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Paraplegiker 2/2010

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menschen<br />

16<br />

Mathias:<br />

Seit zwölf Jahren sitzt Mathias im Rollstuhl.<br />

Hat er eine psychogene Lähmung? Eine Borreliose?<br />

Liegt es an Komplikationen nach<br />

einer Rückenmarkspunktion? Mathias zuckt<br />

mit den Schultern, er weiß es wirklich nicht.<br />

PARAPLEGIKER 2/10<br />

V<br />

or über zehn Jahren hatte er tatsächlich<br />

einmal einen Zeckenbiss. Und irgendwann<br />

danach hatte er eine große rote Stelle auf seiner<br />

Haut wahrgenommen. Eine Zeitlang später<br />

bekam er Fieber, Gesichtsfeldausfälle und er<br />

nahm plötzlich 30 kg ab. Alles eine Folge des<br />

Zeckenbisses? Möglich. Um mehr herauszufinden,<br />

wurde das Rückenmark punktiert, eine so<br />

genannte Lumbalpunktion durchgeführt. Wäh-<br />

Mathias.<br />

rend die Spritze in sei- nen Rücken<br />

gestochen wurde, hatte er plötzlich das<br />

Gefühl, ein Nerv zwischen Wirbelsäule und Füßen<br />

würde wie eine Gitarrensaite vibrieren. Danach<br />

reißt sein Film ab. Als Mathias wieder klar<br />

denken kann, hat er kein Gefühl mehr in den<br />

Beinen, kann nicht mehr laufen und fällt in ein<br />

tiefes Loch. „Zwei Jahre lang bin ich so gut wie<br />

gar nicht aus dem Haus gegangen“, beschreibt<br />

er still, „und auch heute weiß ich oft nicht, warum<br />

ich lebe.“<br />

Die Ärzte spielen für den Fortgang der Handlung<br />

offenbar keine positive Rolle, jedenfalls<br />

nicht in Mathias’ Erinnerung. Ein Labor-Ergebnis<br />

der Rückenmarkspunktion kennt er nicht,<br />

das Nervenwasser soll irgendwie abhanden<br />

gekommen sein. Vor einer erneuten Punktion<br />

hat er verständlicherweise panische Angst. Er<br />

soll lernen, die Behinderung zu akzeptieren,<br />

bekommt Psychopharmaka und Gesprächsangebote.<br />

Andererseits gehört es nicht zu seinen<br />

Stärken, sich konsequent um Diagnostik und<br />

Therapie zu kümmern. Einmal hat er einen Versuch<br />

gemacht. Damals wohnte er noch in Potsdam,<br />

wo er aufgewachsen war. In Hildesheim<br />

fand eine junge Potsdamer Ärztin einen Borreliose-Spezialisten,<br />

der eine Intensivtherapie mit<br />

ihm machen wollte. Mehrmals war Mathias zur<br />

Behandlung dort, dann verweigerte die Krankenkasse<br />

weitere Zahlungen, weil die Praxis so<br />

weit entfernt lag. Kurz entschlossen zog er nach<br />

Hildesheim um und ließ sich weiter behandeln.<br />

Aber die Therapie konnte weder die Lähmung<br />

beseitigen noch zweifelsfrei die Ursache klären.<br />

Psychogene Lähmung? Borreliose? Komplikation<br />

nach Lumbalpunktion? Kann eine Lumbalpunktion<br />

überhaupt eine Querschnittlähmung<br />

auslösen? „So etwas kann natürlich passieren“,<br />

erklärt der Berliner Schmerzspezialist<br />

Dr. Jan-Peter Jansen, „das ist zwar extrem<br />

selten, aber auf alle Fälle denkbar“. Mathias<br />

zuckt mit den Schultern.

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