Fahrfähigkeit Thema: Grundlagen der Rechtsmedizin Fahrfähigkeit ...
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Ein Fallbeispiel soll als Illustration dienen:<br />
Ein 23j. PW-Lenker wurde um 22:30 Uhr von einer Polizeipatrouille wegen seines<br />
aggressiven Fahrstils zur Kontrolle angehalten. Bei <strong>der</strong> nachfolgenden ärztlichen<br />
Untersuchung um 00:00 Uhr verhielt er sich aggressiv, war sehr angetrieben und wies eine<br />
auffallende Mydriase sowie gerötete Nasenschleimhäute auf. Die angewendeten chemischen<br />
Testverfahren <strong>der</strong> entnommenen Blutprobe wiesen Kokainmetaboliten von 2400 ng/ml<br />
nach. Der Lenker stand somit gemäss ärztlicher Untersuchung noch zur Zeit <strong>der</strong><br />
Blutentnahme deutlich unter dem Einfluss von - chemisch bestätigtem - Kokain. Der selbe<br />
Mann war bereits gut 6 Wochen zuvor um 10.45 Uhr zu einer Routinekontrolle angehalten<br />
worden. Die ärztliche Untersuchung erfolgte um 13:44 Uhr. Damals verhielt er sich ruhig,<br />
zeigte erweiterte Pupillen und gerötete Bindehäute, war ansonsten jedoch unauffällig. Das<br />
Blut enthielt ca. 2500 ng/ml "Kokain". Mit fast gleichem Analysenwert wie bei <strong>der</strong> späteren<br />
Kontrolle stand <strong>der</strong> Lenker laut ärztlicher Einschätzung nur unter geringer Kokainwirkung.<br />
Eine Beurteilung <strong>der</strong> konkreten <strong>Fahrfähigkeit</strong> lediglich anhand <strong>der</strong> chemischen<br />
Analysenwerte war demzufolge auch unter dem Versuch einer Rückrechnung auf die<br />
rechtlich relevante Zeit <strong>der</strong> Fahrt gar nicht möglich.<br />
[nach oben]<br />
Es ist fraglich, ob je verbindliche o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Praxis ohne weiteres anwendbare Modelle zur<br />
Korrelation zwischen Wirkstoffblutspiegel und Schwere <strong>der</strong> Auswirkungen von Drogen und<br />
Medikamenten entwickelt werden. Die Begutachtung muss deshalb im konkreten Fall immer<br />
individuell erfolgen. Analogieschlüsse aus den analytischen Blutspiegeln wie beim Alkohol<br />
sind vor<strong>der</strong>hand mit Ausnahme einzelner Spezialfälle ebenso unzulässig wie das<br />
Hinzuziehen alkoholtypischer Leistungsverän<strong>der</strong>ungen als Beurteilungsgrundlage.<br />
Der ärztlichen Untersuchung kommt eine zentrale Rolle zu. Vermutlich wegen <strong>der</strong><br />
Analogieschlüsse zu den FIAZ-Ereignissen, bei denen primär <strong>der</strong> Überschreitung <strong>der</strong> 0,8-<br />
Promillegrenze Beachtung geschenkt und die ärztliche Untersuchung häufig nur noch pro<br />
forma vorgenommen wird ("FIAZ-Syndrom"), ist die ärztliche Untersuchung und<br />
Protokollierung auch bei den ganz an<strong>der</strong>s gelagerten Drogen- und Medikamentenfällen<br />
häufig dürftig.<br />
Beim selbstverursachten Verkehrsunfall ist die <strong>Fahrfähigkeit</strong> <strong>der</strong>art vermin<strong>der</strong>t, dass das<br />
sichere Führen eines Fahrzeuges nicht mehr möglich war. Die Frage ist nur, ob <strong>der</strong> Einfluss<br />
einer chemischen Substanz, ein akutes krankhaftes Geschehen o<strong>der</strong> "lediglich" eine<br />
Übermüdung bzw. eine momentane Unaufmerksamkeit zugrunde lag. Da chemische<br />
Substanzen i. a. relativ rasch verstoffwechselt und ausgeschieden werden, än<strong>der</strong>n sich ihre<br />
mit den ärztlichen Untersuchungsmethoden erfassbaren Auswirkungen innerhalb weniger<br />
Stunden, teilweise sogar innerhalb einer Stunde. Daraus folgt, dass die ärztliche<br />
Untersuchung sowie die Asservierung <strong>der</strong> Blut und Urinprobe sofort, d. h. so nahe als<br />
möglich am Ereignis, zu erfolgen hat.<br />
[nach oben]<br />
Als Ergänzung zur ärztlichen Untersuchung müssen (mit o<strong>der</strong> ohne zusätzliche<br />
Alkoholbestimmung) insgesamt etwa 20 ml Vollblut und Urin (zwischen etwa 20 und 100<br />
ml, unter Sicht!) asserviert werden.<br />
Mit <strong>der</strong> sorgfältigen ärztlichen Untersuchung kurz nach dem Ereignis lassen sich im Prinzip