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Einführung in die Sozialwissenschaften - Jürgen Bellers

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genau zu bestimmen wird uns vor, ja sogar nach sorgfältiger<br />

Untersuchung schwerfallen.“ (Enquiry I, 28/14 f.)<br />

Hume veröffentlicht se<strong>in</strong>e Ethik e<strong>in</strong> zweites Mal im Enquiry concern<strong>in</strong>g the<br />

Pr<strong>in</strong>ciples of Morals (1751), e<strong>in</strong>er Schrift, <strong>die</strong> er von allen se<strong>in</strong>en historischen,<br />

philosophischen und literarischen Schriften am meisten schätzte. Der<br />

Enquiry II ist nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Kurzfassung des dritten Buches se<strong>in</strong>es<br />

Treatise. G. Strem<strong>in</strong>ger weist darauf h<strong>in</strong>, daß Aufbau und<br />

Schwerpunktsetzung, teilweise aber auch <strong>die</strong> Term<strong>in</strong>ologie und <strong>die</strong><br />

theoretische Ausarbeitung differieren (vgl. Strem<strong>in</strong>ger: 1984, 21 ff.). Auffällig<br />

ist darüber h<strong>in</strong>aus <strong>die</strong> größere Lebensnähe des Enquiry II, <strong>die</strong> sich vor allem<br />

an der Fülle von Beispielen und an dem engagierten Schreibstil zeigt, der im<br />

Leser <strong>die</strong> Bereitschaft zu e<strong>in</strong>em tugendhaften Leben wecken will. Ich beziehe<br />

mich im folgenden primär auf <strong>die</strong> zweite und letztgültige Fassung der<br />

Moralphilosophie Humes, auf den Enquiry concern<strong>in</strong>g the Pr<strong>in</strong>ciples of Morals.<br />

Humes Untersuchung setzt mit e<strong>in</strong>er Analyse jener charakterlichen<br />

Eigenschaften e<strong>in</strong>, <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> geschätzt werden und e<strong>in</strong>em Menschen<br />

persönliches Ansehen verleihen. Untersucht werden aber auch solche<br />

Gewohnheiten und Verhaltensweisen, <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> Tadel hervorrufen. Um<br />

zu jenen allgeme<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zipien zu gelangen, <strong>die</strong> der Billigung und dem<br />

Tadel zu Grunde liegen, will Hume <strong>die</strong> den positiv und <strong>die</strong> den negativ<br />

bewerteten Eigenschaften jeweils geme<strong>in</strong>sam zukommenden Merkmale<br />

bestimmen. Ist gezeigt, was im Verhalten anderer Menschen Billigung oder<br />

Mißbilligung hervorruft, so kann darüber entschieden werden, ob <strong>die</strong> Moral<br />

ihren Ursprung im Verstand oder im Gefühl hat. Mit <strong>die</strong>ser Fragestellung<br />

knüpft Hume an e<strong>in</strong>e Kontroverse der Moralphilosophie se<strong>in</strong>er Zeit an.<br />

Vertraten Anhänger des Rationalismus wie z.B. S. Clarke <strong>die</strong> Auffassung,<br />

moralische Urteile würden a priori vermittelst des Verstandes gefällt, so<br />

hielten Vertreter der moral-sense-Theorie wie z.B. A. A. C. Shaftesbury und<br />

F. Hutcheson dagegen, <strong>die</strong> moralische Bewertung des Handelns beruhe auf<br />

e<strong>in</strong>er Regung des Gefühls, <strong>die</strong> sich bei der Beobachtung von<br />

Verhaltensweisen und bei der Betrachtung von Gemütsbeschaffenheiten<br />

e<strong>in</strong>stelle. Bereits im ersten Abschnitt se<strong>in</strong>es Enquiry II deutet Hume an, daß<br />

er e<strong>in</strong> Zusammenwirken von Verstand und Gefühl <strong>in</strong> Fragen der Moral für<br />

das Wahrsche<strong>in</strong>lichste hält. Denn der Verstand hat ke<strong>in</strong>e Macht über <strong>die</strong><br />

Gemütsbewegungen, d.h. er kann nicht festlegen, was wir für liebenswert<br />

halten und was wir verabscheuen. Moralische Empf<strong>in</strong>dungen müssen somit<br />

auf e<strong>in</strong>e ursprüngliche Beschaffenheit des Gemüts zurückgehen, und sie<br />

s<strong>in</strong>d nach Hume darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> der Lage, <strong>die</strong> aktiven Kräfte des<br />

Menschen <strong>in</strong> Bewegung zu setzen. Hume nimmt an, daß e<strong>in</strong> allen Menschen<br />

geme<strong>in</strong>samer <strong>in</strong>nerer S<strong>in</strong>n (<strong>in</strong>ternal sense) oder e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es moralisches<br />

Gefühl (moral sentiment) bestimmt, was wir als Tugend und Laster beurteilen<br />

(vgl. Enquiry II, 91/173 u. 205/276). Dabei unterscheidet er sich von den<br />

moral-sense-Theoretikern u.a. dadurch, daß er das moralische Gefühl auf<br />

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