038 Musik Filthy Dukes AufstAnd <strong>de</strong>r Ahnungslosen Die Londoner DJs Tim und Olly hatten eigentlich gar nicht vor, ein Album zu machen, ihre Remixe gefielen <strong>de</strong>m Label Fiction aber zu gut, als dass sie sich weiter davor hätten drücken können. Gut so, <strong>de</strong>nn ihr Debüt »Nonsense In The Dark« wird für strahlen<strong>de</strong> Gesichter sorgen. Peter Flore hat die Jungs bei einem ihrer ersten Auftritte als Band getroffen. Foto: Nadine Preiss. Scheiße, schon wie<strong>de</strong>r falsch geparkt.
D ie Frage muss man einfach stellen: Wann eigentlich haben die Londoner Filthy Dukes die Zeit gefun<strong>de</strong>n, ihr Debütalbum »Nonsense In The Dark« zu schreiben, zu produzieren und aufzunehmen? Immerhin waren Tim und Olly, neben <strong>de</strong>m im Hintergrund agieren<strong>de</strong>n Produzenten Mark die bei<strong>de</strong>n Gesichter <strong>de</strong>r Band, bisher ja auch so schon gut ausgelastet: als Resi<strong>de</strong>nt-DJs im geschätzten Londoner Fabric Club, als Promoter und Partyveranstalter diverser Raves in <strong>de</strong>r englischen Metropole und zuletzt eben auch als begehrte Remix-Künstler. Eigenes Material aufzunehmen stand anfangs gar nicht zur Debatte, erzählt <strong>de</strong>r bärtige Olly, gera<strong>de</strong> zurück vom holländischen Eurosonic, <strong>de</strong>m erst zweiten regulären Gig <strong>de</strong>r Band außerhalb ihrer Heimat: »Das war nur <strong>de</strong>r logische nächste Schritt. Tim und ich waren umtriebige DJs, und irgendwann fragten dann The Rakes, Freun<strong>de</strong> von uns, ob wir nicht ihre neue Single remixen wollten [›22 Grand Job‹ vom Debüt ›Capture / Release‹]. Und wir fragten uns: Wie zur Hölle sollen wir das machen? Wir hatten eigentlich gar keine Ahnung. Später fragten dann auch The Maccabees an. Ihrem Label Fiction schien unser Remix zu gefallen, also lu<strong>de</strong>n sie uns zu einem Meeting ein, in <strong>de</strong>m sie uns fragten, ob wir nicht ein eigenes Album machen wollten. Davon hatten wir eigentlich noch viel weniger Ahnung, wir haben uns dann in ein Studio verschanzt und einfach mal gemacht.« Ein Einstand nach Maß mit <strong>de</strong>m Gestus völliger Unbekümmertheit, <strong>de</strong>nn »Nonsense In The Dark« – das <strong>de</strong>utet <strong>de</strong>r Titel schon an – kümmert sich wenig um Genregrenzen und die anerkannten Dos&Don’ts <strong>de</strong>s DJ-Betriebs: Es ist ein Popalbum zum Tanzen gewor<strong>de</strong>n, das hemmungslos und schulterzuckend in <strong>de</strong>n Achtzigern wil<strong>de</strong>rt und sich mit New Or<strong>de</strong>r, Kraftwerk, Daft Punk o<strong>de</strong>r auch The Chemical Brothers an einen Tisch setzt. Direkt nach <strong>de</strong>n Aufnahmen folgten wie<strong>de</strong>rum Remixe, diesmal für Late Of The Pier (<strong>de</strong>ren Sänger Samuel Dust wie<strong>de</strong>rum beim Album-Opener »This Rhythm« singt), die US-Band Foreign Islands, die UK-Hipster White Lies und sogar für Bloc Party – gutes Fahrwasser für eine erfolgreiche Performance auch mit eigenem Material. »Late Of The Pier fragten uns, ob sie bei unserer ›Kill Em All‹- Partynacht, die wir in <strong>de</strong>r Londoner Fabric hosten, spielen dürften. Sie waren damals gera<strong>de</strong> 18 Jahre alt, und das, was wir von ihrem MySpace-Auftritt kannten, war nicht gera<strong>de</strong> das, was man heute von ihnen kennt. Wir buchten sie dann aufs Geratewohl, und sie waren fantastisch. ›This Rhythm‹ war dann auch <strong>de</strong>r erste Track, an <strong>de</strong>m wir ar- beiteten, gemeinsam mit Sam, ihrem Sänger, und er gefiel uns von Anfang an! Dieser Track sollte die Benchmark für alle weiteren Tracks wer<strong>de</strong>n ...« In <strong>de</strong>r Tat legt das Stück die Messlatte hoch. Der Popappeal von Tracks wie »This Rhythm«, »Poison The Ivy« und »Nonsense In The Dark« erschlägt einen anfangs fast. »Das nehme ich mal als Kompliment«, lacht Mark, <strong>de</strong>r stille Produzent. »Wir wollten ein Popalbum machen, und es wäre keine Schan<strong>de</strong>, wenn einige Tracks davon im Radio rauf und runter liefen.« An<strong>de</strong>rs gesagt: Wenn ein Calvin Harris mit seinem cheesy »Acceptable In The 80ies« <strong>de</strong>n Titeltrack <strong>de</strong>r letzten Staffel von »Germany’s Next Topmo<strong>de</strong>l« stellen konnte, gibt es keinen triftigen Grund, warum das nicht auch <strong>de</strong>n Filthy Dukes mit ihrem Debüt gelingen sollte. Unbedarftheit und Selbstvertrauen scheinen bei ihnen je<strong>de</strong>nfalls Hand in Hand zu gehen, vielleicht ein Grund dafür, warum es ihnen in Win<strong>de</strong>seile gelang, weitere Supporter für ihre Arbeit zu fin<strong>de</strong>n. Und so entstand »Nonsense In The Dark« unter <strong>de</strong>r tatkräftigen Mithilfe zahlreicher Kollaborateure, die <strong>de</strong>m Album ihre Stimme liehen: Neben Samuel Dust singen The-Maccabees-Sänger Orlando Weeks, Sam White vom Liverpooler Electroduo To My Boy o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Philly-Rapper Plastic Little (bei <strong>de</strong>r Chemical-Brothers-Reminiszenz »Tupac Robot Club Rock«, <strong>de</strong>r ersten Single). Das daraus resultieren<strong>de</strong> Problem, dass all diese Gäste natürlich nicht für die Konzerte zur Verfügung stehen und Tim die Songs alleine stimmlich umsetzen muss, lässt sich nicht vom Tisch wischen. Auch beim Kölner Konzert später am Abend klingt seine Stimme oftmals wie ein Fremdkörper. Ein Umstand, <strong>de</strong>n Produzent Mark zu entkräften sucht: »Die Stimmen auf <strong>de</strong>m Album sind zwar sehr vielschichtig, aber Tim kriegt das live gut hin, seine Stimme ›übersetzt‹ ganz gut, was die Sänger auf <strong>de</strong>m Album vorgeben.« Bleibt eine letzte Frage, <strong>de</strong>ren Antwort die oben ange<strong>de</strong>utete Unbekümmertheit <strong>de</strong>r Band auf <strong>de</strong>n Punkt bringt. Der Kraftwerk-Riff in »Elevator«, jene »Das Mo<strong>de</strong>ll«-Blaupause: Zufall o<strong>de</strong>r Absicht? »Manchmal haben wir uns tatsächlich gefragt: Woher kennen wir das noch mal? Bei ›Elevator‹ haben wir erst gedacht: Das können wir nicht bringen! Nach einigen Durchläufen dachten wir dann: Können wir doch.« Filthy Dukes Nonsense In The Dark CD // Coop / Universal / VÖ 27.03. Der Sommer kommt. Ab 20. Mai am Zeitschriftenkiosk. Ab sofort im Netz: www.festivalgui<strong>de</strong>.<strong>de</strong> Late Of The Pier Musik 039 Tatkräftig unterstützt von Produzent Erol Alkan, haben die Londoner mit ihrem Debüt »Fantasy Black Channel« im vergangenen Jahr die Clubwelt auf links gekrempelt. In <strong>Intro</strong> #162 sangen sowohl Autorin Elena Lange als auch <strong>de</strong>r Produzent himself Lobeshymnen auf die laut Alkan »most exciting band on the planet«. Fabric Londoner Club- und Labelinstitution, <strong>de</strong>ren regelmäßig erscheinen<strong>de</strong> Livemix-Compilations so etwas wie <strong>de</strong>r Puls <strong>de</strong>s Londoner Nachtlebens sind. Eine umfangreiche Diskografie aller Fabric-Releases gibt’s unter www.discogs.com/label/Fabric+(London). Alles, was geht.