14 RVG â Anwaltliches Ermessen und ... - Anwalt-Suchservice
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Wann kommt der Durchbruch<br />
beim elektronischen Rechtsverkehr?<br />
O b<br />
Bankgeschäfte, Flug- <strong>und</strong> Reisebuchungen<br />
oder auch die juristische<br />
Informationsbeschaffung<br />
– viele Anwälte nutzen mittlerweile das<br />
Internet so selbstverständlich wie ihre<br />
eigene Zahnbürste. Sie haben erkannt,<br />
wie zeitsparend der EDV-Einsatz in<br />
ihrer Kanzlei ist. Natürlich haben sie<br />
ein Interesse daran, dass die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Rationalisierungen weiter<br />
voranschreiten. Umso mehr fragen<br />
sich die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />
warum es bis dato noch nicht möglich<br />
ist, Schriftsätze bei Gericht elektronisch<br />
zu übermitteln.<br />
Gemeinsame Kommission<br />
elektronischer Rechtsverkehr<br />
Dabei ist von Seiten des Gesetzgebers<br />
eigentlich alles angerichtet: Seit 2005<br />
existiert das Justizkommunikationsgesetz,<br />
das in den §§ 130a <strong>und</strong> 130b der<br />
ZPO den Austausch von Schriftsätzen<br />
auf elektronischem Wege ermöglicht.<br />
Doch so richtig kommt die Sache nicht<br />
ins Rollen. Zwar wurde am 11.03.2004<br />
in Merzig die gemeinsame Kommission<br />
„elektronischer Rechtsverkehr“ gegründet.<br />
Die Kommission besteht aus Vertretern<br />
der <strong>Anwalt</strong>schaft, der Landesjustizverwaltungen,<br />
des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
der Justiz <strong>und</strong> verschiedenen<br />
Praktikern von Pilotgerichten sowie<br />
Vertretern des EDV-Gerichtstags als<br />
Moderator. Außerdem werden seit dem<br />
Jahr 2000 auf der Gr<strong>und</strong>lage einer Initiative<br />
der "B<strong>und</strong>-Länder-Kommission<br />
für Datenverarbeitung <strong>und</strong> Rationalisierung<br />
in der Justiz" Länderberichte gefertigt,<br />
die die Entwicklung des Einsatzes<br />
der Telekommunikationstechnik in der<br />
Justiz verfolgen. Dort kann man denn<br />
auch nachlesen, dass in den meisten<br />
B<strong>und</strong>esländern die Richter mittlerweile<br />
mit PCs ausgestattet sind. Der elektronische<br />
Rechtsverkehr einschließlich<br />
des gesamten internen Workflows wird<br />
aber in den aktuellen Berichten erst gar<br />
nicht erwähnt.<br />
Zypries macht Druck<br />
Nun kann man B<strong>und</strong>esjustizministerin<br />
Brigitte Zypries wahrlich nicht<br />
nachsagen, die Einführung des elektronischen<br />
Rechtsverkehrs in der<br />
Justiz verzögert zu haben. Im Gegenteil:<br />
Ihr geht es nicht schnell genug<br />
mit der Digitalisierung des gesamten<br />
Justizapparates. Jüngster Beleg dafür<br />
ist der vorgelegte Diskussionsentwurf<br />
eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen<br />
Rechtsverkehrs. Darin wird<br />
vorgeschlagen, eine Vorrangregelung<br />
einzuführen. Diese besagt, dass elektronisch<br />
eingereichte Schriftsätze vorrangig<br />
bearbeitet werden sollen.<br />
DAV hat Bauchschmerzen<br />
Das wiederum stößt bei den anwaltlichen<br />
Berufsverbänden auf Ablehnung<br />
– so sehr sie auch vom Prinzip her für<br />
die Einführung des elektronischen<br />
Rechtsverkehrs sind. In einer Stellungnahme<br />
des Deutschen <strong>Anwalt</strong>vereins<br />
durch die Ausschüsse Informationsrecht,<br />
Sozialrecht, Verwaltungsrecht<br />
<strong>und</strong> Zivilverfahrensrecht aus März 2006<br />
heißt es unter anderem: „...Dabei ist zu<br />
beachten, dass keineswegs sichergestellt<br />
ist, dass die Einreichung elektronischer<br />
Dokumente in der Tat den gesamten<br />
Geschäftsablauf beschleunigt, da in vielen<br />
Fällen anschließend wieder erneut<br />
ein Ausdruck bzw. eine Konvertierung<br />
erfolgen muss. Solche <strong>und</strong> ähnliche<br />
Arbeiten bzw. Medienbrüche führen<br />
zu durchaus relevanten Kosten. Die<br />
Bevorzugung gemäß Entwurf soll sich<br />
aber auf alle Fälle elektronischer Dokumente,<br />
gleich ob der Gerichtsprozess<br />
tatsächlich dadurch gefördert wird<br />
oder nicht, erstrecken...“ Weiter heißt<br />
es in der Stellungnahme: „...Unter<br />
Sicherheitsaspekten sei auch darauf<br />
hingewiesen, dass die Rechtsprechung<br />
keineswegs bisher es den Parteien bzw.<br />
den Anwälten in irgendeiner Weise<br />
erleichtert hat, elektronische Mittel<br />
einzusetzen. Dies zeigt erneut eine Entscheidung<br />
des BGH, hier der Beschluss<br />
vom 12.12.2005, II ZB 33/04. Gemäß<br />
dieser Entscheidung muss beim <strong>Anwalt</strong><br />
jede elektronisch notierte Frist auch<br />
ausgedruckt werden....“<br />
Vorrangklausel als Ausrede<br />
für lange Bearbeitungszeiten?<br />
Außerdem befürchten die Ausschuss-<br />
Mitglieder nicht zu Unrecht, „dass<br />
mangels bestehender Möglichkeiten<br />
Anwälte warten auf die eJustiz!<br />
InTERnET<br />
einer solchen Weiterbearbeitung der<br />
Eingang elektronischer Dokumente<br />
mit „weichem“ Vorrang zu einem Vorwand<br />
führen wird, die Bearbeitung der<br />
im normalen Postweg eingegangenen<br />
Schriftstücke noch weiter als bisher<br />
zu verzögern“. Richterschaft <strong>und</strong><br />
<strong>Anwalt</strong>schaft beklagten in den letzten<br />
Monaten zunehmend die unerträgliche<br />
Bearbeitungsdauer von schriftlichen<br />
Dokumenten (z.B. Beweisaufnahmeprotokolle<br />
oder schriftlichen<br />
Vergleichsvorschlägen). Authentische<br />
Erfahrungen (beispielsweise im Bereich<br />
des Landgerichts München I <strong>und</strong> im<br />
Bereich des Landgerichts Köln) zeigten,<br />
dass auf entsprechende Schriftstücke oft<br />
monatelang gewartet werden müsse.<br />
Fazit<br />
Bis zu einer flächendeckenden Einführung<br />
des elektronischen Rechtsverkehrs<br />
wird es noch Jahre brauchen. Bevor<br />
die Länder nicht ihre Hausaufgaben<br />
gemacht haben, sollte die <strong>Anwalt</strong>schaft<br />
die Entwicklungen zwar gedanklich<br />
begleiten. Kostspielige Investitionen<br />
sollte sie aber erst tätigen, wenn die<br />
Justiz einen reibungslosen Ablauf<br />
garantieren kann.<br />
Linkhinweis<br />
Stellungnahme des Informationsrechtsausschusses<br />
zum Diskussionsentwurf<br />
eines Gesetzes zur Förderung<br />
des elektronischen Rechtsverkehrs<br />
www.anwaltverein.de/01/04/<strong>14</strong>/<br />
archiv_index.html<br />
3 / 2006 anwaltsreport<br />
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