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Status quo vadis: The Kids Are Sick Again<br />
Ein Gros <strong>de</strong>r Songs wur<strong>de</strong> im Laufe <strong>de</strong>s letzten Jahres geschrieben,<br />
eine direkte Reaktion auf »die (ökonomische)<br />
Krise« sind die dunklen Momente <strong>de</strong>s Albums also nicht. Im<br />
Gegenteil. »Um ehrlich zu sein, haben wir die meisten Stücke<br />
tatsächlich lange vor <strong>de</strong>m Credit Crunch im Herbst geschrieben,<br />
wir haben die schlechten Zeiten also eher prophezeit,<br />
als sie zu reflektieren. Wie Nostradamus«, lacht<br />
Gitarrist Duncan Lloyd. »Für das anstehen<strong>de</strong> Warp-Geburtstags-Album<br />
zum Zwanzigjährigen hatten wir im Vorfeld<br />
unserer Produktion eine Coverversion aufgenommen,<br />
da haben wir noch viel mehr mit düsteren Sounds experimentiert<br />
– vielleicht hat das dann auch einen direkten<br />
Einfluss auf unser Material gehabt.«<br />
Euer Song »The Kids Are Sick Again« bezieht ja auch inhaltlich<br />
eine klare No-Future-Position: »The kids are sick<br />
again / Nothing to look forward to / They jump the cliff<br />
again / Future sinks beneath the blue« ...<br />
P: Das stimmt, aber es ist gleichzeitig auch befreiend, sich<br />
mit seinen Ängsten und Problemen zu beschäftigen. Der<br />
Song selbst ist die Antwort, man muss die dunkle Seite<br />
<strong>de</strong>s Lebens akzeptieren, um sie zu überwin<strong>de</strong>n. Darüber<br />
zu singen empfin<strong>de</strong> ich als ungeheuer hilfreich. Egal, wie<br />
düster es wird, diese Band pulsiert immer noch vor Leben.<br />
Unsere Ängste müssen kein Hemmschuh sein, sie können<br />
gleichzeitig Motor und Antrieb sein, etwas zu än<strong>de</strong>rn. Ich<br />
<strong>de</strong>nke zum Beispiel nicht, dass unsere Musik Hoffnungslosigkeit<br />
als zentrales Thema hat ... Es geht ja auch darum,<br />
<strong>de</strong>n Tod als Bestandteil <strong>de</strong>s Lebens zu akzeptieren<br />
und sich auf das Leben, <strong>de</strong>n Moment, einlassen zu können.<br />
Oftmals lässt man sich von banalen Ups&Downs zu<br />
sehr ablenken: Man <strong>de</strong>nkt, sein Leben sei einfältig, langweilig<br />
und ereignislos, aber das ist es nicht – ist es nie.<br />
Man muss nur danach suchen. Eine Erfahrung, die ich<br />
gemacht habe, als ich nach Newcastle zog, um auf die<br />
Kunsthochschule zu gehen, und auf einmal diese vielen<br />
Lebensentwürfe und Strömungen dort als ungemein inspirierend<br />
empfun<strong>de</strong>n habe. Man darf sich nicht immer<br />
<strong>de</strong>n Kopf zerbrechen, son<strong>de</strong>rn muss manche Dinge einfach<br />
mal geschehen lassen.<br />
Weil du eben »Let’s Get Clinical« angesprochen hast: Der<br />
Song ist naiv und simpel, klar, aber manchmal sollte man<br />
sich diesen Blick auf die Dinge auch bewahren. Dort heißt<br />
es zum Beispiel »bare ankles used to mean adventure, with<br />
you they still do«. In manchen Län<strong>de</strong>rn gilt das Zeigen von<br />
Haut o<strong>de</strong>r selbst <strong>de</strong>s weiblichen Fußgelenks immer noch<br />
als provokant, das vergessen wir oft, und gera<strong>de</strong> sexuelle<br />
Lust folgt ja einem sehr einfachen Prinzip. Darum ging es<br />
mir in <strong>de</strong>m Song, aber auch in einigen an<strong>de</strong>ren, wie »Roller<br />
Disco Dreams«: um das Bewahren <strong>de</strong>r Unschuld.<br />
Guter Punkt. Eure »Kids« sind also nicht mehr ganz gesund.<br />
Wie wür<strong>de</strong>t ihr <strong>de</strong>nn eure Generation zusammenfassend<br />
beschreiben? Richard Hell sprach einmal von <strong>de</strong>r<br />
»blank generation«, <strong>de</strong>r er sich zugehörig fühle ...<br />
D: Wir sind die »information generation«, es gibt einfach<br />
zu viel dort draußen, was uns ablenkt und mit <strong>de</strong>m wir<br />
klarkommen müssen. Wir sehen Werbung, wir wer<strong>de</strong>n<br />
überall damit bombardiert. Ich weiß nicht mehr, was gut<br />
o<strong>de</strong>r schlecht ist, aber ich versuche, das Gute und für<br />
mich Nützliche aus diesem Wirrwarr zu ziehen, was immer<br />
schwieriger wird. Wir sind einfach zu vielen Dingen<br />
schutzlos ausgeliefert, wir sind das Gegenteil einer »blank<br />
generation«: Wir sind randvoll.<br />
Und je<strong>de</strong>r trägt seinen Teil dazu bei, dass es nicht weniger<br />
wird. Je<strong>de</strong>s Status-Update bei Facebook o<strong>de</strong>r Twit-<br />
Coverversion<br />
Glaubt man <strong>de</strong>n Gerüchten, han<strong>de</strong>lt es<br />
sich dabei um ihre Version eines Jamie-<br />
Li<strong>de</strong>ll-Tracks. Während die Band wissend<br />
lächelt, aber zu keinem Statement bereit<br />
ist, hat sich <strong>de</strong>r Wahlberliner Li<strong>de</strong>ll schon<br />
verplappert.<br />
Richard Hell<br />
Anlässlich seiner Werkschau »Spurts<br />
– The Richard Hell Story« begleitete Thomas<br />
Venker <strong>de</strong>n New Yorker Musiker und<br />
Schriftsteller in <strong>Intro</strong> #133 (November<br />
2005) zwei Tage lang zu <strong>de</strong>n wichtigsten<br />
Orten seines frühen Schaffens.<br />
Auf intro.<strong>de</strong>:<br />
www.intro.<strong>de</strong>/spezial/maximopark:<br />
Ein Tag mit Maximo Park – das<br />
Making-of als Vi<strong>de</strong>o.<br />
Wir bedanken uns bei <strong>de</strong>n Jungs von<br />
Oh!Logo (www.oh-logo.<strong>de</strong>), die uns ihr<br />
Atelier zum Shooting überlassen haben.<br />
Checkt ihre Drucke und T-Shirts.<br />
Maximo Park<br />
Quicken The Heart<br />
CD // Warp / Rough Tra<strong>de</strong> / VÖ 08.05.<br />
Musik 029<br />
ter, im Übrigen ja auch Tools, die ihr als Band und öffentliche<br />
Personen ebenfalls nutzt. Die Leute nehmen damit<br />
mehr und mehr auch an eurem Leben teil ...<br />
P: Es ist in <strong>de</strong>r Tat etwas beängstigend und traurig. Es gibt<br />
da draußen schon sehr viel über uns zu sehen und zu hören,<br />
aber es ist letztlich nichts Privates. Zuletzt habe ich<br />
getwittert, dass ich auf einer Gerhard-Richter-Ausstellung<br />
war, das ist dann einfach mein Mitteilungsbedürfnis,<br />
weil ich in <strong>de</strong>m Moment begeistert war.<br />
Ich meinte das auch nicht grundlegend negativ, immerhin<br />
nehmen so viele Leute am öffentlichen Leben teil,<br />
und sei es nur virtuell, in<strong>de</strong>m sie sagen: »Hey, schaut<br />
mal her, das bin ich!«<br />
P: ... und dann kommentieren es zwanzig Leute, ja. Das<br />
kann einem das Gefühl geben, dass man tatsächlich nicht<br />
so isoliert ist, wie man sich vielleicht fühlt. Man darf auch<br />
hier nicht in Schwarz-Weiß-Denken verfallen, alles hat seinen<br />
Nutzen. Du musst letztendlich entschei<strong>de</strong>n, was du<br />
tust und was du besser lässt – und dann mit <strong>de</strong>n Konsequenzen<br />
leben. Wenn du etwas zu teilen hast, sollst du<br />
es auch teilen. Genau das ist für uns <strong>de</strong>r Grund, Platten<br />
zu machen. Kürzlich las ich ein Interview mit Mark Hollis,<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n letzten zwanzig Jahren zwei Alben veröffentlicht<br />
hat. Zwei fantastische Alben! Und auf die Frage, warum<br />
er »nur« zwei Alben veröffentlicht habe, entgegnete<br />
er: »Ich sehe keinen Grund, ein Album zu veröffentlichen,<br />
wenn ich nichts zu sagen habe.«<br />
Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n Möglichkeiten von vor noch fünf<br />
o<strong>de</strong>r zehn Jahren wächst aber auch die Erwartungshaltung<br />
<strong>de</strong>r Leute, ständig Neuigkeiten geliefert zu bekommen.<br />
Das zu bedienen, ob jetzt mit Musik o<strong>de</strong>r irgendwelchen<br />
Netz-Gimmicks, muss doch ein Full-Time-Job<br />
sein ...<br />
D: Das ist es, wir kommunizieren viel über unsere eigene<br />
Website o<strong>de</strong>r Twitter. Wenn du aber immer wissen willst,<br />
wer auf dieses o<strong>de</strong>r jenes Posting etwas geantwortet hat,<br />
kommst du ja zu nichts mehr. Ich will mein Leben nicht vor<br />
<strong>de</strong>m Computer verbringen! That’s not very rock and roll ...<br />
Abends dann platzt das Gebäu<strong>de</strong> 9 aus allen Nähten: Es<br />
ist <strong>de</strong>r letzte Abend <strong>de</strong>r Europatour, für viele im Publikum<br />
– das zu über <strong>de</strong>r Hälfte auf <strong>de</strong>r Gästeliste zu stehen<br />
scheint – ist es die erste Berührung mit <strong>de</strong>m neuen<br />
Material, das Paul Smith jeweils beson<strong>de</strong>rs lautstark<br />
ankündigt, was auch <strong>de</strong>n gewünschten Effekt nach sich<br />
zieht. Ins Set selbst fügen sich die neuen Songs wie alte<br />
Bekannte ein, auch wenn die Zuschauer natürlich eher<br />
bei »Limassol« o<strong>de</strong>r »Apply Some Pressure« mitsingen.<br />
Jetzt, in <strong>de</strong>r Live-Retrospektive, merkt man noch einmal<br />
ganz <strong>de</strong>utlich, was für ein tolles Album »A Certain Trigger«<br />
war. Vor vier Jahren war das, im Pop eine halbe Ewigkeit.<br />
Am Morgen nach <strong>de</strong>m Kölner Konzert fliegen drei von fünf<br />
Bandmitglie<strong>de</strong>rn heim, nur Paul und Duncan bleiben noch<br />
in <strong>de</strong>r Stadt für weitere Interviews. Die Arbeitsteilung im<br />
Hause Maximo Park klappt, und dass es Paul ist, <strong>de</strong>r die<br />
ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht, scheint in <strong>de</strong>r Band<br />
selbst Konsens zu sein. Und für <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
möglicherweise ein guter Weg, selbst ein bisschen hinter<br />
ihm in Deckung zu gehen. Zumal 2009 nicht gera<strong>de</strong> verspricht,<br />
ruhiger zu wer<strong>de</strong>n ...