Werterfahrungen beim Selbermachen. - Stiftungsgemeinschaft ...
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Corinna Vosse: <strong>Werterfahrungen</strong> <strong>beim</strong> <strong>Selbermachen</strong><br />
Lebensgestaltung der Individuen nötig sind.“ 50 Diese Definition beinhaltet Aspekte des Habens und<br />
Tuns sowie des Kaufens und Machens. Kurz gesagt, Konsum wird verstanden als Aktivität, die<br />
marktbasierte und nicht-marktbasierte Praktiken kombiniert. 51 Erstere sind die Nachfrage von<br />
Produkten und Leistungen am Markt, Letztere beinhalten Herstellung und Verfügbarmachung von<br />
Gütern und Leistungen für die unmittelbare Nutzung. So verstanden bezieht die Kategorie Konsum<br />
explizit verschiedene Formen der Bereitstellung ein. Angesprochen werden auch Möglichkeiten der<br />
Eigenproduktion und damit individuelle Kompetenzen und Kapazitäten für die unmittelbar<br />
konsumrelevante Produktion.<br />
Handlungsfelder informellen Konsums<br />
Dieser Ausgangspunkt eröffnet eine umfassende Perspektive auf Konsummuster und<br />
Konsumstrategien über den Bereich der marktlichen Transaktionen hinaus. Gleichzeitig verbindet sich<br />
damit die Herausforderung, empirische Daten über nicht-marktbasierte oder informelle<br />
Konsumaktivitäten verfügbar zu machen. In dieser Schwierigkeit kann einer der Gründe für den<br />
Mangel an Untersuchungen von Konsum in einem so umfassenden Verständnis vermutet werden. 52<br />
Ein weiterer Grund kann darin gesehen werden, dass dieser Zugang eine Überwindung der<br />
paradigmatischen Trennung von Konsum und Produktion voraussetzt. Statt eine Trennung zu<br />
implizieren, werden in dieser Untersuchung Wechselwirkungen zwischen den beiden Bereichen<br />
fokussiert und so eine systemische Betrachtung von nachhaltigem Konsum als gesellschaftliche<br />
Herausforderung verfolgt.<br />
Eigenproduktion lässt sich mit Begriffen und Konzepten des Diskurses über informelle Ökonomie<br />
genauer beschreiben. Informelle Ökonomie gilt gemeinhin in Abgrenzung zur formellen Ökonomie als<br />
gekennzeichnet von einem geringen Formalisierungsgrad, einem weitgehenden Fehlen von Geld als<br />
Tauschmittel sowie von statistischer Unsichtbarkeit. 53 Nach Teichert können drei Felder sinnvoll<br />
unterschieden werden, und zwar entlang ihrer Nähe zum „Zentrum der Haushaltstätigkeiten“: 54<br />
Haushaltswirtschaft, Selbstversorgungswirtschaft und Selbsthilfeökonomie. Haushaltswirtschaft<br />
beinhaltet tägliche Routinen der Haushaltsführung sowie Pflege, Erziehung und Beziehungsarbeit,<br />
insgesamt vor allem reproduktive Arbeiten. Selbsthilfeökonomie umfasst Tätigkeiten, die außerhalb<br />
des eigenen Haushalts stattfinden, in Interaktion mit sozialen Netzwerken. Beispiele sind<br />
Nachbarschaftshilfe und Vereinsarbeit, Arbeiten, die unmittelbar zu einem größeren Ganzen beitragen.<br />
Selbstversorgerwirtschaft schließlich ist zwischen diesen beiden Feldern einzuordnen, im Hinblick auf<br />
den Output eher der Haushaltswirtschaft zuzurechnen, aber nicht Teil der reproduktiven Hausarbeit.<br />
Im Rahmen von Selbstversorgerwirtschaft werden Güter hergestellt und Möglichkeiten geschaffen, die<br />
zur Versorgung von Haushaltsmitgliedern beitragen. Sie trägt also bei zur gewünschten<br />
Lebensqualität. Dieses Feld der informellen Ökonomie entspricht somit dem oben entwickelten<br />
Verständnis von Eigenproduktion als Bestandteil von Konsumhandeln. Beispiele solcher Praktiken<br />
sind Marmelade kochen, Fahrrad reparieren, Pilze sammeln und trocknen, einen offenen<br />
Internetzugang einrichten. Eigenproduktion kann also verstanden werden als Kennzeichnung eines<br />
Feldes für die empirische Untersuchung von nicht-marktbasiertem Konsumhandeln.<br />
50 Cogoy 1999, S. 386.<br />
51 Cogoy 1995, S. 170.<br />
52 Warde 2005, S. 132.<br />
53 Vgl. Teichert 2000.<br />
54 Teichert 2000, S. 24f.<br />
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