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Anwaltsreport - Anwalt-Suchservice

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Ein unmoralisches Angebot<br />

Anders als es der bekannte Werbeslogan<br />

„Advocard ist <strong>Anwalt</strong>s<br />

Liebling“ glauben macht, sind die etwa<br />

130.000 Anwälte derzeit gar nicht gut<br />

auf Deutschlands Rechtsschutzversicherungen<br />

zu sprechen. Der Grund:<br />

Die Versicherer wollen die seit dem<br />

1.7.2004 geltende 14-prozentige Erhöhung<br />

der <strong>Anwalt</strong>sgebühren im neuen<br />

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz durch<br />

individuelle Honorarvereinbarungen<br />

mit einzelnen Anwälten wieder rückgängig<br />

machen. Die Berufsorganisationen<br />

sehen darin ein unzulässiges<br />

Preisdumping. Deshalb empfahl die<br />

Bundesrechtsanwaltskammer ihren<br />

Mitgliedern, diese so genannten Rationalisierungsabkommen<br />

nicht zu unterschreiben.<br />

Doch da hatten wohl schon<br />

etliche Kanzleien die dubiosen Angebote<br />

der Versicherer angenommen<br />

– aus Angst vor weiteren Umsatzverlusten.<br />

Denn die Versicherer schüren<br />

in den Anschreiben mehr oder weniger<br />

die Befürchtungen der Anwälte, im<br />

Falle einer Ablehnung der Gebührenübereinkunft<br />

künftig bei der Mandatsvergabe<br />

nicht mehr berücksichtigt zu<br />

werden. Doch der Einfluss der Assekuranzen<br />

auf ihre Versicherten bei der<br />

Mandatierung ist tatsächlich nur sehr<br />

gering. Denn der Anteil der so genannten<br />

Freimandate, also derjenigen Versicherten,<br />

die einen <strong>Anwalt</strong> über ihre<br />

Rechtsschutzversicherung suchen, beträgt<br />

im Schnitt lediglich 10 Prozent!<br />

Angebot nicht akzeptabel<br />

Kein Grund also, das unmoralische<br />

Angebot der Versicherer vorschnell<br />

anzunehmen, zumal es sich teilweise<br />

um Gebührennachlässe von 30 Prozent<br />

handelt und damit quasi der<br />

Gebührenstand von 1994 durch die<br />

Hintertür wieder eingeführt werden<br />

soll. Der Kölner Jura-Professor Martin<br />

Henssler hält die Angebote der Versicherungsgesellschaften<br />

denn auch für<br />

rechtswidrig: „Die Rationalisierungsabkommen<br />

sind ein ganz heikles und<br />

brisantes Thema. Ein Rationalisierungsabkommen,<br />

das den Rechtsanwalt<br />

verpflichtet, zu Honoraren zu<br />

arbeiten, die 30 Prozent unterhalb des<br />

normalen Gebührenniveaus liegen, ist<br />

eindeutig unzulässig. Das muss man<br />

so deutlich sagen“. Und der Pressesprecher<br />

der Bundesrechtsanwaltskammer,<br />

Vize-Präsident Ulrich Scharf,<br />

verdeutlicht die wirtschaftlichen Konsequenzen<br />

für die <strong>Anwalt</strong>schaft: „Im<br />

Ergebnis führt dies dazu, dass das, was<br />

wir gerade durch das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />

bekommen<br />

haben, nach zehn Jahren nämlich endlich<br />

mal etwas mehr, wieder wegfiele.<br />

In vielen Fällen sind die Vorschläge so,<br />

dass man sich sogar gegenüber dem<br />

alten Rechtszustand noch verschlechtern<br />

würde. Und das kann man gar<br />

nicht akzeptieren“.<br />

Versicherer stehen unter Druck<br />

Doch auch die Rechtsschutzversicherungen<br />

stehen unter starkem wirtschaftlichem<br />

Druck. Verfügte noch bis<br />

vor wenigen Jahren jeder zweite Haushalt<br />

in Deutschland über eine Rechtsschutzpolice,<br />

ist diese Quote mittlerweile<br />

auf 43 Prozent gefallen. Und<br />

durch das neue Rechtsanwaltsvergütungsgesetz<br />

haben die Versicherer jetzt<br />

auch noch mit erheblich gestiegenen<br />

<strong>Anwalt</strong>s- und Gerichtskosten zu kämpfen.<br />

Da sie diesen Kostendruck wegen<br />

der lahmenden Konjunktur nicht oder<br />

nur zu einem geringen Teil an die Versicherungsnehmer<br />

über Prämiener-<br />

RECHTSSCHUTZVERSICHERER<br />

Quelle: GDV-Jahrbuch<br />

höhungen weitergeben können, versuchen<br />

sie statt dessen, die <strong>Anwalt</strong>shonorare<br />

zu drücken. Doch Ulrich<br />

Scharf hält davon gar nichts: „Diese<br />

Vorschläge sind im Inhalt teilweise so,<br />

dass sie regelrecht unverschämt sind.<br />

Sie bauen offensichtlich auf eine<br />

Marktmacht einiger führender Rechtsschutzversicherer,<br />

von der sie meinen,<br />

dass das auf diese Art und Weise durchgesetzt<br />

werden kann“. Ähnlich sieht<br />

das Rechtsanwalt Friedrich Jansen aus<br />

Neuwied: „Wir verstehen das RVG<br />

nicht als Garantieversprechen für sicheres<br />

und ausreichendes Einkommen.<br />

Wir verstehen das RVG aber auch<br />

nicht als Basis für das Kostenmanagement<br />

der Versicherungswirtschaft“, so<br />

der Vorsitzende des Ausschusses für<br />

Gebührenrecht im Deutschen <strong>Anwalt</strong>verein,<br />

der im Übrigen mit Blick auf<br />

die erforderliche wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

betont, dass „die <strong>Anwalt</strong>schaft<br />

nicht als zentrale Stellschraube<br />

für das Wohlergehen der Versicherungswirtschaft<br />

dienen kann“. Und so<br />

lassen sich einige Anwälte das Geschäftsgebaren<br />

der Versicherungsgesellschaften<br />

nicht länger bieten. Jedenfalls<br />

der Essener Rechtsanwalt Christian<br />

Nuhr hat gegen die Rechtsschutzversicherer<br />

Anzeige beim Bundeskartellamt<br />

erstattet. Sein Vorwurf lautet,<br />

die Rechtsschutzversicherungen hät-<br />

6 / 2004 anwaltsreport<br />

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