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14 RVG – Anwaltliches Ermessen und ... - Anwalt-Suchservice

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BERUfsREcHT<br />

Keine zweite Chance bei Vermögensverfall?<br />

W er<br />

dieser Tage auf der Internetseite<br />

des B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />

vorbeischaut <strong>und</strong> unter der<br />

Rubrik „Entscheidungen“ das Stichwort<br />

„Vermögensverfall“ eingibt,<br />

reibt sich die Augen. Über h<strong>und</strong>ert<br />

Beschlüsse <strong>und</strong> Urteile legen Zeugnis<br />

darüber ab, dass das Thema <strong>Anwalt</strong>sinsolvenz<br />

längst kein theoretisches<br />

Konstrukt sondern leider bittere Realität<br />

geworden ist. Bitter auch deshalb,<br />

weil den betroffenen Kolleginnen <strong>und</strong><br />

Kollegen fast zwangsläufig die Zulassung<br />

zur <strong>Anwalt</strong>schaft <strong>und</strong> damit die<br />

Existenzgr<strong>und</strong>lage entzogen wird. Bei<br />

Vermögensverfall ordnet § <strong>14</strong> Absatz<br />

2 Nr. 7 BRAO nämlich den Widerruf<br />

der Zulassung an, es sei denn, dass<br />

dadurch die Interessen der Rechtsuchenden<br />

nicht gefährdet sind. Der<br />

Vermögensverfall des <strong>Anwalt</strong>s wird<br />

gesetzlich vermutet, wenn dieser in<br />

das Schuldnerverzeichnis eingetragen<br />

worden ist – <strong>und</strong> das kommt mittlerweile<br />

regelmäßig vor.<br />

Anstellung in einer Sozietät als<br />

einziger Ausweg<br />

Hinfallen kann bekanntlich jeder. Entscheidend<br />

ist nur, wieder aufzustehen.<br />

Doch wie soll das möglich sein, wenn<br />

die einzige Einkunftsquelle wegen des<br />

Zulassungswiderrufs austrocknet <strong>und</strong><br />

die Betroffenen bis zur Restschuldbefreiung<br />

den Anschluss an den Beruf<br />

verpassen? Kurzfristig keimte bei<br />

den Betroffenen Hoffnung auf, als<br />

der B<strong>und</strong>esgerichtshof mit Beschluss<br />

vom 18. Oktober 2004 (Az.: AnwZ(B)<br />

43/03) einen insolventen Rechtsanwalt<br />

rehabilitierte, dem die zuständige<br />

Kammer bereits die rote Karte gezeigt<br />

hatte. Eigentlich verständlich – denn<br />

der stand bei seinen Gläubigern mit<br />

r<strong>und</strong> 557.000 Euro in der Kreide. Ins<br />

Rollen kam die finanzielle Misere<br />

– wie so oft –, als der <strong>Anwalt</strong> eine<br />

Steuerforderung des Finanzamtes über<br />

77.000 Euro nicht ausgleichen konnte.<br />

Seine Rettung bestand darin, dass<br />

sich eine größere Kanzlei mit untadeligem<br />

Ruf seiner annahm <strong>und</strong> ihn in<br />

ein Angestelltenverhältnis übernahm.<br />

Im Arbeitsvertrag wurde unter anderem<br />

vereinbart, dass er weder auf dem<br />

Briefkopf noch auf dem Praxisschild<br />

namentlich aufgeführt wird, er keine<br />

eigenen Mandate annehmen <strong>und</strong> keine<br />

Der BGH macht kurzen Prozess mit klammen Anwälten.<br />

Mandantenzahlungen entgegennehmen<br />

darf. Im Fall von Barzahlungen<br />

durch Mandanten verpflichtete sich<br />

der <strong>Anwalt</strong> außerdem, einen Sozius<br />

<strong>und</strong> die Bürovorsteherin bzw. deren<br />

Vertreterin hinzuzuziehen. Außerdem<br />

verpflichtete sich die Sozietät, den<br />

pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens<br />

an den Insolvenzverwalter abzuführen<br />

<strong>und</strong> im Übrigen jede Änderung<br />

des geschlossenen Anstellungsvertrages<br />

unverzüglich mitzuteilen.<br />

Aussicht auf Restschuldbefreiung<br />

rechtfertigt „<strong>Anwalt</strong> light“<br />

Nun mag man sich zu Recht die Frage<br />

stellen, ob ein derart in Handschellen<br />

gelegter <strong>Anwalt</strong> überhaupt noch <strong>Anwalt</strong><br />

im Sinne eines unabhängigen Organs<br />

der Rechtspflege ist. Das taten auch<br />

die Karlsruher Richter. Mit Blick auf<br />

Artikel 12 GG <strong>und</strong> der nur vorübergehenden<br />

Knebelung des <strong>Anwalt</strong>s bis zur<br />

Restschuldbefreiung sei dies hinnehmbar.<br />

Insgesamt betonte der <strong>Anwalt</strong>ssenat<br />

allerdings, dass es sich erstens um<br />

einen seltenen Ausnahmefall handele<br />

<strong>und</strong> zweitens nur der Anstellungsvertrag<br />

mit einer Sozietät akzeptiert werden<br />

könne. Begründung: In einer Einzelkanzlei<br />

lasse sich die Einhaltung der<br />

vertraglichen Verpflichtungen des insolventen<br />

<strong>Anwalt</strong>s zum Beispiel während<br />

der Urlaubszeit oder bei einer etwaigen<br />

Erkrankung des Kanzleiinhabers nicht<br />

ausreichend überwachen.<br />

Mit Ost-Immobilien verspekuliert<br />

Dass es dem B<strong>und</strong>esgerichtshof mit<br />

diesem Prinzip durchaus ernst war, hat<br />

er nunmehr durch zwei neue Beschlüsse<br />

bestätigt. Im ersten Fall (Az.: AnwZ<br />

(B) 13/05) hatte sich ein <strong>Anwalt</strong> Mitte<br />

der 90er Jahre mit Immobilien in Ostdeutschland<br />

übernommen. Titulierte<br />

Forderungen über 279.000 Euro brachen<br />

ihm letztlich das Genick; der<br />

Wertverfall der Immobilien trug ihm<br />

eine Überschuldung von insgesamt 1,4<br />

Millionen Euro ein. Um dem Widerruf<br />

seiner Zulassung zu entgehen,<br />

schloss er daraufhin mit einem Einzelanwalt<br />

einen Arbeitsvertrag. Doch den<br />

erkannten die BGH-Richter nicht an.<br />

Die erforderliche Kontrolle der Tätigkeit<br />

eines angestellten <strong>Anwalt</strong>s könne<br />

auch nicht durch andere Angestellte<br />

der Kanzlei übernommen werden,<br />

weil diese zu ihm nicht in vertraglicher<br />

Beziehung stünden, winkte der BGH<br />

ab. Dasselbe Schicksal ereilte einen<br />

<strong>Anwalt</strong>, der als „freier Mitarbeiter“ bei<br />

einem gerade erst zugelassenen <strong>Anwalt</strong><br />

anheuerte. Hierdurch werde nach<br />

außen hin der Anschein einer nach<br />

wie vor uneingeschränkten selbstständigen<br />

Berufsauübung erweckt,<br />

kritisierten die Richter <strong>und</strong> bestätigten<br />

damit zugleich den Zulassungswiderruf<br />

der Kammer.<br />

Fazit<br />

Nur wer im Anschluss an eine Insolvenz<br />

das Glück hat, in einer größeren<br />

Kanzlei als angestellter <strong>Anwalt</strong> unterzukommen,<br />

darf während der 7-jährigen<br />

Wohlverhaltensphase seinen Beruf<br />

weiter ausüben. Auch das gilt natürlich<br />

nur dann, wenn der Insolvenzverwalter<br />

bestätigt, dass keine Mandantenforderungen<br />

offen stehen.<br />

3 / 2006 anwaltsreport<br />

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