LAWINEN - Alpin.de
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e<strong>de</strong>utet, dass Kamera<strong>de</strong>nrettung in aller Regel nur in <strong>de</strong>n ersten<br />
15 Minuten noch lebensrettend sein kann – wer länger im Schnee<br />
verschüttet bleibt, muss einen beson<strong>de</strong>ren Schutzengel dabei haben.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Flügel <strong>de</strong>s Schutzengels, <strong>de</strong>n Wilfried P. dabei hatte,<br />
hatten eine orange Farbe. Die Dreiergruppe fuhr nach <strong>de</strong>m Gipfelgang<br />
in eine steile Rinne ein. Die bei<strong>de</strong>n Kamera<strong>de</strong>n zuerst, dann<br />
Wilfried P. Er kam nur einige Schwünge weit. „Ich dachte plötzlich,<br />
was ist <strong>de</strong>nn jetzt los? Es gab keinen Laut, nur hatte ich ein komisches<br />
Gleichgewichtsgefühl. Als ich dann auf <strong>de</strong>n Grat rechts von<br />
mir schaute, da sah es so aus, als ob die Bäume nach oben wegfliegen<br />
wür<strong>de</strong>n. Da wur<strong>de</strong> mir bewusst: Ich bin inmitten einer Lawine!“<br />
Sobald – so steht es in <strong>de</strong>r Gebrauchsanweisung – eine Lawinensituation<br />
erkannt wird, muss man kompromisslos <strong>de</strong>n ABS-Lawinenairbag<br />
auslösen. Man kann <strong>de</strong>n Auslöser mehrfach bedienen, besser<br />
einmal zu viel als zu wenig. Man zieht dabei ruckartig am Auslösegriff,<br />
während man versucht, aus <strong>de</strong>r Lawine zu fliehen. Die bei<strong>de</strong>n<br />
Airbags blasen sich in Sekun<strong>de</strong>nschnelle auf, egal ob man noch fährt<br />
o<strong>de</strong>r bereits gestürzt ist, ob man auf <strong>de</strong>m Rucksack liegt o<strong>de</strong>r bereits<br />
von <strong>de</strong>n fließen<strong>de</strong>n Schneemassen erfasst ist. Die aufgeblasenen Airbags<br />
sind kein Hin<strong>de</strong>rnis, wenn man sich eventuell noch mit eigener<br />
Kraft zu einem Flucht- o<strong>de</strong>r Ausweichmanöver in <strong>de</strong>r Lage sieht.<br />
ETWA 500 HÖHENMETER wur<strong>de</strong> Wilfried P. von <strong>de</strong>n Schneemassen<br />
mitgerissen. „Mir kam es vor, als wäre eine Ewigkeit vergangen,<br />
bis ich die Situation realisierte. Ich zog fest an <strong>de</strong>r Auslösevorrichtung.<br />
Dann bin ich an <strong>de</strong>r Oberfläche die Rinne hinunter mitgeschwommen.“<br />
Er konnte sich dabei seiner Ski entledigen. „Ein<br />
Baum stand plötzlich im Weg, ich bin mit Schwimmbewegungen<br />
knapp daran vorbeigekommen.“ Er hatte die Anleitung richtig<br />
studiert. Dort heißt es: „Wenn Sie ausgelöst haben, konzentrieren<br />
Sie sich ausschließlich auf Ihre Sturzbahn. Durch die seitliche Anbringung<br />
<strong>de</strong>r Airbags können Sie ungehin<strong>de</strong>rt Ihre Arme einsetzen.<br />
Kämpfen Sie mit Schwimmbewegungen, drücken Sie Hin<strong>de</strong>rnisse<br />
Zwischen 400 und 500 Höhenmeter hat die Lawine am Taferlnock<br />
Wilfried P. mitgerissen – ohne dramatische Folgen.<br />
weg, versuchen Sie sich zu stabilisieren und Ihren Kopf zu schützen.“<br />
Die Form <strong>de</strong>r Airbags bietet einen zusätzlichen Schutz für <strong>de</strong>n<br />
Kopf. Durch ein Drehen <strong>de</strong>r Ski sollte man versuchen, die Bindung<br />
zu lösen. Die Ski wirken sonst wie ein Anker o<strong>de</strong>r könnten sich in<br />
Fels o<strong>de</strong>r starkem Geäst verhed<strong>de</strong>rn und Verletzungen verursachen.<br />
Deshalb am besten bei Skitouren auf Stockschlaufen und Fangriemen<br />
zu verzichten.<br />
ALS DIE LAWINE ZUM STEHEN KAM, hielt Wilfried P.<br />
sofort Ausschau nach seinen Kamera<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m Mobiltelefon<br />
wählte er <strong>de</strong>n Bergnotruf an – doch schnell war <strong>de</strong>r Akku leer.<br />
Wilfried P. holte das LVS-Gerät hervor, konnte aber kein Signal<br />
orten. Da sah er seine bei<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong> neben <strong>de</strong>m Lawinenfeld.<br />
Sie waren zwar etwa 100 Meter von <strong>de</strong>r Lawine mitgerissen<br />
wor<strong>de</strong>n, hatten sich aber aus <strong>de</strong>r Rinne herausarbeiten können.<br />
Seit 1985 ist <strong>de</strong>r ABS-Lawinenairbag auf <strong>de</strong>m Markt. Nach<br />
anfänglicher Skepsis und heißen Debatten, in <strong>de</strong>nen es auch um<br />
die Kosten und das Mehrgewicht<br />
ging, versachlichte sich die<br />
Diskussion in Fachkreisen.<br />
Nicht nur, weil Versuche mit<br />
Dummys o<strong>de</strong>r auch dokumentierte<br />
Rettungserlebnisse bekannt wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Sicherheitsbeauftragten<br />
<strong>de</strong>r Bergrettung, <strong>de</strong>r<br />
Alpenvereine und viele Bergschulen<br />
sehen mittlerweile<br />
in <strong>de</strong>m Airbag-System die<br />
einzige Hilfe, die ein<br />
Verschütten in <strong>de</strong>r Fließlawine<br />
erhin<strong>de</strong>rn kann Wilfried P.<br />
je<strong>de</strong>nfalls wird wie<strong>de</strong>r auf Skitour gehen.<br />
„Aber nie ohne <strong>de</strong>n ABS!“<br />
Aufatmen: Wilfried P. und einer seiner<br />
Begleiter auf <strong>de</strong>m Lawinenkegel.<br />
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EXTRA<br />
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