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weitere drittmittelfinanzierte Forschungsvorhaben. So bewil-<br />
ligte die VolkswagenStiftung erst vor kurzem ein Vorhaben in<br />
ihrer Förderinitiative zum „Zusammenspiel von molekularen<br />
Konformationen und biologischer Funktion“ – ein Projekt, bei<br />
dem Chemiker aus München, Marburg und Jerusalem zusam-<br />
menarbeiten. Aufgabe der Münchner Gruppe unter Leitung<br />
von Carell ist es zunächst, chemische Modelle für Mutatio-<br />
nen im Erbgut (Genom) zu synthetisieren. Sie bauen dafür in<br />
den DNA-Doppelstrang kleine „Defektmoleküle“ ein. An den<br />
auf diese Weise künstlich geschädigten DNA-Abschnitten<br />
werden dann Reparatur- und Kopiermechanismen studiert,<br />
die natürlicherweise im Organismus ablaufen. Üblicherwei-<br />
se übernimmt die Aufgabe des Kopierens eine Polymerase;<br />
ein Molekül, das sich zur Freude der Chemiker stabil kristal-<br />
lisieren lässt. Wie zuverlässig die Polymerase die geschädigte<br />
Stelle bearbeitet und warum Mutationen entstehen, lässt sich<br />
deshalb ausgezeichnet in vitro untersuchen. Jeden Schritt im<br />
Verlauf des Schädigungs-, Reparatur- und Kopierprozesses ei-<br />
ner derart veränderten DNA können die Wissenschaftler über<br />
Röntgenstrukturanalyse genau beobachten. So erhalten die<br />
Forscher richtige Filme, die zeigen, wie im Genom Mutationen<br />
entstehen und wie Körperzellen mit geschädigter DNA umge-<br />
hen. Die Erkenntnisse könnten besonders die Krebsforschung<br />
voranbringen und in einem nächsten Schritt dazu führen,<br />
dass etwa im Rahmen einer Therapie gezielt Krebszellen ge-<br />
schädigt werden beziehungsweise deren Reparatur verhin-<br />
dert wird.<br />
Die „Carell-Gruppe“ im Computerraum des<br />
Münchner Instituts (von vorn): Diplomchemikerin<br />
Simone Arnold, Dr. Maria Izquierdo, Dr. Alexandra<br />
Mees, Diplomchemiker Matthias Ober und<br />
Professor Thomas Carell<br />
16<br />
Als die Münchner Forscher ihre Modell-DNA bauten, muss ih-<br />
nen irgendwann die Idee gekommen sein, die Strickleiter auch<br />
mal mit anderen Sprossen zu bestücken – sprich: einige DNA-<br />
Basen durch nicht-biologische Metall-Nanopartikel zu erset-<br />
zen. Die Überlegungen mündeten in ein Verbundvorhaben,<br />
bei dem es um die Kopplung von biologischer und unbelebter<br />
Materie geht. Ziel der Forscher ist es, einen DNA-Abschnitt in<br />
einen ultradünnen, leitfähigen Nanodraht zu verwandeln, in-<br />
dem sie elektrisch leitfähige Partikel an den Strang koppeln<br />
oder metallionenhaltige Basen direkt in die Erbgutstücke in-<br />
tegrieren. „Das ist genauso abenteuerlich, wie es sich anhört“,<br />
sagt Carell, „aber im Prinzip machbar, und darum wollen wir<br />
es versuchen.“ Sechs junge Forschergruppen aus München,<br />
Aachen, Karlsruhe und Haifa/Israel ziehen sprichwörtlich an<br />
einem Strang, wenn es um die Synthese, funktionelle Charak-<br />
terisierung und Analyse der elektrischen Eigenschaften dieser<br />
neuartigen Hybridverbindung geht.<br />
Der Erfolg ist nicht garantiert, aber das Konzept überzeugt.<br />
Und überzeugt war wiederum die VolkswagenStiftung, die<br />
das Projekt in ihrer Förderinitiative „Komplexe Materialen: Ver-<br />
bundprojekte der Natur-, Ingenieur- und Biowissenschaften“<br />
unterstützt. Carell freut sich, dass auch Anträge mit einem ge-<br />
wissen Erfolgsrisiko bei der Stiftung eine Chance haben – und<br />
dass zudem „seine“ Universität solche Vorhaben unterstützt.<br />
„Ich fühle mich schon sehr wohl hier in München. Man steht<br />
nicht so mit dem Rücken zur Wand, wenn man sich auf teuren<br />
Forschungsfeldern bewegt.“ Das heißt nicht, dass an der LMU<br />
alles aus Gold ist. Da könne noch einiges modernisiert werden,<br />
meint der umtriebige Wissenschaftler, zum Beispiel, wenn es<br />
um die Besetzung von Professorenstellen gehe. Womit wir<br />
wieder bei der Hochschulpolitik wären. Wie gesagt: Für Carell<br />
liegt das alles nah beieinander.<br />
Reges Interesse für das Fachgebiet – Blick<br />
in einen Hörsaal des Departments Chemie<br />
und Pharmazie der LMU München<br />
Wenn es um neue Qualifizierungsmöglichkeiten für eine<br />
Langzeitprofessur geht, verweist Carell gern auf Ideen, die im<br />
Kontext der „Exzellenz-Initiative“ des Bundes oder auch der<br />
vom Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Dr. Wilhelm<br />
Krull, geleiteten „Eckpunkte-Kommission“ thematisiert wur-<br />
den. Angedacht sind verschiedene wissenschaftliche Karrie-<br />
rewege, von denen die deutsche Eigenart der Habilitation nur<br />
einer ist. Empfohlen wird eine Art „Tenure-track“-Verfahren,<br />
also der Übergang aus einer anfangs befristeten Position zur<br />
Anstellung auf Lebenszeit, sofern – wie etwa bei den Lich-<br />
tenberg-Professuren der VolkswagenStiftung üblich – eine