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Erst Leiter einer Nachwuchsgruppe in<br />
Regensburg, nun Professor in Dresden:<br />
Dr. Christian Prunitsch<br />
unter anderem Soziologen, Osteuropahistoriker, Philologen,<br />
sollen sich bis 2008 in der Nachwuchsgruppe wissenschaftlich<br />
qualifizieren. Derzeit sitzen sie alle noch am Standort der Uni-<br />
versität Regensburg, wo Prunitsch sich habilitierte.<br />
„Meine Forschungsarbeit bietet die unvoreingenommene<br />
und vergleichende Außen-Perspektive des neutralen Dritten“,<br />
beantwortet Prunitsch die oft gestellte Frage, ob das Thema in<br />
den osteuropäischen Ländern selbst nicht viel besser behan-<br />
delt werden könnte. „Und mein Blick richtet sich auch auf die<br />
kulturellen Beziehungen der Länder untereinander.“ So war<br />
es für Prunitsch „eine Genugtuung und zugleich eine kleine<br />
Sensation“, als sein Forschungsvorhaben in das Nachwuchs-<br />
gruppen-Programm der Stiftung aufgenommen wurde und<br />
nun mit rund 950.000 Euro gefördert wird. „Damit setzen wir,<br />
damit setzt auch die VolkswagenStiftung ein Zeichen für die<br />
kleinen Fächer“, sagt Prunitsch selbstbewusst.<br />
Eine seiner Prämissen: Kleine Kulturen stehen ständig unter<br />
dem Druck, ihr Dasein zu legitimieren. Doch es hafte ihnen ja<br />
nicht notwendigerweise etwas Defizitäres an. Diese Prämis-<br />
se ist ohne weiteres auch auf die bedrängte Lage kleiner Fä-<br />
cher übertragbar. „Denn es hat sich offenbar in den meisten<br />
Wissenschaftsministerien noch nicht herumgesprochen, dass<br />
das Wissen um den kulturellen Hintergrund eines Landes die<br />
Basis ist, um funktionierende wirtschaftliche Beziehungen<br />
aufzubauen“, kritisiert Prunitsch, der Polnisch, Slowakisch,<br />
Sorbisch, Tschechisch und „ein wenig Russisch“ spricht und<br />
seine Doktorarbeit am Sorbischen Institut in Bautzen verfass-<br />
te. Auf diese „Soft Skills“, die die kleinen Fächer vermitteln,<br />
könne man nicht verzichten. Der „Mit-uns-ist-sowieso-bald-<br />
Schluss“-Fatalismus ist für ihn deshalb der falsche Weg. „Man<br />
muss Überlebensstrategien entwickeln.“<br />
Die Universität Regensburg, wo Prunitsch studierte und pro-<br />
movierte, und die Universität Dresden, die ihre geisteswissen-<br />
schaftlichen Fakultäten erst nach der Wende aufbaute, seien<br />
hier zwei löbliche Ausnahmen in der Hochschullandschaft,<br />
sagt Prunitsch. Die Dresdner Hochschule etwa strukturierte<br />
ihre Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften,<br />
zu der auch die Slavistik gehört, konsequent interdisziplinär.<br />
Das kommt Prunitsch sehr entgegen. Und Professor Dr. Alf<br />
Zimmer, Rektor der Uni Regensburg, verweist stolz auf den<br />
Osteuropa-Schwerpunkt seiner Hochschule. Noch unter sei-<br />
nem Vorgänger im Rektorenamt wurde das Europaeum, das<br />
Ost-West-Zentrum der Universität, gegründet. Es bietet heu-<br />
te hervorragende, ebenfalls interdisziplinäre Möglichkeiten<br />
für Studierende und Wissenschaftler. Man investiere damit,<br />
so Zimmer, in den Zeiten der EU-Osterweiterung, die ja noch<br />
nicht abgeschlossen sei, in die Zukunft.<br />
Die Kleine-Fächer-Krise, sagt Prunitsch, hätten vor allem die<br />
Bundesländer zu verantworten. So gebe es über Ländergren-<br />
zen hinweg kaum Absprachen, die gewährleisteten, dass auch<br />
die Orchideen im Fächerkanon, die man allerdings eher wie<br />
Stiefmütterchen behandele, an einer ausreichenden Zahl von<br />
Unis studiert werden könnten. Und er ergänzt: Dass immer<br />
weniger deutsche Hochschulen Slavistik anböten, sei be-<br />
reits Thema erregter Debatten in der polnischen und tsche-<br />
chischen Öffentlichkeit. Wenn er allerdings von seiner alten<br />
Alma Mater Regensburg erzählt, gerät er ins Schwärmen: „Die<br />
Infrastruktur ist erstklassig, das Bibliotheksangebot unver-<br />
gleichlich.“ Außerdem trennen die Hochschule nur wenige<br />
Zugstunden von Tschechiens Hauptstadt Prag. Viele interna-<br />
tionale Kooperationen hat seine Gruppe bereits angeschoben,<br />
darunter mit der Adam-Mickiewicz- Universität in Posen oder<br />
der Comenius Universität in Bratislava.<br />
Rektor Alf Zimmer trägt deshalb ein lachendes und ein wei-<br />
nendes Auge zur Schau, wenn man ihn auf Prunitsch an-<br />
spricht. „Ich freue mich sehr für ihn, dass er den Ruf nach<br />
Dresden erhalten hat. Aber ich lasse ihn natürlich nur un-<br />
gern ziehen. Schließlich hat er mit seiner Gruppe sehr zum<br />
Renommee unseres Standortes beigetragen.“ In diesen Ge-<br />
nuss kommt jetzt die Universität Dresden. Auch hier, sagt<br />
Prunitsch, sei die geografische Nähe zu Polen und Tschechi-<br />
en ein großes Plus. Außerdem lockt das Mitteleuropa-For-<br />
schungszentrum der TU, das institutionell durch Professuren<br />
der Fächer Germanistik und Slavistik sowie Volkswirtschafts-<br />
lehre, Politikwissenschaft, Internationales Recht, Sozialgeo-<br />
grafie, Kommunikationswissenschaft, Osteuropageschichte<br />
und Kunst- und Musikwissenschaft getragen wird. Und un-<br />
ter seinen studentischen Hilfskräften hat Christian Prunitsch<br />
bereits viel versprechende Kandidaten für die zweite Dokto-<br />
randengeneration entdeckt.<br />
Mareike Knoke<br />
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