen<br />
und die Honorierung von Pflegekräften<br />
attraktiv gestaltet werden. An Menschen<br />
mangelt es dazu in Deutschland nicht. Wenn<br />
die Ressourcen eines der reichsten Länder der<br />
Welt (das Deutschland nun mal ist) umsichtig<br />
erkannt und genutzt werden und behinderte<br />
Menschen selber über die Form und den Ort<br />
ihrer Pflege im bedarfsdeckenden Ausmaß<br />
entscheiden dürfen, kann ein Gewinn an<br />
Privatsphäre und Selbsttätigkeit bei Einbeziehung<br />
von Robotik vielleicht erst zum Ausdruck<br />
kommen.<br />
Text & Fotos:<br />
Dirk Makoschey<br />
Anzeige<br />
EIN FALTBARER AKTIVROLLSTUHL<br />
MIT STARRRAHMENÄHNLICHEN<br />
FAHREIGENSCHAFTEN UND<br />
INNOVATIVEM RAHMENKONZEPT.<br />
DYNAMISCHES FAHRVERHALTEN<br />
UNTER 9 KG DURCH LIGHTBAUTEILE<br />
NEUES FARBKONZEPT UND MODISCHES STYLING<br />
MAXIMALE STABILITÄT BEI MINIMALEM GEWICHT<br />
info@meyra-ortopedia.de · www.meyra-ortopedia.de
technik<br />
Reinhard Zillessen, Direktor<br />
der Service-Organisation<br />
von Ford: „Unser<br />
Ziel ist der vollkommen<br />
zufriedene Kunde – daran arbeiten wir<br />
täglich.“ So zitiert in der Zeitschrift<br />
„Auto, Motor und Sport“ Ausgabe<br />
im Dezember 2010. Ob das<br />
auch für Autofahrer mit<br />
Behinderung gilt, soll<br />
dieser Bericht klären.<br />
16<br />
Formschön<br />
und praktisch:<br />
Ford Focus.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Ford Focus Fließheck:<br />
Claudia Dässel aus Niederkrüchten – einer<br />
Kleinstadt an der niederländischen Grenze<br />
– fährt den Ford Focus seit Mitte September<br />
2010. Sie legte Wert darauf, ein in den Abmessungen<br />
kompaktes Auto zu haben. Es sollte<br />
in der Anschaffung nicht zu teuer und auch<br />
in der Haltung günstig sein. Da ihr Vater mit<br />
Ford gute Erfahrungen gemacht hatte, kam<br />
man auf den Fließheck-Focus als ein geeignetes<br />
Fahrzeug. Mit Udo Späker vom Umbauer<br />
KADOMO in Monheim wurde der Einbau<br />
folgender Hilfsmittel vereinbart:<br />
• Gasring vom französischer Hersteller<br />
SOJADIES<br />
• Handbedienung von VEIGEL<br />
• Rollstuhl-Verladung hinter den Fahrersitz<br />
von RAUSCH TECHNIK, Balingen,<br />
Typ LADEBOY S2<br />
Man einigte sich schnell und das Auto konnte<br />
bestellt werden.<br />
Für den Umbau bei KADOMO wurden die von<br />
Udo Späker zugesagten vier Arbeitstage eingehalten:<br />
„Das war eine besondere Herausforderung,<br />
normalerweise benötigen wir für einen<br />
solchen Umbau etwa zehn Arbeitstage.“<br />
So Udo Späker, der damit sichergestellt hat,<br />
dass Claudia Dässel am 13. September mit<br />
ihrem neuen Auto zur Arbeit fahren konnte.<br />
„Mit dem Umbau bei Kadomo hatte ich gleich<br />
ein gutes Gefühl, das wurde voll bestätigt. Der<br />
Kontakt mit Udo Späker war angenehm und er<br />
hat alle seine Zusagen korrekt eingehalten.“<br />
Ihren Führerschein hat Claudia Dässel mit 19<br />
Jahren gemacht, fünf Jahre nach ihrem Unfall.<br />
Sie war als Spaziergängerin auf einem<br />
Feldweg von einer Frau mit einem Geländewagen<br />
angefahren worden, mit der Konsequenz<br />
schwerster Verletzungen. Da die junge<br />
Rollstuhlfahrerin der Meinung war, dass man<br />
beim Autofahren beide Hände am Lenkrad<br />
haben sollte, kam für sie nur ein Gasring in
Groß und gut zu beladen:<br />
Der Kofferraum des Ford Focus.<br />
frage. „Den hatte ich bei meinem bisherigen<br />
Auto, einem Toyota-Corolla.“ Auch der Ford<br />
Focus ist mit einem Gasring ausgerüstet, ergänzt<br />
allerdings durch eine komplette Handbedienung<br />
von VEIGEL, System BRUHN.<br />
Erstaunlich ist, dass neben dem Gasring noch<br />
die komplette Handbedienung für Gas und<br />
Bremse eingebaut wurde. Udo Späker dazu:<br />
„Zu jedem Gasring wird ein Bremsgerät benötigt.<br />
Der Mehraufwand, auch die Gasfunktion<br />
anzuschließen, ist minimal, gibt aber zusätzliche<br />
Sicherheit, so beispielsweise beim Rückwärtseinparken.<br />
Oder wenn – was mit diesem<br />
Gasring bislang nicht passiert ist – doch mal<br />
etwas ausfällt.“ Grundsätzlich – so die Meinung<br />
von Experten – kann man mit der VEI-<br />
GEL-Handbedienung feinfühliger Gas geben<br />
als mit einem Gasring.<br />
Der gesamte Umbau hat etwa 18 000 EURO<br />
gekostet, einschließlich Steuer. „Das Verlade-<br />
Vorsichtshalber: Der Gasring von<br />
SOJADIES wird durch die VEIGEL-Handbedienung<br />
ergänzt.<br />
Anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Rollstuhlverladung mit dem<br />
Ladeboy S2 von RAUSCH TECH-<br />
NIK. Der rechte hintere Sitz<br />
bleibt frei.<br />
<br />
Gebührenfrei anrufen.<br />
# 0800-2244661<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
technik
technik<br />
„Alles<br />
an diesem<br />
Auto ist<br />
praktisch,<br />
sicher und<br />
solide.“<br />
Anzeige<br />
Besonders behindertenfreundliche Ausstattungsdetails,<br />
z.T. mit Zusatzkosten:<br />
• Bedienung von Türen und Motor<br />
ohne Schlüssel<br />
• automatisches Fahrlicht<br />
• Reifen-Fehldruck-Warnung<br />
• automatische Scheibenwischer<br />
• Einpark-Hilfe hinten<br />
• vielfältig elektrisch verstellbare Sitze<br />
mit gutem Seitenhalt<br />
• automatische Abblendung des inneren<br />
Rückspiegels<br />
• Standheizung<br />
• großer und gut beladbarer Kofferraum<br />
• Reichweite von etwa 730 km / 55-Liter-Tank<br />
System hat etwa zwei Drittel des Preises ausgemacht“,<br />
so Udo Späker. Bei der Anschaffung<br />
hat die Arbeits-Agentur im Rahmen des Programms<br />
„Kfz-Hilfe zur Förderung der Teilnahme<br />
am Arbeitsleben“ geholfen. „Das war eine<br />
notwendige Unterstützung, die Sachbearbeiterin<br />
der Arbeitsagentur war sehr hilfsbereit“,<br />
so Claudia Dässel, die finanziell trotz vieler<br />
Aktivitäten finanziell nicht auf Rosen gebettet<br />
ist. Sie arbeitet seit 2005 als Beraterin und<br />
Vermittlerin von Selbsthilfe-Gruppen, hilft<br />
auch bei der Gründung von Selbsthilfegruppen<br />
und deren Öffentlichkeitsarbeit, fördert<br />
die Zusammenarbeit mit Ärzten und Fachleuten<br />
und vertritt die Selbsthilfe in öffentlichen<br />
Gremien. Dazu kommt als „geringfügige Beschäftigung“<br />
eine Reha-Beratung im „Maria-<br />
Hilf“-Krankenhaus in Krefeld im Reha-Unternehmen<br />
„Reha Krefeld GmbH“.<br />
Mit ihrem Ford Focus ist Claudia Dässel sehr<br />
zufrieden. „Es macht Freude, mit dem Auto zu<br />
fahren.“ Gut gefällt ihr die schlüssellose Bedienung<br />
für Türen und Anlasser, und auch die<br />
vielen elektrischen Helferlein sind praktisch,<br />
komfortabel und machen das Fahren sicherer.<br />
Dazu die Feststellung: „Alles an diesem Auto<br />
ist praktisch, sicher und solide.“ Zur Aussage<br />
von Reinhard Zillessen meint Claudia Dässel:<br />
„Ich bestätige Herrn Zillessen gerne, dass ich<br />
mit meinem Auto sehr zufrieden bin.“ Und sie<br />
fügt hinzu: „Hervorheben will ich auch, dass<br />
die Umrüstung bei Kadomo schnell und gut<br />
durchgeführt wurde.“<br />
Text: Hermann Sonderhüsken<br />
Fotos: Gunnar Mitzner<br />
Weitere Infos:<br />
Kadomo: www.kadomo.de<br />
Ford: www.ford.de<br />
Veigel: www.veigel-automotive.de<br />
Technische Daten<br />
Motor 100 PS / 74 kW<br />
Drehmoment 150 Nm bei 4.000 U/min<br />
Getriebe Viergang-Automatik<br />
Länge/Breite/Höhe 4.337/2.020/1.497 cm<br />
Leergewicht 1.286 Kilo<br />
Wendekreis 10,9 Meter<br />
Spurt auf 100 km/h 13,6 Sekunden<br />
Höchstgeschwindigkeit etwa 175 km/h<br />
Tank-Volumen 55 Liter<br />
Praxis-Verbrauch 7,5 Liter
technik<br />
„Alles<br />
an diesem<br />
Auto ist<br />
praktisch,<br />
sicher und<br />
solide.“<br />
Anzeige<br />
Besonders behindertenfreundliche Ausstattungsdetails,<br />
z.T. mit Zusatzkosten:<br />
• Bedienung von Türen und Motor<br />
ohne Schlüssel<br />
• automatisches Fahrlicht<br />
• Reifen-Fehldruck-Warnung<br />
• automatische Scheibenwischer<br />
• Einpark-Hilfe hinten<br />
• vielfältig elektrisch verstellbare Sitze<br />
mit gutem Seitenhalt<br />
• automatische Abblendung des inneren<br />
Rückspiegels<br />
• Standheizung<br />
• großer und gut beladbarer Kofferraum<br />
• Reichweite von etwa 730 km / 55-Liter-Tank<br />
System hat etwa zwei Drittel des Preises ausgemacht“,<br />
so Udo Späker. Bei der Anschaffung<br />
hat die Arbeits-Agentur im Rahmen des Programms<br />
„Kfz-Hilfe zur Förderung der Teilnahme<br />
am Arbeitsleben“ geholfen. „Das war eine<br />
notwendige Unterstützung, die Sachbearbeiterin<br />
der Arbeitsagentur war sehr hilfsbereit“,<br />
so Claudia Dässel, die finanziell trotz vieler<br />
Aktivitäten finanziell nicht auf Rosen gebettet<br />
ist. Sie arbeitet seit 2005 als Beraterin und<br />
Vermittlerin von Selbsthilfe-Gruppen, hilft<br />
auch bei der Gründung von Selbsthilfegruppen<br />
und deren Öffentlichkeitsarbeit, fördert<br />
die Zusammenarbeit mit Ärzten und Fachleuten<br />
und vertritt die Selbsthilfe in öffentlichen<br />
Gremien. Dazu kommt als „geringfügige Beschäftigung“<br />
eine Reha-Beratung im „Maria-<br />
Hilf“-Krankenhaus in Krefeld im Reha-Unternehmen<br />
„Reha Krefeld GmbH“.<br />
Mit ihrem Ford Focus ist Claudia Dässel sehr<br />
zufrieden. „Es macht Freude, mit dem Auto zu<br />
fahren.“ Gut gefällt ihr die schlüssellose Bedienung<br />
für Türen und Anlasser, und auch die<br />
vielen elektrischen Helferlein sind praktisch,<br />
komfortabel und machen das Fahren sicherer.<br />
Dazu die Feststellung: „Alles an diesem Auto<br />
ist praktisch, sicher und solide.“ Zur Aussage<br />
von Reinhard Zillessen meint Claudia Dässel:<br />
„Ich bestätige Herrn Zillessen gerne, dass ich<br />
mit meinem Auto sehr zufrieden bin.“ Und sie<br />
fügt hinzu: „Hervorheben will ich auch, dass<br />
die Umrüstung bei Kadomo schnell und gut<br />
durchgeführt wurde.“<br />
Text: Hermann Sonderhüsken<br />
Fotos: Gunnar Mitzner<br />
Weitere Infos:<br />
Kadomo: www.kadomo.de<br />
Ford: www.ford.de<br />
Veigel: www.veigel-automotive.de<br />
Technische Daten<br />
Motor 100 PS / 74 kW<br />
Drehmoment 150 Nm bei 4.000 U/min<br />
Getriebe Viergang-Automatik<br />
Länge/Breite/Höhe 4.337/2.020/1.497 cm<br />
Leergewicht 1.286 Kilo<br />
Wendekreis 10,9 Meter<br />
Spurt auf 100 km/h 13,6 Sekunden<br />
Höchstgeschwindigkeit etwa 175 km/h<br />
Tank-Volumen 55 Liter<br />
Praxis-Verbrauch 7,5 Liter
glosse<br />
Welche Spiele bleiben<br />
schon einem<br />
Rollstuhlfahrer.<br />
Vor meinem Unfall<br />
habe ich alles<br />
gespielt. Tennis,<br />
Fußball, überhaupt<br />
alles mit Ball, alles<br />
mit Laufen,<br />
Fangen, Springen,<br />
Schneeballschlacht<br />
– Hauptsache es<br />
gab Gewinner und<br />
Verlierer, und ich<br />
natürlich bei den<br />
Gewinnern. Was<br />
blieb mir da als Rollstuhlfahrer?<br />
Mensch<br />
ärger dich nicht?<br />
Gesellschaftsspiele?<br />
Playstation? Und sobald<br />
es um richtige<br />
Spiele geht, nur die<br />
Zuschauerrolle?<br />
20<br />
Einmal Spieler<br />
immer Spieler<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
A<br />
ls Frischverletzter sah das zunächst so<br />
aus. Als ich noch im Krankenhaus lag, berichteten<br />
mir meine Klassenkameraden von<br />
dem neuen Mitschüler, Hagen hieß der, und<br />
konnte angeblich besser Volleyball spielen als<br />
ich! „Na warte“, dachte ich, „dem werde ich es<br />
schon zeigen wenn ich hier raus bin“. Gar nix<br />
zeigte ich, außer meinen nagelneuen Ortopedia<br />
AOK-Shopper. Wenn ich mit dem in der<br />
Pause über den Schulhof fuhr, gefroren alle<br />
Bewegungen rings um mich ein. Die Gummitwister<br />
hörten auf zu gummitwisten, die Fußballer<br />
hörten auf zu fußballern und die Fänger<br />
hörten auf zu fangen. Ich war das Auge des<br />
Zyklonen – rings um mich tobte der Wirbelsturm,<br />
um mich herum war alles still.<br />
Es wurde Winter und der Schulhof gewöhnte<br />
sich an mich. Und ich gewöhnte mich daran,<br />
bei den richtigen Spielen nur Zuschauer und<br />
Daumendrücker zu sein. Eines Tages hatte es<br />
heftig geschneit. Auch auf unserem Schulhof<br />
herrschte strengstes Schneeballverbot. In der<br />
Zehn-Uhr-Pause tobte dennoch ein erbitterter<br />
Krieg zwischen den Elfern (meine Kollegen)<br />
und den Zwölfern. Die Zwölfer hatten sich am<br />
Hauptportal verschanzt, die Elfer hinter der<br />
Mauer am Pavillon. Ein zäher Stellungskrieg,<br />
mit seltenen Treffern auf beiden Seiten. Da entwarf<br />
Hagen einen spontanen Plan. In Windeseile<br />
wurden Schneebälle in eine Jacke gepackt.<br />
Dann packte er mich. Er schob den Rollstuhl<br />
(mit mir drin) vor sich her und kauerte hinter<br />
mir bis mitten ins feindliche Hauptquartier. Die<br />
Zwölfer waren überrumpelt. Niemand traute<br />
sich, einen Schneeball auf den armen Behinderten<br />
zu feuern. Als sie endlich ihre Skrupel<br />
überwunden hatten, war die Schlacht längst<br />
verloren.<br />
Als ich später im Mathekurs saß, war ich nass<br />
bis auf die Haut und glücklich wie ein Schneekönig.<br />
Ich hatte als trojanisches Pferd die<br />
Schlacht für die Elf gewonnen. Ich gehörte<br />
wieder dazu.<br />
Erbärmliches Bild<br />
Als Sportart bleibt nicht viel anderes als Tischtennis.<br />
Aber das geht selbst mit meiner Behinderung<br />
ganz gut. Am liebsten schaue ich den<br />
Kindern im Schwimmbad an den Steinplatten
zu. Die 12 bis 15 jährigen Vereinsspieler sind die<br />
besten Opfer. Die spielen so saubere Toppspins,<br />
dass man schon Stunden vorher sieht, wo sie<br />
den Ball hinspielen. Wenn ich dann schüchtern<br />
frage, ob ich auch mal mitspielen kann, hilft<br />
mir ihr Schamgefühl. Wer kann einem armen<br />
Rolli schon was abschlagen? Wenn ich dann<br />
meinen Wickel raushole, um mir den Schläger<br />
anzubinden, bereuen sie schon ihre Nettigkeit.<br />
Dass ich nicht mal den Schläger richtig festhalten<br />
kann muss ein erbärmliches Bild abgeben.<br />
Das Spiel verläuft dann (bis auf ganz wenige<br />
Ausnahmen) immer nach dem gleichen Muster.<br />
Nach dem ersten verlorenen Satz fragen sie,<br />
ob sie den Ball auch überall hinspielen dürfen.<br />
Nach dem zweiten verlorenen Satz schütteln<br />
sie den Kopf. Beim dritten wollen sie die Seiten<br />
wechseln, weil der Wind wohl auf meiner Seite<br />
günstiger ist. Beim vierten machen sie aus<br />
lauter Verzweiflung selbst die Fehler und nach<br />
dem fünften fragen sie, ob ich morgen wieder<br />
komme. Das nenne ich gelungene Integration.<br />
Süße Siege<br />
Zugegebenermaßen gibt es viele Sportarten,<br />
die nicht so gut gehen. Ich konzentriere<br />
mich umso mehr auf die, die noch gehen. Bei<br />
Anzeige<br />
100 %<br />
barrierefrei<br />
Bad Herrenalb · Schwarzwald<br />
Wellness für Alle!<br />
Siebentäler Therme<br />
mit Lifter<br />
Kurpromenade 23/1<br />
76332 Bad Herrenalb<br />
Informationen & Zimmerreservierung<br />
Telefon: 07083 / 5002-0<br />
Telefax: 07083 / 5002-299<br />
mail: info@hotelak.de · www.hotelak.de<br />
Kindergeburtstagen meiner Tochter stelle ich<br />
mich bereitwillig zur „Reise nach Jerusalem“<br />
auf. Nach drei Runden hat auch die letzte kapiert,<br />
dass ich immer einen Stuhl finde. Dann<br />
ist das Geschrei groß. Beim Schokoladeessen<br />
mit Handschuhen, Mütze, Schal und Messer<br />
und Gabel (während der nächste eine sechs<br />
Würfeln muss) – da habe ich noch nie einen<br />
Bissen abbekommen. Beim Mikado ist mir die<br />
Verletzungsgefahr einfach zu groß.<br />
Aber manchmal reicht ein Überraschungsmoment<br />
aus, um ein – an sich aussichtsloses –<br />
Spiel zu gewinnen: Als es neulich darum ging,<br />
wer den Tisch abräumt, schlug ich meiner<br />
Tochter spontan „Schnick, schnack, schnuck“<br />
vor. Noch bevor sie sich besann sagte ich<br />
„schnickschnackschnuck“ und reckte ihr<br />
meine Faust entgegen. Wenn man Tetra ist<br />
wie ich, dann kann man nur „Brunnen“ oder<br />
„Stein“ und eigentlich sieht beides gleich aus.<br />
Sie machte „Schere“ und verlor. Ich würde nie<br />
wieder gegen sie gewinnen – jedenfalls nicht<br />
bei „Schnick, schnack, schnuck“ – aber die<br />
aussichtslosen sind die süßesten Siege!!<br />
Text: Ralf Kirchhoff<br />
Illustration: Kasia<br />
glosse<br />
Wer kann<br />
einem<br />
armen Rolli<br />
schon was<br />
abschlagen?<br />
Sie finden uns auf der Rehab in Karlsruhe vom 19.-21.05.<strong>2011</strong>. Halle 2, Stand E35<br />
Ihr neues Urlaubshotel im Naturparadies Nordschwarzwald<br />
2 x Übernachtungen im DZ<br />
2 x reichhaltiges Frühstücksbuffet<br />
2 x 3-Gang Gourmet-Menü<br />
1 x freier Eintritt in die Wellness Welt<br />
der Siebentäler Therme inkl.<br />
3 ausgewählte Anwendungen!<br />
Genießertage Angebot: € 219,-<br />
Im DZ pro Person, inkl. Vitalhalbpension<br />
EZ plus € 10,- pro Tag. Verlängerung möglich.<br />
61 Zimmer, davon 34 Appartements,<br />
alle rollstuhlgerecht und mit Notrufsystem,<br />
auf Wunsch mit Pflegebett ausgestattet<br />
Alle Zimmer mit LAN/DSL<br />
Service: Bei Bedarf kann der im Haus<br />
ansässige Pfegedienst beauftragt werden.<br />
Sauna, Wellness-Wanne und Pflegebad<br />
Restaurant / Wintergarten
medizin<br />
In der MS-Therapie<br />
deutet sich ein Wandel<br />
an: Im Rennen um<br />
die erste orale Therapie<br />
gegen Multiple<br />
Sklerose (MS) hat der<br />
schweizerische Pharmakonzern<br />
Novartis<br />
die entscheidende<br />
Hürde genommen:<br />
Die Europäische<br />
Arzneimittelagentur<br />
EMA empfiehlt die<br />
Zulassung von Fingolimod<br />
(Handelsname<br />
„Gilenya“). Damit<br />
steht ein neues, oral<br />
anwendbares MS-Medikament<br />
zur Verfügung,<br />
das nicht nur<br />
MS-typische Entzündungen<br />
dämpft, sondern<br />
auch Reparaturprozesse<br />
im Gehirn<br />
fördert.<br />
22<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
MS-Therapie:<br />
E<br />
s ist völlig normal: Wer krank ist, muss<br />
Tabletten nehmen. Das empfindet keiner<br />
als ein besonderes Privileg, sondern eher<br />
als etwas lästige Notwendigkeit. Ganz anders<br />
sieht es bei Menschen mit Multipler Sklerose<br />
(MS) aus: Die meisten von ihnen sehnen den<br />
Zeitpunkt herbei, an dem das erste Medikament<br />
auf den Markt kommt, das nicht mehr<br />
per Spritze oder Infusion verabreicht, sondern<br />
einfach mit einem Glas Wasser herunter geschluckt<br />
werden kann. Man sucht seit Jahren<br />
nach einer Tablette, die den injizierten und infundierten<br />
Wirkstoffen überlegen oder zumindest<br />
ebenbürtig ist, weil diese Anwendungen<br />
unangenehm sind und mit der Zeit zu Hautreinzungen<br />
führen.<br />
In Russland ist das Mittel Cladribin (Handelsname:<br />
„Movectro“) seit Juli, in Australien seit<br />
September zugelassen. Ursprünglich hatte die<br />
Firma Merck gehofft, mit Cladribin als erstes<br />
ein orales MS-Therapeutikum auf den Markt<br />
bringen zu können.<br />
Nachdem der Beraterausschuss der US-amerikanischen<br />
Arzneimittelbehörde FDA im Dezember<br />
2010 jedoch einen ersten Zulassungsantrag<br />
nicht angenommen hatte, zerschlug<br />
sich die Hoffnung. Inzwischen ist Konkurrent<br />
Novartis mit seinem Fingolimod („Gilenya“) an<br />
Merck vorbeigezogen. Ende September gab<br />
FDA dem oralen Analogon eines Pilzwirkstof-<br />
fes grünes Licht zur Erstlinientherapie schubförmiger<br />
MS.<br />
Auch bei uns brauchen die Betroffenen nicht<br />
mehr allzu lange warten: Fingolimod („Gilenya“)<br />
steht offenbar kurz vor der Zulassung.<br />
Die Experten der Zulassungsbehörde empfehlen<br />
die Zulassung für Erwachsene mit MS, die<br />
eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen und<br />
nicht auf eine Behandlung mit Beta-Interferon<br />
ansprechen, teilte die EMA mit. Diese Empfehlung<br />
„wird die Therapie der MS grundlegend<br />
verändern“, so der Prüfarzt der Zulassungsstudie,<br />
Professor Hans-Peter Hartung von der<br />
Neurologischen Klinik an der Heinrich-Heine-<br />
Universität Düsseldorf, zu der EMA-Empfehlung.<br />
Schluss mit der Spritze?<br />
Fingolimod ist ein Arzneistoff zur Therapie von<br />
schubförmig verlaufender Multipler Sklerose,<br />
dessen Wirkung auf einem neuartigen Prinzip<br />
beruht: Das als Tablette verabreichte Medikament<br />
verhindert, dass potenziell schädliche<br />
Immunzellen aus den Lymphknoten in die<br />
Blutbahn gelangen. Dadurch können diese<br />
nicht zur Entstehung von Entzündungen im<br />
zentralen Nervensystem beitragen, die für einen<br />
Großteil der Krankheitserscheinungen bei<br />
Multipler Sklerose verantwortlich gemacht<br />
werden. Zudem zeigen Untersuchungen, dass<br />
der Arzneistoff auch direkt mit Zellen des<br />
Zentralen Nervensystems reagiert, wo er eine<br />
schützende Wirkung entfalten und teilweise<br />
die Wiederherstellung von Gewebe fördern<br />
kann.<br />
Cladribin ist ein weiterer Hoffnungsschimmer<br />
am Horizont für MS-Patienten. Der Wirkstoff<br />
des Darmstädter Pharma- und Chemiekonzerns
Merck, der in der Krebstherapie bereits eingesetzt<br />
wird, sollte ebenso wie „Gilenya“ sehr bald<br />
in Form einer Tablette im Kampf gegen die MS<br />
verabreicht werden. Merck dagegen kann aber<br />
seine Tablette „Movectro“ (Cladribin) nach der<br />
endgültigen Ablehnung durch die Experten<br />
vorerst nicht auf den Markt bringen.<br />
Reduzierte Schubhäufigkeit<br />
In zwei Studien wurde der Wirkstoff Fingolimod,<br />
in einer der Wirkstoff Cladribin verabreicht.<br />
Beide halbierten die Schubrate im Vergleich<br />
zum Scheinpräparat. Fingolimod wirkte<br />
sogar besser als die Standardtherapie mit Beta-<br />
Interferon. Beide Wirkstoffe greifen allerdings<br />
tief in das Immunsystem ein und reduzierten<br />
die Zahl der weißen Blutkörperchen. Das hatte<br />
zur Folge, dass während der Behandlungen<br />
vermehrt Infektionen auftraten. Besonders augenfällig<br />
waren Infekte mit Herpesviren.<br />
Basler Forscher um den Neurologen Prof. Ludwig<br />
Kappos konnten zusammen mit einer<br />
internationalen Studiengruppe in einer zweijährigen<br />
klinischen Studie mit 1 272 Patienten<br />
Anzeige<br />
zeigen, dass sich durch die Therapie mit Fingolimod<br />
die Schubhäufigkeit bei schubförmiger<br />
Multipler Sklerose um 54 bis 60 % im Vergleich<br />
zu Placebo vermindert. Auch eine Verschlechterung<br />
der mit der Multiplen Sklerose verbundenen<br />
Behinderung konnte mit beiden getesteten<br />
Dosierungen von Fingolimod um ca. 30<br />
% während der zweijährigen Studie signifikant<br />
vermindert werden. Weiter konnten die Forscher<br />
mittels Magnetresonanztomographie<br />
zeigen, dass sich die Zahl der entzündlichen<br />
Herde deutlich verringerte und sich der Abbau<br />
von Hirngewebe (Atrophieentwicklung) deutlich<br />
verzögerte.<br />
Die Häufigkeit der Nebenwirkungen war unter<br />
beiden Fingolimod-Dosierungen auf dem<br />
gleichen Niveau wie unter Placebo. Die Anzahl<br />
schwerer Nebenwirkungen mit der gleich<br />
wirksamen, niedrigeren Fingolimod-Dosis war<br />
sogar geringer als beim Scheinmedikament.<br />
Im Vergleich dazu ebenfalls nicht generell erhöht<br />
waren Nebenwirkungen wie Infektionen<br />
und bösartige Tumore, die bei Medikamenten<br />
gefürchtet sind, welche das Immunsystem beeinflussen.<br />
medizin
medizin<br />
24<br />
Alle bisherigen<br />
Studien zeigen<br />
eine überlegene<br />
Wirksamkeit des<br />
neuen Präparats,<br />
das als Tablette<br />
eingenommen<br />
werden kann, gegenüber<br />
der Interferon-Therapie.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Einige, mit der Wirkungsweise von Fingolimod<br />
direkt zusammenhängende Nebenwirkungen<br />
wie Herzrhythmusstörungen nach der ersten<br />
Dosis und leicht erhöhte Blutdruckwerte während<br />
der Behandlung, hatten nur in Einzelfällen<br />
Auswirkungen auf das Wohlbefinden der<br />
Studienteilnehmer. Ebenso verhielt es sich mit<br />
erhöhten Leberwerten, die bei bis zu einem<br />
Fünftel der Behandelten festgestellt wurden.<br />
Darüber hinaus verursachte „Gilenya“ bei<br />
manchen Patienten ein vermehrtes Auftreten<br />
von Gürtelrosen. Gürtelrosen entstehen,<br />
wenn schlafende Windpocken-Viren, die nach<br />
der Erkrankung im Nervensystem verblieben<br />
sind, reaktiviert werden.<br />
In einer anderen einjährigen Untersuchung<br />
zeigte sich zudem,<br />
dass eine Behandlung<br />
mit Fingolimod einer<br />
niedrig dosierten Form<br />
der Interferon-Therapie<br />
deutlich überlegen ist.<br />
Noch nicht verglichen<br />
wurden die neuen<br />
Wirkstoffe mit Interferon-Präparaten,<br />
die<br />
mehrfach wöchentlich<br />
verabreicht werden,<br />
und mit dem rekombinanten<br />
Antiköper Natalizumab<br />
(Tysabri®).<br />
Hoffnungsschimmer<br />
am Horizont<br />
Alle bisherigen Studien<br />
zeigen eine überlegene<br />
Wirksamkeit des neuen<br />
Präparats, das als Tablette eingenommen<br />
werden kann, gegenüber<br />
der Interferon-Therapie. Damit ergibt sich die<br />
Chance mit „Gilenya“ (Fingolimod) zu den seit<br />
Anfang der 1990er Jahre eingesetzten Präparaten<br />
eine wirksame Alternative zur Verfügung<br />
zu stellen, die nur in injizierbarer Form<br />
erhältlich sind.<br />
Multiple Sklerose ist eine meist über mehrere<br />
Jahrzehnte dauernde Erkrankung des Zentralen<br />
Nervensystems, die in der Regel im jungen<br />
Erwachsenenalter auftritt. Weltweit sind gut<br />
zwei Millionen Menschen von MS betroffen,<br />
davon leiden an der Autoimmunerkrankung<br />
des Zentralnervensystems rund 130 000 in<br />
Deutschland.<br />
Ebenso wenig, wie die Mediziner den Verlauf<br />
der Erkrankung vorhersagen können, wissen<br />
sie mit letzter Sicherheit, was genau die<br />
Symptome MS auslöst. Bei dieser Krankheit<br />
attackieren Immunzellen die Ummantelung<br />
der Nervenzellen und verursachen eine Art Kabelbrand,<br />
was unter anderem zu Taubheitsgefühlen,<br />
Sehstörungen und Missempfindungen<br />
führt. Was die Immunzellen zu dieser Attacke<br />
veranlasst, ist bislang unbekannt.<br />
Bei über 80 % verläuft die Krankheit zunächst<br />
in Schüben mit neurologischen Störungen, die<br />
sich teilweise oder ganz zurückbilden können,<br />
und mündet im Lauf der Jahre in eine mehr stetige<br />
(chronische) Progression der Behinderung.<br />
Während die eigentliche Ursache nach wie vor<br />
nicht bekannt ist, weiß man, dass eine Überreaktion<br />
der körpereigenen Abwehr (Autoimmunität)<br />
zur Zerstörung der Nervenumhüllung<br />
(Myelinscheide) und der Nervenfortsätze (Axone)<br />
im Zentralen Nervensystem wesentlich<br />
beiträgt. Daneben spielen auch nicht direkt<br />
mit der Entzündung zusammenhängende (degenerative)<br />
Vorgänge eine Rolle.<br />
Die beiden neuen Substanzen greifen an unterschiedlicher<br />
Stelle in das Geschehen ein,<br />
haben aber die gleiche Wirkung. Sie verhindern,<br />
dass die zu den weißen Blutkörperchen<br />
zählenden Lyphozythen ins Zentralnervensystem<br />
einwandern und die Ummantelungen der<br />
Nervenzellen schädigen. Fingolimod sperrt<br />
die Lymphozythen ein, Cladribin stört den<br />
Stoffwechsel der Lymphozyten und ist daher<br />
ein spezifisches Zellgift. Fingolimod muss täglich<br />
eingenommen werden, Cladribin an acht<br />
bis zwanzig Tagen im Jahr. Patienten, die ihre<br />
ganze Hoffnung auf die neuen Arzneien setzen,<br />
wird nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten<br />
und ein gewisses Risiko auf sich zu<br />
nehmen.<br />
Text: Heike Stüvel
medizin<br />
24<br />
Alle bisherigen<br />
Studien zeigen<br />
eine überlegene<br />
Wirksamkeit des<br />
neuen Präparats,<br />
das als Tablette<br />
eingenommen<br />
werden kann, gegenüber<br />
der Interferon-Therapie.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Einige, mit der Wirkungsweise von Fingolimod<br />
direkt zusammenhängende Nebenwirkungen<br />
wie Herzrhythmusstörungen nach der ersten<br />
Dosis und leicht erhöhte Blutdruckwerte während<br />
der Behandlung, hatten nur in Einzelfällen<br />
Auswirkungen auf das Wohlbefinden der<br />
Studienteilnehmer. Ebenso verhielt es sich mit<br />
erhöhten Leberwerten, die bei bis zu einem<br />
Fünftel der Behandelten festgestellt wurden.<br />
Darüber hinaus verursachte „Gilenya“ bei<br />
manchen Patienten ein vermehrtes Auftreten<br />
von Gürtelrosen. Gürtelrosen entstehen,<br />
wenn schlafende Windpocken-Viren, die nach<br />
der Erkrankung im Nervensystem verblieben<br />
sind, reaktiviert werden.<br />
In einer anderen einjährigen Untersuchung<br />
zeigte sich zudem,<br />
dass eine Behandlung<br />
mit Fingolimod einer<br />
niedrig dosierten Form<br />
der Interferon-Therapie<br />
deutlich überlegen ist.<br />
Noch nicht verglichen<br />
wurden die neuen<br />
Wirkstoffe mit Interferon-Präparaten,<br />
die<br />
mehrfach wöchentlich<br />
verabreicht werden,<br />
und mit dem rekombinanten<br />
Antiköper Natalizumab<br />
(Tysabri®).<br />
Hoffnungsschimmer<br />
am Horizont<br />
Alle bisherigen Studien<br />
zeigen eine überlegene<br />
Wirksamkeit des neuen<br />
Präparats, das als Tablette eingenommen<br />
werden kann, gegenüber<br />
der Interferon-Therapie. Damit ergibt sich die<br />
Chance mit „Gilenya“ (Fingolimod) zu den seit<br />
Anfang der 1990er Jahre eingesetzten Präparaten<br />
eine wirksame Alternative zur Verfügung<br />
zu stellen, die nur in injizierbarer Form<br />
erhältlich sind.<br />
Multiple Sklerose ist eine meist über mehrere<br />
Jahrzehnte dauernde Erkrankung des Zentralen<br />
Nervensystems, die in der Regel im jungen<br />
Erwachsenenalter auftritt. Weltweit sind gut<br />
zwei Millionen Menschen von MS betroffen,<br />
davon leiden an der Autoimmunerkrankung<br />
des Zentralnervensystems rund 130 000 in<br />
Deutschland.<br />
Ebenso wenig, wie die Mediziner den Verlauf<br />
der Erkrankung vorhersagen können, wissen<br />
sie mit letzter Sicherheit, was genau die<br />
Symptome MS auslöst. Bei dieser Krankheit<br />
attackieren Immunzellen die Ummantelung<br />
der Nervenzellen und verursachen eine Art Kabelbrand,<br />
was unter anderem zu Taubheitsgefühlen,<br />
Sehstörungen und Missempfindungen<br />
führt. Was die Immunzellen zu dieser Attacke<br />
veranlasst, ist bislang unbekannt.<br />
Bei über 80 % verläuft die Krankheit zunächst<br />
in Schüben mit neurologischen Störungen, die<br />
sich teilweise oder ganz zurückbilden können,<br />
und mündet im Lauf der Jahre in eine mehr stetige<br />
(chronische) Progression der Behinderung.<br />
Während die eigentliche Ursache nach wie vor<br />
nicht bekannt ist, weiß man, dass eine Überreaktion<br />
der körpereigenen Abwehr (Autoimmunität)<br />
zur Zerstörung der Nervenumhüllung<br />
(Myelinscheide) und der Nervenfortsätze (Axone)<br />
im Zentralen Nervensystem wesentlich<br />
beiträgt. Daneben spielen auch nicht direkt<br />
mit der Entzündung zusammenhängende (degenerative)<br />
Vorgänge eine Rolle.<br />
Die beiden neuen Substanzen greifen an unterschiedlicher<br />
Stelle in das Geschehen ein,<br />
haben aber die gleiche Wirkung. Sie verhindern,<br />
dass die zu den weißen Blutkörperchen<br />
zählenden Lyphozythen ins Zentralnervensystem<br />
einwandern und die Ummantelungen der<br />
Nervenzellen schädigen. Fingolimod sperrt<br />
die Lymphozythen ein, Cladribin stört den<br />
Stoffwechsel der Lymphozyten und ist daher<br />
ein spezifisches Zellgift. Fingolimod muss täglich<br />
eingenommen werden, Cladribin an acht<br />
bis zwanzig Tagen im Jahr. Patienten, die ihre<br />
ganze Hoffnung auf die neuen Arzneien setzen,<br />
wird nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten<br />
und ein gewisses Risiko auf sich zu<br />
nehmen.<br />
Text: Heike Stüvel
ericht<br />
Behinderte Frauen auf dem Arbeitsmarkt:<br />
Silvia H. ist trotz aller widriger Umstände zuversichtlich. Aufgrund ihrer MS kann<br />
sie nicht mehr im ambulanten Pflegedienst arbeiten und möchte deshalb eine<br />
neue berufliche Perspektive finden, um nicht von Hartz IV und Grundsicherung<br />
leben zu müssen. Bei dem Berliner Projekt Life e.V. findet sie Unterstützung.<br />
Beim Wettbewerb „Wege<br />
ins Netz“ des Bundesministeriums<br />
für Wirtschaft und<br />
Technologie wurde 2009 das<br />
Projekt „Mit Kraft und Perspektive“<br />
ausgezeichnet.<br />
26<br />
„Ich will keine finanzielle<br />
Abhängigkeit!“<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
S<br />
ilvia H. absolviert<br />
zwei<br />
B erufsausbil -<br />
dungen: Zum<br />
einen zur Kinderpflegerin,<br />
zum<br />
anderen – ihrer<br />
künstlerischen<br />
Neigung folgend<br />
– zur Bildhauerin.<br />
Anfang der<br />
90er Jahre geht<br />
sie nach Berlin<br />
und studiert Freie<br />
Kunst/Bildhauerei.<br />
Aber sie kann<br />
von der Kunst<br />
nicht leben und<br />
so arbeitet sie<br />
nach Ende des<br />
Studiums als Hauspflegerin im ambulanten<br />
Pflegebereich.<br />
Bis sie plötzlich im Jahre 2004 einen Totalausfall<br />
hat: Sie kann nicht mehr laufen, nicht<br />
mehr mit den Händen greifen und hat Koordinationsstörungen.<br />
Die Diagnose: Multiple<br />
Sklerose. Es dauert fast ein Jahr, bis sich die<br />
Funktionen wieder regeneriert haben – mit<br />
kleinen Restausfällen. Schließlich beginnt<br />
sie wieder in der Pflegestation zu arbeiten,<br />
zunächst über eine stufenweise Wiedereingliederung,<br />
dann 30 Stunden pro Woche.<br />
Doch das Arbeitspensum ist hart, zu hart für<br />
Silvia H. Sie erleidet einen weiteren Schub.<br />
Seit 2006 erhält sie schließlich eine befristete<br />
Rente, die sie allerdings mit Hartz IV aufsto-<br />
cken muss, um davon leben zu können.<br />
Doch die 44-Jährige will keine finanzielle<br />
Abhängigkeit und vielleicht irgendwann sogar<br />
Grundsicherung beziehen müssen. Sie<br />
möchte ihren körperlichen Möglichkeiten<br />
entsprechend eine Arbeit finden. So stellt sie<br />
bei ihrem Rententräger einen Antrag auf Leistung<br />
zur Teilhabe am Arbeitsleben, um eine<br />
Umschulung machen zu können. Doch dieser<br />
Antrag wird abgelehnt. Die Begründung: „Ihre<br />
Erwerbsfähigkeit ist nicht erheblich gefährdet<br />
oder gemindert, weil Sie in der Lage sind, eine<br />
zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt weiterhin auszuüben.“<br />
Doppelt benachteiligt<br />
Silvia H. ist ratlos und weiß nicht, wie es weitergehen<br />
kann. Schließlich hört sie von der<br />
gemeinnützigen Bildungsorganisation Life<br />
e.V. Ziel dieses Berliner Vereins ist es, die<br />
Gleichberechtigung von Frauen in Bildung<br />
und Beschäftigung sowie in gesellschaftlichen<br />
Entscheidungsprozessen strukturell zu<br />
verankern. Eine Zielgruppe sind dabei Frauen<br />
mit Behinderung. Denn die etwa 3,3 Millionen<br />
Mädchen und Frauen, die in der Bundesrepublik<br />
mit einer Behinderung leben, sind bei<br />
ihrer Eingliederung in das Arbeitsleben meist<br />
doppelt benachteiligt: Zum einen verdienen<br />
Frauen generell – egal ob mit oder ohne Behinderung<br />
– rund 23 % weniger als Männer<br />
(durchschnittlicher Bruttostundenverdienst<br />
laut Statistischem Bundesamt 2008). Zum<br />
anderen bilden Frauen mit Behinderung immer<br />
noch das Schlusslicht auf dem Arbeits-
markt, auch wenn sich die Beschäftigung von<br />
schwerbehinderten Menschen in den letzten<br />
Jahren insgesamt erhöht hat und die Anzahl<br />
der berufstätigen schwerbehinderten Frauen<br />
im Zeitraum von 2003 bis 2006 um 7,5 % stieg.<br />
Ihre Erwerbsquote liegt aber mit 23 Prozent<br />
deutlich unter derjenigen der behinderten<br />
Männer mit 30 %. Im Vergleich dazu bewegt<br />
sich die Erwerbsquote nichtbehinderter Männer<br />
bei 71 %, die nichtbehinderter Frauen bei<br />
53 % (siehe Mikrozensus 2005).<br />
Anzeige<br />
Um Frauen mit körperlichen und psychischen<br />
Einschränkungen beim (Wieder-)Einstieg in<br />
das Berufsleben zu unterstützen, haben die<br />
Mitarbeiterinnen des Vereins Life e.V. 2008<br />
das Projekt „Kraft und Perspektive“ initiiert.<br />
Damit wollen sie vor allem das Vertrauen dieser<br />
Frauen in die eigenen Fähigkeiten und<br />
Ressourcen stärken, Entwicklungspotenziale<br />
bewusst machen, Kommunikations- und<br />
Selbstlernkompetenzen verbessern und<br />
konkrete Beschäftigungsperspektiven entwickeln.<br />
In der Hoffnung, ihre Chancen auf dem<br />
bericht<br />
Im Projekt „Kraft und<br />
Perspektive“ wird auch<br />
e-learning eingesetzt,<br />
um es Frauen mit Behinderung<br />
zu erleichtern,<br />
daran teilzunehmen.<br />
... etwa 3,3<br />
Millionen Mädchen<br />
und Frauen,<br />
die in der<br />
Bundesrepublik<br />
mit einer Behinderung<br />
leben,<br />
sind bei ihrer<br />
Eingliederung in<br />
das Arbeitsleben<br />
meist doppelt<br />
benachteiligt ...<br />
Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau<br />
Das qualifizierte Behandlungszentrum für Querschnittgelähmte im Süden<br />
Deutschlands zur<br />
• umfassenden Akutbehandlung bei Verletzungen und Erkrankungen des<br />
Rückenmarks<br />
• Frührehabilitation mit fachübergreifender ärztlicher Betreuung einschließlich<br />
der Neuro-Urologie<br />
• Behandlung aller lähmungsbedingten Komplikationen<br />
• lebenslange Nachsorge<br />
Ambulante Behandlung und umfassende Beratung über eine Spezialsprechstunde.<br />
Kontaktaufnahme: Telefon +49 (8841) 48-2940<br />
Fax +49 (8841) 48-2115<br />
e-mail dmaier@bgu-murnau.de<br />
Internet www.bgu-murnau.de
ericht<br />
Behinderte<br />
Frauen sind<br />
zwar in den<br />
vergangenen<br />
Jahrzehnten<br />
immer selbstbewusstergeworden,organisieren<br />
sich<br />
und kämpfen<br />
für ihre Rechte.<br />
Doch sie stoßen<br />
oftmals auf Ablehnung<br />
und<br />
Ignoranz.<br />
28<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
ersten Arbeitsmarkt zu verbessern, beginnt<br />
auch Silvia H. im März 2010 einen Kurs bei Life<br />
e.V. „Dieser Kurs hat ziemlich viel bei mir und<br />
den anderen Frauen angestoßen“, berichtet<br />
sie. „Es war das erste Mal, dass ich mich mit<br />
anderen behinderten, benachteiligten Frauen<br />
austauschen konnte.“ Und sie habe sich darin<br />
bestärkt gefühlt, dass ihre Fähigkeiten insbesondere<br />
im künstlerisch-kreativen und sozialen<br />
Bereich lägen, zwei Seiten, die sie gern<br />
zusammenbringen würde. So hofft sie, eine<br />
ihren Möglichkeiten entsprechende Umschulung<br />
zu finden – eine Umschulung, bei der sie<br />
sich durch ihre MS nicht ausgebremst fühlt.<br />
Tropfen auf den heißen Stein<br />
Andrea Simon, Leiterin des Berliner Projektes,<br />
zieht über den gesamten Verlauf des Projektes<br />
ein positives Resümee und erklärt, dass<br />
die Vermittlungsquote der teilnehmenden<br />
Frauen inzwischen bei 20 bis 30 % liege. Die<br />
Erfahrungen der ersten beiden Kurse hätten<br />
gezeigt, dass es besonders schwierig sei, die<br />
Frauen in Berufspraktika und Festanstellungen<br />
zu vermitteln. Deshalb sei der laufende<br />
Kurs von bisher acht auf zehn Monate verlängert<br />
worden, sodass die Frauen zunehmend<br />
bei der Praktikumsplatzsuche unterstützt werden<br />
und Erfahrungen in ausgewählten Betrieben<br />
sammeln können. Dazu werden Kontakte<br />
zu Arbeitgebern hergestellt. Laut Aussage<br />
von Simon müssten die Arbeitgeber jedoch<br />
noch selbstverständlicher zu Bewerbungsgesprächen<br />
einladen. Immer wieder gäbe<br />
es Unsicherheiten im Umgang miteinander.<br />
Behinderte Frauen sind zwar in den vergangenen<br />
Jahrzehnten immer selbstbewusster<br />
geworden, organisieren sich und kämpfen<br />
für ihre Rechte. Doch sie stoßen oftmals auf<br />
Ablehnung und Ignoranz. Fehlendes Wissen<br />
und Vorurteile vor allem hinsichtlich des<br />
besonderen Kündigungsschutzes erschweren<br />
einen unbefangenen Kontakt im Bewerbungsverfahren<br />
und verringern die Beschäftigungschancen<br />
der Frauen. Viele Betriebe<br />
zahlen eher die Ausgleichsabgabe, als dass<br />
sie einen Menschen mit Schwerbehinderung<br />
einstellen.<br />
„Doch nicht nur die Vermittlung ist entscheidend“,<br />
fügt Simon hinzu. „Die Frauen müssen<br />
immer wieder ermutigt werden, nicht aufzugeben,<br />
und versuchen, sich in Berufspraktika<br />
auszutesten.“ Hier könnten sie ihre Kompetenzen<br />
und ihre Leistungsbereitschaft unter<br />
Beweis stellen. Simon weist aber auch darauf<br />
hin, dass der Verdienst der Frauen oft so gering<br />
sei, dass sich der Aufwand, eine Stelle<br />
anzunehmen, selbst für motivierte Frauen<br />
mitunter nicht lohne.<br />
Tatsache bleibt, dass es speziell auf dem ersten<br />
Arbeitsmarkt immer noch viel zu wenige<br />
Stellen für behinderte Frauen und Mädchen<br />
gibt. Dabei ist gerade deren Berufstätigkeit<br />
oft die einzige Chance, um einem Leben in<br />
Armut und sozialer Isolation zu entgehen.<br />
Und Tatsache bleibt auch – trotz aller Bemühungen<br />
von Andrea Simon und ihrer engagierten<br />
KollegInnen: Die Arbeitslosigkeit von<br />
Menschen mit Behinderung in Deutschland<br />
wächst angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise<br />
dramatisch. Mit einem Anstieg auf mehr<br />
als 189 000 haben die Zahlen Anfang Februar<br />
dieses Jahres einen neuen Höchststand erreicht<br />
und beängstigende Dimensionen angenommen.<br />
Die Initiative von Life e.V. ist mit Sicherheit<br />
ein kleiner, regional begrenzter Schritt in die<br />
richtige Richtung. Doch es scheint ein Tropfen<br />
auf den heißen Stein zu sein. Arbeitslosigkeit<br />
bleibt ein gesellschaftliches Grundproblem.<br />
Denn Arbeit ist ein hoher Kostenfaktor, besonders<br />
die von Menschen mit Behinderung, die<br />
zum Teil einen höheren Unterstützungsbedarf<br />
haben als andere. Stellt sich die Frage, ob die<br />
Politik bereit ist, sich den grundsätzlichen Fragen<br />
nach der Verteilung von Arbeit und Einkommen<br />
zu stellen und ob überhaupt Wert<br />
darauf gelegt wird, die berufliche Selbstständigkeit<br />
behinderter Menschen – egal ob Frau<br />
oder Mann – zu fördern. Und zwar bevor das<br />
Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben zu einer<br />
bloßen Absichtserklärung verkümmert ist.<br />
Text & Fotos:<br />
Margit Glasow
Perfekt angepasste Rollstühle<br />
Behindertengerechte Fahrzeuge<br />
- Für jeden Behinderungsgrad<br />
- Lösungen für alle Fahrzeugtypen<br />
PARAVAN® GmbH<br />
Paravan-Straße 5-10<br />
D-72539 Pfronstetten-Aichelau<br />
Telefon +49 (0)7388 9995 91<br />
info@paravan.de<br />
www.paravan.de<br />
.de<br />
PARAVAN® GmbH<br />
Niederlassung Heidelberg<br />
Bonhoefferstr. 3a<br />
D-69123 Heidelberg<br />
Telefon +49 (0)6221 7392 090<br />
heidelberg@paravan.de<br />
Behindertengerechte Fahrschule<br />
Mietfahrzeuge<br />
Elektronisch-digitale Fahrhilfen<br />
PARAVAN® GmbH<br />
Niederlassung Paderborn<br />
Barkhauser Str. 8<br />
D-33106 Paderborn<br />
Telefon +49 (0)5251 142 72 80<br />
nrw@paravan.de<br />
PARAVAN® GmbH<br />
Niederlassung Hamburg<br />
Bei der Apostelkirche 5<br />
D-20257 Hamburg<br />
Telefon +49 (0)40 285 122 66<br />
marco.pforr@paravan.de
ericht<br />
Phoenix – Hilfe für<br />
Brandverletzte:<br />
Über ihre eigene Geschichte<br />
spricht sie nicht so gern. Viel<br />
wichtiger ist es ihr aufzuklären,<br />
wie es sich anfühlt, mit<br />
einer Brandverletzung zu<br />
leben. Mut zu machen. Deshalb<br />
hat Ilse Koch zusammen<br />
mit Bernhard Heitz den Verein<br />
„Phoenix Deutschland<br />
– Hilfe für Brandverletzte<br />
e.V.“ gegründet.<br />
30<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Ohne Angst anders sein<br />
Es war im Jahre 1990, als Ilse Koch bei der<br />
Explosion einer Propangasflasche in ihrem<br />
Wochenendhaus verletzt wurde. Viele Wochen<br />
lag sie mit schwersten Verbrennungen, auch<br />
im Gesicht, im Krankenhaus. So weiß die engagierte<br />
Frau genau, was Brandopfer durchmachen.<br />
Zum einen sind es die Schmerzen,<br />
die die Betroffenen ertragen müssen. Vor allen<br />
aber scheuen sie die Öffentlichkeit, denn<br />
ihr Aussehen hat sich oft stark verändert. Und<br />
diese Scheu, die Angst davor, wie die Umwelt<br />
auf dieses Anderssein reagiert, ist sicherlich<br />
auch nicht ganz unberechtigt. Denn Außenstehende<br />
haben oft Berührungsängste, wissen<br />
nicht, wie sie mit dem Gegenüber umgehen<br />
sollen. So haben es Brandverletzte für gewöhnlich<br />
schwer, in den Alltag zurückzufinden.<br />
Überhaupt ist der Alltag nach einem Unfall anders<br />
als vorher. Deshalb brauchen Betroffene<br />
in den meisten Fällen Hilfe.<br />
Für Ilse Koch schlossen sich nach dem Aufenthalt<br />
auf der Intensivstation mehrere Operationen<br />
in verschiedenen Krankenhäusern an.<br />
Die Intensivstation war bis dahin noch eine<br />
Art Schutzzone, denn hier gab es keine Spiegel<br />
– um den Betroffenen zunächst den eigenen<br />
Anblick zu ersparen. Doch dann schlug für<br />
Ilse Koch die Stunde der Wahrheit und auf den<br />
Landrat<br />
Manfred Nahrstedt<br />
überreichte Ilse Koch<br />
von Phoenix Deutschland<br />
den Orden.<br />
körperlichen Zusammenbruch folgte ein seelischer.<br />
Eine umfassende psychische Betreuung<br />
fehlte allerdings.<br />
Aus dieser Erfahrung heraus setzte sich Ilse<br />
Koch schon bald nach ihrer Entlassung aus<br />
dem Krankenhaus aktiv für andere Brandverletzte<br />
ein. 1999 gründete sie zusammen mit<br />
dem Piloten Bernhard Heitz, der 1997 in Kanada<br />
mit einem Flugzeug abstürzte, im Berufsgenossenschaftlichen<br />
Unfallkrankenhaus Hamburg-Boberg<br />
den Verein „Phoenix Deutschland<br />
– Hilfe für Brandverletzte e.V“. Seitdem laufen<br />
in ihrem Haus im niedersächsischen Sückau,<br />
ihrem Heimatdorf nahe der Elbe, alle Fäden<br />
des Vereins zusammen. Hier trifft man sich<br />
zur Vorstandssitzung, hier geht Ilse Koch ans<br />
Telefon, wenn jemand Hilfe braucht, hier werden<br />
Broschüren, Informationsmaterial und die<br />
Zeitschrift „Brandheiß“ erstellt und dann an<br />
alle Brandverletztenstationen in Deutschland<br />
geschickt.<br />
Die Vorstandsfrau hält Kontakte, koordiniert<br />
und besucht alle Treffen. Bernhard Heitz hingegen<br />
ist eher der Außenminister. Er lebt<br />
überwiegend in den USA, dem Mutterland<br />
von „Phoenix“, ist weltweit für den deutschen<br />
Verein unterwegs und Präsident der Weltorga-
nisation der Brandverletzten, der World Burn<br />
Foundation.<br />
Enorme Fortschritte in der<br />
Rettungs- und Intensivmedizin<br />
Laut Statistischem Bundesamt werden seit<br />
1995 jährlich etwa 18 000 Menschen durch Verbrennungen<br />
und Verbrühungen, Stromschläge<br />
oder die Einwirkung von Chemikalien verletzt<br />
und müssen stationär behandelt werden.<br />
Noch vor wenigen Jahrzehnten bedeutete eine<br />
schwere Brandverletzung für die Betroffenen<br />
häufig den Tod oder lebenslanges Leiden.<br />
Durch die enormen Fortschritte der Rettungs-<br />
und Intensivmedizin sowie der plastischen<br />
Chirurgie konnten nicht nur viele Brandverletzte<br />
überleben, sondern für sie konnte auch<br />
eine befriedigendere Lebensqualität erreicht<br />
werden. Von großer Bedeutung war in diesem<br />
Zusammenhang die Errichtung von Zentren<br />
für Schwerbrandverletzte. Häufig geschah das<br />
an Berufsgenossenschaftlichen Kliniken.<br />
Heute betreiben die Berufsgenossenschaften<br />
sieben Zentren für die Versorgung Schwerbrandverletzter.<br />
So werden im Berufsgenossenschaftlichen<br />
Unfallkrankenhaus Hamburg<br />
seit 1976 Schwerbrandverletzte versorgt, eingebunden<br />
in die Abteilung für Handchirurgie,<br />
plastische- und Mikrochirurgie. Dies erfolgt<br />
in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung<br />
für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin,<br />
unter deren Leitung auch die Intensivbe-<br />
Anzeige<br />
handlungsstation steht. Seit 1996 verfügt das<br />
Zentrum nach der letzten Erweiterung über<br />
insgesamt 21 Spezialbetten und gehört damit<br />
zu den größten Brandverletzten-Zentren<br />
Deutschlands. Zusätzlich dazu besteht seit<br />
vielen Jahren eine bewährte Kooperation mit<br />
dem Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift<br />
in Hamburg-Rahlstedt. Hier stehen<br />
zwei Intensivbetten für schwerbrandverletzte<br />
Kinder zur Verfügung, die von den Boberger<br />
Plastischen Chirurgen in Zusammenarbeit mit<br />
der Abteilung für pädiatrische Intensivmedizin<br />
betreut werden.<br />
Unabdingbar:<br />
Die psychische Betreuung<br />
Doch trotz aller medizinischer Fortschritte: Ilse<br />
Koch weiß, dass es besonders wichtig ist, die<br />
Menschen – sowohl die Brandverletzten, als<br />
auch ihre Angehörigen – in dieser schweren<br />
Zeit zu begleiten, zu verstehen, ihnen Mut zu<br />
machen.<br />
Menschen mit Brandverletzungen können<br />
heute mit 80 Prozent und mehr verbrannter<br />
Körperoberfläche überleben, sofern ihre verbrannten<br />
Hautareale mit äußerster Präzision<br />
abgedeckt werden. Die Brandverletzten<br />
wissen aber oft nicht, wie sie sich mit dem<br />
verbrannten Körper, oft auch fehlenden<br />
Gliedmaßen physisch und psychisch auseinandersetzen<br />
sollen. Wie sollen sie das Geschehene<br />
akzeptieren und damit leben? Immer<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
bericht<br />
Doch dann<br />
schlug für<br />
Ilse Koch die<br />
Stunde der<br />
Wahrheit und<br />
auf den körperlichenZusammenbruch<br />
folgte<br />
ein seelischer.<br />
<br />
Erfolgreich Therapieren!<br />
Positive Auswirkungen durch die Anwendung des Vitaline Stehgerätes.<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Telefon 0234/4175848 • www.vitaline.de
ericht<br />
„Ilse Koch ist<br />
es zu verdanken,<br />
dass viele<br />
dieser Menschen<br />
ihren Lebensmutwieder<br />
gefunden<br />
haben“<br />
Anzeige<br />
wieder wird de utlich, dass die psychische Rehabilitation<br />
und die Langzeitbegleitung von<br />
Brandverletzten sehr viel schwieriger sind als<br />
die körperliche Genesung.<br />
Die meisten Brandverletzten fallen in ein<br />
tiefes Loch, sobald sie ihre Verletzungen, ihr<br />
Anderssein realisiert haben. Die Angst davor,<br />
von der Familie, dem Partner nicht akzeptiert<br />
zu werden, wie es überhaupt weitergehen<br />
soll, ist groß. So erging es auch Ilse Koch. Oft<br />
sind Brandverletzte durch ihre Entstellungen<br />
lästigem Anstarren ausgesetzt. Oft verändert<br />
sich der gesamte Freundeskreis und nicht<br />
selten gehen Partnerschaften an den Folgen<br />
des Unfalls zugrunde. All das bedarf einer<br />
Hilfe, um sich mit den Dingen auseinanderzusetzen,<br />
für die im Krankenhaus keine Zeit<br />
gewesen ist. Und für die sich auch niemand<br />
zuständig fühlte.<br />
Hinzu kommen oft Unsicherheiten im allgemeinen<br />
Lebensalltag. Existentielle Fragen<br />
stehen gerade nach der Entlassung im Mittelpunkt.<br />
Es ist völlig offen, wie lange jeder<br />
einzelne krankgeschrieben wird. Was ist mit<br />
der Arbeitsunfähigkeit? Und was kommt danach?<br />
Gibt es die Möglichkeit, einen anderen<br />
Arbeitsplatz beim gleichen Betrieb zu erhalten?<br />
Kommt eine Umschulung in Frage? Und<br />
wenn man arbeitsunfähig ist, wie finanziert<br />
man seinen Lebensunterhalt? Welche Rente<br />
greift? Welche staatlichen Hilfen gibt es?<br />
Ehrung für Verdienste<br />
Bei all diesen Fragen will Phoenix helfen. Und<br />
Ilse Koch ist dabei unermüdlich. Sie betreut<br />
viele Betroffene persönlich und steht ihnen<br />
mit ihrer Erfahrung, ihrer Menschlichkeit zur<br />
Seite. Für dieses ehrenamtliche Engagement<br />
ist sie im Sommer letzten Jahres mit der Verdienstmedaille<br />
des Verdienstordens der Bundesrepublik<br />
Deutschland ausgezeichnet worden.<br />
„Ilse Koch ist es zu verdanken, dass viele dieser<br />
Menschen ihren Lebensmut wieder gefunden<br />
haben“, betonte Landrat Manfred Nahrstedt<br />
vom Landkreis Lüneburg in seiner Laudatio.<br />
„Alles Große in unserer Welt geschieht nur,<br />
weil jemand mehr tut, als er tun muss. Frau<br />
Koch ist so ein Mensch. Sie hat deutlich mehr<br />
getan als andere“, führte er weiter aus.<br />
In der Tat hat Ilse Koch bundesweit als auch<br />
international viel bewegt. Durch ihr Engagement<br />
haben sich sogar Brandverletztenorganisationen<br />
in Australien, Hongkong und Südafrika<br />
entwickelt. Das Wichtigste für sie selbst<br />
war dabei wohl, dass sie sich niemals zurückgezogen,<br />
sondern für sich einen Weg zurück<br />
ins Leben gefunden hat.<br />
Text: Margit Glasow<br />
Foto: Maria Nielsen
Das silberne Spar-Schwein:<br />
„Rückwirkend<br />
geht nichts“<br />
Ein Lehrstück darüber, wie sich eine<br />
eigentlich gut gemeinte Gesetzesregelung<br />
in ihr Gegenteil verkehrte.<br />
Früher, vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs zu<br />
Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen<br />
(SGB IX) wurde die Teilnahme am Rehasport von den<br />
Krankenkassen bezuschusst – oder auch nicht. Denn<br />
das war Ermessenssache und ein dauernder Streitpunkt<br />
zwischen den Krankenkassen und ihren Versicherten.<br />
In das SGB IX wurde ein Rechtsanspruch auf<br />
Rehasport festgeschrieben. Das war 2004. Mit der<br />
Rahmenvereinbarung über den Rehasport, die das<br />
umsetzen sollte, wurde allerdings der Begriff „Hilfe<br />
zur Selbsthilfe“ nicht mehr vor allem als sinnvolle<br />
Unterstützung eigener rehasportlicher Aktivitäten<br />
definiert, sondern auf Drängen der Krankenkassen<br />
vornehmlich als Argument für eine zeitliche Anspruchsbegrenzung.<br />
Nach einer „Anlernzeit“ von 50<br />
Übungsstunden (bei wenigen besonders schweren<br />
Behinderungen 120 Stunden) sollte man in der Lage<br />
sein, den Rehasport „alleine und in eigener Verantwortung“<br />
(Zitat) durchzuführen. Nur wenn ein Facharzt<br />
mit der Zusatzqualifikation Psychotherapie<br />
bestätigte, dass man dazu „wegen geistiger oder<br />
psychischer Behinderung/Krankheit“ nicht in der<br />
Lage war, konnte der Zeitraum verlängert werden.<br />
Das konnte nicht gut gehen. Nach zähen Verhandlungen<br />
gab es 2007 eine neue Vereinbarung und<br />
auch die hatte nur kurze Zeit Bestand. 2008 erklärte<br />
das Bundessozialgericht die Passagen mit einer<br />
zeitlichen Begrenzung für rechtswidrig und unwirksam.<br />
Einzig und allein medizinische Gründe sind<br />
zu berücksichtigen. Deshalb gibt es jetzt wieder<br />
eine neue Rahmenvereinbarung ab 1. Januar <strong>2011</strong><br />
und außerdem ein weiteres BSG-Urteil (B 1 KR 8/10<br />
R vom 2. 11. 2010) in dem steht, dass Rehasport in<br />
Gruppen stattzufinden hat und nicht – wie so mancher<br />
MDK-Gutachter gemeint hatte – zu Hause im<br />
stillen Kämmerlein.<br />
Das alles scherte die AOK Rheinland-Pfalz in Koblenz<br />
überhaupt nicht. 2008 verweigerte sie mit Unterstützung<br />
des MDK und der üblichen Begründung gleich<br />
drei Antragstellern die Kostenübernahme, obwohl<br />
q – querschnitt spezial<br />
beim MDK über alle drei (zwei Tetraplegiker, einmal<br />
Cerebralparese) ausführliche medizinische Informationen<br />
u. a. wegen des Bezugs von Pflegegeld vorlagen.<br />
Trotz des inzwischen auch dort bekannten<br />
Urteils des BSG waren auch die eingelegten Widersprüche<br />
erfolglos und erst die Richter beim Sozialgericht<br />
rüffelten die AOK – zu Recht. Dann dauerte<br />
es noch bis Ende 2010, bis endlich die genehmigten<br />
und abgestempelten Verordnungsformulare vorlagen,<br />
die für die Abrechnungen benötigt werden<br />
– so dachte man. Denn schließlich hatten die drei<br />
weiterhin regelmäßig am Rehasport teilgenommen,<br />
wie es der MDK auch in einem Nebensatz seiner ablehnenden<br />
Stellungnahme empfohlen hatte. Doch<br />
genehmigt wurde nur die Kostenübernahme für die<br />
Zukunft. Für die vergangenen drei Jahre sollten die<br />
Teilnehmer die Kosten gefälligst selbst übernehmen.<br />
Auf Rückfrage erklärte die Sachbearbeiterin,<br />
es sei ihr nicht erlaubt – und auch vom Gesetz her<br />
verboten – rückwirkende Genehmigungen zu erteilen.<br />
Natürlich stimmt das so nicht. Denn dafür<br />
gibt es im SGB V extra den § 13. Und selbst bezahlen<br />
können das die EU-Rentner auch nicht. Ob man<br />
bei der AOK jetzt Einsicht zeigt oder ob erneut das<br />
Sozialgericht eingeschaltet werden muss ist zurzeit<br />
noch ungeklärt. Klar ist dagegen, dass bis heute bei<br />
der AOK schon mehr Büro- , Verwaltungskosten und<br />
Gebühren angefallen sind als die beantragten Kostenübernahmen<br />
insgesamt ausmachen.<br />
Text: Herbert Müller<br />
Kriterium für die „Ehrung“ ist<br />
die Kreativität der Begründung<br />
für eine Ablehnung. Je unsinniger,<br />
desto besser sind die Chancen.<br />
Ob man darüber eher schmunzelt<br />
oder sich mehr über die Ignoranz<br />
ärgert, bleibt jedem selbst überlassen.<br />
Vorschläge sind willkommen.<br />
Herbert Müller<br />
Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />
der Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V.<br />
Freiherr-vom-Stein-Str. 47<br />
56566 Neuwied-Engers<br />
tel 0 26 22-88 96-32; Fax: -36<br />
eMail: h.mueller@engers.de<br />
PARAPLEGIKER 1/11 33
q – querschnitt spezial<br />
Wer im Rollstuhl<br />
sitzt, hat bekanntlich<br />
ein erhöhtes Risiko<br />
für Hautschäden: Für<br />
Druckgeschwüre, auch<br />
Dekubitalulzera, Dekubiti<br />
oder kurz Dekus<br />
genannt. Auf die Prophylaxe<br />
(Vorbeugung)<br />
durch Spezialkissen,<br />
konsequente Entlastung<br />
und gute Hautpflege<br />
wird oft hingewiesen.<br />
Die Rolle der<br />
Ernährung ist leider<br />
weniger bekannt.<br />
34<br />
Serie: Dekubitus (1)<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Welche Rolle<br />
spielt die Ernährung?<br />
Je schlechter der Hautzustand, desto wahrscheinlicher<br />
ist die Entstehung eines Druckgeschwüres.<br />
Gut für die Haut ist eine Ernährung<br />
mit vielen Vitaminen und Spurenelementen.<br />
Außerdem sollte ein Rollstuhlfahrer viel Eiweiß<br />
zu sich nehmen und täglich mindestens 1,5 bis<br />
zwei Liter Flüssigkeit trinken. Ideal wäre also –<br />
ob Rollstuhl oder nicht<br />
– eine vollwertige Ernährung.<br />
Alltäglich ist<br />
stattdessen der Konsum<br />
von zu viel Fett,<br />
zu viel Zucker und von<br />
Weißmehlprodukten,<br />
die wenig Vitamine<br />
enthalten.<br />
Zwar kann auch eine<br />
ausgewogene Ernährung<br />
und ausreichende<br />
Flüssigkeitsaufnahme<br />
die Deku-Entstehung<br />
nicht hundertprozentig<br />
verhindern. Aber<br />
wer diese Grundsätze<br />
befolgt, der sorgt wenigstens<br />
dafür, dass sein Deku-Risiko nicht<br />
noch weiter ansteigt.<br />
Da Rollstuhlfahrer in der Regel einen geringeren<br />
Energiebedarf als Fußgänger haben, sind<br />
viele von ihnen ständig auf Diät. Einerseits<br />
vernünftig, andererseits aber auch ein Risiko<br />
für eine mangelhafte Versorgung mit Vitaminen<br />
und Mineralstoffen.<br />
Was die Haut braucht<br />
Wer sich schlecht ernährt, muss mit einer verlangsamten<br />
Wundheilung, einem erhöhten<br />
Infektionsrisiko und einer reduzierten mechanischen<br />
Belastbarkeit von Wunden rechnen.<br />
Wer sich schlecht<br />
ernährt, muss mit<br />
einer verlangsamten<br />
Wundheilung, einem<br />
erhöhten Infektionsrisiko<br />
und einer<br />
reduzierten mechanischenBelastbarkeit<br />
von Wunden<br />
rechnen.<br />
Folgen von Fehlernährung zeigen sich auch<br />
bei sonst gesunden Menschen als Hautveränderungen:<br />
Verstärkte Faltenbildung oder Haarausfall<br />
beispielsweise. Typisch ist auch eine<br />
verzögerte Wundheilung bei Eiweißmangel, da<br />
der Körper Eiweiß braucht, um neue Körperzellen<br />
aufzubauen. Man kann einen Eiweißmangel<br />
übrigens messen,<br />
indem man den Blutspiegel<br />
von Albumin<br />
(einem Eiweiß, das vor<br />
allem in der Leber gebildet<br />
wird) bestimmt.<br />
Ein verminderter Albuminspiegel<br />
erhöht das<br />
Risiko einer Dekubitusentstehung.<br />
Auch die gezielte Zufuhr<br />
von Zink ist wichtig<br />
– gerade für Menschen<br />
nach schweren<br />
Verletzungen. Typische<br />
Risikofaktoren für Zinkmangel<br />
sind nämlich<br />
u.a. Narkosen in den<br />
letzten Monaten sowie anhaltender körperlicher<br />
oder psychischer Stress! Ähnliches gilt<br />
für Vitamin C: Ein erhöhter Bedarf besteht beispielsweise<br />
nach Verletzungen oder Operationen,<br />
auch verschiedene Medikamente (ASS!)<br />
erhöhen den Bedarf. Eine Unterversorgung mit<br />
Vitamin C schwächt nicht nur das Immunsystem<br />
(Wundinfektionen!), sondern sorgt auch<br />
für eine verlängerte Entzündungsphase und<br />
einen verzögerten Aufbau von Bindegewebe.<br />
Lipide – mehr als Fett<br />
Damit die Haut als Barriere gegenüber der Außenwelt<br />
funktioniert, ist sie nicht nur auf Nährstoffe,<br />
sondern speziell auf Lipide angewiesen,
Was die Haut braucht<br />
Fischöl (Omega-3- und<br />
Omega-6-Fettsäure)<br />
Eiweiß, essentielle<br />
Aminosäuren<br />
(u.a. Methionin,<br />
Cystein und Arginin)<br />
Vitamin A<br />
Vitamin B-Komplex<br />
Vitamin C<br />
Vitamin E<br />
Vitamin H (Biotin)<br />
Zink<br />
Enthalten z.B. in:<br />
Fetter Seefisch, Leinöl<br />
Eier, Fisch, Fleisch, Milchprodukte,<br />
Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte<br />
Eier, Milch, Milchprodukte, viele<br />
Obst- und Gemüsesorten, z.B.<br />
Möhren, Aprikosen, Kirschen,<br />
Rote Beete oder Tomaten<br />
Vollkornprodukte, Hefe,<br />
Innereien, Gemüse, Seefisch,<br />
mageres Schweinefleisch<br />
Obst, Rohkost, Gemüse, z.B.<br />
Sauerkraut, Sanddorn, Holunder,<br />
Johannisbeeren, Brokkoli, Grünkohl,<br />
Lauch oder Papaya<br />
pflanzliche Öle (z.B. Weizenkeim-,<br />
Distel- oder Rapsöl)<br />
Leber, Eier, Spinat, Pilze<br />
Kalbsleber, Austern oder Linsen<br />
auf Fette also. Man muss nicht unbedingt ständig<br />
cremen, auch mit der Nahrung oder pur<br />
(in Kapseln) eingenommene Öle zeigen an der<br />
Haut Wirkung.<br />
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren verbessern<br />
die Wundheilung und reduzieren Entzündungsreaktionen.<br />
Das haben Studien gezeigt,<br />
in denen Patienten Omega-3-Fettsäure in<br />
Form von Fischölen bekamen. Wer pro Woche<br />
ein bis zwei reichliche Seefischmahlzeiten isst,<br />
muss keine Fischölkapseln nehmen.<br />
Eher wenig bekannt ist dagegen, dass auch<br />
pflanzliche Öle ihre Stärken haben: Eine Studie<br />
am Institut für Experimentelle Dermatologie<br />
der Universität Witten-Herdecke zeigte das: Patientinnen<br />
mit rauer, trockener Haut nahmen<br />
zwölf Wochen lang täglich 2,2g Leinsamen-<br />
oder Borretschsamenöl ein. Anschließend<br />
zeigte sich ihre Haut glatter und weniger empfindlich<br />
gegenüber Giftstoffen. Leinsamenöl ist<br />
reich an Alpha-Linolensäure, Borretschsamenöl<br />
an Gamma-Linolensäure.<br />
Notwendig für:<br />
Verbesserte Wundheilung, weniger Entzündung<br />
Entstehung von Bindegewebe und Kollagen<br />
Gilt als „Hautschutz-Vitamin“, nötig zur Bildung von<br />
Zellen und Zellmembranen<br />
Vitamin B2 ist gut für die Haut, Haare und Nägel.<br />
Vitamin B5 (Pantothensäure) beschleunigt das<br />
Zellwachstum.<br />
q – querschnitt spezial<br />
Vitamin C fördert die Zellatmung und sorgt für die<br />
Vernetzung und Bildung von Kollagen. Es stärkt<br />
das Bindegewebe und hält die Haut elastisch. Als<br />
wichtiger Radikalfänger schützt Vitamin C die Haut<br />
vor schädigenden Umwelteinflüssen.<br />
Entzündungshemmend, Als wichtiger Radikalfänger<br />
schützt Vitamin E die Haut vor schädigenden<br />
Umwelteinflüssen.<br />
Vitamin H fördert die Bildung von Keratin (regt die<br />
Hautregeneration) an<br />
Zellvermehrung, Zellregeneration<br />
Zum Schluss noch eine schlechte Nachricht:<br />
Freunde von Süßigkeiten wissen zwar längst,<br />
dass Schokolade glücklich macht. Ärzte halten<br />
dagegen, dass hohe Blutzuckerspiegel leider<br />
die Wundheilung beeinträchtigen. Und auch<br />
Alkohol und Nikotin hinterlassen an der Haut<br />
Schäden, die nicht nur optisch von Nachteil<br />
sind...<br />
In der nächsten Ausgabe: Dekubitus (2)<br />
Welche Rolle spielt das Sitzkissen?<br />
Text: Ruth Auschra<br />
PARAPLEGIKER 1/11 35
q – querschnitt spezial<br />
Richtigstellung:<br />
Röntengenbild<br />
einer „Augmentatblase“,<br />
im<br />
letzten PARAplegiger<br />
stand<br />
darunter eine<br />
falsche Bildunterschrift,<br />
wir<br />
bitten um Entschuldigung.<br />
36<br />
Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />
aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />
Teil 2: Operative Therapie<br />
Etwa 20 % aller Querschnittgelähmten mit einer neurogen bedingten Störung der<br />
Blasenspeicherung bzw. -entleerung (nBFS) müssen operativ versorgt werden, da kein<br />
ausreichender Schutz der Nieren und/oder keine befriedigende Form der Blasenentleerung-/und<br />
Speicherung erzielt werden konnte.<br />
Schließmuskelschlitzung<br />
Nicht in jedem Fall ist das intermittierende Fremdkatheterisieren<br />
im häuslichen Umfeld gewährleistet. Daher ist<br />
die Schlitzung des äußeren Schließmuskels bei Männern<br />
(Sphinkterotomie), zum Beispiel bei hochgelähmten Tetraplegikern<br />
mit eingeschränkter Handfunktion, die ein Selbstkathetern<br />
unmöglich macht, und bei Koordinationsstörung<br />
zwischen Blasenmuskel und Schließmuskel zu empfehlen.<br />
Die nachfolgend balancierte Entleerung erfordert jedoch<br />
das Tragen eines Kondomurinals. Bei Narbenbildungen<br />
oder Einengungen muss die Schlitzung ggf. mehrmals<br />
durchgeführt werden.<br />
Harnblasenaugmentation<br />
Bei nicht mehr aufdehnbarer Harnblase (Blasenfibrose)<br />
oder bei spastischer Blase ohne<br />
andere Therapiemöglichkeiten ist die Erweiterung<br />
der Harnblase (Augmentation) mit<br />
einem Darmanteil möglich. Ziel ist es eine<br />
kontinente, ausreichend speichernde Harnblase<br />
zu schaffen. Ist ein Selbstkatheterimus<br />
über die Harnröhre nicht durchführbar, kann<br />
zusätzlich zur Harnblasenvergrößerung ein<br />
kontinentes, katheterisierbares Stoma am Nabel<br />
oder im Unterbauch angelegt werden.<br />
Implantation eines künstlichen Harnblasenschließmuskels<br />
Liegt eine Harninkontinenz aufgrund eines zu schwachen<br />
Schließmuskels vor, kann durch das operative Einsetzen<br />
eines sog. artifiziellen Sphinkters (künstlicher Schließmuskel)<br />
den meisten Patienten geholfen werden. Die Grundvoraussetzung<br />
für diese Operation ist jedoch eine schlaffe<br />
Harnblase, da eine spastische bzw. überaktive Blase ständig<br />
gegen den Schließmuskel arbeitet und durch die entstehenden<br />
hohen Drücke die Nieren geschädigt werden.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Implantation eines Harnblasenstimulators<br />
Die Fehlsteuerung der Harnblase kann durch die Nervendurchtrennung<br />
(Deafferentation) vollständig unterbunden<br />
werden. Die nun geschaffene Niederdruckblase kann wieder<br />
aufgedehnt werden. Durch die gleichzeitige Implantation<br />
eines Stimulators (Vorderwurzelstimulator, „Brindley-Stimulator“)<br />
ist eine willkürliche sendergesteuerte Blasenentleerung<br />
möglich. Auch die Darmentleerung und die Erektion<br />
lassen sich durch den Vorderwurzelstimulator steuern.<br />
Diese Operation ist bei komplett gelähmten Patienten mit<br />
spastischer Blase und ausgeprägten Blutdruckkrisen, Kopfschmerzen<br />
und /oder Schweißausbrüchen (sog. autonome<br />
Dysregulation), aber auch bei immer wieder auftretenden<br />
Harnweginfekten mit Verschlechterung der Nierenfunktion<br />
zu empfehlen.<br />
Sakrale Neuromodulation<br />
Die Beeinflussung der nervalen Steuerung der Harnblase,<br />
des Beckenbodens, aber auch des Darms ist bei Versagen<br />
der gängigen konservativen Maßnahmen bei inkompletter<br />
Lähmung mit der sakralen Neuromodulation möglich. Bei<br />
diesem Verfahren werden bestimmte sakrale Wurzeln (im<br />
Kreuzbeinbereich) elektrostimuliert. Besonders vorteilhaft<br />
ist, dass der individuelle Effekt der sakralen Neuromodulation<br />
durch eine vorherige Testung überprüft werden kann.<br />
Nur bei deutlicher klinischer und subjektiver Verbesserung<br />
der Blasen- und/oder Darmfunktion erfolgt eine dauerhafte<br />
Implantation.<br />
Implantation der permanenten Elektrode.
Was kann ich selbst tun?<br />
Zusätzlich zu den aufgeführten ärztlich eingeleiteten Maßnahmen<br />
kann aber auch der Patient mit nBFS zum anhaltenden<br />
Erfolg der Therapie beitragen. Neben der Einhaltung<br />
grundlegender hygienischer Notwendigkeiten beim<br />
intermittierenden Katheterisieren und die regelmäßige<br />
Einnahme der verordneten Medikamente, ist hier besonders<br />
die Vorbeugung gegen Harnweginfekte zu nennen.<br />
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1,5 Liter über den Tag<br />
verteilt) sichert eine ausreichende Spülung des Harntraktes.<br />
Die Harnansäuerung (Optimum pH 5,7-6,2 kann mit einem<br />
Urinstreifentest überprüft werden) mit Apfelessig oder medikamentös<br />
(z.B. Acimethin®, Methionin®), sowie Cranberry<br />
haben sich im klinischen Alltag bewährt. Der Nutzen für<br />
querschnittgelähmte Patienten mit nBFS konnte jedoch in<br />
klinischen Studien nicht nachgewiesen werden. Eine rein<br />
pflanzliche Ergänzung zur Vermeidung von Harnwegsinfekten<br />
stellt auch die Kapuzinerkresse und Meerrettichwurzel<br />
dar (als Angocin® erhältlich).<br />
Bei komplikationslosem Verlauf ist eine jährliche neurourologische<br />
Diagnostik zur Überprüfung des ausgewählten<br />
Therapiekonzepts ausreichend. Lediglich nach therapeutischen<br />
Maßnahmen, wie medikamentösen Umstellungen<br />
oder nach operativer Therapie werden vom behandelnden<br />
Neuro-Urologen die Kontrollintervalle individuell festgelegt.<br />
Zusammenfassung<br />
In Zentren für Querschnittgelähmte mit entsprechender<br />
neurourologischer ärztlicher Kompetenz stellt die Behandlung<br />
von Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung<br />
heute kein unlösbares Problem mehr dar. Querschnittgelähmte<br />
Patienten, die aufgrund einer Fehlsteuerung der<br />
Harnblasenfunktion dialysepflichtig werden, sehen wir zum<br />
Glück nur noch sehr selten. Die Fähigkeit, das tägliche Leben<br />
mit Querschnittlähmung und nBFS weitgehend uneingeschränkt<br />
und selbstständig meistern zu können, ist durch<br />
moderne diagnostische und therapeutische Möglichkeiten<br />
in sehr vielen Fällen zu realisieren.<br />
Autorin:<br />
Dr. med. Ines Kurze<br />
Leitende Ärztin, Abt. Neuro-Urologie<br />
Klinik f. Wirbelsäulenchirurgie u. Querschnittgelähmte<br />
Zentralklinik Bad Berka<br />
Robert-Koch-Allee 9, 99437 Bad Berka<br />
tel 03 64 58-54 14 05<br />
eMail: ines.kurze@zentralklinik.de<br />
www.zentralklink.de<br />
Anzeige<br />
Fitness für den Kopf<br />
+ Jogging für die Finger<br />
= Gesundheit aktiv gestalten<br />
Markenprodukte zur Förderung der<br />
motorischen und kreativen Fähigkeiten<br />
ür alle Altersgruppen<br />
<br />
<br />
<br />
„Regelmäßige Knetübungen<br />
stärken den Muskelaufbau und<br />
fördern die Beweglichkeit!“<br />
Katharina Winkler, Ergotherapeutin<br />
Kneten<br />
Malen/Schreiben<br />
Modellieren<br />
Weitere Informationen erhalten Sie unter kreativ-therapieren@staedtler.de<br />
© STAEDTLER Mars GmbH & Co. KG, Moosaeckerstr. 3, 90427 Nuernberg, Germany<br />
www.staedtler.de, info@staedtler.de, Tel. +49 (0)911 93 65 - 0, Fax +49 (0)911 93 65 - 402<br />
Besuchen Sie uns auf der Messe<br />
ALTENPFLEGE 12. bis 14. April in Nürnberg
q – querschnitt spezial<br />
<strong>Paraplegiker</strong> für Darmfunktions-Studie gesucht<br />
Anzeige<br />
Für eine so genannte Defäkographie-Studie über einen Zeitraum von sechs<br />
Monaten werden von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg Teilnehmer<br />
mit einer kompletten Paraplegie gesucht.<br />
Die Auswirkung der Querschnittlähmung auf die Darmfunktion ist ein<br />
bisher ungelöstes Problem. Bei etwa der Hälfte aller querschnittgelähmten<br />
Patienten treten Abführprobleme und Stuhlunregelmäßigkeiten auf.<br />
Blähungen, Schmerzen, Unwohlsein, ungewollte Stuhlabgänge und vermehrte<br />
Spastizität oder auch eine reflektorische Störung der Blasenfunktion<br />
treten oft als Begleitsymptome auf. Etwa 23% der Querschnittpatienten<br />
werden wegen gestörter Darmentleerung stationär behandelt.<br />
Die Dauer der Querschnittlähmung, das Vorhandensein einer kompletten<br />
Lähmung und die Selbstständigkeit des Patienten sind Faktoren,<br />
die eine erfolgreiche Darmrehabilitation beeinflussen können. Die<br />
„Darmrehabilitation“ bei Tetra- und <strong>Paraplegiker</strong>n gründet sich überwiegend<br />
auf erfahrungsbasierten Methoden, die sich bis heute in den<br />
Spezialzentren für Querschnittlähmung bewährt haben. Primär wird der<br />
Entleerungsrhythmus mit Hilfe von Laxantien (Abführmitteln) im Sinne<br />
eines Darm-Managements angestrebt. Aktuell gibt es jedoch keine objektiven<br />
Messverfahren für die Überlegenheit einer bestimmten Abführmethode<br />
bei einem bestimmten Lähmungstyp.<br />
Rehabilitation und Prävention<br />
für Rollstuhlfahrer, 28 Übungen in einem Gerät<br />
mkb-System . Manfred Keller<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Mittels MR-Defäkographie ist es möglich, die Dynamik der Stuhlentleerung<br />
darzustellen und mögliche Störungen im Ablauf der<br />
Stuhlentleerung besser zu verstehen und zu behandeln.<br />
Wie läuft die MR-Defäkographie ab?<br />
Die MR-Defäkographie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem<br />
es möglich ist, den Ablauf der Stuhlentleerung darzustellen. Um<br />
zeitliche Verzögerungen zu vermeiden, ist es notwendig, dass<br />
der MRT Termin mit dem Abführtag übereinstimmt. Während der<br />
Untersuchung sollten Sie sich entspannt auf die linke Seite legen.<br />
Nach Füllung des Enddarmes mit Kontrastmittel (Ultraschallgel)<br />
wird der Prozess der Stuhlentleerung eingeleitet und über einen<br />
anal aufklebbaren Beutel (Fäkal-Kollektor) aufgefangen.<br />
Ausschlusskriterien für die Untersuchung sind beispielsweise<br />
Herzschrittmacher. Wir bitten Sie zur Untersuchung einen aktuellen<br />
Kreatinin-Wert mitzubringen. Wir suchen insgesamt 20 bis<br />
30 Patienten, die als Probanden an der Studie teilnehmen möchten.<br />
Die klinische und kernspintomographische Untersuchung in der<br />
Radiologischen Abteilung der Orthopädischen Universitätsklinik<br />
Heidelberg dauert (inklusive Aufklärung) ca. 90 Minuten und beinhaltet:<br />
MR-Defäkographie,<br />
ASIA Untersuchung (Dokumentation<br />
des bestehenden Lähmungsausmaßes),<br />
Fragebogen zur neurogenen<br />
Darmlähmung,<br />
SkARV Test.<br />
Zur Verfügung stehende Untersuchungszeiten: Montag bis Freitag<br />
ab 16 Uhr, sowie Samstag nach Absprache. Die Untersuchung<br />
erfolgt nur an Abführtagen. Die Koordination der Termine erfolgt<br />
über Herrn cand. med. B. Wagner. Nach Ablauf der Studie werden<br />
wir Sie über die Ergebnisse informieren.<br />
Für die Anfahrt wird eine Aufwandsentschädigung<br />
von 50 € erstattet.<br />
Für weitere Fragen und Informationen stehen wir Ihnen unter<br />
folgender Telefonnummer gerne zur Verfügung:<br />
Frau Dr. med. C. Putz:<br />
0 62 21-96-5 oder eMail:<br />
Cornelia.Putz@med.uni-heidelberg.de
R<br />
ollstuhlfahrer konnten bisher nur mit einem<br />
Lift ins Erdgeschoss mit dem Schauraum gelangen.<br />
Das ist seit Juni 2010 anders. Besucher können<br />
jetzt barrierefrei in das völlig neu gestaltete Foyer des<br />
Hauses gelangen und dann direkt in den mit viel multimedialer<br />
und interaktiver Technik ausgestatteten<br />
Ausstellungsbereich. Dieser gleicht dem bekannten<br />
„Science Center Medizintechnik“ von Otto Bock in Berlin.<br />
So ist auch der neue Schauraum in Duderstadt von<br />
klaren Strukturen geprägt. Die Farbe Weiß dominiert<br />
und gibt dem Ganzen ein positives neues Gesicht.<br />
Prof. Hans Georg Näder, Inhaber von Otto Bock, erklärt:<br />
„Beide Schauplätze werden so in eine Balance<br />
gebracht“. Obwohl weltweit in 40 Ländern tätig, legt<br />
Näder einerseits großen Wert auf Bodenständigkeit<br />
an seinen deutschen Standorten in Duderstadt und<br />
Königsee. Andererseits ist man aber an den großen<br />
Drehscheiben der Erde aktiv. Beispielhaft ist das internationale<br />
Engagement von Otto Bock im Bereich des<br />
Behinderten-Sports, vor allen Dingen bei den Paralympics.<br />
All das ist durch Gestaltungskonzepte verbunden,<br />
die bei allen Auftritten von Otto Bock die selbe<br />
Handschrift („Communicition-Design“) tragen wie in<br />
Duderstadt, Berlin oder auch beim Expo-Auftritt von<br />
Otto Bock in Shanghai.<br />
Sowohl in Berlin als auch in Duderstadt steht „selbst<br />
ausprobieren“ im Mittelpunkt. Im Eingangsbereich<br />
zum Schauraum in Duderstadt kann man mit berührungsloser<br />
„Touchscreen“-Technik an einer großen<br />
Weltkarte viele Nachrichten und Informationen über<br />
die Otto Bock Standorte in 40 Ländern abrufen, kann<br />
sich zusätzlich über die aktuellen Wetterverhältnisse<br />
in diesen Ländern informieren. Und natürlich bekommen<br />
ausländische Besucher die Informationen auch<br />
auf Englisch.<br />
Otto Bock ist der weltgrößte Prothetik Anbieter. Aber<br />
natürlich sind die durch ihre funktionale Schönheit<br />
bekannten Rollstühle der Firma Otto Bock auch im<br />
Schauraum ausgestellt. Ergänzt wird der Ausstellungs-<br />
Bereich durch eine stilvoll eingerichtete Lobby, in der<br />
man sich bei einem Getränk gut gemachte Filme beispielsweise<br />
vom Paralympics-Engagement des Herstellers<br />
ansehen kann.<br />
Ein neues Gesicht gibt es auch in dem bei Otto Bock so<br />
genannten Bereich „Markt-Management im Geschäftsfeld<br />
Mobility Solutions“. Seit dem 1. September 2010<br />
leitet Tim Schäfer das Rollstuhl-Geschäft von Otto<br />
Bock. Er löst damit Wolfgang Raabe ab, der jetzt die<br />
Das neue Gesicht<br />
von „Otto Bock“<br />
markt<br />
An die 15 000 Menschen besuchen jährlich die Hauptverwaltung<br />
von Otto Bock in Duderstadt, dem weltgrößten<br />
Hersteller von Prothesen, dabei auch komplette<br />
Schulklassen. Die Menschen kommen aus 70<br />
Ländern nach Südniedersachsen, um sich über neueste<br />
Erkenntnisse der Prothetik und über das Rollstuhl-<br />
Programm von Otto Bock zu informieren.<br />
Leitung der bei Otto Bock neu geschaffenen „Academie<br />
Mobility Solutions“ – zu deutsch Reha Akademie – übernommen<br />
hat (siehe PARA 4/10, S. 30).<br />
Ein Besuch bei Otto Bock in Duderstadt oder Berlin –<br />
einzeln, paarweise oder in Gruppen – kann empfohlen<br />
werden. Um in Duderstadt eine umfassend qualifizierte<br />
Beratung und Betreuung sicherzustellen, ist eine Termin-Vereinbarung<br />
sinnvoll: tel 0 55 27-8 48 34 23.<br />
Weitere Infos: www.ottobock.de<br />
Text und Fotos:<br />
Hermann Sonderhüsken<br />
PARAPLEGIKER 1/11 39<br />
Tim Schäfer,<br />
Marketing-<br />
Leiter für Rollstühle<br />
(links) und<br />
Pressesprecher<br />
Rüdiger Herzog<br />
im Gespräch mit<br />
Besucherin<br />
Yvonne Fischer.<br />
Blick in den<br />
Schauraum.
q – querschnitt spezial<br />
Kinaesthetics für Menschen mit Querschnittlähmung und Angehörige:<br />
Das zentrale Thema von<br />
Kinaesthetics ist die Auseinandersetzung<br />
mit der<br />
eigenen Bewegung in<br />
alltäglichen Aktivitäten.<br />
Diese führen wir in individuellen,<br />
erlernten und<br />
meist unbewussten Bewegungsmustern<br />
durch.<br />
Die Qualität dieser Bewegungen<br />
hat einen erheblichen<br />
Einfluss auf<br />
unsere Gesundheitsentwicklung.<br />
Eine wichtige<br />
Voraussetzung für eine<br />
gesunde und selbstständige<br />
Lebensgestaltung<br />
ist die Fähigkeit, die eigene<br />
Bewegung an veränderte<br />
innere und äußere<br />
Bedingungen anpassen<br />
zu können. Darum besteht<br />
ein Ziel von Kinaesthetics<br />
darin, die Qualität<br />
der eigenen Bewegung,<br />
den persönlichen Handlungsspielraum<br />
und die<br />
Anpassungsfähigkeit im<br />
Alltag zu vergrößern.<br />
40<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Bewegte Tage in der<br />
Manfred-Sauer-Stiftung<br />
Die bewusste Sensibilisierung der Bewegungswahrnehmung<br />
und die Entwicklung der<br />
Bewegungskompetenz leisten bei jedem Menschen<br />
jeden Alters einen nachhaltigen Beitrag<br />
zur Gesundheits-, Entwicklungs- und Lernförderung.<br />
Im April 2010 fand in der Manfred-Sauer-Stiftung<br />
in Lobbach bei Heidelberg ein Kinaesthetics Seminar<br />
für Querschnittgelähmte und deren Angehörige<br />
unter der Leitung von Andreas Bartling<br />
und Anette Vogel statt. Beide sind als Pflegende<br />
und Kinaesthetics Trainer langjährig in den Querschnittzentren<br />
in Herdecke und Heidelberg tätig.<br />
In diesem Seminar setzten sich vier Tetraplegiker<br />
und ihre Partnerinnen mit dem zentralen Thema<br />
von Kinaesthetics – der eigenen Bewegung in alltäglichen<br />
Aktivitäten – auseinander. „ Unter dem<br />
Motto Gleichgewicht – Ungleichgewicht / bist<br />
du bereit deine Position zu verändern?“ machten<br />
die Teilnehmer neben kurzen theoretischen<br />
Einheiten vor allem praktische Erfahrungen mit<br />
Kinaesthetics.<br />
Spielerische Körpererfahrungen<br />
zum Finden des Gleichgewichts.<br />
Dabei stand zunächst die Sensibilisierung für die<br />
eigene Bewegung und das Verstehen von eigenen<br />
Bewegungsmustern im Vordergrund. Spielerisch<br />
versuchten die Teilnehmer mit Luftballons<br />
eigene Körpererfahrungen zum Finden ihres<br />
Gleichgewichts zu machen. Erstaunlich dabei<br />
war, wie auf diese Weise neue Bewegungsspielräume<br />
z.B. innerhalb des Schultergürtels entdeckt<br />
wurden. Auch war es für die betroffenen<br />
Menschen eine positive Erfahrung ihre Position,<br />
die im Rollstuhl oft eingeschränkt und statisch zu<br />
sein scheint, kleinschrittig zu verändern.<br />
Bewegung unterstützen<br />
Ein weiteres wichtiges Erfahrungsfeld bot die<br />
Auseinandersetzung mit alltäglichen Aktivitäten<br />
z.B. Transfersituationen Bett – Rollstuhl und dem<br />
Kopfwärtsbewegen im Bett. Unter kinaesthetischen<br />
Gesichtspunkten hatten die Angehörigen<br />
die Möglichkeit, ihre Partner in der Bewegung zu<br />
unterstützen ohne zu heben. In diesem Zusammenhang<br />
konnte auf individuelle Wünsche und<br />
Fragestellungen aus dem häuslichen Alltag ein-<br />
Größere Bewegungskompetenz für Pflegebedürftige<br />
und Angehörige durch Kinaesthetics.
gegangen werden wie z.B. Gestaltung eines Autotransfers,<br />
Bewegungsmöglichkeiten in einem<br />
Wohnmobil. Dabei konnten verschiedene Hilfsmittel<br />
z.B. Gleittunnel und Anti-Rutschmatten zur<br />
Bewegungsförderung ausprobiert, sowie Ideen<br />
für die individuelle Gestaltung der häuslichen<br />
Umgebung entwickelt werden. Darüberhinaus<br />
gestaltete ein Paar – selbst Kursteilnehmer des<br />
Seminars – dieses mit, indem sie den Rollstuhltanz<br />
vorstellten und die anderen Teilnehmer zu<br />
dieser Bewegungserfahrung motivierten.<br />
Bezeichnend für dieses Seminar war, dass die<br />
Teilnehmer kein starres, vorgefertigtes Konzept<br />
erhielten, sondern vielmehr eine Lernumgebung,<br />
in der sie eigene, ganz individuelle Bewegungsideen<br />
entwickeln konnten. Alle Beteiligten<br />
arbeiteten sehr motiviert und mit viel Freude an<br />
diesem Thema. Zu dieser Stimmung trug auch<br />
die einladende Atmosphäre der Manfred-Sauer-Stiftung<br />
bei. Lichtdurchflutete, helle Räume<br />
schufen eine optimale Lernumgebung und die<br />
rollstuhlgerechten Appartements sorgten für<br />
eine gute Unterbringung der Teilnehmer. Das<br />
Restaurant bot nach dem Essen viel Raum für einen<br />
gemeinsamen Austausch.<br />
Das nächste Seminar ist vom 14. bis 17. April<br />
diesen Jahres ebenfalls in der Manfred-Sauer-<br />
Stiftung in Lobbach geplant und wird als Kinaesthetics<br />
Grundkurs für pflegende Angehörige<br />
durchgeführt. Detaillierte Informationen: www.<br />
manfred-sauer-stiftung.de unter Kursprogramm.<br />
Grundkurs Kinaesthetics für<br />
pflegende Angehörige<br />
Menschen, die Angehörige pflegen, bewältigen<br />
in ihrem Alltag große Herausforderungen. Sie<br />
führen ihr eigenes Leben und helfen dem pflegebedürftigen<br />
Menschen bei der Verrichtung<br />
alltäglicher Aktivitäten wie aufstehen, waschen,<br />
sich anziehen, essen usw. Sie sind vor die Aufgabe<br />
gestellt, für die Lebensqualität des pflegebedürftigen<br />
Menschen und für die eigene Gesundheit<br />
zu sorgen. Diese Doppelrolle kann leicht zu einer<br />
Überforderung werden und die Gesundheit aller<br />
Beteiligten beeinträchtigen.<br />
Kinaesthetics geht davon aus, dass die Unterstützung<br />
eines pflegebedürftigen Menschen<br />
dann gesundheits- und entwicklungsfördernd<br />
ist, wenn sie ihn in seinen eigenen Bewegungsmöglichkeiten,<br />
in seiner Eigenaktivität und<br />
Selbstwirksamkeit unterstützt. Eine Voraussetzung<br />
dafür ist die Bewegungskompetenz der<br />
pflegenden Personen.<br />
Wird eine Unterstützung auf der Grundlage von<br />
Kinaesthetics gestaltet, führt diese nicht nur zu<br />
erstaunlichen Fortschritten bei den pflegebedürftigen<br />
Menschen, sondern verhindert auch,<br />
dass pflegende Angehörige durch ihre Pflegetätigkeit<br />
ihrer eigenen Gesundheit schaden. Alle<br />
Beteiligten profitieren gleichermaßen von einer<br />
größeren Bewegungskompetenz.<br />
Anmerkung zum Autor:<br />
Andreas Bartling ist Krankenpfleger auf der<br />
Fachabteilung für Rückenmarkverletzte im<br />
Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke und<br />
Kinaesthetics Trainer Stufe 3.<br />
Anzeige<br />
q – querschnitt spezial
Leitet den Bereich Kultur<br />
und Freizeit bei der Schweizer<br />
<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung:<br />
Urs Styger.<br />
„Égalité Handicap“:<br />
Beratung und Information<br />
Égalité Handicap ist eine<br />
Fachstelle der Konferenz<br />
der Dachorganisationen der<br />
privaten Behindertenhilfe und<br />
-selbsthilfe DOK in Bern. Sie<br />
bietet eine Rechtsberatung für<br />
Menschen an, die wegen ihrer<br />
Behinderung benachteiligt<br />
werden, steht Betroffenen und<br />
Interessierten bei Fragen zum<br />
Behindertengleichstellungsrecht<br />
zur Verfügung und informiert<br />
über das Thema durch<br />
verschiedene Publikationen.<br />
Die Einrichtung verfolgt Gesetzgebung<br />
sowie Rechtsprechung<br />
auf nationaler Ebene<br />
und wirkt bei der Entwicklung<br />
weiterer gesetzlicher Grundlagen<br />
mit. Kontakt:<br />
www.egalite-handicap.ch<br />
42<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Querschnittgelähmte in Europa (IV): Schweiz<br />
„Gesetzliche Vorschriften<br />
reichen nicht aus“<br />
Ein Blick über den Zaun zu unseren Nachbarn: Wie leben Querschnittgelähmte<br />
in der Schweiz? Ist Barrierefreiheit (noch) ein Problem? Gibt es<br />
einen rechtlich garantierten Schutz vor Diskriminierung? Und: Wie sieht<br />
die medizinische und materielle Versorgung aus? Im Rahmen unserer Europa-Serie<br />
sprachen wir mit Urs Styger, dem Bereichsleiter Kultur und Freizeit<br />
bei der Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung (SPV).<br />
? Herr Styger, wie viele<br />
Mitglieder hat Ihr Verband?<br />
Insgesamt etwa 11.000, davon zirka<br />
4.200 Aktivmitglieder.<br />
? Geben Sie eine Mitglieder-Zeitschrift<br />
heraus und wenn ja: Wie<br />
hoch ist die Auflage?<br />
„Paracontact“ kommt viermal<br />
jährlich in deutscher und französischer<br />
Sprache heraus. Die Auflage ist 9 200<br />
Exemplare deutsch und 5 200 französisch. Wir<br />
haben noch andere Druckerzeugnisse, wie einen<br />
jährlich erscheinenden Ferienkatalog und „Go<br />
Ahead“, das sich dem Rollstuhlsport und deren<br />
Resultaten widmet.<br />
? Wie würden Sie allgemein das Klima gegenüber<br />
Körperbehinderten in der Schweiz<br />
beschreiben?<br />
Wir erfahren eine gute Akzeptanz. Probleme haben<br />
wir eher damit, dass die Mitmenschen zu<br />
wenig über Behinderungen Bescheid wissen und<br />
oftmals Mühe bekunden, mit Behinderten umzugehen.<br />
? Auf welches Verhalten trifft man zum Beispiel,<br />
wenn ein Rollstuhlfahrer um Hilfe bei der<br />
Überwindung einer Barriere bittet, etwa beim<br />
Einsteigen in einen Bus?<br />
Wenn Hilfe benötigt wird, bekommt man diese in<br />
der Regel.<br />
Auf Reisen: Der himmelblaue Bus der SPV.<br />
? Gibt es in der Schweiz gesetzliche Vorschriften,<br />
die körperbehinderte Menschen vor Diskriminierung<br />
schützen?<br />
Das schweizerische Recht zum Schutz vor Benachteiligung<br />
und Diskriminierung von Menschen mit<br />
Behinderungen besteht auf der einen Seite aus<br />
dem eigentlichen Behindertengleichstellungsrecht.<br />
Auf der anderen Seite umfasst es auch zahlreiche<br />
Rechtsnormen im Privatrecht, Strafrecht<br />
und öffentlichen Recht, die implizit Schutz vor<br />
diskriminierenden Handlungen gewähren. Das<br />
eigentliche Behindertengleichstellungsrecht ist<br />
noch jung. Das Verbot der Diskriminierung wegen<br />
einer körperlichen, geistigen und psychischen Behinderung<br />
ist seit dem 1. Januar 2000 ausdrücklich<br />
in Kraft. Das Bundesgesetz über die Beseitigung<br />
von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen<br />
gilt seit Anfang 2004. Außerdem steht<br />
„Égalité Handicap“ zur Beratung und Information<br />
zur Verfügung (Anm.d.Red.: siehe Kasten, links).
Alltag: Ein rolligerechter Automat.<br />
? Rein rechtlich ist also Gleichstellung garantiert.<br />
Verändert sich dadurch auch die Realität für<br />
Behinderte generell?<br />
Gesetzliche Vorschriften reichen nicht aus. Wir sind<br />
der Meinung, dass die Öffentlichkeitsarbeit sehr<br />
wichtig ist und damit auch ein besseres Verständnis<br />
bei der Bevölkerung erreicht wird. Wir stellen<br />
immer wieder fest, dass die sichtbaren Probleme<br />
erkannt werden. Einem Rollstuhlfahrer sieht man<br />
an, dass er eine Körperbehinderung hat. Man sieht<br />
ihm aber nicht an, dass er ebenfalls Blasen-, Darm-<br />
oder auch Sexualfunktionsstörungen hat.<br />
Zu niedrige Tische in Restaurants<br />
? Wie sieht es mit der Barrierefreiheit in öffentlichen<br />
Einrichtungen und Verkehrsmitteln aus?<br />
Kommt ein Rollstuhlfahrer im Allgemeinen gut in<br />
Restaurants oder Kneipen?<br />
Im öffentlichen Verkehr hat sich die Situation in<br />
den letzten Jahren stark verbessert. Es braucht<br />
aber noch einige Efforts, um mit skandinavischen<br />
Ländern oder den USA mithalten zu können. In ein<br />
Restaurant zu gelangen ist nur ein Teil. Irgendwie<br />
geht das in der Regel, wenn nötig durch die Kü-<br />
Anzeige<br />
Hebe- und Pfl egehilfen<br />
für Menschen mit Handicap<br />
Auf der Messe: REHAB in Karlsruhe, 19.- 21. Mai <strong>2011</strong><br />
Baden ohne Barrieren •<br />
Poollifter • Deckenlifter •<br />
Wandlifter • Mobile Lifter ...<br />
che oder sonst einen Eingang. Probleme haben<br />
wir mit zu niedrigen Tischen. Meistens aber hat es<br />
keine barrierefreie Toilette oder diese befindet sich<br />
an einem Ort, der nur über Stufen erreichbar ist.<br />
Auch hier ist die Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig.<br />
Wir haben schon mehrmals erlebt, dass eine gut<br />
ausgestattete Toilette vorhanden wäre, diese aber,<br />
mangels regelmäßigen Gebrauchs, zweckentfremdet<br />
wird für Stauraum, Putzraum etc.<br />
? Gibt es rollstuhlgerechte öffentliche Toiletten<br />
in den Stadtzentren?<br />
Ja. Die Situation hat sich massiv verbessert. Schwierig<br />
ist jedoch das Finden der öffentlichen Toiletten.<br />
Im Internet gibt es einzelne Verzeichnisse, oder<br />
Städte haben eine Information betreffend Barrierefreiheit<br />
allgemein in ihrer Stadt – aus meiner<br />
Sicht ist das Verzeichnis von „Luzern Tourismus“<br />
sehr gelungen. Es informiert auch über den Euro-<br />
Key (http://www.luzern.com/de/navpage.cfm?ca<br />
tegory=FactsLU&subcat=LuzernAZLU&id=72345).<br />
? Und verfügen die Rollstuhlfahrer in der Schweiz<br />
über einen Europa-Schlüssel für die Toiletten?<br />
Ja, unseren Mitgliedern ist der Euro-Schlüssel bekannt.<br />
Sie können diesen bei uns bestellen.<br />
? Gibt es in der Schweiz medizinische Aufklärungskampagnen<br />
über die Gefahr, eine Querschnittlähmung<br />
zu bekommen, zum Beispiel<br />
durch Bade- oder Motorradunfälle?<br />
In der Zeitschrift „Paraplegie“ der Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Stiftung<br />
wird immer wieder auf die täglichen<br />
Gefahren hingewiesen in dem Sinne, dass<br />
die Unglücksfälle beschrieben werden. Wir kennen<br />
aber auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung,<br />
die sehr gute Arbeit leistet und auch im Fernsehen<br />
aktiv Werbung zur Unfallverhütung betreibt<br />
(http://www.bfu.ch/German/Seiten/default.aspx).<br />
Telefon: 07054/7178<br />
www.reha-hebehilfen.de<br />
10 x in<br />
Deutschland<br />
Hubkraft<br />
225 kg<br />
„Die Staatskasse kann nicht<br />
auf Kosten von Behinderten<br />
saniert werden“<br />
Schweizer<br />
<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung<br />
Die 1980 gegründete Schweizer<br />
<strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung (SPV)<br />
ist der nationale Dachverband<br />
der Querschnittgelähmten. Sie<br />
fördert, vertritt und koordiniert<br />
gesamtschweizerisch die Anliegen<br />
der Para- und Tetraplegiker<br />
sowie weiterer Mitglieder. Zudem<br />
unterstützt sie 26 regionale<br />
Rollstuhlclubs in der ganzen<br />
Schweiz. Zum Leistungsangebot<br />
gehören die Sozial- und Rechtsberatung,<br />
Rollstuhlsport Schweiz<br />
(Förderung des Spitzen- und<br />
Breitensports), die Lebensberatung,<br />
das Zentrum für hindernisfreies<br />
Bauen und die Abteilung<br />
Kultur und Freizeit mit ihrem<br />
Reisebüro und der eigenen<br />
Reisebusflotte.<br />
Geschäftsstelle:<br />
Kantonsstrasse 40<br />
CH-6207 Nottwil<br />
tel 0041- 939 54 00<br />
Fax 0041- 939 54 09<br />
eMail: spv@spv.ch<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.spv.ch
q – querschnitt spezial<br />
Sehr gute medizinische Versorgung<br />
? Wie würden Sie den medizinischen Versorgungsstand von<br />
Querschnittgelähmten in der Schweiz beschreiben? Gibt es spezielle<br />
Querschnitt-Zentren, in denen akut Querschnittgelähmte versorgt<br />
werden?<br />
Ja, die Versorgung in der Schweiz ist sehr gut. Wir haben verschiedene<br />
Zentren: Basel, Zürich, Sion und Nottwil. Das größte Zentrum, das<br />
Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Zentrum, ist in Nottwil und genießt weltweit<br />
große Anerkennung.<br />
? Erhalten Querschnittgelähmte in der Schweiz materielle Unterstützung<br />
vom Staat oder anderen Institutionen, etwa bei der Umrüstung<br />
des Autos, dem barrierefreien Umbau der Wohnung sowie bei der<br />
Rehabilitation? Gibt es so etwas wie Erwerbsunfähigkeitsrenten für<br />
einen Querschnittgelähmten?<br />
Wir kennen in der Schweiz verschiedene Versicherungen, die für Heilungskosten,<br />
Hilfsmittel und Renten aufkommen. Die Heilungskosten<br />
werden in der Regel für Unfälle von Arbeitnehmern durch die obligatorische<br />
Unfallversicherung übernommen. Bei der Krankenversicherung<br />
ist die Unfallversicherung bei allen obligatorisch mitversichert,<br />
die nicht berufstätig sind oder keine obligatorische Unfallversicherung<br />
haben. Das System ist jedoch relativ kompliziert und die Koordination<br />
der einzelnen Versicherungen ist selbst für Fachleute ein Buch mit sieben<br />
Siegeln. Umbauten zuhause und allenfalls für die berufliche Wiedereingliederung<br />
werden in der Regel von der Invalidenversicherung<br />
übernommen. In der Schweiz kennen wir das „Drei Säulen Konzept“:<br />
Staatliche Vorsorge, berufliche Vorsorge und private Vorsorge. Die erste<br />
und zweite Säule erreichen ihr Ziel jedoch nur noch bedingt. Aus<br />
diesem Grunde unterstützt der Staat auch die private Vorsorge. Die<br />
dritte Säule ist im Gesetz verankert und wird zum Teil mit Steuervorteilen<br />
belohnt.<br />
Anzeige<br />
Para Agility: Macht sowohl dem behinderten Hundehalter<br />
als auch dem Hund Spaß.<br />
? Haben Sie einen bestimmten Wunsch an die Politik?<br />
In den letzten Jahren mussten wir uns vermehrt mit Gesetzesrevisionen<br />
abfinden. Diese Revisionen hatten sehr oft zur Folge, dass die<br />
Behinderten schlechter gestellt wurden. Diese Tendenz darf so nicht<br />
weitergehen. Die Staatskasse kann nicht auf Kosten von Behinderten<br />
saniert werden. Für Fehler in der Vergangenheit sollen nicht Betroffene<br />
den Kopf hinhalten. Ich erwarte von den Politikern auch mehr<br />
Sachverstand und, wenn dieser nicht genügend vorhanden ist, dass<br />
er bei Betroffenen eingeholt wird. Von den einzelnen Versicherungen<br />
erwarte ich, dass sie die Verordnungen überall gleich behandeln.<br />
Herr Styger, ich bedanke mich für dieses Gespräch.<br />
Interview: Arndt Krödel<br />
Fotos: Schweizer <strong>Paraplegiker</strong>-Vereinigung
Die Paravan GmbH ist für die Erfindung<br />
des SPACE DRIVE Systems mit<br />
dem „Innovationspreis der deutschen<br />
Wirtschaft – Erster Innovationspreis<br />
der Welt®“ in der Kategorie<br />
„Mittelständische Unternehmen“<br />
ausgezeichnet worden. Frau Prof.<br />
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin<br />
für Forschung und Bildung,<br />
hat den Preis im Rahmen einer festlichen<br />
Gala im Congress Center zu<br />
Frankfurt gemeinsam mit Vertretern<br />
der Stifter übergeben.<br />
Mit dem SPACE DRIVE System geht der mobile<br />
Traum vom Fahren ohne Lenkrad für Rollstuhlfahrer<br />
in Erfüllung: Autofahren mit einem 4-Wege-<br />
Joystick ohne Lenksäule, Lenkrad und Pedale. Das<br />
neue System ermöglicht Menschen mit geringsten<br />
Restkräften, hohem Querschnitt, minimalen<br />
Bewegungsfähigkeiten und sogar ohne Arme<br />
oder Beine, sicher Auto zu fahren. Mit Space Drive<br />
sind diese in der Lage Bremse, Gas und Lenkung<br />
sowie alle anderen Funktionen durch mikroprozessorgesteuerte<br />
Fahrhilfen zu betätigen, die die<br />
Signale in Nanosekunden an zwei Servomotoren<br />
für Bremse und Gas und an zwei weitere für die<br />
Lenkung übertragen. Das patentierte System ist<br />
das erste modulare, digitale und universell einsetzbare<br />
Mehrkanal-Komplettsystem mit patentierter<br />
Aktiver Servomotoren-Redundanz. Es ist TÜV-geprüft<br />
und erhält Straßenzulassung.<br />
Die PARAVAN GmbH ist mit nun 31 hochrangigen<br />
Staats- und Innovationspreisen das meist ausgezeichnete,<br />
mittelständische Unternehmen im Mobilitätsbereich.<br />
Gegründet von Roland Arnold hat<br />
sich der PARAVAN Mobilitätspark zum Weltmarktführer<br />
für individuell angepasste Behindertenfahrzeuge<br />
mit eigenen, patentierten Produkten und<br />
dem „Alles aus einer Hand – Service“ etabliert. Die<br />
PARAVAN GmbH beschäftigt über 100 Mitarbeiter<br />
und hat Niederlassungen und Partner auf der<br />
ganzen Welt. Die Neuentwicklung SPACE DRIVE<br />
<strong>2011</strong> zählte zu den insgesamt 320 Einreichungen,<br />
aus denen ein unabhängiger Wissenschaftler-Ausschuss,<br />
unter anderem Nobelpreisträger Prof. Dr.<br />
Klaus von Klitzing, der Astronaut Dr. Ulf Merbold,<br />
Prof. Dr. Lothar Späth, Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger,<br />
Präsident des Fraunhofer-Instituts jeweils die<br />
beste technische, wissenschaftliche oder geistige<br />
Innovation ausgewählt hat.<br />
markt<br />
Innovationspreis<br />
für SPACE DRIVE System<br />
Anzeige<br />
PARAVAN Geschäftsführer<br />
Roland Arnold mit<br />
Gattin Martina Arnold<br />
erhalten aus den Händen<br />
der Bundesministerin für<br />
Forschung und Bildung<br />
Prof. Dr. Annette Schavan<br />
die Auszeichnung „Innovationspreis<br />
der deutschen<br />
Wirtschaft“. TV-Liebling<br />
Cherno Jobatey freut sich<br />
mit den Gewinnern.<br />
24. Jahrestagung<br />
der Deutschsprachigen<br />
Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie e.V.<br />
Bad Wildbad<br />
Berufsförderungswerk<br />
Bad Wildbad<br />
Berufliche Rehabilitation Querschnittgelähmter:<br />
ein entscheidender Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe<br />
Weitere Themen<br />
Schmerz bei Querschnittlähmung Fortschritte der operativen Therapie Neuro-Urologie<br />
Querschnitt-Rehabilitation bei pädiatrischen Patienten Rehabilitation: Physiotherapie, Ergotherapie<br />
Freie Themen<br />
Information und Anmeldung unter<br />
www.conventus.de/dmgp<strong>2011</strong>
q – querschnitt spezial<br />
Holger Rummer:<br />
Vor 20 Jahren begann Holger Rummer sein „neues“<br />
Leben als Künstler. Nach einem Unfall entwickelte sich<br />
in der Reha-Phase als Tetraplegiker sein Interesse an der<br />
Malerei, zu der sich das Formen von Skulpturen dazu gesellte.<br />
Seitdem hat er seine Kompositionen in zahlreichen<br />
Ausstellungen gezeigt. Seine Überzeugung: Vielleicht<br />
steckt viel mehr in jedem Einzelnen, als man denkt.<br />
Energie hat der Mann. Das merkt man, wenn er redet, und das sieht man<br />
seinen farbintensiven Bildern an. „Rummer-Energie“ hat das mal eine Rednerin<br />
bei der Eröffnung einer seiner Ausstellungen genannt. Als wir uns<br />
an diesem Januarnachmittag im Kurpfalz-Café auf dem Heidelberger SRH-<br />
Gelände treffen, erscheint Holger Rummer in sportlicher Kleidung – nach<br />
unserem Gespräch ist Rugby-Training angesagt. Der 42-Jährige spielt bei<br />
den Heidelberger „Outlaws“ und ist auch im Vorstand des gleichnamigen<br />
Vereins. Acrylbilder und Rugby: Das sensible Künstlerische und das Sportliche<br />
mit dem eher etwas rauen Anstrich schließen sich bei ihm nicht aus.<br />
Anzeige<br />
Leidenschaft für<br />
Malen und Bildhauerei<br />
RL-50 Deckenlift<br />
mit Rollstuhlaufhängung<br />
Bundesweiter Vertrieb und Service: 02 34 – 91 600 50<br />
Dank der speziell entwickelten Fahrschiene bleibt ihre Treppe in ganzer Breite frei. Der<br />
Einbau kann in Mehrfamilienhäusern, engen Treppenhäusern, über mehrere Etagen<br />
erfolgen. Haltestellen sind frei wählbar. Die Bedienung erfolgt auch bei eingeschränkter<br />
Mobilität durch den Benutzer oder Begleitperson. Fernsteuerbar ohne Kabelmontage.<br />
HÖGG Liftsysteme<br />
Hattinger Straße 712 a<br />
44879 Bochum<br />
sales@hoegglift.de www.hoegglift.de<br />
Gerade ist eine mehrwöchige Ausstellung<br />
seiner Bilder in der Manfred-Sauer-Stiftung<br />
in Lobbach bei Heidelberg zu Ende gegangen.<br />
Und Holger Rummer gehört nicht zu den<br />
Künstlern, die auf ihren Bildern sitzen bleiben<br />
– seine Kunst kommt an und findet ihre Käufer.<br />
Gelernt hat der gebürtige Aschaffenburger eigentlich<br />
etwas ganz Anderes: Schreiner. In diesem<br />
Beruf arbeitete er als junger Mann auch<br />
einige Monate in Berlin, damals der Ort, an<br />
dem Wehrdienstpflichtige vom „Bund“ befreit<br />
waren. Aber die alte (und jetzt wieder neue)<br />
Hauptstadt war nicht seine Welt. Holger Rummer<br />
ist jemand, dem seine Wurzeln – manche<br />
nennen es „Heimat“ – wichtig sind. Er ging zurück<br />
nach Unterfranken, stellte den Antrag auf<br />
Kriegsdienstverweigerung und trat 1989 seinen<br />
Zivildienst bei der Caritas an, wo er unter<br />
anderem im Fahrdienst eingesetzt war.<br />
„Mit mir selbst klar kommen“<br />
Ein Jahr später, an einem freien Sonntag bei<br />
einer Ausfahrt mit dem Motorrad im Spessart,<br />
veränderte sich sein Leben auf einen Schlag. Er<br />
hatte einen Unfall und erlitt eine Querschnittlähmung.<br />
„Es war eine Kurve zu viel“, sagt er<br />
heute. Mit 22 Jahren kam er als Tetraplegiker<br />
zur medizinischen Reha in das Querschnittzentrum<br />
in Heidelberg-Schlierbach, später<br />
folgten berufliche Eignungstests im Berufsförderungswerk<br />
in Wieblingen. An eine konkrete<br />
Umschulung dachte Rummer damals nicht:<br />
„Ich musste erst mal mit mir selbst klar kommen“,<br />
schildert er rückblickend seine Situation.<br />
Die Aussage eines Pflegers, er würde nun nie<br />
mehr selbstständig sein können, fand er dabei<br />
eher abschreckend.<br />
Schon in dieser Phase keimte in ihm das Interesse<br />
an der Malerei. Früher hatte er damit<br />
wenig am Hut, ein bisschen Zeichnen war eigentlich<br />
alles. Mit Seidenmalerei begann dann<br />
der Einstieg ins künstlerische Fach, und bald<br />
malte Rummer – inzwischen wieder zu Hause
– auch großflächig mit Acryl auf Leinwand. In<br />
der Zukunft will er auch mit Ölfarben arbeiten.<br />
1993 hatte er in der Nähe von Aschaffenburg<br />
seine erste Ausstellung, viele weitere folgten<br />
seitdem, unter anderem auch bei „Brave Art“<br />
in Weinheim, einer Stiftungsinitiative zur Förderung<br />
talentierter junger Behinderter in der<br />
Kunst.<br />
Filigrane Tusche-Arbeiten<br />
Holger Rummer fasziniert der Entstehungsprozess<br />
eines Bildes, die Eigendynamik bei der<br />
Formung des Sujets. Es braucht also nicht unbedingt<br />
die klar umrissene Vorgabe, denn „der<br />
Weg ist das Ziel“, wie er seine Erfahrungen beschreibt.<br />
Aus diesem künstlerischen Arbeiten<br />
zieht er Kraft – und freut sich darüber, wenn<br />
seine Bilder den Leuten gefallen. „Aber in erster<br />
Linie male ich für mich“, ergänzt er. Seine<br />
Werke, deren Technik zum Beispiel in mehreren,<br />
sich überlagernden Farbschichten angelegt<br />
ist und bei denen das Abstrakte überwiegt,<br />
lassen einen großen Raum zur Interpretation.<br />
Dazu passt seine Aussage: „Ich will keine Rätsel<br />
lösen, sondern neue Rätsel schaffen“.<br />
Der Aschaffenburger Künstler würde nicht soweit<br />
gehen zu behaupten, mit seinen Bildern<br />
die Welt besser machen zu wollen. Es bedeutet<br />
für ihn schon viel, sie damit für einige Menschen<br />
ein bisschen schöner zu machen – davon hätte<br />
er am Anfang seines Künstlerlebens kaum zu<br />
träumen gewagt. Neben dem Malen mit Acryl<br />
widmet sich Rummer auch dem Zeichnen mit<br />
„Getrennte Verbundenheit“.<br />
q – querschnitt spezial<br />
Tusche, was zunächst wegen des Handikaps gar nicht möglich war. Wie<br />
sehr ihm die filigrane Arbeit mittlerweile gelingt, zeigt etwa das Bild „Gedankenausbruch“.<br />
Dennoch, manchmal merkt er die Einschränkung seiner<br />
Fingerfunktionen schon.<br />
Und noch eine künstlerische Ausdrucksmöglichkeit reizt ihn: das Formen<br />
von Skulpturen. In einer kleinen Halle neben seinem Wohnhaus kann er<br />
in Ruhe arbeiten und stört auch niemanden in der Umgebung. Mit Ytong,<br />
Anzeige
q – querschnitt spezial<br />
Anzeige<br />
„Gedankenausbruch“.<br />
dem weichen Porenbeton,<br />
fing er an und tastete sich<br />
nach und nach an andere<br />
Materialien heran: Sandstein,<br />
Alabaster und Speckstein.<br />
Die Erfahrung des<br />
Dreidimensionalen<br />
macht ihm Spaß, und<br />
ganz nebenbei kann<br />
er mit seinen Skulpturen<br />
auch den Garten<br />
mitgestalten.<br />
Holger Rummer<br />
macht den Eindruck<br />
eines optimistischenMenschen.<br />
„Man kann<br />
tatsächlich auch mit Handicap<br />
ein glückliches und<br />
erfülltes Leben führen. Ich<br />
weiß es“, sagt er. Ein bisschen<br />
möchte er auch an-<br />
Der Rolli wird zum Sportgerät:<br />
Holger Rummer als Rugby-Spielmacher.<br />
dere Menschen mit einem ähnlichen Schicksal<br />
ermutigen, neue Wege zu probieren, weil vielleicht<br />
viel mehr in jedem Einzelnen stecke, als<br />
man denkt: „Unsere Träume von gestern und<br />
was uns wichtig erschien, können morgen<br />
zwar schon vorbei sein, aber wenn wir dazu<br />
bereit sind, treten dafür neue Möglichkeiten<br />
und Ziele hervor“, ist gewissermaßen sein Credo.<br />
Und bescheiden möchte er noch einen<br />
Dank an seine Mutter loswerden, ohne deren<br />
Kraft und Hilfe er sein Leben nicht in diese r Art<br />
und Weise führen könnte, wie er sagt.<br />
Inzwischen ist es bereits dunkel geworden. Es<br />
wird Zeit, das Gespräch zu beenden, in Kürze<br />
beginnt das Rugby-Training mit den „Outlaws“<br />
in der Sporthalle schräg gegenüber. Ich begleite<br />
Holger Rumme r noch ein Stück auf dem<br />
Weg dorthin. Zwei Stunden jede Woche ist er<br />
der Spielmacher im Team – „Rummer-Energie“<br />
auch hier. „Kommen Sie noch mit zum Training?“<br />
fragt er. Nun, dieses Thema heben wir<br />
uns für ein anderes Mal auf…<br />
Text: Arndt Krödel<br />
Fotos: Rummer (5), Krödel (1)
markt<br />
Stehgeräte<br />
Die Stehgeräte von VITALINE ermöglichen<br />
geh- und stehunfähigen Benutzern eine qualifizierte<br />
Stehtherapie, in den meisten Fällen vollkommen<br />
selbstständig. Die Vorteile einer fachgerecht<br />
begleiteten Stehtherapie bei Behinderungen wie<br />
Querschnittlähmungen, Multipler Sklerose oder Kinderlähmung sind signifikant. Der<br />
begleitende Therapietisch ist ein neues Zubehör, das den Benutzer aus der Sitzposition<br />
in die Stehposition begleitet. Der Anwender ist in jeder Phase der Aufrichtung absolut<br />
sicher fixiert. Vorzugsweise wird der Tisch in Schulen und bei frisch verletzten Querschnittgelähmten<br />
eingesetzt. Eine wichtige Unterstützung, auch für Menschen, die<br />
nicht in voller Streckung stehen können.<br />
Weitere Infos bei VITALINE, tel 02 34-4 17 58 48, www.vitaline.de.<br />
Aluminiumschienen<br />
Rollstuhlfahrer müssen die unterschiedlichsten<br />
Hindernisse überwinden. Mit der neuentwickelten<br />
Rollstuhlrampe vom Typ AOL-R der Fa. Altec,<br />
78224 Singen lassen sich vor allem Treppen und<br />
hohe Absätze überbrücken. Eine Stanzung der<br />
Fahrfläche sorgt für eine hohe Rutschsicherheit.<br />
Durch die Lochung können Regen, Schnee und<br />
Schmutz schnell entweichen. Die Rampe hat<br />
standardmäßig eine Breite von 80 cm und ist in<br />
verschiedenen Längen, sowie auf Wunsch auch<br />
mit Geländer erhältlich. Sonderanfertigungen<br />
dieser Rampe sind auf Anfrage möglich. Wie alle<br />
Überfahrrampen von Altec ist auch die AOL-R-<br />
Rampe GS-zertifiziert.<br />
www.altec-singen.de<br />
Urologische Hilfsmittel<br />
Medical Service bietet ab sofort auch Urinalkondome und Beinbeutel an. Das neue<br />
Produkt Liquick® Plus ergänzt die hydrophilen Produkte um ein Auffangbeutelsystem.<br />
Das hydrophile Kathetersystem beinhaltet Auffangbeutel und Kochsalz-Sachet<br />
in einem Produkt. In wenigen Schritten ist das handliche Kathetersystem gebrauchsfertig.<br />
Als externe Harnableitung bieten sich für Männer Urinalkondome an. Mit den<br />
Produkten Ultraflex®, Wideband® und Pop-on® bietet Medical Service verschiedene<br />
Ausführungen aus latexfreiem Material an. Die Urinalkondome gibt es in unterschiedlichen<br />
Größen und Klebeflächen. Für jede Anforderung gibt es die passenden Beinbeutel.<br />
Die besonders hautfreundliche Rückseite des Beinbeutels beugt Hautirritationen<br />
vor. Durch das Drei-Kammer-Prinzip füllt sich der Beinbeutel geräuschlos. Alle Beinbeutel<br />
erlauben eine nadelfreie Urinprobeentnahme.<br />
www.medical-service.de<br />
Anzeige<br />
REHAB<br />
®<br />
INTERNATIONAL<br />
16. Internationale Fachmesse für<br />
Rehabilitation, Pflege,<br />
Prävention und Integration<br />
19. – 21. Mai <strong>2011</strong><br />
Messe Karlsruhe<br />
Mit großen Sonderbereichen:<br />
• Therapie & Prävention<br />
• Freizeit & Reisen<br />
• Bauen & Wohnen<br />
• Autowelt • Mobilität<br />
• Kommunikation<br />
• medizinische Rehabilitation<br />
• Forum Beruf<br />
• Prothesen & Orthesen<br />
Die Fachmesse<br />
für mehr Gesundheit<br />
REHAB Veranstaltungs-GmbH<br />
Tel.: 0180 500 92 26<br />
Fax: 0180 500 92 27<br />
info@rehab-fair.com<br />
www.rehab-messe.de
markt<br />
KÜCHEN QUELLE plant<br />
die neue Küche dort,<br />
wo das am besten geht:<br />
Beim Kunden zuhause.<br />
Der persönliche Küchenberater<br />
kommt und<br />
misst den Küchenraum<br />
millimetergenau aus.<br />
Er bringt Muster zum<br />
Anfassen mit – von den<br />
Arbeitsplatten, den<br />
Griffen und von jeder<br />
Modellfront. An seinem<br />
Notebook plant er eine<br />
Küche, die individuelle<br />
Anforderungen perfekt<br />
umsetzt. Eine Vielzahl<br />
von Modellen und Farben<br />
stehen zur Auswahl.<br />
Mit der Spezialfinanzierung<br />
von KÜCHEN<br />
QUELLE können die Monatsraten<br />
ganz individuell<br />
angepasst werden.<br />
Alle Küchen Made in<br />
Germany, 5 Jahre Vollgarantie<br />
auf Holz- und<br />
Kunststoffteile.<br />
KÜCHEN<br />
QUELLE –<br />
Spezialist für<br />
barrierefreie<br />
Küchen<br />
In den barrierefreien Küchen von KÜCHEN QUEL-<br />
LE ist der Mensch das Maß aller Dinge. Diese Küchen<br />
können von jedem – und zwar unabhängig<br />
von seiner körperlichen Einschränkung – ohne<br />
fremde Hilfe genutzt werden. Barrierefrei bedeutet<br />
weit mehr als behindertengerecht, behindertenfreundlich<br />
oder seniorengerecht, denn bei der individuellen<br />
Planung und Realisierung der Küchen<br />
wird besondere Rücksicht auf alle Personengruppen<br />
genommen.<br />
Die großen Pluspunkte:<br />
• Elektromotorisch höhenverstellbare Oberschränke<br />
und Arbeitsflächen.<br />
• Auffahrschutz und Scherenschutz an den<br />
höhenverstellbaren Elementen.<br />
• Unterfahrbare Arbeitsbereiche.<br />
• Hoch-und zurückgesetzte Sockel für Rollstuhlfußrasten.<br />
Neuer Aktivrollstuhl<br />
Was macht einen faltbaren<br />
Aktivrollstuhl<br />
einzigartig? Der neue<br />
ZX1 von MEYRA basiert<br />
auf modernster Technologie<br />
und zeigt in jeder<br />
Situation Dynamik.<br />
50<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Neue Materialien und moderne Details am ZX1überzeugen<br />
den aktiven Rollstuhlfahrer. Ein faltbarer<br />
Aktivrollstuhl mit starrrahmenähnlichen Fahreigenschaften<br />
und innovativem Rahmenkonzept, zeitge-<br />
Unterschrank<br />
mit großem<br />
„LeMans-Auszug“<br />
für leichte Zugriffe<br />
auch im Sitzen.<br />
• Viele weitere individuelle Lösungen und<br />
Details für mehr Komfort und Sicherheit.<br />
• In vielen Fällen auch nachträglicher Einbau<br />
möglich.<br />
Barrierefreie Küchen von KÜCHEN QUELLE erfüllen<br />
die Industrienormen für Sicherheit und Langlebigkeit:<br />
DIN 1153:1996 für die Belastungen von<br />
Küchenmöbeln, DIN 18025•1:1992 für barrierefreie<br />
Wohnungen für Rollstuhlfahrer, DIN 18025•2:1992<br />
für barrierefreie Wohnungen, DIN 18022 für Planungsgrundlagen<br />
für Küchen im Wohnungsbau.<br />
Terminvereinbarung für ein kostenloses Beratungsgespräch<br />
unter 0180-55 62 555, Mo-Fr 8 bis<br />
19 Uhr, Sa 10 bis 16 Uhr (14 Ct./Min.a.d. deutschen<br />
Festnetz; max. 42 Ct./Min.a.d. Mobilfunk) oder unter<br />
www.kuechen-quelle.de.<br />
Bitte Kennwort KÜCHE 312 angeben.<br />
mäß im Design , mit purer Fahrdynamik und überzeugend<br />
in seiner Funktion. Er bietet als Faltrollstuhl<br />
Charakterzüge eines festverschweißten Rollstuhles,<br />
denn der festverschweißte Seitenrahmen garantiert<br />
ein Maximum an Stabilität bei minimalem Gewicht.<br />
Leichtes Handling und gewichtsoptimierte Details,<br />
wie Bremse, Seitenteil, Fußstütze und Räder reduzieren<br />
das Gesamtgewicht auf unter 9 kg. Die in<br />
dem festverschweißten Rahmen integrierte Kreuzgelenkschere<br />
verleiht dem ZX1 ein dynamisches<br />
Fahrverhalten. Ausgewählte neue Farben und ausdrucksstarke<br />
Akzente geben dem ZX1 eine eigene<br />
Identität. Sein Erscheinungsbild ist dynamisch, faltbar<br />
und selbstbewusst. Durch aktive Einstellmöglichkeiten,<br />
drei Rahmenlängen und Standard- bzw.<br />
Kompaktrahmen mit oder ohne Rahmeneinzug<br />
zeigt sich der faltbare Aktivrollstuhl absolut anpassungsfähig.
Generationenübergreifende<br />
Badezimmerwelten<br />
Mit einer nachhaltigen Planung stellen<br />
Bauherren von Anfang an die Weichen so,<br />
dass sich der Komfort eines Bades in jungen<br />
Jahren, als Single oder im Familienverbund<br />
mit Kindern ebenso wie im Alter genießen<br />
lässt. Wesentlich in der modernen Badkultur<br />
sind Toiletten, die den Po mit Wasser<br />
reinigen. Geberit AquaClean WCs mit integrierter<br />
Duschfunktion überzeugen alle<br />
Generationen, bewegungseingeschränkte<br />
Menschen wie deren Familienangehörige.<br />
Die neue Toilettengeneration Geberit AquaClean reinigt<br />
den Po mit Wasser – berührungslos. Sowohl die WC-Aufsätze<br />
Geberit AquaClean 4000, Geberit AquaClean 5000, Geberit<br />
AquaClean 5000plus als auch die Komplettanlagen<br />
Geberit AquaClean 8000 und Geberit AquaClean 8000plus<br />
reinigen mit klarem, körperwarmen Wasser, und das sanft,<br />
hygienisch sowie gründlich und bieten je nach Modell<br />
viele weitere Komfortfunktionen, so Geruchsabsaugung<br />
oder Föhn. Ergänzend gibt es zahlreiche praktische Zubehörteile<br />
für Menschen mit Bewegungseinschränkungen,<br />
von der Fernbedienung mit Optoauslösung bis zur Sitzfixierung<br />
ohne Deckel. Weitere Informationen hierzu finden<br />
sich auf der Homepage: www.geberit.de/Produkte/GeberitAquaCleanLinie/Modelle<br />
mit Hilfsmittelnummer<br />
Das nach dem Einbau höhenverstellbare WC-Element aus<br />
dem Haus Geberit ist in der Standardanwendung ideal<br />
geeignet für individuelle Sitzhöhen von 41 bis 49 cm, je<br />
nach Körpergröße, Bedürfnissen und Wünschen wie zum<br />
Beispiel einer barrierefreien Badgestaltung in den eigenen<br />
vier Wänden, aber auch im Wohnungsbau, im Betreuten<br />
Wohnen oder in Kliniken. Problemlos ist die Montage innerhalb<br />
der sanitärtechnischen Installationssysteme Geberit<br />
Duofix- oder Geberit GIS.<br />
Design und Frische<br />
Stark nachgefragt werden heute Module für eine schnelle<br />
und saubere Renovierung bestehender Bäder. Den bodenstehenden<br />
Geberit Monolith zeichnet seine schlichte,<br />
zeitlose Formensprache aus. Erhältlich ist er in drei Ausführungen<br />
und Glasfarben: Für Wand- und Stand-WC sowie<br />
für Geberit AquaClean, jeweils in den Glasoberflächen<br />
schwarz, weiß und mint. Aufgrund seines außergewöhn-<br />
lichen Designs erhielt der Geberit Monolith bereits den iF<br />
Product Design Award 2010.<br />
Die Geberit AquaClean Designplatte weiß-alpin mit seidenglanzverchromter<br />
umlaufender Kante ermöglicht den<br />
verdeckten Wasser- und Stromanschluss für einen nachträglichen<br />
Einbau von Geberit AquaClean. Es handelt sich<br />
um eine Abdeckplatte mit einer Aufbauhöhe von 15 Millimetern,<br />
die eine flächenbündige Betätigung mit einer<br />
Zwei-Mengen-Spülung integriert. Sie lässt sich für alle Geberit<br />
Spülkästen<br />
ab Baujahr 1988<br />
mit Betätigung<br />
von vorn verwenden.Gestaltet<br />
ist dieses aus<br />
einer wasserfestenSchichtstoffplatte<br />
gefertigte<br />
Modul in einem<br />
klassisch-zeitlosen<br />
Design und<br />
verleiht dem gesamten<br />
Bad ein<br />
innovatives Flair.<br />
Einfach integrierbar<br />
Ebenfalls mit dem iF Product Design Award 2010 prämiert<br />
sind die neuen Duschelemente mit integriertem<br />
Wandablauf für bodenebene Duschen, die die Realisierung<br />
gefliester Duschen deutlich vereinfachen. Das Duschelement<br />
wird einfach in das Geberit Installationssystem GIS<br />
oder in die Geberit Duofix Installationswand integriert.<br />
Vier passende Designsets sind im Angebot: Hochglanz verchromt,<br />
Edelstahl gebürstet, weiß-alpin und „befliesbar“.<br />
Alle Produkte und sanitärtechnischen Systeme aus dem<br />
Haus Geberit sind nachhaltig und umweltfreundlich, zeichnen<br />
sich durch Langlebigkeit und Sicherheit aus. Weitere<br />
Argumente, um einen Neubau oder eine Renovation mit<br />
dem Know-How Installed by Geberit durchzuführen.<br />
Wohnortnahe Beratung gibt es in zahlreichen Sanitärfachbetrieben<br />
(zu finden auf www.i-love-water.de).<br />
markt<br />
PARAPLEGIKER 1/11 51
unterwegs<br />
Belgien – das Land der<br />
leckeren Pralinen und<br />
knusprigen Fritten.<br />
So mag mancher denken.<br />
Doch unser kleiner<br />
Nachbar im Nordwesten<br />
hat weitaus mehr als kulinarische<br />
Genüsse zu<br />
bieten. Neben zahreichen<br />
kulturellen Highlights<br />
ist es z.B. das Geburtsland<br />
vieler prominenter<br />
Comic-Helden.<br />
Reiseliteratur:<br />
Reinhard Tiburzy<br />
Belgien<br />
DuMont Reiseverlag<br />
Ostfildern 2009<br />
www.dumontreise.de<br />
Petra Sparrer<br />
Brüssel<br />
Michael Müller Verlag<br />
Erlangen 2008<br />
www.michael-mueller-verlag.de<br />
52<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Belgien:<br />
Wer kennt sie nicht, die Abenteuer von Tim und<br />
Struppi? Oder dem Westernheld Lucky Luke mit<br />
seinem treuen Begleiter Jolly Jumper? Auch die<br />
Schlümpfe stammen aus der Feder eines Belgiers.<br />
Ganz besonders die Hauptstadt Belgiens, nämlich<br />
Brüssel, war und ist Sitz zahlreicher Verlage, die sich<br />
der Comic-Kunst verschrieben haben. Kein anderes<br />
Land hat eine so große Menge an Comiczeichnern<br />
vorzuweisen wie Belgien: Über 650 Autoren<br />
bei zehn Millionen Einwohnern. Symbol dafür ist<br />
der „Comic Walk“. Eine ca. sechs km lange Route<br />
führt an insgesamt 32 großformatigen Malereien<br />
auf Hauswänden vorbei. Eine besondere Attraktion,<br />
nicht nur für Kinder. Zu diesen Wandmalereien<br />
gibt es einen interessanten Comicführer, der gratis<br />
im Touristenbüro in Brüssel erhältlich ist. Und wer<br />
dann noch nicht genug Comics gesehen hat, der<br />
kann natürlich auch dem legendären Comicmuseum<br />
einen Besuch abstatten. Hautnah kann der<br />
Besucher die verschiedenen Entwicklungsstufen<br />
der Comic-Kunst erleben: Von der Zeichnung bis<br />
zum Erstellen eines Trickfilms.<br />
Und wenn man schon einmal in Brüssel, der<br />
Hauptstadt Europas mit Sitz der EU-Institutionen<br />
ist, sollte man sich schon das Wahrzeichen der<br />
Stadt anschauen. Das Atomium ist 102 Meter<br />
hoch und entstand zur Weltausstellung im Jahr<br />
1958. Das Atomium stellt die 165-milliardenfache<br />
Vergrößerung eines Eisenkristallmoleküls dar und<br />
wurde damals als architektonisches Meisterwerk<br />
mit futuristischen Zügen gefeiert. Im Inneren des<br />
Atomiums erfährt man Wissenswertes zu Atomtechnik,<br />
Raumfahrt, Astronomie und Meteorologie.<br />
In der obersten Kugel befindet sich ein Restaurant,<br />
von dem aus man bei schönem Wetter<br />
einen herrlichen Blick über die Stadt hat. Zu Füssen<br />
des Atomiums befindet sich der Park Mini-Europe.<br />
Hier sind die schönsten Bauwerke Europas<br />
en miniature zu bewundern.<br />
Wer dem Großstadtrummel entfliehen möchte,<br />
der sollte in Richtung Nordseeküste fahren und<br />
auf dem Weg dorthin die flandrische Stadt Gent<br />
besuchen. Gent – eine Stadt wie eine Ritterburg –<br />
wurde als Provinzhauptstadt Ostflanderns bereits<br />
im siebten Jahrhundert gegründet. Zum Schutz<br />
der Siedlung entstand eine mächtige, trutzige<br />
Ritterburg, die Gravensteen. Malerisch von einem<br />
Wassergraben umgeben, kann die Burg natürlich<br />
auch besichtigt werden. Wer Gent gesehen hat,<br />
sollte sich zum Vergleich auch Brügge anschauen.<br />
Brügge sehen und staunen könnte der Werbeslogan<br />
der kleinen aber feinen Stadt lauten. Stolz<br />
präsentiert sich die Königin der mittelalterlichen<br />
Städte. Einst war sie durch Handel und Wandel zu<br />
Reichtum gelangt und auch heute noch spürt der<br />
Besucher den ganz besonderen Charme dieser<br />
Stadt. Prächtige Patrizier- und Zunfthäuser bilden<br />
den eindrucksvollen Rahmen des Großen Marktes.<br />
Sehenswert ist in Brügge auch die Choco-Story.<br />
Hier erfährt der Besucher alles über die belgische<br />
Schokolade und darf natürlich auch probieren.<br />
Und was wäre ein Besuch Flanderns ohne die dritte<br />
im Bunde, die schöne Stadt an der Schelde: Antwerpen.<br />
Sie ist eine der größten Hafenstädte der<br />
Welt. Eindrucksvoll dokumentieren dies die rund<br />
90 000 Ausstellungsstücke im Nationalen Schifffahrtsmuseum:<br />
vom Uniformknopf bis zum kompletten<br />
Schiff ist alles vorhanden.<br />
Auch ein Abstecher an die belgische Küste lohnt<br />
sich. Die Seebäder Oostende, Zeebrugge und<br />
Knokke-Heist laden zum Baden und Promenieren<br />
ein. Hier kann der Besucher Meeresluft schnuppern,<br />
edle Jachten im Hafen bewundern und frischen<br />
Fisch genießen.<br />
Das kleine Belgien hat also viel zu bieten und ist zu<br />
jeder Jahreszeit eine Reise wert.<br />
Text: Henriette Brückmann<br />
Fotos: Belgien Tourismus Köln<br />
Weitere Infos:<br />
Belgien Tourismus<br />
Brüssel-Wallonien-Ardennen<br />
Cäcilienstraße 46<br />
50667 Köln<br />
tel 02 21-27 75 90<br />
www.belgien-tourismus.de<br />
www.flandern.com
Anzeige<br />
Grachten in Gent<br />
Comic-Wand ‚Quick & Flupke‘<br />
unterwegs<br />
Allgemeine Infos:<br />
Infopunkt Barrierefreies Reisen<br />
Grasmarkt 61<br />
1000 Brüssel<br />
www.toegankelijkreizen.be<br />
eMail: post-at-accessinfo.be<br />
tel: +32(0)70 23 30 50<br />
Fax: +32(0)70 23 30 51<br />
Beim Infopunkt Barrierefreies Reisen<br />
handelt es sich um einen Dienst von<br />
Toerisme Vlaanderen, der aus einer<br />
Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />
Organisationen und Diensten von<br />
und für Menschen mit einer Behinderung<br />
entstanden ist. Aufgabe des<br />
Infopunktes ist es, die fehlenden Informationen<br />
zum Thema Reisen mit<br />
einer Behinderung bereitzustellen.<br />
Im Internet einsehbar ist auch eine<br />
Broschüre mit barrierefreien Unterkünften.<br />
(Infos auch in Deutsch)<br />
vzw Toegankelijkheidsbureau<br />
Koorstraat 1<br />
3510 Hasselt-Kermt<br />
www.toevla.be<br />
eMail: info@toegankelijkheidsbureau.be<br />
tel: +32(0)11 87 41 38<br />
Fax: +32(0)11 87 41 39<br />
Niederländische und flämische Beratungsstellen<br />
haben eine Datenbank<br />
angelegt. Hier gibt es Informationen<br />
über die Zugänglichkeit von öffentlichen<br />
Gebäuden, Hotels, Museen,<br />
Kulturzentren, Sportanlagen etc.,<br />
aber auch über Rad-und Wanderwege<br />
und touristische Einrichtungen<br />
aller Art. (Infos auch in Deutsch)
unterwegs<br />
54<br />
Familien-<br />
Sportferien:<br />
N ach gut vier Stunden Flug von<br />
Köln, erreichten wir Teneriffa Süd.<br />
Ein Blick aus dem Kabinenfenster<br />
zeigte bereits, dass das Bodenpersonal<br />
lässig im T-Shirt seine Arbeit<br />
verrichtete. In Deutschland waren<br />
wir bei eisigen Minusgraden gestar-<br />
Problemlose Anreise im Flugzeug.<br />
tet. Es ist schon ein paar Jahre her,<br />
dass ich das<br />
letzte Mal auf<br />
einer längeren<br />
Flugreise<br />
war – Enge<br />
und Toilettenverzicht<br />
vergällten mir<br />
den Traum<br />
vom Fliegen.<br />
Zuhause<br />
hatte ich mir<br />
meinen Reise-<br />
Rolli (ProActiv<br />
Traveller) mittels<br />
geteiltem<br />
Sitzkissen<br />
Blick auf die Anlage.<br />
und Klettgurt<br />
soweit präpariert, dass er durch den schmalen Gang<br />
der Maschine passen sollte. Abklappbare Rückenlehne<br />
und abnehmbare Vorder- und Hinterräder ließen<br />
den Rolli auf Handgepäckformat schrumpfen und die<br />
Besatzung hatte nur anerkennende Worte für mich<br />
übrig, als ich lässig durch den engen Gang zu meinem<br />
Platz rollte, und auch nichts dagegen, dass die Einzelteile<br />
des flott zerlegten Rollis hinter den Klappen des<br />
Handgepäcks verschwanden.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
DRS RolliKids auf<br />
Für viele Menschen, die barrierefreien Urlaub unter südlicher<br />
Sonne genießen wollen, ist das Kurhotel Mar y Sol schon<br />
länger eine gute Adresse. Nun wird das umfangreiche Freizeitangebot<br />
der Ferienanlage im Süden Teneriffas noch<br />
attraktiver – noch im Frühjahr des Jahres <strong>2011</strong> soll die neue<br />
Turn- und Sporthalle fertiggestellt werden. Anlässlich dieser<br />
neuen Möglichkeiten besuchten die DRS- (Deutscher Rollstuhl-Sportverband)<br />
RolliKids-Übungsleiter Sophie Minelli<br />
und Klaus D. Herzog Ende Januar das Mar y Sol.<br />
So begann unsere Reise nach Teneriffa schon mal ganz<br />
gut. Von der Hotelanlage Mar y Sol hatte ich die letzten<br />
Jahren immer wieder gehört oder gelesen – ich stand<br />
sogar schon einmal davor, aber da war damals noch<br />
überall Baustelle. In den vergangenen 20 Jahren wurde<br />
immer weiter gebaut, erneuert, verbessert und renoviert<br />
und nun soll endlich die lange ersehnte Turn- und<br />
Sporthalle das reichhaltige Freizeitangebot abrunden<br />
und komplettieren.<br />
Das Mar y Sol bietet seinen Gästen sonnige barrierefreie<br />
Zimmer unterschiedlicher Größe. Die Anlage ist mit viel<br />
Stil liebevoll gestaltet, großzügig und dennoch familiär.<br />
Es gibt zwei Pools, einer davon immer auf 32 Grad geheizt,<br />
ein eigenes Therapie-Zentrum für Kur, Wellness<br />
und Fitness. Dazu kommen täglich viele Angebote,<br />
wie Wasser- und Rollstuhl-Gymnastik, Sprachkurse und<br />
Animation. Zudem werden unterschiedliche Freizeitaktivitäten<br />
und Ausflüge vermittelt, bis hin zu Tauchen<br />
und PowerGolf für Rollstuhlfahrer. Ein Sanitätshaus in<br />
der Anlage mit eigener Werkstatt ergänzt die Bedürfnisse<br />
der Urlauber. Es können Scooter, Rollis oder ein<br />
MiniTrac ausgeliehen und repariert werden. Zudem<br />
bietet es qualifizierte Hilfen und ambulante Pflege – da<br />
bleibt kaum ein Wunsch offen. Die Gäste kommen aus<br />
ganz Europa und sind äußerst unterschiedlich. Ob Einzelreisende,<br />
Kurzzeiturlauber oder Überwinterer, viele<br />
davon Stammgäste, die schon seit vielen Jahren kommen.<br />
Durch die neue Turn- und Sporthalle bieten sich nunmehr<br />
viele weitere Möglichkeiten der aktiven Freizeitgestaltung<br />
für jedermann, egal ob Leistungs- oder<br />
Breitensportler, oder für Leute, die erst lernen wieder<br />
sportlich aktiv zu sein, wie z.B. Familien mit behinder-
Teneriffa<br />
* 14 Cent/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkhöchstpreis 42 Cent/Min. Im Sinne des Fortschritts: Irrtum und technische Änderungen vorbehalten.<br />
ten Kindern. Die Halle fügt sich harmonisch in das<br />
gesamte Haus ein und wird zu einer großen Bereicherung<br />
für alle werden.<br />
Herr Fischer, der Initiator von Mar y Sol und Frau<br />
Kraus, die Hotel-Managerin, kamen auf uns, die<br />
www.rollikids.de zu, um gemeinsam mit uns die<br />
Möglichkeiten für barrierefreie Familien-Sportferien<br />
zu diskutieren, konzeptionieren und für die Zukunft<br />
zu erarbeiten. Für <strong>2011</strong> ist zunächst für Ende<br />
Juli geplant, dass Übungsleiter des DRS vor Ort<br />
sein werden, um eine interessante, abwechslungsreiche<br />
und tolle Woche zu gestalten. Angefangen<br />
von Spiel, Sport und Bewegungs-Angeboten für<br />
die ganze Familie, über Mobilitätsschulung und<br />
Schwimmunterricht für betroffene Kinder bis hin<br />
Anzeige<br />
www.reha.com · Hotline: 01805 566 399*<br />
zu Tipps zur Rollstuhlversorgung, zu Freizeitaktivitäten,<br />
Hilfen im Alltag und rückenschonendem<br />
Helfen u.v.a.m.. Zudem bieten wir eine Kinderbetreuung<br />
an, damit die Eltern bzw. Begleitpersonen<br />
die besonderen Möglichkeiten der Insel bei Bedarf<br />
auf eigene Faust erkunden können.<br />
Uns wurde versichert, dass Teneriffa das ganze<br />
Jahr über sehr gut zu bereisen ist – die Kanaren<br />
werden nicht umsonst „die Inseln der Glücklichen“<br />
oder „die Inseln des ewigen Frühlings“ genannt.<br />
Wie wär‘s – Meer und Sonne, Aktivität und Entspannung,<br />
Bade- und/oder Wanderurlaub, mit<br />
und ohne Rolli für die ganze Familie?<br />
Text & Fotos:<br />
klausd.herzog@gmx.de<br />
Weitere Infos:<br />
www.marysol.org<br />
www.rollikids.de<br />
FÜR IHRE MOBILITÄT<br />
unterwegs<br />
Wenn Qualität eine Frage<br />
der Beratung ist, dann<br />
sind wir die Nummer 1 !<br />
Die REHA Group Automotive ist DER Spezialist für exzel lent<br />
angepasste, vielseitige und bediener freundliche Mo bi li tätshilfen<br />
in Kraftfahrzeugen.<br />
Unsere Kunden sind Menschen, die ein Fahrzeug krankheits-,<br />
alters- oder unfallbedingt nur eingeschränkt nutzen können.<br />
Unser größtes Anliegen ist die professionelle und umfassende Beratung,<br />
damit wir gemeinsam für Sie die optimale Lösung für Ihre<br />
<br />
geschulten Produktberater zur Seite, die Sie vor Ort - auch bei Ihnen<br />
zu Hause - beraten.<br />
<br />
Unsere Niederlassungen sind bundesweit für Sie da: Hilden (bei Düsseldorf)<br />
Schlitz (bei Fulda) · Hamburg · Berlin · München · Paderborn · Dresden<br />
Ein Unternehmen der www.kirchhoff-gruppe.de · 225 Jahre Tradition · Autos nach Maß für Menschen mit Handicap! · Zertifi ziert nach DIN/EN ISO 9001:2008<br />
Ihre Mobilität endet nicht am Wohnort
unterwegs<br />
Thailand:<br />
Ritt auf dem Elefanten.<br />
Anzeige<br />
Glück in der<br />
Die Geschichte, die Guido Prinz erzählt, beginnt mit einem<br />
schweren Unfall und endet mit einem neuen Leben auf Koh Samui.<br />
Seit zwei Jahren lebt er jetzt dauerhaft<br />
in Thailand. Hier hat er wieder gelernt zu<br />
laufen und sein Leben zu genießen. Inzwischen<br />
berät er Menschen mit Behinderung über die Urlaubs- und<br />
Lebensmöglichkeiten „seiner“ Insel.<br />
Schwimmen mit Assistenz.<br />
Die Vorgeschichte fasst man wohl<br />
am besten knapp und emotionslos zusammen:<br />
Guido Prinz hatte einen schweren Autounfall.<br />
So schwer, dass er drei Monate auf der Intensivstation<br />
verbrachte und seine Frau überzeugt<br />
war, dass er nicht überleben würde. Er überlebte,<br />
verbrachte zwei Jahre in Kliniken, wo er<br />
„unzählige Male“ operiert wurde. Nach der Reha<br />
saß er im Rollstuhl und musste sich plötzlich alleine<br />
zurechtfinden: Die Beziehung zu Frau und<br />
Kindern war abgebrochen. Die folgenden Jahre<br />
waren vermutlich eine harte Probe für den<br />
Überlebenswillen des Mannes. Immerhin lernte<br />
er, wieder ein paar Schritte zu gehen. Aber er<br />
saß vor allem in der Wohnung, war deprimiert<br />
und hatte kaum Kontakte zur Außenwelt.<br />
In dieser Situation beschloss Prinz, eine Reise<br />
nach Thailand zu unternehmen. Die Erfahrung
Sonne<br />
war so positiv, dass er nach einigen weiteren Reisen die Entscheidung traf, ganz<br />
nach Koh Samui zu ziehen. In Thailand, vor allem auf Koh Samui im Golf von Siam,<br />
ist das Klima das ganze Jahr hindurch angenehm warm – für Prinz eine wichtige<br />
Quelle von Wohlbefinden: „Durch die Sonne produziert der Körper Endorphine,<br />
also Glückshormone, und das Klima macht nicht nur eine positive Stimmung,<br />
sondern es lindert beispielsweise Hautkrankheiten, Rheuma und chronische<br />
Schmerzen.“<br />
Urlaubsberatung<br />
Am 7 km langen Sandstrand<br />
von Chaweng werden auch<br />
Massagen angeboten.<br />
„Ich bin kein Reisebüro, ich habe überhaupt keine Firma“, erklärt Prinz. Sein Angebot<br />
ist völlig privat – und kostenlos. „Mein Anliegen ist es, anderen Menschen<br />
mit Behinderungen Mut zu machen, einmal aus ihrem Alltag herauszutreten<br />
und etwas von der Welt zu sehen.“ Er weiß, dass eine Behinderung das Reisen<br />
erschwert. Gleichzeitig hat er aber erlebt, dass trotzdem wunderschöne, erlebnisreiche<br />
und ungetrübte Urlaubsreisen nach Thailand für Rollstuhlfahrer möglich<br />
sind. Er berät, beantwortet Fragen und kann von der Ankunft am Flughafen<br />
für Menschen da sein, die seinen Traum vom Leben im Land des Lächelns eine<br />
Zeitlang teilen wollen.<br />
Auch wenn sich Prinz’ Gesundheitszustand mit jedem Thailandurlaub gebessert<br />
hat, ist er natürlich immer noch gehbehindert. Das war zumindest am Anfang<br />
auch der Anlass, sich nach barrierefreien Einrichtungen umzuschauen. Er ist<br />
also viel auf der Insel herumgefahren und hat sich Hotels und Anlagen in unterschiedlichsten<br />
Preiskategorien angeschaut. Diese hat er nach selbst erstellten<br />
Kriterien auf Barrierefreiheit überprüft. Dabei ging es ihm beispielsweise um die<br />
Zugänge zu allen Hoteleinrichtungen, zum Pool, zum Strand und so weiter. Sein<br />
Anzeige<br />
Gleich bei Ihrem küschall ® Fachhändler<br />
probefahren. Mit Sicherheit mehr als<br />
ein einmaliges Erlebnis!<br />
Die neue küschall® K-Series:<br />
Noch leichter<br />
Mehr Anpassungsmöglichkeiten<br />
Viele neue Optionen<br />
Erhältlich in 3 hochwertigen<br />
Materialien:<br />
13<br />
AI<br />
Aluminium<br />
22<br />
Ti<br />
Titanium<br />
Vertrieb in Deutschland durch:<br />
6<br />
C<br />
Carbon<br />
INVACARE ® AQUATEC GmbH<br />
Alemannenstraße 10<br />
88316 Isny / Deutschland<br />
Tel. +49 (0) 75 62 / 7 00-0<br />
E-Mail info@invacare-aquatec.com<br />
Web www.invacare-aquatec.de<br />
küschall® ist ein registrierter Markenname.<br />
Copyright© 2010, Küschall AG, Schweiz – Alle Rechte vorbehalten.
unterwegs<br />
58<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Bericht über die Hilfsbereitschaft der<br />
Thailänder deckt sich mit vielen Erfahrungen,<br />
die berichtet werden: „In<br />
vielen Hotels wurden mir beispielsweise<br />
Rampen angeboten, wenn<br />
kein rollstuhltauglicher Zugang vorhanden<br />
war.“ Guido Prinz hat schon<br />
einigen Gästen seine Insel gezeigt.<br />
„Manche wollten einfach nur Tipps<br />
von mir, andere brauchten Hilfe zur<br />
Bewältigung des Alltages und wieder<br />
andere einen Führer und Organisator<br />
zur Erkundung der Insel“.<br />
Die Kosten<br />
Guido Prinz zählt die Kostenblöcke zusammen, die einem<br />
Individualreisenden entstehen: Der Flugpreis nach Thailand<br />
liegt zwischen 600 und 1 000 €, wobei es saisonbedingt<br />
immer wieder günstigere Angebote gibt. Die Kosten<br />
der Unterbringung auf Koh Samui beginnen bei etwa 20<br />
€/Tag. Nach oben sind die Hotelpreise natürlich offen,<br />
auch hier gibt es saisonabhängige Unterschiede.<br />
Und welche Kosten entstehen, wenn auf Grund einer<br />
Behinderung eine pflegerische Betreuung nötig ist? Bekanntlich<br />
zieht es viele alte, pflegebedürftige oder demente<br />
Menschen wegen der günstigen Preise für Pflegekräfte<br />
nach Thailand. Eine Betreuung kostet pro Arbeitstag<br />
rund 25 €, für einen ganzen Monat ist der Preis mit 360 bis<br />
400 € nochmals günstiger. Massagen oder Bewegungstherapien<br />
haben einen Stundenpreis von rund 6 €. Es wird<br />
immer wieder berichtet, dass die Thailänder sehr zuvorkommend,<br />
hilfsbereit und voller Anteilnahme sind. Mit<br />
Behinderungen gehen sie angeblich angenehm unvoreingenommen<br />
um. „Aufgrund meiner Beziehungen hier ist es<br />
mir möglich, nahezu jede Art der gewünschten oder notwendigen<br />
Betreuung und Versorgung zu organisieren“,<br />
erklärt Guido Prinz. Falls eine medizinische Versorgung<br />
durch eine ausgebildete Krankenschwester erforderlich<br />
ist, sind die Kosten dafür natürlich abhängig vom täglichen<br />
Zeitaufwand und der notwendigen Pflegeleistung.<br />
Aber der Wahl-Thailänder bietet gerne an, solche Kosten<br />
individuell im Vorfeld abzuklären. Wichtig ist ihm auch<br />
der Hinweis, dass medizinisches Personal in Thailand eine<br />
sehr gute Ausbildung erhält.<br />
Was Guido Prinz in Thailand so gut gefällt? „Hier gibt es<br />
Menschen, mit denen man sich jederzeit nett unterhalten<br />
kann. Sie nehmen das Leben etwas leichter und damit<br />
empfindet man selbst das Leben etwas sorgenfreier.“<br />
Das liegt sicher auch an dem angenehmen warmen Klima<br />
– man kann das ganze Jahr im Freien sitzen und an den<br />
Strand gehen. Das hat auch ganz praktische Vorteile. Für<br />
Guido Prinz mit seinen Bewegungseinschränkungen ist<br />
es sehr angenehm, dass er mit wenigen Kleidungsstücken<br />
auskommt und zum Beispiel nicht gezwungen ist, langwierig<br />
und umständlich Strümpfe und feste Schuhe anzuziehen.<br />
Ein weiteres Plus in Thailand ist für ihn die gute Küche<br />
(„eine der besten der Welt!“) und das große Angebot<br />
an frischem Obst auf den Märkten. Selbst das Einkaufen ist<br />
einfacher: Viele Geschäfte sind täglich 24 Stunden geöffnet.<br />
„Dies und mehr gibt mir eine entschieden bessere Lebensqualität<br />
a ls in Deutschland“, fasst er zusammen. Er<br />
hat seinen Lebensmittelpunkt gefunden, er ist nicht mehr<br />
der traurige Mensch, der er kurz nach der Entlassung aus<br />
dem Krankenhaus war. Dazu passt sein Motto: „Beginne jeden<br />
Tag so, als wäre es Absicht!“<br />
Text: Ruth Auschra<br />
Fotos: Guido Prinz<br />
Anbieter von Rollstuhlreisen<br />
nach Thailand:<br />
www.rollontravel.de<br />
www.runa-reisen.de<br />
Barrierefreie Ferienwohnungen:<br />
www.behinderten.eu<br />
Unterstützung<br />
beim Einkaufen.<br />
Weitere Infos:<br />
– www.weg-mit-handicap.de<br />
Die Internetseite von Guido Prinz.<br />
– www.dhv-thailand.de<br />
Der Deutsche Hilfsverein Thailand informiert z.B.<br />
über das Leben als Rentner dort.<br />
– www.samui-paradise.com<br />
Barbara Griesch lebt als Krankengymnastin und<br />
Heilpraktikerin auf Koh Samui.<br />
Auch sie hilft gerne weiter, macht beispielsweise auch<br />
Hausbesuche für mobilitätseingeschränkte Patienten.
Ferienwohnung am Yachthafen • Rollstuhlfahrer vermietet rollstuhlger.<br />
Ferienwohnung direkt an d. Nordsee in Carolinensiel / Harlesiel, 70 m2,<br />
bis 4 Pers., 200 m zum Strand, Parkplatz vor d. Tür.<br />
tel 0 97 32-72 62, eMail: effenberg-schmitt@.web.de<br />
Florida-Villa • In Cape Coral zu vermieten. 3 Schlafzi., 2 Bäder,<br />
1 unterfahrb. Dusche. Perfektes Poolvergnügen f. Rollstuhlfahrer.<br />
tel 0 52 35-99 20 54, www.florida-unlimited.de<br />
Urlaub auf dem Bauernhof • <strong>Paraplegiker</strong> vermietet 3 gemütl. FeWo, zw.<br />
HH u. HB, barrierefrei, Pflegebett, Duschrolli, Handbike, 33-45 €/Nacht.<br />
tel 0 42 87-2 12 , www.Ferienhof-auf-der-Brake.de<br />
Reisemobil • Für 4 Personen (1 Rolli) zur Miete ab 105 €.<br />
Handgas-Bremsgerät, Hebebühne etc., genügend Platz für den Rollstuhl.<br />
tel 08 21- 43 33 94, www.rolli-freizeit.com<br />
Barrierefreies Wohnhaus • EG 180 m2 rolligerecht m. Komfort,<br />
OG 110 m2 4 Zi. Kü., Bad, 30 m2 Balkon. 180 m2 Gewerbetrakt, Grundst.<br />
1360 m2, naturnah, verkehrsgünstig. Raum Trier-Wittlich, VB 349 000 €,<br />
Ebay Art. Nr. 2904 3633 4904, eMail: h.hinterneder@t-online.de<br />
Baugemeinschaft • baut in Berlin-Moabit ein Mehrfamilienhaus.<br />
Es sind noch rollstuhlgerechte Wohnungen zu vergeben.<br />
tel 0 30-395 59 12 / 01 74-406 14 93, eMail: christian.hamm@email.de<br />
Günstiges Handbike gesucht • Auch defekt, am liebsten von der Firma<br />
Stricker u. mit Zahnriemen. eMail: josef.schumi@gmx.de<br />
Carony-Rollstuhl-Schwenksitz • Für die Beifahrerseite mit Untergestell<br />
f. Renault Kangoo / Peugeot Partner / Citroen Berlingo. Neupreis 6 300 €,<br />
VK Preis 2 500 € VB, eMail: gerhard@stieghorst.net<br />
Mercedes CLK 230 • Kompressor Cabrio, EZ 4/99, 69 000 km, blaumet.,<br />
193 PS, Alu, sehr gepfl., Bruhn/Veigel Handgas,<br />
TÜV/AU 02/2012, VB 12 200 €, tel 0 81 41-9 21 44<br />
Mercedes T-Modell • 270 CDI, EZ 11/2001, 112 000 km, Handgerät, Bremse<br />
und Gas li., Lenkradgabel abnehmbar, 9 000 € FP, tel 0 62 34-92 00 81,<br />
evtl. EDAG-Verladesystem, Preis auf Anfrage.<br />
Interessierte melden sich bitte bei Bianca Osterer<br />
tel 01 71-327 13 62 oder bei Frank Sodermanns in Wassenberg<br />
(Mobilitätszentrum auf 7 000 m2, ständige Ausstellung in beheizter<br />
Halle) tel 0 24 32-933 890, www.handicapfahrzeuge.eu<br />
kleinanzeigen<br />
VW T5 Bus • 7 Sitze, 35 120 km , EZ 6/07, 96 kw (131 PS), Diesel, Autom.,<br />
Garantie bis 6/011, Umbau (u.a. Handbediengerät u. Hebebühne).<br />
VB 69 000 €. tel 01 77-8 90 10 15, eMail: tevekkuel@hotmail.de<br />
VW Sharan 1.9 TDI Tiptronic • EZ 9/01, 139 500 km, 85 KW (116 PS),<br />
HU 9/12, rot, Climatronic, Tempomat, Standheizg., Handbedienung mit el.<br />
Gasring, Bremshebel re., abzug. Anf. Mai. VB 7 500 €.<br />
tel 01 51-59 10 20 27, eMail: saller@gmx.de<br />
VW Passat Kombi • EZ 2/98, 104Tkm, 92 kW/125 PS, Benziner, Klima, Rollstuhl-Einzieh-Hilfe,<br />
Handgerät Gas u. Bremse, Drehknopf , Pedalabdeckung,<br />
TÜV neu, frei Mitte bis Ende März <strong>2011</strong>, VB 3 500 €. b.u.s.hinzke@t-online.de<br />
DB Sprinter 212D • Rolli-Selbstf., EZ 11/96, 82 tsd km, HU/AU neu, Diesel<br />
90 kW (122 PS); Autom., Schwenklift, Handgerät li., Camperausbau. 12 000 €.<br />
tel 0 30-6 91 86 14 / 01 51-19 00 85 79, eMail: hans-peter.graf@t-online.de<br />
Opel Astra Cabrio • 147 PS/108KW, 154 000 km, EZ 4/03, TÜV/AU 10/2012,<br />
Gas-Bremse Handbedien., Automatikgetr., Klima, Standheiz., el. Softdach,<br />
11 990 € VB. tel 0 67 34 - 68 92, eMail: M-S-Jung@Kabelmail.de<br />
Neue orig. Rolli-Jeans • 46/8 Innenbeinlänge 79 cm, Reißv. li., jeansblau;<br />
52/8 Innenb. 83 cm, Reißv. li., jeansblau hell; 50/8 Innenb. 77cm, Reißv. li.,<br />
stein. Je 40 € VB; Gelkissen, 42 x 43 cm, VB 60 €.<br />
tel 0 64 03-68 29 53, eMail: JJMayer@web.de<br />
Blasenvergrößerung • Slowakischer Tetraplegiker, soll nach vierjährigem<br />
Dauerkatheter Blasenvergrößerung mittels Darm erhalten, möchte sich mit<br />
Betroffenen per Mail austauschen, jdanninger@gmail.com<br />
Private Kleinanzeigen u. Stellenanzeigen für Behinderte sind kostenlos,<br />
bitte als eMail an peter.mand@t-online.de, nur wenn nicht anders möglich als<br />
(lesbares!) Fax an 0 21 51-62 17 004. Abdruck vorbehalten, ohne Gewähr.<br />
Beim Verkauf von Hilfsmitteln muss der Verkäufer auch der Eigentümer sein.<br />
Sponsoren gesucht<br />
Mit dem Tennisspielen war es nach dem Unfall 2005 für die heute<br />
24 Jahre alte Bianca Osterer erst einmal vorüber. Seitdem litt sie<br />
an Morbus Sudeck, einer schweren Schmerzerkrankung. Seit einer<br />
OP 2006 kann sie auch nicht mehr laufen. Die Liebe zum Tennisspielen<br />
war allerdings immer noch da. Nach nur einem halben Jahr<br />
Rollstuhltennis wurde sie in den Nationalkader gerufen. Doch ohne<br />
entsprechenden Führerschein und ein umgebautes Auto kann sie<br />
keine internationalen Turniere spielen, Voraussetzung für die Teilnahme<br />
an Olympia 2012 und der WM in Südafrika <strong>2011</strong>. Fahrstunden<br />
mit einem behindertengerechten Fahrschulfahrzeug und der<br />
Fahreignungsprobe beim TÜV wurden bereits von Sodermanns<br />
Automobile und Fahrschule Hoffmann gesponsert. Für die Finanzierung<br />
ihres Autos samt Umbau fehlen aber noch Sponsoren. Als<br />
Rentnerin hat sie keinen Anspruch auf staatliche Hilfe.<br />
PARAPLEGIKER 1/1159<br />
markt
markt<br />
Wohnen ohne<br />
Barrieren ist für<br />
behinderte Menschen<br />
unverzichtbar. Und<br />
doch ist Wohnen ohne Barrieren<br />
mehr als die Anpassung<br />
von Wohnraum an<br />
die Bedürfnisse von Roll-<br />
Bauen-wohnen-renovieren:<br />
stuhlfahrern. Richtig angepackt, können<br />
Wohnungen durch Umbau, Renovierung<br />
oder Ausstattung so verändert<br />
werden, dass sie allen Bewohnern – ob<br />
behindert oder nicht – für einen immer<br />
länger werdenden Zeitraum ein lebens-<br />
und erstrebenswertes Umfeld bieten.<br />
Anzeige<br />
.<br />
Hilfen für<br />
einen unbeschwerteren<br />
Alltag.<br />
Mit barrierefreiem Wohnen haben sich mittlerweile<br />
zahlreiche Institutionen und Organisationen<br />
auseinandergesetzt. Grundlegende Informationen<br />
hierüber gibt es unter anderem auch bei den Architekten<br />
der Arbeitsgemeinschaft „Bauen & Umwelt“<br />
Fallstricke<br />
erkennen<br />
Komfortabler<br />
Treppenlift mit Platz<br />
sparender Technik.<br />
Automobile Freiheit<br />
Ihr Ansprechpartner in NRW für behindertengerechte Fahrzeugumbauten<br />
Für Selbstfahrer, Beifahrer und Familien mit behinderten Kindern<br />
Eigener Verkehrsübungsplatz, Fahrschulfahrzeuge, Kräftemessungen, Bewegungsanalyse<br />
Rampe mit<br />
unterschiedlicher<br />
Steigung<br />
und Belag.<br />
der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V., Dirk Michalski und Frank Opper<br />
(Adressen siehe vorletzte Heftseite). Ein langjähriger<br />
engagierter Streiter für das barrierefreie und lebensgerechte<br />
Planen und Bauen ist auch Joachim F. Giess-<br />
Kompetenzzentrum<br />
in NRW auf über<br />
7.000 qm<br />
Auf dem Taubenkamp 12<br />
41849 Wassenberg<br />
Telefon: 0 24 32 - 933 890<br />
www.Handicapfahrzeuge.eu<br />
info@autohaus-sodermanns.de<br />
LIZENZPARTNER NRW
ler, der bereits vor acht Jahren in Bad Tölz das Institut<br />
Wohnen im Alter e.V. (IWiA) ins Leben gerufen hat.<br />
Das Institut hat seinen Sitz heute in Murnau in Oberbayern<br />
und versteht sich als interdisziplinärer Zusammenschluss<br />
von Medizinern, Architekten, Innenarchitekten,<br />
Industriedesignern, Möbelkon-strukteuren,<br />
Handwerkern und Fachkräften aus der Pflege. Ihr Ziel<br />
ist, generell gesagt, die Entwicklung von „lebensgerechten<br />
Lebensformen“. Giessler: „Unsere Lebenserwartung<br />
steigt. Wir werden uns für immer längere<br />
Lebensabschnitte in unseren Wohnungen aufhalten<br />
und neue Bedürfnisse werden entstehen. Es ist abzusehen,<br />
dass Pflege stärker im häuslichen Bereich<br />
stattfinden wird. Forderungen an die Beschaffenheit,<br />
Qualität und Einrichtung unserer eigenen, angestammten<br />
Wohnungen werden damit gestellt. Es<br />
gilt, unsere Wohnungen diesen Bedürfnissen in den<br />
kommenden Jahren durch Umbau, Renovierung und<br />
Ausstattung anzupassen und die Bauherren dazu<br />
anzuregen, neue Wohnungen heute schon für morgen<br />
barrierefrei und lebensgerecht zu planen und zu<br />
bauen. Es gilt auch, dabei nicht nur an das Bauen zu<br />
denken, sondern auch die Neuentwicklung von Einrichtung<br />
und technischen Hilfsmitteln voranzutreiben.<br />
Wir müssen erkennen, was Barrieren sind.“<br />
Wo überall in Wohnungen sich Fallstricke verstecken,<br />
und für welche Bewohner sie von Bedeutung sein<br />
können, hat Joachim F. Giessler systematisch untersucht<br />
und aufgelistet. Mit relativ einfachen Mitteln<br />
hat er diese beispielhaft umgesetzt und zu einer Sonderschau<br />
„Barrierefreies Wohnen“ zusammengefasst,<br />
Anzeige<br />
Jetzt GRATIS-Beratungstermin bei Ihnen zu<br />
Hause vereinbaren und Prospekt anfordern:<br />
mit der das Institut Wohnen im Alter auf Tournee<br />
geht. Anfangs auf Fachmessen für das Bauhandwerk<br />
unterwegs, gastierte Joachim F. Giessler mit seiner<br />
Schau erstmals auf einer der großen regionalen Publikumsmessen<br />
im Südwesten des Landes, wo wir<br />
den Bau- und Planungsexperten aufgesucht haben.<br />
Im Rahmen der Offerta 2010 in Karlsruhe konnten<br />
die Besucher der Sonderschau „Barrierefreies Wohnen“<br />
Barrieren des täglichen Lebens erkennen und<br />
Anstöße erfahren, diese zukünftig im eigenen Umfeld<br />
bei Bau, Umbau und Einrichtung zu vermeiden<br />
und zu beseitigen. Dafür aufgebaut wurden unter<br />
anderem ein Rollstuhlparcours, ein Dunkelraum, eine<br />
schiefe Ebene, ein Sehbehinderten-Parcours sowie<br />
ein Sensorium, welche die Besucher eindrucksvoll<br />
miterleben ließen, mit welchen Schwierigkeiten die<br />
Verrichtungen ganz einfacher Dinge des Alltags im<br />
Falle einer Behinderung verbunden sein können. Mit<br />
im Boot waren in Karlsruhe verschiedene Firmen, die<br />
sich bereits intensiv mit dem Thema auseinandersetzen:<br />
Agrob, Kusch & Co alternativ, Brunner, Telekom,<br />
Humantechnik, Thomashilfen, Flexo, Thyssen und der<br />
Verband Wohneigentum Baden-Württemberg e.V.<br />
Institutsleiter Joachim F. Giessler betont: „Es ist dringend<br />
erforderlich, dem Besucher in Form von Vorträgen<br />
und individueller Beratung klarzumachen, dass<br />
das Thema Barrierefreiheit ganzheitlich zu betrachten<br />
und umzusetzen ist. Die Hemmschwelle zum Thema<br />
ist abzubauen, indem man dem Besucher erklärt, dass<br />
Barrierefreiheit nicht nur etwas mit Alter, Rollstuhl,<br />
Krankheit und Behinderung zu tun hat. Vielmehr ist<br />
Zuhause gewählt. Zuhause geplant. Zuhause gekocht.<br />
markt<br />
„Unsere Lebenserwartung<br />
steigt.<br />
Wir werden uns<br />
für immer längere<br />
Lebensabschnitte<br />
in unseren Wohnungenaufhalten<br />
und neue Bedürfnisse<br />
werden<br />
entstehen…“<br />
Ideen statt Handicaps:<br />
Küchen ohne Barrieren<br />
Viele extra entwickelte Ausstattungsideen<br />
und Techniken, wie z.B. motorisch höhenverstellbare<br />
Schränke und Arbeitsflächen,<br />
machen das Arbeiten in der Küche<br />
sicherer & leichter!<br />
Unsere kompetenten Küchenplaner<br />
kommen deutschlandweit zu Ihnen nach<br />
Hause. Lassen Sie sich gratis beraten für<br />
mehr Komfort & Mobilität in Ihrer Küche!<br />
Beratungsgebiet Nord<br />
Walter.Oehlkers@kuechen-quelle.de<br />
Beratungsgebiet Süd<br />
Martin.Tischler@kuechen-quelle.de<br />
0180 - 55 62 555<br />
Montag bis Freitag 8 – 19 Uhr, Samstag 10 – 16 Uhr<br />
(14 Ct./Min. a.d. Festnetz der Dt. Telekom, max. 42 Ct./Min. a.d. Mobilfunk)<br />
Bitte Kennwort<br />
KÜCHE 312<br />
angeben
markt<br />
62<br />
Behinderung selbst<br />
erfahren auf dem<br />
Rollstuhlparcours.<br />
PARAPLEGIKER 1/11<br />
Sonderschau<br />
„Barrierefreies Wohnen“<br />
von Joachim F. Giessler<br />
auf der Offerta 2010<br />
in Karlsruhe.<br />
Barrierefreiheit für die ganze Familie, speziell unter<br />
dem Aspekt der Sicherheit, sehr wichtig. Barrierefreiheit<br />
und Sicherheit braucht nicht nur der ältere<br />
Mensch, sondern auch das Kind, die Mutter, die ganze<br />
Familie.“ Besonderes Augenmerk legt das Institut<br />
für Wohnen im Alter e.V. auf das vorausschauende<br />
Planen und Bauen, und zwar sowohl beim Neubau<br />
als auch bei der Sanierung und Renovierung von Bestandswohnungen.<br />
Neben den Ausstellungen mit wechselnden<br />
Standorten verfolgt das Institut seine Ziele durch<br />
Seminare und Fortbildungsveranstaltungen, Lehrtätigkeit<br />
und in der Lehrerfortbildung, Veröffentlichungen<br />
in Form von Fachschriften und Büchern,<br />
das Sammeln und Auswerten greifbarer internationaler<br />
Informationen, das Ausarbeiten von Aufgabenstellungen,<br />
Analysen und Forschung auf<br />
dem Gebiet des Wohnens und des Wohnumfeldes<br />
sowie die Beratung von Industrie und Handel bei<br />
der Entwicklung von neuen Produkten im Wohn-<br />
umfeld. Das Leistungsangebot wird komplettiert<br />
durch Standortanalysen für Immobilienprojekte<br />
und Stadtgestaltung, interdisziplinäre Studien über<br />
„Pflege im häuslichen Bereich“ und das Projekt<br />
„Kurorte und Tourismus für jedes Alter“.<br />
„Der Erholung-Suchende und der kurende Gast der<br />
Zukunft wird barrierefreie, komfortable und attraktive<br />
Orte bevorzugen. Wir fragen: Was sollte ein Ferien-<br />
oder Kurort bedenken und wie sollten seine Hotels,<br />
Pensionen, Gaststätten, Ferienwohnungen und<br />
die allgemeinen Bereiche gestaltet sein. Ein weiterer<br />
Aspekt befasst sich mit dem Thema „Elektrische Installationen<br />
– Elektronik für ältere Menschen“ und<br />
geht der Frage nach: Wie muss die elektrische Instal-<br />
lation im Wohnbereich und im Wohnumfeld aussehen,<br />
um Barrierefreiheit, Sicherheit und Komfort für<br />
eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen.<br />
Welche Hilfsmittel gibt es und was muss noch entwickelt<br />
werden?“ Projekte, Betriebe oder Produkte, die<br />
dazu beitragen, bestehende Barrieren im täglichen<br />
Leben abzubauen, können auf Antrag vom Institut<br />
Wohnen im Alter e.V. mit dem Emblem „Leben ohne<br />
Barrieren“ zertifiziert werden. Die Zertifizierung ist<br />
gebunden an die Teilnahme an einem ganzheitlichen<br />
Seminar sowie einem fachspezifischen Seminar<br />
des IWiA. Die Zertifizierung ist zeitlich nicht<br />
beschränkt und soll der Öffentlichkeitsarbeit und<br />
Qualitätsbeurteilung im Themenbereich „Wohnen<br />
im Alter“ dienen.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.institut-wohnen-im-alter.de<br />
Text: Raimund Artinger<br />
Fotos: Marie Artinger
Der Wert der Hausarbeit im<br />
Schadensersatzrecht<br />
Bereits im Jahr 2001 hat der Bundesgerichtshof<br />
im Familienrecht festgelegt, dass die Arbeit im<br />
eigenen Haushalt, wenn auch nicht vergütet,<br />
einen geldwerten Vorteil darstellt.<br />
Im Falle einer Scheidung wird seither der Wert der Hausarbeit<br />
dem Familienvermögen zugerechnet, sollte der Partner, der<br />
bislang den Haushalt geführt hat, nach der Trennung wieder<br />
arbeiten gehen, so schmälert das dann den Unterhalt nicht<br />
in dem selben Maße wie vor diesem Urteil (BGH, Urteil vom<br />
13.6.2001 - XII ZR 343/99). Hausarbeit hat also – höchstrichterlich<br />
festgestellt - einen Wert, welcher in Geld messbar ist.<br />
Dies gilt selbstverständlich ebenso im Schadensersatzrecht<br />
– auch wenn die Position gern von den Versicherern vergessen<br />
oder bestritten wird, da anders als beim Erwerbschaden<br />
keine Lohnabrechungen und Krankmeldungen vorliegen<br />
und sich der Betroffene oft durch den kostenlosen Einsatz<br />
von Freunden und Familienmitgliedern behilft. Aber wie<br />
auch bei anderen Schadenspositionen mindern die freiwillig<br />
oder im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht erbrachten Leistungen<br />
und Hilfestellungen Dritter nicht den Schadensersatzanspruch<br />
gegen den Schädiger oder die dahinter stehende<br />
Versicherung.<br />
Rein dogmatisch muss der Haushaltsschaden in den Haushaltsführungsschaden<br />
(Erwerbsschaden) nach § 843 Absatz<br />
1 1. Alternative BGB – das ist, was Hausfrau oder Hausmann<br />
für den Rest der Mitbewohner tun – und die vermehrten<br />
Bedürfnisse nach § 843 Absatz 1 2. Alternative BGB – das ist,<br />
Anzeige<br />
Frühbuchervorteil:<br />
Bei Buchung bis 3 Monate<br />
vor Anreise 10% Rabatt<br />
auf das Angebot<br />
was Hausfrau oder Hausmann für sich selbst tun – aufgeteilt<br />
werden. Dies ist dann von Belang, wenn die persönliche Assistenz<br />
im Rahmen einer Vollpflegebedürftigkeit auch für<br />
den Geschädigten kocht, putzt und einkauft – immer dann<br />
kommt es zu Überschneidungen im Bereich der vermehrten<br />
Bedürfnisse.<br />
Richterliche Schätzungen<br />
Doch wie wird dieser Wert in EURO und Cent berechnet?<br />
Laut Gesetzbuch sind die auf § 843 Absatz 1 BGB gestützten<br />
Schadensersatzansprüche gemäß § 287 ZPO i. V. m. § 252<br />
BGB (richterlich) zu schätzen.<br />
Zwar ist das kein Hexenwerk, jedoch sind durchaus mehrere<br />
Schritte notwendig, denen allen ein gewisses Streit- und<br />
Verhandlungspotential innewohnt, bevor ein Vergleich geschlossen<br />
oder ein Urteil gefunden werden kann.<br />
Zunächst ist zu ermitteln, wie viele Stunden der Geschädigte<br />
vor dem Unfall in den Haushalt gesteckt hat. Hierzu empfiehlt<br />
sich – neben dem Erstellen einer entsprechenden Liste<br />
– der Blick in die Tabellen von Schulz-Borck und Hoffmann in<br />
einer neueren Auflage. Aus diesem Werk, das ständig aktualisiert<br />
wird, lässt sich entnehmen, wie hoch der Aufwand in<br />
einzelnen Haushalten in Deutschland pro Woche im Durchschnitt<br />
ist.<br />
Die Zahlen sind durchaus erstaunlich hoch, da die Autoren<br />
tatsächlich jedes noch so kleine Detail der Haushaltsführung<br />
in umfangreichen Umfragen ermittelt haben. So bedarf ein<br />
Sommerbrise am See Maizauber<br />
7 Übernachtungen inkl. Frühstücksbuffet<br />
Kostenfreie Nutzung des Schwimmbades<br />
und der Saunen<br />
ab466,–<br />
2 Übernachtungen inkl. Frühstücksbuffet<br />
Kostenfreie Nutzung des Schwimmbades<br />
und der Saunen<br />
Reisezeitraum 16.4.-1.10.<strong>2011</strong>, ausgenommen Ostern<br />
pro Person<br />
im EZ oder DZ<br />
Anreise Freitag oder Samstag, Reisezeitraum 6.-29.5.<strong>2011</strong><br />
Barrierefreie Erholung HausRheinsberg<br />
Hotel am See<br />
Donnersmarckweg 1<br />
16831 Rheinsberg<br />
Tel. (03 39 31) 344 0<br />
Fax (03 39 31) 344 555<br />
post@hausrheinsberg.de<br />
www.hausrheinsberg.de<br />
129,–<br />
ab<br />
pro Person<br />
im EZ oder DZ<br />
recht recht<br />
<strong>Paraplegiker</strong> 02/11
echt recht<br />
Anzeige<br />
Haushalt mit fünf Kindern insgesamt ca. 70 Wochenstunden<br />
um am Laufen gehalten zu werden. Überraschend ist aber<br />
auch, dass Singlehaushalte bereits ca. 20 Wochenstunden<br />
Zeit verschlingen.<br />
Die Autoren unterscheiden dann noch – über die Zahl der<br />
im Haushalt lebenden Personen hinaus – zwischen verschiedenen<br />
Haushaltsqualitäten. Klar ist, dass ein wohlhabender<br />
Haushalt mehr Stunden zur Aufrechterhaltung benötigt,<br />
denn Swimmingpoolpflege und Putzen des Silberbestecks<br />
fallen nicht in jedem Haushalt an (Der Geldspeicher will<br />
ebenso sauber gehalten werden…; Anm.d.Red.) Auch viele<br />
Haustiere stellen eine deutliche Mehrbelastung dar, ebenso<br />
ein Garten – das kann durchaus auch ein Schrebergarten<br />
sein.<br />
Höhe des Stundenlohns<br />
Hat man einen ersten Anhaltspunkt, so empfiehlt sich im<br />
zweiten Schritt eine individuelle Liste mit Zeitschätzung darüber<br />
zu erstellen, wie oft man im betroffenen Haushalt wöchentlich<br />
putzt, einkauft, Dinge repariert, Behördengänge<br />
tätigt und was der Dinge mehr sind. Weicht die persönliche<br />
Liste erheblich von den in Schulz-Borck geschätzten Zeiten<br />
ab, so empfiehlt es sich Gedanken darüber zu machen, wie<br />
sich diese Abweichung erklären lässt. Ist die individuelle Zahl<br />
zu niedrig, so sind möglicherweise einige Tätigkeiten vergessen<br />
oder falsch eingeschätzt worden, ist die Zahl zu hoch,<br />
muss sich Gedanken darüber gemacht werden, wie die Abweichung<br />
von der Norm für ein Gericht nachvollziehbar zu<br />
begründen ist.<br />
Dann ist zu überlegen, ob die Aufgaben vor dem Unfall von<br />
der geschädigten Person oder vom Partner oder den erwachsenen,<br />
noch zu Hause lebenden Kindern übernommen<br />
wurden. Nur die Stunden, die der Geschädigte übernommen<br />
hat, sind relevant.<br />
Danach sollte überlegt werden, welche Tätigkeiten trotz Behinderung<br />
noch selbst ausgeführt werden können – auch<br />
wenn hierfür mehr Zeit verbraucht wird als bisher. Wichtig<br />
in diesem Zusammenhang ist, dass selbst bei einer Erwerbsminderung<br />
von 100 % gewisse Dinge im Haushalt noch<br />
erledigt werden können, so beispielsweise die Hausaufga-<br />
benüberwachung der Kinder oder das Anfertigen von Steuererklärungen<br />
– also primär die Kopfarbeit.<br />
Erst dann lassen sich die ausgefallenen Stunden mit einiger<br />
Sicherheit bemessen und gerichtsfest vortragen.<br />
Im letzten Schritt stellt sich dann die Frage, wie die einzelne<br />
Stunde in EURO zu bemessen ist. Viele Gerichte geben hier<br />
pauschal zwischen 8 und 10 € netto – bei Festanstellung einer<br />
Haushaltshilfe erhöht um die Sozialabgaben (ca. 25 %),<br />
Ausreißer nach oben und unten sind nicht ausgeschlossen.<br />
Es empfiehlt sich daher mit dem Bundesangestelltentarifvertrag<br />
(kurz BAT) zu argumentieren und die entsprechende Vergütung<br />
eines mittleren Angestellten im öffentlichen Dienst<br />
anzuwenden. Ähnlich wie bei der Stundenzahl kommt es<br />
dann bei der Lohnhöhe darauf an wie einfach oder kompliziert<br />
ein Haushalt zu führen ist (Fastfood oder frisches Gemüse?<br />
Garten oder Balkon?). Je aufwändiger die Tätigkeit desto<br />
besser auch die „Besoldung“.<br />
Am Schluss noch ein Hinweis: Anders als beim Erwerbsschaden<br />
endet der Haushaltsführungsschaden und Haushaltsschaden<br />
nicht mit Erreichen des Rentenalters.<br />
Anmerkung zum Autor: Der Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />
für Verkehrsrecht Oliver Negele, Mitarbeiter der AG-Recht<br />
der FGQ, bearbeitet derzeit ca. 30 Fälle aus dem Bereich<br />
Großpersonenschaden im Jahr.<br />
Kontakt:<br />
Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />
Oliver Negele<br />
Bgm.-Fischer-Str. 12<br />
86150 Augsburg<br />
tel 08 21-32 79 88-10, Fax -20<br />
eMail: kontakt@arge-recht.de
Arbeitsgemeinschaften (AG)<br />
Ambulante Dienste<br />
Milan Kadlec<br />
Bornberg 94<br />
42109 Wuppertal<br />
tel 02 02-45-02 71; Fax -39 42<br />
eMail: info@isb-ggmbh.de<br />
Bauen & Umwelt<br />
Dipl. Ing. Dirk Michalski<br />
Im Hohnsiefen 1<br />
53819 Neunkirchen-Seelscheid<br />
tel 0 22 47-60 70<br />
eMail: DirkMichalski@t-online.de<br />
Internet: www.DirkMichalski.de<br />
Frank Opper, Architekt<br />
Auf der Wiese 20 • 41564 Kaarst<br />
tel 0 21 31-51 17 09<br />
eMail: frank@opper-architekten.de<br />
FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />
Herbert Müller<br />
Freiherr-vom-Stein-Straße 47<br />
56566 Neuwied-Engers<br />
tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36<br />
eMail: h.mueller@engers.de<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Peter Mand<br />
Felbelstraße 15 • 47799 Krefeld<br />
tel 0 21 51-62 17 000<br />
eMail: peter.mand@t-online.de<br />
Recht / Schadensersatzrecht<br />
Gottfried Weller<br />
Oliver Negele<br />
Dr. Loeffelladstr. 127 • 86609 Donauwörth<br />
tel 09 06-83 34; Fax 99 99 715<br />
eMail: gottfriedweller@arcor.de<br />
Schmerz bei Querschnittlähmung<br />
Margarete „Gritli“ Blickensdörfer<br />
Gottfried-Keller Str. 54 • 40474 Düsseldorf<br />
tel 02 11-38 73 69 67<br />
eMail: gblickensdoerfer@ish.de<br />
Schule & Studium<br />
Karen Fischer<br />
Auf der Kuhweide 1 • 44269 Dortmund<br />
tel 02 31-75 97 55<br />
Urlaub<br />
Johann Kreiter<br />
Laubeweg 1 • 70565 Stuttgart<br />
tel 07 11-7 15 64 90<br />
eMail: jnkreiter@aol.com<br />
Neue Ansprechpartner gesucht!<br />
Anfragen bitte an<br />
eMail: FGQ-Moelsheim@t-online.de<br />
Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe<br />
von Euro<br />
(mindestens 30 Euro)<br />
Querschnittgelähmte 15 Euro, je Familienmitglied 15 Euro<br />
Ich zahle per: Abbuchung Rechnung<br />
Buchen Sie von folgendem Konto ab:<br />
Bank<br />
Bankleitzahl Konto-Nr.<br />
Datum Unterschrift<br />
Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich<br />
widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />
Datum Unterschrift<br />
PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen<br />
mit Körperbehinderung<br />
Das offizielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im<br />
vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung<br />
haben viele gemeinsame Interessen,<br />
deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen<br />
Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen n<br />
Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung.<br />
Ständige Themen<br />
Werden Sie Mitglied!<br />
Bitte ausschneiden und in einem ausreichend frankierten Umschlag senden an:<br />
Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V.<br />
Silcherstraße 15<br />
67591 Mölsheim<br />
Hilfsmittel Rollstuhl & Co – Test the Best<br />
Pflege Organisation, Finanzierung und Hilfsmittel ttel<br />
Urlaub In Nah und Fern<br />
Auto Solange es rollt – Vom kleinen Flitzer<br />
bis zum großen Van<br />
Recht Tipps vom Anwalt<br />
Menschen<br />
Planen und<br />
Portraits, Sport und Spiel, Beruf<br />
Bauen Barrierefrei und alltagstauglich<br />
Zu unserem Programm gehören auch<br />
»B-kids« für behinderte junge Menschen<br />
»K« - Journal Mensch und Krebs<br />
»FGQ-Info« Informationsbroschüren der<br />
Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte<br />
in Deutschland.<br />
Bei Interesse fordern Sie bitte ein Probeheft an<br />
oder informieren sich telefonisch beim Verlag.<br />
Bestellcoupon rückseitig<br />
Rückseite beachten!<br />
Diesen Abschnitt bitte ausfüllen,<br />
ausschneiden, in einen ausreichend<br />
frankierten Umschlag<br />
geben und einsenden an:<br />
Humanis<br />
Verlag für Gesundheit GmbH<br />
Silcher Straße 15<br />
67591 Mölsheim<br />
oder faxen an:<br />
0 62 43 - 90 35 69<br />
Abotelefon:<br />
0 62 43 - 90 07 04
PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER<br />
JA!<br />
Ich möchte »PARAPLEGIKER«, die Zeitschrift für Menschen mit<br />
Körperbehinderung abonnieren,<br />
4 Ausgaben jährlich für 15 € (Ausland 20 €) inkl. Porto & Versand.<br />
Vorname:<br />
Name:<br />
Straße / Hausnummer:<br />
PLZ / Ort:<br />
bargeldlos durch Bankeinzug<br />
Konto-Nr.:<br />
BLZ:<br />
94<br />
Ja!<br />
Name und Sitz der Bank:<br />
gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten)<br />
Unterschrift<br />
94<br />
Ich möchte Mitglied im Freundeskreis der<br />
Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V. werden.<br />
Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle<br />
laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall<br />
eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender<br />
Abstufung bei Teilinvalidität.<br />
Name, Vorname<br />
Geb.-Datum<br />
Straße<br />
PLZ / Wohnort<br />
Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an:<br />
Name, Vorname Straße / Wohnort<br />
Geb.-Datum<br />
Name, Vorname Straße / Wohnort<br />
Geb.-Datum<br />
Ich bin querschnittgelähmt ja nein<br />
Andere Behinderung:<br />
Werden Sie Mitglied!<br />
Spendenkonto 0 179 200, Deutsche Bank Ludwigshafen, BLZ 545 700 94<br />
Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerufen<br />
werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine<br />
2. Unterschrift.<br />
Unterschrift.<br />
Gewünschte Zahlungsweise (bitte ankreuzen)<br />
Beantworten Sie bitte noch diese zwei Fragen bevor Sie die Abo-Karte ausgefüllt<br />
an uns senden:<br />
Wo haben Sie den »<strong>Paraplegiker</strong>« kennengelernt?<br />
Welche Ausgabe des »<strong>Paraplegiker</strong>« liegt Ihnen vor?<br />
Rückseite beachten<br />
Rückseite beachten<br />
I M P R E S S U M<br />
PARAplegiker – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung<br />
HUMANIS Verlag GmbH<br />
Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim<br />
Telefon: 0 62 43-900 704<br />
Telefax: 0 62 43-903 569<br />
info@humanis-verlag.de<br />
www.humanis-verlag.de<br />
ISSN 0723-5070<br />
HERAUSGEBER<br />
Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V.<br />
Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
Roger Kniel<br />
MARKETINGLEITUNG<br />
Gisela Werner<br />
ANZEIGENBETREUUNG<br />
POINT63 Media- und Verlagsservice<br />
Andreas Stoßberg<br />
Telefon: 02 12-2 33 52 65<br />
Telefax: 02 12-2 33 52 66<br />
a.stossberg@arcor.de<br />
ABOBETREUUNG<br />
Probeheft<br />
Telefon: 0 62 43-900 704<br />
REDAKTIONSLEITUNG<br />
(v.i.S.d.P.) Peter Mand<br />
MITARBEIT AN DIESER AUSGABE<br />
Barbara Früchtel, Ruth Auschra, Dirk Makoschey, Hermann Sonderhüsken,<br />
Ralf Kirchhoff, Kasia, Heike Stüvel, Margit Glasow, Dr. med.<br />
Ines Kurze, Herbert Müller, Andreas Bartling, Arndt Krödel, Henriette<br />
Brückmann, Klaus Herzog, Raimund Artinger, RA Oliver Negele.<br />
LAYOUT<br />
Eickhoff – Grafik & Design - Speyer<br />
Telefon: 0 62 32-62 93 20<br />
DRUCK<br />
NINO Druck GmbH<br />
Im Altenschemel 21<br />
67435 Neustadt/Weinstraße<br />
ERSCHEINUNGSWEISE<br />
vierteljährlich<br />
ANZEIGENSCHLUSS<br />
3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung<br />
der Auftraggeber.<br />
Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008<br />
BEZUGSBEDINGUNGEN<br />
Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft:<br />
Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4<br />
EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung<br />
gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement<br />
verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8<br />
Wochen vor Ablauf beim Verlag schriftlich gekündigt wurde.<br />
Der gesamte Inhalt der Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt, jede<br />
unzulässige Verwertung ohne Einwilligung des Verlages wird verfolgt.<br />
Die Autoren erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung ihrer<br />
Beiträge einverstanden. Haftung für zugesandte Texte oder Bilder<br />
wird ausgeschlossen.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge stimmen nicht zwangsläufig<br />
mit Meinung des Verlages und der Redaktion überein.