Anwaltsreport - Anwalt-Suchservice
Anwaltsreport - Anwalt-Suchservice
Anwaltsreport - Anwalt-Suchservice
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
INTERNET<br />
Justizkommunikationsgesetz:<br />
Wann kommt die elektronische Akte?<br />
Das Bundeskabinett hat am 28. Juli<br />
2004 den von Bundesministerin<br />
Brigitte Zypries vorgelegten Entwurf<br />
eines Justizkommunikationsgesetzes<br />
beschlossen. Der Gesetzentwurf regelt<br />
die rechtlichen Rahmenbedingungen,<br />
unter denen Anwältinnen und Anwälte<br />
ihre Schriftsätze statt in Papierform<br />
künftig elektronisch bei Gericht einreichen<br />
können. In einer Presseerklärung<br />
vom gleichen Tage ließ sich<br />
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries<br />
unter der Überschrift „Email statt Briefpost<br />
und Aktenbock“ mit folgenden<br />
Sätzen zitieren: „In Zeiten knapper<br />
finanzieller und personeller Ressourcen<br />
ist elektronischer Rechtsverkehr für eine<br />
moderne Justiz unerlässlich. Elektronisch<br />
übersandte Dokumente sind<br />
schneller beim Empfänger als Briefe<br />
und Faxe und sie haben zudem den<br />
Vorteil, dass man damit elektronische<br />
Akten anlegen kann. So können<br />
mehrere Bearbeiter gleichzeitig an einer<br />
Akte arbeiten. Das ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung dafür, dass Bürgerinnen<br />
und Bürger schneller zu ihrem Recht<br />
kommen“. Das Gesetz ist Teil der<br />
Initiative BundOnline2005, in der sich<br />
die Bundesregierung zum Ziel gesetzt<br />
hat, bis 2005 alle internetfähigen<br />
Dienstleistungen online bereitzustellen.<br />
Zweifel am Zeitplan<br />
So ambitioniert das Projekt auch ist –<br />
der Zeitplan ist sehr eng bemessen,<br />
zumal nach wie vor große Rechtsunsicherheit<br />
bei der elektronischen Signatur<br />
besteht. Denn anhaltende Angriffe<br />
auf Online Banking Kunden durch sogenanntes<br />
„Phishing“ zeigen: Im eCommerce<br />
gibt es deutliche Sicherheitslücken.<br />
Notwendig ist vor allem eine<br />
eindeutige Identifizierung der virtuellen<br />
Geschäftspartner. Machbar wäre<br />
dies durch einen breiten Einsatz der<br />
„qualifizierten elektronischen Signatur“,<br />
einem fälschungssicheren elektronischen<br />
Siegel. Die notwendigen<br />
Rahmenbedingungen für eine sichere<br />
Signaturanwendung sind seit Jahren im<br />
Signaturgesetz verfügbar. Doch weil<br />
Banken und Sparkassen die Kosten<br />
scheuen, werden die sicheren Systeme<br />
bisher noch nicht flächendeckend ein-<br />
16 anwaltsreport 6 / 2004<br />
gesetzt. Statt aber nun der fälschungssicheren<br />
elektronischen Signatur zum<br />
Durchbruch zu verhelfen, plant die<br />
Bundesregierung jetzt eine Abschwächung<br />
des Signaturgesetzes. Phishing,<br />
Datenklau und Betrügereien im Internet<br />
würden dadurch erleichtert, fürchten<br />
insbesondere die Bundesnotarkammer<br />
und der Verbraucherzentrale Bundesverband<br />
(vzbv). „Die geplanten Änderungen<br />
kappen die tragenden Sicherheitselemente<br />
für einen effektiven Verbraucherschutz,“<br />
kritisierte Prof. Dr.<br />
Edda Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale<br />
Bundesverbandes (vzbv).<br />
Im Bundesrat wurde der Gesetzesvorschlag<br />
im Eilverfahren und ohne Beteiligung<br />
des dortigen Rechtsausschusses<br />
durchgewunken. Stefan Görk, Hauptgeschäftsführer<br />
der Bundesnotarkammer,<br />
kritisiert: „Sinn und Zweck der<br />
qualifizierten elektronischen Signatur<br />
ist das Schaffen von Sicherheit. Wenn man<br />
die aufgibt, kann man es auch lassen.“<br />
BMJ preist Zeit- und Kostenersparnis<br />
Doch das BMJ lässt sich auf dem Weg<br />
zur elektronischen Gerichtsakte nicht<br />
abschrecken. Die für die elektronische<br />
Kommunikation notwendige Technik<br />
sei sowohl bei Gerichten wie auch bei<br />
der <strong>Anwalt</strong>schaft weitgehend vorhanden<br />
oder könne mit einem vergleichsweise<br />
geringen Aufwand beschafft werden.<br />
Anwältinnen und Anwälte müssen<br />
danach neben einem PC lediglich<br />
eine Signaturkarte und die dazugehörige<br />
Software erwerben. Und dann<br />
kann es los gehen: Das Gericht richtet<br />
einen elektronischen Gerichtsbriefkasten<br />
ein, an den der <strong>Anwalt</strong> seine elektronisch<br />
signierten Schriftsätze schicken<br />
kann. Dort wird dann automatisch eine<br />
Eingangsbestätigung als Antwort generiert<br />
– damit ist dieser Kommunikationsweg<br />
genauso sicher wie ein Einschreiben,<br />
aber sehr viel schneller. „Mit<br />
wenig finanziellem und technischem<br />
Aufwand haben Anwältinnen und<br />
Anwälte 24 Stunden täglich Zugang<br />
zum Gericht und erhalten sofort Eingangsbestätigungen<br />
und automatische<br />
E-Mail-Benachrichtigungen über erfolgte<br />
Zustellungen. Zudem können sie<br />
Akten elektronisch einsehen und Vorgänge<br />
direkt elektronisch bearbeiten.<br />
So können Zeit und Versandkosten<br />
gespart werden“, unterstreicht Brigritte<br />
Zypries die Vorzüge der elektronischen<br />
Kommunikation.<br />
Einsparungen von etwa 600.000<br />
Euro pro Gericht<br />
Auch für die Justiz ist der elektronische<br />
Rechtsverkehr attraktiv, weil er Abläufe<br />
vereinfacht und beschleunigt. Der<br />
Eingang eines Dokuments wird automatisch<br />
protokolliert; der Schriftsatz<br />
wird automatisch und unveränderbar<br />
in der elektronischen Akte erfasst.<br />
Sofern das Dateiformat, das der <strong>Anwalt</strong><br />
benutzt hat, dies erlaubt, können wiederkehrende<br />
Daten, wie beispielsweise<br />
Anschriften automatisch ausgelesen<br />
und in einem Grunddatensatz vorgehalten<br />
werden. Bislang müssen solche<br />
Akten mühsam für das Deckblatt der<br />
Papierakte aus den eingehenden Schriftsätzen<br />
zusammengesucht werden. Klar,<br />
dass dadurch erhebliche Personalkosten<br />
eingespart werden. Die Entwurfverfasser<br />
des Justizkommunikationsgesetzes<br />
gehen davon aus, dass pro Gericht in<br />
Deutschland über die nächsten zehn<br />
Jahre etwa 600.000 Euro an Personalkosten<br />
eingespart werden, wobei sich<br />
das Rechenbeispiel auf ein Gericht mit<br />
40 Richtern und 40 nichtrichterlichen<br />
Mitarbeitern bezieht. Bei zwei Bundesgerichten,<br />
dem Bundesgerichtshof<br />
und dem Bundespatentgericht können<br />
bereits jetzt Dokumente elektronisch<br />
eingereicht werden. Ende dieses Jahres<br />
soll dies auch beim Bundesverwaltungsgericht<br />
und beim Bundesfinanzhof<br />
möglich sein. Wird das Justizkommunikationsgesetz<br />
noch in dieser Legislaturperiode<br />
verabschiedet, hängt es<br />
wohl von der Flexibilität der einzelnen<br />
Justizverwaltungen ab, wann auch in<br />
den unteren Instanzen elektronisch<br />
kommuniziert wird.<br />
Link zum Thema<br />
Regierungsentwurf des Justizkommunikationsgesetzes<br />
www.bundesjustizministerium.de