Paraplegiker 2/2010
Paraplegiker 2/2010
Paraplegiker 2/2010
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Fans im Rollstuhl<br />
den Vereinen, Spielen, Aktivitäten sowie dem<br />
ganzen Drumherum benötigen. „Mit Pfarrer<br />
Dohm zusammen löse ich die meisten Probleme“,<br />
sagt Freitag. „Wichtig zu wissen ist<br />
noch, dass nicht in Anspruch genommene<br />
Dauerkarten bei Schalke 04 nie verfallen. Ich<br />
gebe in der Saison ungefähr fünf Karten pro<br />
Saison zurück, die wiederum anderen behinderten<br />
Fans zugutekommen.“<br />
Die BBAG hat sogar einen, von der Bahn gesponserten<br />
Reiseführer für behinderte Fußballfans<br />
herausgegeben. Hier sind Informationen<br />
aus den Städten, deren Vereine in der 1.,<br />
2. und 3. Bundesliga spielen, zusammengetragen<br />
worden, damit behinderte Fans sowohl<br />
einen unbeschwerten Stadionaufenthalt als<br />
auch alle weiteren Aspekte des Fan-Lebens in<br />
der jeweiligen Stadt genießen können.<br />
Walter Neuss (Name gerändert) geht es nicht<br />
so gut wie Ulli Freitag. Der Achtundfünfzigjährige<br />
ist seit sieben Jahren auf den Rollstuhl<br />
angewiesen, weil sich seine Gelenke langsam<br />
versteiften. Das hat sein Leben auch als Fan<br />
verändert. Seit seiner Kindheit betrachtet<br />
Neuss Schalke 04 fast wie seine Familie. Er<br />
weiß alles über seinen Verein und besaß früher<br />
eine Dauerkarte. Aber jetzt ist er außen<br />
vor. In seinen Tagträumen hört er die Fans<br />
singen und sieht die Spieler einlaufen. Trä-<br />
Anzeige<br />
nen steigen ihm in die Augen, denkt er an<br />
die Zeiten, wo er live die Stimmung in dem<br />
Schalke-Stadion erleben durfte. Jetzt ist ihm<br />
der Kampf ums Ticket zuwider. Anrufen und<br />
betteln um eine Karte mag er nicht mehr. Er<br />
ist etwas enttäuscht von dem Verein, der es<br />
nicht schafft, genügend Rollstuhlplätze einzubauen.<br />
Da Walter Neuss auf das Stadion-<br />
Erlebnis nicht ganz verzichten möchte, hat<br />
er sich eine Ersatzdroge zugelegt. Er besucht<br />
alle vierzehn Tage einen Zweitligaverein in der<br />
Nachbarstadt und hat auch da seinen Spaß.<br />
Zwar ist die Stimmung da nicht ganz so wie<br />
auf Schalke. Wenn er dort in der ersten Reihe<br />
und familiären Atmosphäre seinen Favoriten<br />
zujubelt, vergisst Walter Neuss die Sehnsucht<br />
nach seiner großen Liebe Schalke 04.<br />
Tricksen unerwünscht<br />
Für die Gelsenkirchener Arena gehen beispielsweise<br />
nur 0,15 Prozent aller Karten an<br />
Rollstuhlfahrer. Das passt ins Gesamtbild: In<br />
allen Stadien der ersten und zweiten Bundesliga<br />
gibt es insgesamt 2 800 Rolli-Plätze.<br />
Häufig wurde die Ein-Prozent-Quote schon<br />
beim Bau ignoriert. In vielen Stadien herrscht<br />
Kartenknappheit – und die Rolli-Plätze müssen<br />
aus sozialen Gründen günstig abgegeben<br />
werden. 13 €, inklusive Begleitperson, muss<br />
der behinderte Fußballfan bezahlen. Ein Roll-<br />
bericht