Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für
Geschichte, Natur- und Heimatkunde
Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und
Heimatkunde
Oldenburg, 1949
Bd. 48./49. 1948/49 (1949)
urn:nbn:de:gbv:45:1-3204

Oldenburger Jahrbuch
des Oldenburger Landesvereins für
Geschichte, Natur- und Heimatkunde
Herausgegeben von Hermann Liibbing
48. und 49. Band / 1948/49 (Doppclband)
Oldenburger Verlagshaus • Oldenburg (Oldb)
vorm. Gerhard Stalling Verlag

Zum Geleit
Seit dem Erscheinen des letzten 46. und 47. Doppelbandes (1942/43)
des Oldenburger Jahrbuchs sind 5 Jahre verflossen. Die Welt ist seit
jener Zeit umgewandelt wie noch nie. Deutschland ist ein Scherben­
haufen geworden. Noch niemals seit 1648 sind Not und Elend so stark
über uns gekommen.
Aber die Heimat lebt, und wir leben in ihr. Hier sind die starken
Wurzeln unsrer Kraft. Nach langem Warten können wir unsere For­
schungsarbeit für die Heimat wiederaufnehmen und das W erk fort­
setzen, an dem schon viele Geschlechter gearbeitet haben.
Die landschaftliche Eigentümlichkeit unseres meerumsäumten
Oldenburger Landes, die Geschichte seiner friesisch-sächsischen Land­
schaften und seiner Menschen, seine Natur, Tier- und Pflanzenwelt,
seine Kultur- und Wirtschaftsentwicklung in vielen Einzelstudien dar­
zustellen und Baustein auf Baustein zu schichten, Material für zusam­
menhängende Darstellungen und neue Erkenntnisse für die wissen­
schaftliche Landeskunde zu liefern soll auch künftig wie seit je Ziel
und Streben unserer Veröffentlichungen sein.
Papier- und Geldknappheit und die Armut unserer Zeit zwingen
uns, bescheiden wieder anzufangen. Aber wir wollen durch unsere
Zeitschrift ein Bindeglied aller Vereinsmitglieder hersteilen und die
wissenschaftlichen Beziehungen zu unseren Tauschpartnern des In- und
Auslandes wiederaufnehmen. Der gute W ille ist da, allen etwas zu
bieten. Möge dieser Wille wenigstens anerkannt und die erste litera­
rische Nachkriegsausgabe \inseres Vereins freundlich aufgenommen
werden.
H. L.

Die Mitarbeiter dieses Bandes:
G eorg R useler, geb. 11. Jan. 1866, O benstrohe (Varel), gest. 15. M ärz 1921 zu
O ldenburg. H eim atdichter.
W . Asm us, Dr. phil., P rofessor an der P ädagogischen H ochschule in Flensburg,
Flensburg, Sch öne A ussicht 19.
A . Schütte, Dr. phil., Pastor i. R., O ldenburg (O ldb), Brem er Straße 5.
K. Sichart, Dr. phil., Studienrat a. D., O snabrück, K orsikaskam p 11.
A nna M artens, Kunstm alerin, O ldenburg (O ldb), Parkstraße 4.
H. Lübbing, Dr. phil., Staatsarchivdirektor, O ldenburg (O ldb), Damm 43.
R. Tantzen, Regierungsrat, O ldenburg (O ldb), H erm an n-A llm ers-W eg 5.
H. Bruns, cand. rer. nat., G öttingen. B rem erhaven, B oyenstraße 11
H. H avekost, Lehrer, O ldenburg (O ldb), B loh erfelder Straße 8.
K. Sartorius, G ym nasial-O berlehrer a. D., O ldenburg (O ldb), H aarenufer 7.
O. F. G andert, Dr. phil., O ldenburg (O ldb), Staatl. M useum für N aturkunde
und V orgesch ich te, Damm 40.
W . Hartung, Dr. phil. habil., K. M useum sdirektor, O ldenburg (O ldb), Damm 40.
C. W o e b ck e n , Pastor i. R., S illenstede b. J ev e r (Oldb).
K. Fissen, Dr. phil., Studienrat a. D., O ldenburg (O ldb), R üderstraße 5.

Oldenburger Jahrbuch
48. und 49. Band / 1948/49 (Doppelband)
Inhalt:
H eimat. G edicht von GeorgRuseler........................................................ 9
1. D ie H erbarts in O ldenburg. V on Walter Asmus ................................ 11
2. A rp Scbnitker, der oldenburgische O rgelbauer (1648— 1719). V on
Adolf Schütte (mit 1 Tafelabb.) ............................................................... 51
3. Beiträge zur G eschichte der O ldenburger M alerei in der G raienzeit.
Von Karl Sichart (mit 1 A b b . im T ext) ............................................... 63
4. R ichard tom D ieck. L eben und W irken eines O ldenburger M alers
(1862— 1943). Von Anna Martens (mit 1 T afelabb.) ......................... 84
5. Ein n iederdeutsches G edicht über die Stiftung der H eiligengeist-
k apelle zu W ildeshausen anläßlich der P est v on 1350. V on Her­
mann Lübbing ..................................................................................................... 97
6. Q uellen zur oldenburgtschen Sippenforschung. V ierter T eil. V on
Richard Tantzen ............................................................................................ 101
7. O rnithologische B eobachtungen am Jadebusen und im Jeverland
(Stadtgebiet W ilhelm shaven und Landkreis Friesland). V on Her­
bert Bruns und Hermann H avekost............................................. 121
8. D ie gelbe B achstelze. Ein Beitrag zur gegenw ärtigen system atischen
B etrachtungsw eise der organischen Form enw elt. V on Karl Sar­
torius (mit 1 Tafelabb.) ...................................................................................... 132
9. Eine verzierte H irschgew eihaxt aus dem Jadebusen.
V on Otto-Friedrich Gandert (mit 3 A b b . im T e x t ) ................ 140
10. N eues Schrifttum . B earbeitet von Hermann Lübbing.................... 148
11. Personalnachrichten. N achrufe auf G. Pleus, H. G oens, W . Ram sauer,
G eorg Janssen. G lü ckw ünsche zum 60. G eburtstag v on R. Tantzen
und zum 90. G eburtstag v o n H. Sandstede .................................................... 155
12. E inzelbesprechungen ................................................................................................. 166
13. V ereinsbericht 1942— 1949 ...................................................................................... 171

Erscheinungsweise des Oldenburger Jahrbuchs
Jahrbuch für d ie G eschichte des H erzogtum s Oldenburg.
H erausgegeben von Hermann Oncken:
Bd. 1 (1892), Bd. 2 (1893), Bd. 3 (1894), Bd. 4 (1895), Bd. 5 (1896),
Bd. 6 (1897). Bd. 7 (1898), Bd. 8 (1899), Bd. 9 (1900), Bd. 10 (1901),
Bd. 11 (1902, Bd. 12 (1903);
H erausgegeben von Gustav Rüthning:
Bd. 13 (1904), Bd. 14 (1905), Bd. 15 (1906), Bd. 16 (1908), Bd. 17 (1909),
Bd. 18 (1910), Bd. 19 (1911), Bd. 20 (1912), Bd. 21 (1913), Bd. 22 (1914).
Dann Titeländerung:
O ldenburger Jahrbuch für A ltertum skunde und Landesgeschichte, Kunst und
K unstgew erbe. Ohne Bandzählung.
[Bd. 23) = 1915, (Bd. 241 = 1916/17, (Bd. 25] = 1918, (Bd. 261 = 1919/20,
[Bd. 27] = 1921. N eue Titeländerung:
O ldenburger Jahrbuch.
Bd. 28 (1924), Bd. 29 (1925), Bd. 30 (1926), Bd. 31 (1927), Bd. 32 (1928),
Bd. 33 (1929), Bd. 34 (1930), Bd. 35 (1931), Bd. 36 (1932);
H erausgegeben von Hermann Lübbing:
Bd. 37 (1933), Bd. 38 (1934), Bd. 39 (1935), Bd. 40 (1936), Bd. 41 (1937),
Bd. 42 (1938), Bd. 43 (1939), Bd. 44 u. 45 (1940/41), Bd. 46 u. 47 (1942/43).
Bd. 48 u. 49 (1948/49).

Oldenburger Landesverein
für Geschichte, Natur- und Heimatkunde
D er Beirat
Dr. Lübbing, Staatsarchivdirektor, N iedersächs. Staatsarchiv, O ldenburg.
R. Tantzen, Regierungsrat, Oldenburg.
Dr. Hartung, Staatl. M useum für N aturkunde und V orgeschichte, Oldenburg.
Dr. M üller, O berstudiendirektor a. D., Stadtmuseum, Oldenburg.
Dr. Fissen, Studienrat a. D., Oldenburg.
Dr. Gandert, A bt.-L eiter, Naturhist. Museum, O ldenburg.
Indorf, Studienrat, Oldenburg.
Dr. M ü ller-W ulck ow , M useum sdirektor, Landesm useum Oldenburg.
Dr. O ehm cke, Syndikus, Industrie- und Handelskam mer, Oldenburg.
Dr. Ottenjann, Studienrat, Heimatmuseum C loppenburg.
Raths, Landeskulturrat, Katasteram t Brake.
Sartorius, G ym nasial-O berlehrer a. D., Oldenburg.
Steinmann, D ozent an der Staatsbauschule Oldenburg.
Tapken, Studienrat, B otanischer Garten Oldenburg.
Ehrenm itglieder
Krogm ann, Joseph, O berlandw irtschaftsrat a. D., Oldenburg.
M eyer, W ilhelm , D irektor des Botanischen Gartens a. D., Oldenburg,
Dr. h. c. Sandstede, Bad Zwischenahn.
P rof. Bernhard W inter, Kunstmaler, O ldenburg.
W oeb ck e n , Carl, Pastor a. D., Sillenstede b. Jever.
Dr. Sichart, Studienrat a. D., O snabrück.
Sartorius. Karl, G ym nasial-O berlehrer a. D., Oldenburg.
F ördern de M itglieder
D er Präsident des N iedersächs. Verw altungsbezirks Oldenburg.
D ie Stadt O ldenburg. •
D ie Stadt W ilhelm shaven.
D er Landkreis Am m erland, W esterstede.
D er Landkreis Cloppenburg, C loppenburg.
Der Landkreis Friesland, Jever.
D er Landkreis O ldenburg, O ldenburg.
D er Landkreis V echta, V echta.
D er Landkreis W eserm arsch, Brake (W eser).
D ie Industrie- und Handelskam m er, O ldenburg.
D er Landesfürsorgeverband Oldenburg.
Die Landw irtschaftskam m er Oldenburg.
D ie Stadt Nordenham.
D ie Stadt V echta.
D ie G em einde R odenkirchen.
Superphosphatfabrik Nordenham .

Heimat
V on Georg Ruseler
Heimat, teure Heimat / Du meiner Seelen Amme!
Als ich ein Kind war, seltsame Weisen / Sangst du mir sacht in das Ohr,
Vom wilden Jäger, von Wodan und Donar / Und ändern Gewaltigen.
Da hört ich, wie Widukind stritt / Und die Stedinger starben,
Wie ein kluger Graf I Vor unendlichen Greueln des Kriegs
Die Lande bewahrte.
0 , deine Sagen und Märchen / Und bunten Geschichten, sie alle,
W ie sie das Herz mir durchglühten! / Dann könnt ich nicht schlafen,
Und seltsam winkten / Durchs niedrige Fenster
Alle Sterne des Himmels herein I Und der leuchtende Mond,
Bis endlich das Rauschen der Eichen I Mich dennoch in Schlummer
Heimat, teure Heimat!
Als ich größer dann ward, alle Welt I W ollt ich durchstürmen mit
Da reichtest du lächelnd die Hand mir, / Ein sonniges Mädchen,
Und sprachst: „Gemach, auch hier ist die Welt!
Ihren Widerschein sieh funkeln / Und strahlen in meinen Augen.
Wandre mit mir!"
Gehorsam war ich, und Hand in Hand / Über die weite Heide
Schritten wir sinnend dahin, i Grüßten leise die toten Helden,
gewiegt.
eilendem Fuß.
Die unter dem Hünenstein schlafen, l Und tief im Dunkel des Waldes
Uralte, sturmzerrissene Eichen / Grüßten wir auch,
Die längst schon keimten und grünten, / Eh hier in den Landen ringsum
Die erste der Glocken erklang.
Am Gestade des blinkenden Stromes / Wallten wir staunend hinab
Bis zur salzigen See;
Auftut seine Tore das Land, / Die Schätze der W elt zu empfangen
Und seine Güter zu schenken der Welt.

10 G. Ruseler, Heimat.
O, du wogendes, ewiges Meer!
Deinen gewaltigen Atem, / Natur, fühlen wir hier,
Und das Herz wird uns weit, / Wenn von der Höhe des Deiches das Auge
Unendliche Fernen durchdringt / Und Zeichen der Zukunft erspäht.
Dann stehst du neben mir, Heimat, / Nicht ein lächelndes Mädchen mehr,
Behelmte Kämpferin bist du geworden,
Uns zum Schutze den Schild / Hältst du dräuenden Feinden entgegen.
Heimat, teure Heimat! / Arbeit hast du gegeben,
Nahrung dem Leib und Spiele der Seele.
Meinem Liede hast du gelauscht.
Nach des Tages Arbeit / Gib Muße dem Herzen,
Das des Feierabends gern sich erfreut, I Wenn unter der Abendröte
Ein stiller Friede sich senkt / über die früchtevolle Flur.
Doch wenn einstmals die Nacht gekommen, I Tiefe, dunkle Nacht,
Wenn das Licht der Augen erlosch / Und der Stab, der mich stützte,
zerbrach.
Dann, o Erde der Heimat, empfange I Gern ein winziges Häuflein Asche,
Nicht zur ewigen Ruhe, —
Laß sie Nahrung sein / Den gewaltigen Eichen
Oder den lieblichen Kindern des Feldes,
Und in all' dem Wachsen und Blühen / Immer noch bin ich in dir,
Heimat, du teure Heimat!
A u j d er „H eim atkunde des H erzogtum s O ld en burg“ Bd. 1, Brem en 1913, Schünem ann V erlag.
A nm .: W ir bringen das vorstehen de G edicht auf W unsch m ehrerer M itg
lied er vollständig zum A b d ru ck , da w ir auf der von P rof. Tegtm eier gezeichn
eten B ildkarte des O ldenburger Landes als Umrahmung nur einen Teil
des R u seler-T extes verw enden konnten. D ie ungekürzte Fassung w ird als
A u ftakt zu einem neuen H eim atjahrbuch w illkom m en sein.

Die Herbarts in Oldenburg
Von W allerA s m u s
I. Rektor Johann Michael Herbart, der Großvater des Philosophen
1703— 1768
Als Johann Friedrich Herbart am 4. Mai 1776 in dem „friedlichen
Winkel an der Nordsee" zu Oldenburg das Licht der Welt
erblickte, zählte die kleine Residenz trotz ihrer isolierten Lage in
der flachen und zum Teil noch öden Nordwestecke des deutschen
Vaterlandes bereits zu den Gegenden Europas, aus welchen die
„dicke Finsternis", die seit dem Dreißigjährigen Kriege so schwer
auf ihnen geruht hatte, verscheucht war. Nach dem durch den dreißigjährigen
Bruderkrieg der Deutschen bewirkten Tiefstand des kulturellen
und geistigen Lebens überhaupt hatten auch Oldenburgs Bürger
wieder angefangen, sich eines „schönen, heiteren Morgens" zu erfreuen
und an den „belebenden Strahlen der Kultur" zu erwärmen. Daß das
möglich war, war nicht zuletzt das Verdienst Johann Michael Herbarts,
des Großvaters Johann Friedrich Herbarts, der, 1703 als
Sohn eines Leinewebers zu Ostheim in der fränkischen Grafschaft
Henneberg geboren, in den oldenburgischen Grafschaften fast 40 Jahre
lang, von 1729 bis 1734 als Konrektor in Delmenhorst und dann bis
zu seinem 1768 erfolgten Tode als Rektor der Oldenburger Lateinschule
und seit 1749 auch als Konsistorialassessor gewirkt hat. Die
„echte" Aufklärung, durch die sich Oldenburg vor vielen größeren
Städten auszeichnete, war größtenteils sein W erk').
Als Johann Michael Herbart, durch den ehemaligen dänischen
Admiral und derzeitigen Statthalter zu Oldenburg, den Oberlanddrosten
und Geheimen Konferenzrat Christen Thomesön von Sehestedt2)
(1664— 1736) berufen, im Dezember des Jahres 1734 nach
Oldenburg kam3), bot die Stadt mit ihren „gewölbten Toren“ , den
„hohen Festungswällen“ und wenig gepflegten Straßen noch keinen
besonders angenehmen Aufenthalt*). Im Norden dem Meere, im
Westen der niederländischen Grenze und im Süden dem Herrschaftsgebiete
des Krummstabes ungefähr gleich nahe, stand sie bei ihrer ab­
gelegenen Lage und den schlechten Verbindungen in nur geringer
Berührung mit dem deutschen Binnenlande“). Dennoch fehlte es

12 W alter Asmus
unter den Beamten und der Geistlichkeit nicht an Männern von
geistigen Interessen und wissenschaftlichen Verdiensten. Aus dem
Umgangskreise des Statthalters, der selber ein hochgebildeter und
vielgereister Mann war, ragten vor allem zwei Männer hervor, die
durch ihre Bildung und Gelehrsamkeit jedem Kreise zur Zierde gereicht
hätten: der aus Hessen gebürtige Bürgermeister und Landvogt
Julius Rottmann und — Rektor Herbart. Sehestedt segnete freilich
schon am 13. September 1736 als 72jähriger Greis das Zeitliche. Er
wurde in der Stiftskirche zu Aarhus in Jütland beigesetzt. Rektor
Herbart verfaßte ihm die lateinische Grabschrift, die mit besonderem
Nachdruck seine Verdienste um die oldenburgischen Grafschaften
hervorhebt: Er habe den das verwüstete Budjadingen mit völligem
Untergange bedrohenden Fluten der Nordsee kunstvolle und mit bewundernswerter
Technik ausgeführte Deiche mit glücklichem Erfolge
entgegengestellt6) .
Des neuen Rektors erste Aufgabe war, die recht verfallene Schule
wieder zu heben. Seine echt pädagogische Natur, die Widerspruch
und Einwürfe, wenn sie Scharfsinn und Liebe für Denkfreiheit verrieten,
gern hörte, vereinte milden Ernst mit einem fröhlichen Gleichmut.
In wichtigen Dingen fest, wo Nachgeben möglich war, biegsam,
von Herzen gütig und nachsichtig, zudem kenntnisreich, in vielen
Sätteln gerecht — einen Polyhistor nennt ihn sein Biograph —
wußte er sich schnell durchzusetzen und wurde bald einer der
geistigen Führer Oldenburgs. Die Schule kam auf diese Weise recht
schnell wieder in Aufnahme und wurde von Einheimischen wie von
Fremden gut besucht. — Von organisatorischen und Lehrplanänderungen
versprach der Rektor sich wenig. Daher hielt er auch an dem
lateinisch-philosophisch-theologischen Grundcharakter des Unterrichts
fest und führte keine neuen Lehrgegenstände ein7). Diese
Schonsämkeit gegenüber dem Hergebrachten wußte er aber mit einer
starken persönlichen Aufgeschlossenheit den neuen Ideen gegenüber
wirksam und klug zu verbinden. Mehr als auf die Organisation kam
es ihm auf den Geist und die Lebendigkeit des Unterrichts an. Als
„Selbstdenker", der die Wahrheit suchte und annahm, wo er sie fand
und nie anderer Meinung nachbetete, huldigte er dem pädagogischen
Fortschritt. Von Anfang an galt sein Kampf dem leeren Formalismus
und Verbalismus besonders im lateinischen Unterricht8). Grundsätzlich
müßte Latein ebenso wie die Muttersprache gelehrt werden. Bei
5jährigen Kindern könne man nicht mit bloßer Grammatik anfangen,
sondern müsse einen „Orbis pictus” mit lateinischem Texte zugrunde
legen. Erst nach 5jähriger praktischer Übung könne regelmäßig

Die Herbarts in Oldenburg 13
Grammatik getrieben werden, die dann nur Ordnung in das Material
hineinbringe. Freilich könne man auch dann nicht aus einem jeden
„groben, ästigen und krummen Holze" einen „zierlichen Mercurius"
schnitzen. Deutlich werden die Naturgrenzen der geistigen Begabung
gesehen und die Vererbung auch der geistigen Eigenschaften erkannt.
Die natürliche Fähigkeit und Neigung werde den Kindern von den
Eltern eingepflanzt: „Man gebe einem furchtsamen Kinde alle Heldengeschichten
zu lesen; man sage ihm beständig von dem großen
Ruhm vor, womit die Heldentaten belohnt werden; es wird wieder
kein Held hervorkommen. Die natürlichen Neigungen lassen sich
weder durch menschliche Geschicklichkeit noch durch göttliche Gnadenwirkung
gänzlich dämpfen."
Als Philosoph war Johann Michael Herbart ein kluger und
wägender Verteidiger Wolffs, ohne sich doch dogmatisch auf ihn
festzulegen. Immer bemüht, den Ursachen der Erscheinungen nachzugehen,
wollte er nicht jede Wirkung unmittelbar auf Gott, sondern
zunächst auf eine natürliche Ursache zurückgeführt wissen, wie er
z. B. die Träume aus den Erinnerungen, aus Ideenassoziationen und
physischen Einflüssen erklärte. Er beschränkte jedoch den Gebrauch
des Verstandes und der Vernunft auf die Immanenz; Glaubenslehren
können nach ihm durch keine philosophischen Grübeleien erklärt
werden: „Die Philosophen, zumal solche, die zugleich Theologen sind,
tun nicht wohl, daß sie den gebahnten Weg theologischer Wahrheiten
verlassen und ihr Heil in dem Irrgarten der Vernunft suchen, die in
überirdischen Dingen blind ist.“
Als Theologe wendete er sich gerne gegen die Lehre von der
Erde als einem Jammertal; „Die Erde ist eine angenehme Wohnung."
Er verspottete die, „welche die Köpfe immer wie das Schilf zur Erde
hängen lassen, lauter saure und verdrießliche Mienen machen, ihre
ganze Lebenszeit mit Murren und Klagen zubringen und diese herrliche,
bequeme und angenehme Wohnung als ein bloßes Jammertal
ansehen und beschreiben"; denn Gott wolle vornehmlich durch die
„Glückseligkeit" seiner Geschöpfe verherrlicht werden. Kopfhänger-
tum, Heuchelei und äußerliche Trübseligkeit vertrage sich ganz gut
mit innerer Verdorbenheit. Das habe er selber bei den Halleschen
Pietisten erlebt: „Noch schweben die vielen hängenden und mit ungemachten
Haaren bewachsenen Köpfe und traurigen Gesichter mir
vor Augen, welche alle von einer törichten Nachahmung so gebildet
waren. Wie unerträglich waren nicht diese jämmerlichen Gestalten
in der Gesellschaft vernünftiger und wohlgesitteter Menschen." Am
unerträglichsten aber ist ihm die Unnatur des Mönchs- und Nonnen­

14 W alter Asmus
wesens: „Ist es nicht etwas Entsetzliches, daß so viele Tugend, mit
gesunden Leibern und Gliedern begabte Menschen sich von der
Kette der zur Erhaltung eines ganzen Staates nötigen Stände absondern
und für sich eine unnütze fruchtlose Gesellschaft gründen,
die im Grunde nichts anderes tut, als daß sie das Mark des Landes
verzehrt, so aus dem Schöße anderer, dem Staate unentbehrlicher
Mitglieder erwachse?" — Den Nachdruck auf ein praktisches Christentum
legend, kämpfte er gegen die Zeloten des Bekenntnisses, die
Bekenntnisfanatiker der Unterscheidungslehren, die die Mittel, tugendhaft
zu werden, mit der Tugend selbst verwechseln: „Gebete, Lesen
erbaulicher Bücher, fleißige Abwartung des öffentlichen Gottesdienstes,
Gespräche von göttlichen Dingen gehören zu den Mitteln, machen
aber nicht die Tugend selbst in ihrem ganzen Umfange aus.“
Mit guter Beurteilung verband er einen sicheren Geschmack in
literarischen Dingen. Er war einer der ersten, die in Gottsched zwar
den „guten Sprachforscher“ , aber auch den „geschmacklosen Mann"
erkannten. Klopstock fand in ihm seit dem Erscheinen seines „M essias“
einen begeisterten Bewunderer und warmen Verehrer. Ein anschauliches
Bild von Herbarts Bemühungen, seinen Mitbürgern die
Ohren für die Schönheit und Erhabenheit der Sprache Klopstocks zu
öffnen, gibt sein Schüler Gerhard Anton von Halem, der spätere
väterliche Freund und Gönner seines Enkels Johann Friedrich Herbart:
„Da der oldenburgische Musaget in Schmolkens und Gottscheds
Manier versete, ward wirklich schon Sicherheit des Geschmacks und
Entschlossenheit dazu erfordert, um, mit Verachtung der Gefahr, ausgelacht
und für einen Sonderling gehalten zu werden, Klopstocks Darstellungen
erhaben und würdig, seine neue poetische Sprache verständlich
und seine reimlosen Verse schön zu finden, ja, ihnen den
entschiedenen Vorzug vor den gereimten Alexandrinern zu geben.

Die Herbarts in Oldenburg 15
Witzeleien, die Dreyer und andere wider ihn auszustreuen nicht abließen0)."
Überhaupt war er auf allen Gebieten bemüht, mit der Zeit fortzuschreiten.
So war er einer der ersten in ganz Deutschland, die sich
für Montesquieus Staatslehre einsetzten. Schon 1749, nur ein Jahr
nach dem Erscheinen des „esprit des lois", ging er anläßlich der
300-Jahrfeier der Thronbesteigung der dänischen Könige aus dem
Hause Oldenburg in einer großen Rede auf Montesquieus Lehre ein.
Dieser Tag war einer der Höhepunkte seines Lebens: „Noch heute
können wir in den zeitgenössischen Berichten lesen von dem Ballfest
im großen Saale des Rathauses, von den offiziellen Diners bei
dem Landdrosten von Ahlefeld, dem Konferenzrat von Gude und dem
Generalsuperintendenten Ibbeken, von den Festreden des Rektors
Herbart und den Festgedichten des Archivars Schloifer10).“ Seine
Schlagfertigkeit und sein Sinn für W itz und Humor, vor allem aber
seine Fähigkeit, auch schwierige Fragen in volkstümlicher, allgemein
verständlicher Form zu erörtern, machten ihn bei feierlichen A nlässen
zu einem der wirkungsvollsten und gesuchtesten Redner Oldenburgs,
dessen gehaltvollen Gedankengängen sich jeder gern hingab.
Davon zeugen auch seine zahlreichen Schulreden, die fast alle Gebiete
des Lebens, von medizinischen Streitfragen, wie z. B. der Pockenimpfung,
bis zu den schwierigsten philosophischen und theologischen
Problemen, in einfacher Form behandeln. — Um noch mehr in die
Öffentlichkeit zu dringen, rief er nach dem Vorbild des französischen
„Mercure historique" 1746 das erste periodische Wochenblatt Oldenburgs
ins Leben, die „Oldenburgischen Nachrichten für Staats- und
gelehrte Sachen", die allerdings, da der Leserkreis zu klein blieb,
seit 1749 als „Oldenburgische öffentliche Anzeigen" nur in einfachster
Form erschienen.
Seinem selbstlosen Wirken blieb — wenn auch die Anfechtungen
nicht ganz ausblieben“ ) — die Anerkennung nicht versagt. W ie er
bis zum Tode des alten Sehestedt dessen geistreichem Zirkel, der von
dem dänischen Dichter Holberg als Zuflucht vieler Gelehrter gepriesen
und mit einer kleinen Akademie verglichen worden war'*),
angehört hatte, so zählte er auch — nun schon als Konsistorial-
assessor ordentliches Mitglied des Konsistoriums, der obersten
Kirchen- und Schulbehörde des Landes — zu den engsten wissenschaftlichen
Freunden des 1752 berufenen Statthalters Rochus Friedrich
Grafen zu Lynar, dessen geistige und theologische Beschäftigungen
er lebhaft förderte. (Zu Lynars Übersetzung des Seneca „Von
der Gnade“ schrieb er das Vorwort18).)

16 W alter Asmus
Zu dieser vielseitigen Tätigkeit in der Öffentlichkeit gab dem
Rektor der trauliche häusliche Lebenskreis die Kraft. Als er zu Anfang
des Jahres 1730 sein Delmenhorster Amt antrat, war er ein
26jähriger alleinstehender Mann, der als Hofmeister adliger Familien
bislang auf den eigenen Herd verzichten mußte. Das Delmenhorster
Konrektorat bot ihm nun eine wenn auch nur bescheidene Grundlage
für die Gründung und Erhaltung einer eigenen Familie. Bei der
Wahl der Mutter seiner Kinder bewies er den Blick des Mannes, der
weiß, worauf es ankommt. Wenn er als homo novus und Abkömmling
einer aufstrebenden Familie in ein schon im Geistigen heimisches
Geschlecht einheiratete, so mußte das einen guten Klang geben. Es
lag freilich auch nahe, daß seine Wahl auf eine der drei Schwestern
seines Rektors Johann Konrad Probst11), der zugleich zweiter Pre­
diger an der Stadtkirche war, fiel. Die Familie Probst zählte zu den
ersten Familien in Delmenhorst. Der schon 1707 verstorbene Johann
Friedrich Probst war vom Amts- und Rentschreiber zum Bürgermeister
in Delmenhorst aufgestiegen. Seine Ehefrau Anna Julia geb.
Maas entstammte einer Familie, deren männliche Angehörige schon
den geistigen Berufen angehörten. Ihr Vater nannte sich Assessor,
ein anderes Glied dieser Familie mag der Pfarrer Anton Maas in
Rastede gewesen sein. Beider Sohn Johann Konrad war ein „heller
K opf" und „gelehrter Mann". Von seinen drei Schwestern wählte
Herbart die älteste, die 1701 geborene Clara Elisabeth, die dann die
Stammutter der zahlreichen, sich sogar bis in die neue W elt ausbreitenden
Herbarts geworden ist. Sie wurde ihm am 22. Mai 1731
in der Schloßkirche zu Rastede von Pastor Anton Maas in Gegenwart
der Prinzessin Sophie Eleonore von Schleswig-Holstein-Beck,
die später Herbarts Gönnerin und Freundin geworden ist15), angetraut.
Der Verbindung entsprossen 1 Tochter und 4 Söhne. Ende August
1732 wurde dem jungen Paare noch in Delmenhorst die Tochter geboren.
Nach seiner fürstlichen Gönnerin ließ Herbart sie auf die Namen
Sophie Eleonore taufen1®). Auch der älteste Sohn wurde noch in
Delmenhorst geboren und nach seinem geistlichen Onkel Johann Kon­
rad genannt. Johann Konrad Herbart ist der Stammvater des größten,
sich bis in die neue W elt verzweigenden Astes der Herbarts ge­
worden17). Wie seine jüngeren Brüder besuchte auch er bis zu seinem
Abgange zur Universität die Lateinschule seines Vaters in Oldenburg.
Am 23. September 1751 pries er in einer öffentlichen Schulrede die
„Wahrhaftigkeit" und mahnte von den „entgegengesetzten Lastern"
ab; am 13. März 1752 sprach er über das Thema „De laudabili igno-
rantia". Im September desselben Jahres hielt er seine Abschiedsrede

H erbarts G eburtshaus in O ldenburg
F o t o : Dr. W ehlau

Die Herbarts in Oldenburg 17
über die „Selbsterkenntnis". Von 1752 bis 1756 studierte er die Theologie
in Göttingen und erwarb hier den Magistergrad. 1766 wurde er
Pastor in Dedesdorf, von wo er 1776 nach Stollhamm übersiedelte.
Dort ist er 1784 gestorben.
Der erste in Oldenburg geborene Sohn war der am 10. April
1737 geborene Anton Christian. 1755 verabschiedete er sich von der
Schule, indem er über den „Nutzen der Zeremonien" sprach. Im selben
Jahre begann er das Studium der Theologie in Göttingen. 1762
finden wir ihn als Informator im Hause des Hofmedikus Johann Just
von Berger in Kopenhagen. 1765 als Student an der Universität in
Leipzig und von 1772 bis 1776 wieder in Kopenhagen. 1776 begleitete
er den jüngsten Sohn des dänischen Finanzministers H. C. Schimmelmann
Christian Carl Schimmelmann nach Klosterbergen1!i). Er starb
als königlich-preußischer Hofrat in Potsdam.
Am 26. August 1739 wurde Thomas Gerhard, der Vater des Philosophen,
geboren. Auch er besuchte die Schule seines Vaters. 1758
wollte er vor seinem Abgang auf die Universität in lateinischer
Sprache seine Abschiedsrede über den „Einfluß der Sternkunde und
Naturlehre auf die freien Handlungen der Menschen" halten. Doch
hinderte ihn eine Augenkrankheit an der Ausführung. Von 1758 bis 1761
studierte er in Helmstedt die Rechte, um die Laufbahn eines Beamten
der oldenburgischen Regierung einzuschlagen. Sein W eg führte
gerade und anscheinend ohne Schwierigkeiten aufwärts. 1761 begann
er als 3. Sekretär bei der oldenburgischen Regierung, um 1768 zum
2. und 1. Sekretär aufzurücken. 1774 wurde er zum Kanzleirat und
1781 zum Justizrat befördert. Als solcher hatte er Sitz und Stimme
in der Regierungskanzlei, der obersten Gerichts- und Verwaltungsbehörde,
und im Konsistorium, der obersten Kirchen- und Schulbehörde
des Landes. Am 26. Mai 1775 heiratete der schon Sechsunddreißigjährige
die um 16 Jahre jüngere Lucia Margarete Schütte, die
Tochter des Arztes Cornelius Schütte. Dieser Ehe ist am 4. Mai 1776
Johann Friedrich Herbart entsprossen.
Der jüngste Sohn, der am 1. Mai 1743 geborene Johann Friedrich
Jakob Herbart, begann 1760 das Studium der Rechtswissenschaft
in Helmstedt. 1770 ließ er sich als Regierungsadvokat in Oldenburg
nieder, wurde dort 1776 Kammersekretär und 1779 Kammerrat. Er
heiratete die W itwe des Regierungsrates Bolcken geb. von Metzner
und ist 1837 gestorben. Er wohnte in Oldenburg im elterlichen Hause
Haarenstraße Nr. 15.
Rektor Herbart hatte bei seiner guten Konstitution und maßvollen
Lebensweise sich immer einer guten Gesundheit erfreuen dürfen.

18
Außer einigen leichten „podagrischen Anfällen“ , von denen er selbst
sagte, sein Podagra sei so artig, daß seine Freunde bezeugen müßten,
er könne anstatt zu murren mit ihnen scherzen, kannte er Krankheiten
nur vom Hörensagen. Man versprach ihm daher allgemein ein
hohes Alter. Doch seit dem Frühjahr 1768 begann er an Beschwerden
des Unterleibes zu kränkeln, und seine Kräfte nahmen zusehends ab.
Den Unterricht ließ er gleichwohl nur selten ausfallen. Wenn es nicht
anders ging, ließ er die Schüler in sein Krankenzimmer kommen und
aus neu herausgekommenen Schriften vorlesen, um sie wenigstens
unter seiner Aufsicht zu beschäftigen. Am Tage vor seinem Tode
nahm er von den Seinen Abschied und entschlief als „W eiser und
Christ" am 2. August 1768.
Sein Freund, der Hof- und Garnisonmedikus Gramberg, hat ihm
in seiner Biographie einen ehrenvollen Nachruf gewidmet: „Überhaupt
kann man mit Sicherheit annehmen, daß die echte Aufklärung, wodurch
sich Oldenburg nach dem Zeugnis der Kenner vor vielen größeren
Städten auszeichnet, größtenteils sein Werk ist. — Auch ich,
nicht aus diesem Lande, auch nicht sein Schüler, habe wie andere
Fremde diese wohltätige Stimmung mit empfunden, habe durch die
von ihm bewirkte Aufklärung gewonnen und danke ihm dafür. —
Und dies alles ward und tat er ohne Geld, ohne erhebliche Unterstützung,
fern von gelehrten Hilfsquellen, Buchläden, Bibliotheken,
gelehrten Gesellschaften, Vorzügen der Reisen, der Akademien und
der großen Städte; umringt von Schwierigkeiten, unterdrückt von
lastenden Nebenarbeiten, die er für seinen besseren Unterhalt übernehmen
mußte; gebildet in der Morgenröte des freiem Denkens und
des bessern Geschmacks — und durch wen gebildet? — durch sich!
— Er, der so hell und richtig, selbst neu dachte und am Abend seines
Lebens noch empfänglich war für Werke des Geschmacks, die
das damalige Publikum persiflierte, was würde er in anderer Lage
und anderen Zeiten geworden sein19) ? “
Was Johann Michael Herbart in anderer „Lage“ und zu anderen
Zeiten geworden wäre, das auszudenken gehört zu den „schlechten"
Möglichkeiten, die wir mit Hegel ignorieren. Auch in seiner „Lage“
und zu seiner Zeit hat er ein W erk vollbringen dürfen, das des
Schweißes der Edlen wert ist, zu den ersten Pionieren des Lehrerstandes
zu gehören, die, nicht der Not gehorchend, sondern aus
eigenem Triebe und freier Wahl ihr ganzes Leben der Jugend weihten.
Er war ein Mann, dem auch der beschwerlichste „Schulstaub"
im Aufblick zu den bildenden „guten K öpfen" und „schönen Seelen"
leicht und angenehm wurde. Darum allein schon sollte man ihn vor-

Die Herbarts in Oldenburg 19
züglich ehren. Was er aber, so fruchtbar und vielseitig sein geistiges
Schaffen auch war, der Ungunst seiner „Lage" nicht abzutrotzen vermochte,
das gerundete und geschlossene Gedankenwerk, das hat er
der Nachwelt über einen seiner Söhne durch seinen Enkel Johann
Friedrich Herbart gegeben, der der größte Pädagoge unter den Philosophen
und der größte Philosoph unter den Pädagogen geworden ist.
11. Justizrat Thomas Gerhard Herbart, der Vater des Philosophen
1739— 1809
Johann Friedrich Herbarts Eltern waren in fast jeder Beziehung
Gegensätze. Strebte die Mutter, recht eigentlich eine Frau von Welt,
mit hochfliegenden Plänen in die Weite, so beschränkte sich der
Vater auf die Pflicht des Tages: „Sein amtlicher Wirkungskreis, dem
er sich mit voller Geschäftstreue hingab, schien seine ganze Tätigkeit
zu absorbieren. Man sah ihn fast nur auf seinem Studierzimmer,
in kollegialischen Sitzungen und abends in einem Klub, wo er bei
einer kleinen Spielpartie von angestrengter Tagesarbeit auf einige
Stunden Erholung fand. Schweigsam, trocken, phlegmatisch, schien
er alle Genialität, als den gewohnten Gedankenzirkel turbierend, zu
scheuen, jedoch ohne besonderen Eifer zur Bekämpfung von Tendenzen
dieser Art, weil dieser einen gleichen Störungseffekt herbeigeführt
haben würde. Zufrieden, in dem ihm angewiesenen Kreise seine
Schuldigkeit zu tun, erstrebte er nichts weiter in der W elt-0)." So
hat Johannes Smidt, der Oberbürgermeister von Bremen und beste
Freund des Sohnes, uns den Justizrat Herbart aus eigener Anschauung
geschildert. Ob in dieser Schilderung um der Kontrastwirkung
zu Frau Herbart willen die Farben etwas kraß ausgefallen sein
mögen, wird sich schwer ausmachen lassen. Die Grundzüge des Bildes
sind aber auf jeden Fall der Wirklichkeit angemessen. Das geht
aus den Briefen hervor, die der Justizrat an Smidt geschrieben hat31).
Sie sind in einem trockenen Kurialstil abgefaßt. Die hinter ihr
stehende Persönlichkeit wirkt etwas indolent und spannungsarm. In
dieselbe Richtung weist ihr Inhalt. Da bedauert der Justizrat, daß
während Smidts Besuche in Oldenburg seine Geschäfte ihn oft genötigt
hätten, sich von ihm zu entfernen (16,19)*). Auch ist es ihm
wegen sehr dringender Geschäfte nicht möglich, seine Frau in Göttingen
abzuholen. Ebensowenig verwirklicht er dann seine Absicht,
wenigstens nach Bremen zu kommen (16, 54). Nichtsdestoweniger
*) D ie Zahlen bezieh en sich auf Band und Seitenzahl d er H erbart-A us-
£abe von K eh rbach -F lü gel-F ritzsch (Langensalza 1887— 1918).

20 W alter Asmus
scheinen die Musen auch seiner Wiege nicht ganz ferngeblieben zu
sein. Bei festlichen Anlässen mochten sie noch dann und wann mit
einem seltsam bizarren Humor die trockene Schale durchbrechen,
wie es bei der Geburtstagsfeier des Herzogs Friedrich August auf
dem Oldenburger Schlosse der Fall war: „Da drängten sich seltsame
Gestalten zum herzoglichen Paare heran. Gerd Suhr, Schulhalter in
der Wüsting, führte eine Abordnung der Hausleute von Holle, die
Wüstenländer Deputierten. Suhr pflanzte sich vorsichtig hinter J ohann
Dierk Dühme auf, an dessen breitem Rücken ein Blatt befestigt
ist. So kann er sicherer seine Ansprache halten und den Glückwunsch
des wässrigen Wüstenlandes darbringen. Darauf überreicht er seine
Instruktion, die von den Hausleuten entworfen und ihm mit auf den
W eg gegeben worden. Unter lautem Gelächter der Umstehenden wird
dieses humoristische Schriftstück verlesen. Als die Masken abgenommen
wurden, erkannte man den Justizrat Herbart und seinen Bruder,
den Kanzleirat, den Deichgrafen Schmidt-Hunrichs, Kanzleirat Schumacher,
Ritscher, Ibbekken als Schulmeister, Schölte, Pastor Tenge,
Delbrück22)."
Den eigentlichen Lebensinhalt gab dem Justizrat mit fortschreitenden
Jahren mehr und mehr das Amt. Kein Wunder, daß er bei
solcher Veranlagung und als Sohn des angesehenen Rektors und
Konsistorialassessors verhältnismäßig schnell vorwärtskam. Nach dem
Helmstedter Triennium war der 22jährige als dritter Sekretär bei der
oldenburgischen Regierung angestellt worden. 1768 zum zweiten und
ersten Sekretär ernannt, war er 1774 Kanzleirat und 1781 Regierungsund
Justizrat geworden. Als solcher hatte er auch Sitz und Stimme
im Konsistorium, der obersten geistlichen Behörde. Der sachliche
Inhalt dieses ganz dem Amte gewidmeten Lebens ist bislang wenig
bekannt geworden. Doch scheint alles darauf hinzudeuten, daß Justizrat
Herbart der fortschrittlichen reformerischen Richtung im Regierungskollegium
angehört hat. So schloß er sich 1789 mit Vizekanzlei-
direktor von Berger, dem Kanzleirat Widersprecher und dem Kammerjunker
von Brandenstein gegen die Stimmen von Kanzleidirektor
Wolters, Etatsrat Georg, Justizrat von der Loo und Kanzleirat Lenz
den Gutachten des Generalsuperintendenten Mutzenbecher und des
Kanzleirats von Halem an, das von Mutzenbecher, Halem und Kuhl-
mann im Geiste des Rationalismus bearbeitete neue Gesangbuch sofort
in Oldenburg einzuführen23). Daß er im nächsten Jahre mit von Berger
und Lenz vom Herzog in den Ausschuß für den großen Umbau der
St.-Lamberti-Kirche berufen wurde, weist in dieselbe Richtung2').
Im ganzen genommen zeigt Johann Friedrich Herbarts Vater eine

Die Herbarts in Oldenburg 21
gewisse Ähnlichkeit mit Goethes Vater. W ie dieser, so darf auch
jener geistig nicht unterschätzt werden. So rät Ültzen, der Erzieher
seines Sohnes, diesem einmal, sich in den mathematischen Wissenschaften
von seinem Vater nähere Anweisungen geben zu lassen und
auch hinsichtlich der schönen Lektüre in französischer und deutscher
Sprache sich ganz von den „reellen Einsichten“ und dem „gebildeten
Geschmack" des Vaters leiten zu lassen (19,61 f.). Dem
hohen Ziel des Sohnes, sich ganz der Philosophie zu widmen, mußte
er freilich seiner ganzen Veranlagung nach skeptisch gegenüberstehen.
Sein Wunsch war, den Sohn nach dem Studium der Rechte in der Laufbahn
eines oldenburgischen Beamten in gesicherten Verhältnissen zu
wissen. Dem zielsicheren philosophischen Streben des Sohnes setzte
er jedoch keinen direkten Widerstand entgegen, sondern ließ ihm
schließlich freien Lauf, ob aus Indolenz, aus Liberalität oder aus
einem zunehmenden Verständnis seiner Veranlagung heraus, mag
dahingestellt bleiben.
Bei der gegensätzlichen Veranlagung der beiden Ehegatten hatte
sich ihr Verhältnis im Laufe der Jahre allmählich immer unleidlicher
gestaltet, so daß es schließlich zu einer vollständigen Trennung kam.
Der Scheidungsprozeß und die gerichtliche Vermögensauseinandersetzung
haben dem Sohne viel Herzeleid bereitet und ihm den Boden
und die Atmosphäre der Heimatstadt verleidet. Nachdem er anfänglich
mehr auf der Seite der Mutter gestanden hatte, lernte er im
Laufe der Zeit jedoch den Vater mehr und mehr verstehen. Dieser
sollte noch die Freude haben, den Sohn öffentlich anerkannt zu sehen
und seine Berufung nach Königsberg auf den Lehrstuhl Kants zu erleben.
Am 20. August 1809 ist er kurz vor der Vollendung seines
70. Lebensjahres gestorben.
III. Lucia Margarete Herbart geb. Schütte, die Mutter des Philosophen
1755— 1802
Lucia Margarete Herbart geb. Schütte wurde am 10. April 1755
als Tochter des Arztes Dr. med. Cornelius Schütte und seiner Ehefrau
Elisabeth Adelheid geb. Bode in Oldenburg geboren. Die Schüttes
sind ein altes westfälisches Kaufmanns- und Patriziergeschlecht
aus Quakenbrück und Osnabrück, das sich dort bis in die Zeit des
Dreißigjährigen Krieges zurückverfolgen läßt, während die Bodes fein
in der Stadt Oldenburg ansässiges Kaufmannsgeschlecht sind. Der Urgroßvater
der E. A. Bode war der vor 1706 verstorbene Oldenburger
Kaufmann RötgerBode, ein anderer Urahn der KaufmannHeroIbbeken,
dessen Tochter Catharina Sophia eine Großmutter der E. A. Bode war.

22 W alter Asmus
Lucia Margarete Herbart, in manchem an die „Dame Schopenhauer",
die Mutter Arthur Schopenhauers erinnernd, muß eine nicht
alltägliche, ungewöhnliche Frau gewesen sein. Das können wir an
dem Eindruck ermessen, den sie auf andere machte. Johannes Smidt,
der Bremer Bürgermeister und Intimus ihres Sohnes, sieht in ihr noch
nach 50 Jahren eine „seltene und merkwürdige" Frau35). Sie selbst
nennt Fichte ihren „Freund", in dessen Jenaer Studierstube sie sich
wie zu Hause fühlte (16,72). Der von den „ewigen Alltagsgesprächen"
angeekelten Johanna Fichte ist die Justizrätin die „erste weibliche
Seele", mit der sie seit ihrer Abreise aus der Schweiz recht reden
kann (16, 58). Einen tiefen Eindruck macht sie auch auf den Schweizer
Steck, einen Jenaer Studienfreund ihres Sohnes. An der Ähnlichkeit
der Gesichtszüge erkennt er sie auf den ersten Blick als die Mutter
seines Freundes. Tief beeindruckt ihn ihr reiner Charakter, der, eine
Ausnahme vom Gemeinen, „über alle Vorurteile hinweg" ist. Im Umgänge
gibt die geistvolle Frau sich ihm „unbefangen und wenig imposant",
traulich und offen (16, 39). Bemüht, in allem auf der Höhe
der Zeit zu stehen, schätzt sie besonders die zeitgenössische Literatur;
entstand doch auf ihre Veranlassung in Oldenburg neben der alten,
von von Halem gegründeten literarischen Gesellschaft noch eine
zweite, „die den Damen geweiht" war (19, 109). Aus Goethes W ilhelm
Meister zitiert sie Werner („Nichts ist unerträglicher als so ein
alter Kram von Besitztum. W ie läßt sich bei einem toten Kapital nur
irgendeine Freude denken") und springt mit drei Bänden von „M eisters
Lehrjahren", Vossens „Luise“ und dem „Blütenalter der Empfindung"
von der Professor Mereau ins Bett (16, 21). Schon in der
temperamentvollen Burschikosität ihres Stiles verrät sich ihr für eine
Frau recht männlicher Charakter mit seinen „männlichen Tugenden
und Fehlern“ (16,70), der im burschenlustigen Jena am studentischen
Treiben mehr Spaß als selbst der Sohn findet. Wenn sie abends „im
blauen Mantel und rundem Hut" in der Stadt herumgeht, ist sie ein
Student „so gut wie einer“ . Hätte ihre „abgenutzte Maschine" nicht
diese „fatale Backengeschichte", so würde keiner des Lebens mehr
froh werden als sie „hier unter den Burschen" (16, 31). Die männlichen
Charakterzüge sind es auch, die Smidt am meisten in der Erinnerung
geblieben sind: „Die seltene und merkwürdige Frau vereinte
lebhafte Phantasie mit schnellem Überblick, raschem Entschlüsse,
mannhafter Willensstärke und Ausdauer in der Konsequenz des Ge-
wollten. Sie war zum Regimente geboren, wollte schaffen und wirken,
vielfache Lebensaufgaben erfassen und bestehen, blickte und rührte
sich nach allen Seiten"25). Bei dieser Veranlagung war ihr kein W ag-

Die Herbarts in Oldenburg 23
stück zu kühn; ihre Entschlossenheit schlug jeden Zweifel nieder,
sobald sie den Moment zum Handeln gekommen zu sein glaubte. Daß
die Farben hier nicht zu dick aufgetragen sind, beweist die folgende
von Smidt erzählte interessante Geschichte: „Schon einige Jahre vor
der Zeit, wo ich ihre nähere Bekanntschaft machte, erkrankte ein
oldenburgischer Beamter, mit dem Herbartschen Hause befreundet,
der Frau jedoch geistesverwandter als dem Manne und daher ihr sein
vorzügliches Vertrauen widmend, an der sogenannten galoppierenden
Schwindsucht. Im letzten Stadium derselben, wie jede Aussicht auf
Genesung bereits geschwunden war, verordnete der Arzt noch den
Gebrauch einer Heilquelle im südlichen Deutschland. Der Kranke
weigerte sich lange, gab jedoch endlich nach, bat indes die Herbart
dringend, ihn bis zur nächsten Station zu begleiten, um noch ein letztes
vertrauliches W ort mit ihr wechseln zu können. Sie fand sich
dazu bereit. Nach einer Fahrt von 3 Meilen hatten Beängstigung und
Mattigkeit jedoch dergestalt zugenommen, daß an Weiterfahren nicht
zu denken war und die Nacht dort zugebracht werden mußte. Die
Herbart wachte vor seinem Bette und reichte ihm von Zeit zu Zeit
vorschriftsmäßig von der verordneten Arznei, die aus einem krampf­
stillenden Opiate bestand. Bei einem solchen sorgsamen Abzählen
der vorgeschriebenen Tropfenzahl flehte der von Brustkrämpfen ge-
ängstigte Kranke aufs beweglichste, es bei dieser Zahl nicht zu belassen.
,Ich fühle und weiß', äußerte er, ,daß ich höchstens noch
einige Tage zu leben habe. Ich hinterlasse weder Frau noch Kinder.
Was ich auf der W elt noch zu sagen hatte, ist Ihnen anvertraut; ich
bin vollkommen bereitet, sie zu verlassen. Meinen Leichnam möchte
ich doch in Oldenburg beerdigt haben. Sie sind immer so freundlich
gegen mich gewesen, erfüllen Sie nun meine letzte Bitte. Helfen Sie
mir, diese furchtbare Todesqual verkürzen. Zählen Sie die Tropfen
nicht, füllen Sie den ganzen Löffel. In jener W elt werde ich es Ihnen
danken.'“ — „W as sollte ich tun“ , fuhr sie fort, „ich hielt mich überzeugt,
daß der Mann wußte, was er wollte, daß er mich zu dieser
Hilfeleistung vor anderen ausersehen, weil er unbedingtes Vertrauen
dazu in mich setzte. Sollte ich dieses Vertrauen täuschen und so das
bittere Gefühl des Verlassenseins, sei es durch mein Weggehen oder
durch meine längere, in seinen Augen dann mitleidlose Gegenwart
bei ihm steigern? Ich tat, was er begehrte und führte seine Leiche
nach Oldenburg zurück"26). Bei dieser männlich-energischen Veranlagung
konnte ihr trotzdem vorhandenes tiefes Gefühl ihr nie den
Kopf rauben. Der Sohn hatte wohl recht, wenn er einmal schrieb, bei
ihr spräche das Herz nie ohne den Verstand, wenn auch der Verstand

24 W alter Asmus
nie ohne das Herz (16, 14). So fühlte sie sich selbst bei der Auktion
ihres Hausstandes „ganz zur Kaufmannsche geboren" und vermochte
ganz unsentimental ihr Herz „von dem alten Kram von Besitztum loszumachen"
(16, 21). W er nicht ihrem Ideal einer im praktischen Leben
sich bewährenden und vor nichts zurückschreckenden W illens- und
Entschlußkraft entsprach, dem konnte sie mit ironischer, fast arroganter
Herablassung und zuweilen mit einer Kälte begegnen, unter der,
von ihrem Manne ganz zu schweigen, selbst der Sohn zu leiden hatte.
Wenn dieser auch ihre starke Liebe, die es 19 Jahre hindurch gewohnt
war, ihn sozusagen auf jedem seiner Schritte zu begleiten und
zu beobachten, fühlte und im Umgange mit ihr sogar die Sprache des
Du beibehielt, so waren ihm ihre schulmeisterlich-herablassenden
ironisch-kalten Zurechtweisungen und Ermahnungen, die sie gelegentlich
sogar Dritte wissen ließ, doch recht unangenehm und machten
ihm ihre Nähe zuweilen etwas „unheimlich". — Was die äußere Erscheinung
dieses männlichen Charakters betrifft, so waren bei ihr wie
bei der ihr so ähnlichen „Dame Schopenhauer" die Grazien ausgeblieben.
Den „lebhaften Blick" der Augen ausgenommen, wies sie
nach Smidt in ihrem 40. Lebensjahr auch keine Spur von Schönheit
mehr auf: „Haltung, Gang, Sprachorgan, Gestikulation, dem allen
mangelte die Anmut, es fiel mitunter sogar als widerwärtig auf; und
wie nichts bei ihr zum Vorschein kam, das an Sinnlichkeit erinnert
hätte, hat sie auch schwerlich eine solche jemals anzuregen vermocht“
35). In ihrer freien Naivität pflegte sogar sie selbst sich wohl
eine „alte häßliche Frau“ zu nennen und fand, wenn auch ein gewisses
Wohlbehagen über ihre Männlichkeit empfindend (16, 70), etwas „K orinthenartiges"
ausgenommen (16, 23), nichts Verehrungswürdiges
an sich.
Nachdem sie sich von ihrem Manne endgültig getrennt hatte, folgte
sie dem ihrem Ideal entsprechenden Arzte Dr. Harbaur nach Paris. Hier
ist sie nach lOwöchiger Krankheit am 4. Dezember 1802 ruhig, gelassen
und zufrieden mit den Fügungen Gottes gestorben. Ihr letzter
Gedanke galt ihrem Sohne, dem ihr ganzes Leben geweiht war und
der zu ihrem Leidwesen ihrem Ideal von Männlichkeit so wenig entsprach.
Zuletzt hatte sie sogar den Glauben verloren, daß er sich
überhaupt selbständig durch das Leben schlagen könne. In der Meinung,
daß Philosophie kein Brot gebe, hatte sie ihm sogar die Disposition
über sein mütterliches Erbteil bis zu seinem 40. Lebensjahre
entzogen, wodurch sie sich den Sohn noch mehr entfremdete. Dennoch
war ihr Johann Friedrich der „Mutter Kind". Das Außergewöhnliche
an ihm, was den Bereich des Genialen streifte, stammte

Die Herbarts in Oldenburg 25
von ihr: die starke Spann- und Bildkraft seiner regen Intuition sowohl
wie die Zartheit und Tiefe der Empfindung als auch der konsequente
und „lange" Wille, mit dem er seine Ziele erstrebte.
IV. Johann Friedrich Herbart
1776— 1841
1. D i e Stadt
Als Johann Friedrich Herbart am 4. Mai 1776 in der Langenstraße
Nr. 86 in dem Hause seines Großvaters, des Arztes Cornelius
Schütte, das Licht der W elt erblickte, war die Stadt Oldenburg auf
dem besten Wege, eine der „angenehmsten und interessantesten"
Städte im deutschen Norden zu werden; waren doch die Grafschaften
Oldenburg und Delmenhorst schon seit dem 14. Dezember 1773 nicht
mehr ein nur Steuern zahlendes dänisches Annex. An diesem Tage
hatte der Großfürstlich-Holsteinische Rat Caspar von Saldern den
auf dem Schloß versammelten Deputationen und Beamten verkündet,
daß der Großfürst Paul von Rußland die ihm von Dänemark abgetretenen
Grafschaften an seinen Vetter, den Fürstbischof von Lübeck,
Herzog Friedrich August von Holstein-Gottorp, als Landesherrn übertragen
habe. Wenn der neue Herr zunächst auch nur vorübergehend zu
kurzen Sommeraufenthalten seine Zelte in dem Lande aufschlug —
erst sein Nachfolger Herzog Peter Friedrich Ludwig erkor das Oldenburger
Schloß zu seiner dauernden Residenz — so kamen die Grafschaften
doch unter die stetige Fürsorge eines bodenständigen Fürstengeschlechts,
und bald konnte man die wohltätigen Folgen auf allen
Gebieten spüren.
Schon das äußere Bild der Stadt war allmählich freundlicher
geworden: „Die hohen W älle wurden der Verwahrlosung entrissen
und in hübsche Promenaden und Alleen umgewandelt. Die gewölbten
Festungstore wurden abgebrochen. Aus den Straßen wurden die Misthaufen
entfernt und allerlei Neubauten in Angriff genommen27).“
Durchreisende fingen sogar an, die Stadt schön zu finden. So schreibt
der vielgereiste und urteilsfähige Justus Grüner: „Daß nicht Klima
und Lage, nicht Vernachlässigung der Natur, noch Abgeschiedenheit
von anderen kultivierten Städten das Emporkommen einer Stadt und
die Bildung ihrer Bewohner unterdrücken kann, das beweist Oldenburg,
das trotz seiner rauhen Lage im äußersten Norden Westfalens
die angesehenste und interessanteste Stadt desselben ist. Die Natur
hat sie ziemlich vernachlässigt, die Gegend umher ist flach und z. T.
öde; der kleine vorbeiströmende Fluß Hunte ist nicht für große

26
Lasten schiffbar, und an der reizenden Mannigfaltigkeit schöner Naturszenen
fehlt es hier gänzlich. Nur eine halbe Stunde von der Stadt
ist ein Wäldchen, zu einer artigen Partie eingerichtet, und auf den
ehemaligen Festungswerken ist jetzt eine angenehme Promenade angelegt,
die rund um die Stadt führt und den Oldenburgern einen
Spaziergang gewährt, der vielen größeren Städten fehlt und den außer
Münster kein westfälischer Ort der Art besitzt. Was überhaupt Bildung
und humaner Gemeingeist vermag, einen durch seine Lage isolierten
Ort angenehm zu machen, ist hier geschehen, und keine andere
Stadt Westfalens kommt darin dieser gleich. Selbst ihr Äußeres gefällt.
Zwar ist sie an schönen Gebäuden arm, zwar sind ihre Gassen
nicht kunstgerecht und abgezirkelt, aber gut gepflastert und ziemlich
rein erhalten; auch ist die neue Vorstadt eine sehr hübsche Partie mit
artigen Gebäuden und Straßen, die den Mannheimern selbst nichts
nachgeben28)."
Fast mehr noch als das äußere Bild hob sich das geistige Leben
der Stadt. Die Musik wurde eifrig gepflegt; seit 1768 wurden regelmäßig
öffentliche Konzerte angekündigt. Das Haus des Assessors
Dr.Cordes war ein Mittelpunkt der privaten Musikpflege. In der herzoglichen
Reitbahn gab seit 1778 die Hentschelsche Gesellschaft deutscher
Schauspieler ihre Vorstellungen dreimal in der W oche. Selbst
Lessings „Minna von Barnhelm" lernten die Oldenburger hier kennen.
— Ein reges geselliges Leben, durch die Standesunterschiede nur
wenig eingeschränkt, führte die Bürger zusammen. Das soll eine gute
Folge der „etablierten Klubs" gewesen sein. Es existierte damals in
Oldenburg ein großer Klub, zu welchem ohne Rücksicht auf Stand
und Titel, Adel und Nichtadel bloß das „Ballot“ den Zutritt verschaffte.
Die allen Ständen angehörenden Klubgenossen hielten gemeinsame
„Assembleen“ ab, wozu sich auch Damen einfinden konnten10).
Ein sehr eifriger Klubbesucher war Justizrat Herbart.
Das eigentliche geistige Zentrum Oldenburgs war seit 1779 die
literarische Gesellschaft. Mit der neuen Regierung waren mehrere
geistig nicht unbedeutende Männer in Oldenburg eingezogen. Da war
zunächst der holsteinische Graf Friedrich Levin von Holmer, der als
dirigierender Minister länger als drei Jahrzehnte in Oldenburg ge­
wirkt hat. Ein vornehmer Mann, liebte er es, sich in seinem äußeren
Auftreten mit einem glänzenden Apparat zu umgeben. Doch war er
ein Mann von feiner Bildung und edler humaner Gesinnung. Seinen
Sohn hat Johann Friedrich Herbart später auf die Göttinger Universität
begleitet. Da war ferner der bei der dänischen Regierung in
Ungnade gefallene Darmstädter, der als einer der feinsten deutschen

Die Herbarts in Oldenburg 27
Stilisten bekannt gewordene Legationsrat Helferich Peter Sturz, der
nun als Rat an der Regierung Thomas Gerhard Herbarts Kollege
war. Fruchtbare Anregungen mehr wissenschaftlicher Natur gab der
ehemalige Stiftsamtmann von Norwegen, der Arzt und durch seine
„Flora Danica" berühmt gewordene Georg Christian von Oeder, der
als Landvogt an die Spitze des Landgerichts in Oldenburg gestellt
wurde. Als Privatsekretär des Herzogs Friedrich August kam Karl
Anton Widersprecher, ein durch feine Kultur und Bildung ausgezeichneter
Mann, nach Oldenburg. Auch der Holsteiner Martin Ehlers,
der Rektor der Lateinschule und der Nachfolger Johann Michael
Herbarts, war, wenn auch ein etwas ungestümer Schulreformer, doch
ein Mann von regem Eifer und ausgedehnten Verbindungen. Freilich
verließ er schon 1771 Oldenburg, um als Rektor und Professor nach
Altona und von dort nach Kiel zu gehen. Ihm folgte der Bielefelder
Rektor Johann Siegmund Manso, der Lehrer Johann Friedrich Herbarts.
Eine sehr gute „Acquisition" war auch der als Professor der
historischen Hilfswissenschaften in Leipzig gestorbene Stedinger Carsten
Hinrich Kruse, der 1775 als Subkantor an die Oldenburger Lateinschule
kam und sich durch Errichtung einer Abendschule für Mäd­
chen bald die Achtung und das Zutrauen der Mitbürger erwarb. Auch
er war ein Lehrer Johann Friedrich Herbarts. Die Seele des ganzen
Kreises aber war der überaus vielseitige und anregende Kanzleirat
Anton von Halem, der neben seiner juristischen Berufstätigkeit als
Dichter und Geschichtsschreiber eine vielseitige Aktivität entfaltete.
Er ist mit „Veteran Gramberg", dem Hof- und Garnisonmedikus, mit
Kruse und Widersprecher der Gründer der literarischen Gesellschaft50).
Die Anregung dazu hatte er 1779 von seiner Weihnachtsreise nach
Hamburg zu Klopstock mitgebracht: „Ohne Anspruch auf Protektion
und Celebrität, ohne bestimmte Absicht zu literarischen, ökonomischen
oder anderen Zwecken zu wirken, versammelten sich ihre Mitglieder
wöchentlich, um sich über literarische Gegenstände zu unterhalten,
Gedrucktes zu lesen und ihre etwaigen schriftlichen Aufsätze der
Kritik der Gesellschaft zu unterwerfen. Über das Vorgefallene hält
der zeitige Wirt (die Gesellschaft kommt abwechselnd in ihren Häusern
zusammen) ein Protokoll, das am nächsten Versammlungstage
vorgelesen und mit eingestreuten witzigen Bemerkungen gewürzt wird.
14tägig ist ein freundliches gemeinschaftliches Mahl damit verbunden31).
Der Osnabrücker Justus Grüner und der Detmolder Ewald
haben an einem solchen Freundschaftsmahle teilgenommen und bei
ihm wahrhaft frohe Stunden verlebt. Beide haben auch in Halems
gastlichem Hause freundliche Aufnahme gefunden und in seinem

28 W alter Asmus
Gartenstübchen unter seinen Blumenstauden und unter der Büste
seines Homer gesessen3-). — Allmählich erweiterte sich der Kreis der
Freunde, 1783 traten Hellwag, der Leibarzt des Prinzen Koadjutor,
und Ültzen, ein junger Theologe aus dem Hannoverschen, der im
Hause von Bergers und Herbarts Hauslehrer war, in die Gesellschaft
ein. Um ihr ein öffentliches Organ zu geben und ihre Ideen publik zu
machen, gründeten von Halem und Gramberg 1787 die Oldenburger
Blätter vermischten Inhalts, die bis 1797 regelmäßig erschienen. In
ihnen veröffentlichte Gramberg seine schöne Biographie Johann
Michael Herbarts und Ültzen seine Betrachtungen über die Erziehung
der Kinder. Kruse schrieb über philosophische, Hellwag und Gramberg
über medizinische Fragen.
Kann es bei solcher geistigen Regsamkeit der Bürger Oldenburgs
wundernehmen, daß der weitgereiste Osnabrücker noch einmal mit
vollem Rechte sein Lob Oldenburgs wiederholen zu müssen glaubt:
„Oldenburg ist durch seine Bewohner die angenehmste und interessanteste
Stadt Westfalens, eine der interessantesten Deutschlands,
und wird durch den Anblick des edlen Fürsten, der hier wie ein Vater
unter Kindern, ohne drückenden Rang und Etikette friedlich lebt,
jedem echten Kosmopoliten das unvergeßliche Bild einer idealischen
Residenz in der Wirklichkeit gewähren33).“
2. „Erfahrung und Umgan g."
Am 26. Mai 1775 hatte der damalige Kanzleirat Thomas Gerhard
Herbart Lucia Margarete Schütte, die Tochter des Oldenburger A rztes
Dr. med. Cornelius Schütte, heimgeführt. Da sein jüngster Bruder
Johann Friedrich Jakob das elterliche Haus in der Haarenstraße
Nr. 15 erhalten hatte, richtete sich das junge Paar in dem Hause
Dr. Schüttes in der Langen Straße Nr. 86 ein, welches, heute noch
eines der schönsten Altoldenburger Häuser, in jenen Zeiten sicherlich
für ein sehr stattliches Haus galt. Wenn auch die aus jener Zeit vorhandenen
Hausregister keinen direkten Aufschluß geben, in welchem
Hause Johann Friedrich Herbarts Eltern gewohnt haben, als er am
4. Mai 1776 geboren wurde, so wird doch bald nachher dieses Haus
als das Haus Herbarts genannt, so daß es mit größter Wahrscheinlichkeit
als das Geburtshaus Johann Friedrich Herbarts angesehen
werden muß. In diesem schönen und stattlichen Fachwerkhause hat
Johann Friedrich jedenfalls seine Jugend verlebt. Aus seinen kleinen
traulichen Fenstern hat er auf das geruhsame Leben und Treiben der
Residenz geblickt34). Der nach dem jüngsten Vaterbruder, dem Kammerrate
Johann Friedrich Jakob Herbart, auf die Namen Johann

Die Herbarts in Oldenburg 29
Friedrich getaufte Knabe war „der Mutter Kind". Aus blaugrauen
Augen blickte er in die W elt; ein Schopf „hellbraunen" Haares bedeckte
das Köpfchen, aus dem das spitze Naschen sich schon der
W elt entgegenstemmte, während das „runde Kinn" sich unter dem
mittelgroßen Mund nach vorn wölbte (19,117). Die von Natur etwas
schwächliche und empfindliche Konstitution des Knaben erforderte
die sorgfältigste Pflege. Bei ihrem „großen Sinn" und hohen Streben
hat seine Mutter ihm diese in fast überreichlichem Maße zuteil
werden lassen. Von ihrem Manne in ihrem wohl manchmal etwas
forciert und exzentrisch wirkenden „genialen Treiben" nicht verstanden
und von seiner phlegmatischen, im Laufe der Jahre immer apathischer
und letharger werdenden Männlichkeit nicht befriedigt, hat
sie ihr ganzes Leben ihrem Sohne geopfert. In den beiden ersten Jahrzehnten
seines Lebens hat sie ihn sozusagen auf jedem seiner Schritte
begleitet oder doch beobachtet (16, 16). Im Gegensatz zu der Mehrzahl
der Eltern ihres Jahrhunderts, deren eitle Genußsucht und gedankenlose
Bequemlichkeit der Erziehung Genüge getan zu haben
glaubte, wenn sie die Kinder irgendwelchen Zofen oder Kandidaten
anvertrauten und im übrigen den Schlendrian walten ließen, wie es
gerade kam“ ), hat sie es mit der Erziehung ihres Sohnes so ernst genommen,
daß sie von pädagogischen Verfrühungen und Übertreibungen
nicht freizusprechen ist. Mit ihren festen und strengen Erziehungsgrundsätzen
wollte sie wohl auch bewußt der Verzärtelung entgegenwirken,
der einzelne Kinder so oft anheimfallen, möglicherweise auch,
wie es ihrer resoluten Natur gemäß war, ä la Dr. Eisenbart die all­
gemeine Schwäche bekämpfen, die von einem Sturz des kleinen Kindes
in einen Kessel mit fast siedendem Wasser zurückgeblieben war.
Wahrscheinlich ist es aber auch eine Auswirkung der der Unnatur der
Zopfzeit sich entgegenstemmenden philanthropistischen Pädagogik,
wenn wir lesen, daß sie ihren einzigen Sohn streng hielt, ihn sich luftig
kleiden, hart schlafen und zeitig aufstehen ließ3“). Wenn dazu ein
frisch-frohes, mit den Gleichaltrigen sich messenden Jungenleben in
der freien Natur gekommen wäre, wie es z. B. schon die Norddeutschen
Klopstock und Arndt und die Süddeutschen Schiller und Uhland
genießen durften, dann wäre den Grundsätzen einer vernünftigen und
naturgemäßen Erziehung genug getan gewesen. Doch eine solche ebenso
freie wie vernünftige Auffassung der Erziehung war im Jahrhundert
des Zopfes noch eine Seltenheit. In der Regel durften nur die
Söhne des Adels die Vorteile einer ausgedehnten körperlichen Betätigung
und Bewegung genießen. Das körperliche Spiel, wie das Spiel
überhaupt, war für den rationell-ökonomisch denkenden aufgeklärten

30
Bürger nur ein Luxus, der nichts einbrachte und sich daher nicht bezahlt
machte. Die Knaben hatten deswegen möglichst früh mit dem
Lernen zu beginnen, um so bald wie möglich in ein gut bezahltes Amt
zu kommen. Nicht die ungezwungene Bewegung, sondern das „Stillesitzen"
war die ihnen geziemende Haltung. Wenn es hoch kam, ließ
man sie frühzeitig das Tanzen lernen, freilich auch nicht um der
körperlichen Bewegung, sondern um der karrieremachenden Salon-
und Hoffähigkeit willen. — Bei ihrem erzieherischen Eifer wird Her­
barts Mutter energisch bemüht gewesen sein, die Haltung des Sohnes
so früh wie möglich der gesitteten und gedämpften Art der Erwachsenen
anzugleichen. W ie so manche gebildete und ernsthafte Frau
ihres Zeitalters — Pestalozzi schrieb nicht ohne Not das „Buch der
Mütter“ — hat sie es sich sicher nicht nehmen lassen, ihrem Sohne selber
die erste Führerin in das Reich der Bildung und Gesittung zu werden.
An Hand irgendeines der verbreiteten Alphabetbücher wird sie ihn
recht bald — für unsere Begriffe viel zu früh — in die Geheimnisse
der „schwarzen Kunst" eingewiesen haben, wenn sie ihn vielleicht
auch nicht, wie es dem kleinen Gleim geschah, schon mit 3 Jahren
mit dem Lesen gequält haben mag. Da der kleine Johann Friedrich
sehr musikalisch war, wird sie ihn auch recht früh in die Tanzschule
genommen oder gegeben haben; denn bei dem Sohn des in der Residenz
in der unmittelbaren Nähe des Hofes beamteten Regierungsrates
mußte auf eine gute Haltung, auf gewandtes Auftreten und feines Be­
nehmen größter Wert gelegt werden; durfte doch schon der Fünfjährige
seinem zukünftigen Landesherrn Herzog Peter Friedrich Ludwig
und seiner Gemahlin bei ihrer Vermählung einen Blumenstrauß
überreichen, auf dessen weißseidenem Angebinde man die W orte las:
„Darf auch ich ein Band / Um die teure Hand / Meiner Fürstin
schlingen? / Alles, Groß und Klein / W ill heut' Dichter sein / Alle
Knospen springen / Auch ich kleiner Mann / Wachs' ich einst heran
/ W ill ich besser singen"37). Bei seiner Musikalität und seinem
stark ausgeprägten Sinn für Rhythmus und geregelte Bewegung
nimmt es nicht wunder, daß der Knabe ein gewandter Tänzer wurde
und auch gern tanzte: „Jauchzen, springen, tanzen — tanzen war bis
in mein 14. Jahr mein höchstes Leben“ , schrieb der Jüngling im
Rückblick auf seine Jugendzeit dem Freunde (16,96). So ausgeprägt
war seine musikalische Begabung, daß er seit seinem 8. Lebensjahre
gleichzeitig Violine, Cello, Harfe und Klavier mit solchem Erfolge
spielen lernte, daß er schon mit 11 Jahren in Privatkonzerten großen
Beifall erntete und sogar die Erlaubnis erhielt, in einem Nebenzimmer
— so forderte es die Etikette — den Hofkonzerten beizuwohnen, die

Die Herbarts in Oldenburg 31
sein Herzog durch seine Kammermusiker und den musikalischen Teil
seiner Dienerschaft aufführen ließ. Des Knaben Lehrer im Instrumentalunterricht
war der Organist von St. Lamberti Karl Meineke, der
sich sowohl als Organist wie als Komponist eines guten Rufes erfreute
und in seinen besten Jahren der musikalische Mittelpunkt
Oldenburgs war38). Meineke hat dem Knaben auch Unterricht in der
Harmonielehre und Komposition erteilt und den Grund zu seiner späteren
hohen Ausbildung im freien Phantasieren gelegt, komponierte
doch schon der Knabe kleine Singstücke. Daß Meineke eine sehr hohe
Meinung von Herbarts musikalischer Begabung hatte, zeigt ein 1802
an Herbart geschriebener Brief, in dem es heißt: ,,Daß Sie, mein Lieber,
in der edlen Musica so große Fortschritte gemacht haben, ist
nicht bloß mein Verdienst. Ein Talent wie das Ihre gedeiht auch
ohne großen Lehrer und überträfe ihn vielleicht, wenn dies bloß das
einzige wäre, welchem er sich widmen wollte; solche Genies werden
nur alle 100 Jahre geboren.“ (16, 249 f.)
Die Musik half dem Knaben auch, die Einsamkeit des einzigen
Kindes wenigstens etwas zu überwinden. Allerdings konnte sie ihn
nicht zu den wilden Knaben, wohl aber zu den seiner feinen und
dezenten Art gemäßeren Mädchen führen. Mit Sophie von Halem, der
Tochter seines späteren Gönners Gerhard Anton von Halem, hat er
gemeinsam die Harfe gespielt und sich später gerne an diese Zeit er­
innert: „W as macht Mademoiselle Sophie? Ist ihr die Harfe wohl
noch ein wenig lieb ?" fragte der Student aus Jena nach Oldenburg
zurück (16, 11).
Allerdings hatte auch schon Frau Herbart das Ihrige getan, ihren
einzigen nicht gar zu einsam werden zu lassen. Sie hatte die um ein
Jahr jüngere Tochter Antoinette ihres Schwagers Johann Konrad
Herbart, des Pastors in Stollhamm, an Kindes Statt angenommen und
so ihrem Johann Friedrich eine ungefähr gleichaltrige Gespielin gegeben.
Dazu nahm sie sich noch der Erziehung Annette Schröders,
der Tochter einer verstorbenen Freundin, mit großer Sorgfalt an39).
Das Mädchen mochte um 4— 5 Jahre jünger als Johann Friedrich
sein. Sie war ein „äußerst gutes" und „lebhaftes" Mädchen und wurde
ihm als Gespielin seiner Jugend sehr lieb (16, 28). Die beiden Mädchen
mögen ihn auch in den Kreis ihrer Freundinnen eingeführt
haben. Wenn es ihre Reihe zu ordnen galt, dann hielten sie sich,
Johann Friedrich von der Straße holend, an ihn und ließen sich von
ihm willig lenken (16,96).
Des Knaben feinem, im wahrsten Sinne des Wortes aristokratischen,
weil die Besten suchenden Wesen hat eine allgemeine und

32 W alter Asmus
vage Geselligkeit mit jedermann nie gelegen. Schon im Alter von
8 Jahren ging seine „Gesichtslinie" weit über alle „Kinderhistorien“
hinweg. Um so mehr machte sich der Trieb nach geistiger Führung
der Gleichaltrigen bemerkbar. Nicht selten soll er sich auf den Tisch
gestellt haben, um seinen Kameraden, die sich um ihn herum setzten,
etwas vorzupredigen. „Laßt uns nicht schreien, laßt uns zu Gott
beten!" soll er die klagenden und schreienden Kinder ermahnt haben,
als ihr Wagen bei einer Spazierfahrt nach Bremen in einen Sumpf
gefallen war. — Das Bedürfnis, die eigene Entwicklung voranzutreiben,
ließ ihn sich lieber an ältere Personen als an gleichaltrige Kameraden
anschließen. Besonders eng attachierte er sich den um 3 Jahre älteren
Primanern Adam Christian Langreuter und Friedrich Christian Bonus,
die ihm „M entor" und „Ideal" zugleich waren. Auf einsamen Spaziergängen
rang er mit ihnen ebenso stark um die durch Kant neu belebten
f ragen des Menschen, um Gott, Freiheit und Unsterblichkeit, wie
auch um die Fragen der Natur; meinte er doch sogar einmal, das
Perpetuum mobile gefunden zu haben, wobei die Freunde ihm allerdings
klarmachen mußten, daß er den Faktor der Reibung nicht genügend
gewürdigt hatte.
An den schulfreien Nachmittagen kam neben dem Geist auch der
Körper etwas zu seinem Recht. Größere Märsche führten die Freunde
weiter aufs Land hinaus in die Dörfer der Umgegend: „Dann fand es sich
zuweilen, daß Herbarts, den Freunden ihres Sohnes wohlwollende
Mutter durch Voraussendung eines Korbes dafür gesorgt hatte, daß
durch die darin enthaltene Labung die Lebensgeister und die Beine
der Ermüdeten restauriert werden konnten. — Einst aber ward es
ihnen nicht so gut. Sie hatten eine sehr weite Reise von 7 Meilen.
Zu einer Zeit, wo der Überlieferung nach die Jeveraner erst ihr Testament
machten, wenn sie nach Bremen reisten, waren 7 Meilen schon
eine große Reise, besonders für Primaner. Dazu war das Endziel für
unsere jungen Freunde ein katholisches Land, welches noch nie einer von
ihnen mit einem Fuße betreten hatte. Sie wollten nämlich das damals
noch münstersche Vechta besuchen und besonders das dort noch bestehende
Kloster beschauen. Sie gelangten durch die unabsehbaren
Heiden des Münsterlandes glücklich zum Ziele, jedoch sehr ermüdet
und mit Zuversicht von der Hospitalität der Mönche Labung erwartend.
Die Klosterpforte öffnete sich, Bratengeruch strömte ihnen entgegen.
Ein Mönch führte sie auf ihre Bitten durch die Kreuzgänge, zeigte
ihnen seine Zelle, seine Aurikeln, ein großes hölzernes Bild, mit der
Versicherung, das sei Gott der Vater, und ehe sie sich's versahen, befanden
sie sich wieder an der Pforte, durch welche sie eingetreten

Die Herbarts in Oldenburg 33
waren. Zum Abschiedstrunk reichte ihnen der Mönch einen Krug Bier.
Schlimmer ging es auf dem Rückwege: Verirrung in der Heide, eingebildete
Räuberangriffe. Herbart füllte den Freunden die Taschen mit
Steinen zur Abwehr, ward so müde, daß er des Nachts in der den
Gefährten grauenerregenden Heide liegenbleiben wollte, mußte sich
von ihnen weiterschleppen lassen usw."40).
So fehlte es dem Jugendleben Herbarts doch nicht ganz an ablenkenden
Szenen. Selbst der Frohsinn ist, wenn auch vielleicht nicht
so oft wie bei anderen Kindern, hin und wieder zu seinem Recht gekommen.
Dafür sorgte schon Justizrat Diedrich Wardenburg, Langreuters
Vaterstelle an ihm vertretender Großvater, der ein großer
Freund kindlicher Geselligkeit war. Sonntags pflegte er seine zahlreiche
Familie, seine Kinder und Enkel mit ihren Freunden, wozu
auch Herbart gehörte, in sein geräumiges Oldenburger Haus zum Tee
einzuladen und schenkte hier der Jugend manche Stunde harmloser
Fröhlichkeit. Sein alter Diener, ein Original, war ebenfalls der Jugend
sehr zugetan. Als dieser einmal den Saal, in dem sich der große
Familien- und Freundeskreis befand, mit einem großen Teebrette betrat,
auf welchem sich ein sehr wertvolles holländisches Teegeschirr
befand, glitt ihm dasselbe aus den Händen, und die ganze kostbare
Herrlichkeit lag in Scherben auf dem Boden. Statt einer demütigen
Entschuldigung fand er zum höchsten Ergötzen der Jugend nur die
kurzen W orte: „D or liggt dat, Herr Justizrat!",‘ ). War Herbart in
einer derartigen Geselligkeit auch nicht führend und tonangebend,
so erwarb sein bescheidenes, an allem Menschlichen freundlich teilnehmendes
Wesen ihm doch die Zuneigung und Achtung aller Gutgesinnten.
3. Unterricht
a) Privatunterricht
Die zarte Konstitution des jungen Johann Friedrich ließ den
frühen Besuch einer öffentlichen Schule zunächst nicht zu; denn die
äußeren Schulverhältnisse an den Oldenburger Stadtschulen waren
selbst für gesunde Kinder kaum erträglich’*). Klassen von 150 Kindern
und mehr in engen und feuchten Räumen waren die Regel. Nicht
selten soll es vorgekommen sein, daß selbst kerngesunde Kinder in
der Schule ohnmächtig wurden und sie schweißgebadet verlassen
mußten. Die sogenannte ,,Freischule", die fast nur von den Kindern
der „Freien", d. h. der nicht der städtischen Gerichtsbarkeit unterworfenen
Kanzleisässigen, also vor allem der herzoglichen Zivil- und
Militärbeamten, besucht wurde, hatte als Schule der sogenannten

34 W alter Asmus
„besseren" Kreise zwar einen vornehmeren Charakter; doch auch sie
ist nicht von dem jungen Herbart besucht worden. Das 18. Jahrhundert
neigte ja überhaupt dazu, bei der äußeren Primitivität und dem
meist mechanischen Drill der öffentlichen Schule diese nur als Notbehelf
anzusehen. W er es sich leisten konnte, hielt sich für seine
Kinder einen Hauslehrer oder gar, wie der Adel und die Fürsten,
einen „Hofmeister". Es war daher wohl nur die Auswirkung einer besonders
begnadeten Erzieherpersönlichkeit, wenn der 9jährige Sohn
des Justizrates Herbart neben privater Erziehung und Lehre noch die
Privatschule des Subkonrektors Carsten Hinrich Kruse besuchen
durfte. Dieser war 1775 als Subkantor, d. h. als „unterster" Lehrer
der lateinischen Sprache mit einem Hungergehalt, von dem er noch
die Hälfte an seinen wegen Trunkenheit emeritierten Vorgänger zahlen
mußte, an der Oldenburger Lateinschule angestellt worden. Um seinen
Lebensunterhalt bestreiten zu können, hatte er eine private „Abendschule"
für Mädchen eröffnet. Dem Wunsche der Eltern, deren A chtung
und Zuneigung er sich bald erworben hatte, willfahrend, war er
dazu übergegangen, auch Knaben in seine Schule aufzunehmen. So
war auch der Sohn der sehr bildungseifrigen Justizrätin Herbart in
diese „Abendschule für Mädchen" eingetreten. Kruse ist der erste
unter den bedeutenden Männern, die in Oldenburg auf Johann Friedrich
Herbart gewirkt haben’3). Als eifriger Förderer der neuen Wissenschaften,
vor allem der Geschichte, Geographie und Naturlehre, konnte
er dem auf die Erfassung der realen Tatsachen in der gesamten Erfahrungsbreite
gerichteten Geiste des jungen Johann Friedrich schönste
Nahrung geben. Daß Herbart schon als Knabe sich mit physikalischen
Experimenten versuchte und mathematische und geographische Spiele
sehr liebte, steht im engsten Zusammenhang mit dem ihm durch Kruse
erteilten Unterricht. Ein Zeugnis aus Herbarts eigenem Munde über
diesen Unterricht besitzen wir leider nicht. Nur ein Ostern 1786 ausgestellter
Fleißzettel, auf dessen Rückseite Nr. 1 steht, mag beweisen,
daß der 10jährige Herbart Kruses bester Schüler war. Die Inschrift
des Fleißzettels selber lautet: „Zum Andenken für Johann Friedrich
Herbart, wegen des in der Privatschule bewiesenen Fleißes. Oldenburg,
Ostern 1786. C. Kruse." — W ie lange Herbart Kruses Schüler
gewesen ist, läßt sich kaum genau feststellen. Hartenstein gibt nur an,
daß er eine Zeitlang (in den Jahren 1785 und 1786) neben dem häuslichen
Unterricht eine Privatlehranstalt in Oldenburg benutzte, welcher
der bekannte Historiker C. Kruse, nachmals Erzieher der olden-
burgischen Prinzen, zuletzt Professor in Leipzig. Vorstand.
Wenn der 10jährige Herbart Kruses Anstalt Ostern 1786 verließ,

Die Herbarts in Oldenburg 35
so mag das damit Zusammenhängen, daß nun der Unterricht Ültzens,
der der eigentliche Jugendlehrer Herbarts werden sollte, mehr und
mehr seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Seit Ostern 1783
war Ültzen als Hauslehrer in den Familien oldenburgischer Beamter,
des Konferenzrates und Vizekanzleidirektors August Gottlieb von
Berger und später auch des Etatsrates Georg tätig. Seine lebendige,
warm und fein empfindende Natur ließ ihn bald über die Rolle eines
bloßen Wissensvermittlers hinauswachsen und zum beratenden Freunde
der ihm anvertrauten Knaben werden. Besonders innig gestaltete sich
das Verhältnis zu Johann Friedrich Herbart, seinem „lieben Fritz".
W ie Karl von Steiger später an dem selbst zum Erzieher gewordenen
Jüngling Johann Friedrich Herbart hing, so hing der Knabe Fritz an
seinem Lehrer Ültzen. Das bezeugen vor allem zwei nach Ültzens
Scheiden von Oldenburg an seinen „lieben Fritz", dem er nach wie
vor mit ganzer Seele zugetan war, geschriebene Briefe (19, 57 f.).
Vom Kloster Loccum aus, wo er zu seiner weiteren praktisch-theologischen
Ausbildung weilte, bekennt Ültzen dem Knaben in einem
lateinischen Briefe, dessen feine an Cicero geschulte Diktion dem
langjährigen Schüler Heynes alle Ehre macht, wieder und wieder die
zarte und aufrichtige Liebe, mit der er ihn umfängt und immer umfangen
wird. Das vertrauliche Verhältnis, die „Familiarität", die zwischen
beiden bestehe, lege ihm vor allem die Pflicht auf, alles Verstellen
und Verhehlen, welches menschliche Gewohnheit und die gewöhnliche
Art zu leben erfordern, völlig beiseite zu lassen und dafür
das zu loben, was lobenswert ist und zu tadeln, was Tadel erheischt.
Fritz solle daher fest davon überzeugt sein, daß er ihm nie ein W ort
gesagt habe noch jemals sagen werde, um ihm zu schmeicheln. Wenn
er gleichwohl nicht umhin kann, dem Knaben zu versichern, daß er
in kurzem alle Altersgenossen in jeder beliebigen Gelehrsamkeit
übertreffen und ihnen die Palme des Sieges entreißen werde, so bezeugt
er nur, daß er bereits in dem Geiste des Knaben einen Hauch
des feinen und scharfen Herbartischen Geistes gespürt hat. Sich
Freund und Lehrer eines solchen Geistes nennen zu können, ist ihm
ehrebringender Triumph. Er habe es daher vor seinem Freunde Born­
träger nicht verschweigen können, einen solchen Schüler zu haben
und habe ihm seinen Aufsatz „über den Beweis für die Existenz
eines ewigen Gottes" mitgeteilt. Als Pädagoge lobt er besonders die
Bescheidenheit, mit der der Knabe seine übrigen Vorzüge und seinen
scharfen Geist kröne. Sie stehe einem jeden Alter wohl an, besonders
aber dem Jüngling. Durch gerechtfertigte Belohnung seines Fleißes
will er ihm einen Ansporn geben und zu immer Höherem anfeuern.

36 W alter Asmus
So bleibt es denn auch nicht bei guten Worten, sondern er gibt ihm
eingehende Ratschläge über die Art und Weise, seine Studien anzulegen
und fortzusetzen. Er wisse wohl, daß sein Plan für 100 junge
Leute seines Alters nicht passe und bittet ihn daher, diesen unmaßgeblichen
Vorschlag niemand sehen zu lassen, der mit seinem Kopf
und dem, was er schon wisse, nicht ebenso vertraut ist, als er es zu
sein die herzlichste Freude hat. Trotz der räumlichen Entfernung
bleibt er der Lehrer Herbarts, ebenso wie Herbart später der Lehrer
und Berater Karl von Steigers blieb. Mit jeder Frage, die der Knabe
auf dem Herzen hat, möge er ihm kommen; er werde sich auch freuen,
lateinische oder deutsche Aufsätze von ihm zu erhalten. Fast ist es,
als wenn er es mit einem erwachsenen Gelehrten zu tun hat, als er
ihm auf seinen Aufsatz „über den Beweis für die Existenz eines
ewigen Gottes" eine ausführliche, das Für und Wider erwägende
Antwort und sogar noch anerkennende Zeilen seines Freundes Bornträger
beilegt. Leider sind uns nur diese wenigen Fragmente des Gedankenaustausches
zwischen Herbart und Ültzen erhalten. Ihre Verbindung
wird mindestens bis in die Jenaer Studienjahre Herbarts gedauert
haben; gehört doch der Student Herbart noch zu den in
Ültzens bei Willmann in Bremen erschienener Gedichtausgabe*5)
namentlich genannten Subskribenten.
Ültzens Unterricht, der in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit
war, hat in der Seele des begabten Knaben einen guten Grund gelegt.
Der im eleganten, vor allem an Cicero und Tacitus geschulten Stil
geschriebene lateinische Brief, den Ültzen dem noch nicht 13jährigen
Knaben aus dem Kloster Loccum sandte, machte dem Lehrer als
Schüler des „summus Heynius" wie auch dem 13jährigen Knaben, der
einen solchen Brief lesen konnte, alle Ehre. Wenn der Philologe
Lobeck bei Herbarts Tod rühmend hervorhob, daß er die alten Sprachen
wie wenige seines Faches gekannt habe, die römische bis zur
vollkommenen Fertigkeit im mündlichen wie im schriftlichen Ausdruck48),
so ist das nicht zuletzt das Verdienst Ültzens, der dazu den
Grund gelegt hat. Auch die frühe philosophische „Erregung" des
Knaben ist nächst seiner den letzten Fragen auf den Grund gehenden
Veranlagung auf Ültzens Unterricht zurückzuführen, der der bohren­
den Logik des Knaben größten Spielraum gewährte (vgl. Herbart
selbst: „Ich lernte die Logik als Knabe von 11 Jahren"), indem er
Fragen aus der Moral, der Psychologie und der Metaphysik nach
dem Zuschnitt einer vorzüglich zur Wolffschen Philosophie sich hinneigenden
Denkart berührte. Der Religionsunterricht mußte natürlich
unbeschadet des toleranten und aufgeklärten Geistes, in dem er erteilt

Die Herbarts in Oldenburg 37
wurde, eine genaue Beziehung auf das Dogma der protestantischen
Kirche haben. Daß er aber nicht bei einer bloßen geistlosen Überlieferung
stehenblieb, sondern neben ausführlichen Begriffsanalysen
auch auf Zweifels- und Entscheidungsgründe einging, sollen Hefte
von Herbarts Hand selbst bewiesen haben, in welchen er das Vorgetragene
sehr bestimmt und zusammenhängend niederschrieb. In der
Art, wie der Knabe diesen Unterricht benutzte, soll sich der Trieb
nach Bestimmtheit, Klarheit und Zusammenhang in einem für ein so
frühes Alter nur sehr selten vorkommenden Grade verraten haben'7).
b) Schulunterricht
A ls Ültzen im Herbst 1788 Oldenburg verließ, wurde der zw ölfjährige
Johann Friedrich in die 2. Klasse der seit 1637 fünfklassigen
Lateinschule seiner Heimatstadt aufgenommen. Karl Strackerjan bemerkt
dazu, daß es an sich keineswegs ungewöhnlich war, daß jemand
so früh Sekundaner wurde. Es seien damals und noch viel später in
der Zeit seiner Jugend manche im gleichen Alter in diese Klasse gekommen,
ohne daß später „Herbarte" aus ihnen geworden seien, desto
länger habe eben der Kursus in den oberen Klassen gedauert*'’). Schon
fast 2 Jahrzehnte hindurch (seit 1769) war Konrektor Georg Friedrich
Bonus der Klassenlehrer der Sekunda gewesen. Von Halem, der
in den ersten Jahren seiner Oldenburger Lehrtätigkeit — Bonus war
seit 1761 Subkonrektor in Oldenburg — sein Schüler gewesen war,
sagt von ihm, er habe am Unterricht Freude gehabt und habe gewußt,
seine Schüler munter zu erhalten*“). Über seinen Einfluß auf Herbart,
der schon nach nur ljährigem Besuch seiner Klasse zu Michaelis
1789 in die Prima des Rektors Manso überwechselte, ist nichts Näheres
bekannt geworden. — Der 1731 als Sohn eines Diakonus in Zerbst
geborene, vor Antritt des Oldenburger Rektorates schon von 1759 bis
1772 in Bielefeld Rektor gewesene Manso zählt nächst Johann Michael
Herbart zu den verdienstvollsten Rektoren der Oldenburger Schule.
Bei Achenwall und dem berühmten J. D. Michaelis in Göttingen vorgebildet,
galt seine besondere Liebe als Wissenschaftler und auch als
Schulmann der Geschichte. „Dieser wandte er seine Hauptkraft zu,
und die meisten seiner Programme behandelten historische Stoffe,
und zwar aus der mittelalterlichen und neueren Geschichte, ein­
schließlich der Ereignisse der Gegenwart50).“ Politisch maßvoll konservativ
gesinnt, war er ein Anhänger der erblichen Monarchie und hat
seine Schüler, also auch Herbart, in diesem Sinne beeinflußt, wobei er
Herbarts eigener, allen konvulsivischen und schwer überschaubaren
Kraftausbrüchen abgeneigten, nach festen Ordnungen und Regeln

38 W alter Asmus
strebenden Natur entgegenkam. Als Pädagoge suchte er historisches
und politisches Interesse in seinen Schülern zu erwecken; dafür zeugt
das wöchentliche „Zeitungskollegium" sowie der Inhalt zahlreicher
Abiturientenreden. Sehr viel kam es ihm darauf an, das eigene Denken
der Schüler anzuregen; er war ein geschworener Feind des
„iurare in verba magistri". So ließ er sogar einmal einen Schüler, den
Primaner Breithaupt, in einer öffentlichen Schulrede über die „V orzüge
der republikanischen Staatsverfassung" sprechen.
Als Herbart Michaelis 1789 in die Prima eintrat, herrschte noch
die alte „Sturmsche Klasseneinrichtung“ an der Oldenburger Schule,
nach der jeder Lehrer den Unterricht seiner Klasse in allen Fächern
zu erteilen hatte. Auch Manso mußte in seiner Prima in allen Fächern
Unterricht erteilen. Selbstredend war auch er nicht in allen
Wissenschaften „gleich stark“ . Außer der Geschichte soll er beson­
ders die Naturlehre gut vorgetragen und es verstanden haben, seine
Schüler dafür zu interessieren. Weniger soll ihm das in der Philosophie
gelungen sein. Am meisten soll ihm noch die praktische Philosophie
gelegen haben, in der er nach Ricklefs mit Vergnügen und
Aufmerksamkeit gehört wurde. — Nach langen Verhandlungen mit
dem Konsistorium und dem Herzog51) gelang es Manso, für die Schule
das Fachlehrerprinzip mit gelockerten Klassen durchzusetzen, so daß
ein Schüler etwa in Latein der ersten und in Geschichte der dritten
Klasse angehören konnte. Gleichzeitig wurden 3 fähige junge Lehrer,
Ricklefs, Heyse und König, die sämtlich später Rektoren wurden,
angestellt und die Schule als Gymnasium anerkannt, dessen 3 erste
Lehrer den Titel Professor und die übrigen den Kollaborator-Titel
erhielten. Die neue äußere Organisation wurde mit einer Anpassung
des Studienplanes an den Fortschritt der Wissenschaften verbunden.
Den modernen Wissenschaften Geschichte und Geographie, der Mathematik
und den Naturwissenschaften, dem Deutschen und den neueren
Fremdsprachen wurde mehr Raum gewährt, während der Lateinunterricht
auf 2 Stunden täglich und der Religionsunterricht sogar
auf 2 Stunden wöchentlich beschnitten wurde. Die ganze sehr verdienstvolle
Neuordnung trat Ostern 1792, also zu Herbarts Frimaner-
zeit, in Kraft. Am 2. Juli 1792 fand die Amtseinführung der 3 neuen
Lehrer statt. In Gegenwart des herzoglichen Stifters hielten sie am
3. Oktober ihre öffentlichen Antrittsreden. Das war ein großer Tag
der Schule und Mansos, der nun nach langem Kampfe sein Ziel erreicht
hatte, persönlicher Triumph. Professor Ricklefs sprach „de
primibus causis, quibus falsum est, ut Graeci et Latini scriberent
elegantius quam recentiores“ ; Kollaborator Heyse prüfte die Frage,

Die Herbarts in Oldenburg 39
„w o und wodurch die Jugend des gesitteten Bürgerstandes an öffentlichen
Anstalten ihrer Bestimmung gemäß gebildet werde" und der
Philologe König verbreitete sich „de utilitate studii philologici ad
acuendum ingenium et emendandos mores“ . Den Antrittsreden der
Lehrer folgten die Abschiedsreden der Abiturienten. Karl Dietrich
Heinrich Gramberg erörterte „die Vorzüge der erblichen Monarchie
vor anderen Regierungsformen", und Christian Gether aus Elsfleth
ließ sich „über die Schwierigkeiten bei Beurteilung anderer, bei Bestimmung
des Wertes oder Unwertes ihrer Handlungen" aus. Ihnen
antwortete als Vertreter der zurückbleibenden Primaner Johann Georg
Hedden aus Oldenburg mit einer Rede „über die würdigste Absicht
eines Studierenden und die darauf von ihm anzustellende Wahl seiner
Studien".
Das anläßlich dieses Ehrentages von Manso der Öffentlichkeit
vorgelegte „Verzeichnis der Lektionen, wie solche seit Johannis sind
gehalten worden und den Winter hindurch ferner werden gehalten
werden"55), gibt uns die Möglichkeit, den Stundenplan, nach dem
der nun 16jährige Primaner Herbart unterrichtet wurde, zu rekonstruieren.
Die wöchentliche Stundenzahl ist 31, eine Zahl, die nicht
über das heute übliche Maß hinausgeht, so daß von Überbeanspruchung
durch die Schule nicht die Rede sein kann. Der Unterricht fand in
der Regel vormittags von 7 bis 10 und nachmittags von 2 bis 5 statt.
Der Mittwoch- und der Sonnabendnachmittag waren schon schulfrei.
In den beiden Religionsstunden (Montags und Donnerstags von 8 bis 9)
behandelte Manso Baumgartens „theses“ , im nächsten Halbjahr
wollte er jedoch nach Seilers „Compendium theol. in usum gymna-
siorum" unterrichten. In der Philosophie (Montags und Donnerstags
von 9 bis 10) hatte er die Ontologie und Psychologie noch nach Baumeisters
„elementis philosophiae recentioris" vorgetragen. Die Mathematik
wurde in 2 Abteilungen gelehrt. Da Manso aber mit Mathematik
und Physik abwechselte und die Mathematik eben abgeschlossen
hatte, hatte die Prima im Sommer 1792 keinen mathematischen Unter­
richt gehabt. Ihr war dafür Mittwochs und Sonnabends von 8 bis 9
die Naturlehre nach Krüger vorgetragen worden. Der Geschichtsunterricht
war zweistündig (Mittwochs und Sonnabends von 9 bis 10)
nach Achenwalls „Geschichte der heutigen vornehmsten europäischen
Staaten" erteilt worden; dazu kam noch am Sonnabend von 10 bis 11
die sogenannte „Zeitungsstunde". Die Geographie hatte Professor
Ricklefs Mittwochs und Sonnabends von 7 bis 8 nach Faber vorgetragen.
Im Lateinischen waren Montags, Dienstags und Freitags von 15
bis 16 unter Mansos Aufsicht Ciceros Reden, Dienstags und Freitags von

40 W alter Asmus
8 bis 9 und Donnerstags von 15 bis 16 Livius und Donnerstags und
Freitags von 14 bis 15 die Gedichte des Horaz gelesen worden. M ontags
und Dienstags von 14 bis 15 waren Übungen im lateinischen Stil
angesetzt. Im Griechischen hatte Professor Ricklefs Xenophons Cyro-
pädie gelesen. Unter Mansos Anleitung waren im Hebräischen Dienstags
und Freitags von 9 bis 10 Psalmen gelesen worden. Der Deutschunterricht
wurde von Professor Ricklefs Montags und Donnerstags
von 16 bis 17 erteilt. Er hatte vornehmlich häufige „Ausarbeitungen''
machen lassen. Auch lehrte er die englische Sprache, und zwar Dienstags
und Freitags von 11 bis 12. Der Unterricht in der französischen
Sprache hatte bis zur Ankunft des neuen Lektors noch ausgesetzt
werden müssen.
Das in der Gymnasialreform von 1792 durchgeführte Fachlehrerprinzip
bedeutete gegenüber dem reinen Klassenlehrersystem der alten
„Sturmschen Schuleinrichtung” einen großen Fortschritt. Wenn Herbart
später von dem Unterricht, den er als Knabe empfing, sagte, er
sei nicht planmäßig genug gewesen, so mag sich diese Kritik weniger
auf die Neuordnung als vielmehr auf die alte Ordnung und das zeitweise
Nebeneinander von Schul- und Privatunterricht bezogen haben.
Daß er eine bessere Ausbildung seines Gedächtnisses gewünscht hätte,
hängt mit seiner eigenen Veranlagung, deren Stärke von jeher mehr
im Denken als im Lernen bestand, doch auch wohl mit Mansos Unterricht
zusammen, der sich stark bemühte, die Schüler zum eigenen
Denken zu erziehen. — Die im Schulunterricht vermittelten Kenntnisse
und Einsichten suchte der Jüngling durch intensives privates
Studium, das von Ültzen noch aus der Ferne individuell betreut wurde
(19, 60 f.), zu erweitern und zu vertiefen. Das Jahr 1792 war vorzüglich
dem privaten Studium Kants gewidmet, konnte doch der Sechsundvierzigjährige
noch 1822 schreiben, er werde niemals den Eindruck
vergessen, welchen vor 30 Jahren Kants „Grundlegung zur Meta­
physik der Sitten" auf ihn machte. Eine Frucht dieses Kantstudiums
ist die am 11. März 1793 im Oldenburger Rathause gehaltene Rede
an die ihm als Redner voraufgegangenen Abiturienten „Über die allgemeinsten
Ursachen, welche in den Staaten das Wachstum und den
Verfall der Moralität bewirken“ (1, 351 ff.). Mit den Mitteln eines an
der Wolffschen Aufklärung und an Kant genährten Denkens versuchte
der sechzehnjährige, den politischen Überzeugungen Mansos folgende
Jüngling zu zeigen, wie der „freche Ungestüm“ der französischen Revolution
den „schönen heiteren M orgen" der europäischen Kultur wie
eine dunkle W olke überschattet. In seinem eigenen, eben zum Selbstbewußtsein
vorgedrungenen Sein fühlt er sich und die gesamte euro­

Die Herbarts in Oldenburg
päische Kultur durch die Revolution gleichsam persönlich betroffen:
„Manche Gegenden von Europa freuen sich schon eines schönen heitern
Morgens, erwärmen sich schon an den belebenden Strahlen der
Kultur der Sittlichkeit. Anderen verspricht wenigstens ein liebliches
Morgenrot eben diesen hellen Tag. Nur über eine Gegend unseres-
Weltteils hat sich eben jetzt wieder aufs neue eine nächtliche fürchterliche
W olke zusammengezogen; mein wehmütiger Blick wendet sich
zu den Trauerszenen jenseit des Rheins." Innerste Erregung, nur
durch die begriffliche Bewältigung gebändigt und gekühlt, durchzittert
die Exklamationen des Redeschlusses: „Schrecklich sind solche
Verirrungen des menschlichen Geistes! Doppelt schrecklich bei einem
gebildeten Volke! — Doch diese Bildung — war sie nicht großenteils
nur Verfeinerung der Sinnlichkeit? Hatten nicht die frechsten Leidenschaften
das Staatsruder an sich gerissen? Erlag nicht ein Teil des
Volks unter der drückendsten Armut, während ein anderer Teil
Schätze auf Schätze in den Ozean der Üppigkeit und Schwelgerei
hinabstürzte und die edelsten Anlagen der Menschheit bei sich erstickte?
Ward nicht der Drang nach Vernunftmäßigkeit von der rasenden
Wut des Aberglaubens und der Herrschsucht aufs schrecklichste
verfolgt, wenn er die eisernen Fesseln der Hierarchie zu zerbrechen
suchte und zu richtigem religiösen Kenntnissen emporstrebte?
— Hier liegt der Grund von allen den Greueln, wovor jetzt die
Menschheit schaudert." — Das Unheil mit Furcht und Zittern auf sich
zukommen zu lassen, war aber schon damals nicht Herbarts Art, wie
es seiner männlichen Seele auch nicht eigentlich gegeben war, zu
sagen, was sie litt. Sich in den Mantel seiner kühlen Begrifflichkeit
hüllend, sieht er dem Verhängnis klar und fest ins Auge und fragt
ernst und besonnen: Was ist zu tun, um den Verfall der Moralität,
der das Schicksal der Staaten immer wieder gefährdet, vorzubeugen?
Was ist zu tun, um die guten Sitten des Volkes, Biedersinn und Recht-
schaffcnheit, zu erhalten und jede Regung der Sinnlichkeit, vor allem
Eigennutz und Parteigeist, zu unterdrücken? An den in jedem Men­
schen mehr oder weniger vorhandenen „natürlichen Drang“ nach
„M oralität" anknüpfend, erscheint es ihm notwendig, diesem Drange
durch eine der Vernunft gemäße Kultur des Willens zu Hilfe zu kommen
und durch Erringung der unbedingten Herrschaft über die Sinnlichkeit
seine Befriedigung zu erleichtern. Da aber selbst bei dem
besten und standhaftesten Willen noch Fehltritte aus Irrtum möglich
sind, fordert die „ganz vollkommene Moralität" nicht ?uletzt „richtige
Kenntnisse" von dem, was wirklich gut und vernunftmäßig ist:
„Sie vereint also das Wissen mit dem beharrlichen W ollen; bei ihr

42
folgt der hellsehenden Vernunft ein über die Sinnlichkeit erhabener
W ille; so entsteht unerschütterliche Pflichtmäßigkeit aus Achtung für
die Pflicht; — das Erhabenste, was unsere Denkkraft zu fassen vermag,
zugleich der höchste Zweck unseres Daseins." Zu diesen die
Moralität garantierenden „richtigen Kenntnissen" reichen jedoch die
üblichen trivialen Denksprüche und Klugheitsregeln nicht zu. Nur eine
wirklich „populäre Philosophie" und eine „aufgeklärte Religion", die
sich gegenseitig vor der rasenden Wut des Aberglaubens und der gefährlichen
Macht oberflächlicher Vorurteile schützen, vermögen die
Moralität zu garantieren. Eine solche Philosophie und Religion richtig
zu erfassen, ist jedoch ohne weiteres nicht jedem möglich; denn es bedarf
dazu einer nicht geringen Masse von allgemein verbreiteter Kultur
des Verstandes, die wohl schwerlich anderswo möglich sein wird
als da, wo alle edlen Künste und Wissenschaften blühen und mit vereinter
Kraft zur Bildung des Volkes Zusammenwirken. — Wirkliche
„Bildung des Volkes", das ist die Waffe, mit welcher der 17jährige
Jüngling den „schönen heitren Morgen" der europäischen Kultur vor
dem „frechen Ungestüm" der jenseits des Rheins entfesselten Begierden
und Leidenschaften verteidigen will. — W ie die Zitate zeigen,
erhob sich diese Rede stilistisch wie inhaltlich weit über das Niveau
der üblichen Schülerreden. Gerhard Anton von Halem, der Freund
der Familie Herbart, hat sie daher auch in den von ihm herausgegebenen
„Blättern vermischten Inhalts" (Oldenburg 1797, S. 60—79}
abgedruckt. Die Rede ist die erste von Herbart herausgegebene Schrift.
Im nächsten Jahre befand sich Johann Friedrich Herbart schon
unter den sich mit einer Rede öffentlich verabschiedenden Abiturienten.
Audsrücklich erklärte Rektor Manso, daß er weder an der Wahl
der Materie noch an der Ausführung einigen Anteil habe: „So kommt,
was dabei gut und nicht gut sein mag, ganz auf Rechnung der jungen
Redner." Als erster der Abiturienten sprach Herbart. Er verglich in
einer lateinischen Rede Ciceros und Kants Gedanken über das höchste
Gut und den Grundsatz der praktischen Philosophie. Auch diese Rede
zeigt ihn unter dem Einflüsse der Ethik Kants. Schnell sprach es sich
in Oldenburg herum, daß der junge Herbart durch eine „kraftvolle
lateinische Rede mit allgemeinem Beifall vom Gymnasio Abschied
genommen“ und dadurch die größte Hoffnung erweckt habe“ ). Dasselbe
Zeugnis stellte ihm der Rektor aus: „Unter den Abgehenden hat sich,
wie überhaupt unter allen Mitschülern, stets Herbart durch Ordnung,
gute Aufführung, Eifer im Studieren und Beharrlichkeit ausgezeichnet
und seine guten natürlichen Anlagen durch unermüdeten Fleiß zu
entwickeln und auszubilden getrachtet.“

Die Herbarts in Oldenburg 43
Als der 18jährige Abiturient Herbart im Frühjahr des Jahres
1794 den Staub seiner Vaterstadt von den Füßen schüttelte, um die
Hochburg der derzeitigen wissenschaftlichen Bildung der Deutschen,
die Universität Jena, aufzusuchen, konnte er nicht ahnen, daß ein
unglückliches Geschick aus diesem Abschied einen Abschied für
immer machen würde. Nachdem er das Studium in Jena 1797 abgebrochen
hatte, um als Hauslehrer der Familie des Landvogts
von Steiger in Bern den menschlichen Geist „usu et experimentia“
in der Wirklichkeit des Lebens selber kennenzulernen, hatte die
Liebe zur Mutter, die, mit dem Vater uneins, seiner bedurfte, ihn zu
Anfang des Jahres 1800 vorzeitig nach Oldenburg zurückgerufen.
Doch das Opfer seiner eigenen Pläne war vergeblich. Von den elterlichen
Unzulänglichkeiten enttäuscht, hatte er fortan, ganz auf sich
gestellt, das Leben allein zu meistern. Der Prozeß, den seine Eltern
miteinander über ihr Vermögen führten, und die Haltung einiger
Oldenburger Bürger, die ihn wegen seiner Uneigennützigkeit als
„Kind" und „Tollhäusler" (16, 196) schalten, haben ihm die Atm osphäre
der Vaterstadt derart verleidet, daß er Zuflucht bei seinem
Freunde Smidt in Bremen suchte und die Stadt von dort aus nur
noch einmal zu einem flüchtigen geschäftlichen Aufenthalte betrat.
Selbst vor der Abreise nach dem fernen Königsberg im Jahre 1809
hat er sie nicht wiedergesehen. Der alte Freund und Gönner von Ha-
lem blieb der Vertraute seines auf die Oldenburger Angelegenheiten
bezüglichen Briefwechsels und der rechtskundige Berater und Ver­
mittler. Von seinen Lehrern behielt er besonders Professor Ricklefs
und König in freundlichem Gedenken und erinnerte sie durch die
Überreichung eines Exemplars seiner Pestalozzis „ABC der Anschauung”
gewidmeten Schrift an den ehemaligen Schüler (16, 256). — Nach
seiner Berufung nach Königsberg wurde auch die Verbindung mit
von Halem immer lockerer. Die nach dem Tode seines Vaters notwendig
werdende Ordnung seines Nachlasses leistete der Advokat
Wardenburg in Neuenburg. — Als der Herzog von Oldenburg auf
seiner Flucht vor Napoleon nach Petersburg im Jahre 1809 in Königsberg
Aufenthalt nahm, soll Herbart ihn nicht gesehen haben, was
Wardenburg als vielleicht absichtliche Vernachlässigung des Herzogs
von seiten Herbarts berichtet wurde (19, 157). Wenn auch diese Fama
bisher nicht nachgeprüft werden konnte, so steht es doch fest, daß die
kindlich-freundliche Pietät gegen Laren und Penaten Herbart auch in
späteren Jahren trotz der erlittenen Unbill nicht fremd war. So hat
noch viele Jahre später, als er längst in Königsberg einer der gefeiertsten
Professoren war, der Besuch eines auf ausdrücklichen Be­

44 W alter Asmus
fehl des Großherzogs bei ihm vorsprechenden oldenburgischen Gesandten
in ihm eine Rührung ausgelöst, „die nicht den Charakter beglückter
Eitelkeit, sondern demütiger Bewegung verriet und fühlen
ließ, daß der wahre Philosoph bei allem Kosmopolitismus ein Vaterland
hat und behält"6*).
V. Die Leistung des Geschlechts
Johann Friedrich Herbart war ein echtes Kind des Raumes zwischen
Weser und Ems. W ie seine Menschen meist schwer beweglich
sind — sie mögen ihre „Tenazität" mit einem noch so hellen Sinn verbinden
— , so gehörte auch Herbart zu den Naturen, welche, wie er
selbst einmal sagte, „am Bekannten fest hängen, dem Neuen als neu
abhold sind, nüchtern bleiben bei allem, was sonst durch seinen
Schein blendet, in ihrer eigenen W elt wohnen, ihre eigenen Sachen
bewahren, betreiben, kultivieren, aus ihrem Gleise schwer herauszubringen
sind, manchmal eigensinnig scheinen, ohne es zu sein, welche,
sich selbst überlassen, an der Scholle kleben und durch ihre Tenazität
zu einer sichern Einseitigkeit verurteilt sind". — Das war das
Ahnenerbe der von alters her im Raum Weser-Ems heimischen Beamten-,
Kaufmanns- und Patriziergeschlechter der Probst, Schütte
und Bode. Nur vom Großvater Herbart her rollte ja in seinen Adern
das fränkische Blut, das der fälischen „Beharrung" zur Gestalt ver-
half.
In wenigen Generationen hatten die Herbarts einen steilen A ufstieg
genommen. Nachdem sie in der fränkischen Grafschaft Henneberg
in vielen Generationen abhängige Lohnarbeiter, meist Leineweber,
gewesen waren“ ), war es dem Urgroßvater gelungen, sich zum
Stande der Meister emporzuarbeiten. Durch heroische Beispiele angetrieben,
glückte dem Großvater Johann Michael der Absprung in
eiöen geistigen Beruf. Nach mehr als 30jähriger segensreicher W irksamkeit
als Rektor der Oldenburger Lateinschule und Assessor im
dortigen Konsistorium hatte der homo novus mit seinen 4 Söhnen im
Oldenburgischen eine wirkliche Aristokratie des Geistes gegründet.
Der Vater Thomas Gerhard, Jurist geworden, war als Justiz- und
Regierungsrat lange Jahre stimmführendes Mitglied der Regierung
und des Konsistoriums, der obersten Verwaltungsbehörden Oldenburgs.
In seinem einzigen Sohne Johann Friedrich, der, mit einer
ungebrochenen Naivität im Grunde seiner Seele ein starkes intellektuelles
Vermögen verbindend, unter den deutschen Philosophen der
einflußreichste Pädagoge und unter den deutschen Pädagogen der

Die Herbarts in Oldenburg 45
scharfsinnigste Philosoph werden sollte, kulminierte das Geschlecht
zu einer Gestalt von wahrhaft repräsentativer Bedeutung.
„Heute ist mit dem Namen des Oldenburger Pädagogen Johann
Friedrich Herbart eine Bewegung verknüpft, deren Anziehungskraft weit
über die Grenzen Deutschlands hinausgeht. Gäbe es in der Geschichte
eine von politischen Affekten unabhängige Dankbarkeit der Völker, so
müßte die Fahne Herbarts auf den Schulen aller Länder der W elt
aufgezogen werden56).“ — Die Stadt Oldenburg, die dem pädagogischen
Genius der Deutschen die ersten Wege ins Reich des Geistes
bahnen helfen durfte, ist sich ihrer Verflichtung bewußt: Wenn die
Bürger Oldenburgs von Herbart sprechen, so sprechen sie von Johann
Friedrich Herbart. Nach ihm heißt ihnen eine Straße. Ihm setzten sie
das Denkmal, und zu seinen Ehren brachten sie an seinem Geburtshause
eine Gedenktafel an. Möchten sie den Genius ihrer Stadt in
ihren Herzen bewahren — ad multos annos!

46 W alter Asmus
Anmerkungen
*) S. G ram berg, Johann M ich ael H erbart; V ersu ch einer B iographie, in:
„B lä tter verm ischten Inhalts", 2. Band, S eite 373— 424, O ldenburg 1788.
2) Ü ber S eh estedt orien tiert das allerdings nicht auf sehr tiefgehenden
Studien beru hen de Buch von T hyra S ehested, A dm iral C. T. Sehesteds Saga,
1904; s. ferner die A rtik el „O b erla n d d rost S eh ested t", in: „O ld enbu rger
N a ch rich ten " vom 27. 5. 1939 Nr. 141 (O ldenburger H eim at Nr. 16) und:
„O b erla n d d rost S eh estedt und der M o o rd e ich ", in „O ld en bu rger B lätter für
H eim atschutz". S on derbeilage der „N achrich ten für Stadt und L a n d " vom
11. 1. 1926.
s) H erbarts Berufung nach O ldenburg w urde erst nach längeren V e r ­
handlungen v ollzog en . Sein V orgänger, R ek tor R öder, w ar nach längerer
K rankheit im S ep tem ber 1733 gestorben . A u ß er H erbart kam en n och der
Q uaken brück er R ek tor Christian B e ck e r und der K andidat D reas zur W ah l.
R ek tor B eck er, ein sehr tüchtiger Schulm ann, w urde zunächst gew ählt (vgl.
R ichard B indel, G esch ich te der H öheren Lehranstalt in Q uakenbrück, Q uak
en brü ck 1904, Seite 96 ff.: „1734 w ird B e ck e r angeboten, als R ek tor nach
O ldenburg zu kom m en. Er erklärt aber dem R atssenior, daß er völligen
A bstan d davon genom m en und sich fest resolviert habe, sein L eb en hier zu
b esch ließen "). Ein Schüler B eck ers in Q uaken brück w ar Dr. m ed. C ornelius
Schütte, der m ütterliche G roß v ater Johann F riedrich H erbarts. N achdem
B e ck e r die W ah l nicht angenom m en hatte, setzte sich d er L an dvogt im
S tad- und B utjadingerland, Hans H einrich von S töck en , in dessen Fam ilie
H erbart im Jahre 1728 H auslehrer gew esen w ar, für ihn ein. D en A usschlag
für ihn gaben schließlich seine guten K enntnisse im H ebräischen. Ohne diese
w äre ihm ein L andeskind v org ezogen w orden .
'*) S. G ünter Jansen, A u s vergangenen T agen, O ldenburgs literarische
und gesellsch aftliche Zustände w ährend des Zeitraum es v o n 1773 bis 1811.
O ldenburg 1877, S eite 29 ff.
5) Vgl. G ünter Jansen, R och us F riedrich G raf zu Lynar. O ldenburg 1873,
Seite 84.
8) D er vollständige lateinische T e x t der Inschrift findet sich in E. P on -
toppidan, M arm ora D anica, T om . 2, Seite 102/3 und in: „H am burgische
B erich te von geleh rten S ach en ". H am burg 1736, S eite 913.
7) V gl. K arl M einardus, G esch ich te des G roß h erzog lich en Gym nasium s
in O ldenburg. O ldenburg 1878, S eite 78.
8) D ieses und das F olg en d e nach H erbarts 53 kleinen Schriften und
S chulprogram m en, die G ram berg bibliographisch nachw eist. H ierzu kom m en
n och 14 A bhandlungen und R ezen sionen in d er H am burgischen B ibliothek
und den H am burgischen B erichten.
u) G erhard A n ton v on H alem s S elbstbiographie n ebst einer Sammlung
von B riefen an ihn. Zum D ruck b earb eitet von seinem B ruder L udw ig W ilhelm
Christian von H alem und herausgegeben v on C. F. S trackerjan. O ld en ­
burg 1840, Seite 11.

Die Herbarts in Oldenburg 47
10) G ünter Jansen, N ord w estdeu tsch e Studien. Berlin 1904, Seite 87.
1]) S. z. B. das S chreiben des dänischen M inisters G rafen B ernstorff mit
seinen schw eren V orw ü rfen gegen die O ldenburger Schule. D arüber b erich tet
M einardus a. a. O., Seite 81.
12) Herrn Ludw ig F reiherrn von H olberg eigene L eben sbesch reibung aus
dem L ateinischen übersetzt. K openhagen und L eipzig 1763, Seite 186.
13} S en eca, V on der G nade, n eue deutsche Ü bersetzung. H am burg 1753.
1

48 W alter Asm us
A gnes, geb. 6. 1. 1794, gest. 19. 4. 1822, verh. mit Kam m errat G erhard
F riedrich H erbart. c) Johanne H elene F riederik e, geb. 8. 6. 1796, gest. 12. 1.
1820, d) G esine K atharine C harlotte, geb. 8. 4. 1798, e) Johannes G eorg,
geb. 8. 9. 1801, gest. 3. 4. 1851, Syndikus in Eutin, verh. mit Ernestine T isch ­
bein, K inder: K arl, Sop hie Em m y, Johannes, Ernst, P eter, G eorg, f) G erhard
H einrich Ludw ig, geb. 14. 8. 1807, gest. 28. 12. 1835, D ok tor der M edizin in
Schw artau. III. Johanna F riederik e, geb. und gest. 9. 3. 1758. IV. Sophie
E leon ore, geb. 1759, gest. 1823, verh. 1. mit Bernhard D iedrich R olfs, gest.
1802, 1. mit G ottlieb F erdinand S ch oltz, geb. 1757, gest. 1820. V. Julia L ouise,
geb. 23. 2. 1762, gest. 1834, verh. mit M artin K ühlsen, V erw alter in R astede.
K in d er: a) Johanna Christina, b) S op hie Elisabeth, 1789 verh. Brauer,
c) M artin L udw ig, geb. 2. 3. 1798, gest. 17. 4. 1851, K assierer in O ldenburg.
VI. Johanna F ried erik e C harlotte, geb. 13. 5. 1767, gest. 12. 2. 1811, verh.
20. 6. 1788 m it K arl A ugust Philipp K unstenbach, Am tm ann in R astede.
K inder: a) L ucie S op hie H edw ig, geb. 3. 10. 1791, verh. mit dem A m tseinnehm
er K ruse in R astede, K inder: M arianne, August, F riederik e, H elene,
Ida. b) Johanne F ried erik e K aroline, geb. 15. 2. 1794, gest. 18. 10. 1829,
verh. mit dem K am m errat H erbart in Eutin (nach dem vom Rittm eister K arl
August F riedrich H erbart aufgestellten Stammbaum in der von H errn Stadtarch
ivdirek tor Dr. M üller, O ldenburg, verfertigten A bschrift).
17) Johann K onrad H erbart heiratete am 27. 4. 1767 Hanna M aria, des
P astoren zu G eesten d orf M artin M ushard T och ter, geb. 1. 11. 1744, gest.
1808. K inder: I. Johann M ichael, geb. 1. 2. 1768 zu D edesd orf, gest. in
A m erika. II. M artin K onrad, geb. 10. 2. 1769 zu D ed esd orf, gest. in A m erika.
III. F riedrich W ilhelm , geb. 16. 9. 1771 zu D ed esd orf, gest. 1773. IV. K lara
M aria K atharina, geb. 31. 12. 1774 zu D ed esd orf, gest. 1812 in O ldenburg.
V. A n toin ette Christiana, geb. 22. 11. 1777 zu Stollham m , gest. 6. 4. 1854 in
D resden. VI. G erhard F riedrich, geb. 22. 11. 1778 zu Stollham m , Kam m errat
in Eutin, gest. daselbst 1835, verm ählt 1. mit Sophie Specht, des A m tsw
alters S p ech t in Eutin T och ter, K in der: a) Christian F riedrich W ilhelm
A n ton , geb. 31. 3. 1815 in Eutin, A d v o k a t in Schw artau, gest. daselbst 7. 12.
1851, 2. mit F ried erik e K unstenbach, des A m tm annes K unstenbach in
R asted e T och ter, gest. 18. 10. 1829 in Eutin, K inder: K arl A ugust F riedrich,
geb. 21. 7. 1829 in Eutin, kam 1833 nach O ldenburg zu seiner G roßm utter,
der verw itw eten A ssessorin K unstenbach, trat 1848 als V olon tä r in die
olden burgische Infanterie, m achte die beid en F eld zü ge in S ch lesw ig-H olstein
mit, w urde 1849 Fähnrich, trat 1850 zur K avallerie über und w urde am
20. 11. 1850 O ffizier b e i dieser W affe, am 1. 4. 1861 O berleutnant, 1866 R ittm
eister, m achte als solch er den Feldzug 1870/71 in F rankreich mit. Er ist
der V erfasser dieses Stam m baum es. Er starb 1891. Sein G rab ist auf dem
G ertru d en friedh of zu O ldenburg. Er w ar der letzte T räger des Namens
H erbart.
,s) S. L ouis B ob6, E fterladte Papirer fra den R ev en tlow sk e F am ilie-
kreds i Tidsrum m et 1770— 1827, 7. Band, K openhagen 1906, und 8. Band,
K open hagen 1917.
lu) G ram berg, Johann M ich ael H erbart a. a. 0 .
20) Johan nes Sm idt, Erinnerungen an Johann Friedrich H erbart, 1842.
A b g e d ru ck t in: K eh rbach -F lü gel-F ritzsch, Johann F riedrich H erbarts säm tlich
e W erk e, Band 1. Langensalza 1887, Seite X X III— X X X X V I.
21) V eröffen tlich t in K eh rbach -F lü gel-F ritzsch, Band 16.

Die Herbarts in Oldenburg 49
" ) Dr. G ustav Rüthning, O ldenburgische G esch ich te, 2. Band. Brem en
1911, Seite 225.
23) A d o lf S chütte, G eschichte des O ldenburgischen K irchengesanges.
M ünster 1924, S eite 44.
Dr. G ustav Rüthning a. a. O., S eite 246.
35) Johannes Sm idt a. a. O., S. X X X .
2") Johannes Sm idt a. a. O., Seite X X X X f.
27) G ünter Jansen, A u s vergangenen T agen, Seite 70.
2S) Justus G rüner, M eine W allfahrt zur Ruhe und H offnung od er S ch ilderung
des sittlichen und bürgerlichen Zustandes W estfalen s am E nde des
18. Jahrhunderts. Frankfurt a. M . 1802, Seite 255.
20) Justus G rüner a. a. O., Seite 239.
3U) Ü ber alle genannten P ersön lich keiten s. N äheres b ei G ünter Jansen,
Aus vergangenen Tagen.
3I) Justus G rüner a. a. O., Seite 241.
32j G ünter Jansen, A us vergangenen T agen, Seite 178.
33) Justus G rüner a. a. O., Seite 243.
M) Karl Strackerjan, Das L eb en Johan n F riedrich H erbarts, S eite 7, in:
32. Program m d er V orsch ule und d er R ealschule zu O ldenburg. O lden burg
1875, S eite 1— 35. Vgl. auch die A rtik el „E inem großen Sohn unserer S tadt".
Zum 100. T od esta g v on Johann F riedrich H erbart, in: „O ld enbu rger N ach ­
rich ten " Nr. 216 vom 10. 8. 1941 und: „H erbarts Fam ilie und J u g en d " von
Dr. M üller.
»») Vgl. Dr. G . Stephan, D ie häusliche Erziehung in D eutschland w ährend
des 18. Jahrhunderts. W iesb a d en 1891.
30) G ustav H artenstein, Johann F riedrich H erbarts k lein e philosoph ische
Schriften und A bhandlungen n ebst dessen w issenschaftlichem N achlasse,
1. Band. L eip zig 1842, Seite V if.
37) M . Lazarus' Lebenserinnerungen von N. Lazarus und A . Leicht. 1906,
Seite 463.
38J A d o lf Schütte a. a. O., Seite 135.
30) Daß Frau H erbart h ierbei ihre V ernunft auch n och in anderer H insicht
sprechen ließ, m öge um ihres C harakterbildes w illen nicht unerw ähnt
b leiben. Sie h offte näm lich, ihrem Sohn in A n n ette S ch röd er eine treffliche
G attin zuführen zu können, die ihm zugleich ein nicht u nbedeutendes V e r ­
m ögen zu gebrach t hätte. Sm idt schreibt darüber an H artenstein: „D as v e rtraute
sie mir schon im Jahre 1796, b e i m einem B esuche in O ldenburg, da
sie aus den B riefen ihres S ohnes entnom m en zu haben glaubte, daß ihm
mein Rat nicht gleichgültig sei. Sie veranstaltete einen kleinen Ball in ihrem
Hause, daß ich das M ädchen sehen, mit ihr tanzen, in m einen B riefen an
H erbart seiner erw ähnen m öge. Ich fand es auch w irk lich in der Blüte der
Jugend und Schönheit, nicht ungebildet und anm utig im U m gange, verhehlte
diesen E indruck unserem Freunde auch nicht, ob g leich ich im voraus ü berzeugt
w ar, daß m eine S childerung nur einen historischen E ffekt b e i ihm
haben w ürde. D iese von der M utter für ihn ausersehene Braut w urde später
an einen schon bejahrten A m sterdam er Kaufm ann verh eiratet, nach w enigen
Jahren W itw e, kehrte dann nach O ldenburg zurü ck und erhielt einen z w e iten
Ehemann, einen Jenaisch en U niversitätsgenossen H erbarts, der B ürgerm
eister in O ldenburg w urde, aber auch bereits gestorben ist. O b sie n och
leb t, w eiß ich nicht.“ (Johannes Sm idt a. a. O., S eite X XX XII.)
4

50 W alter Asmus, Die Herbarts in Oldenburg
40) K arl Strackerjan a. a. O., S. 13 f. — D iese A n ek d ote findet sich zu ­
erst in dem N ek rolog auf J. F. H erbart in den „O ld enbu rgisch en B lättern ",
O lden burg 1842. A u f diesen N ek rolog gehen alle in der H erbart-L iteratur
bek annten T atsachen aus H erbarts Jugend zurück, sow eit sie sich nicht b ei
Sm idt und H artenstein finden.
41) D iese ergötzlich e G esch ich te w u rde dem V erfasser aus alten F am ilienpapieren
m itgeteilt von Fräulein A d elh eid K rohne in B erlin-Spandau, einer
U renkelin Langreuters.
42) V gl. die A m tsschrift „V om Schulw esen der Stadt O ldenburg in V e r ­
gangenheit und G egen w art“ , h erausgegeben vom Schulam t der Stadt O ld en ­
burg, 1928— 1929.
43) Ein Schüler K ruses w ar auch der O ldenburger H istoriker K arl L u dw
ig von W oltm ann, d er in seiner Selbstbiographie diesem L ehrer ein ehrendes
D enkm al gesetzt hat (Karl L udw ig von W oltm anns säm tliche W e rk e , herausg
egeb en v o n seiner Frau, erste Lieferung, 1. Band, L eip zig 1818). Über Kruse
vgl. auch den A rtik el „K arsten H inrich K ruse. Ein Stedinger G eleh rter" in:
„N achrich ten für Stadt und L an d“ Nr. 265 vom 30. 9. 1934.
44) Ü ber Ültzen s. auch den A rtik el in der A llgem ein en deutschen B io ­
graphie, 39. Band, L eipzig 1895, Seite 271 ff., und: P. A lp ers, Ein vergessen er
C ellesch er D ichter, in: „C e llesch e Z eitu n g" Nr. 243 vom 16. 10. 1926, Beilage
„D e r S a ch sen sp ieg el" Nr. 13.
4!1) Ültzen, G edich te. B rem en 1795— 1796.
40) G ustav H artenstein a. a. O., S eite XC1X.
47j D erselb e a. a. 0 ,, S eite VIII.
45) K arl S trackerjan a. a. 0 ., S eite 11 f.
49) V on H alem s S elbstbiographie a. a. O., Seite 7.
50) F. R. R ick lefs, E rinnerungen aus M ansos L eben . 1796, S eite 111.
51) V gl. Karl M einardus a. a. O., S. 101 ff.
52) In M ansos „A nkündigun g" der A n trittsred en von 1792 enthalten.
53) N ach dem n och u ngedruckten B rief von P astor M einers, G roß en ­
m eer, vom 9. 7. 1794 an die Justizrätin H erbart.
54J V oigd t, Zur Erinnerung an J. F. H erbart. K önigsberg 1841.
55j S. dazu A d o lf L ösers A u fsatzreihe „O stheim er P ersön lich k eiten :
J. M . H erb art" in: „O stheim er Z eitu n g", Jahrgang 37, Nr. 70 ff.
5e) V gl. das H erbart-S on d erh eft zum 100. T od esta g von Johann F rie d ­
rich H erbart der Internationalen Z eitsch rift für E rziehung, Jahrgang 1941,
H eft 4/5.

Arp Schnitker,
der oldenburgische Orgelbauer
1648— 1719
V on Adolf Schütte
Arp Schnitker ist der größte norddeutsche Orgelbauer des Barock,
wie Gottfried Silbermann der Frühromantik. Was ein Tilman Riemenschneider
oder im oldenburgischen Rahmen ein Ludwig Munstermann
für die kirchliche Plastik bedeuten, bedeutet Arp Schnitker für die
kirchliche Kunst des norddeutschen Orgelbaues. Ein einziges Orgelregister
wie das Prinzipal der Schnitkerorgel in Ganderkesee oder
eine seiner berühmten Flöten versetzt den Orgelkenner in das gleiche
Entzücken wie den Geiger eine alte Italiener. Hinter den grundlegenden
Referaten auf den Tagungen für deutsche Orgelkunst in
Hamburg-Lübeck, Freiburg, Freiberg i. Sa. stand, geradezu programmatisch,
die Orgelbaukunst Arp Schnitkers. W o etwa im Kreise von
Fachleuten die Frage, bisher ungelöst, nach der neuen Orgel aufgeworfen
und diskutiert wird, taucht richtungweisend und klärend
immer der Name Arp Schnitker auf. Eine Kirche mit einer Schnitkerorgel
ist das Wallfahrtsziel in- und ausländischer Orgelexperten.
Der Name des großen Meisters ist noch nicht zum Mythus geworden,
sondern so unbestechlich und durchsichtig-klar geblieben
wie der Klang seiner Orgel, geblieben — man hat ihn erst wieder entdeckt,
etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts, wenn sein Name auch,
manchmal nur der Vollständigkeit halber, in Handbüchern genannt
war, ohne daß man von dem W erk, das hinter diesem Namen steht,
eine deutliche Vorstellung hatte.
So ließ man’s widerspruchslos geschehen, daß, wie im übrigen
Norddeutschland, auch im Oldenburger Land nach 1900 aus Unkenntnis
eine Anzahl Schnitkerorgeln, die noch längst nicht reif zum A b ­
gang waren, einem neuen Orgeltyp des modernen Zeitgeschmacks zum
Opfer fielen, wodurch mit dem unersetzlichen klanglichen fast immer
der Verlust des kostbaren Barockprospektes einherging, dessen Stelle
dann bis heute nichtssagende Neugotik einnimmt, entsprechend dem,
was als sog. Orgelwerk dahinter steht.

52 A dolf Schütte
Gleichwohl umwittert den Namen Arp Schnitker etwas wie ein
Geheimnis. Wir kennen den äußeren Rahmen seines Lebens, wissen
aber von Einflüssen seiner Lehrmeister und vom beruflichen W erdegang
mit seinen grundsätzlichen Fragen und Entscheidungen ebensowenig
wie von der Mensurierung seiner Orgelpfeifen, aus deren, in
jeder seiner Orgeln verschiedenen und genau nachmeßbaren Maßen
etwa eine Einheitsmensur, d. h. in diesem Falle eine mathematisch,
dispositionell oder intuitiv gewonnene Begründung herauszulesen und
damit dem Meister bis ins Letzte nachzuspüren uns bisher nicht gelungen
ist und wohl auch nicht mehr gelingen wird.
Ein Genie steht vor uns auf, dem es vielleicht gegeben war, in
das geheime Leben der Materie und des Raumes einzudringen, das
ihre geheimen Gesetze zu sinnvoller Verwendung vorgezeichnet sieht,
dessen letzte und tiefste Gründe und Wurzeln aber uns wie bei jedem
Genius verborgen bleiben. —
Die Literatur über Arp Schnitker ist noch recht spärlich. Eine
größere zusammenfassende und selbständige Arbeit, Dissertation
(Kiel) des Hamburger Studienrats Dr. Fock, ist infolge des Krieges im
Druck (Bärenreiterverlag Kassel) steckengeblieben. Was sich an
deutschen und holländischen Stimmen findet, geht über den Rahmen
von Aufsätzen und Referaten kaum hinaus, von kurzen Bemerkungen
in den einschlägigen W erken von W erckmeister, Adlung, Matheson
u. a. abgesehen. Auch, was Verf. 1923 in seiner „Geschichte des
oldenburgischen Kirchengesangs", auf das oldenburgische Gebiet beschränkt,
(S. 222— 228) über Schnitker wesentlich aus Visitationsprotokollen
und Pfarrarchiven sammelte und veröffentlichte, konnte
nur ein Anfang sein. Paul Rubardt-Leipzig konnte jedoch in seinem
Aufsatz, veröffentlicht im Bericht über die 3. Tagung für deutsche
Orgelkunst, Bärenreiterverlag 1928, S. 149— 175, alles verstreute M aterial
geschickt zusammenfassend zu einer geschlossenen, wenn auch
noch nicht abgeschlossenen Darstellung und Würdigung Arp Schnit-
kers verwerten, in der gerade das Gesamtwerk des Meisters hinter
biographischen Sammelnotizen nicht zurückzutreten brauchte. Er weist
einleitend auf die holländischen Quellen hin, unter denen der Aufsatz
des Organisten in Groningen (um 1850) Samuel Meijer, veröffentlicht
in der Musikzeitschrift Caecilia unter dem Titel „Bijdragen tot het
geschiedenis van het orgelmaken“ die bedeutungsvollste Quelle darstellt,
da sie auf eigenhändige, inzwischen leider verlorengegangene
Aufzeichnungen Arp Schnitkers zurückgeht. Es hat überhaupt den
Anschein, als ob die Holländer früher die Bedeutung des Meisters und
seinen Einfluß wenigstens auf den holländischen Orgelbau erkannt

Arp Schnitker, der oldenburgische Orgelbauer (1648— 1719) 53
hätten als wir Deutschen. Wenn auch in biographischer und organo-
graphischer Hinsicht der Lücken noch schmerzlich viele und große
sind, die wohl nie ganz zu schließen möglich sein wird, so sind wir
doch immer mehr in die Lage versetzt, die überragende Bedeutung
Arp Schnitkers in der Entwicklung der Stilperioden des deutschen
Orgelbaues zu erkennen, je mehr sich uns das Besondere und Entscheidende
der Schnitkerorgel in Forschung, Vergleich und Experiment
enthüllt.
Bevor wir Arp Schnitker in den Lauf der geschichtlichen Entwicklung
des Orgelbaues hineinstellen, um die Bedeutung seines
Lebenswerkes zu erfassen, geben wir zunächst die biographischen
Notizen und sodann die Hauptmerkmale dessen, was wir mit Stolz
und Bewunderung „die Schnitkerorgel“ nennen.
Im Kirchenbuch der Gemeinde Golzwarden findet sich unter Jahrgang
1648 Seite 60 Nr. 21 die Eintragung: Am 9. Juli wurde Arp
Schnittkers Söhnlein Arp getauft. Er wird einige Tage nach seiner
Geburt getauft sein. Sein Vater, der also auch Arp hieß, war Tischler
in Schmalenfleth bei Golzwarden und hat durch seine Mitarbeit 1649
an Tischlerarbeiten der alten Orgel in Golzwarden Einblicke in den
Orgelbau tun können, ohne wohl selbst Orgelbauer zu sein. Der Vater
siedelte aus uns unbekannten Gründen 1662 nach Neuenfelde bei Hamburg
über, sein Sohn Arp wurde Tischlerlehrling beim Vater und
arbeitete 4 Jahre später im Orgelbau bei seinem Vetter Barendt Huss
in Glückstadt, so daß eine 8jährige Ausbildungszeit hinter ihm lag,
als er sich 1670 in Hamburg niederließ. 1679 errichtete er in Neuenfelde
seinen „Orgelbawerhoff"; am Altar, rechts der Kanzel der Kirche
zu Neuenfelde befindet sich sein Wappen, einen Zirkel darstellend,
den die Hand eines gekrümmten Arms umfaßt. Bald zur Berühmtheit
gelangt, schuf er seine großen W erke in Hamburg, Bremen, Lübeck,
Magdeburg, Berlin, Charlottenburg, Frankfurt (Oder) neben vielen kleineren
in Norddeutschland, über das hinaus, etwa Mittel- oder Süd­
deutschland, sich sein Wirkungskreis nicht erstreckte, jedoch bis nach
Holland, wo sich später — in Zwolle — 2 seiner Söhne als tüchtige
Orgelbauer niederließen. Arp Schnitker, zweimal verheiratet, starb
vor 1720, wahrscheinlich am 24. Juli 1719, und wurde am 28. Juli
in Neuenfelde begraben. Seine W itwe heiratete den oldenburgischen
Bürgermeister Gerels. Während seine Söhne in Holland des Vaters
Kunst und Andenken weitertrugen, hat, soviel wir bis jetzt wissen,
nur ein einziger Geselle und Schüler unter den zahlreichen, uns dem
Namen nach bekannten, sein W erk fortgesetzt: Chr. Vater aus Hannover,
dessen Orgeln in Dötlingen (1717), Holle (1720), Bockhorn (1722),

54 A dolf Schütte
W iefelstede (1730) deutliche Spuren des Schnitkerschen Orgelbaues
aufweisen, ohne den Meister aber erreicht zu haben, wovon B ockhorn
die am reinsten erhaltene Orgel („diese Orgel ist am 25. Decem-
ber 1722 zum ersten Mal gehacket worden und hat gekostet 900 Rth.")
besitzt, während bei anderen sich infolge von Überarbeitungen nur
noch Reste erhalten haben. Der Meister hat also keine Schule im
eigentlichen Sinne gemacht, und es ist nicht klar, ob hier personelle
oder sachliche Gründe, etwa der Niedergang der Kirchenmusik in
Norddeutschland, wie Rubardt vermutet, mitsprechen.
Von den etwa 150 Orgeln Arp Schnitkers, über die wir urkundliche
Nachweise haben und von denen nur noch ein Bruchteil erhalten
ist, so daß ein Gesamturteil erschwert ist, entfallen nachweislich
auf das Oldenburger Land folgende Orgeln: Schwei (1682/83),
Oldenbrok (1692), Golzwarden (1697/98), Strückhausen (1698), Dedesdorf
(1698), Ganderkesee (1699), Oldenburg (1699/1700 Umbau). Delmenhorst
(1699 bzw. 1710 Umbau), Esenshamm (1705), Accum (1705),
Rastede (1709), Abbehausen (1710/13), Cleverns (Baujahr unbekannt),
1907 abgebrochen, von mir als unzweifelhaft SchnitkerscherBauart festgestellt
; die Schnitkerorgel von Oldenbrok wurde 1763 in Atens, die
alte in Abbehausen 1712/13 in Waddens von ihm aufgestellt.
Von diesen Orgeln sind als seltene und kostbare Baudenkmale
höchster Orgelbaukunst erhalten die Orgeln in den Kirchen zu Ganderkesee
(19 Register, 2 Manuale, Pedal, 1803 und 1890 „verbessert” ,
aber nicht eingreifend verschandelt1)) und Dedesdorf (18 Register,
2 Manuale, Pedal, 1926 ebenfalls restauriert, aber in seinem echten
Kern unberührt).
Bleiben die Schönheiten dieser Orgelwerke dem Ohr des Laien
vielleicht verborgen, so mag zum Verständnis einer solchen Meisterorgel
der Hinweis dienen, daß ihr Klang glänzend-silbern ist und
daß die Mittelstimmen linear erkennbar bleiben, das volle Werk
ebenso kraftvoll wie durchsichtig ist, während die moderne Orgel
sentimental schwebend säuselt oder in dicken Klangströmen, die
Mittelstimmen verschlingend, dahinbraust; dort unbestechliche Klarheit
durch und durch, hier das Kriterium angenehmer Weichheit;
dort aus der Mischung heterogener Stimmen synthetisch überraschende
neue Klangfarben, hier eine Addition homogener Stimmen zu gewohnter
und gewünschter Tonstärke; dort Charakter, hier Farblosigkeit
trotz aller summierter Registerfarben; dort Tiefe, hier Fläche.
*) Über die „W iederh erstellung der A rp -S ch n itk er-O rgel in G anderk
e s e e " schrieb G. von Lindern in den „N achrich ten für Stadt und L an d " vom
12. D ezem b er 1934. D en schön en O rg elp rosp ek t zeigt unsere A b b .-T a f.

Arp Schnitker, der oldenburgische Orgelbauer (1648— 1719) 55
Ob die Verständnislosigkeit des heutigen Hörers für Orgelmusik nicht
darin ihren Grund hat, daß bei der heutigen Fabrikorgel nichts mehr
zu verstehen ist?
Aber die Gegensätze liegen noch tiefer. Wir waren im Orgelbau
des 19. und 20. Jahrhunderts abgeglitten zur Konzertorgel, die ein
Orchester in sich vereinigen sollte und die moderne Vollgriffigkeit
widerstandslos ertrug, aber deshalb der profanen Sphäre analog die
kultische Grenze verwischte und das Konzertante nicht mehr vom
Kultischen schied. Arp Schnitker führt zur Kultorgel zurück, während
die Saal- und Konzertorgel in logischer Entwicklung zur Kinoorgel
führt und geführt hat. Es ist das Verdienst der sog. deutschen
Orgelbewegung, beide Gebiete in ihren eigengesetzlichen Bindungen
immer klarer erkannt und damit einem der Großen im Orgelbau, der
ein Oldenburger war, den Platz zurückgewonnen zu haben, den er in
der geschichtlichen Entwicklung des Orgelbaues einnimmt, leider erst
nach dem 1. Weltkrieg, zu spät, um so manches W erk Arp Schnitkers
zu retten, das der Verständnislosigkeit, um nicht zu sagen, der Barbarei
zum Opfer fiel, wie in seinem Geburtsort Golzwarden 1913,
Cleverns 1907, Abbehausen 1912, Strückhausen 1914.
Die musikgeschichtliche Eingliederung Arp Schnitkers in die
Stilgeschichte des Orgelbaues ist für Nichtfachleute vielleicht etwas
schwierig; wir beschränken uns auf das Notwendigste.
Die Orgel spiegelt immer das musikgeschichtliche Bild ihrer Zeit
wider. Als die ,,ars antiqua" dem einstimmigen Choral die zweite
Stimme in der Quinte hinzufügte, folgte die Orgel nach, so daß um
das Jahr 1000 mit einer handbreiten Taste Grundton und Quinte,
weiterhin Oktaven und Quinten zugleich geschlagen wurden, die A nfänge
der sog. Mixturorgel, die in der Weiterentwicklung auf derselben
Linie bis etwa 1400 zur gotischen Orgel führte, deren Bedeutung
aber bei vorherrschendem Vokalstil gering war.
Auch die Orgel der Renaissance ist noch stark vokalgebunden,
aber die ,,ars nova“ der Mehrstimmigkeit und der melodischen Kunst
durchimitierter A-cappella-Chöre verlangt im 15. Jahrhundert ein Mitgehen
der Orgel nach der Seite der linearen Zeichnung von Einzelstimmen
und der Gegensätzlichkeit vokaler Vorbilder. So wurden die
Quinten und Oktaven aus der Mixturorgel wieder abgesondert, so
daß sie Einzelregister wurden; der Prinzipalchor entstand. Neue
Register, meist enggebaute kamen hinzu, Schwiegelpfeifen und soli-
stisch bestimmte Rohrwerke, verteilt auf mehrere Manuale, um das
Gegeneinander verschieden gefärbter Stimmen zu ermöglichen. (Die
italienische Renaissanceorgel geht andere W ege, zu weiten Prinzi­

56
palen, und bleibt einmanualig; wir lassen sie einstweilen außer Betracht.)
Das Pedalwerk der deutschen Renaissance wird selbständiges
Einzelklavier zur Charakterisierung der Harmonie. Die Orgel von
heute, wie sie der Laie kennt, steht in der Renaissanceorgel scheinbar
fertig da, ihrem Wesen nach etwa orchestral mit den verschiedensten
Klangfarben zum Zusammen- und Gegenspiel. Und tatsächlich liegt der
Vergleich nahe: hier wie dort enge, solistisch verwendete Stimmen,
die addiert und gemischt werden, aber sich nicht verschmelzen.
Die Verschmelzungsunfähigkeit der Register der Renaissanceorgel
(wie der meisten neueren Orgeln um 1900) liegt in ihrer engen Mensur
begründet; weite Pfeifen mit schmalem Labium, niedrigem Aufschnitt
und geringer Windzufuhr — wir nennen sie füllebetont —
dagegen verschmelzen sich mit enggebauten Pfeifen — kraftbetont —
und ergeben dann synthetisch einen überraschenden neuen Klang,
enge Register allein lassen sich lediglich addieren und reagieren nur
dynamisch, piano, mezzoforte, forte, fortissimo. Zu der engen Mensur
der Renaissanceorgel kommt noch ihre Konstanz, d. h. das Verhältnis
der Labienbreite zum Pfeifendurchmesser sämtlicher Pfeifen des Registers
bleibt immer das gleiche, im Gegensatz zur variablen Mensur
der nächsten Stilperiode, des Barock. Eine Orgel mit nur konstanten
Mensuren klingt starr und langweilig und ermüdet Spieler wie Hörer
(Tuttiorgel).
Die Orgel der Renaissance beherrscht das 15. und 16. Jahrhundert,
in der Spätrenaissance bereichert durch viele „Charakter'stimmen
in Nachahmung von Orchesterinstrumenten. Die Orgelliteratur der
damaligen Zeit spiegelt auch dieses Bild einer Renaissanceorgel getreulich
wider in der linearen Zeichnung ihrer Polyphonie und ihren
kunstvollen musikalischen Formen.
Das Barockzeitalter, für das wir das 17. und die erste Hälfte des
18. Jahrhunderts ansetzen dürfen, setzt nun an die Stelle des vokalen
Linearprinzips das instrumentale Chorprinzip, d. h. die einzelnen
Instrumentenfamilien, vom Baß bis zum Diskant besetzt, spielen als
Gruppen gegeneinander. Die Orgel der vorigen Stilperiode hatte vorgearbeitet,
der Barock übernahm zum enggebauten Registerchor den
weitgebauten der italienischen Renaissance (von deren Darstellung
wir absahen), und — die Synthese zwischen den kraftbetonten R egisterfamilien
des Nordens und den füllebetonten des Südens war gegeben.
W ir ahnen, auch ohne Nennung bestimmter Registerbezeichnungen,
den ungeheuren Fortschritt des Barock und nähern uns —
Arp Schnitker! Was frühere Orgelbauer des Barock, etwa Hans
Scherer d. Ä. und Gottfried Fritsche in der Bemessung ihrer Men-

Die Arp-Schnitker-Orgel in Ganderkesee, erbaut 1699

Arp Schnitker, der oldenburgische Orgelbauer (1648— 1719) 57
suren und der Disposition ihrer engen und weiten Registerchöre, vielleicht
noch tastend oder übertreibend, schufen, das gelangt bei Arp
Schnitker, auf den Prinzipien seiner Vorgänger weiterbauend, zur
Klarheit und höchsten Vollendung. Die fülle- und die kraftbetonten
Register sind in Gruppen auf jedem Manual und Pedal vertreten, die
konstante Mensur, die auch jene schon verlassen hatten, war zur
variablen geworden, d. h. Weitenmaß, Labium (Breite und Aufschnitt)
und Windzufuhr der Pfeife stehen zueinander nicht mehr in konstantem
Verhältnis, sondern ändern sich von Pfeife zu Pfeife, je nach der
Größe, Eigenart und Akustik des Raumes und der gewünschten Klangfarbe,
so daß Fülle (weit) oder Kraft (eng) innerhalb eines Registers
zu- oder abnehmen. Diese Mensurationspraxis der Barockzeit ist —
neben anderem — die Kunst und das Geheimnis des Orgelbauers und
für uns, wie schon einleitend gesagt, jedenfalls in ihrer Vollendung,
ein ehrfurchtgebietendes und staunenswertes, aber immer noch ein —
Problem, und in dieser Kunst ist Arp Schnitker in und nach seiner
Zeit unerreichter Meister. Seine 1686/88 in Norden (Ostfriesland) erbaute
große Orgel, die erhalten geblieben und kunst- wie stilgerecht
wiederhergestellt ist, ist ein einzigartiger „klingender“ Beweis seiner
Dispositionskunst, die hinsichtlich der beiden Chöre (Gruppen eng
und weit) und der Verteilung der einzelnen Register auf dieselben bei
sämtlichen Manualen den überlegenen Meister verrät, wie in der
Mensurierung den wahrhaften Künstler.
Nach dem bisher Gesagten ist es selbstverständlich, daß die
Barockzeit das sog. Werkprinzip durchgeführt hat und durchführen
mußte, d. h. jedes Manual einschließlich des Pedals ist ein vollständiges
W erk für sich mit grundtönigen und obertönigen (Mixturen und
Aliquote zur Färbung und Aufhellung) Registern und solistischen
Rohrwerken, besonders auch kurzbecherigen; die höheren Lagen
werden gegenüber der Äquallage des 8-Fuß-Tons bevorzugt.
Eine einsame Größe, wie es scheinen könnte, so steht Arp Schnitker
vor uns, und doch als eine, vor und nach ihm unerreichte Spitze
einer Kunstentwicklung, die das Handwerklich-technische zur An-
und Absprache des Tones in letzter Vollendung und höchster Zw eckmäßigkeit
vereint mit dem künstlerisch-intuitiv Gegebenen zur Schaffung
einer Klangwelt, in der es spielt und singt zum Lobe des Höchsten,
ohne je die Grenze des Nichtkultischen zu streifen.
Hier etwa setzt die nächste Stilperiode, die Romantik, ein, wenn
die Frühromantik und ihr größter Vertreter, Gottfried Silbermann
(1683— 1753) das Erbe des Barock nach der Seite weiterer und
dadurch Verschmelzender, wohlklingender Prinzipale, der abge­

58 A dolf Schütte
schwächten Mixturen und Aliquote (Quinten und Terzen) zur Ober-
tonverstärkung, der Rückführung des Pedals zum Baßklavier und
schließlich der Beseitigung des Rückpositivs abwandelt, zweifelsohne
im ganzen ein Rückschritt. Die Silbermannorgel, immerhin an der
Zeitgrenze des Barock stehend und von manchen sogar zum Spätbarock
gerechnet, findet jedoch mit Recht bei der Orgelwissenschaft
ihre volle Würdigung und hohe Anerkennung; sie hat eher die Neigung
zur Popularität als die Schnitkerorgel.
W ir haben an der großen Orgel des Johann Adam Berner in der
Stadtkirche zu Jever das edelste Orgelwerk der Romantik in unserem
Lande, erbaut 1756.
Es hat einen besonderen Reiz, die beiden Klangwelten der Orgeln
in Norden und in Jever, in kleinerem Maßstabe die in Ganderkesee
und in Sillenstede, einer entzückenden romantischen Dorforgel, ebenfalls
von Joh. Adam Berner, nacheinander auf sich wirken zu lassen.
Der Laie wird dazu neigen, der romantischen Orgel den Vorzug zu
geben.
Mit ihrer Gefühlsbetontheit verlangt die Romantik eine sinnfällige
M elodik und einen dunkleren Orgelklang. Das Streichinstrument,
im Orchester des 18. Jahrhunderts immer mehr dominierend,
hält als Streichregister der Orgel mit sehr enger Mensur seinen Einzug
und die Rohrwerke verlieren ihre solistische Aufgabe und werden
nur noch Klangverstärker. Berühmte Orgelbauer Süddeutschlands,
Joseph Gabler und Michael Engler, schaffen in großartigem Aufbau
und Klang als W underwerke gepriesene Großorgeln wie die zu
Weingarten (Württemberg), deren Bauzeit 13 Jahre erforderte! Wir
nähern uns allmählich der orchestralen Orgel, die die alten Register
abstößt, den Streicherklang weitertreibt, die Mixturen und Aliquote
verkennt und fast verbannt, so daß die Klangmassen verdicken, und
fast nur noch homophones Spiel verständlich bleibt. Der Winddruck
wird erhöht, die Spielbarkeit und Registrierung durch Pneumatik,
Elektrotechnik und dadurch bedingte Spielhilfen erleichtert — die
Orgel verliert ihre aus der Eigengesetzlichkeit entspringende selbständige
Größe und wird zu einem Zerrbild des Orchesters erniedrigt.
Die Schnitkerorgel, soweit man noch von ihr spricht, gilt nur noch
als seltsames, kaum erträgliches Schreiinstrument einer längst vergangenen
Zeit.
A ber seit etwa 1920 geht ein Fragen und Suchen durch die Fachwelt
der Orgelwissenschaft, es findet seit 1925 seinen W eg zu ernsthaften
und wissenschaftlich wie praktisch hochbedeutsamen Orgeltagungen,
auf denen der Ruf: Zurück zu Arp Schnitker!, nicht um

Arp Schnitker, der oldenburgische Orgelbauer (1648— 1719) 59
ihn zu kopieren, sondern von ihm sich den W eg zur neuen Orgel
weisen zu lassen, programmatisch erklang.
Überblicken wir unsern Gang durch die Stilperioden des Orgelbaues,
dann ist es uns, als führte der W eg aus der Niederung langsam
zur steilen Höhe — Arp Schnitker — und dann wieder, nach
Silbermann, langsam, aber bald mit weiten Schritten, ja Sprüngen
abwärts in die flache Ebene, aus der es nur noch wieder einen Aufstieg
geben kann. Die Frage aber: Was hat uns Arp Schnitker zu
sagen? gehört vor ein anderes Forum, das der Orgelwissenschaft.
Nun mögen über Arp Schnitker noch einige Fragen sachlicher
und persönlicher Natur, die ihres Reizes nicht entbehren, gleichsam
als Nachlese, soweit möglich beantwortet werden.
Seine Orgeln waren infolge ihrer soliden, grundehrlichen Bauweise
von größter Haltbarkeit. Die 1907 abgebrochene Orgel in
Cleverns hatte in den Jahren 1894— 99, wo ich sie spielte, nicht einen
einzigen „Durchstecher", die Windladen schienen unvergänglich zu
sein, und keine Pfeife war trotz ihres starken Bleigehaltes (eine
Mischung aus Blei und Zinn im Verhältnis etwa von 10 :3 ) zusammengebrochen.
Die Belederung brauchte nach 200 Jahren noch nicht
erneuert zu werden! Für Bälge und Windladen nahm er das härteste
Eichenholz, das sog. Wagenschoß, ebenso für die Kanäle. Ob eine
kleine Dorforgel oder eine große städtische, nirgends findet man
Unterschiede, außer innertechnischen, in Bauweise und Qualität von
Arbeit und Material. In trockenen Kirchen mit Lüftung und pfleglicher
Behandlung der empfindlichen Orgelteile scheint eine Schnitker-
orgel für die Ewigkeit gebaut zu sein.
Ihre Stimmung liegt etwa 1 Ganzton über Kammerton und führt
beim Gesang wohl zu Schwierigkeiten, die nur durch Transponieren,
nicht durch das für das Gesamtwerk äußerst gefährliche Herabstimmen
auf Kammerton beseitigt werden sollten. Der Barockprospekt
ist meist von großer Schönheit und immer der Innenarchitektur angepaßt,
selbst unter schwierigen Raumverhältnissen wie in Ganderkesee
und in Norden (Baßtürme!). Der innere Aufbau der Orgel, eine
neuerdings immer wieder mit Recht erhobene Forderung, entspricht
dem äußeren, die Laden liegen neben- oder übereinander, nicht hintereinander.
Arp Schnitker hat es anscheinend zu Wohlstand, nicht zu Reichtum
gebracht. Von einer Überforderung oder Klagen der Kirchenvertretung
verlautet in den Akten der Pfarrarchive nichts. In den
Oldenbroker Kirchenrechnungen findet sich von seiner Hand eine
Notiz vom 15. April 1692, in der es heißt: . . . Ich den Tage vordent

60 A dolf Schütte
30 gr, mein gesellen ieder 24 gr." Daß man in seiner Heimat von dem
guten Herzen und der Berühmtheit des großen Sohnes des Oldenburger
Landes Kenntnis hatte, zeigt eine Notiz aus Golzwarden (Vis.-
Prot. Bd. 26, 1695 Golzwarden), in der es heißt: Ist hochnötig, daß die
hiesige Orgel, welche schon etzliche Jahr sehr bawfäüig gewesen, die
Beigen zerrissen, die Windlade gantz verschlissen, also daß fast keine
Stimmung mehr kan gehalten werden, repariret und gemachet werde,
dafern sie sonst nicht gantz stille solle stehen. W eil jetzo sich gute
gelegenheit erreuget, selbe mit geringen Unkosten zu repariren. . .
dabey denn dieses zu erinnern, daß der berühmte Orglbauer, der die
kostbahre Orgel zu Hamburg gemachet, wie auch itzo eine neue
Orgel in der Thumbs- (Dom-) kirche in Brehmen, zu bauen im W erck
begriffen ist, sich freywillich erhöhten, weil er aus diesem Kirchspiel
bürtig, diese Orgel solchergestalt zu repariren und bestendig zu
machen, daß jedermann ihm deßwegen zu danken Uhrsache soll haben,
da er denn Gott zu Ehren und diesem Kirchspiel zum besten für seine
Arbeit und machelohn nichts begehret als waß materialien und spei-
sung betrifft, das müsse das Kirchspiel schaffen. W obey er denn er­
innert, daß es itzo, weil er in Brehmen arbeitet, müsse resolviret
werden, wan er erstlich wieder von dann ziehet, würde er schwerlich
Zeit haben, das hiesige W erck anzunehmen." Die Stadt Oldenburg
macht sich dieses Beispiel der Heimatverbundenheit und „der großen
M ittel“ , mit denen er ausgestattet sein soll, zunutze. Der advocatus
causarum piarum schreibt in einer Eingabe vom 7. Oktober 1697
(Staatsarchiv): Nachdehmalen es sich dan fü g e t ... daß ein woll-
berühmter Meister und Orgelmacher nahmens Arp Schnitker, welcher
aus dieser Grafschaft zu Goltzwarden bürtig, das vortreffliche neue
W erck zu Bremen im Thumb, im gleichen die Orgel in der Oldenbroker
und Dedesdorfer Kirche rühmlich verfertiget hat, eben zu dieser Zeit
in Goltzwarden, um daselbst die Orgel zu repariren in arbeit annoch
begriffen seyn soll, derselbe aber schier künfftig nacher Hamburg,
alwo er wohnet, zurückkehren und woll in mannigen Jahren, oder
nimmermehr, hiesiger ohrten solcher gestalt, mit seinen gesellen,
materialien und werckzeug, sich wieder einzufinden, anlaß haben
dürffte, So bin dannenhero und sonderlich, weil ged. Meister von
Gott mit großen Mitteln gesegnet, gegen sein Vatterland guth gesin-
net, sich auf beschehenes Sondiren heraußgelaßen haben solt, seine
mühe und arbeit, zur ehre Gottes umbsonst, jedoch daß ihm vergönnet
werden möchte, irgend wo an der Orgel seinen Nahmen zur
Gedächtnüs zu setzen, anzuwenden bewogen worden, von dieser ungewöhnlichen
bequemen gelegenheit, vor besagte Kirche nach aller

Arp Schnitker, der oldenburgische Orgelbauer (1648— 171$) 61
möglichkeit zu profitiren, und die allerunterthänigste Vorstellung zu
thun, ob es nicht Sache wäre, diesen Mann durch des Organisten
Wichards zu schreiben, anhero vors Consistorium vermögen zu lassen,
seine worte und raisonnable erklährung collegialiter anzuhören, dabey
zu versuchen, ob er nicht die materialia und die vocem humanam
(ein Orgelregister), davon auch des Organisten Verzeichnüs meldet,
aus dem guthen Vorrath seines guthen Hertzens und zeitlichen Güter,
ohne entgeld herbeyfügen und über die Zeit der anzutretenden arbeit
einen zuverläßigen Schluß machen wolle, womit den dieser gemeine ..
sonderlich gedienet sein könte .. Er hat die Arbeit an der Lambertiorgel
unentgeltlich ausgeführt, wie aus der „itzo bevorstehenden
Abzahlung des Orgelmachers Arp Schnitker“ hervorgeht, wonach ein
Schreiner 6 Rth, ein Drechsler 1 Rth, ein Schmied 24 Rth, der Bälgetreter
12 Rth, Arp Schnitker aber nichts erhielt. Es ist wohl etwas
beschämend, wenn eine hohe Verwaltungsstelle an das „guthe Hertz
und den Vorrath der zeitlichen Güter“ des Tischlersohnes aus G olzwarden
klopft, der wohl ein berühmter Mann geworden, aber von
seiner Hände Arbeit leben mußte, um für die Orgel der Residenz
neben einer umfangreichen kostenlosen Reparatur noch zusätzlich ein
wertvolles Register herauszuschlagen, was Arp Schnitker dann schlicht
durch seinen Namen an der Orgel verewigt. 100 Jahre früher hatte
Graf Johann eine Reparatur an derselben Orgel „vor dankbarliche
Bezahlung“ durch den Orgelmacher Cordt Abbt aus Neustadt am
Robenborch (Rübenberge) abgelehnt mit der Begründung, „daß ein
neues Orgel, so dieser Hauptkirchen rühmlich und ansehnlich wohl
anstehet, förderlichst gemacht werden sollte",
Arp Schnitker erhielt auf seinen Antrag das Privilegium für das
Oldenburger Land und erscheint 1710 als privilegierter Orgelbauer,
sein Privileg ist aber bestimmt älteren Datums. Wenn Organisten
einen Antrag auf Reparatur stellen, werden sie nun auf den „privile-
girten Orgelmacher, nahmens Arp Schnitker" verwiesen, „welchem
sein Eingriff geschehen muß“ . Seine geschäftlichen Angelegenheiten
regelte der Organist Wichards, von dem sonst nichts bekannt ist,
an St. Lamberti.
Als Schnitkers Gesellen werden genannt: Gerdt Arnecken, Luer
Smidt, Frerich Groeneveldt bei den Orgelarbeiten in Oldenbrok, Nicolai
Gerdes, Otto Diederich Richborn, Christian Vatter 1697, nach einem
in den Bälgen gefundenen Zettel beim Abbruch (1875) der Orgel in
Atens, die 1763 von Oldenbrok nach Atens verkauft war.
Über Wesen, Persönlichkeit, Charakter Arp Schnitkers erfahren
wir weiter nur Weniges durch einige Rückschlüsse. Als seine Ge-

62 A dolf Schütte, Arp Schnitker, der Oldenburg. Orgelbauer (1648— 1719)
seilen ihn bei Orgelarbeiten in Holland betrogen, sah er von einer
Bestrafung ab: „G ott wird ihnen ihren Lohn geben." In seinen Aufzeichnungen
klagt er einmal über teure Zeiten, betrügerische G esellen,
säumige Zahler. Vielleicht hat man seine Uneigennützigkeit
auch außerhalb seiner Heimat ausgenutzt.
Arp Schnitker war ein schlicht frommer Mann, der seine Arbeit
im Namen Gottes begann und sie zu Gottes Ehre vollendete. Das
Soli Deo Gloria, das manche seiner Orgeln zierte, war ihm mehr als
eine schmückende Formel. „Im Namen Jesu! Amen! Ach Gott, laß
mir erwerben ein ehrliches Leben und seliges Sterben!" „M ein Gott
und Vater, mache mich an meiner Seele reich, so habe ich genug,
hier und ewig! Am en!" „A n Gottes Segen ist alles gelegen. Nun,
großer Gott, in dessen Namen dies wird angefangen, sey das Mittel
und Hilfe zum glücklichen Ende!“ In diesem Geist sind seine Orgeln
gebaut und vollendet: wer kann ermessen, wieviel Andacht, Trost
und Freude aus dem gesegneten Können und frommen Herzen des
großen Meisters und gütigen Menschen im Lauf der Jahrhunderte in
aufgeschlossene Seelen flössen!
Sind die Unterlagen über Arp Schnitkers Persönlichkeit auch
sehr spärlich, man wird wohl sagen dürfen: Mensch und W erk sind eins.
Um 1900 kam der Name Schnitker in der Gemeinde Golzwarden
und der Vorname Arp in Familien Schnitker noch vor. Ob der seltene
Vorname eine Kurzform von Arpad, wie meist angenommen wird, oder
von einem mit arbo-arbi-zusammengesetzten zweisilbigen Namen ist,
mögen Sprachgelehrte entscheiden. Die größte Wahrscheinlichkeit
spricht für Ableitung des Vornamens Arp von Erpo oder Erpold. Arp
ist friesisch-niederdeutsch1). Erpo kommt als Vorname im Raum Weser-
Ems, besonders in Osterstade, vor, liegt also auch für Golzwarden nahe.
Die Schreibweise seines Familiennamens wechselt bereits bei seinem
Träger: Schnittker (so das Golzwarder Kirchenbuch), Schnittcker (so
z. B. in der Oldenbroker Kirchenrechnung 1692 von seiner Hand),
Schnitger, oder die von mir bevorzugte Schreibweise Schnitker. Ich
halte das in der Fachliteratur üblich gewordene Schnitger nicht für
glücklich, da die Endsilbe — ger süddeutsch klingt und ist. Im Oldenburgischen
überwiegt die Schreibweise Schnit— ker gegenüber — ger
ganz erheblich. Kann man nun tatsächlich frei wählen, so gebe man
dem „herben Norddeutschen", wie man ihn nach seinem Orgelstil
genannt hat, auch die norddeutsche Endung, herb und kräftig:
A r p Schnitker.
’ ) Vgl. H. Zahrenhusen, Ostfriesische Vornamen. Emden 1939, S. 59.

Beiträge zur Geschichte der
Oldenburger Malerei in der Grafenzeit
Von K a r l S i c h a r t
Um niemand zu enttäuschen, will ich gleich zu Beginn erklären,
daß von einer erschöpfenden kunstkritischen Betrachtung der vorhandenen
Gemälde aus der Oldenburger Grafenzeit Abstand genommen
worden ist. W er in dieser Richtung Aufschluß wünscht, findet
manches Wissenswerte bei G. Göttsche1), V. C. Habicht2) und E.
Waldmann3).
1. Christian von Apen
Als der älteste bekannte Oldenburger Kunstmaler darf Christian
von A p e n 4) gelten, der im Dienste des Grafen Johann von
Oldenburg (1573— 1603) stand und dessen Geschlecht in Oldenburg
alteingesessen war. Nach meinem Verzeichnis „Oldenburger Studenten
auf deutschen und außerdeutschen Hochschulen"5) studierte 1471
Bernard von Apen in Rostock und 1617 (resp. 1622) Heinrich von
Apen in Helmstedt.
Erhalten ist uns von Christian von Apens Gemälden nichts mehr.
Wir wissen aber, daß er etliche „Bilder der Victorien der stadt Bremen"
gemalt hat0), denn am 4. November 1602 bat Dilich den Bremer
Rat, ihm einige Skizzen oder Kopien von Bildern Christians von
Apen zur Verfügung zu stellen, damit er nach ihnen Radierungen für
seine Bremische Chronik herstellen lassen könne7).
*) Göttsche, G., W olfgang Heimbach, ein norddeutscher Maler des
17. Jahrhunderts. 1935 (13. Bd. der Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte,
Verlag Deutscher Verein f. Kunstwissenschaft).
2) Habicht, V. C., Niedersächsische Kunst in England, Hannover 1930.
— Ders., Der Nieders. Kunstkreis, Hannover 1930.
*) Waldmann, E., (im Jahrb. d. Brem. Samml., 1908, S. 44).
») Sello, G., in Nachr. f. Stadt u. Land, 1896, Nr. 44.
5) Sichart, K., im Old. Jb. 1919/20, S. 186 ff.
8) Focke, Werkmeister, S. 5.
*) S. 231.

64 Karl Sichart
Wenn wir dann ferner hören, daß Christian von Apen im Jahr
1590 von den Vorstehern des Schüttings „vor de slachtinge, so anno
1547 vor Drakenborch is gesehen", die die Aufhebung der Belagerung
Bremens durch die Kaiserlichen bewirkte, dreißig Taler erhielt, so ist
wahrscheinlich, daß Christian von Apen dem Wunsche Dilichs entsprochen
und wenigstens eine Skizze zu dem Schüttingsbilde zur
Verfügung gestellt hat. Daraus schließt von Bippen, daß die Radierung
Dilichs in seiner Bremischen Chronik ungefähr dem verschwundenen
Schüttingsbilde entspricht.
Das Bild mit der Signatur C. v. A. hat im großen Saale des Schüttings
mindestens 120 Jahre gehangen. Dort sah es im Frühjahr 1710
noch der Frankfurter Ratsherr Zacharias von Uffenbach, der etliche
Tage später auch nach Delmenhorst kam und das dortige Schloß besichtigte.
In seiner „Merkwürdigen Reise durch Niedersachsen" (1753)
sagt er: „Im großen Gemach des Schüttings hängt an der Wand auch
eine schlechte Schilderei, darauf eine Schlacht, so anno 1547 d. 24.
(richtig 23.) Mai bei der Drakenburg gesehen, veranstaltet wird, dabei
die Namen der vornehmsten Personen mit G old geschrieben sind8).“
Das Bild muß sehr groß gewesen sein, wenn auf ihm noch Platz war,
wenigstens die Namen der Heerführer neben die Figuren zu setzen.
Auf der kleinen Dilichschen Radierung fehlen sie. W o das Bild geblieben
ist, wissen wir nicht. Von Bippen mag recht haben, wenn er
meint, daß das Urteil Uffenbachs über die „schlechte Schilderei"
vielleicht dazu beigetragen habe, den Älterleuten der Kaufleute das
Bild zu verleiden und bei der Neudekoration des großen Schüttingsaales
einzuziehen.
2. Johann Liß
Eine reichhaltige Literatur hat der nach Steinbarts annehmbarer
Vermutung um 1597 geborene Maler Johann L iß “), von seinem
zeitgenössischen Biographen Sandrart „L ys" geschrieben und später
als Mitglied der niederländischen Bent in Rom „Pan" genannt, durch
die beiden Brüder G. A. und L. W. C. von Halem gefunden10), denen
sich später G. Jansen angeschlossen hat11). Sie machten ihn zu einem
*) Teil 2, S. 185.
») Steinbart, K., Johann Liß, der Maler aus Holstein, Berlin 1940,
Deutscher Verein f. Kunstwissenschaft, S. 5.
l0) v o n Halem, G. A., Oldenburgische Geschichte, 1798, 11, 498. —
v o n Halem, L. W . C., in „Blätter vermischten Inhaltes", 1792, 5. Bd.,
6. Heft, S. 500.
w) Jansen, G., Aus vergangenen Tagen, 1877, S. 182.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 65
Stadtoldenburger der ehemaligen Grafschaft zwischen Ems und Weser.
Da aber der Name Liß in der alten Grafschaft Oldenburg nicht nachweisbar
ist, hätte diese Annahme von vornherein zu Bedenken Anlaß
geben müssen.
Den ersten Zweifel an dieser Annahme sprach 1892 H. Oncken aus.
Er machte ihn ohne nähere Angaben irrtümlich zu einem Holländer
und dachte dabei wohl an den Maler Dirk van der Lisse aus Breda.
Erneut zog dann 1914 G.Sello inZweifel, daßLys ein Oldenburger sei1'-).
Sandrart sage nur, daß Liß aus Oldenburg stamme. Durch keinen der
üblichen Zusätze werde angedeutet, daß es das Oldenburg an der
Hunte sei. Aber seine Vermutung, daß es sich um Oudenburg b. Ostende
in Westflandern handeln könne, das von der Lys durchflossen
werde, ist eine falsch aufgebaute Hypothese, weil es bei Sandrart,
der Liß persönlich kannte und in Venedig mit ihm zusammenwohnte,
glaubwürdiger heißt: „Johann Lys ist um so viel preißwürdiger, weil
er alle Mahlere seiner Nachbarschaft an Kunst überstiegen, wie wir
dann aus diesem entlegenen Land Oldenburg bisher keines Künstlers
unserer Profession gedenken können13)." Was wir unter dem „entlegenen
Lande Oldenburg“ zu verstehen haben, hat R. A. Peltzer an
Hand einer Federzeichnung der Hamburger Kunsthalle aufgeklärt1*),
die mit „Johan Liss. Holsacia A. 1621 a Ven(etia) p(inxit)" gezeichnet
ist. Es besteht also kein Zweifel, daß die Heimat des Liß das auch
heute noch „Land Oldenburg" genannte Gebiet im östlichen Holstein
zwischen Kieler und Lübecker Bucht mit der gleichnamigen Kreisstadt,
„der ehrwürdigsten Stadt des Landes", ist16). Dieses Land war
für Sandrart sicher ein entlegenes, aber aus diesem Attribut den
Schluß zu ziehen, „Sandrart könnte sich des Unterschiedes und damit
der wahren Heimat seines Kollegen Liß bewußt gewesen sein", ist
unmöglich10).
Im Holsteinschen kommt der Name Lis, Lys, Lisen, Liß wiederholt
vor17), und der Maler Johann Liß und seine Frau Anna in Schleswig
mögen die Eltern unseres Malers gewesen sein. Aus welchem Orte
“ ) Oldenbg. Jb. I 47. — Sellos Briefwechsel (1914) mit R. Oldenbourg-
München im Staatsarchiv Oldenburg (Oldb).
13) Sandrart, J., von, Teutsche Akademie der Bau- und Malerkunst,
Nürnberg 1675, Bd. 7, S. 323.
14) Peltzer, R. A., Über die Heimat des Johann Lys (Liss), in Ztschr.
f. bildende Kunst, Bd. 58, 1924/25, S. 161 ff.
16) Er ist oft mit Dirk van der Lisse aus Breda verwechselt worden.
16j Steinbart, K., a.a.O. S. 6.
17) Ztschr. f. schlesw.-holst. Gesch., Bd. 20, 59. — Kämmereirechnungen,
Bd. II, 244.
5

66 Karl Sichart
des Landes Oldenburg sie stammten, wissen wir nicht. Der von einigen
Forschern genannte Ort Neustadt an der Lübecker Bucht geht
auf den Irrtum zurück, daß man Venetia als Neapel las und ins Deutsche
übersetzte. A. Houbraken scheint die Stadt Oldenburg selbst
als Geburtsort unseres Malers anzunehmen18).
3. Johann Houwart, Johann Kirchring u. a.
Auf der Suche nach weiteren Oldenburger Malern dürfen wir
nicht an den Akten des Staatsarchivs Oldenburg vorübergehen,
wenn die Ausbeute auch gering ist. Ohne jede künstlerische Bedeutung
scheint der „taubstumme Malergesell" Thomas Meyer gewesen
zu sein. Er ist mir nur einmal begegnet in den Kammerrechnungen
des Jahres 1652, w o er für die Renovierung der Gemälde „auf
dem Saal" im Schloß zu Oldenburg sechs Reichstaler erhielt. Ferner
quittierte 1650 der „Conterfeyter Johann Houwart", geboren zu
Antwerpen, gestorben 1665 zu Genua, über 72 Reichstaler für „zw ölf
kleine Stücke, die nach Rastede in das gräfliche Gemach" kamen,
über dreißig Reichstaler für „ein großes stück, den toten Herrn Christus
darstellend", und über acht Reichstaler für ein Bild der Maria
Magdalena. Für den Saal des Rasteder Schlosses lieferte er auf sechs
Tafeln an der Decke die „Historie vom Grafen Huno und dem Löwenkampf
seines Sohnes".
Ob andere, ebenfalls in den Kammerrechnungen aus der Zeit
Anton Günthers hin und wieder auftauchende Maler eine besondere
Beachtung verdienen, müssen weitere Untersuchungen ergeben. G enannt
sei hier zunächst Johann Kirchring, der 1644 für den
Grafen einen Kramtsvogel malte, „w ie er tot und lebendig ist gewesen",
ferner ein Zollbrett, das auf der einen Seite das gräfliche
Wappen, auf der anderen den kaiserlichen Adler zeigte. Im selben
Jahr lieferte Tonnies von Lindern ein Zollbrett mit zwei Wappen
ab, das bei Iprump gebraucht wurde. Im Jahr 1649 begegnet uns
Meister Joachim de Pohl, der elf große Jagdstücke und ein Pferd,
Dube genannt, mit dem Stadtbilde Oldenburgs malte, die alle im
Rasteder Schloß aufgehängt wurden.
Vom Grafen Anton Günther wissen wir auch, daß er sich von
einem Maler Peter Goßler, der mehrfach von ihm beschäftigt wurde,
1619 aus Anlaß des Begräbnisses seines Oheims Anton II. 32 Wappen
zu Windlichtem für 36 Groten das Stück hat malen lassen. Ein anderer
Maler zur Zeit Anton Günthers war ferner Hilwert Dageradt, der
18) Houbraken, A., De groote Schouburgh I, 205 f.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 67
1607 für „der Herren Fenster“ im Schütting auf Kosten des Grafen
vier gräfliche Wappen und sechs Wappen der Hofjunker malte.
4. Wolfgang Heimbach und die Familie de Saint-Simon
Etwas mehr können wir über den gleichzeitig lebenden taubstummen
Maler Wolf gang Johann Heimbach sagen, wenn es
auch zu einem abgerundeten, lebensvollen Gesamtbilde nicht ausreicht.
Daß E. Waldmann ihn nach dem Vorgänge Bruilliots und
Naglers19) und Müller vom Siel20), der G. Pazaurek wörtlich abschreibt21),
noch in unseren Tagen irrtümlich Christian Wolfgang
nannten22), was sich aus der falschen Auflösung der Signierung C H
Fee. d. h. Contrafactor Heimbach fecit erklärt, Rüthning in phantastischer
W eise sogar zwei Maler: Christian Wolfgang und Wolfgang
Johann konstruierte23), sei hier nur nebenbei erwähnt.
Ob die Familie, wie man bisher annahm2*), ursprünglich in Thüringen
beheimatet war, scheint mir noch nicht genügend geklärt zu
sein. Es verdient jedenfalls erwähnt zu werden, daß die Heimbachs
auch in der Gegend um Jülich und Cleve zu finden sind. Matthias
Heimbach aus Euskirchen trat 1666 in den Jesuitenorden ein und
Wilhelm Heimbach (1628— 1693), vermutlich ein Bruder des Matthias,
war Pfarrer in Dunwald (Erzdiözese Köln)25), Ein Meister Matthias
Heimbach mit seinem Sohn als Gesellen begegnet uns auch 1649 in
Oldenburg. Und wie Lucas Cranach aus Kronach in Bayern und die
Familie von Elverfeld aus Elberfeld stammte, so wäre nicht unmöglich,
daß die Familie Heimbach ihren Anfang in einem der Dörfer
Heimbach genommen hätte20).
W ie der Geburtsort, so steht auch das Geburtsjahr Wolfgang
Heimbachs nicht genau fest. Nach G. Sello ist er im zweiten Jahrzehnt
des 17. Jahrhunderts in Ovelgönne i. O. geboren27), w o sein
1B) B r u i 11 i o t , Dictionnaire de Monogrammes Munich, 1832. — Nagler,
G. K., Neues allgemeines Künstlerlexikon, 1838, VI, 61.
20) Nachrichten für Stadt und Land, 1907, Nr. 73.
21) Pazaurek, G. E., in Mitteilungen des Nordböhmischen Gewerbemuseums,
1905, Nr. 2, S. 69.
22) Waldmann, E., im Jahrb. d. Brem. Samml. I, 49.
23) Rüthning, G., Oldenbg. Geschichte, I, 587 ff.
24) Staatsarchiv Oldenburg i. 0 .: Slevogts Staatsdiener-Verzeichnis S. 31.
25j Jöchers Gelehrtenlexikon, Ergbd. II.
26) Siebmachers Wappenbuch: Das klevische Geschlecht führte zwei
doppelte W olfshaken im Schilde, das Kölner Patriziergeschlecht drei Rosen.
27) Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler,
16. Bd. (1923). — P. Johansen verlegt Ovelgönne in Salmosens Konservations-
Lexikon 1921 irrtümlich nach Pinneberg in Holstein.

68 Karl Sichart
Vater als Frucht- und Kornschreiber bis 1652 tätig war und um 1664
starb38). Wenn wir dem Chronisten Winkelmann folgen20), der ein
Zeitgenosse Heimbachs war und ihn persönlich kannte, kommen wir
durch seine Bemerkung: „Heimbach ist gegenwärtig (d. i. 1663) ein
Mann von fünfzig Jahren" ins Jahr 1613.
Heimbachs Schulbildung war gut; er war sogar imstande, Briefe
in lateinischer Sprache zu schreiben30). Daß er es zu dieser Fertigkeit
gebracht hat, ist besonders zu werten, weil er von Geburt an taubstumm
war. Nachdenklich und „merksam, also daß er an eines anderen
Augen und Mund, auch durch andere Zeichen seine Meinung abnehmen
und wieder von sich geben, auch die mit einem Finger vorgeschriebenen
W örter verstehen, und die Namen der Länder und
Stätten wieder mit dem Finger klar und deutlich zu vernehmen
geben kann", so schildert ihn Winkelmann. Wenn sich Heimbach einen
Diener hielt, so sicherlich nicht, weil er sich das aus Wohlhabenheit
leisten konnte, wie G. Göttsche31) meint, sondern weil er ihn wegen
seines körperlichen Gebrechens auf seinen Reisen nötig hatte.
Was wir über sie wissen, ist dürftig, und wir erkennen die einzelnen
Etappen meistens nur an den dort entstandenen Gemälden.
So wissen wir, daß er 1636 in Ovelgönne und 1637 in Bremen tätig
war. Von den dort entstandenen Gemälden erwähne ich nur ein
Genrebild, das sich jetzt in der Bremer Kunsthalle befindet.
E. Waldmann meint33), daß man das Bild ohne Not als die
Darstellung einer Hochzeit zwischen einem Bremer und einer Ovel-
gönnerin angesehen habe. Am Tisch links werde von dem alten, mit
einer kronenartigen Mütze geschmückten Mann ein Dokument bei
einer brennenden Kerze ausgefertigt. Da das Bild kein Nachtstück sei,
sondern volles Tageslicht durch die Fenster einströme, habe die
Kerze also nicht Beleuchtungszwecke zu erfüllen, sondern sei offen­
bar juristisches Zubehör und deute eine notarielle Amtshandlung bei
„brennender Kerze“ an, ein Brauch, der noch vor einigen Jahren bei
Zwangsversteigerungen üblich gewesen sei. Da auf dem Bilde, ohne
daß man trinke, mit kostbaren Goldpokalen und Bechern hantiert
werde, könne es sich um die Darstellung einer Zwangsversteigerung
bei brennender Kerze handeln33). Doch wenn auch das Brautpaar
S9) Staatsarchiv Oldenburg: Aa. Grfsch. Old. Tit. VII, Nr. 3.
*9) Winkelmann, J. J., Old. Chronik, 1671, S. 513.
30) Archiv Nachod: Nr. 13734.
**) Göttsche, G., a .a .O . S. 20.
S3) Jahrb. d. brem. Samml., 1. Jahrg. 1908, S. 47.
SJ) Dankenswerte briefliche Mitteilung E. Waldmanns.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 69
rechts vorn nicht so klar bezeichnet ist, wie etwa bei Jan Steen, so
möchte ich auf dem Bilde trotzdem eine Hochzeitsgesellschaft sehen,
aber nicht eine Hochzeit zwischen einem Bremer und einer Ovel-
gönnerin, wie G. Göttsche dem Bremer Katalog (1829) nachschreibt.
Klarheit schaffen die beiden Wappen am Kamin. Das linke (vom Beschauer
aus) ist das Oldenburger (nicht Ovelgönner), und das rechte
(vom Beschauer aus) das Bremer. Die Schlüsse, die aus diesen beiden
W appen gezogen werden, sind falsch. Da nach heraldischer Gepflogenheit
bei zwei Wappen nebeneinander das heraldisch rechts (vom Beschauer
aus links) stehende Wappen stets das des Mannes, das links
stehende das der Frau ist, handelt es sich also um eine Hochzeit
zwischen einem Oldenburger und einer Bremerin. Mehr kann vorläufig
nicht gesagt werden.
Seit 1640 finden wir Heimbach in Italien und können ihn dort
noch 1651 nachweisen. So entstand 1645 das Bildnis des Papstes
Innocenz X., eine ganz bescheidene Arbeit in ovalem Format (14,9 X 11,5).
Vgl. G. Göttsche, a. a. 0 . Abb. 30. Wenn Heimbach nach W inkelmann
auch „bei Babst, Cardinälen und vornehmen Herren nach Ausweise
seiner Bullen und Briefe sehr geliebt gehalten wurde“ , so ist
wohl kaum anzunehmen, daß dieses kleine und unbedeutende Bild,
wenn wir es mit dem von Velasques vergleichen, einem persönlichen
Auftrag des Papstes seine Entstehung verdankt, sondern nur durch
seine erst kurz vorher erfolgte Thronbesteigung veranlaßt sein wird.
Am bekanntesten ist Wolfgang Heimbach den Oldenburgern
durch sein Bildnis geworden, das den Grafen Anton Günther auf
seinem Lieblingspferd „Kranich" darstellt. G. Göttsche nennt den
Grafen einen „Pferdenarren und säckelgefüllten Kompromißpolitiker“ .
A ber abgesehen von dem säckelgefüllten Kompromißpolitiker, der
stilistisch ganz unmöglich ist, weiß jeder Oldenburger, der sich mit
oldenburgischer Geschichte beschäftigt hat, daß Anton Günther ein
großer Pferdeliebhaber war und die heute so berühmte olden-
burgische Pferdezucht zum Teil auf seine Pflege zurückgeht34). Man
sollte sich doch vor Schlagworten, die mit wissenschaftlicher Forschungsarbeit
nichts zu tun haben, hüten!
Für das Jahr 1651 läßt sich Heimbach beim kunstliebenden Fürsten
Octavio Piccolomini auf Schloß Nachod in Böhmen nachweisen,
den er nach Ausweis eines Briefes auch gemalt hat. Im folgenden Jahr
geben uns von Ovelgönne aus an den Fürsten geschriebene Briefe
wertvolle Aufschlüsse über Heimbachs derzeitige Lebenslage. Trotz
seiner bisherigen Bemühungen, vom Oldenburger Hofe Arbeitsaufträge
34) Göttsche, G., a .a .O . S. 10.

70
zu bekommen, waren „seine Angelegenheiten" anfänglich „recht mittelmäßig".
Er glaubte aber durch Empfehlungen angesehener Persönlichkeiten
eher zum Ziele zu kommen und bat deshalb am 20. Februar
1652 den Fürsten Piccolomini um ein Empfehlungsschreiben.
Aus welchem Grunde Heimbach dieses nicht erhalten hat, konnte ich
nicht feststellen. Wir hören aber, daß Anton Günther ihn schließlich
am 5. Mai auf ein halbes Jahr in Dienst nahm und 200 Rtl. als Gehalt
zu zahlen versprach. Die Rüthningsche Begründung für das erbetene
Empfehlungsschreiben — „um bei seinem Grafen noch länger bleiben
zu können" — ist ein Fehlschluß35).
W ir nehmen es G. Göttsche nicht übel, denn ihre Stärke liegt
nicht auf historischem, sondern kunsthistorischem Gebiet, wenn sie
behauptet” ), daß kein Dokument darüber vorliege, ob Heimbach die
200 Rtl. wirklich erhalten habe. Die Originalquittung Heimbachs ist
noch vorhanden und hat folgenden Wortlaut: „Daß mir Endsbemelten
heut dato die auf diesen verwichenen Michaelis von Ihr hochgrffl.
Gnaden gnädigst versprochenen zwohundert Reichstaler, sage 200 Rtl.
aus der Rentkammer richtig erleget sein, bezeuget mein hand37).“
Oldenburg, 1652, 12. Nov.
Wolffg. Gio. Heimbach Pittore343).
Bei dem geringen Quellenmaterial über Wolfgang Heimbach sind
wir zum Teil auf Vermutungen angewiesen, weshalb er nach Ablauf
seiner halbjährigen Tätigkeit, während der er neun Bilder malte,
wieder aus Oldenburg verschwindet, am 12. November sogar das Versprechen
gab, Oldenburg binnen acht Tagen zu verlassen. Das sieht
trotz seiner „Entlassung in Gnaden" so aus38), als ob er abgeschoben
worden sei. Diese Annahme findet vielleicht eine Stütze in der Tat­
sache, daß sich seit dem Jahr 1631 die Malerfamilie deSaint-Simon
— ob Künstler- oder Familienname, bleibe dahingestellt — der besonderen
Gunst des Oldenburger und Delmenhorster Grafenhauses
erfreute und Heimbach sich vermutlich gegen sie nicht durchsetzen
konnte38). Drei Maler dieses Namens begegnen uns immer wieder in
den archivalischen Akten, die Lucretia nur einmal mit einem be-
Ma) G io. ist ital. Giovanni, d. H. Johann; pittore = Maler.
35) Rüthning, G., Oldenbg. Gesch., Volksausgabe, 1937, S. 321.
*•) Göttsche, G., a .a .O . S. 18.
37) Staatsarchiv Old., Kammerrechnungen 1652, I.
3«) Staatsarchiv Old., Aa. Grfsch. Old., Tit. V I! C, Nr. 3.
30) Nachträglich lese ich bei E. M. Mungenast, Der Zauberer Muzot,
Verlag W. Heyne, Dresden, S. 179: Das Priester-Seminar in der Asfeldstraße
in Metz nannte man nach seinem Begründer „Seminaire de Saint-Simon".

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 71
zeichneten Altarbild aus dem Jahr 1636, das sich noch heute in der
Rasteder Kirche befindet und nach einer Notiz auf der Rückseite bei
ihr von dem Oldenburger Bereiter Reinhard Schröder bestellt worden
war40). Den Maler Wilhelm de Saint-Simon habe ich bereits früher
als den Maler der sechs großen Löwenkampfbilder im alten Delmen-
horster Schloß festgestellt, die sich heute noch im Schloß Heidecks-
burg (Rudolstadt) befinden41). Die produktivsten scheinen die Conter-
feiter Salvio und Peter de Saint-Simon gewesen zu sein. Zwar sind
mir keine Gemälde begegnet, die ihnen zugeschrieben werden können,
aber aus den Oldenburger Kammerrechnungen geht deutlich hervor42),
daß namentlich Peter ein sehr fruchtbarer Maler war. Seine Stärke
lag im Porträt und im Tierbild. Von 1647 bis 1655 sind fast in jedem
Jahr einige Anton Günther-Porträts, ,,gar kleine, und Kniestücke oder
lebensgroße in voller Positur" — insgesamt 25 — von ihm für 5, 10
und 25 Rtl. abgeliefert worden. Eins von ihnen war für den Haag,
ein anderes für Fräulein Katharina v. Hatzfeld, ein drittes für den
Schwarzburgischen Stallmeister, ein viertes für den Hofmeister in
Zerbst, ein fünftes für Herrn Schap, ein sechstes für den Grafen
von Wittgenstein bestimmt. Drei andere „gingen ins Reich und nach
Emden". Lediglich auf Grund dieser archivalischen Notizen möchte
M üller-W ulckow ihm das kleine, auf Kupfer gemalte Ovalbildnis Anton
Günthers (30X24) im Landesmuseum zuschreiben. Vgl. den Führer
des Landesmuseums, S. 75, Abb. 45. Ferner malte Peter für seinen
Herrn eine große Anzahl Pferdebilder, von denen uns der alte Kranich
namentlich genannt wird, „manche lebensgroß".
Es wäre auch denkbar, daß das Anton-Günther-Bild in Jever,
H. 29 cm, Br. 25,5 cm auf Leinwand, früher im Besitze des großherzoglichen
Hauses und jetzt Eigentum des Heimatvereins Jever,
von einem de Saint-Simon gemalt und daß der Hennepsche Kupferstich,
der den Grafen Anton Günther in ganzer Figur darstellt (vgl.
Winkelmanns Old. Chronik S. 504), nach einem Ölbilde von ihnen gearbeitet
worden wäre. Auch über die Urheberschaft des Anton-
Günther-Ölbildes im Heimatmuseum Oldenburg, das von R. tom Dieck
renoviert worden jst, läßt sich zur Zeit nichts sagen. Es war im Besitz
des Syndikus Dursthoff, der es aus der Familie Lehmann-Olden-
burg erworben hat. Nach Lehmannscher Familientradition soll das
Bild ein Geschenk Anton Günthers selbst sein.
*°) v. Alten, Die evangelischen Kirchen und ihre Altertümer, 1864,
Hdschr. im Staatsarchiv Old., S. 8 ff.
41) Vgl. Tide, 1921, 5. Jahrg. S. 271. — Delmenhorster Heimatjahrbuch,
Jahrgang 1934, S. 19.
4S) Staatsarchiv Oldenbg., Kammerrechnungen 1631 ff.

72 Karl Sichart
Aus Heimbachs Brief vom 18. Juni 1652 erfahren wir auch, w elcher
Konfession er angehörte43). Man hat bisher angenommen, daß er
als Protestant zum katholischen Glauben übergetreten sei. A ber nichts
berechtigt zu der Annahme, daß er protestantisch war. Die in Frage
kommende Stelle des Briefes lautet: „Daß ich hier in die Kirche
gehen soll, das tue ich nicht, ich pflege nach Bremen mit meinem
Diener zu fahren, und gehe da zum hl. Nachtmahl, wenn ich denn
wiederkomme, so sagen sie, ich soll hier gehen, aber ich gebe dar
kein acht auf. was sie reden." Das kann doch nur heißen, daß die
Leute ihn bei seiner Rückkehr vom hl. Abendmahl in Bremen, wo seit
einiger Zeit regelmäßiger katholischer Gottesdienst abgehalten
wurde, aufgefordert haben, es sich bequemer zu machen und in die
Lambertikirche in Oldenburg zu gehen. Als Katholik versäumte Heimbach
während seines Aufenthaltes in Italien auch nicht, den berühmten
Wallfahrtsort Loretto zu besuchen. Wegen seines katholischen
Bekenntnisses gar von einem gespannten Verhältnis zwischen dem
protestantischen Grafen Anton Günther und Heimbach zu sprechen,
entbehrt jeder Grundlage’ *). Falls geltend gemacht würde, daß Anton
Günther nicht Wolfgangs Vater W olf als Frucht- und Kornschreiber
in seinen Dienst genommen hätte, wenn er katholisch gewesen wäre,
so widerspricht eine solche Auffassung der religiösen Toleranz des
Grafen. Er war kein engherziger Zelot, sondern ließ die Katholiken
seines Landes nach ihrer Fasson selig werden, hatte sogar für katholische
Bedürfnisse in der Nachbarschaft eine offene Hand. In dem
noch vorhandenen Memorienbuche des damaligen Franziskanerklosters
zu Vechta, das u. a. von den Wohltätern des Konvents spricht, heißt
es: Anno Domini 1643 illustrissimus et gratiosissimus dominus Antonius
Güntherus, comes in Oldenburg et Delmenhorst, Dominus in Jever
et Kniphausen etc. donavit residentiae nostrae Vechtensi 20 imperiales,
concessit quoque terminum per omnes ditiones suas, in quo largam iam
10, iam 12, iam plurium imperialium eleemosynam, quoad vixit, lar-
gitus etc. Oretur pro eo.“ Unbegründet ist deshalb auch, wenn
G. Göttsche einen Religionswechsel Heimbachs annimmt und unentschieden
lassen will*6), ob dieser durch materielle Erwägungen bestimmt
oder in überzeugungsmäßiger Erkenntnis vollzogen wurde.
Der Aufforderung des Königs von Dänemark, nach Kopenhagen
*3) Nachrichten f. Stadt u. Land, Old., v. 15. III. 1907.
**) Göttsche, G., a .a .O . S. 17. — Rüthning, G., Oldenburgische
Geschichte, Volksausgabe 1937, S. 320.
*5) W i l l o h , K., Geschichte d. Kath. Pfarreien, II, 269. — G ö t t s c h e ,
G., a. a. 0 . S. 20.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 73
zu kommen, muß eine Anfrage Heimbachs vorausgegangen sein. Sie
fällt in die Zeit vor seiner Bestallung in Oldenburg. Von 1653 bis 1662
finden wir Heimbach dann als Hofmaler des dänischen Königs Friedrich
III. in Kopenhagen.
Auch in Kopenhagen hatte Heimbach mit der Not des Lebens zu
ringen, da es ihm nicht gelang, den Bildern der beiden Konkurrenten
Abraham Wuchters und Karel Mander etwas Gleichwertiges an die
Seite zu stellen. Neben den beiden fiel Heimbach stark ab. Der
dänische Kunsthistoriker Madsen urteilt aber wohl zu scharf, wenn
er sagt, König Friedrich III. von Dänemark habe eine kaum glaubliche
Genügsamkeit in den künstlerischen Forderungen gezeigt, daß
er Heimbach in seine Dienste nahm. Trotz seiner Studienreisen in den
Niederlanden und in Italien grenze die Behandlung seiner Bilder an
das rein Dilettantmäßige48). Die Wahrheit liegt auch hier in der Mitte.
Und so dürfen wir uns das Urteil G. Göttsches, die ihm auch manch
anerkennendes W ort geschrieben hat, zu eigen machen: „Heimbach
soll nicht größer gemacht werden, als er ist. Er war ein stiller, b escheidener
Vertreter der deutschen Malerei des 17. Jahrhunderts."
Die Berechtigung dieses Urteils zeigt deutlich ein Bild, das bisher
noch nicht veröffentlicht ist und sich als Leihgabe der Stadt Oldenburg
im Landesmuseum befindet. Es ist in Öl auf Kupfer gemalt, 16,5X13,2
oval und an der Säule links ohne Jahr bezeichnet (CWH). Es geht
unter dem Namen: Bildnis eines Unbekannten47), ist wohl schlecht
erhalten, aber in der Durchführung der rechten Hand doch recht
plump. Und welche künstlerische Überlegenheit zeigt sich bei einem
Vergleich des lebensvollen Porträts der Königin Sophie Amalie von
Dänemark (f 1685) eines Abraham Wuchters mit dem starren Porträt
der Oldenburger Gräfin Sophia Katharina Heimbachs (vgl. Lund, Danske
malede Porträter, 1897)!
Nach seinem Kopenhagener Aufenthalt läßt sich Heimbach dann
1662 wieder in Ovelgönne und Oldenburg nachweisen. W ie lange er
sich hier aufgehalten hat und wann er gestorben, ist uns nicht bekannt.
Nach unserer jetzigen Kenntnis ist seine Tätigkeit nicht über
das Jahr 1678 hinaus nachzuweisen*8).
Einige seiner Bilder verdienen besonders beachtet zu werden,
nicht etwa weil sie sich über das Mittelmäßige erheben, sondern weil
4

74 Karl Sichart
man bisher über sie geteilter Meinung war. Das große Erbhuldigungsbild
(127,7X232,3) im Schloßmuseum Rosenborg in Kopenhagen
soll nach Rüthning sein bedeutendstes sein40). Diese Charakterisierung
des Gemäldes, die auf v. Altens Katalog zurückgeht50),
wird durch die Werturteile zweier Kunsthistoriker aufgehoben.
G. Göttsche51) hat für das Bild nur Tadel und findet als wertvoll an
ihm nur das Brustbild des Malers selbst in der linken Bildecke52).
Der dänische Kunsthistoriker Madsen sieht in „seinen Hunderten
von steifen, kleinen Puppen nur den einfältigen und linkischen
Versuch eines Kindes in der Malkunst"53). Zwar trifft dieses
harte Urteil nicht für jedes seiner Bilder zu. Von seinen zahlreichen
Kleinporträts sind manche ganz beachtlich und haben bei Fachleuten
Anerkennung gefunden. Eines von ihnen hat sogar die nicht ganz unverdiente
Ehre gehabt, in die Londoner Nationalgalerie aufgenommen
zu werden54).
Reizvoll ist auch ein Gesellschaftsbild, das sich jetzt in der
Galerie Gotha befindet und vermutlich aus dem Schloß Friedenstein
kommt. Es taucht zuerst im Katalog von Karl Aldenhoven
(1890) auf und wird dort irrtümlich Hermann van Aldewerelt zugeschrieben.
Karl Purgold-Gotha gebührt das Verdienst55), das nicht signierte
Bild richtig erkanntzu haben, nachdem er die Heimbachbilder
in Kopenhagen kennengelernt hatte. G. Göttsche sieht in dem Bilde,
das sie Tischrede nennt, einen Gesellschaftskreis, der der bürgerlichen
Schicht anzugehören scheint50). Ich vermute eine Hochzeitsgesellschaft,
die sich in einem Zimmer des Schlosses Rosenborg, das
zur Stadtseite hin liegt, versammelt hat. Das Brautpaar auf der rechten
Bildseite wird von einem Manne angeredet, in dem ich den
dänischen König zu erkennen glaube. Zur weiteren Analyse des Bildes
wird der Hinweis auf das Tapetenmuster wichtig sein. In gewissen
Abständen wiederholt sich darin das schleswigsche Wappen
mit den zwei schreitenden Löwen. Was liegt näher, als das Bild mit
40) Rüthning, G., Oldenburgische Geschichte, Volksausgabe, S. 321.
50) Verzeichnis der Kunst- und kunstgewerblichen Altertümer-Ausstel-
lung für das Großh. Oldenburg vom 15. Aug. bis 20. Sept. 1885, 5. Aufl.
51) Göttsche, G., a .a .O . S. 64 f.
5:

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 75
Corfiz Uhlefeldt (* 1604) in Verbindung zu bringen, der in jungen
Jahren einige Zeit am Hofe des Grafen Anton Günther Pagendienste
geleistet hatte, später in den letzten Regierungsjahren König Christians
IV. von Dänemark (f 1648) und während der ersten Regierungsperiode
seines Nachfolgers Friedrich III. der einflußreichste Mann57) in
Dänemark war und 1636 die Gräfin Eleonore Christine von Schleswig-
Holstein, die natürliche Tochter Christians IV. von Dänemark und
der Christine Munck heiratete? Möglicherweise sind auch seine beiden
Schwäger, der Vizekönig von Norwegen, Hannibal Sehestedt und
Penz, der Statthalter von Holstein, die Gatten der beiden anderen
Töchter der Christine Munck, zugegen.
Unter den zahlreichen Heimbachbildern, die G. Göttsche in ihrem
oft genannten Buche zeigt, fehlt das S. 76 (Werkverzeichnis Nr. 42)
erwähnte, 1661 entstandene und auf Kupfer gemalte, wohl Ulrik
Frederik Gyldenlöwe, den illegitimen Sohn des späteren Königs Friedrich
III. von Dänemark darstellend, dem sein Halbbruder Christian V.,
um ihn vor den Gyldenlöwen seines Großvaters Christian IV. auszuzeichnen,
das Prädikat Danneskjold verlieh. 1675 zum Statthalter von
Norwegen ernannt, heiratete er 1677 die am 4. August 1660 geborene
Gräfin Antoinette Auguste von Aldenburg, die Tochter des Grafen
Anton I. von Aldenburg58). Dem Vater wird es nicht leicht geworden
sein, seine Tochter diesem ausschweifenden und liederlichen, als
Wüstling bekannten Manne, der sich von seiner ersten Frau Cäcilie
Grubbe hatte scheiden lassen, zu vermählen.
Seit fünfzehn Jahren befindet sich dies Bild im dänischen National-Museum
Schloß Frederiksborg bei Hilleröd auf Seeland. Leider
wurde mir am 15. September 1930 nicht gestattet, es photographieren
zu lassen, da nach persönlicher Aussage des dortigen Konservators
Andrup „der Kauf desselben noch nicht publiziert war und noch
einige Untersuchungen über, wen das Bild stellt vor" erst vorgenommen
werden müßten. Nochmals von mir in dieser Richtung brieflich
unternommene Versuche blieben auch neuerlich erfolglos.
Ein Bildnis des Ulrich Christian Gyldenlöve aus dem Jahr
1659 ist uns nur durch den Kupferstich Albert Haelweghs erhalten
57) Über C. Uhlefeldt siehe auch G. Jansen, Nordwestdeutsche Studien,
Berlin 1904, S. 62 ff.) Neuerdings hat auch Margarete Boie das Leben der
Eleonore Christine und Corfiz Ulefeldts unter diesem Titel zum Gegenstand
eines Romans gemacht (Verlag Stalling, Oldenburg 1936).
M) M osen, R., Das Leben der Prinzessin Charlotte Am elie de la Tre-
moille, Oldenburg 1892, S. 80. — Oettinger, Ed. M., Gesch. d. dänischen
Hofes, Hamburg 1857, Bd. II, 103. Er gibt einen guten Einblick in die M ätressenwirtschaft
der dän. Könige.

76 Karl Sichart
und deshalb von G. Göttsche in ihrem Bilderanhang fortgelassen
worden. Dieser war der uneheliche Sohn König Christians IV.
von Dänemark und am 7. April 1630 auf Ilstrup (heute Jägersborg genannt)
geboren5“). Nach dem Tode Christians IV. (f 1648) trat Ulrich
Christian in die Dienste des Königs von Spanien. Einige Jahre später
kehrte er nach Dänemark zurück, wurde Generalmajor und starb
während der Belagerung von Kopenhagen am 11. Dezember 1658 auf
Schloß Skanderborg, fast 29 Jahre alt. Heimbachs Bild trägt das Jahr
1659. Es wurde also kurz nach dem Tode Ulrich Christians fertiggestellt.
Ein Rätsel steckt in den Zeitangaben des Bildes, wie
G. Göttsche (S. 59) irrtümlich meint, nicht.
Von den heute bekannten Heimbachbildern befinden sich jetzt
folgende im Oldenburger Landesmuseum: 1. Abendliche Unterhaltung,
von G. Göttsche „Zwei Männer im Gespräch" genannt“0), 2. Ritter in
der Schmiede61), 3. Wachtstube, von Göttsche Soldatenstube genannt"2),
4. Bildnis eines Unbekannten, 5. Rückkehr der hl. Familie aus Ägypten63).
Von 1, 3 und 4 hat G. Göttsche in ihrer Monographie keine
Abbildungen gegeben.
Zu der „Abendlichen Unterhaltung" macht Dr. Müller-W ulckow
nähere Angaben633). Sie ist nach ihm „ein aufs sorgsamste durchgeführtes
Kabinettstück". Er hält es nicht für ausgeschlossen, daß Oldenburger
Persönlichkeiten auf dem Bilde porträtiert werden. Mehr als
eine Vermutung will seine Deutung dieses Bildes natürlich nicht sein.
Zu Heimbachs bisher letztem Bilde aus dem Jahre 1678 ist
aus demselben Jahr noch ein zweites, (Lwd. 50 X 66 cm. Abb. im
Führer durch das Oldenburgische Landesmuseum S. 78) die W achtstube,
gekommen. Landesknechte haben in einem hallenartigen Raume
ihre Rüstung abgelegt. Soweit sie nicht an der Wand aufgehängt
werden konnte, ist sie wahllos auf die Erde geworfen worden. Im
Hintergründe haben die Landsknechte in der Nähe des Kamins zum
Kartenspiel Platz genommen. Die Ausrüstungsstücke sind vom Maler
in den Vordergrund verlegt und durch ihre detaillierte Ausmalung in
hellem Lichte zum Hauptthema geworden.
5“) O e 11 i n g e r , Ed. M., a. a. 0 . II, 103.
*°) G ö tts ch e , G., W erkverzeichnis Nr. 41.
61) G ö ttsch e , G., a. a. 0 . S. 66 f. W erkverzeichnis S. 76, Nr. 51. Trotz
der Signatur hat G. Göttsche Zweifel an der Urheberschaft Heimbachs. Abb.
bei Habicht, a. a. O. S. 295.
62) G ö 11 s c h e , G., W erkverzeichnis Nr. 53, T ext S. 67.
“ ) G ö 11 s c h e , G., a. a. O. Abb. 77, T ext S. 70.
03a) Vgl. den Führer durch die heimatlichen Altertümer des Landesmuseums,
S. 75 f.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 77
Eine überraschende Feststellung über Heimbach machte Theodor
Rensing 1940 in der Ztschr. „W estfalen", Heft 6, S. 174 ff. Er stellt
auf Grund eines Schriftstückes aus dem Gräflich Galenschen Archiv
in Münster, das wohl undatiert, aber sicher ins Jahr 1678 gehöre, fest,
daß Heimbach seine letzten Lebenstage als Maler im Dienste des
Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen zugebracht hat. In dem
betr. Schriftstück bittet der Neffe Heimbachs, W. Caesar, ihm eine
Geldsumme auszuzahlen, die die Rentkammer des Fürstbischofs dem
Maler schulde, weil dieser seinem Ohm „gewesenen stummen undt
tauben Hoffmahlern wegen seiner besonderen Mahler Kunst” als G ehalt
250 Reichstaler nebst freier Wohnung und für die Malerei Leinen
und Rahmen bewilligt habe.
Es kann aus dieser letzten Tätigkeit Heimbachs zunächst nur
e i n Bild namhaft gemacht werden, das auf Leinwand in der Größe
145X180 cm den Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen zu Pferde
W . H eim bach:
C h ristop h B ernhard
von G alen

Karl Sichart
darstellt und im Besitze des Grafen von Galen auf Haus Assen ist.
Für den, der Heimbachs Reiterbild des Grafen Anton Günther von
Oldenburg auf seinem Kranich kennt, das zwar nur in einem Stich von
J. Sandrart überliefert ist, besteht kein Zweifel an der Urheberschaft
des nicht signierten Bischofsbildes. Th. Rensing übersieht nicht die
Schwächen dieses Bildes, kommt aber zu dem Schlußurteil, daß es
dennoch, die monumentalste Verkörperung des Fürstbischofs, eine
Apotheose des Herrschers", ist, wenn es auch ebenso wie das Reiterbild
Anton Günthers, wofür Karel van Mander III. und Albert Freyse
Vorbilder waren, hinter dem Reiterbild des Peter Schout von Thomas
de Keyser (1596— 1667), dem berühmten Amsterdamer Porträtmaler
mit seiner klaren Plastik und kräftigen Charakteristik stark zurücksteht.
Ob Heimbach noch andere Gemälde während seines Münsterschen
Aufenthaltes geschaffen hat, müssen weitere Nachforschungen ergeben.
Außer den weiter oben im Oldenburger Landesmuseum festgestellten
5 Ölbildern besitzt unsere Stadt Oldenburg eine Rötelzeichnung
Heimbachs aus dem Jahr 1665, die Grablegung Christi darstellend.
Sie hat die Maße 33,3 X 23,8 und ist im Besitze des Oldenburger
Kunstvereins (Augusteum). Es ist durchaus möglich, daß Heimbach
bei dieser Zeichnung auf irgendein Vorbild zurückgegriffen hat,
wie G. Göttsche meint. Vor allem im Kopieren hat er sich ja mehrfach
betätigt. Uns interessiert hier nur das Kopiebild der Königin
Dorothea von Dänemark, der Tochter des Markgrafen Johann von
Brandenburg, jetzt in Kopenhagen (Schloßmuseum Rosenborg).
Sie heiratete 1449 als W itwe den Dänenkönig Christian I. aus
dem Hause Oldenburg, den Bruder des berüchtigten Grafen Gerd,
starb 1495 und ruht in der hl. Dreikönigskapelle der Domkirche zu
Roskilde. Das Bild zeigt sie betend. W egen der leinenen Kopfhaube
und des verhüllten Mundes als Symbol der Abgeschiedenheit vermuten
wir, daß das Original nach dem Tode der Dargestellten entstanden
ist. Ein Vergleich mit der Holbeinschen Madonna des Bürgermeisters
M eyer ist wohl am Platze, w o die erste, längst gestorbene
Frau des Bürgermeisters neben der zweiten auch das Haupt mit
einem Leinentuche stark verhüllt hat und zum Gebet niedergekniet
ist.
Drei weitere Bilder von Heimbach — Anton Günther, seine Frau
und ein gräfliches l amilienbild — habe ich im Oldenburger Jahrbuch
1942/43 veröffentlicht.
5. Johann Willinges
Zeitlich steht Heimbach auch Johann Willinges nahe. Obwohl
dieser seine Vaterstadt Oldenburg früh verließ und dort wohl

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger Malerei in der Grafenzeit 79
nie eine Beschäftigung gefunden hat, verdient auch er im Oldenburger
Jahrbuch einen Platz, da er nach dem Urteil Kurt Steinbarts
ein für seine Zeit tüchtiger Maler war“4). Von Theodor Riewerts
haben wir eine wertvolle Zusammenstellung und Würdigung seiner
W erke06). Nach ihm gebe ich hier seine wichtigsten Lebensdaten. Er
stammte aus Oldenburg, der Hauptstadt der damaligen Grafschaft.
W elche verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen ihm und den in
der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erwähnten Alert (1513) und
Gerd Willinges (1545)08) bestanden haben, läßt sich nicht mehr erweisen.
Sein Vater Johann Willinges d. Ä. begegnet uns nach unseren
heutigen Kenntnissen wiederholt zwischen den Jahren 1560 und 1570
als angesehener Meister des Schneideramtes und wohlhabender Besitzer
eines eigenen Hauses an der Langen Straße, die damals die
Wohnstraße der angesehensten Bürger war. Reinecke, Katharina,
Claus und Johann werden uns als seine Kinder genannt. Reinecke ist
um 1585 ledig gestorben; Katharina war in erster Ehe mit dem
Oldenburger Ratsverwandten und Kaufmann (Islandfahrer 1586)“7)
Gerd von Varel88), in zweiter mit dem Kanzler und Hofrat Dr. jur.
Benedikt Agrícola in Rudolstadt vermählt; Claus (f um 1631) gehörte
zu der vornehmen Zunft der Gewandschneider, d. h. Tuchhändler,
war Ratsherr und wiederholt Bürgermeister seiner Vaterstadt.
Über die Geburtszeit des Malers Johann Willinges können wir
keine Angaben machen. Wir wissen nur, daß er am 14. August 1625
als alter Mann gestörben ist. Aus seinem Selbstbildnis im Kreuzigungsbilde
Christi (St, Petri, Lübeck) für sein Alter Schlüsse zu
ziehen, ist zu gewagt. Riewerts wird recht haben, wenn er meint, daß
unser Maler spätestens 1560 geboren ist. Wann er nach Lübeck übersiedelte
und was ihn dazu veranlaßte, ist uns nicht bekannt. Aber er
fand dort lohnende Beschäftigung, die ihm besonders zufiel, seitdem
er 1590 Meister des Maleramtes geworden war und die W itwe eines
Meisters, des Sylvester von Swolle, geheiratet hatte.
Zahlreiche Bilder in den Kirchen Lübecks und anderswo, stoff­
lich dem Alten und Neuen Testament entnommen, haben sich bis in
84) Steinbart, K., Johann Liss, der Maler aus Holstein, S. 7.
85) Riewerts, Th., Johann W illinges in Lübeck (in Nordelbingen,
Bd. 14 (1938), S. 207 ff. — Hasse, P., Aus der Gesch. d. Lübecker Malerei,
1900, S. 4 f.
88) Oldenbg. UB. I, Nr. 376. — Old. Jb. III, 115 f.
67) Riewerts nennt ihn ungenau Gerhard von Fahrels. — Vgl. mein G eneralregister
zum Oldenbg. Jahrbuch.
°8) Oldenbg. Jb. 13, S. 46.

80 Karl Sichart
unsere Tage — nachweisbar bis 1940 — erhalten. Ihre Zusammenstellung
und Analyse können wir bei Riewerts nachlesen.
6. Johann (Hans) Stroy
Durch die Familienforschung des Prähistorikers Dr. Stroh am
Landesmuseum in Linz a. d. D. (Oberösterreich), dessen Familienname
sich von den niedersächsischen Flur- und Ortsnamen Strohe herleitet70),
ist jetzt noch ein anderer Oldenburger Maler ans Licht gezogen w orden.
Er ist ein Namensvetter von Dr. Stroh und schrieb sich Johann
(Hans) Stroy oder Stroe.
Für die Aussprache dieses Familiennamens hat man sich klar zu
machen, daß in der mittelniederdeutschen Zeit des 16. Jahrhunderts
die langen Vokale durch einen nachgeschriebenen Vokal von gleicher
oder verschiedener Qualität gekennzeichnet sein können71). Solche
nachgeschriebenen Vokale sind oi, oy, oye und i (z. B. westf. jair =
jahr). Von diesem rein graphischen Stroy oder Stroe des 16. Jahrhunderts
ist das phonetische Stroje des heutigen Ammerlandes zu
trennen, worin — je der Dativ des patronymischen -ing ist. Bei Stroy
und Stroje liegt also kein Diphthong (oi-Aussprache), sondern nur die
graphische Bezeichnung des langen ö vor72).
Die von Thieme-Becker gebrachte Form Stroia könnte eventuell
die friesische Form des sonst niedersächsischen Familiennamens sein73).
Auch in dieser Form handelte es sich wohl um keine oi-Aussprache,
sondern das i bezeichnete nur die Länge des voraufgegangenen o, so
daß Stro-a zu sprechen ist.
Mit unserer heutigen Bedeutung Stroh (halm), lat. stramentum,
haben die Familien-, Orts- und Flurnamen Stroh natürlich nichts zu
tun, wenn auch das sog. redende Wappen unseres Malers dieser An­
nahme zugrunde liegt. Im Münchner Malermeisterbuch74) ist es abgebildet:
in Rot drei silberne Herzschilde 2:1, auf den Schild gelegt
Obenstrohe b. Varel, Gut Strohe b. Langförden, „im Stroh" zwischen
Bakum und Stukenborg b. Vechta, Sielstroh im Ammerland, Strohe (1186
Stroden) d. i. ein Teil von Pente b. Osnabrück, beim Strohe (1080 Stroden)
d. s. Häuser b. Cloppenburg, Ströhen (1380 Stroden) Kr. Lübbecke u. Kr. Sulingen,
Strodthaus (16. Jahrh. im Strohe) d. i. ein Hof b. Gütersloh, Stroden
(1538 im Ströhe), Ksp. Kolnrade usw.
71) Lasch, A., M ittelniederdeutsche Grammatik, 1914, § 22.
72) Nach einer handschriftlichen Notiz von Dr. Erich Nörrenberg in
Münster (Westf).
73) T h ie m e -B e ck e r , Künstlerlexikon, 32. Bd., S. 203.
74) Stadtarchiv München, Malermeisterbuch, fol. 14.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 81
zwei gekreuzte Strohhalme; bewulsteter Stechhelm, die Helmzier ein
goldenes Bund Stroh, die Helmdecke rot, silber und gold.
Der Familienname Stroh geht vielmehr auf das altsächsische ströd
zurück, das eine Niederung mit buschartigem W ald ist und oft einer
Siedlung dort den Namen gegeben hat75).
Die Sippe der Stroys ist weitverbreitet. W ir finden sie im hollän­
dischen Friesland7“), in Ostfriesland77), auf der Friesischen Wehde78)
und im Ammerland der alten Grafschaft Oldenburg70). Noch in der
Zeit von 1801— 1823 ist der Name Stroy in den Kirchenbüchern wiederholt
eingetragen worden, kommt aber später nicht mehr vor.
Trotz eifrigen Suchens nach geeignetem Material für eine Biographie
unseres Malers durch Dr. Stroh, das mir freundlichst zur Auswertung
überlassen und auf Grund eigener Nachforschungen in München
von mir ergänzt wurde, ist doch der Ertrag nicht bedeutend.
Hans Stroy hat wie Johann Willings fern von seiner Heimat gelebt
und gewirkt. Er war wie jener ein etwas älterer Zeitgenosse Wolfgang
Heimbachs. Sein Geburtsjahr ist uns nicht bekannt; er scheint aber,
wenn Rückschlüsse zu machen erlaubt ist, um 1585 geboren zu sein.
Wenn der Bearbeiter des Stroy-Artikels in Naglers Künstlerlexikon
ihn „Maler von Zetel in Bayern" nennt, so ist das in dieser Fassung
unrichtig, denn in Bayern gibt es keinen Ort Zetel80). Die Ortsangabe
Zetel ist dem Malermeisterbuch entnommen81). Es ist das oldenbur-
gische Kirchdorf Zetel auf der Friesischen Wehde, die von der Eisenbahn
Ocholt— Ellenserdamm durchschnitten wird. So wird er denn ein
7S) G a d e , H., Hist.-geogr.-stat. Beschr. der Grafsch. Hoya u. Diepholz,
1901, II 283. — Osn. UB. I z. J. 1080. — Förstemann, Ortsnamen II 910. —
Dobenecker, O., Regesta diplom. historiae Thuringiae, II 252.
7e) W in k ler, J., Friesische Naamlijst, 1898: Stroode, Stroo, Stroie,
Stroye; Geschlechtsnam: Strooyinga, Stroyinga.
77) Staatsarchiv Aurich, Personal-Schatzungsregister von 1657 u. 1663
unter Schirum b. Aurich: Johann Stroy, Jürgen Stroh, Gerd Stroe.
78) Staatsarchiv Oldenburg: Das Zeteler Mannzahlregister von 1635 enthält
einen Wehrpflichtigen namens Gerdt Stroie und einen W ilke Stroie; das
des Jahres 1657 führt auf: Gerdt Stroy, Häusling zu Zetel, Johann Stroeye,
M eier zu Schweinebrück, Syveke Stroye zu Bohlenberge bei Zetel.
70) B a a s e n , K., Das Ammerland, Nr. 12: Hüllstede, Gem. W esterstede
1581 Dirich Stro, 1622 Bruneke Stroye (Old. Jb. IV 102); Nr. 54: Osterscheps,
Gem. Edewecht 1581 Johann Stroy, 1627 Heinrich Strödingk, 1681 Johann
Stroie. In Edewecht ist 1456 ein Ratmann Hanneke Stroye belegt.
80) N a g 1 e r , G. K., Neues allgemeines Künstlerlexikon, München 1847,
Bd. 17, S. 493.
81) München, Stadtarchtiv, Malermeisterbuch, fol. 14.

82 Karl Sichart
andermal „Maler aus der graveschafft Oldenburg" genannt82} und „aus
Oldenburg" gebürtig bezeichnet“3). Und wenn er auch einmal „Maler
aus Friesland" heißt84), so ist damit die Friesische Wehde gemeint, die
mit der Zeit (1428) in den Grafschaftsbezirk des Ammerlandes hineingewachsen
ist und schon 1108 Veranlassung war85) , den Grafen Egilmar I.
„comes in confinio Saxoniae et Frisiae", d. h. des Ammerlandes, zu
nennen88)»
W ie lange Stroy noch in seiner Heimat gelebt hat, ist uns ebensowenig
bekannt. Sein Maltalent ist aber nach seiner eigenen Aussage
durch seinen Landesherrn, den kunstliebenden Grafen Anton Günther
„aus Verlag“ gefördert worden87). Bald, im Jahr 1613, zog es ihn, den
..Malergesellen“ , dann nach München, der Stadt der kunstliebenden
Wittelsbacher. Hier fand er, was er suchte. Und als gläubiger Christ
fühlte er sich von dem religiösen Leben der katholischen Bayern so
sehr angezogen, daß er „nach vorhergehender Unterweisung von Herzen
zur katholischen Kirche übertrat"88).
Ferner liegt ein Bericht, der nicht datiert, aber der Schrift nach
wohl um 1615 geschrieben ist, „aines Handwerchs der Maler et cons.
contra Joh. Stroy Malergesellen" vor89). Die Münchener Malerzunft
bat darin den Rat der Stadt, von der in ihren Sätzen und Ordnungen
aufgestellten Bedingungen, daß niemand als Meister zugelassen werden
soll, wenn er nicht „briefliche Urkunden von den Orten, daher er gebürtig
ist, gebracht und aufgelegt, seine eheliche Geburt, und daß er
frumb und wohlbeleumbt sei, er auch das Handwerk redlich gelernt
und erstanden habe“ keinesfalls abzugehen, vor allem auch, um keinen
Präzedenzfall zu schaffen. Diese Bitte an den Rat stellte die Malerzunft
deshalb, weil sie aus einer heute nicht mehr nachweisbaren
Supplikation des Johann Stroy entnommen hatte, daß dieser „zu den
Meisterstücken vermeintlich begehrn thuet, so er doch umb Erlernung
seines Handtwerchs nur ein schlichten vorgeblichen Schein : und aber,
das er ehelich geborn und nit leibaigen seye, gar nit für- und aufzulegen
hat. Er gibt gleichwohl für, er khündt seinen Geburtsbrief über allen
angewendten Vleiß und Bemühung nit bekommen, wie es aber aigent-
82) Bayrisches Hauptstaatsarchiv, Abt. Kreisarchiv.
**) Stadtarchiv München.
M) Oldenbg. Jb., Bd. 43 (1939), S. 29.
“ ) Old. UB. I 17. — Osn. UB. I 223.
“ ) Old. Jb., Bd. 43, S. 29.
87) Bayrisches Hauptstaatsarchiv, Abt. Kreisarchiv.
“ J Ebendort, München.
®°) Stadtarchiv München, C VI i 726 I.

Beiträge zur Geschichte der Oldenburger M alerei in der Grafenzeit 83
lieh damit gewandt, khünen wir nit erachten. Es ist bewußt, das vil
andere alhie wohl von verneren und etwa gefährlicheren Ortten ihren
Geburtsbrief bringen müssen."
Vermutlich ist diese Stellungnahme der Malerzunft der Grund für
Stroys (undatierte) Eingabe an den Herzog Maximxilian von Bayern
mit der Bitte um eine Empfehlung an den Grafen Anton Günther, durch
dessen Vermittlung er sich eine Geburtsurkunde aus seiner Heimat
holen wolle80).
Am 9. Januar 1616 erwarb Hans Stroy das Bürgerrecht der Stadt
München und zahlte dafür die normale Gebühr von 3 Schillingen und
6 Pfennigen01). Am 16. März desselben Jahres hat er „bürgerlich Pflicht
getan“ 03).
Zu seinem Wappen im Malermeisterbuch der Stadt München setzte
er die Notiz: „Anno 1616 bin ich Johannes Stroe Maller von Zetel hier
Meister worden und zu Oldenburg beim Wichhelm Riethausern gelrenet“
. (So wörtlich vom Stadtarchiv München mitgeteilt!)
Seit dieser Zeit nahm er auch Schüler auf. Im Jahre 1618 dingte
er den Johannes Neumayr, den Sohn des Kunstführers W olf Neumayr,
und 1621 trat Anton Hannemann bei ihm in die Lehre03).
Was wir heute über Stroys Berufstätigkeit wissen, ist leider noch
dürftiger als das, was uns von seinem Leben bekanntgeworden ist. W ir
wissen zur Zeit nur von ihm, daß er zusammen mit Hans Thunauer
(Donauer), Hans Oberhofer und Johann B. Geyrer 1616 Gewölbemalereien
in der oberen Halle zur Kaisertreppe der Münchener Resi­
denz ausführte04).
Prof. Dr. Ernst Gall-München (Nymphenburg) spricht deshalb die
Vermutung aus, daß Hans Stroy nur vorübergehend im Kunststabe des
Herzogs Maximilian I. von Bayern tätig gewesen ist05). Eine Umfrage
über ihn bei den Münchener Dozenten für Kunstgeschichte Dr. Alb.
Bockler und Dr. Franz Roh blieb ohne Antwort.
°°) München, Bayr. Hauptstaatsarchiv, Abt. Kreisarchiv München.
01) München, Stadtarchiv, Kammerrechnung 1615, fol. 62.
°-) München, Stadtarchiv, Ratsprotokoll 1616, fol. 52.
03) Nagler, G. K., Neues allgemeines Künsterlexikon, 1847.
M) Hätle, Chr., Geschichte der Residenz, 1883. Kunstdenkmäler Bayern I
1146. — Bassermann, E., Die dekorative M alerei der Renaissance am bayrischen
Hofe, 1900. — Amtlicher Führer des Residenzschlosses in München.
M) Briefl. Mitteilung vom 10. Juli 1947.

Richard tom Dieck
Leben und Wirken eines Oldenburger Malers
(1862— 1943)
Von Anna Martens
In den ersten Tagen des Jahres 1943 verschied Richard tom Dieck,
nachdem er kurz zuvor sein 80. Lebensjahr vollendet hatte. Ein Leben,
für die Stadt Oldenburg von besonderer Bedeutung, war damit abgeschlossen.
Er war der letzte seiner Familie, die alteingesessen in der Oldenburger
Heimat wurzelte. Noch einmal schenkte die Natur in reichem
Maße das wertvollste Erbgut einem Auserwählten, der damit der
Mittler der besten geistigen und charakterlichen Werte wurde, die
aus der Heimat wachsen und bleiben werden. Während seines ganzen
Lebens hing er an seiner Heimatstadt mit besonderer Treue und hat
ihr in seiner stillen, ehrlichen und vornehmen Art gedient aus innerer
Notwendigkeit.
Ihr vermachte er den ganzen künstlerischen Reichtum, welchen er
während seines Lebens schuf und sammelte.
Die W orte Menzels, welche dieser als Schluß von „Künstlers
Erdenwallen" setzte, gelten auch für Richard tom Dieck:
„Der Baum ist zwar gefallen, aber erst da er am Boden liegt,
übersieht man die Herrlichkeit seiner Fruchtpracht, und über ihm
steigt leuchtend das Gestirn des Tages auf."
Richard tom Diecks Vater war der Kaufmann Diedrich tom Dieck,
der an der Langen Straße und Ecke Wallstraße das alte ehrwürdige
Haus besaß, welches noch ziemlich gut in der alten Bauweise erhalten
ist. Verheiratet war er mit Eleonore Lange, dem jüngsten
Kinde des J. O. Friedr. Lange. Nach den erhaltenen Schriften ist es
aufschlußreich festzustellen, wie aus diesen beiden Wurzeln die verschiedenen
Wesensarten ihrer Familien sich in Richard tom Dieck
vereinigten und harmonisch entwickelten. Von der tom Dieckschen
Seite, die ursprünglich bäuerlicher Abkunft war, erbte er die sinnige,
zurückhaltende Art, seine anständige Gesinnung und große Natur-

Richard tom D ieck (1862— 1943) 85
liebe, während die künstlerische Veranlagung und seine geistige Regsamkeit
Langesches Erbgut sind.
Am Sonntagmorgen, den 9. November 1862, wurde Joh. Heinrich
Richard tom Dieck, als Nachkömmling von drei Geschwistern, während
die Glocken auf dem Lappan läuteten, im Hause an der Langen Straße
geboren. Seine ersten Jugendjahre waren glücklich in dem wohlhabenden
Elternhause. Schon früh entwickelte sich sein Trieb zum
Zeichnen und Malen, auch war er geschickt und erfinderisch, um seine
kleinen Liebhabereien zu verwirklichen. Den ersten Pinsel machte er
sich von Haaren, die er seiner Schwester abschnitt und mit einem
Zwirnsfaden um ein Stöckchen band. Da dieser Pinsel aber doch etwas
widerhaarig war und allzuviele Striche verschiedener Richtung zog, so
hatte der Vater ein Einsehen und schenkte ihm den ersten Tuschkasten
und richtige Pinsel. Als er etwas größer war, klebte er sich ein Puppentheater
zusammen, das erste Vorspiel zu seiner späteren langjährigen
Tätigkeit. Zugleich machte sich aber auch der Hang zum Alleinsein
geltend. Er langweilte sich dann nie, es gab soviel zu beobachten; selbst
bei naßkaltem Wetter hockte er manchmal gern unter oder hinter
einem Busch, um ein wenig zu träumen und zu sinnieren und die ganze
melancholische Stimmung auf sich wirken zu lassen. Noch im Unbe­
wußten regte sich in ihm der dichtende Maler, als welcher er es später
zur Meisterschaft brachte.
Der kleine Richard kam 1869 zur Vorschule am Waffenplatz,
nach drei Jahren zog er auf das Gymnasium im alten Graf-Christoffer-
Haus an der Mühlenstraße. Das Lernen wurde ihm leicht. Als echter
Junge war er zu harmlosen Streichen mit anderen Spielkameraden
stets aufgelegt, doch verabscheute er jede Roheit und suchte nicht
aus Streitsucht Händel. Inzwischen war sein Vater schwer erkrankt,
er hatte geschäftliche Verluste, das schöne alte Haus und Geschäft
mußten nun verkauft werden. Richard, der eigentlich für das Studium
von Naturwissenschaft oder Architektur vorbereitet werden sollte,
mußte den Besuch des Gymnasiums 1878 abbrechen und zum rascheren
Abschluß seiner Schulbildung die neugegründete Realschule beziehen,
die er nach weiteren zwei Jahren verließ. Aus seinen Schulzeugnissen
erfährt man von keinem Musterschüler, er ist nicht ehrgeizig.
Doch wird ihm bei seinem Abgange von der Schule zuerkannt,
daß „seine Kenntnisse und Interessen einer allgemeinen Bildung über
den engen Rahmen des reinen Schulwissens hinausgehen."
Nachdem der Tod seinen Vater von qualvollem Leiden erlöst
hatte, blieben wenig Mittel. Richard entschloß sich, Dekorations- und
Theatermaler zu werden, um möglichst rasch Geld zu verdienen und

86 Anna Martens
doch zugleich in Ausübung seiner natürlichen Begabung zu bleiben.
Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten zog er 1880 schweren Herzens
und leichten Beutels nach Berlin, um beim Theatermaler Lechner die
einschlägige Malerei zu erlernen. Vom Großherzog Peter v. Oldenburg
war ihm für 2 Jahre ein Stipendium von 300 M. jährlich zur handwerklichen
Ausbildung ausgesetzt worden. Die Anleitung bei Lechner befriedigte
ihn nicht, jedoch nutzte er jede Möglichkeit, um sein Wissen
und Können in jeder W eise zu bereichern.
Gelegentlich lernte er den bedeutenden Wand- und Dekorationsmaler
Schaller kennen, der ihn gern als Schüler bei sich aufnehmen
wollte. Leider sah Richard tom Dieck sich gezwungen, dies verlockende
Angebot abzulehnen, da er an möglichst baldiges Verdienen denken
mußte. Doch sorgte Schaller dafür, daß er im September des Jahres
in das Atelier der Gebrüder Brückner in Koburg aufgenommen
wurde. Diese waren tüchtige Maler und lieferten hervorragende Theaterdekorationen
für alle großen Bühnen Deutschlands, besonders für
Bayreuth. Um die Hilfe seiner Mutter nicht länger in Anspruch zu
nehmen, trat er ein Jahr später bei dem Theatermaler Lütkemeyer
am gleichen Ort ein. Er verdiente jetzt in zwar sehr bescheidenem
Maße (25 Pf. Stundenlohn). An die Jahre in Koburg erinnerte er sich
gern und hat die Stadt im Alter öfter aufgesucht. Er hatte dort M enschen
gefunden, die ihm zusagten.
Bis soweit war seine militärische Dienstzeit hinausgeschoben
worden. 1884 mußte er sich wieder zur Musterung in Oldenburg
stellen. Er wurde tauglich befunden, aber als überzählig ausgelost.
Während er zur Regelung seiner Militärsachen 1884 in Oldenburg
war, trat der Oldenburger Hoftheatermaler Mohrmann an ihn
heran mit dem Anliegen, ihm bei seinen vielen Arbeiten zu helfen.
Richard tom Dieck lockte die entschieden selbständige Stellung, und
er willigte ein. Damit ließ er freilich seinen Plan fallen, zum weiteren
Studium nach München zu gehen, denn Geldverdienen stand zwangsläufig
für seines Lebens bescheidenste Bedürfnisse noch immer im
Vordergrund. Das Theater in Oldenburg war damals unter Devrient
auf der Höhe. Nun ging für ihn ein eifriges Schaffen an, bei welchem
oft manche Nächte in behelfsmäßigen Räumen bei ungenügender Petroleumbeleuchtung
und Heizung im Winter durchgearbeitet wurde. Im
Laufe der Jahre fanden sich auch Gerhard Bakenhus, August Oetken,
der seine erste Lehrzeit dort verlebte, und W . Morisse auf dem
Malersaal des Hoftheaters für kürzere oder längere Zeit ein.
Im Jahre 1885 war die Gewerbeausstellung auf dem Pferdemarktplatze.
Richard tom Diecks alter Gönner und Förderer Oberkammer-

Richard tom Dieck (1862— 1943) 87
herrherr von Alten, der ihn durch alle Jahre im Auge behalten hatte,
übertrug ihm dazu die Ausgestaltung der Gemäldeausstellung aus dem
wertvollen Besitz des Großherzogs Peter. Das war eine schöne und
ehrende Aufgabe für Richard tom Dieck und zeigte gleichzeitig, welch
großes Vertrauen von maßgebender Seite der 23jährige Maler schon
damals genoß. Zugleich arbeitete er auch mit an der Dekoration für die
große Ausstellungshalle, die Mohrmann übernommen hatte. Die folgenden
Jahre brachten neben den üblichen Arbeiten für das Oldenburger
Theater auch solche nach auswärts.
Infolge zu großer Inanspruchnahme stellte sich zuerst 1887 an
der rechten Hand ein Krampf ein, der es ifyn unmöglich machte, diese
Hand weiter handwerklich anzustrengen. Mit großer Energie schulte
er nun die linke Hand, die alle Arbeit des Pinsels übernehmen mußte.
Leider versagte im Winter 1888— 1889 in gleicher Weise auch diese.
Nachdem er alle möglichen Pläne für seine Zukunft erwogen hatte,
entschloß er sich im Sommer, seine wenigen Ersparnisse zu einer Kur
bei einem orthopädischen Facharzt in Frankfurt a. M. zu gebrauchen.
Der Erfolg war nur gering. In den nächsten 10 bis 15 Jahren arbeitete
er zur Entlastung bestimmter, überanstrengter Muskeln nur mit einem
Gummiring. Den Aufenthalt in Frankfurt am Main hatte er zu seiner
weiteren künstlerischen und kunsthistorischen Ausbildung fleißig im
Städelschen Kunstinstitut ausgenutzt.
Wieder daheim, mußte er in den Jahren 1889— 1891 eine große
Anzahl von Dekorationen für das Stadttheater in Göttingen machen
und außerdem die Dekorationen für das Oldenburger Theater, dessen
Gebäude am 24. November 1891 abgebrannt war, neu anfertigen.
In der sehr idyllisch belegenen alten Pastorei Haarenstraße 29
befand sich seit 1888 eine Kunstgewerbeschule, an welcher Richard
tom Dieck außerdem den Unterricht übernahm. Anfangs unterrich­
tete er im Winter nur nachmittags, später auch abends durchschnitt­
lich 120 Schüler. Sein Gehalt betrug jährlich 600 bis 700 Mark. Nachdem
1891 der Kunstgewerbeverein das Klävemannsche Haus am Stau
gekauft hatte, wurde auch der Unterricht der Kunstgewerbeschule
dorthin in das Stallgebäude bei Petroleumbeleuchtung verlegt. Mit
welcher Gewissenhaftigkeit und überlegenem Können er seine übernommenen
Pflichten ausführte und wie er Disziplin zu halten wußte,
davon erzählen die älteren Handwerker, besonders die Malermeister,
mit großer Achtung. Die Vorbereitung für diesen Unterricht wurde
für ihn selbst zu einer belebenden Quelle des Wissens auf allen einschlägigen
Gebieten. Mathematik wurde eine seiner stillen Leiden-

88 Anna Martens
schäften und die darstellende Geometrie sein besonderes Steckenpferd.
Als der alte Kustos der Gemäldegalerie im Augusteum, Diedrichs,
erkrankt, hält es der Oberkammerherr von Alten für erforderlich,
eine geeignete Persönlichkeit zu bestellen. Er findet in dem D ekorationsmaler
tom Dieck die einzige dafür passende Persönlichkeit.
Die Bedenken tom Diecks, daß er sich aus charakterlichen Gründen
nicht zum Hofmann eigne, zerstreut sein gütiger Gönner mit den
W orten: „Gerade weil Sie offen und ehrlich sind, sind Sie besonders
geeignet", und sichert ihm zu, daß diese Stellung fortan ganz außerhalb
des Hofzeremoniells und allem, was damit zusammenhängt,
stehe. Er wird darauf vorläufig für drei Stunden täglich von 11 bis
14 Uhr verpflichtet. Außerdem erhält er freie Wphnung und Feuerung
und die Benutzung der Werkstatt im Augusteum. Am 26. April
1893 zieht er dort ein. Die Theatermalerei übt er nur noch morgens aus.
Auf Veranlassung des Oberkammerherrn von Alten fährt tom
Dieck Mitte März 1894 nach Dresden, um unter dem Schutz des Direktors
der Königlichen Gemäldegalerie Woermann einigen Unterricht
in der Kunst der Behandlung älterer und neuerer Gemälde zu
nehmen, und wird dazu dem Restaurator Nahler und Konservator
Müller überwiesen, die ihn mit der handwerksmäßigen Seite der Herstellungsarbeiten
bekannt machten. Von Alten beauftragt tom Dieck
ferner, sich für ihn nach Kupferstichen umzusehen, und bittet ihn, auf
seiner Rückreise Mitte Juni zu ihm nach seinem Gut Ricklingen bei
Hannover zu kommen. Es war dies das letzte Zusammensein mit von
Alten, denn kurz nach seiner Heimkehr erhält tom Dieck die Mitteilung
von dem Tode des alten Herrn. Für ihn war dies ein schmerzlicher
Verlust, er hatte von Alten aufrichtig verehrt, er sah in ihm
den wirklichen Edelmann, der mit großem Verantwortungsgefühl die
Pflichten seines Standes auffaßte und kulturelle Fragen in Oldenburg
aufs wärmste förderte.
Zu Oberkammerherrn von Friesen, dem Nachfolger von Alten,
kommt tom Dieck bald in ein gutes Verhältnis. 1895 wird mit dem
Umbau des alten Schlosses begonnen, und zugleich wird die Neuordnung
der wertvollen Großherzoglichen Bibliothek und der reichen
Kupferstichsammlung durch tom Dieck vorgenommen. Anschließend
werden alle Gemälde des großherzoglichen Besitzes einem gründlichen
Durchordnen, Reinigen, Restaurieren und Katalogisieren unterzogen.
Zuerst fährt er im Sommer 1898 und 1899 nach Eutin. Dort
hängen viele Bildnisse der Familie Gottorp, bei vielen von ihnen
fehlte jede Bezeichnung, was die Aufgabe sehr erschwerte. Aber tom

Richard tom Dieck
F o to : A. M artens

Richard tom D ieck (1862— 1943) 89
Diecks Forschcrtrieb und vorsichtige gründliche Reinigung förderte
fast alles zutage. 1900 nimmt er die Jeverschen und Rasteder G emälde
in gleicher Weise in Behandlung und Obhut.
Im gleichen Jahr wurde Freiherr von Bothmer Oberkammerherr.
Am 24. April 1900 erhielt tom Dieck seine Ernennung zum Konservator
der Großherzoglichen Gemäldesammlung. Er ging nun an eine
Neuordnung der kostbaren Gemäldesammlung im Augusteum1).
Die Gewerbeausstellung auf dem Dobbengelände 1905 brachte
auch eine Kunstausstellung nordwestdeutscher Künstler, die sorgfältig
ausgewählt in dem feinen Pavillon nach dem Entwurf von Peter
Behrens einen bedeutenden Erfolg hatte, auch tom Dieck ist mit
einem großen Gemälde vertreten. Er hatte die geschäftliche Leitung,
die gute Abschlüsse zeitigte.
Das künstlerische Leben regte sich in Oldenburg. Professor Winter,
Bakenhus und tom Dieck gründen den Oldenburger Künstlerbund,
sie üben einen frischen, belebenden Einfluß auf den Oldenburger
Kunstverein aus, dessen damaliger Vorstand nicht den Forderungen
seiner eigentlichen Aufgaben gewachsen war. Mit anderen
Gleichgesinnten gründete to m Dieck den Verein der Kunstfreunde.
Dieser richtete im Augusteum ein Lesezimmer ein, in welchem fast
alle wertvollen Kunstzeitschriften des In- und Auslandes auslagen.
dazu wurden viele Bücher über Kunst angeschafft. Im Winter wurden
die bekanntesten Kunstgelehrten Deutschlands zuVorträgen eingeladen
mit von Jahr zu Jahr wachsendem Besuch.
1906 wird tom Dieck Mitglied des Vorstandes des Kunstvercins.
Ein schwerer Verlust war für R. tom Dieck 1906 der Tod seiner
Mutter. Bei ihm selbst hatte sich 1899 eine nervöse Magenerschlaffung
gezeigt, er lebte seitdem ganz vegetarisch. Diese Lebensweise
wirkte sich bei ihm sehr günstig aus, und er blieb ihr treu bis zu
seinem Ende.
Die Jahre bis zum Weltkriege 1914 sind verhältnismäßig ruhiger
Aufbau- und Weiterarbeit gewidmet. In treuester Pflichterfüllung
stehen alle übernommenen Arbeiten und Ämter bei ihm stets im Vor-
') Das Augusteum ist seit 1867 Eigentum des Kunstvereins, zugleich ist
es ein Denkmal für den Großherzog Paul Friedrich August, der allen Fragen
von Kunst und Kultur die größte Aufmerksamkeit widmete, selbst sammelte
und dessen Lieblingsgedanke eine Kunsthalle war. Nach ihm wurde der Bau
Augusteum benannt. Eine Gemeinschaft hatte die nötigen Mittel gesammelt,
der damalige Großherzog Nikolaus Friedrich Peter, der ein ebenso
eifriger Freund der Kunst war und gleichfalls sammelte, half mit dazu und
stiftete den Gund und Boden. Erbaut wurde das Augusteum durch Hofbaurat
Klingenberg.

90 Anna Martens
dergrund. Die großherzoglichen Kunstschätze, Galerie, Graphiksammlung
und Kunstbibliothek zu betreuen, ist ihm zugleich Herzenssache.
Abends erteilt er den Unterricht in der Kunstgewerbeschule. Im Vorstand
des Kunstvereins ist er eine anregende, treibende Kraft, die
ganz besonders an der praktischen Ausführung der beschlossenen
Pläne für Ausstellungen und der damit verbundenen Arbeiten den
tätigsten Anteil hatte. Zugleich ist er das vermittelnde Glied zum
Künstlerbund, zu dessen Vorstand er viele Jahre gehörte. Aus der
anständigsten Gesinnung gegenüber den Berufsgenossen des Bundes
stellt er seinen persönlichen Vorteil ganz zurück. „Er ist der Aristokrat
unter uns", charakterisierte ihn einst Prof. Winter, und ein
anderes Mal sagte er: „tom Dieck ist unser gutes Gewissen." Seine
ruhige, zugleich gütige und gerechte Art verschaffte ihm eine seltene
Autorität.
Als Restaurator von Gemälden hat er es nach der Schulung in
Dresden, besonders aber durch eigenes Studium zu einem meisterlichen
Können gebracht. Sehr viele durch seine Hände gegangenen
Bilder sind nicht nur gut wiederhergestellt worden, wobei er jede unnötige
Übermalung vermied und nur wirkliche Lücken ausbesserte,
sondern sie sind auch durch eine erhöhte Haltbarkeit gesichert w orden.
Es ist außerordentlich zu bedauern, daß sich keine junge Kraft
fand, die die Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Gebiet von ihm
lernen wollte, er hätte sie ganz gewiß gerne mitgeteilt. Die Technik
der Malerei hat tom Dieck sein ganzes Leben hindurch untersucht
und ausprobiert. Aus hinterbliebenen, an ihn gerichteten Briefen geht
hervor, welch großes Vertrauen ihm allerorts auf dem Gebiete der
Gemäldekunde, der Erhaltung und Wiederherstellung entgegengebracht
wurde
Mit Bedacht und nie erlahmender Ausdauer sammelte er auf
verschiedenen Gebieten, die für die Kultur der Heimat in Betracht
kamen. Seine eigene Graphiksammlung mit Arbeiten aus dem
19. Jahrhundert, die er der Stadt Oldenburg vermachte, ist mit G eschmack
und Sachkenntnis in den für ihn bedingten Grenzen zusammengestellt.
Aufschlußreich für seine geistige Haltung war auch seine Bücherei.
die weniger der Unterhaltung als der Forschung und Erbauung
diente. In ihr waren seine guten Freunde, mit welchen er in stillen
Stunden Zwiesprache hielt und denen er sich verbunden fühlte über
Zeit und Ort.
Seine persönlichste und wertvollste Arbeit war natürlich, wenn
er sich als Maler und Künstler betätigen konnte. Dann war er von

Richard tom D ieck (1862— 1943) 91
seiner Arbeit so eingenommen, daß er keine Müdigkeit fühlte, keine
Hitze und Kälte und kein Regen ihn störte. Durch kleine praktische
Erfindungen hatte er sich sein Handwerksgerät so vervollkommnet,
daß es ganz seinen Bedürfnissen angepaßt war. Er liebte die freie
Natur und war der glücklichste Mensch, wenn er sie ungestört in
ihrer großen Erscheinung wie in den kleinsten Einzelheiten beobachten
konnte, den Himmel mit dem Zug der Wolken, die eigentümliche
Schönheit unserer niederdeutschen Ebene. Er studierte die
W olken so gründlich in jeder nur möglichen Formung, zu jeder Tagesund
Jahreszeit, daß er die Stimmungen seiner Landschaften unzweideutig
formen konnte. Niemals waren seine Zeichnungen und Malereien
ein ängstliches Abschreiben der Natur. W eil er jede Einzelheit
in der Landschaft kannte, hatte er die Fähigkeit, sie in seiner persönlichen
Art künstlerisch zu beherrschen und vergeistigt zu gestalten.
Nie fühlt man bei seinen Bildern sowie den Skizzen und Studien
die „A rbeit". In den späteren Jahren entstand jedes Bild in
einem Guß. Befriedigte es ihn nicht, wurde es vernichtet. In ganz
kleine Bilder wußte er eine so große Auffassung hineinzulegen, daß
der Beschauer, der Verständnis hat, nicht das kleine Format merkt.
Der geistige Funke zündet. Dies ist das Geheimnis der wahren Kunst.
Immer aufgeschlossen war er den Arbeiten anderer Künstler
gegenüber, er war ein vorurteilsloser Sachkenner jeder Richtung und
Art in der bildenden Kunst.
Seine Naturliebe war auch der Grund für die bedeutenden Kenntnisse
auf dem Gebiete der Geologie, Flora und Fauna, aus ihr wuchs
auch die Pietät dem gewachsenen Alten gegenüber. Selbstverständliche
Gebote waren ihm Natur- und Heimatschutz, deren Vereinen er
die längste Zeit seines Lebens bis zu seinem Tode fördernd angehörte.
Eine gedankenlose Verschandelung brachte ihn in eine fast leidenschaftliche
Erregung.
Sehr unangenehm empfand er einen nachlässigen Gebrauch der
deutschen Sprache, der er seine ganze Aufmerksamkeit widmete.
W ie bewunderte er das geniale Können unserer großen Dichter und
Philosophen, ihre Gedanken mit den reichen Ausdrucksmöglichkeiten
. der deutschen Sprache zu formen.
Ebenso liebte er die Musik, die ihn erhob und belebte.
Im allgemeinen war seine Lebenshaltung einfach, ernst und zurückhaltend,
und doch konnte er bei manchen Gelegenheiten von
größter Heiterkeit sein. Humor und geistvoller Witz waren für ihn
willkommene Unterbrechungen für des Lebens Alltag, und auch
ein Tropfen guten Rebensaftes war ihm dabei nicht unwillkommen.

92 Anna Martens
Selbst als er über 60 Jahre alt war, verstand er es gut, einen
jugendlichen Übermut mitzumachen. Ich erinnere an die Kostümfeste
des Oldenburger Künstlerbundes, an denen er organisierend
und lustig mithelfend werktätigen Anteil nahm und vor allen
Dingen dafür sorgte, daß bei jedem Geschehen eine dem Orte
(Augusteum) anzupassende würdige Haltung bei aller überschäumenden
Lebenslust nicht verletzt wurde. Und wenn der Morgen aufstieg
und der nächtliche Spuk mit den letzten Gästen verschwunden war,
dann durchwanderte er als getreuer Ekkehard alle Räume, verlorene
Kostbarkeiten sicherzustellen und einem einzelnen Gast, den des
Weines Geist allzu liebevoll umnebelt hatte, ermunternd in die frische
Morgenluft zu führen.
Es kam der Weltkrieg 1914— 1918; in die unteren Räume des
Augusteums war das Rote Kreuz eingezogen. Ausstellungen konnten
nicht mehr stattfinden. In den oberen Räumen blieb wie bisher die
kostbare Gemäldesammlung des Großherzogs. Mit dem Ende des
Krieges, der Revolution und der Abdankung des herrschenden Fürsten
vollzog sich dann auch der für Oldenburg unersetzliche Verlust
der Gemäldegalerie. Sie wurde aufgelöst und verkauft, ebenso wie
die schöne Graphiksammlung und wertvolle Bibliothek.
Am 29. März 1919 wurde tom Dieck in Anerkennung seiner Verdienste
um die Erhaltung der großherzoglichen Bildersammlung die
Goldene Medaille für Wissenschaft und Kunst verliehen. — Am
1. Januar 1920 wurde er in den Ruhestand versetzt in warmer Anerkennung
seiner den großherzoglichen Sammlungen stets zugewandten
Fürsorge.
Sein bisheriger Vorgesetzter von Bothmer, der Oldenburg verließ,
verabschiedete sich von ihm mit den W orten: „W ir scheiden als
Freunde, Herr tom D ieck!“
Der Verkauf der Kunstsammlungen war für tom Dieck eine
schmerzliche Enttäuschung. Die Betreuung dieser Schätze war ihm
mehr als Pflichterfüllung gewesen. Ein großer Teil seiner Lebens­
arbeit war vernichtet, für den fast 60jährigen eine bittere Erfahrung.
Und doch sagte er einmal bei passender Gelegenheit: „Ich bin nicht
unglücklich darüber, daß ich es nicht leicht im Leben hatte, ich habe
die Menschen kennengelernt und weiß um ihre Schwächen, dies schützt
mich vor Illusionen. Ich weiß aber auch, wie einem Menschen zumute
ist, der vor dem Nichts steht.“ W ie oft Leid und Enttäuschung
einen wertvollen Menschen letzten Endes doch zur Höhe führen,
wenn er die Kraft hat, sie zu meistern, so sind vielleicht seine seelischen
W erte viel mehr zur Entwicklung gekommen, wie auch seine

Richard tom D ieck (1862— 1943) 93
ganze menschliche und künstlerische Persönlichkeit sich vertiefte
und zu großer Harmonie ausreifte.
Nach dem Tode des Oldenburger Kunstmäzens und Sammlers
Theodor F rancksen, hatte tom Dieck auf Bitten des Oberbürgermeisters
Tappenbeck zur Unterstützung von Fräulein Knoche
die Betreuung des jetzigen Stadtmuseums ehrenamtlich übernommen.
Im ganzen war er durch weniger Pflichten behindert und widmete sich
von jetzt ab seiner eigenen Kunst. Es ist ihm gelungen, von dieser Zeit
bis zu seinem Tode das Schönste und Vollendetste zu schaffen, dessen
er fähig war. Frühere Arbeiten vertreten mehr einen Zug ins M onumentale,
eine strenge Zeichnung und einen etwas kühleren Farbton.
Es gibt zwei große Bilder, wovon das erste 1905 auf der schon erwähnten
Ausstellung war. Das spätere hat er im Aufträge gemalt.
Es ist nach einem Motiv aus der Ahlhom er Heide mit reizvoller
Linienführung und in der Tönung von einem wundervollen atmosphärischen
Duft wie durchflutet. Hätte der Krampf an den Händen ihn
nicht gezwungen, das kleine Format zu wählen, er hätte sicher auch
im großen Vorzügliches geleistet.
Der Krampf hatte sich, wenn auch nicht ganz, so doch sehr gebessert.
Ein eingehendes Studium nach der Natur begann. „Ich habe
zuviel versäumen müssen in meinen jungen Jahren” , klagte er oft.
Und freute man sich einmal anerkennend über eine seiner Studien, die
ihm aber noch längst nicht genügte, so lehnte er dies oft etwas unwirsch
ab: „Das ist noch zu sehr geschmiert und noch zu sehr Farbe.”
Er hat es sich nicht leicht gemacht mit seinem künstlerischen Ziel.
Aber dies Sich-nie-selbst-Genügen erhielt ihn jung. Im eigentlichen
Sinne blieb er es bis zuletzt, bequeme Altersgewohnheiten kannte er
nicht. Im Umgang mit ihm vergaß man oft sein Alter; auch war er
gern mit jüngeren Menschen zusammen und wurde ebenso gern von
solchen aufgesucht.
In den letzten 15 Jahren seines Lebens wurden allsommerliche
Reisen gemacht, die alles andere als Erholungsreisen waren, und deren
Anstrengungen er mit ungewöhnlicher Spannkraft überwand. Vor dem
Weltkriege waren es mit wenigen Ausnahmen meist Dienstreisen.
Früher schon war er in Belgien, Holland und der Schweiz und für
einen Tag nach einer Wanderung über den Gotthard in Mailand, um
vergleichende Gemäldestudien für die Oldenburger Sammlung in der
Brera zu machen. In den letzten Jahren waren wir zweimal in Italien,
Paris und Wien. Die letzte Reise, 1938, führte uns für 6 Wochen
wieder nach Italien und zurück über Wien. W ir machten neue Pläne
für Rom und Spanien, da kam 1939 der Krieg. Er war für Richard

94 Anna Martens
tom Dieck das schwerste und traurigste Erlebnis, und er hat sehr
darunter gelitten.
Zunächst um sich abzulenken, aber auch aus innerer Notwendigkeit,
hat er sich in seine Malerei vertieft wie nie zuvor. Er fing jetzt
an, viel mehr aus dem Gedächtnis zu schaffen. Sein Gemüt und sein
K opf waren voller Bilder, die gestaltet werden wollten. Er arbeitete
nicht mehr soviel vor der Natur. Stimmungen der Natur beobachtete
er eingehend, oft stand er lange im Anblick eines schönen eigenartigen
Abendhimmels, oder wenn der Mond durch ziehende W olken schien.
Hatte er ein« eigentümliche Wolkenbildung gesehen, so wurde sie
sofort skizziert.
A ll seine kleinen Bilder sind feine lyrische Gedichte, an die
man leise und still herantreten muß, wenn sie auf den Beschauer
wirken sollen, oder wie ein Musikfreund einmal verglich: „Es ist
Kammermusik." Sie spiegeln genau den Charakter ihres Schöpfers
wider, seine sinnige, zurückhaltende Art, die doch voll männlicher
Kraft war. Er behandelte ein Thema in allen möglichen Abwandlungen
und gestaltete seine vielseitigen Empfindungen mit Meisterschaft.
Das war das Ergebnis seiner letzten Jahre.
„Jetzt weiß ich, wie es gemacht werden muß, und jetzt bin ich
alt und bald am Ende“ , sagte er einmal traurig im letzten Sommer.
W ie hat er oft skizzenhaft und doch vollendet die Farbe mit jugendlicher
Kraft und Frische bei sicherster Pinselführung und Zeichnung
auf die Leinwand gesetzt. Da hat er das erreicht, was ihm vorschwebte,
da ist selbst die flüchtigste Skizze kein „Geschm ier" und
das Material „Farbe“ ist vergeistigt. Es ist reife Kunst.
Dieser letzte Sommer war so überreich ausgefüllt mit Arbeiten, daß
ein guter Freund von ihm später einmal sagte, dieser Fleiß und diese
Fruchtbarkeit wären ihm oft unheimlich gewesen, er hätte den Gedanken
des Schwanengesanges nicht bannen können. Ob Richard
tom Dieck im geheimen nicht Ähnliches gefühlt hat?!
Es ist hier vielleicht angebracht, eine Eigentümlichkeit von ihm
zu erwähnen. Man hat es oft nicht verstanden, daß er sich zu Verkäufen
nur schwer entschließen konnte. Ihm war die Kunst etwas
Heiliges, sie war ihm nicht „die Kuh, die ihn mit Butter versorgt".
Ist Kunst im reinen Sinne nicht das Persönlichste, worin ein Mensch
sich äußern kann? Und verlangt eine solche Selbsthergabe dann nicht
auch, daß der Empfangende Verständnis dafür hat? W ie kann man mit
Geld, diesem Allerweltsmittel, rein Geistiges aufwiegen? Sicher waren
seine Preise deshalb so niedrig, weil er betonen wollte, daß seine Bilder
keine Handelsware seien. Einst sagte er: „Lieber will ich Häuser an-

Richard tom Dieck (1862— 1943) 95
streichen, wenn ich nicht anders leben kann, als meine Kunst marktmäßig
feilbieten." In dieser Beziehung war er stolz.
Seine Studien, von denen er sich nicht trennte, nannte er sein
Tagebuch, in welchem er blätterte, um sich Anregungen oder Er­
gänzungen zu holen zu neuem Schaffen. W ollen wir uns nicht freuen,
daß dieses Tagebuch unzerrissen erhalten blieb, im Stadtmuseum verwahrt,
der Stadt Oldenburg anvertraut zu treuen Händen?!
Wir hoffen doch sehr, daß später einmal die Zeit kommen wird,
w o diese Schätze in würdiger Aufstellung jedermann, der Freude daran
hat, in wechselnder Reihenfolge gezeigt werden, wie Richard tom Dieck
es selbst bestimmte. Sie sollen nicht vergraben sein! Wären seine
Arbeiten durch Verkäufe zu sehr verstreut worden, es wäre schade
gewesen. Die jetzige Generation, die sie erwarb, schätzte sie, aber die
nächste hätte solche Einzelstücke vielleicht schon nicht mehr beachtet.
Gesinnung und Geschmack sind wandelbar. Auch in Museen ist manches
Wertvolle für einige Zeit untergetaucht, aber es wird nicht vernichtet
und kommt wieder ans Tageslicht, wenn die Zeit dafür reif ist.
Im Herbst 1941 haben sich vielleicht die ersten Anzeichen einer
letzten Krankheit des Künstlers bemerkbar gemacht, die allerdings
nach einiger Zeit wieder verschwanden, im Frühling 1942 aber erneut
auftraten. Es mußte zu einer gründlichen mehrtägigen Untersuchung
im Krankenhaus geschritten werden, die keinen eindeutig sicheren Be­
fund brachte. Immerhin besserte sich sein Befinden, bis etwa Ende
Oktober allmählich größere Müdigkeit und häufiger Schmerzen auftraten.
Von seinem 80. Geburtstag sagte er später, es wäre der letzte
gute Tag für ihn gewesen. Von der Zeit an ging es langsam abwärts
mit seiner Gesundheit. Zum Malen kam er jetzt wenig, bis er auf
Anordnung des Arztes am 17. Dezember 1942 in einem Krankenhaus
ein Zimmer bezog. „Um sich einmal gründlich auszuruhen", mit diesen
W orten verabschiedete er sich im Augusteum. Er war anscheinend
hoffnungsvoll, leider kam es ganz anders. Die Schwäche wuchs langsam,
aber stetig. Große Schmerzen litt er nicht, aber er fühlte sich
krank. Viel Freundschaft und Anerkennung haben diese letzten
W ochen ihm gebracht. Als eine der letzten Ehrungen erfüllte er noch
den Wunsch der Stadt Oldenburg, indem er sich mit den Worten, die
das Leitmotiv seines Lebens und Schaffens waren:
„Das Beste empfängt der Künstler aus der Heimat"
in das Goldene Buch der Stadt eintrug.
Es gab auch Stunden, in denen er sich wohler fühlte, da sprach
er von allerlei Plänen, und wie sie ausgeführt werden könnten. Auch

96 Anna Martens, Richard tom D ieck (1862— 1943)
freute er sich zu dem herzlichen Wohlwollen, das man ihm entgegenbrachte,
er klagte nicht.
Am 8. Januar 1943, 9.40 Uhr, beschloß ein tiefer ruhiger Atemzug
sein köstliches Leben. W ohl war es Mühe, Arbeit und Kampf
gewesen, aber auch Liebe und Verehrung waren ihm in reichem Maße
zuteil geworden. Am 13. Januar 1943 fand im Augusteum, wo seine
Leiche aufgebahrt war, eine würdige Trauerfeier statt.
Richard tom Dieck wird weiterleben, und sein guter Geist wird
hoffentlich noch lange zum Besten der bildenden Kunst im Augusteum
treue Wacht halten.
Die Urne mit seiner Asche ist auf dem Gertrudenfriedhof der
Stadt Oldenburg in dem Grabe seiner Eltern und Großeltern tom Dieck
beigesetzt worden.
Sein Gedenkstein erhielt folgende Inschrift:
Dem Maler der Heimat
Richard tom Dieck
* 9. 11. 1862 t 8. 1. 1943.

Ein niederdeutsches Gedicht über die
Stiftung der Heiligengeistkapelle zu Wildeshausen
anläßlich der Pest von 1350
Von Hermann Lübbing
Die Heiligengeistkapelle bei Wildeshausen, die von den Mansfel-
dern während des 30jährigen Kriegs 1623 verbrannt wurde, ist in der
Volkserinnerung nicht ganz vergessen. Wenigstens zeigt man noch heute
bei Wildeshausen an der Straße nach Harpstedt den „Heiligengeist-
Berg", wo sie einst gestanden, und als einziges greifbares Erinnerungsstück
an sie bewahrt die Kirche zu Huntlosen einen prächtigen gotischen
Kelch mit der Inschrift:
„gode. unde. des. hilghen. geystes. kapellen. von. wildeshusen.
ist. die. kelyk."
•
Die Kapelle verdankt ihre Entstehung wie so viele mittelalterliche
Kirchen einem besonderen Anlaß. Die Stiftungsurkunde vom 21. März
1339 (Oldbg. UB V, Nr. 341) ist von dem Bremer Erzbischof Borchard
für den Vogt, den Rat und die Bürgerschaft zu Wildeshausen ausgestellt.
Darin wird ihnen aus besonderem W ohlwollen und „aus anderen
bewegenden vernünftigen Gründen“ (ex causis aliis racionabilibus mo-
ventibus) erlaubt, nahe bei der Stadt im Gebiet der Diözese Bremen
eine Kapelle zu Ehren Gottes und der Mutter Maria zu erbauen. (Die
Stadt Wildeshausen selbst gehörte kirchlich zur Diözese Osnabrück,
die Hunte bildete die Diözesangrenze.)
Welches die bewegenden Gründe zum Kapellenbau waren, ist uns
leider nicht überliefert. Man geht aber nicht fehl in der Annahme, daß
die Bürger der Stadt sich in großer Not und Bedrängnis befanden und
ihr Elend durch ein gottwohlgefälliges Werk, eine fromme Stiftung,
abzuwenden trachteten. Es war die Zeit, da der Schwarze Tod durch
Europa raste und ungezählte Opfer forderte. Zunächst trat die Volks­
seuche vereinzelt auf und setzte die Gemüter in Schrecken. Vielleicht
ließ ihr erstes Auftreten den Entschluß der Wildeshauser Bürgerschaft
zum Kapellenbau reifen. Doch scheint sich die Ausführung des Planes

Hermann Lübbing
noch ein Jahrzehnt hingezögert zu haben, bis eine neue W elle der Pestilenz
über Europa hinwegrollte und diesmal noch größere Opfer forderte.
In demUnglücksjahr 1350 klopfte der Knochenmann auch in W ildeshausen
an die Türen der Bürger und wütete grauenhaft. Die Stadt
lag an der großen Vlämischen Straße, die den Frachtwagenverkehr
der Hansischen Kaufleute zwischen Lübeck— Hamburg— Bremen einerseits
und den Niederlanden andrerseits vermittelte. Tagaus lagein kam
viel fremdes Volk durch Wildeshausen gezogen, und bei den primitiven
mittelalterlichen hygienischen Verhältnissen waren natürlich die V oraussetzungen
für ein Umsichgreifen der Pest-Epidemie denkbar günstig.
In dieser Zeit starben in Wildeshausen binnen drei Monaten 4000 Menschen.
Die Krankheit dauerte nur drei Tage und endete regelmäßig mit
dem Tode. Ein lähmendes Entsetzen befiel die Bevölkerung, und in
dieser Not machte man sich eilends an den schon 1339 beschlossenen
Kapellenbau.
Über den Bau der Kapelle, deren Gestalt vielleicht der heute noch
bestehenden Gertrudenkapelle in Oldenburg in etwa entsprochen haben
wird, hat sich ein kurzer Bericht in Gedichtform erhalten, der dem
Wildeshauser Amtmann Hinüber 1742 noch bekannt war1). Die handschriftliche
Quelle galt als verschollen, fand sich aber kürzlich bei der
Neuordnung von Archivalien des Staatsarchivs Oldenburg in Bestd. 109-D
in einem Einkünfteregister der Propstei Wildeshausen von 1587— 1595.
Aus der Einleitung zu dem Gedicht geht hervor, daß es sich ursprünglich
um eine auf eine Holztafel (brede) geschriebene Aufzeichnung
handelt. Vielleicht war es eine Votivtafel, mit einem Heiligenbild
geschmückt und von einem Bürger gestiftet, der die Einzelheiten des
Kapellenbaus in Gedichtform festhielt und auf die Tafel malen ließ.
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Oldenburg I S. 115
finden die Verse „nicht uninteressant", ihr Abdruck nach dem alten
Register von 1595 ist daher wohl gerechtfertigt, zumal wir sonst wenig
Erzeugnisse mittelalterlicher niederdeutscher Poesie besitzen. Die
Sprachformen sind durchweg gut mittelniederdeutsch, nur gelegentlich
machen sich hochdeutsche Einflüsse bemerkbar, die dem Schreiber des
Propsteiregisters zur Last fallen. Auch sind ihm vermutlich Lesefehler
unterlaufen.
•) In des Pastoren J. Vogt „Monumenta inedita" Bd. I 5, (Bremen 1742),
S. 452. Der W ert der Hinüberschen Mitteilung „aus einem alten Register" ist
von H. Oncken in den Bau-Kunstdenkm, d. Hzgts. Oldenburg 1, S. 37 sowie
von G. Rüthning in seiner Oldenb. Gesch. Bd. 1 (1911), S. 101 etwas ange-
zweifelt, und G. Sello erwähnt sie in seinem W ildeshausen-Aufsatz (Alt-
Oldenburg, 1903) überhaupt nicht.

Ein niederdeutsches Gedicht 99
Anzekung uth dem olden brede,
so in der Hilgen Geistes Kercken whar geschreven
Anno etc. 1350 yst hir zu Wildeshausen ein groth stervendt gewesen;
binnen 15 weken syndt vher dusenth und darbaven ge-
storven, alle in den drudden dach. Und do heft inen des Hilgen
Geistes kercken gebouvet, dar under anderen stondt geschreven,
wath de lude dartho hadden gegeven,
N: Einen kamp tho den tyden
Ewich darby scholde bliven.
Arndt Schroder, de gude man,
lede al syn gudt daran.
Hinrich tho Reken dath ock dede,
Gaf holdt tho bouwen mede.
A l tho handt quemen dar
Und worden lüde enwar
In barmhertigen guden wercken,
De kercken betengeden (=r begannen) se tho stercken.
Dath huß wordt gebouwet vortz,
Dar allen armen ehr nottroft wordt.
Darnha quam meister JohanRadt,
Darmede he nha stath,
De kercke begunde he tho stichten,
Mit flithe darup plichtenn.
Tho huß waß he in groter nodt,
In den lesten leth he den dodt,
Konde ick dath rechte mercken,
Umme sake willen syner kercken.
A 1 e r d t gehethen B a n t h e
Vif marck dartho santhe.
Grete van Buren dath Stockenbrock
Darmede lathe ich hir af.
Vele, de hir nicht syndt geschreven,
Godt lathe se doch ewich leven.
Kerstenvan Bekelen doch gade
Gaf twier molt roggen sade.
ArnoltvanLinen vor j (= veer?)
Reinart de Becker
Eine hove landes
Tho den Sparesche.

100 Hermann Lübbing, Ein niederdeutsches Gedicht
40 Daß ander alle konde men nicht schrieven,
Darumb moste ich idt lathen bliven.
Daß holth waß in sick voreeken,
Und de worme hadde idt thosteeken etc.
Von den im Gedicht genannten Stiftern der Kapelle läßt sich nur
der Kersten van Bekelen urkundlich nachweisen, er wird in
einer Urkunde von 1383 als verstorben erwähnt (Oldb. UB V Nr. 441).
Die Familie Schröder (Scroder) begegnet urkundlich wiederholt in
Wildeshausen. Über die Familie des HinrichtoReken( = Reckum),
des Alert B a n t h , der Grete v o n Büren liegen keine urkundlichen
Nachrichten vor. Der „M eister" Johan Radt war mit dem 1387
erwähnten Hermann Raet vielleicht verwandt (Oldb. UB V Nr. 501).
Unter Meister ist hier wohl kaum ein Handwerksmeister in unserem
Sinne zu verstehen, sondern ein studierter „Magister", vermutlich ein
Rechtskundiger. Die v o n Linen waren eine ritterbürtige Familie,
die mehrfach urkundlich begegnet. Ebenso tauchen Träger des Namens
Becker als Wildeshauser Bürger urkundlich mehrfach auf. An Hand
dieser kurzen Nachweise erkennt man, daß das vorstehende Gedicht
sogar für die Bevölkerungs- und Sozialgeschichte der Stadt W ildeshausen
von Belang ist.
Was es mit dem in Z. 29 genannten Stockenbrock für eine Bewandnis
hat, bleibt unklar, denn offensichtlich ist danach eine Zeile ausgefallen;
ferner fehlt eine Zeile, die sich auf 31 „af“ reimt. Auch die Zeilen 36
bis 39 sind offenbar verderbt überliefert. Sparesche Z. 39 ist das heutige
Spaasche. Die Reimkunst unseres unbekannten Verfassers ist die
Leistung eines biederen Bürgers des 14. Jahrhunderts; ein heutiger
Zeitgenosse würde kaum etwas Besseres schaffen. Für uns hat dies
Produkt eines mittelalterlichen Wildeshauser Reimschmiedes immerhin
Seltenheitswert als Beispiel niederdeutscher Gelegenheitspoesie und
als kulturgeschichtliches Dokument im Rahmen der mittelalterlichen
Inschriftenkunde.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung
Von Richard Tantzen
Vierter Teil
Ich habe im Oldenburger Jahrbuch Band 40, 1936, Seite 87— 106,
Band 44/45, 1940/41, Seite 24— 50, Band 46/47 1942/43, Seite 306— 329
in drei Teilen „Quellen zur Oldenburgischen Sippenforschung" nachgewiesen.
Während die letzte Arbeit die Leichenpredigten, Trauerund
Hochzeitsgedichte der Oldenburgischen Landesbibliothek und die
Nekrologe in den Oldenburgischen Blättern (1817— 1848) erfaßt, sind
in den beiden ersten Übersichten die oldenburgischen familienkund-
lichen Arbeiten zusammengetragen, soweit sie im Druck, insbesondere
auch in Zeitschriften und Tageszeitungen veröffentlicht oder handschriftlich
in der dem Staatsarchiv Oldenburg angeschlossenen Sammlung
der „Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde" niedergelegt
worden sind. Dieser neue vierte Teil setzt diese beiden Übersichten
mit 500 neuen Nachweisen fort. Auf mehrfache Anregung habe
ich dabei auch die Erfassung der Nachweise über die Darstellung des
Lebens derjenigen Oldenburger fortgeführt, die im öffentlichen Leben
unseres Landes besonders hervorgetreten sind.
Ich danke dem Landesfürsorgeverband Oldenburg, der die Aufgaben
einer Oldenburgischen Sippenstelle durch die Übernahme der
Druckkosten für diese Arbeit unterstützt hat.
Abkürzungen.
A.T. = Ahnentafel.
B.Z. = „Butjadinger Zeitung", Nordenham.
D.G.B. = Deutsches Geschlechterbuch.
H. = Handschrift.
H.B.M. = Heimatblätter, Zeitschrift des Heimatbundes für das O ldenburger
Münsterland. Beilage zur „Oldenburgischen Volkszeitung",
Vechta.
J. = Oldenburger Jahrbuch des Vereins für Landesgeschichte und
Altertumskunde.
J.W . = „Jeversches W ochenblatt” , Jever.
M. = Maschinenschrift.
N.f.St.L. = „Nachrichten für Stadt und Land", Oldenburg.
O B . = Oldenburgische Blätter.
O.G.F. = Eigentum der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde.

102 Richard Tantzen
O.H.K. = Oldenburgischer Hauskalender, Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg.
O.N. = „Oldenburgische Nachrichten", Oldenburg.
O.St.A. = Oldenburg, Staatsarchiv.
O.St.Z. = „Oldenburgische Staatszeitung", Oldenburg.
P. = Persönliches Eigentum des Sachbearbeiters der Familie.
St.L. = Stammliste.
St.T. — Stammtafel.
Adel, — , Der Adel von Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Lippe und
Bremen (Verden) bis zum Jahre 1866 unter besonderer Berücksichtigung
des ausgestorbenen Uradels und Dienstadels, Heft 1 (Buchstabe A),
Görlitz, C. A . Starke, 1912.
Addicks, Die Familie A ddicks in der Gemeinde Hammelwarden, Boitwarder
Zweig, von Pastor G eorg L. Addicks, Filsum, M., O.G.F.
A ddicks, siehe W ierichs.
Albers, Sengwarder Altendeich, Bremen (Johann Siebolts, * etwa 1570),
Stammtafeln der bremischen Familie Albers von Archivpfleger W ilhelm
Albers, Ahrensburg, 1938, M., O.G.F.
von Aldenburg, siehe de la Trimo'ille.
Allmers, Robert, Dr., Geheimrat, * Absen (Rodenkirchen) 10.3.1872. Vom
Zeitungsverleger zum Pionier der deutschen Automobilindustrie, zum
70. Geburtstag von Schriftleiter H. Feiler. „Gemeinnütziger", Varel,
vom 10. 3.1942, O.G.F.
Am mersche Familiennamen, die von Dörfern und Höfen hergenommen sind,
von Pastor Wilhelm Ramsauer, „B i't Füer" („Ammerländer", W esterstede)
Nr. 38 vom 22. 9. 1928.
Am mersche Familiennamen, anscheinend ausgestorbene ammersche F.N., die
nach Ortschaften sich nannten, von Pastor Wilhelm Ramsauer „B i't
Füer" („Ammerländer", W esterstede) Nr. 40 vom 6.10. 1928.
Andreae, A lte Familiengeschichten von Pastor Carl W oebcken, O.G.F.
Anneken, Udo, * Vechta 11.10.1917, Leutnant d. B., R.K.E.K., O.St.Z. Nr. 189
vom 14. 7. 1944, O.G.F.
Arndt, M ajor im Grenadier-Regiment Nr. 16 Oldenburg, * Bromberg 7.10.
1906, R.K.E.K., O.N. Nr. 162 vom 16. 6.1942, O.G.F.
von Asseln, Oldenburg, 1655— 1704, H., O.G.F.
Auswanderer, Namen und Daten von Ammerländer Auswanderern, 1. Teil
(Gemeinden Apen, Edewecht, W esterstede und Zwischenahn) von Hans
Wichmann, H., O.G.F.
Auswanderer, Die ersten Am erika-Auswanderer des alten Amtes Vechta
1835, H.B.M. Jg. 23 S. 49 und 55, O.G.F.
Auswanderer, Zur G eschichte der Auswanderung aus dem alten Amte
Damme (Oldbg.), insbesondere nach Nordamerika, in den Jahren 1830
bis 1880, von K onrektor Johannes Ostendorf, Lohne, J. Bd. 46/47,
S. 164, 1943.
Auswanderer, Fünfzig Jahre K olonie (Nova Topala, Windthorst, Alexandrovac,
Rudolfsthal in Bosnien und Jugoslawien) von Franz und Johannes Ostendorf,
Vechtaer Druckerei u. Verlag, 1930. O.G.F.
Backenköhler, Stenum (Harm Johann Backenköhler, 1834), 3 Gen., O.St.Z.
Nr. 9 vom 10.1.1943, O.G.F.
\

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 103
Bakenhus, Gerhard, Maler, Oldenburg, 1860— 1939, O.N. Nr. 268 vom 1.10.
1941, O.G.F.
Baileer, Hannöver, siehe Bischoff S. 66, O.G.F.
Barnutz, Friedrich Adam, Maler, * Jever 1792, von Fr. W . Riemann, „T id e"
Jg. 2, S. 352, 1918.
Bartels, Großenmeer, M oorseite, Neuenbrok, Hasenberg (Eylert Bartels, um
1635), St.T., 9 Gen., bearbeitet von J. H. Gräper Barghorn, H., O.G.F.
Behrmann, Walter, ein berühmter Oldenburger Geograph, Neu-Guinea-For-
scher, * Oldenburg 22.5. 1882, O.N. Nr. 139 vom 23.5.1942, O.G.F.
von Bentinck, Die Genealogie der Familie des Hauses Bentinck, Almanach
de Gotha, 1864, S. 245, O.St.A.
von Bentinck, Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser,
1892. O.St.A.
von Bentinck, Stammtafeln des mediatisierten Hauses Bentinck, 1894,
O.St.A.
von Bentinck, Familiengeschichtlicher Beitrag, von G eorg Janßen, Sillenstede,
J.W . Nr. 280 vom 29.11. 1918.
von Bentinck, Wilhelm, Graf, Stand- und Trauerrede auf den hochseligen
Grafen und Herrn Wilhelm des heiligen römischen Reiches Graf von
Bentinck, von Diedrich Conrad Kuhlmann, H., 1774, O.St.A.
von Bentinck, Wilhelm Gustav Friedrich, Reichsgraf, Kurze Biographie,
Oldenburg 1936, O.St.A.
von Bentinck, siehe Gerdes.
Berlage, Langewerth (Hermann Berlage ' 1590), St.L., 5 Gen., von Pastor
Carl W oebcken, Sillenstede, M., O.G.F.
Berlage, siehe Andreae.
Beseler, Wilhelm Hartwig, 1. Vizepräsident der Nationalversammlung, V izepräsident
der Schleswigschen Stände, * Marienhausen 2.3. 1806, von
Georg Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 155 vom 6. 7. 1938
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t 1646, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands 1853 S. 69.
Bischoff, Die Familie Bischoff in Stedingen, von Wilhelm Warntjen, Druck
Gerhard Stalling AG., Oldenburg, 1942, O.L.B.
Blome (Blom), Anton, Pastor zu Wiarden, ein Chronist des 16. Jahrhunderts,
von Georg Janßen, Sillenstede, Aus Heimat und W elt, ,,Gemeinnützige"
Varel Nr. 188 vom 12. 8. 1933.
von Bohlen, Peter, Professor der orientalischen Sprachen, * W üppels 9.3.
1769, t Halle 6. 2. 1840 in Dr. K. Fissen, 1000 Jahre Jever, Druck G erhard
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Bohlken, Hans, Ornithologe, Lehrer in Augustfehn (1909— 1941) von Richard
Tantzen, J „ Bd. 44/45, S. 179.
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Brage, Warfleth, siehe Bischoff, S. 84.
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Jever, in gerader männlicher Linie, von G eorg Janßen, Sillenstede, M.,
O.G.F.

104 Richard Tantzen
Bruschius, Hans Christian, Pastor zu W iarden und Minsen, * Jever 10.8.
1724, t Minsen 29. 10. 1784, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands,
1853, S. 35.
Bünnemeyer, Bakum, Die Familie, H.B.M. 1934 Nr. 13, O.G.F.
Bölling, Hannöver. Aus der Geschichte einer alten Stedinger Familie, O.N.
vom 19. 6. 1938, O.G.F.
Bunjes, Johann Gerhard, * Geestemünde 15. 4. 1876, A.T., H., O.G.F.
Buttelmann, Varel (Martin Diedrich Buttelmann, Verwalter im Waisenhause
Varel, f 27. 10. 1718) von Pastor Ahrens, Varel, St.L., 3 Gen., H., O.G.F.
von Buttel-Reepen, Hugo, Dr., Professor, Direktor des Museums für Naturkunde
und Vorgeschichte in Oldenburg, 1860— 1933, von Hermann
Goens, Niedersächsische Lebensbilder von Otto Heinrich May, Hildesheim,
Lax Verlagsbuchhandlung 1939, S. 41.
Buske, Zur Geschichte der Familie Zeller Buske in Lüsche, von Zuhöne,
H.B.M. Jg. 23, S. 59, O.G.F.
Busch, Gerhard, ein oldenburgischer Dichter, 1841— 1890, von Gustav Grosse,
„Oldenburgische Landeszeitung" Nr. 81 vom 23.3.1926, O.G.F.
Cassens, Johann Lübben Cassens, W egemeister, * Tettenser Altendeich
2.2. 1845, t Ellwürden 2.4. 1927, von G eorg Janßen, Sillenstede, J.W .
Nr. 83 vom 8. 4. 1927. i
Christians, Brörken Rudolf, Staatsschauspieler, * M iddoge 15. 1. 1869, f Pasadena,
Californien, 1921, in Dr. Karl Fissen, 1000 Jahre Jever, Gerhard
Stalling A.G., Oldenburg 1930, S. 178, O.G.F.
Claußen, Holle (Dyrick Johan Clawes, 1534) St. 7, 12 Gen., bearbeitet von
Dr. H. Munderloh, Etzhorn, H., P.
Claußen, Johann Georg, Bürgermeister von Bremerhaven, * Brake 21. 5.
1808, St. 7, H., O.G.F.
Claußen, Johann Georg, Bürgermeister von Bremerhaven, in Dr. Georg
Bessel, G eschichte Bremerhavens, Verlag F. Morisse, 1927, S. 271 ff.
Clevemann, siehe Klävemann.
Cornelius, Peter, ökonom ierat, 1865— 1943, von Reinhard Backhaus, W ochenblatt
der Landesbauernschaft Weser-Ems, Folge 11 vom 13. 3. 1943,
O.G.F.
Cramer, Werdum, Die Familie, in G eorg Janßen, Sillenstede, W ie das W erdumer
A rchiv an den Jeverländischen Altertumsverein kam, H.H., 1929
Nr. 7, O.G.F.
Cromme, Franz, Dr. med., Vechta, * Schapen 6.1. 1865, H.B.M. Jg. 23 S. 40,
O.G.F.
Crone-Rawe, Bemard, * Berlin 16. 8.1924, A.T., in „Beiträge zur Geschichte
der Familie Rawe/Kistenm aker", von August Crone-M ünzebrock, als
Manuskript gedruckt, Osnabrück 1940, O.St.A.
Dänekas, Die Familiennamen Dunkhase und Dänekas von Pastor Wilhelm
Ramsauer, „B i't Füer“ („Am m erländer") Nr. 14 vom 7.4. 1928.
Deberding, Die Geschichte der Familie Deberding von Pfarrer Zuhöm in
Vestrup, H.B.M. Jg. 14 Nr. 10, 1932, O.G.F.
Denker, Hiddigwarden, siehe Bischoff S. 18.
Desum, Die Richter und Gografen auf dem Desem, in „D ie alte münstersche
Gerichtsverfassung zu Vechta", O.B. 1944 Nr, 23.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 105
Deye, Richard, Professor, Schriftsteller, * Jever 25. 3.1853, f 18. 12.1903, in
Dr. Karl Fissen, 1000 Jahre Jever, Druck Gerhard Stalling AG., Oldenburg
1930, S. 178, O.G.F.
tom Dieck, Richard, Maler, Zum 80. Geburtstag vom 9. 11. 1942 von Dr. Paul
G. A. Klein, O.N. Nr. 307 vom 8. 11. 1942; und von Karl Naumann,
O.St.Z. Nr. 307 vom 8. 11. 1942, O.G.F.
tom Dieck, Richard, Nachruf, O.N. Nr. 8 vom 9. 1.1943, O.G.F.
tom Diek, Paul, Hauptlehrer in Accum, Kreisbeauftragter für Naturschutz,
1903— 1941, von G eorg Harms, J. Bd. 44/45 S. 175.
Dillmann, Zur Geschichte der Familie Dillmann in Lüsche, von Pfarrer Zu-
höm, H.B.M Jg. 23 S. 43, O.G.F.
von Dinklage, Die Herren von Dinklage, Beitrag zur vaterländischen G eschichte
von H. Sudendorf, O.B. 1842 Nr. 50.
von Dinklage, Dinklage, H.B.M. Jg. 12 Nr. 8, O.G.F.
Dirks, Theodor, Ein Oldenburger plattdeutscher Erzähler, * Golzwarden
9. 5. 1816, von Hans Wichmann, N.f.St.L. Nr. 126 vom 10. 5. 1936, O.G.F.
Driver, Constanz, Apotheker in Dinklage, * Löningen 11.11.1861, H.B.M.
Jg. 23 S. 63, O.G.F.
Drost, Stammliste der Familie Drost (Pastor Anton Dietrich Drost, * Neuenburg
16. 9. 1672, + Sande 15. 12. 1746), von Oberregierungsrat Oscar Drost
und Professor Dr. Rudolf Drost, 8 Gen., M., O.G.F.
Drost, Rudolf, Dr., Professor, Leiter der Vogelwarte Helgoland, * Oldenburg
19. 8.1892, A.T., H., O.G.F.
Duhme, Geschichte der Familie Duhme zu Holle, 1593— 1935, mit St.L.,
8 Gen., bearbeitet von Studienrat Dr. H. Munderloh, Etzhorn, M., P.
Dunkhase, siehe Dänekas.
Eden, Johann, Hauptlehrer, Heimatforscher, t Heidmühle 28.8. 1943, J.W .
Nr. 202 vom 30. 8. 1943, O.G.F.
Ehrentraut, Anton Heinrich, Regierungs- und Konsistorialrat, t Jever 1760,
Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 35.
Eilers, Familie Eilers in Jever, von Architekt und Ziegeleibesitzer Theodor
Eilers, Jever, und G eorg Janßen, Sillenstede, Druck Jever 1938, O.G.F.
Eilers, Gerd, Meine Wanderung durchs Leben, ein Beitrag zur inneren G eschichte
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, 3 Bände, Leipzig 1856
bis 1860, O.St.A.
Eilers, Oltmann, Plantagendirektor * Grabstede 9. 5. 1792, t Paramaribo
1931, Aus dem Leben, von Lehrer Hans Wichmann, Rastede, „D er G emeinnützige",
Varel, Nr. 305 vom 29. 12. 1942, O.G.F.
Eilers, siehe Hanenkamp.
von Elmendorff, Stammtafel der Familie, von W . v. Spießen, Jahrbuch für
Genealogie, Heraldik und Sphragistik, 1898, herausgegeben von der
Kurländischen Gesellschaft für Literatur, Mitau, 1899, S. 48— 50.
Engelbart, Linie Deichhausen-Ganderkesee, St.T., O.G.F.
Engelbart, Linie Bauernhof Schlutter, St.T., O.G.F.
Engelbart, Lehrerlinie Geest und Marsch, St.T., O.G.F.
Engelbart, Mühlenlinie Ganderkesee, St.T., O.G.F.
Erdmann, Oldenburg, Berlin, Kassel (Christoph Erdmann, Kantor in Rinteln
1613— 1686), St.T., 10 Gen., bearbeitet von Direktor Dipl.-Ing. Friedrich
Sosath, Königsberg, H., O.G.F.

106 Richard Tantzen
Erdmann, Heinrich, Bauer und Heimatforscher, Schmede, * 5.3.1863, O.N.
Nr. 62 vom 4. 3. 1943, O.St.Z. Nr. 63 vom 5. 3.1943, O.G.F.
Erdmann, Theodor, Großherzoglich Oldenburgischer Geheimer Rat, E xzellenz,
von August Rüder, Druck A dolf Littmann, Oldenburg, 1895.
von Eucken-Addenhausen, G eorg Udo Victor, Dr. jur., Oldenburgischer G esandter
und Bundesratsbevollmächtigter (1855— 1942), J.W . Nr. 103 vom
5.5.1942, O.G.F.
Eversmann, Gerhard, Rektor der Schule in Jever, * Osnabrück 26. 3. 1620,
CD Jever 19. 6. 1682, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, II,
S. 35.
Familiennamen, Das Handwerk in den Familiennamen der Stadt Oldenburg
von Erich Lampe, N.f.St.L. Nr. 288 vom 22. 10. 1933, O.G.F.
Familiennamen, Die Orthographie der Familiennamen von Pastor Wilhelm
Ramsauer, N.f.St.L. vom 14. 11. 1927.
Feldhus, Beiträge zur Geschichte der Familie Feldhus auf dem Tafelgut
Groß-Feldhus bei Rastede bis 1810, von Regierungsveterinärrat Dr. Feldhus,
Oldenburg, M., P.
Fischer, Stammtafel der Familie Fischer aus Sondershausen, Zwischenahn
und Varel, von Peter von Gebhardt, Druck von G. Reichard, Groitzsch,
1924, O.G.F.
Fitger, Arthur, Der M alerpoet, Erinnerungen zu seinem 25. Todestag am
28. 6. 1934 von G eorg von Lindern, N.f.St.L. Nr. 167 vom 23. 6.1934.
Flitz, Andreas, Zum 90. Geburtstag, von Studienrat Dr. Karl Hoyer, J.W .
vom 29. 10. 1929 und N.f.St.L. vom 30. 10. 1929, O.G.F.
Flörquen, Das Geschlecht, von G eorg Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 95 vom
24. 4.1921, O.G.F.
Frerck, Zur Familie des langen Frerck in Landeswarfen, von Georg Janßen,
Sillenstede, J.W . Nr. 202 vom 29. 8. 1930.
Fuhrken, Varel, St.L., 2 Gen., von Pastor Ahrens, Varel, H., O.G.F.
Funch, John Christian, Geheimer Rat, Loy, 80 Jahre alt, und aus der G eschichte
des Gutes Loy, von ökonom ierat Huntemann, Wildeshausen,
N.f.St.L. vom 19. 8.1932, O.G.F.
Gärdes, Hannöver, siehe Bischoff S. 82.
Garrels, Das G eschlecht Garrels aus Leer, von Ernst Esselborn, Druck G ießmann
und Bartsch, G.m.b.H., Berlin-Pankow 1938.
Gerdes, Westerhausen, in „Familie Theodor Eilers, Jever", siehe Eilers,
O.G.F.
Gerdes, Sara Margarethe, die letzte Vareler Gräfin, * Steinhausen 31. 10.
1776, t Varel 11.2.1856, von G eorg Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 152
vom 30. 6. 1928.
Gerken, Hajo, W angerooge, J.W . Nr. 145 vom 24. 6. 1941, O.G.F.
von Glaan, Jodocus, Pastor zu Hohenkirchen, * 1538 t 1614, von Georg
Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 49 vom 26. 2. 1922.
von Glaan, Jodocus Edzards, Prediger in Hamburg, » ^ T e tt e n s 24.3.1595,
t Hamburg 1667, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 70.
Glaß, Robert, Landesökonomierat, ein verdienter M oorpionier, 70 Jahre alt,
O.St.Z. und O.N. vom 6.11.1937, O.G.F.
Glaß, Robert, Landesökonomierat, 75 Jahre alt, von Richard Tantzen,
Deutsche Landeskulturzeitung Nr. 11 vom 1. 11.1942.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 107
Gloystein, Die Familie, O.H.K. 1942 S. 33, O.G.F.
Glüsing, Henrich, von Bardenfleth, „N iederw eser" vom 25. 7. 1936. O.St.A.
Gräper, Stammbaum der Familie Johann Heinrich Gräper, Großenmeer,
O.St.A.
Gräper, Stammbaum der Familie Heinrich Gräper, Ahlhorn, O.St.A.
Gräper, Stammbaum der Familie Heinrich Gräper, Frieschenmoor, O.St.A.
Gramberg, Über 500 Jahre oldenburgische Familie, O.G.F.
Gramberg, Gerhard Anton, Dr. med., Kanzleirat und Landphysikus 1744— 1818,
N.f.St.L. Nr. 95 vom 5. 4.1936, O.G.F.
Grosse-Hummel-W ilder, Familienchronik, von Polizeiinspektor i. R. Gustav
Grosse, H., O.G.F.
Haake, Klostersehlte, Delmenhorst, Oldenburg, in „Geschichte zur Familienstiftung
Johann Peter W erner weiland zu Koblenz vereinigten Familien
W erner und von W erner 1677— 1910" von Edmund Werner, Arnsberg,
1910 Druck F. W. Becker, O.G.F.
Habermann, Casper, Professor der Rechte in Rostock, * Jever 1645 t Rostock
3. 6. 1676, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 79.
Hadeler, Werner, Dr., Hauptgeschäftsführer der Oldenburgischen Industrie-
und Handelskammer, O.N. Nr. 58 und O.St.Z. vom 28. 2. 1942, O.G.F.
von Halem, G eorg Anton, Selbstbiographie, von Ludwig Christian von Halem,
Oldenburg, Schulzesche Buchhandlung, 1840.
von Halem, G eorg Anton, als Schriftsteller, 1752— 1819, von Gerhard Lange,
Diss. Leipzig 1928, O.St.A.
von Halem, G eorg Anton, von Wilhelm Warntjes, N.f.St.L. vom 2. 10.1930,
O.G.F.
von Halem, G eorg Anton, Kanzlei- und Regierungsrat, Geschichtsschreiber,
1752— 1819, N.f.St.L. Nr. 61 vom 22. 3.1936, O.G.F.
Hamelmann, Hermann, Der Geschichtsschreiber und seine oldenburgische
Chronik von Dr. Fritz Strahlmann, O.G.F.
Handwerk, siehe Familiennamen.
Hanenkamp, Köhne, Eiters, ein Kapitel aus der nordoldenburgischen Sippenkunde,
von Hans Wichmann, Rastede, O.St.Z. Nr. 237 vom 30.8.1942,
O.G.F.
Hansing, Die Familie Hansing 100 Jahre in Butjadingen von Eduard Krüger,
„Binnendieks un Butendieks" Nr. 4, 1938, B.Z., O.St.A.
Harjehusen, Hiddigwarden, siehe Bischoff S. 88.
Hayessen, siehe Rugeröhde.
Hayßen, Boitwarden und Hartwarden, bearbeitet von Oberregierungsrat
Karl Hayßen und Archivoberinspektor Carstens, St.L., 8 Gen., H., O.G.F.
Heerwesen, Zur Gcschichte des oldenburgischen Heerwesens während der
Dänenzeit (1667— 1773) von Amtsassessor a, D. Jonathan Smith, K openhagen,
1. Teil: Nationale und geworbene Regimenter von Otto V aupell.—
2. Teil: Zur Personalchronik der Regimentskommandeure nach der
Handschrift von K. Hirsch. J. Bd. 44/5 S. 51.
Hegeler, Wilhelm, Dichter, * Varel 25. 2.1870, Aus meinem Leben, O.G.F.
tor Helle, Oldenburg, Familie tor Helle, 1577— 1691, H., O.G.F.
Helmers, Grabstede und Steinhausen, von Hans Wichmann, Rastede, A.T.,
H., O.G.F.
Helmers, in Kunde und Sippe in der Ortschaft Etzhorn, von Dr. Heinrich
Munderloh, O.St.Z. Nr. 253 vom 15. 9.1942, O.G.F.

108 Richard Tantzen
Helms (Gerd Helmers zu Etzhorn, 1690), St.T., 8 Gen., bearbeitet von Studienrat
Dr. H. Munderloh, Etzhorn, H., P., vgl. dazu „Das alte Gut Etzhorn
(Der alte Helmershof, Gerd Helmerikes 1518)" in der Soldatenzeitung
„Die Heimat grüßt“ , Ohmstede-Etzhorn Jg. 1942/43.
Hemken, M elchior, von Georg Pleitner, N.f.St.L. 1905 Nr. 212.
Hemmen, Hans, Dr., Gesandter, Vorsitzender der deutschen W affenstillstandsdelegation
für W irtschaft und nichtmilitärische Angelegenheiten,
Varel, „D er Gemeinnützige” Varel Nr. 166 von 17. 7. 1940. O.G.F.
Herbart, Johann Michael, Rektor der Oldenburger Lateinschule, Versuch
einer Biographie von Gramberg, Blätter vermischten Inhalts Band 2,
Oldenburg, 1788.
Hillerns, Stumpens, siehe Popken.
Hillrichs, Edo, Professor der Theologie zu Heidelberg und Magnificus zu
Altorf, * Jever 1533 t Altorf 1599, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands
1853, S. 77.
Himmelskamp, Brummelhoop, Bauernhöfe der Oldenburger Geest, N.f.St.L.
Nr. 96 vom 7. 4. 1925.
Hinrichs, August, Schriftsteller, zum 65. Geburtstag 18.4.1944, O.St.Z. Nr.
106 vom 19. 4. 1944, O.G.F.
Hinrichs, Emil, Kaufmann, Oldenburg, Mitgründer des Kring und der August-
Hinrichs-Bühne, O.St.Z. Nr. 139 vom 23.5.1944, O.G.F.
Hinrichs, Friedrich Bernhard, Hauptlehrer und Organist in Abbehausen,
* Steinhausen 28. 2.1818 t Oldenburg 6. 8.1905, „K oster Hinrichs", aus
dem Leben eines Butjadinger Schulmeisters von Eduard Krüger, Nordenham,
B.Z. Nr. 60 und 66 vom 11. und 18.3. 1944, O.G.F.
Hoffmann, Wilhelm, Pastor in Jever, * Speyer 1603 t Jever 10. 1. 1671, Beiträge
zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853 S. 30.
Höpken, Peter Ernst, Tuchfabrikant in Wildeshausen, von Dr. Fritz Strahlmann,
H.B.M., Jg. 12 Nr. 12 und Jg. 13 Nr. 1, O.G.F.
Hollemann, Jever, ein Reisegefährte des Entdeckers Tasmaniens 1642,
J.W . Nr. 17 vom 21.1. 1942, O.G.F.
Holmann (Hollemann), Jdde Tjarksen, * Jever um 1600, Kapitän des Schiffes
Heemskerk des holländischen Seefahrers A bel Tasmann 1642— 43, in
Dr. Karl Fissen in „1000 Jahre Jever” , Druck Gerhard Stalling AG.,
Oldenburg 1930, S. 172, O.G.F.
Hoppe, Gerhard, Magister, Pastor in Fedderwarden, * Esenshamm 1. 7. 1601,
C 3 Fedderwarden 2.9.1668, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands,
1853, S. 26.
Hüttemann, eine alte Oldenburger Familie, von Anna Kufferath, O.G.F.
Hullmann, Gustav, Etzhorn, Präsident des Verbandes der Züchter des Oldenburger
Pferdes (* Etzhorn 5. 6. 1870, f Oldenburg 4. 7. 1944), von Joseph,
O.St.Z. Nr. 183 vom 8. 7. 1944, O.G.F.
Hummel, siehe Grosse.
Huntemann, ökonom ierat, Zum 70. Geburtstag, von Dietrich Kohl, N.f.St. L.
21.1.1928, O.St.A.
Huntemann, Johann, ökonom ierat, * Delmenhorst 20.1.1858, t W ildeshausen
30. 7. 1934, Lebensbild, Bauernzeitung, Hauptblatt der Landes-
bauernschaft für Oldenburg und Bremen, Nr. 32 vom 4. August 1934.
Ihnken, Purkswarfe, in „Familie Theodor Eilers, Jever” , siehe Eilers.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 109
Janßen, Georg, Sillenstede, Heimat- und Sippenforscher, 60 Jahre alt, J.W .
Nr. 209 vom 8. 9. 1937, O.G.F.
JanBen, Großostiem, (Bentert auf der Dose, Gemeinde Reepsholt), St.T.,
10 Gen., siehe Schmeden.
Janßen, Hinrich, der Butjadinger Bauernpoet, von Pleitner, Tide Jg. 1,
S. 217, 1917.
Janßen, Theodor, Professor an der Technischen Hochschule Berlin, zum
75. Geburtstag (* Pophuse 31. 1. 1852), J.W . vom 10.3. 1928, O.Q.F.
Juchter, Die Familie Juchter aus Jever, von Rudolph Koop, J.W . Nr. 302
vom 24. 12. 1943, O.G.F.
Jürgens, siehe Andreae.
Kaper, Tange, A.L., bearbeitet von Pastor Ahrens, Varel, H., O.G.F.
Karnebrock, Angelbeck, St.T., 10 Gen., bearbeitet von Thie, Löningen, H.,
O.G.F.
Klävemann, (Clevemann), in Hatten und Oldenburg, Die Familie, O.H.K.,
1943, S. 39.
Klumpe, Vögte und Geistliche aus der Familie Klumpe in Damme, H.B.M.,
Jg 13, Nr. 3, 1931, O.G.F.
Knabbe, Chronik der Familie Knabbe, nebst Aufzeichnungen einiger zeitigen
Begebenheiten, von Christian Knabbe, M oorsee, M., O.G.F.
Knauf, siehe Knoop.
Knoop, Die Geschlechter Knoop, Knop, Knauf u. ä. als Problem der Sippen-
und Volkstumsforschung von Ernst G. J. Knoop, Hamburg 1928, O.St.A.
Knop, Archiv der Knopgeschlechter, Mitteilung zur Knopforschung, herausgegeben
von Ernst G. J. Knoop, Hamburg 39, Alsterdorfer Str. 203,
O.St.A.
von Kobbe, Theodor, Dichter, 1798— 1840, N.f.St.L. Nr. 67 vom 8. 3. 1936,
O.G.F.
von Kobbe, Theodor, sein Leben und W irken sow ie seine Stellung in der
deutschen Literatur, von H. Schwarz, Oldenburg, O.St.A.
Köhlken, Huntebrück, siehe Bischoff S. 54.
Köhne, siehe Hanenkamp.
König, Die Personennamen König und Köntje, von Pastor W ilhelm Ramsauer,
Bi't Füer, (Ammerländer) Nr. 34 vom 25. 8.1925.
Köntje, siehe König.
Kösters, Zur Geschichte der Familie Kösters in Lüsche, von Pfarrer Zuhöne,
H.B.M., Jg 23, S. 38, O.G.F.
Kohl, Dietrich, Dr., Professor, Zu seinem 80. Geburtstag am 12.11.1941, O.N.
Nr. 311 vom 13.11.1941, O.G.F.
Kohl, Dietrich, Dr., Professor, Zum Gedächtnis, Forscher und Mensch,
O.St.Z. Nr. 321 vom 24.11.1943, O.G.F.
Kolstede, Bockhorn, (Johann Friedrich Kolstede, um 1726), St.L., 3 Gen.,
H., O.G.F.
Koopmann, Andreas, Fabrikbesitzer in Zwischenahn, 70 Jahre alt, (* Brake
4. 1. 1863), O.G.F.
Kramer, Gerd, Der letzte Schiffszimmermeister von Edewecht, O.St.Z. Nr. 68
vom 10. 3. 1942, O.G.F.
Kreymborg, Vechta (Brockdorf), in „Beiträge zur Geschichte der Familie
Rawe/Kistemaker", von August Crone-M ünzebrock, als Manuskript gedruckt,
Osnabrück 1940, S. 69, O.St.A.

110 Richard Tantzen
Kröger (Krüger), Etzhorn, (Johann Kröger, * um 1545), St.L., 11 Gen., siehe
Schmeden.
Kröger, Zur Geschichte der Familie Kröger in Lüsche, von Pfarrer Zuhöne,
H.B.M., Jg. 23, S. 38, O.G.F.
Kropp, Johann Albrecht, Prediger zu Brockel, t 14. 3. 1798, St.L., bearbeitet
von Pastor Ahrens, Varel, H., O.G.F.
Krüger, Wilhelm, Dr. h. c., Zum Gedächtnis, von W erner Haarnagel in
„Problem e der deutschen Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet",
Bd. 2, Verlag August Lax, Hildesheim, 1941.
Krüger, Wilhelm, Dr. h. c„ Marinehafenbaudirektor in Wilhelmshaven, 1869
bis 1940, von Richard Tantzen, J., Bd. 44/5, S. 173.
Krüger, siehe Kröger,
Kruse, Edewecht und die Familie Kruse, von Hermann Lühken, Oldenburg,
O.G.F.
Kruse, Grabstede, (Gerd Krus 1581), Hof Kruse in Grabstede, von Hans
Wichmann, Rastede, H., O.G.F.
von Kügelgen, Die Familie von Kügelgen in Südoldenburg und Bremen, von
Regierungsrat Dr. Hartong, H.H., 1929, Nr. 12, O.G.F.
von der Lage, Conrad, Generalsuperintendent in Weimar, * Reepsholt 1630,
t 5. 12.1694, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 73.
von der Laage, Conrad, Generalsuperintendent in Weimar, von G eorg Janßen,
Sillenstede, J.W . Nr. 144 vom 26.6. 1921.
Lameyer, Die Familie Lameyer in Twistringen und Vechta, in „Beiträge zur
Geschichte der Familien Rawe/Kistemaker, von August Crone-M ünzebrock,
als Manuskript gedruckt, Osnabrück 1940, S. 62, O.St.A.
Lameyer, Aus der Geschichte der Familie Lameyer in Vechta, H.B.M., Jg 23,
S. 29, O.G.F.
Lampe, siehe Nuttelmann.
Lange, Helene, N.f.St.L. vom 15. 5.1930, O.G.F.
Lauts, Ulrich Hermann, Pastor in Sillenstede, * W addewarden 24.9.1773,
+ Sillenstede 6.8. 1838, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853,
S. 36.
Lauts, Ulrich Hermann, Oberprediger in Sillenstede, zum 100. Todestage,
von G eorg Janßen, Wilhelmshavener Kurier vom 4. 8.1938, O.G.F.
Lehrer, Die Lehrer der Gemeinde Accum , in „D ie Geschichte der Kirchengemeinde
A ccu m " von Pastor Waas, Verlag Oldenburger Sonntagsblatt,
Oldenburg, 1919, S. 105— 113, O.St.A.
Lehrer, Die Lehrer der Gemeinde D edesdorf zu D edesdorf (Küster und Organisten),
W iemsdorf, Overwarfe, Üterlande, Overwarfe-Üterlande und
Neuenfelde in „Chronik von Landwührden und der Kirchengemeinde
D edesdorf" von D. Ramsauer, Selbstverlag der Männer vom M orgenstern,
Bremerhaven, S. 177— 247, O.St.A.
Lehrer, Die Lehrer der Gemeinde Esenshamm, zu Esenshamm (Küster und
Organisten), Esenshammergroden und Enjebuhr, in „G eschichte der G emeinde
Esenshamm" von Toenniessen Verlag A dolf Littmann, Oldenburg,
1913, S. 68— 93, O.St.A.
Lehrer, Kurze Nachrichten über einige ältere hiesige Lehrer der Schule in
Jever, wie sie dieselben bei der Unterschrift der symbolischen Bücher
selbst eingetragen haben (Möhring, Eilers, Gerdes, Fibing, Bruschius,

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 111
Scheer, Frerichs, Hollmann, Scheer, Krause, Tiarks, Peters, Cordes),
Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 19— 24.
Lehrer, Die Lehrer der Provinzialschule in Jever, siehe Prediger.
Lehrer, Die Lehrer der Gemeinde Neuenhuntorf zu Neuenhuntorf und Buttel,
in „G eschichte der Gemeinde Neuenhuntorf" von G eorg Lübben. Druck
A dolf Littmann, Oldenburg 1903, S. 62— 68, O.St.A.
Lehrer, Die Lehrer zu Schönemoor, in „G eschichte der Gemeinde Schönem
oor" von Georg Lübben, Kommissionsverlag Eschen und Fasting, O ldenburg
1910, S. 73—81, O.St.A.
Lehrer, Die Lehrer der Gemeinde Stollhamm zu Stollhamm (Köster und
Organisten), Jffens, Stollhammerwisch und Stollhammerahndeich, in
„G eschichte der Gemeinde Stollhamm", von M. Nagel, Druck Wilhelm
Böning, Nordenham 1930, S. 126— 135, O.St.A.
Lehrer, Die Lehrer, Küster und Organisten zu Strückhausen, in „Beiträge
zur Geschichte der Kirche und Gemeinde Strückhausen" von A . Eschen,
Oldenburg 1884, S. 105— 113, O.St.A.
von der Lippe, Stammregister der evangelisch-lutherischen Familie von der
Lippe, Oldenburg, von W alter von der Lippe.
Lohmann, Zur Geschichte der Familie Lohmann in Lüsche, von Pfarrer Zuhöne,
H.B.M., Jg. 23, S. 43, O.G.F.
Loy, Zur Familie Loy und dem Geschlecht der Tödiemannen, von Helene
Höhnk, M., O.G.F.
Loy, Die Familie Loy, zur Loye, von Richard Tantzen, M., O.G.F.
Lübben, Die Familie, in „D ie Häuptlinge" von Pastor Muhle, Schwei, O.B.
1846, Nr. 4 2 -4 4 .
Lübben, Eduard, Sürwürden, der Tierzüchter, in „Pflügende Hand, forschender
Geist" von Martin Kühne, Verlag Paul Parey, Berlin, S. 101.
Lübben, Georg, Pastor, ein oldenburgischer Heimatforscher, 1863— 1936,
N.f.St.L., Nr. 352 vom 29.12.1936, O.G.F.
Lfibben, Johann, Lizentiat, Jever, * Altgarmssiel 1657, □ Jever 27. 5.1700,
Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, II. S. 53.
Lückmann, Heinrich, Konrektor in Lohne, H.B.M., Jg 23, S. 17, O.G.F.
Lühken, Hermann, Obenstrohe, * Roffhausen 10. 1. 1888, A.T., H., O.G.F.
Luschen, Stenum, (Johann Luschen 1843), 4 Gen., O.St.Z. Nr. 9 vom 10.1.
1943, O.G.F.
Lüschen, Friedrich, Dr. phil. u. Dr.-Ing. ehrenhalber, Leiter des Hauptausschusses
Elektrotechnik (* Oldenburg 19. 3. 1877), O.St.Z. Nr. 181 vom
6. 7. 1944, O.G.F.
zu Lynar, Rochus Friedrich, Graf, Königlich dänischer Statthalter der Grafschaften
Oldenburg und Delmenhorst, von G. Jansen, Verlag Schulze,
Oldenburg, 1873.
Martens, Martin Bernhard, Herausgeber des Predigergedächtnisses, t Jever
1809, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 33.
Martens, Martin Bernhard, Auditeur u. Quartiermeister, * Jever 13. 6.1743,
von G eorg Janßen, H.H., 1927 Nr. 5, O.G.F.
Mayer, Adolf, Professor der Chemie u. Direktor der Landwirtschaftlichen
Akademie in Wageningen, * Oldenburg 9. 8.1843, O.St.Z. vom 30.12. 1942.
O.G.F.
Mayer, Adolf, Professor, der Begründer der Virusforschung, ein Oldenburger,
von Dr. Rudolph Koop, O.St.Z. vom 26. 3.1944, O.G.F.

112 Richard Tantzen
M eenc, Heinrich, Superintendent in Jever, * Bremen 11.4.1710, t Jever
20.5.1782, Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands, 1853, S. 41, 169
u. 173.
Meene, Heinrich, (1710— 1782), ein bremisch-jeverländischer Theologe, von
Hans Ültzen, Bremen, J.W . vom 13. 10. 1928.
Menge, Rudolf, Geheimer Schulrat, ein Lebensbild, von Paul Menge, Halle
1914, O.St.A.
Mengers, Hero, Blexen, ein Sittenbild aus Butjadingen um 1600, von Dr. Rudolph
Koop, B.Z. Nr. 177 vom 31.7.1943, O.G.F.
M eyer, Lothar, Professor; und das periodische System, ein Gedenkblatt zum
100. Geburtstag, * Varel 19.8.1830, t Tübingen 11.4.1895, von R. W inderlich,
„A us der Heimat" Bd. 43, Heft 8, S. 225.
M eyer, Wilhelm, Direktor des Botanischen Gartens in Oldenburg, zum 70.
Geburtstage, * W ehnen 25.8. 1867, O.N. Nr. 230 und O.St.Z. Nr. 230
vom 23. 8. 1942, Aus der Heimat, 1942, Heft 7/8, O.G.F.
M iddendorf, Vechta, Die Familie, H.B.M., Jg. 23, S. 63, O.G.F.
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M itscherlich, Eilhardt, von Richard Schmidt, Tide, Jg. 2, S. 122, 1918.
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Müller, Anna Louise geb. Siedenburg, Frau des Sattlermeisters F. G. Müller
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Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 113
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Murken, Der Familienname, von H. Francksen, Tide, Jg. 3, S. 735, 1920.
Mylius von Gnadenfeld (Hermann Müller), 1600— 1657, von Hans Wichmann,
Rastede, in „Historienkalender für das Jahr 1941", Druck und Verlag
C. L. M ettcker u. Söhne, Jever, O.G.F.
Nieberding, Karl Heinrich, Zum Gedächtnis des Lokalhistorikers, H.B.M.,
Jg. 11, Nr. 6.
Nuttelmann, Hof zu Barel, Ergänzung zum Stammbaum der Familie P oppe-
Dötlingen, Schröder, Lampe, Schwarting, von Baumeister Poppe, Braunschweig,
H., O.G.F.
Oetken, August, Maler, Professor, Zum 75. Geburtstag am 14.2.1943,
N.f.St.L. 1943 Nr. 27, O.St.Z. Nr. 44 vom 14. 2. 1943, O.G.F.
Oldenburg, Die bisherigen Bürgermeister der Stadt Oldenburg, N.f.St.L.
Nr. 13 vom 14. 1.1933, O.G.F,
von Oldenburg, Amalie, Herzogin, Königin von Griechenland, 1818— 1875,
Die unvergessene oldenburgische Fürstentochter, von Archivdirektor
Dr. Hermann Lübbing, O.St.Z. vom 2.4. 1944, O.G.F.
von Oldenburg, Cäcilie, Großherzogin von Oldenburg, geb. Prinzessin von
Schweden, ein Denkmal, von W ilhelm von Eisendecher, Oldenburg 1845,
O.St.A.
von Oldenburg, Paul, Friedrich August, Großherzog, ein biographischer Versuch,
von Mosle, Verlag Schulze, Oldenburg 1865, O.St.A.
von Oldenburg, Nikolaus Friedrich Peter, Großherzog, Erinnerungen aus den
Jahren 1864 bis 1900 von Günther Jansen, Schulzesche Hofbuchdruk-
kerei A. Schwartz, Oldenburg, 1903.
von Oldenburg, Peter, Großherzog von Oldenburg, von Hermann Oncken,
Preußische Jahrbücher Bd. 102, Heft 3, Berlin 1900, O.St.A.
von Oldenburg, Peter, Großherzog, Erinnerungsblätter von Dr. Benno Die-
derich, Verlag Johann Kröger, Blankenese, 1900, O.St.A.
Oldenburger an allen Fronten des Krieges (Fimmen, Kreysing, Schwabach),
O.N. Nr. 357 vom 31.12.1941, O.G.F.
Oldewage, Barver und Oldenburg, (Dietrich Oldewage auf Gr. Oldewage
1688— 1751), St.T., 6 Gen., H., O.G.F.
Omken, Großenmeer, Oberströmische Seite (Jürgen Omken, um 1640), St. T.,
9 Gen., bearbeitet von J. H. Gräper, Barghorn, H,, O.G.F.
Onken, Großenmeer, (Berend Onken, um 1676), St.T., 9 Gen., bearbeitet
von J. H. Gräper, Barghorn, H., O.G.F.
Ordemann, Gerhard Wilhelm, * Blocken 28. 8. 1888, A.T., H., O.G.F.
Orth, Verwandtschaftliche Beziehungen der Familie Orth mit Johann W olfgang
Goethe, H., O.G.F.
Orth, Verwandtschaftliche Beziehungen der Familie Orth mit Lukas Kranach
d. Ä», H., O.G.F.
Osterloh, Hinrich, Hauptlehrer, Flurnamenforscher, 1861— 1941, von G. Pleus,
J. Bd. 44/5, S. 177.
Osterloh, Immer, 450 Jahre Stammhof, O.St.Z. Nr. 117 vom 1. 5. 1943, O.G.F.
8

114 Richard Tantzen
Oyen, Accum , (Albert Oyen, um 1520), St.L., 10 Gen., siehe Schmeden, O.G.F.
Palen, Der Familienname, von Pastor Wilhelm Ramsauer, Niedersachsen,
Jg. 32, S. 34, 1927.
Personennamen, Die, von Pastor W ilhelm Ramsauer, in Heimatkunde des
Herzogtums Oldenburg, herausgegeben vom Oldenburgischen Landeslehrerverein
durch W . Schwecke, W . von Busch, H. Schütte, Bremen,
Niedersachsenverlag Carl Schünemann, 1913, Bd. 1, S. 478.
Personennamen, Die jeverländischen, mit Berücksichtigung der Ortsnamen,
von Karl Strackerjan, Osterprogramm des Gymnasiums zu Jever, 1864,
und in Else Wirminghaus „Karl Strackerjan, aus dem Leben und Wirken
eines deutschen Schulmannes", Druck und Verlag Gerhard Stalling,
Oldenburg, 1905, S. 105 ff.
Peters, Remmelhausen, in „Familie Theodor Eilers, Jever", siehe Eilers,
O.G.F.
Peters, Theodor, Regierungsbaumeister, * Oldenbrok 20.7.1856, f Goslar
3.10.1894, A.L., H., O.G.F.
Pielstick, Familiengeschichtlicher Beitrag, von G eorg Janßen, Sillenstede,
J.W . Nr. 290 vom 11.12.1921, O.G.F.
Pining, Dietrich Pining und Hans Pothorst, zwei Schiffsführer aus den Tagen
der Hanse und der großen Entdeckungen, von Dietrich Kohl, Hansische
Geschichtsblätter, Jg. 57, S. 152, 1932, O.St.A.
Popken, Die Linie Popken/Hillerns von Stumpens, von Hans Popken, M.,
O.G.F.
Poppe, siehe Nuttelmann.
Prediger, Die Pastoren der Kirchengemeinde Accum , in „D ie G eschichte der
Kirchengemeinde A ccum ” von Pastor Waas, Verlag Oldenburger Sonntagsblatt,
Oldenburg, 1919, S. 30, O.St.A.
Prediger, Die Pfarrer der Banter Gemeinde, in „Festschrift zur 25. W iederkehr
des Gründungstages der Banter Kirche", herausgegeben von dem
Kirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Bant 1924, S. 37— 45,
O.St.A.
Prediger, Die Pastoren der Kirchengemeinde Dedesdorf, in „Chronik von
Landwührden und der Kirchengemeinde D edesdorf" von D. Ramsauer,
Selbstverlag der Männer vom Morgenstern, Bremerhaven, S. 144— 170,
O.St.A.
Prediger, Die Prediger der Kirchengemeinde Esenshamm seit der Reform ation,
in „G eschichte der Gemeinde Esenshamm" von Toenniessen, V erlag
A dolf Littmann, Oldenburg, 1913, S. 52— 62, O.St.A.
Prediger, Jeversches Prediger-Gedächtnis oder Verzeichnis der Prediger,
w elche seit der Reformation der evangelisch-lutherischen Gemeine in
Stadt und Herrschaft Jever das Evangelium von Christo verkündet
haben, nebst einem Verzeichnis aller Schullehrer, w elche an der Jever-
schen Provinzialschule seit ihrer Stiftung bis hierher gedient haben,
herausgegeben von Martin Bernhard Martens, der Rechstgelahrtheit
Candidaten, Aurich, gedruckt bei J. H. Tapper W itwe, 1783.
Prediger, Verzeichnis der Superintendenten und Stadtprediger in Jever seit
der Reformation und sämtlicher Lehrer der Provinzialschule seit ihrer
Stiftung, nebst einigen Nachrichten über dieselben, in „Beiträge zur
Spezialgeschichte Jeverlands” , Druck C. L. M ettcker, Jever, 1853, S. 3.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 115
Prediger, Nachrichten von der Jeverischen Geistlichkeit in Stadt und Lande
seit der Reformation und auch noch einige Zeit zuvor, ingleichen den
öffentlichen Lehrern an der Provinzialschule seit ihrer Gründung, beide
betreffend, bis zum Jahre 1767 in „Beiträge zur Spezialgeschichte Jeverlands“
, Druck C. L. Mettcker, Jever, 1853, S. 91.
Prediger, Die Prediger der Kirchengemeinde Neuenhuntorf, in „Geschichte
der Gemeinde Neuenhuntorf” von G eorg Lübben, Druck A dolf Litt-
mann, Oldenburg, 1903, S. 31— 50. O.St.A.
Prediger, Die Prediger der Kirchengemeinde Schönemoor, in „G eschichte der
Gemeinde Schönem oor" von G eorg Lübben, Kommissionsverlag Eschen
und Fasting, Oldenburg, 1910, S. 46— 56, O.St.A.
Prediger, Die Prediger der Kirchengemeinde Stollhamm, in „G eschichte der
Gemeinde Stollhamm" von M. Nagel, Druck W ilhelm Böning, Nordenham,
1930, S. 120— 124, O.St.A.
Prediger, Die Prediger der Kirchengemeinde Strückhausen, in „Beiträge zur
Geschichte der Kirche und Gemeinde Strückhausen" von A . Eschen,
Oldenburg, 1884, S. 28— 65, 96— 105, O.St.A.
Rabeling, Gerriet Johann, Schmiedemeister aus Stendeven im Geldernland,
später Varel, von Pastor Ahrens, Varel, St.L., 3 Gen., H., O.G.F.
Rabeling, Heinz, Dr., Oberbürgermeister von Oldenburg, N.f.St.L. Nr. 13
vom 14. 1.1933, O.G.F.
Rawe, siehe Crone.
Rehmann, siehe Renemann.
Rehme, Berne und Abbehausen, B.Z. Nr. 171 vom 24.7.1943, O.G.F.
Relefzen, Boitwarden 1643, von Pastor Addicks, Filsum, B.Z. Nr. 165 vom
17. 7.1943, O.G.F,
Reling, das Gut Relinghausen des Gründers Reling, von G eorg Janßen,
Sillenstede, J.W . Nr. 288 vom 7.12.1928.
Reling, Anton, Bauer, Gründer des Jeverländischen Herdbuchvereins, und
die Familie Reling, von G eorg Janßen, Sillenstede, O.St.Z. Beilage
Friesland, Nr. 269 vom 4.10. 1938, O.G.F.
Renemann, (Rehmann), Holtum bei Cleverns, (Boyken Rehmann, um 1660),
St.T., 8 Gen., H., O.G.F.
Rieken-Karutz, Carl Hermann, A.T., Sonderdruck aus „Ahnenreihen aus
deutschen Gauen“ , Ausgabe A, Band 3, Verlag für Sippenforschung und
Wappenkunde, C. A. Starke, Görlitz, 1937, O.G.F.
Riemann, Friedrich Wilhelm, zu seinem 85. Geburtstag am 26.2. 1936, von
G eorg Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 47 vom 25. 2.1936.
Ries, Erich, Dr., Professor der Zoologie an der Universität Münster, * W esterstede
4. 3. 1908, gefallen in Rußland 29.2.1944, O.St.Z. Nr. 126 vom
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von Rössing, Zur Geschichte der Herrn von Rössing, von Staatsminister
a. D. A . von Rössing, Druck Schweiger u. Pick, Celle, 1860, O.St.A.
von Rössing, Jobst Christoph, Fürstlich anhaitischer Oberbaudirektor, Familiengeschichtliches
vom Erneuerer der Jeverschen Stadtkirche, von G eorg
Janßen, Sillenstede, Jeverscher Historienkalender auf das Jahr 1936,
Verlag C. L. M ettcker u. Söhne, Jever.
Rohenkohl und andere auf „kohl" endigende Familiennamen, von Pastor
W ilhelm Ramsauer, H.B.M. Jg. 11 Nr. 7, S. 85, O.G.F.
8"

116
Rohling, Borringhausen, Zur Geschichte der Familie, von Pfarrer Zuhöne,
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Romberg, Andreas, * Vechta 1767, t Hamburg 1821, ein Beitrag zur Ham-
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des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 11, H. Christians,
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Romberg, Andreas, Komponist, 1767— 1821, H.B.M., Jg. 2, S. 84, O.G.F.
Roth, Max. Dr. med. Obermedizinalrat, Oldenburg, 1858— 1926, von Sanitätsrat
Dr. med. Schmeden, Mitteilungen des Ärztevereins im H erzogtum
Oldenburg, Jg. 20, Nr. 4, 1926, O.G.F.
Roth, Max, Dr. med., Obermedizinalrat, 1858— 1926, N.f.St.L. Nr. 95 vom
5. 4.1936, O.G.F.
Rüschendorf, Zur Geschichte der Familie Rüschendorf in Rüschendorf, von
Pfarrer Zuhöne, H.B.M., Jg. 23, S. 30, O.G.F.
Rüthning, Gustav, Dr. Professor, Geheimrat, zum 80. Geburtstag, N.f.St.L.
Nr. 355 vom 31.12.1933, O.G.F.
Rüge, Steenhafe, Bauernhöfe auf der Oldenburger Geest, N.f.St.L. Nr. 96
vom 7.9.1935.
Rugeröh, Die Familie, O.N. vom 23. 10. 1936.
Rugeröhde-Hayessen, Die Familie, von Eduard Krüger, Nordenham, B.Z.
Nr. 94 und 100 vom 23. und 29. 4. 1944, O.G.F.
Ruhe, Zur G eschichte der Familie Ruhe in Lüsche, von Pfarrer Zuhöne,
H.B.M., Jg 23, S. 65, O.G.F.
Runde, Christian Ludwig, Oberappellationsgerichtspräsident, Oldenburg,
1773— 1849, N.f.St.L. Nr. 81 vom 22. 3.1936, O.G.F.
von Runnen, Hude, H., O.G.F.
Ruschmann, Gerhard, Kaufmann, * Varel 30.8. 1749, A.L., von Pastor Ahrens,
Varel, H., O.G.F.
Schade, Bokel (von Schade, Ihorst), Stammtafel der Familie, bearbeitet von
Professor Dr. G. Heuermann, Bitburg, Bz. Trier, M., O.G.F.
Schade, eine alte Vogtfamilie, von Dr. G. Heuermann, H.B.M., Jg. 12 Nr. 12*
Jg. 13 Nr. 1 u. 2, O.G.F.
Schellstede, Ohmstede, Die Familie, O.H.K. 1943, S. 41.
Schierholt, Das oldenburgische G eschlecht Schierholt, von Johann Schierholt,
Verlag C. A. Starke, Görlitz, 1942, O.G.F.
Schlichting, Seefeld und Stollhamm, St.L., 4 Gen., H. O.G.F.
Schlosser, Friedrich Christoph, Professor der G eschichte in Heidelberg,
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von Studienrat Dr. Karl Hoyer, J.W . vom 19. 11. 1926.
Schlosser, Friedrich Christoph, von Julius Nikolaus W eisfert, Tide, Jg. 4,
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Schlosser, Friedrich Christoph, zu seinem 70. Todestage, von Studienrat
Dr. Karl Hoyer, J.W . vom 20. 9.1931,
Schlosser, Friedrich Christoph, Zur Familie des Geschichtsschreibers Schlosser,
von G eorg Janßen, Sillenstede, H.H. 1931 Nr. 7 und J.W . vom
26.3.1931, O.G.F.
Schlosser, Friedrich Christoph, Neues zur Vorfahrenliste Schlossers, von
Georg Janßen, Sillenstede, J.W . Nr. 273 vom 20.11.1943, O.G.F.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 117
Schlosser, Friedrich Christoph, Geburtshaus in Jever, von G eorg Janßen,
Sillenstede, J.W . Nr. 30 vom 5.2.1944, O.G.F.
Schlosser, Verschlungene Pfade zur Familie des Geschichtsschreibers Schlosser,
von Georg Janßen, Sillenstede, Familiengeschichtliche Blätter,
Jg. 29, Heft 10, 1931, Leipzig.
Schmeden, Einiges über die Familie Schmeden und deren Verwandtschaft,
mit persönlichen Erinnerungen von Sanitätsrat Dr. Johann Eilers
Schmeden. Oldenburg, 1943, M., O.G.F.
Schmidt, Jacob, Professor der Politik und Beredsamkeit in Erfurt, '«.•>■>* Jever
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1853, S. 79.
Schmeyers, A dolf, Obervermessungsdirektor, Oldenburg, 1874— 1941, von
Johann Hauerken, J. Bd. 44/5, S. 169.
von Schrenck, Albert Philibert, Vermessungsdirektor, Geheimer Oberkammerrat,
Oldenburg, 1800— 1877, in „100 Jahre Vermessungswesen in Oldenburg"
von Landeskulturrat Raths, O.St.Z. Nr. 53 vom 23. 2.1936, O.G.F.
Schröder, Apen und Großostiem, (Johann Schroer, Hausmann zu Apen, 1632)
St.L., 8 Gen., siehe Schmeden.
Schröder, siehe Nuttelmann.
Schütte, Heinrich, Dr. h. C ., Nachruf von Studienrat Dr. Karl Fissen, J„
Bd. 43, S. 108.
Schütte, Heinrich, Dr. h. c., Forscher und Kämpfer, zum 80. Geburtstag des
M arschenforschers und Begründers der Küstensenkungstheorie am 28.12.
1943, von Redelfs, B.Z. Nr. 303 vom 27. 12. 1943, O.G.F.
Schwarting, siehe Nuttelmann.
von Schweden, Nachkommen Gustav A dolfs von Schweden im Oldenbur-
gischen, von G. Lübben, Eckwarden, N.f.St.L. Nr. 304 vom 6.11.1943,
O.G.F.
von Schweden, siehe von Oldenburg.
Secker (von Seggern), Die Familie, von Dr. Hans F. Secker, Honnef am
Rhein, M., O.G.F.
Seeleute aus der Gemeinde Ganderkesee im 18. Jahrhundert von Hans
Wichmann, H.H. 1926 Nr. 3, O.G.F.
Seetzen, Ulrich Jasper, Afrikareisender, * Sophiengroden 30.1.1767, f 1810,
in Dr. Karl Fissen „1000 Jahre Jever", Druck Gerhard Stalling AG.
Oldenburg, 1930, S. 174, O.G.F.
Seetzen, Ulrich Jasper, ein W eltreisender, von Carl W oebcken, Tide, Jg. 2,
S. 244, 1918.
Seetzen, Ulrich Jasper, in „Berühmte Jeverländer" von Studienrat Dr. Karl
Hoyer, J.W. vom 30. 5.1927.
Seetzen, Ein wertvoller Fund zur Ahnentafel Seetzen, von G eorg Janßen,
Sillenstede, J.W . Nr. 99 vom 13.4.1931.
von Seggern, O.H.K. 1942, S. 31, O.G.F,
von Seggern, siehe Secker.
Setje, zu den ammerländischen Familiennamen Setje, von Pastor Wilhelm
Ramsauer, Bi’ t Füer (Ammerländer) Nr. 27 vom 9. 7.1927, O.G.F.
Siebs, Theodor Friedrich Clemens, Dr. Professor, Geheimer Regierungsrat,
von G eorg Janßen, Sillenstede, Ahnentafel (Siebs-Schortens, Müller-
Großfischhausen), Wilhelmshavener Kurier Nr. 198 vom 26. 8.1937.

118
Siedenburg, Altenesch, (Christian Siedenburg t 27. 2. 1758), St.T., 6 Gen., H.,
O.G.F.
Siedenburg siehe Müller.
Sosath, Depenfleth, (Gerdt Sosath 1647), von Direktor Dipl.-Ing. Friedrich
Sosath, Königsberg, St.T., 10 Gen., M., O.G.F.
Stahr, A dolf, Professor, Schriftsteller, 1805— 1876, N.f.St.L. Nr. 67 vom 8. 3
1936, O.G.F.
Stalling, Die Familie, in „100 Jahre Oldenburgischer Hauskalender 1827 bis
1926", O.H.K. 1926, O.G.F.
Stalling, Heinrich, Dr. h. c., Geheimer Kommerzienrat, Oldenburg, 1865 bis
1941, von Archivdirektor Dr. Hermann Lübbing, J., Bd. 44/5, S. 178.
Stalling, Heinrich, Dr. h. c„ Geheimer Kommerzienrat, f 9. 12. 1941, O.St.Z.
Nr. 340 vom 11. 12. 1941, O.N. Nr. 339 vom 10. 12. 1941, O.G.F,
Stalling, Heinrich, O.H.K. 1943, S. 47.
Stedinger Bauerngeschlechter, alte, von Pastor Wilhelm Ramsauer, Niederweser
Nr. 10 vom 15.5.1927, O.G.F.
Stolle, Iserloy, Neerstedt, Bümmerstede, Oldenburg, (Hinric to Iserloi um
1475), bearbeitet von Schulrat Rudolf Stolle, St.T., 11 Gen., H., O.G.F.
Strackerjan, Karl, Aus dem Leben und W irken eines deutschen Schulmannes
von Else Wirminghaus geb Strackerjan, Verlag Gerhard Stalling,
Oldenburg, 1915.
Strackerjan, Karl, Zur Erinnerung an, von Emil Krause, 44. Jahresbericht
der Oberrealschule und Vorschule in Oldenburg 1890, O.St.A.
Tanno, Die Abstammungsnachweise für Tannos Söhne: Dudde Siabben,
Didde, W eyerd = W ierdt Dudden, Anna Didde Tantßen, Switke Siabben
und Edo W irksen = Edo Lübben, von Lehrer Wilhelm Ordemann, W ittenberge,
Bezirk Potsdam, Perlebergerstraße 147, H.P.
Tantzen, siehe Tanno.
Tebbenjohanns, Die Familie Tebbenjohanns aus Vorburg, Beitrag zur Familienforschung
und Familiengeschichte Oldenburgs von Georg Janßen,
Sillenstede, Oldenburgische Landeszeitung Nr. 438 vom 21.10. 1921.
Tenge, Ibbenbühren und Oldenburg, D.G.B. Bd. 108, S. 430.
Tenge, Ernst, Oberlandesgerichtspräsident, * Oldenburg 25. 5.1861, t Oldenburg
8. 2.1943, O.St.Z. Nr. 40 vom 10. 2.1943.
Theiien, Cleverns, (Theile Willms 1587), St.L., 9 Gen., siehe Schmeden.
Theilen, Heinrich, Cäciliengroden, R.K.E.K., J.W . Nr. 231 vom 2.10.1943,
O.G.F.
Thie, Langförden, (Dirik ton bomhoue, * um 1450), St.T., 15 Gen., bearbeitet
von Thie, Löningen, H., O.G.F.
Thien, Hohelucht, Jethausen, St.L., 5 Gen., bearbeitet von Pastor Ahrens,
Varel, H., O.G.F.
Thien, Rastede, St.L., 2 Gen., von Pastor Ahrens, Varel, H., O.G.F.
Thöle, Die Lehrerfamilie Thöle in Lutten, H.B.M. Jg. 23, S. 55, O.G.F.
Thümmel, Johann August, Regierungspedell in Jever, Beiträge zur Spezialgeschichte
Jeverlands, 1853, S. 38.
von Thünen, Ida, Ein Erinnerungsblatt von Geh. Regierungsrat a. D. Dr.
Niebour, N.f.St.L. vom 27. und 28.12.1930, O.G.F.
von Thünen, Johann Heinrich, der Theoretiker, in „Pflügende Hand, forschender
G eist" von Martin Kühne, Verlag Paul Parey, Berlin, S. 30.

Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung 119
Ton Thiinen, Johann Heinrich, Nationalökonora, * Canarienhausen (W addewarden)
24.6. 1783, t 1850, in Dr. Karl Fissen „1000 Jahre Jever", Druck
Gerhard Stalling AG., Oldenburg, 1930, S. 176, O.G.F.
von Thünen, Johann Heinrich, in „Berühmte Jeverländer", von Studienrat
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Ornithologische Beobachtungen am
Jadebusen und im Jeverland (1936— 1943)
(Stadtgebiet Wilhelmshaven und Landkreis Friesland)
Von H e r b e r t B ru n s und H e rm a n n H a v e k o s t .
Dieser Bericht bringt eine Zusammenstellung von omithologischen
Beobachtungen, die von uns in der Zeit von Mai 1936 bis 1943 in
Wilhelmshaven und dem oldenburgischen Landkreis Friesland (außer
der Insel Wangerooge) gemacht wurden. Das Hauptbeobachtungsge-
biet ist der Jadebusen südlich der Stadt mit seinen schlickigen Watten
und das Hafengelände in Wilhelmshaven. Dieses Gebiet wurde von
uns von Mai 1936 bis Mai 1939 in der Regel ein- bis zweimal wöchentlich
— meist getrennt und einige Male gemeinsam — für eine oder
mehrere Stunden besucht. Nicht so regelmäßig konnte in der folgenden
Zeit bis September 1940 beobachtet werden. Hinzu kommen noch
einige von Bruns gelegentlich des Urlaubs im September 1941, in der
zweiten Novemberhälfte 1942 und in der ersten Junihälfte 1943 gemachte
Beobachtungen.
Dieser Bericht soll gleichzeitig als Ergänzung von „tom Diek:
Die Vogelwelt der Jadestädte und ihrer Umgebung (Accum 1933)"
dienen und behandelt daher aus dem eigentlichen Stadtgebiet W ilhelmshaven
und dem Landkreis Friesland nur bemerkenswertere Beobachtungen.
Dagegen wurde der Jadebusen mit allen Arten behandelt.
I- Jadebusen und Hafengebiete:
Soweit keine örtlichen Angaben gemacht wurden, beziehen sich die
Beobachtungen auf die Gegend von Wilhelmshaven.
1. Stieglitz (Carduelis c. carduelis L.):
W inter 1936/37 mehrfach am Deich angetroffen. Am 5. Novem ber 1939
etwa 10 in Rüstersiel.
2. Berghänfling (Carduelis f. flavirostris L.):
Von November bis Januar fast immer kleine Schwärme. Am 12. und
13. Dezember 1936 weit über 1000. Am 25. November 1942 etwa 300 bis
500 auf dem Sander Außengroden. Im Frühjahr 1938 noch bis Ende März
beobachtet.

1 2 2 Herbert Bruns und Hermann Havekost
3. Scbneeammer (Plectrophenax n. nivalis L.):
Einzelne und kleine Trupps von Oktober bis Anfang Februar nicht selten.
4. Ohrenlerche (Eremophila alpestris flava Gm.):
Nur am 12. O ktober 1938 drei Stück am Deich beobachtet.
5. Spornpieper (Anthus r. richardi Vieill.)?:
Eine unsichere Beobachtung von etwa 20 Stück am 18. Dezember 1937
am Deich.
6. Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe L.):
April— Mai und August— O ktober einige am Deich.
7. Braunkehlchen (Saxicola r. rubetra L.):
Je 1 am 29. Mai 1936, 13. Mai 1937 und 7. September 1938 beobachtet.
8. Schwarzkehlchen (Saxicola torquata rubicola):
1 Paar hat 1937 und 1938 im W iesen- und Gartengelände hinter dem
Deich gebrütet.
9. Rotsterniges Blaukehlchen (Luscinia s. svecica L.):
Am 13. Mai 1940 1 im Hafengelände.
10. Eisvogel (A lcedo atthis ispida L.):
August— Januar mehrere Male beobachtet.
11. Sumpfrohreule (Asio f. flammeus Pontopp.):
Am 18. Dezember 1937 und 8. Mai 1939 je 1 und vom 4. Januar bis
11. April 1939 ständig bis zu 4 Stück im Deichgelände.
12. W anderfalk (Falco p. peregrinus Tunst.):
Am 25. September 1938 bei Dangast 1 beobachtet.
13. Merlin (Falco columbarius aesalon Tunst.):
Beobachtungen am 19. Dezember 1936, 8. Januar 1940 und wahrscheinlich
am 14. Februar 1940 (Frühjahr 1939 beim Dorf Accum 1 gefunden).
14. Sperber (Accipiter n. nisus L.):
Mehrmals einzelne beobachtet. Im Frühjahr 1939 anscheinend häufiger
als gewöhnlich.
15. W espenbussard (Pernis a. apivorus L .)?:
Von einem Lehrer am 5. Mai 1937 etwa 20 ziehende Raubvögel, die
W espenbussarde gewesen sein könnten.
16. Fischreiher (Ardea c. cinerea L.):
Frühjahr— Herbst einzelne auf dem Watt, im W inter selten.
17. Große Rohrdommel (Botaurus s. stellaris L.):
Am 2. März 1938 wurde am Nordstrand ein verunglücktes Stück gefunden.
Auch 1932 und 1935 zur Zugzeit je 1 beobachtet bzw. verunglückt
aufgefunden.
18. Singschwan (Cygnus cygnus L.):
Eigene Beobachtungen von 6 bzw. 2 ziehenden Schwänen (südwestl.
Richtung) am 1. Februar 1937 und 14. Februar 1940 überm Hafengebiet
Nach H. M itschke am 1. Februar 1940 40— 50 Schwäne über die Stadt
nach SSO ziehend, nach Dr. Schäfer ebenfalls Anfang Februar 1940 Singschwäne
im Hafen. (Verwechslungen mit dem Zwergschwan in allen
Fällen nicht ausgeschlossen.)

Ornithologische Beobachtungen am Jadebusen und im Jeverland 123
19. Brandgans (Tadorna tadorna L.):
Von Ende September bis Ende Dezember zu Hunderten. Fehlt dann bis
Ende Januar fast stets, von Mitte Februar — April wieder zahlreich,
aber weniger als im Herbst. Im Sommer nur vereinzelt anzutreffen.
20. Stockente (Anas p. platyrhyncha L.):
Das ganze Jahr über anzutreffen. Im September— Oktober meist über
1000, bei starker Kälte an Zahl abnehmend, bei milder Witterung bis
Anfang März w ieder zahlreich.
21. Krickente (Anas c. crecca L.):
Kleine Flüge von März— April und August— Dezember. Etwa 50 am
14. September 1939 bei Dangast (Petershörnersiel).
22. Knäkente (Anas querquedula L.):
Seltener als Krickente. Am 31. O ktober 1938 etwa 10— 15.
23. Pfeifente (Anas penelope L.):
September— November und März— April nicht besonders häufig.
24. Spießente (Anas a. acuta L.):
O ktober— Dezember 1936— 38 selten, Ende November 1942 etwa 500 bis
1000 (

124 Herbert Bruns und Hermann Havekost
33. Eiderente (Somateria m. mollissima L.):
Am 21. Februar 1940 fünf c$ und 6 $ 9 , am 23. Februar 1940 an der
gleichen Stelle 1 Paar.
34. Gänsesäger (Mergus m. merganser L.):
Dezember— Februar kleine Trupps, ausnahmsweise März und April und
am 21. August 1938 festgestellt.
35. Ealsbandsäger (Mergus serrator L.):
Dezember— März, etwas häufiger als der Gänsesäger.
36. Zwergsäger (Mergus albellus L.):
Dezember— Februar, etwas seltener als der Gänsesäger, wesentlich
seltener als $ $ .
37. Eissturmvogel (Fulmarus g. glacialis L.):
Anfang Dezember 1936 wurde 1 ermatteter Zugvogel in der V ogelpflegestelle
der Grodenschule abgeliefert und nach 2 W ochen wieder in Freiheit
gesetzt'
38. Haubentaucher iPodiceps c. cristatus L.):
O ktober— April 1936— 1938 ziemlich regelmäßig einzelne bis zu 8 Stück,
ausnahmsweise auch im Mai und Juni beobachtet. 1939/40 und im N ovember
1942 keine Beobachtungen.
39. Horntaucher (Podiceps auritus L.):
Dezember— März, recht selten und nicht in jedem Jahr beobachtet.
40. Schwarzhalstaucher (Podiceps n. nigricollis Brehm):
2 im Prachtkleid am 26. April 1937.
41. Sterntaucher (Colymbus stellatus Pontopp):
Dezember— Anfang April 1936— 1938 einzelne, ausnahmsweise 1 schon
Anfang O ktober 1937. 1939/40 und Novem ber 1942 keine B eobachtungen.
(4.)
42. Prachttaucher (Colymbus a. arcticus L.):
Vom 13.— 15. Februar 1938 1 im Hafen.
43. Trottellumme (Uria aalge Pontopp):
Am 16. August 1939 wurde 1 stark verölt in der Grodenschule abgeliefert.
44. Sandregenpfeiier (Charadrius h. hiaticula L.):
Ende Juli— Ende O ktober eine regelmäßige Erscheinung, im September
bis über 1000. Im Frühjahr (März— Mai) nur selten.
45. Flußregenpleifer (Charadrius dubius curonicus Gm.):
Am 16. August 1938 unter den Sandregenpfeifern 1 oder mehrere b e ­
obachtet. Am 11. April 1939 flog 1 übers W att nach Osten.
46. Seeregenpfeifer (Charadrius a. alexandrinus L.):
Je 1 am 27. O ktober 1936 und bei Dangast am 25. September 1938 b e ­
obachtet.
47. Kiebitzregenpfeifer (Squatarola s. squatarola L ):
August— Anfang November (1942 noch am 17. November) und im Mai
einzelne auf dem Watt. Bei Dangast (Petershörnersiel) am 14. September
1939 etwa 50, über die Hälfte im Brutkleid.

Ornithologische Beobachtungen am Jadebusen und im Jeverland 125
48. Kiebitz (Vanellus vanellus L.):
W iederholt im März (1937: ab 8. März, 1938: 13. März und 1939: 11. März),
sowie Ende August und September— Anfang Oktober rastend beobachtet.
Zugbeobachtung: Ende Juni 1937 und Ende Mai— Ende Juni sowie Ende
Juli 1938 nach SW — W über den Jadebusen. Stärkerer Zug am 5. Juni
zwischen 7 und 8 Uhr alle paar Minuten etwa 15— 20 Stück), 23, 30.
(zwischen 6,45 und 7,45 Uhr: 5 Schwärme zu je 15— 20 Stück) und 31. Juli
1938 (nur an bestimmten Tagen und meist nur kürzere Zeit wurde be-
obachtetl).
49. Steinwälzer (Arenaria i. interpres L.):
Recht selten. Nur je 1 Beobachtung am 29. August 1936, 4. Mai 1938 und
11. November 1938.
50. Bogenschnäbliger Strandläufer (Callidris ferruginea Brünn):
Mitte August— O ktober nicht selten (am 7. September 1938 etwa 300
bis 500).
51. A lpenstrandläufer (Callidris alpina L.):
August— Dezember regelmäßig (oft einige 100 und mehr), vereinzelt wohl
das ganze Jahr hindurch auf den Watten.
52. Zw ergstrandläufer (Callidris minuta Leisl.):
Im September 1938 öfters mehrere beobachtet. Vielleicht in den anderen
Jahren übersehen.
53. Isländischer Strandläufer (Callidris c. canutus L.):
Recht selten, von August— Oktober.
54. Sanderling (Crocethia alba Pall.):
Am 25. Oktober 1938 einige bei Dangast beobachtet. Bei Wilhelmshaven
von uns noch nicht festgestellt, meidet wohl Schlickwatten
55. R otsch en k el (Tringa totanus L.):
Regelmäßig und häufig. Auch im W inter einzelne. Brutvogel auf den
Groden, z. B. schätzte ich Anfang Juni 1943 auf dem Außengroden von
Mariensiel bis Ellenserdammersiel mindestens 100 Paare.
56. Dunkler Wasserläufer (Tringa erythropus Pall.):
Seltener als der helle Wasserläufer. August— O ktober 1938. Am 14. September
1941 bei Mariensiel 3 Stück vergesellschaftet mit 2 Regenbrachvögeln,
etwa 60 Rotschenkeln und 1 ruhenden Küsten- (oder Fluß-?)
Seeschwalbe. Bei Annäherung flogen zuerst einige Rotschenkel auf,
kehrten aber w ieder zurück. Dann erhoben sich die dunklen W . mit den
meisten Rotschenkeln und der Seeschwalbe, zuletzt die 2 etwas weiter
entfernt stehenden Regenbrachvögel mit den restlichen Rotschenkeln.
57. Heller W asserläufer (Tringa nebularia Gunn.):
Ende Juli— Oktober 1938 mehrere beobachtet. In den anderen Jahren
wahrscheinlich übersehen.
58. Waldwasserläufer (Tringa ochropus L.):
Spärlich. Beobachtungen am 8. August 1936, 11. April 1939 und 5. N ovember
1939.
59. Flußuferläufer (Actitis hypoleucos L.):
Ende Juli— September, Ende Mai und Anfang Juni nicht selten. Ausnahmsweise
am 13. März 1938.

126 Herbert Bruns und Hermann Havekost
60. Säbelschnäbler (Recurvirostra a. avosetta L.):
Von August— Ende November fast regelmäßig anzutreffen, besonders im
September und O ktober (bis zu 1000). Am 14. September bei Dangast
(Petershörnersiel) etwa 1000— 1500. Im Frühjahr spärlich. 1. am 10. April
1937, etwa 15 vom 14.— 23. März 1939 und etwa 30 am 21. März 1940.
Als Brutvogel hat man den Säbelschnäbler noch nicht feststellen können,
da bisher zur Brutzeit kaum die Außenländereien des Jadebusens orni-
thologisch kontrolliert wurden. Am 4. Juni 1943 wurde am W attrand vor
Cäciliengroden 1 beobachtet, der bei Annäherung etwa in Richtung
Dangast abflog. Brutvorkommen durchaus möglich, zumal er in letzter
Zeit an unseren Küsten als Brutvogel w ieder häufiger geworden ist.
61. Rostrote Uferschnepfe (Limosa 1. lapponica L.):
Im Mai und von Juli— Mitte November eine regelmäßige Erscheinung
(bis zu 400).
62. Großer Brachvogel (Numenius a. arquata L.):
Das ganze Jahr über in kaum schwankender Anzahl auf dem Watt. Bei
starkem Nebel läßt er mit Vorliebe seine klangvolle Stimme und seinen
Balzroller hören, auch außerhalb der Brutzeit, z. B. am 28. November
1942 (etwa 200 Stück Mariensieler Bucht).
63. Regenbrachvogel (Numenius p. phaeopus L.):
Vereinzelt und nicht alltäglich im Mai und Ende Juli— Oktober.
64. Bekassine (Capella g. gallinago L.):
Je 1 am 3. August 1936 und am 17. Dezember (!) 1938 (bei — 17° C) b e ­
obachtet; am 25. September 1938 bei Dangast.
65. Austernfischer (Haematopus o. ostralegus L.):
Fast das ganze Jahr über in geringer Anzahl anzutreffen, aber nicht
alltäglich, im Dezember und Januar kaum eine Beobachtung (nur 25. Januar
1939). — Auf den Oberahnschen Feldern wurde bei einem Besuch
am 24. Juli 1938 lediglich 1 Gelege mit 1 Ei gefunden.
66. Trauerseeschwalbe (Chlidonias n. nigra L.):
Selten. Am 8. August 1939 3 nach S fliegend.
67. Brandseeschwalbe (Sterna s. sandvicensis Lath.):
August— September vereinzelt.
68. Flußseeschwalbe (Sterna h. hirundo L.):
Regelmäßig im Sommer. 1— 2 Paare brüten im Kriegshafen auf einer
Ducdalbe bei der Kaiser-W ilhelm-Brücke (zuletzt 1943 festgestellt). Am
24. Juli 1938 war sie in wenigen Stücken über den Oberahnschen Feldern
zu beobachten (kein Gelege!), w o sie (bzw- Küsten-S.) 1937 bzw. 1938
noch in einer kleinen K olonie einen Brutversuch gemacht hat (Junge
durch Hochwasser vernichtet).
69. Zwergseeschwalbe (Sterna a. albifrons Pall.):
Spärlich im Sommer.
70. M antelmöwe (Larus marinus L.):
Fast regelmäßig einzelne anzutreffen.
71. Silbermöwe (Larus a. argentatus Pontopp):
Häufig und regelmäßig.

Ornithologische Beobachtungen am Jadebusen und im Jeverland 127
72. Sturmmöwe (Larus c. canus L.):
Regelmäßig einige oder gar hunderte (z. B. November 1942).
73. Lachmöwe (Larus r. ridibundus L.):
Zu Hunderten und oft zu Tausenden das ganze Jahr über.
74. M ittlere Raubmöwe (Stercorarius pomarinus Temm.):
1 am 12. und 13. November am Deich. Am 27. November 1936 fraglich.
75. Bläßhuhn (Fulica a. atra L.):
Von Oktober— März einige auf dem Hafen und seltener auf dem Jadebusen.
Am 23. Januar wurden plötzlich rund 300 gezählt, die zum großen
Teil bis zum Frühjahr blieben, sofern sie nicht umkamen. Sehr wahrscheinlich
handelte es sich um eine W interflucht (auch andere Arten!).
Am 24. Januar wurde es plötzlich erheblich kälter und der Hafen fror
fast vollständig zu, was sonst nur selten einmal geschieht. (Vgl. „Drost:
Winterflucht auf Helgoland", D. Vogelzug 1937, 2).
76. Turteltaube (Streptopelia t. turtur L.):
1 am 5. Juni 1938 im Hafengelände (ob Brut?). Am 3. August 1938 etwa
30 nach W esten ziehend.
W eitere Arten (77— 97), die nur kurz genannt werden sollen: Nebelkrähe,
Saatkrähe (1 am 26. Dezember 1938), Elster (gern am Deich und an der
Steinböschung), Star (im Winter stets am Deich), Haussperling, Feldsperling.
Bluthänfling (Anfang— Mitte April 1939 im Zug), Bergfink
(5. November 1938), Feldlerche (Winter nicht selten), Haubenlerche,
W iesenpieper (Winter nicht selten), Baumpieper (April 1939, Mai 1937),
W eiße Bachstelze, Schafstelze, W achholderdrossel (einmal sogar auf
dem weichen Schlickwatt!), W eindrossel, Rauchschwalbe, M ehlschwalbe,
Turmfalk, Rebhuhn, Jagdfasan.
II. Parkanlagen in Wilhelmshaven:
1. Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes L.):
Ein Beobachter will am 1. Januar 1940 im Neuender Busch 3 Stück gesehen
haben.
2. Eichelhäher (Garrulus g. glandarius L.):
öfters im Rüstringer Stadtpark. Zur Zugzeit, vor allem Ende Oktober
1937 bis Februar 1938, seltener auch im März und April 1938 einige im
Wilhelmshavener Park.
3. Stieglitz (Carduelis c. carduelis L.):
W inter 1936/37 in den Parkanlagen der Stadt und am Deich nicht selten.
W inter 1937/38 keine Beobachtung. In der Stadt Brutvogel.
4. Erlenzeisig (Carduelis spinus L.):
Von Ende Juli— April meist in kleinen Schwärmen.
5. Birkenzeisig (Carduelis flammea L.):
Am 22. Dezember 1936 etwa 7— 8 und wahrscheinlich am 27. November
1939 mehrere im Wilhelmshavener Park beobachtet.
6. Girlitz (Serinus canaria serinus L.):
Vom 5.— 18. Mai 1940 erstmalig in W ilhelmshaven festgestellt, und zwar
in einem singenden Stück auf einem Friedhof, wahrscheinlich nur Durchzügler,
da später keine Beobachtung mehr. Im Juni 1943 vergeblich
gesucht.

128 Herbert Bruns und Hermann Havekost
7. Bergfink (Fringilla montifringilla L.):
Anfang Februar 1940 täglich 3— 5 auf dem Banter Friedhof, sonst keine
sichere Beobachtung.
8. Gartenbaumläufer (Certhia b. brachydactyla Brehm):
Im Wilhelmshavener und Rüstringer Park (nur genannt, weil in „tom
D iek" als Parkvogel fehlend).
9. K leiber (Sitta europaea L.):
Nur einmal am 22. November 1936 1 im Wilhelmshavener Park, trotz
regelmäßiger Begehung.
10. W eidenm eise (Parus atricapillus L.):
Am 13. August und 15. O ktober 1938 mehrere im Rosenbergwäldchen des
Rüstringer Stadtparks, am 27. August 1940 daselbst gehört. Am 29. N ovember
1942 im Rüstringer Stadtpark (Nähe Heldenfriedhof) 1 Stück
gehört und beobachtet.
11. Trauerfliegenschnäpper (Muscicapa h. hypoleuca Pall.):
Von Anfang— Ende Mai regelmäßiger Durchzügler (1940 schon 27. April),
Auffallend, daß im Herbst noch keiner beobachtet wurde.
12. Waldlaubsänger (Phylloscopus s. sibilatrix Beshst.):
Außer in den von tom Diek genannten Wäldern traf ich ihn 1937 und
1938 im Wilhelmshavener Park (1939/41 keine Beobachtungsmöglichkeit)
und am 19. Mai 1937 am großen Exerzierplatz an.
13. Singdrossel (Turdus ericetorum philomelos Brehm):
Tom Diek kennt sie als Brutvogel noch nicht vom Rüstringer Park,
wo ich sie schon 1937 (und i,n den späteren Jahren) in etwa 1 oder
2 Paaren beobachten konnte. Im eigentlichen Stadtgebiet brütet sie
unseres Wissens noch nicht. Nach Frank (1940) war in der Stadt Oldenburg
die Stadtbesiedlung bereits vor 10 Jahren vollzogen.
14. W eindrossel (Turdus m. musicus L.):
November— März, nicht immer anzutreffen (gelegentlich auch im Deich-
und Hafengelände).
15. W acholderdrossel (Turdus pilaris L.):
Novem ber— April, Mai, nicht immer häufig (auch öfter im Deich'- und
Hafengelände).
16. Grünspecht (Picus v. viridis L.):
Am 24. Mai 1938 im Rüstringer Park gehört.
17. Kleinspecht (Dryobates minor L.):
Auf dem Banter Friedhof am 22. Oktober 1939 (nicht ganz sicher), am
25. März 1940 und am 21. April 1940 beobachtet.
18. W aldohreule (Asio o. otus L.):
Am 7. März 1939 wurden 7 Stück auf einem Baum sitzend im Rüst-
ringer Park beobachtet. Nach Aussage eines Gärtners sollen dort bis zu
15 Stück (gesellig) gesehen worden sein.
19. W aldkauz (Strix a. aluco):
Im August 1938 mitten im Stadtgebiet 1 gehört.
20. Turmfalk (Falco t. tinnunculus L.):
Nach Mitteilung von G. Harms 1941 und 1942 im Luftschutzraum Holl-
mannstraße brütend.

Ornithologische Beobachtungen am Jadebusen und im Jeverland 129
21. Zwergtaucher (Podiceps r. ruficollis Pall.):
Am 19. Dezember 1938 wurde 1 im Eis eingefroren im Rüstringer Stadtpark
gefunden.
22. W aldschnepfe (Scolopax r. rusticóla L.):
Nach H. Mitschke 1 am 31. März 1940 beim Banter Weg.
23. Wiesenknarrer (Crex crex L.):
Am 15. November 1937 1 tot auf der Straße gefunden.
24. Grünfüßiges Teichhuhn (Gallínula chl. chloropus L.):
Im Park überwinternd.
25. Hohltaube (Columba o. oenas L.):
Am 24. Mai 1938 im Rüstringer Stadtpark gehört.
26. Ringeltaube (Columba p. palumbus L.):
1936/37 und 1938/39 den ganzen W inter über anzutreffen, fehlte dagegen
im W inter 1937/38. 1939 bis Ende Dezember bis zu 15 Stück, Vorkommen
im Januar/Februar 1940 fraglich, da wir nicht kontrollieren konnten.
27. Turteltaube (Streptopelia t. turtur L.):
1 Paar (sicherlich Brutvogel) 1943 im Rosenbergwäldchen des Rüstringer
Stadtparkes.
Besonders bemerkt werden soll noch, daß in allen beobachteten Jahren
keine Nachtigall gehört oder gesehen wurde.
III. Landkreis Friesland:
1. Saatkrähe (Corvus f. frugilegus L.):
Nach Mitteilung von G. Harms (1943) eine neue Kolonie von etwa
50 Stück in Kniphausen.
2. Girlitz (Serinus canaria serinus L.):
Am 11. Juni 1943 konnte ich ihn in Varel feststellen, hier sicherlich
Brutvogel. In Jever traf ich ihn bei einem Besuch am 15. Juni nicht an.
3. Bergfink (Fringilla montifringilla L.):
Im März und April wiederholt beobachtet.
4. Bergstelze (M otacilla c. cinerea Tunst.):
Eine fast sichere Beobachtung am 25. September 1938 bei Dangast (fehlt
in Wilhelmshaven).
5. Haubenmeise (Parus cristatus L.):
Häufig im Forst Upjever und in den Schweinebrücker Fuhrenkämpen.
Nur erwähnt, weil in „tom D iek" fehlend.
6. W eidenm eise (Parus atricapillus L.):
Am 19. und 20. April 1938 im Forst Upjever.
7. Schwanzmeise (Aegithalos caudatus europaeus Herrn.):
öfters im März und April 1938 beobachtet. Ein Brutversuch 1938 an der
Landstraße bei dem Dorf Accum.
8. Raubwürger (Lanius e. excubitor L.):
Eine fast sichere Beobachtung von G. Harms von einem Exemplar im
Novem ber 1942 im Vareler Hafen.
9

130 Herbert Bruns und Hermann Havekost
9. Waldlaubsänger (Phylloscopus s. sibilatrix Bechst.):
Außer in den von tom Diek genannten W äldern traf ich ihn 1937
und 1938 im Barkeier Busch, 1943 im W ald bei Moorhausen und beim Gut
T idofeld südlich der Straße Fedderwardengroden— Sengwarden an.
10. Schilfrohrsänger (Acrocephalus s. schoenobaenus L.):
Brütet nach tom Diek in der Marsch nur seltener, im W iedel (M oorgebiet
bei Jever) häufiger. Kommt nach unseren Beobachtungen fast
überall in der Marsch an geeigneten Örtlichkeiten (gern in Straßengräben)
vor. Auch an einem kleinen Teich an der Bahn Varel— Jaderberg.
(Brinkmann kennt ihn nicht an kleineren Teichen.)
11. Singdrossel (Turdus ericetorum philomelos Brehm):
In Jever traf ich sie am 15. Juni 1943 in den Grünanlagen der Stadt an.
Auch in Varel dürfte sie Stadtvogel sein.
12. M isteldrossel (Turdus v. viscivorus L.):
W ährend sie im Südoldenburgischen recht häufig ist, fehlten bisher B eobachtungen
im Norden. Nach Mitteilung vom Ministerialrat R. Tantzen
1941 in Jeringhave bei Bockhorn brütend. Unsichere Beobachtungen
am 11. Juni 1943 bei dem W äldchen zwischen Jaderberg und Öltjen
Brake und am 15. Juni 1943 im W ald bei Moorhausen. Leider fanden
wir im Kriege noch keine Gelegenheit, die Einwanderung der M isteldrossel
in das nordoldenburgische G ebiet in den letzten Jahren näher
zu erforschen.
13. W endehals (Jynx t. torquilla L.):
Am 23. Mai 1938 beim Forst Upjever 1 rufend beobachtend.
14. Rauhfußbussard (Buteo 1. lagopus Brünn):
Von November 1939 bis Januar 1940 w iederholt einzelne bei Sanderhörne.
15. Schwarzstorch (Ciconia nigra L.):
Nach Mitteilung eines Lehrers hält sich 1 junger Schwarzstorch Mitte
August 1937 etwa 14 Tage auf dem Groden bei Inhausersiel (nördlich
von Wilhelmshaven) auf.
16. Baßtölpel (Sula b. bassana L.):
Nach Mitteilung von G. Harms 1 ad. in der ersten Märzhälfte bzw.
Mitte März 1942 nach den Schweinebrücker Fuhrenkämpen verschlagen.
17. Singschwan (Cygnus cygnus L.):
Am 31. März 1937 1 beim Schwarzen Brack (ob Zwergschwan?).
18. Bläßgans (Anser albifrons Scop.):
Am 9. Dezember 1939 bei Sanderhörn 10 nach SSW fliegend.
19. Goldregenpfeifer (Charadrius apricarius L.):
Am 4. September 1938 2 Schwärme von etwa 100— 200 bei Carolinensiel.
Am 8. April 1940 in Sanderhörn und von H. Mitschke Mitte März
bis Anfang April 1940 in und bei M iddoge kleinere und größere
Schwärme (15— 500) beobachtet. Am 20. Novem ber 1942 etwa 30 am
Horumer Tief und etwa 500— 1000 östlich der Landstraße Sengwarden—
H ooksiel mit Kiebitzen vergesellschaftet, teilweise sich mehr für sich
haltend.
20. Kiebitz (Vanellus vanellus L.):
Am 4. Dezember 1938 Hunderte bei Varel. Am 20. Novem ber 1943 etwa
2000 östlich der Landstraße Sengwarden— Hooksiel.

O m ithologische Beobachtungen am Jadebusen und im Jeverland 131
21. Bekassine (Capella g. gallinago L.):
Am 20. November 1942 je 2 am Horumer Tief und an der Straße Sengwarden—
Hooksiel.
22. Trauerseeschwalbe (Chlidonias n. nigra L.):
Am 11. Juni 1943 konnte ich sie in ihrem alten Brutgebiet öltjen -
Brake nicht beobachten, dagegen westlich der Bahn in Reith-Brake
und weiter nördlich (etwa 10— 20 fliegend).
23. Silbermöwe (Larus a. argentatus Pontopp):
Brutkolonie am Horumer Tief. Bei einem Besuch am 2. Juni 1943
beobachtete ich hier w ieder etwa 200 Silbermöwen, konnte aber bis
auf 2 halbfertige Nistmulden kein Nest und kein Gelege finden.
24. W achtel (Coturnix o. coturnix L.):
Am 5. August 1937 mindestens 2 im W iedel (Sumpfgebiet bei Jever),
davon 1 rufend.

Die gelbe Bachstelze
Ein Beitrag zur gegenwärtigen systematischen Betrachtungsweise
der organischen Formenwelt
Von K a r l S a r t o r iu s
Systematik!, stille Museumssäle mit langen Schrankreihen voller
seltsamer Gestalten, farbenprächtiger Geschöpfe in Gläsern oder
trocken präpariert und aufgestellt, „ausgestopft", darunter Schilder
mit wunderlich klingenden Namen, nur etwas den Naturwissenschaftler
Interessierendes, etwas Totes, dem Leben Abgekehrtes. So die
landläufige Vorstellung.
Vor etwa 180 Jahren erfuhr die beschreibende und ordnende Erforschung
der Lebewesen der Erde in den europäischen Kulturländern
einen mächtigen Aufstieg unter Führung des Schweden Linné. Seine
Betrachtungsweise, die Pflanzen- und Tierformen zu beschreiben, für
jede einzelne Form einen Namen mit Hilfe lateinischer und griechischer
W örter zu erfinden und sie nach Körperform und Lebensart in
Gruppen und Untergruppen zu ordnen in einem „System", hat sich im
Lauf der langen Jahrzehnte als für die Erfassung des Reichtums der
Erde an organischem Leben sehr fruchtbar erwiesen und ist für die
internationale biologische Forschung und wissenschaftliche Zusammenarbeit
unentbehrlich geblieben bis auf den heutigen Tag. Seine „A rten“
hatten nach damaligen Kenntnissen und Anschauungen von jeher bestanden,
waren schöpfungsgegeben. Es begann damals die Zeit der
Entdeckungsfahrten und -reisen berühmter Forscher nach allen Gebieten
der Erde, und in unablässiger sammelnder, beschreibender und
benennender Forschung bis zur Gegenwart ist so die ungeheure
Menge der lebenden Formen des Erdballs im wesentlichen erfaßt
worden, wenn auch noch fortdauernd Neuentdeckungen oft noch überraschender
Art gemacht werden.
Nach den Angaben über die Zahl der Arten in den einzelnen
Pflanzenfamilien in Englers „Syllabus der Pflanzenfamilien“ kann man
die Zahl der bis jetzt bekannt gewordenen Pflanzenformen
von den Bakterien bis zu den Kompositen
auf etwa 200000 schätzen und nach den Arbeiten

Die gelbe Bachstelze 133
von Arndt1) über die Zahl aller bisher beschriebenen
Tierarten von den Einzellern bis zu den Primaten
auf etwa 1025000, von denen etwa 40 300 für Deutschland nachgewiesen
wurden bis 1940.
Die in gleich mächtiger Entwicklung fortschreitende morphologische
Forschung: Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte
(Ontogenie) und Paläontologie
führte zu der nicht nur auf die Biologie, sondern auch auf das
gesamte Geistesleben den tiefsten Einfluß ausübenden Vorstellung,
daß das jetzige Bild der organischen W elt nicht immer bestanden
habe, daß seine Formen sich im Laufe von Jahrmillionen allmählich
entwickelt und umgewandelt haben aus einfacheren, primitiveren. Es
blühte so ein neuer Zweig der biologischen Wissenschaft auf, die
Stammesgeschichte, Phylogenie, die nun für die Systematik
richtunggebend wurde, sie von nun an beherrscht, auch die
Forschung an der Peripherie der großen Stammbäume, die Unterscheidung
der Einzelformen. Nun, wie eben gesagt, im ganzen genommen
die Formen auf der Erde erfaßt worden sind, begann in den
letzten Jahrzehnten eine immer feiner und schärfer werdende vergleichende
Unterscheidung der bereits beschriebenen und benannten
„A rten". Geringe Unterschiede, bei den Vögeln z. B. im Ton und in
der Verteilung der Gefiederfarben, in den Maßen der Schnäbel und
Füße und den (für die Vögel so wichtigen) Schwingenlängen, die
genaue geographische Verbreitung, Lage der Brutgebiete, Überwinterungsgebiete,
der Zugstraßen und Zugrichtungen wurden dabei sorgfältig
geprüft und beachtet, und es zeigte sich, daß die Grenzen
zwischen den bisher als gleichwertig beschriebenen „A rten" sehr verschieden
scharf sind, daß manche ineinander übergehen, sich von
Gebiet zu Gebiet ablösend, und die Formensystematik wird nun von
der wohlbegründeten Vorstellung geleitet, daß die Formen oder Rassen
sich aus einer Grundform entwickelt haben, die, ihr Brutgebiet immer
weiter ausdehnend, durch Einfluß der sich ändernden Umweltsbedingungen
(Klima, Bodenform, Lage zum Meere usw.) „geographisch abänderten".
Man faßt nun solche bisher als selbständige Arten beschriebene
Formen als stammesgeschichtlich zusammengehörend zu einem
Formen- oder Rassenkreis zusammen, zu einer „A rt“ in
einem weiteren Sinne, und sie erhalten neben dem Gattungsnamen
und den sie als zusammengehörend kennzeichnenden Artnamen noch
eine dritte Benennung: den Rassennamen, aus der bisherigen binären
*) In den Zeitschriften „Natur und V olk “ 1941, „Zoogeographica“ 1941
und ..Zoologischer Anzeiger".

134 Karl Sartorius
Namengebung ist eine ternäre geworden. Entscheidend dafür, ob eine
unterschiedene Form als Rasse oder als selbständige Art aufgefaßt
werden muß, ist aber nicht die Größe oder Auffälligkeit der Unterschiede,
sondern o b s i e in einem Gebiet nebeneinander
brüten oder ob sich ihre Brutgebiete im Gesamtverbreitungsgebiet
des ganzen Formenkreises
von Teilgebiet zu Teilgebiet aneinander
anschließen. So können auch Formen, die jeder
nach ihrem Aussehen als sehr verschieden anerkennt
und die recht verschiedene Arten zu sein
scheinen, doch durch Überg angsf ormen von G ebiet
zu Gebiet verbunden sein. Während die ältere zusammenfassende
Übersicht über alle Vogelarten der Erde, die „Handlist
of Birds" von Sharpe, alle Formen unbekümmert um Verbreitung
und Unterschiedsgrad als gleichwertige Arten nebeneinander aufführt,
stellen neuere systematische und faunistische W erke die Formenkreise
dar, so das wertvolle „Die Vögel der paläarktischen Fauna“ von Har-
tert, die „A ves Ethiopicarum“ von Sclater sowie das im Entstehen
begriffene W erk „The Birds of the W orld" von Peters. Jeder, der sich
mit dieser Wissenschaft näher befaßt, wird erkennen, wieviel mehr
Übersicht und Einsicht in die Beziehungen der Formen dadurch gewonnen
wird. Die gelbe Bachstelze, deren prächtiges Gelb ja in der
Hunteniederung aus dem Grün der W iesen leuchtet, möge das G esagte
klarermachen.
Die Art oder der Formenkreis heißt:
Motacilla flava
Gelbe Bachstelze, Wi esenstelze oder Schafstelze
Das Kartenbild2) zeigt die Gesamtverbreitung der „A rt“ sowie
innerhalb desselben die Verbreitungsgebiete der Formen oder Rassen
darin. In der folgenden Aufzählung der bis jetzt unterschiedenen
Formen wird bei jeder der Name des Autors angegeben, der dieselbe
zuerst unterschieden, beschrieben und benannt hat, sowie die Jahreszahl
der Erstbeschreibung.
Motacilla flava flava Diese Form, also unsere Gelbe Bachstelze
Linné 1758 oder Schaf stelze, wurde von allen Formen zuerst
beschrieben, und ihr Name flava gilt daher zugleich
als Artname des ganzen Formenkreises, man
bezeichnete sie deshalb als die Nominatform.
J) Leider kann das farbige Originalblatt nicht auch farbig wiedergegeben
werden im Druck, es würde dadurch natürlich der Einblick in die Sache bedeutend
leichter.

Die gelbe Bachstelze 135
Ihre Gefiederfarben sind unter Übergehen feinerer
Einzelheiten kurz folgende:
— Oberseite gelblich olivengrün.
—• Oberkopf, Hinterhals und Ohrdecken hell aschgrau.
— Breiter Überaugenstreif oder Superciliarstreif
weiß.
— Schwingen dunkelbraun mit trüb gelblichen,
schmalen Außensäumen.
— Kleine Flügeldecken olivengrün. Mittlere und
und große Flügeldecken dunkelbraun mit großen
gelben Endflecken, so daß zwei gelbe Binden
auf dem Flügel gebildet werden.
— Schwanzfedern schwarzbraun mit sehr schmalen
gelblichen Außensäumen.
— Äußerstes Schwanzfederpaar weiß. Ganze Unterseite
leuchtend gelb.
— Schnabel und Füße hornschwarz.
— Iris des Auges dunkelbraun.
Man suche diesen häufigen und frei und nahe sich
zeigenden schönen Vogel in seiner Wiesenlandschaft,
und wer gute Augen hat, kann schon ohne
Glas die eben angegebenen Hauptfarben und Zeichnungen
deutlich beobachten und seine Freude daran
haben3).
Dieses Färbungsthema wiederholt sich bei den verschiedenen For­
men, wobei es variiert wird hauptsächlich in der Färbung
des Oberkopfes,
der Ohrdecken,
des Superciliarstreifs und dessen Ausdehnung und
Breite,
der Intensität und Tones des Gelb der Unterseite,
sowie auch des Tones des Olivengrün der Oberseite.
Ferner ändert bei einigen Formen auch die Körpergröße
ab, sowie die Maße der Schwingen,
Schwanzfedern, der Schnabel- und Lauflänge, sowie
der Krallenlänge.
Motacilla flava dom- Dobrutscha-Schafstelze
browskii Tschudi 1903 Kennzeichen:
Oberkopf dunkler als bei flava,
Ohrdecken schwärzlich,
altes

136 Karl Sartorius
Molacilla flava alas-
censis Ridgway 1910
Motacilla flava beema
Sykes 1832
Motacilla flava leuco-
cephala Przewalski 1887
Motacilla flava thun-
bergi Billberg 1828
Motacilla flava cinereo-
capilla Savi 1831
Motacilla flava iberiae
Hartert 1910
Motacilla flava lutea
Gmelin 1774
Motacilla flava rayi
Bonaparte 1834
Motacilla flava taivanus
Swinhoe 1817
Alaska-Schafstelze
(Nicht auf dem Kartenbildel Eine Form, die auf
den äußersten Nordwesten Nordamerikas übergreift
aus dem poläarktischen Gebiet).
Sehr ähnlich Mot. flava simillima, aber oben
bräunlicher.
Westsibirische Schafstelze
Kennzeichen:
K opf heller grau.
Breiter, weißer Superciliarstreif,
Schwanz kürzer.
Weißköpfige Schafstelze
Kennzeichen:
Auffallend durch den weißen Vorderkopf.
Nordische Schafstelze
Kennzeichen:
Oberkopf dunkelgrau, dunkler als bei unserer
Schafstelze.
Ohrdecken schwärzlich.
Kropfgegend dunkelolivenfarben gewölkt.
Kein Superciliarstreif.
Erscheint im nordöstlichen Deutschland
nicht selten auf dem Zuge und
wurde auch auf Wangerooge festgestellt.
Italienische Schafstelze
Kennzeichen:
Ähnlich der Nordischen Schafstelze, aber Kehle
ganz weiß.
Spanisch« Schafstelze
Kennzeichen:
Unterscheidet sich von der italienischen Schafstelze
durch den stets vorhandenen weißen
Superciliarstreif.
Kennzeichen:
Der englischen Schafstelze sehr ähnlich, aber am
K opf mehr gelb, dieser ist bei alten cf im
Frühling ganz gelb.
Englische Schafstelze
Kennzeichen:
Oberkopf und Hinterhals nicht grau wie bei unserer
Schafstelze, sondern olivengrünlichgelb.
Superciliarstreif gelb.
Ohrdecken düster olivenfarbig.
Erscheint nicht selten an unserer
Küste und wurde wiederholt auf
Wangerooge beobachtet und gefangen.
Amur-Schafstelze
Kennzeichen:
Oberkopf olivengrün gleich dem Rücken.
Ohrgegend dunkel.
Superciliarstreif gelb.

(I flava .benae fi fi grayi^ M.fl flava M.fl. beema M.fl fhunber M fl similli •
Hflavacine- fl.fl. dom- M.fl feJdeg§ fl fl lutea n fl. kaiems- fl fl leuco-
recxapilla browskli CMnku cephala
Her Formen-oderRassenkreis der 6elben Bachstelze
ilotacilla fla va
Z eichnung: K. Sartorius
Tafelabbildung zu K. Sartorius: Die gelbe Bachstelze
ma

Die gelbe Bachstelze 137
Motacilla flava feldegg Maskenstelze
Michahellis 1830 Kennzeichen:
Auffallend unterschieden: Oberkopf, Ohrdecken
und Hinterhals tief kohlschwarz.
Kein Superciliarstreif.
Motacilla flava kalenec- Westturkestanische Schafstelze
czenkii v. Homeyer 1878 Kennzeichen:
Ähnlich der Maskenstelze aber
Kinn weiß.
Unterseite blasser.
Schwanz kürzer.
Innerhalb des Verbreitungsgebietes einer Rasse bleiben die Struktur-
und Färbungseigentümlichkeiten derselben bestehen, aber oft mit
individueller Variation und an den Grenzgebieten oft mit Übergängen
zu benachbarten Rassen.
Wenn nun eine solche im Lauf langer Zeiträume differenzierte
Form ihr Brutgebiet erweitert, dabei in das Brutgebiet einer der geographisch
benachbarten verwandten Rasse desselben Formenkreises
mehr oder weniger weit eindringend, so kann es in dem Berührungsgebiet
zur Vermischung der beiden Rassen kommen*), oder beide
Rassen brüten nun, jede für sich, in demselben Gebiet neben einander.
In diesem Fall wird dann die eingedrungene Rasse systematisch
als eigene Art aus dem Formenkreis abgetrennt, aus dem sie aber
hervorgegangen ist, einerlei, ob ihre Unterschiede (in Struktur, Färbung
oder Lebensäußerungen, Stimme, Flug usw.) groß oder nur gering
sind. Wenn nun, wie oben gesagt, zwei durchaus verschieden erscheinende
und auch beide, jede für sich, Rassenkreise bildende Arten
doch durch Übergangsformen verbunden sind, so kann also jetzt der
Systematiker geneigt sein, diese beiden Rassenkreise zu einem einzigen
zu vereinigen. Ein solcher Fall liegt z.B. vor bei Rassenkreisen der
Silbermöve (Larus argentatus) und der Heringsmöve (Larus
iuscus) (die in Deutschland im Winter an der Ostsee häufig ist, selten
an der Nordsee). Es sei dieses Beispiel hier nur erwähnt, weil der
stammesgeschichtliche Zusammenhang dieser beiden Formengruppen
recht undurchsichtig und schwierig zu erkennen ist und mehrere
Ornithologen ihn eingehend studiert und aufzuklären versucht haben.
Zu drei ganz verschiedenen Auffassungen führten die Untersuchungen:
nach der einen müssen die beiden Rassenkreise zu einem einzigen
4) Auf Helgoland, w o Motacilla flava flava brütet, hat der Leiter der
Vogelwarte, Prof. Dr. Rudolf Drost, auch das Brüten von Motacilla flava rayi
öfter beobachtet. Im Jahre 1927 haben 4 Paare der englischen Schafstelze dort
gebrütet, und einige Male gehörte von dem Brutpaare der eine Vogel zu
Motacilla flava flava, der andere zu Motacilla flava rayi, es waren also
Mischbruten zwischen den beiden Rassen.

138 Karl Sartorius
vereinigt werden, nach einer ändern ist es wissenschaftlich richtiger,
trotz der nahen Verwandtschaft beide getrennt zu lassen, und nach
einer noch ändern ist es konsequenter, einer der in Betracht kommenden
Formen, die auf den Kanarischen Inseln brütet, und die von
einigen Systematikern als Larus argentatus atlantis zur Silbermövengruppe,
von anderen als Larus fuscus atlantis zur Heringsmövengruppe
gestellt wurde, als besondere Art, Larus atlantis, abzutrennen5). Es
ist natürlich hier nicht angebracht und möglich, darauf weiter einzugehen,
man muß die Originalarbeiten studieren. Von Interesse ist
hier, daß dieses Beispiel, wie mehrere Forscher, dasselbe erkennend
und fühlend, es doch ganz verschieden nomenklatorisch zum Ausdruck
bringen, zeigt, daß es nicht möglich ist, durch Namensgebung und
durch ein System die oft verwickelten stammesgeschichtlichen Beziehungen
der Arten zueinander klar herauszustellen. Man kann ganz
allgemein die Gesetze der organischen Natur nicht so wundervoll
und beruhigend in Formeln und noch wieder allgemeineren Formeln
umfassen, wie die höhere Physik es mit den Gesetzen der anorganischen
Natur vermag. Dies ist vielleicht einer der Gründe, aus denen Spengler
von der Biologie sagt, sie sei unsere schwächste Wissenschaft8).
Man denkt hier an ein W ort des Naturforschers Goethe7), der die
vergleichende Morphologie eine „reizende Wissenschaft" nennt, der
er ja noch lange Zeit zugetan war: „ wie sehr muß die Schwierigkeit
sich steigern, wenn wir der Natur etwas abzugewinnen denken,
welche, ewig beweglich, das Leben, das sie verleiht, nicht erkannt
wissen will. Bald zieht in Abbreviaturen zusammen, was in klarer
Entwicklung gar wohl faßlich gewesen wäre, bald macht sie durch
Aufzählung weitläufiger Kurrentschrift unerträgliche Langeweile; sie
offenbart, was sie verbarg und verbirgt, was sie eben jetzt offenbarte.
Und wer darf sich einer so liebevollen Schärfe, einer so bescheidenen
Kühnheit rühmen, daß sie ihm gern an jeder Stelle, in jedem Augenblick
zu Willen wäre."
So ist die spezielle Systematik in Wahrheit nichts Trockenes, im
Gegenteil, ihre fein analysierende Arbeit an der Peripherie des ge­
“) Stegmann: ü b e r die Formen der großen M öven und ihre gegenseitigen
Beziehungen" (Journal für Ornithologie 1934); Geyr. v. Schweppenburg: „Zur
Systematik der Fuscus-argentatus-Möven“ (Journal für Ornithologie 1938);
Mayaud: „Considérations sur les affinités et la systematique de Larus fuscus
et Larus argentatus" („A lauda“ 1940); Stresemann: Referat zu letzterer Arbeit
(Ornithologische Monatsberichte 1944). Ferner Arbeiten von F. Steinbacher
und Dwight.
•) Der Untergang des Abendlandes.
T „ü b e r den Zwischenkiefer des M enschen und der Tiere.“

Die gelbe Bachstelze 139
waltigen Stammbaumes der lebenden Arten hält den Geist in Spannung,
zeigt, daß die Natur nichts Starres ist, daß mit dem Leben Umwandlung
stets, wohl langsam und unmerklich, verbunden bleiben
wird, dem erkennenden, aber doch nie die letzte geheimnisvolle
Tiefe ergründenden Menschen, der selbst ihren Gesetzen in gleicher
W eise unterworfen ist, Ehrfurcht gebietend.
Und es ist das ewig Eine,
das sich vielfach offenbart:
Klein das Große, groß das Kleine,
alles nach der eignen Art.
Immer wechselnd, fest sich haltend,
nah und fern und fern und nah.
So gestaltend, umgestaltend —
zum Erstaunen bin ich da.
Goethe

Eine verzierte Hirschgeweihaxt
aus dem Jadebusen
Von Otto-Friedrich Gandert
Den bisher wohl bedeutendsten oldenburgischen Fund aus der Zeit
nach dem zweiten Weltkriege verdanken wir den Wogen der Nordsee.
Sie warfen ihn, eine A xt aus Hirschgeweih, gegen die Granitquader
der M ole von Eckwarderhörne1). In einer Spalte blieb er liegen, bis
Frau Grete Behrens aus Jaderaußendeich ihn im September 1946 fand.
Die Fundstelle ist die markante Landspitze am östlichen Ufer des Jadebusens,
der Stadt Wilhelmshaven gerade gegenüber. Als Geschenk der
Finderin gelangte die Axt an das Staatliche Museum für Naturkunde
und Vorgeschichte in Oldenburg, wofür Frau Grete Behrens auch hier
herzlich gedankt sei.
Betrachten wir das Fundstück genauer. Es stammt von einer rechtenkräftigen
Geweihstange. DieRose ist ebenso sorgsam entfernt worden
wie der Augensprossenansatz und jegliche Perlung und Furchung, w odurch
eine glatte und glänzende Oberfläche erzielt wurde2). Das
,) Ortschaft Eckwarderhörne, Bauerschaft Eckwarder Hammerich, G emeinde
Langwarden (früher Butjadingen), Kr. Wesermarsch.
2) Lange (vgl. Anmerkung 3) irrt, wenn er annimmt, man habe bei den
Geweihäxten „das starke Ende nahe der Rose abgeschnitten" und „nach unten
zugeschrägt” . Tatsächlich ist immer nur die Rose selbst entfernt. Das p roximale
Ende eines Hirschgeweihes ist von Natur aus leicht kegelförmig oder
auch, je nach dem Alter des Tieres, uhrglasartig vorgewölbt. So sitzt es auf
dem Rosenstock.

Eine verzierte Hirschgeweihaxt aus dem Jadebusen 141
Schaftloch befindet sich kurz vor der Rose. Die Schneide ist durch
den bei Geweihgeräten üblichen Schrägschnitt hergestellt. Das hierbei
freigelegte schwammige Innere des Geweihes hat sich gelockert und
etwa fingertief ausgehöhlt. Die Axtlänge beträgt 216 mm, der größte
Durchmesser in der Mitte 41X51 mm. Die beschriebene Glättung ist
das eine Merkmal besonderer Zeitstellung; zugleich bedeutet sie die
Abgrenzung gegenüber der umfangreichen Gruppe steinzeitlicher Ge­
weihäxte. Das andere sind die Würfelaugen in der Schaftlochgegend.
Die Zahl derartig verzierter Geweihäxte ist nicht groß, ihr zeitlicher
Horizont offenbar eng begrenzt, ihre Verbreitung dagegen ziemlich
weiträumig (vgl. die Karte). Die Punktkreise bedeckten einstmals
reihenweise das ganze rückwärtige Drittel der Axt mitsamt dem Knauf.
Ihr Mittelpunkt ist durch die Zirkelspitze stets tiefer angelegt als die
beiden Umkreisungen. Daß sie auf unserem Fundstück auch den Knauf
bedeckten, ist eine bisher einmalige Beobachtung. Sie spricht nicht
gerade für praktischen Gebrauch, wenigstens nicht als Knaufhammer.
Daß sie aber zum größten Teile wieder entfernt wurden, um Raum
zu schaffen für eine Einritzung ganz anderer Art, gibt dieser Axt eine
Ausnahmestellung unter ihren Geschwistern. Die Entfernung der Wür­
felaugen geschah sehr sorgfältig durch Abschleifen. Nur an einigen
Stellen, besonders rings um das untere Schaftloch, blieben Reste oder
die tief angelegten Zirkelpunkte stehen und wurden so zu Verrätern
der ursprünglichen Verzierung.
Die neuen Einritzungen bestehen in einem Bandgeschlinge von
doppelter Linienführung, angefüllt mit Schrägstrichen. Ein abgeschlos­
senes, in sich ruhendes Mäandergebilde steht vor uns, etwas linkisch,
nicht ganz symmetrisch, aber doch unverkennbar und mit Eigenleben
erfüllt. Auf der seitlichen Wölbung neben dem Knauf ist das Band­
geschlinge verschliffen und verwischt, als hätte es sich durch Tragen
abgescheuert. W o die Mäanderschleifen sich in der Mitte am nächsten

142 Otto Friedrich Gandert
kommen, sind sie durch eine Gruppe fein gravierter gerader Striche
verbunden. War nun bloß die rechte Seite Träger einer Zeichnung oder
auch die linke? Diese Frage bleibt unbeantwortet, denn es muß nachgeholt
werden, daß die linke Wange beschädigt ist. Die fragliche Fläche
ist hier herausgebrochen. Die sichtbare Spongiosa hat sich mit dem
weißgrauen Klei des Jadebusens gefüllt, als das Gerät noch ein Spielzeug
der W ellen war. — Aber wir sehen noch mehr. Dicht vor dem
Schaftloch läuft eine Zierleiste ringsum. Sie zeigt ein doppeltes Zickzackband,
entstanden durch drei parallele Ritzlinien und kerbschnitt-
artig herausgehobene Dreiecke. An der Unterseite der A xt wurde der
Verfertiger nachlässig und unterließ es, trotz der vorgezeichneten
Führungslinien, alle Dreiecke herauszuschnitzen. Daß das Band zum
Mäander gehört und dessen Bezirk abgrenzen soll, erkennt man an
einigen dabei halbierten und nicht ganz „ausradierten" Würfelaugen
an der Unterseite. Schließlich bietet die Axtoberseite noch eine beacht­
liche Einzelheit. Außerhalb des genannten Bezirkes, dicht an der Zierleiste,
befindet sich als zarte Einritzung ein halbrunder Kamm, mit den
Zinken zur Axtschneide gerichtet.
Geglättete Hirschgeweihäxte mit Würfelaugen gehören der jüngeren
Bronzezeit an. Diese Feststellung traf Hans Lange bei der ersten
Zusammenfassung der Gruppe3), die in einer feinsinnigen Kunstbetrachtung
und Würdigung der nordsüdlichen Beziehungen Alteuropas aus­
klingt. Gleichzeitig und unabhängig von ihm veröffentlichte Kunkel4)
einen damals neuen Fund aus Pommern, ohne die Zeitfrage aufzurollen.
Die A xt von Eckwarderhörne ist eine hervorragende Bestätigung der
Ergebnisse Langes. Er erkannte zwei Hauptgruppen der Punktkreis-
äxte; die eine konzentriert die Würfelaugen auf den Schäftungsteil, bei
der zweiten schwärmen sie aus über die ganze Fläche der A xt bis fast
zur Schneide hin. Vorsichtig deutet er an, da nur der germanisch-nor­
dische und der lausitzisch-(illyrisch)-ostdeutsche Kreis an dieser Erscheinung
teilhaben, es könnte sich um Vertreter dieser beiden ethni­
schen Provinzen handeln. Doch sei hier schon vorweggenommen, daß
die weitbestreuten Äxte auch im germanischen Gebiet Vorkommen und
eine solche Unterteilung nach ethnischen Gesichtspunkten nicht ge­
3) H. Lange, Hirschgeweihäxte. Prähistorische Zeitschrift XVII, 1926,
S. 33 ff.
4) O. Kunkel, Ein verziertes Beil aus Hirschgeweih von Ückerhof in
Pommern. Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst (Ipek) 1926,
S. 293 ff. — Ders., Pommersche Urgeschichte in Bildern 1931, S. 40— 41,
Taf. 32,5. (Hier in die Bronzezeit gestellt.)

Eine verzierte Hirschgeweihaxt aus dem Jadebusen 143
stattet ist. Schon die A xt von Sindal in Jütland5) hätte ihm derartige
Vermutungen verbiete'n müssen, haben sich doch bei ihr die W ürfelaugen
sogar am Schneidenteil angesiedelt. Dieses Stück und das aus
dem Lindholm Aa (ebenfalls nördliches Jütland) sind durch die Zier­
leiste vor dem Schäftungsteil ausgezeichnet“). Und hierzu tritt als
dritter Vertreter mit gleicher Eigenschaft, als einziger deutscher Fund,
unsere Neuerwerbung. Die Verwandtschaft mit der Lindholm-Axt
springt noch mehr in die Augen, wenn man die völlige Übereinstimmung
beider Zierleisten, nämlich den ausgesparten Zickzack, und die
Anbringung von sinnbildlichen apotropäischen Zeichen daneben be­
trachtet. Der dänische Fund trägt ein unmißverständliches Sonnenkreuz
und zwei der bekannten „Hallstattvögel", deren Urbild, wenigstens im
Norden, gewiß der leuchtend weiße Sonnenvogel Schwan war. Die Axt
vom Jadebusen hat das Kammzeichen. Es kann rein „abwehrend" aufgefaßt
werden — die Zinken bedrohen den Gegner wie die Axtschärfe
selbst — es kann aber auch Regen bedeuten, den Regen, den der oberste
Himmelsgott im Wechsel mit Sonnenschein in verschwenderischer Fülle
darbietet. Die pommersche A xt von Ückerhöf, Kr. Pyritz7), trägt als
bisher einziges deutsches Fundstück ebenfalls ein Zeichen zwischen den
Punktkreisen, einen T-förmigen Balken. Kunkel lehnt eine Ausdeutung
bewußt ab. Das Thema „Thorshammer" schlägt er nur ganz leise an. Da
nun die Bronzezeit die Axt noch völlig in den Händen des Himmelgottes
sieht, glauben wir uns berechtigt, im Falle der nach Form und
Art besonders prunkvollen und stattlichen A xt von Ückerhof den Symbolcharakter
des T-Zeichens herausstellen und mit Radkreuz, Kreuz,
Sonnenvogel und Kamm dem Bereiche des männlichen Prinzips, des
Himmelsgottes, zuordnen zu dürfen. Daß auch die Punktkreise selbst,
die kleinen Sonnenräder, ihren Sinn haben, braucht jetzt kaum noch
betont zu werden. Die Fülle jungbronzezeitlicher Parallelen ist zu groß,
als daß man diesen Gedanken fallen lassen könnte. Und wenn wir nun
noch die Vermutung äußern, auch das in sich geschlossene Mäanderband,
das da auf der A xt aus dem Jadebusen ein so seltsames Eigenleben
führt, sei nicht Ornament, sondern Symbol, dann zeihe man uns
nicht der Sinnbildersucht, sondern suche die Kunst und den Glauben
jener Menschen zu verstehen, die in einer so ganz anderen geistigen
Atmosphäre lebten, durch fast 3000 Jahre von uns geschieden und doch
nicht unantastbar. Die Tatsache, daß von den beiden Halsringen von
5) Lange, a. a. 0 ., Abb. 2.
6) Lange, a. a. 0 ., Abb. 4.
^ Kunkel, a. a. O., Taf. 40, Abb. 7.

144 Otto Friedrich Gandert
Fjellerup Amt Svendborg8) der eine auf seinen schildförmigen Enden
das fast gleiche Mäandergebilde im Verein mit Würfelaugen trägt wie
unsere Axt, während der andere Schiffsbilder (und Würfelaugen) auf
seinen Endplatten zeigt, also unzweifelhafte Symbole der Sonnenreligion,
die dem Träger wert und heilig waren und ihm Schutz verleihen
sollten, sollte auch denen zu denken geben, die die Naturreligion
der Bronzezeit noch nicht erkannt haben8).
Von den 19 uns zur Zeit bekannten Hirschgeweihäxten sind 10 in
fließenden Gewässern, 2 in Mooren gefunden worden. Abgesehen von
den durch die Feuchtigkeit der Erhaltung besonders günstigen Umständen,
ist die Zahl der Wasserfunde doch recht auffällig. Man wird
auch hierin zumeist keine Zufälligkeit sehen dürfen, sondern den Ausfluß
der genannten Naturreligion. Als Wasseropfer schließen sich die
nicht selten so besonders prächtigen Geweihäxte10) durchaus den
anderen Kostbarkeiten an, die man in Flüssen und Mooren zu finden
pflegt. Unsere neue Axt wird man als Fluß- und nicht als Meeresfund
ansehen müssen, denn der Jadebusen wurde ja erst durch die Julianen-
flut von 1164 aufgerissen. Die Flutrinne bei Eckwarderhörne, die sich
im Untergrund heute noch abzeichnet, bedeutet das alte Jadebett. Über
der religionsgeschichtlichen Bedeutung der Axt sei die chronologische
nicht vergessen. Die oben angeführten Bronzefunde, aber auch der
Knochenzierat mit selbständigem Mäander und Würfelauge aus Jütland11),
belegen das Auftreten des noch nicht ornamental eingeordneten
Mäanders für die 5. Periode der Bronzezeit. Damals kam er aus dem
Süden mit all den anderen Motiven und Dingen, die der germanische
Norden übernahm und sich einverleibte. Aus der Isoliertheit ging er
*) A. P. Madsen, Afbildninger af Danske Oldsager og Mindesmaerker.
Broncealderen II, Taf. 19, Fig. 10 u. 11.
9) F. Adama van Scheltema, Symbolik der germanischen Völker
im Handbuch der Symbolforschung 1941, Bd. 2, S. 41 ff.
10) Die Zweckbestimmung dieser Geweihäxte dürfte nur bei den einfachen
Vertretern im täglichen Gebrauch zu suchen sein. Das schädelechte
Stück von Biesewitz, Kr. Anklam, hat z. B. den knöchernen Rosenstock noch
an sich. Er ist zu einer scharfen Schneide zugeschliffen, die A xt somit doppelschneidig.
Die W ürfelaugen des im ganzen nicht gerade kunstvollen Gerätes
sind bezeichnenderweise nur einfach umkreist. Sie bedecken nicht den
Schäftungsteil, sondern reichen fast bis zur Schneide. Dennoch muß die
A xt als germanisch angesprochen werden, denn von Biesewitz stammt ein
goldener Eidring der 5. Periode (Monatblätter f. Pomm. Geschichte und Altertumskunde
1895, S. 44— 45). Die Ostgrenze des germanischen Bereiches liegt
zu dieser Zeit w eit davon entfernt.
*■) Sophus Müller, Ordning af Danmarks Oldsager, Taf. XV, Fig.
233. — Ders., Bronzealderens Kunst i Danmark, S. 34, Abb. 122.

Eine verzierte Hirschgeweihaxt aus dem Jadebusen 145
in das sinnvolle Ornament über, das wir auf Hängedosen usw. zu sehen
gewohnt sind. Als Stationen des Wanderweges sind die Schweiz und
Ostfrankreich zu nennen. Hier ist es in erster Linie der große Fund von
Larnaud, der einen mit dem Mäander versehenen Bronzeschmuck enthält12).
Die Mischung von Periode IV- und V-Typen hebt Kossinna
besonders hervor13). Er ist also ganz an den Anfang von Periode V zu
setzen. Das Alter unseres Fundes ist damit festgelegt. Es dürfte sich
auf die anderen Stücke übertragen lassen, wodurch der zeitliche Horizont
der Äxte mit Würfelaugen ziemlich eingeengt wird. Es ist wohl
kein Zufall, die Verwendung steinzeitlicher Formen in der 5. Periode,
sinngemäß abgeändert, auch im Steininventar der jüngsten Bronzezeit
beobachten zu können. Die nackengebogenen Äxte im germanischen,
die kantigen Steinhämmer im lausitzischen Kreise wirken wie eine
neolithische Renaissance. Mag die handwerkliche Tradition während
der älteren und mittleren Bronzezeit auch nie ganz abgerissen sein,
das neue Aufblühen ist ganz unverkennbar14).
Es sei nunmehr die Frage der Herkunft der Jadeaxt angeschnitten.
Ihr dänisch-jütländisches Gepräge ist eindeutig. Der küstennahe Fund­
ort der bekannten Goldgefäße von Terheide, Kr. Wittmund, ist von
der Jade nur etwa 50 km entfernt. Vielleicht stammen sie ebenso aus
Dänemark wie vielleicht der Fund von Lohne, Kr. Vechta15), (Hängegefäß
und Zierbuckel) und der Halsring von Rethwisch, Kr. Vechta,
dessen „inseldänischen” Typ im sonst niedersächsischen Verband Kossinna
betont hat16). Die Vechtaer Bronzen gehören noch in die 4. Periode.
W ir müssen damit rechnen, daß die Küstenschiffahrt der jüngeren
Bronzezeit die Ursache dieser Fernbeziehungen war, daß unsere Axt
vielleicht geradenwegs von Norden mitgebracht wurde.
Daß es nun möglich ist, auch ÄxteausElchgeweihin Nordwestdeutschland
unserer Betrachtung anzuschließen und hier einzugliedern,
ist ein Nebengewinn dieser kleinen Studie. Unser Museum besitzt
seit 1935 eine in der Hase, dicht am Orte Löningen, Kr. Cloppen­
burg, gefundene stattliche A xt aus Elchgeweih. Sie fällt durch beson-
ls) E. Chantre, Age du Bronce. — Vgl. auch Eberls Reallexikon Bd. IV,
1.Hälfte, Taf. 54,38.
la) G. Kossinna, Die goldenen „Eidringe", Mannus VIII, 1917, S. 119.
*•) Geweihäxte wie die dänischen Formen bei S. Müller, Ordning Taf. VII,
Fig. 112— 113, könnten Übergangsstücke sein. Noch wahrscheinlicher ist ihre
jungbronzezeitliche Zeitstellung, besonders bei Fig. 112.
,5) H. Sehr oller, Südoldenburgische Vorgeschichte. In: 500 Jahre
Stadt Cloppenburg, 2. Aufl. 1936, S. 145, Abb. 9.
**) G. Kossinna, a. a. O., S. 91, Abb. 52.

146 Otto Friedrich Gandert
dere Größe, Glätte und Schönheit auf17). Aus dem Eetief, Kr. Leer,
stammt ein ähnliches Stück18). Als einzige bisher bekannte Elchgeweih-
axt mit Würfelaugen verdient sie besondere Nennung. Unbedenklich
können wir auch diese Stücke nunmehr in die jüngste Bronzezeit
stellen. Der Unterschied solcher Äxte zu mittelsteinzeitlichen Eichgeräten
fällt in die Augen. W ie die vom Hirsch verleugnen sie in ihrer
Glätte durch völlige Aufgabe der Geweihstruktur Herkunft und Stoff.
— Mit diesem Hinweis auf die Elchgeweihäxte möge unsere Betrachtung
abgeschlossen sein.
17) Inv. Nr. 5735.
18) Landesmuseum Hannover, Kat.-Nr. 22/23:35.
Nachtrag. W ährend der Korrektur stoße ich auf die Veröffentlichung von
W . W egewitz, Eine Hirschgeweihaxt aus dem Lande Kehdingen. Stader Archiv
N. F. 31, 1941, S. 5— 21. Dieser prächtige Fund aus dem Elbklei wird in die
sächsische Siedlungsperiode (4 .-6 . Jahrh. n. Chr.) datiert, kann aber nach
dem oben Gesagten nur als Angehöriger unserer jungbronzezeitlichen Gruppe
angesehen werden. Es ist das vierte Stück mit Zierleistenbegrenzung des
W ürfelaugenbezirks. — Auf Grund der von W egewitz angeführten Liste aus
Sprockhoffs Buch: Jungbronzezeitliche Hortfunde Norddeutschlands
(Periode IV ), 1937, das mir z. Z. nicht zugänglich ist, kann unsere Karte vervollständigt
werden.
2. Nachtrag. Während der Ostertagung des Nordwestdeutschen Verbandes
für Altertumsforschung in Oldenburg 1949 wurde ich freundlichst auf folgende
weiteren verzierten Hirschgeweihäxte aufmerksam gemacht:
22. W eserfund aus Bremen (wahrscheinlich mit Kiesmassen für Bauzwecke
von Landesbergen, Kr. Nienburg (W eser), verschleppt). (Dr. Grohne, F ocke-
museum, Bremen.)
23. Fundort unbekannt, noch festzustellen, Städtisches Museum Altona.
(Frl. Dr. Heinsius, Hamburg.)
24. Marl, Kr. Recklinghausen (vermutlich aus der Lippe), vgl. Hugo Hoff-
mann: Bodenaltertümer W esfalens IV, 1935, S. 237, Taf. 24. 4, (Dr. Beck,
Landesmuseum für V or- u. Frühgeschichte, Münster (Westf).)
Den genannten Damen und Herren danke ich verbindlichst. Ich beabsichtige,
alle bisher noch nicht veröffentlichten Stücke in den Nachrichten aus
Niedersachsens Urgeschichte gesammelt vorzulegen und nehme Mitteilungen
von übersehenen Stücken mit Dank entgegen.

Eine verzierte Hirschgeweihaxt aus dem Jadebusen
Abb. 3. Verbreitung der verzierten Ä xte aus Hirsch- und Elchgeweih
( • Hirschgeweih, © Elchgeweih)
1. Im Lindholm A a, N örrcsundby Landsogn, A a lborg Am t ( = Lange Nr. 1). 2. Sindal,
H orns Hd. H jörrin g A m t ( = Lange Nr. 2). 3. Horns Hd. H jörring A m t ( = Lange Nr. 3).
4. H ünxe Kr. D in slaken19). 5. Im E etief Kr. L eer. 6. E ckw arderh örne K r. W eserm a rsch .
7. Löningen K r. C loppen burg. 8. Land K ehdingen Kr. Stade ( = S p rock h off). 9. Bergen K r. C elle
( = S p rock h off). 10. H annover-R icklingen ( = S p rock h off). 11. H ildesheim ( = Lange Nr. 4).
12. A lv e rsd o rf Kr. H elm stedt ( = Lange Nr. 5 ). 13. In der Pam p erow K r. L ü ch ow ( = Lange
Nr. 6). 14. A rneburg Kr. Stendal ( = Lange Nr. 7). 15. W olm irsted t ( = Lange Nr. 8). 16. H alle
a. d. S. ( = Lange Nr. 9). 17. Sch w erin ( = S p rock h o ff). 18. B erlin-B uch ( = Lange Nr. 10).
19. B iesew itz Kr. A nklam ( = S p rock h off). 20. Ü ckerh of K r. Pyritz ( = S p ro ck h o ff). 21. S tillfried
a. d. M arch (N ieder-Ö sterreich ) ( = Lange Nr. 12).
1#) R. Stam pfuss, N achrichtenblatt für D eutsche V orzeit 13, 1937, S. 129, T a f. 31,1
(unter B u ch holtw elm en ). — F. T isch ler, H andw erk und Kunst am N iederrhein von der V orzeit
bis ins M ittelalter. 1943, S. 14 und T a f. XIII.
10*

Neues Schrifttum 149
Beiträge zur Naturkunde Niedersachsens. Herausgegeben
von H. W eigold. Hannover: Landbuch-Verl. 1948.
Hammaburg. Vor- und frühgeschichtliche Forschungen aus dem nieder-
elbischen Raum. Herausgegeben von P. Zylmann. Hamburg: Hermes 1948.
Mitteilungsblatt des Oldenburgischen Landesbundes.
Herausgegeben vom Oldenburgischen Landesbund. Oldenburg 1948: Litt-
mann.
ü. Geologie. Naturkunde und Naturgeschichte
Hamm, Fritz: Einführung in Niedersachsens Erdgeschichte. Mit 141 Abb.
Hildesheim u. Leipzig: Lax 1938. 333 S.
G w i n n e r , Robert: Die Grundwasserverhältnisse an der Unterweser. Oldenburg:
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Tantzen, Richard: Beiträge zur Storchforschung 1941. In: Oldbg. Jahrb.
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Tantzen, Richard: Die Fischreiherkolonien in Oldenburg. In: Beitr. z. Naturkunde
Niedersachsens, H. 3/1948.
III. Landes- und Heimatkunde
Ortschaftsverzeichnis für das Land Old enburg. Aufgestellt
auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 17. Mai 1939. Herausgegeben
vom Statistischen Landesamt. Oldenburg: Littmann 1942. VII,
164 S.
Hoffmeister, Johannes, und F. Sc h n e 11 e : Klima-Atlas von Niedersachsen.
43 Kartenblätter. Maßstab 1 : 800 000. Oldenburg: Stalling 1945.
{= Veröff. d. Inst. f. Landesplanung, Reihe K, Bd. 6.)
Hoyningen-Huene, Paul Friedrich Frh. v.: Die niedersächsischen
Böden. Erläuterungen zum Bodenkundlichen Atlas von Niedersachsen.
= Bodenkundlicher Atlas Teil 2, Textband Oldenburg: Stalling 1939.
158 S., 7 Taf. (= Veröff. d. W irtschaftswiss.Ges.zu.Stud.Nieders.R.B., 17.)
Jonas, Fritz: Entwicklung und Besiedlung Ostfrieslands. Teil 1. Das Jadegebiet.
2. Das Unteremsgebiet. 3. Mittelostfriesland. Berlin-Dahlem 1942,
181 S. Mit vielen Taf. (= Repertorium specierum novarum regni vegetabilis,
Beiheft 125, 1— 3.)
Isenberg, Gerhard: Kreisübersichten. Landeskundlich-statistische Übersichten
der Stadt- und Landkreise im W irtschaftsgebiet Niedersachsen.
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150 Neues Schrifttum
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1821— 1939 (Zahlenband). Oldenburg: Stalling 1942. VIII, 281 S. ( = Veröff.
d. Prov.-Inst. f. Landesplanung, Reihe B, Bd. 3.)
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R o th e r t , Hermann: Eschdorf oder Drubbel? In: Nieders. Jahrb. f. Landes-
gesch. 20/1947, 133— 136.
Krüger, Eduard: Zum Untergang des Dorfes W addens (Butjadingen). In:
Neues Archiv f. Landes- u. Volkskunde v. Nieders. H. 2^947, 127— 133.
Lage mann, J. C.: Urland zwischen Heide und M oor. Kempen (Ndrh.):
Thomas 1946. 135 S. (Betr.: Emsland— Hümmling.)
4 0 Jahre Nordenham. Stadt am Strom — Stadt der Zukunft 1908
bis 1948. (Bearb. v. Ed. Krüger.) Nordenham: 1948 Böning.) 33 S.
Tegtmeier, Wilhelm F. G.: Bildkarte des Oldenburger Landes. Im Auftrag
des Oldenburger Landesvereins entworfen und gezeichnet im M aßstab
1 : 200 000. Oldenburg: Dieckmann 1947.
Clemens, Paul: Heimatkunde des Oldenburger Münsterlandes. Mit 16 Skizzen
u. 1 Karte des Oldenburger Landes 1 :400 000. Oldenburg: D ieckmann
1949. 108 S.
L ü b b i n g , Hermann: Tw eelbäke. Geschichte einer 150jährigen M oorkolonie
am Stadtrand von Oldenburg (Oldb). Im Auftrag des Heimatvereins
T w eelbäke gedruckt von Ad. Littmann, Oldenburg 1949. E. Dieckmann
Verlag. 80 S., 6 Abb., 1 Karte. (Mit Register der Hausstellen u. ihrer
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IV. Volkskunde
Ottenjann, Heinrich: W ie stellt man den Altzustand eines Bauernhauses
fest? Oldenburg: Stalling 1944, 18 S.
Ottenjann, Heinrich: Das Museumsdorf in Cloppenburg. Mit 1 Kt.,
23 Zeichn. im Text, 73 Zeichn. auf Taf. und 75 Lichtbildern. Oldenburg:
Stalling 1944, 120 S.
J a n ß e n , Hans: Leben und M acht der Mundart in Niedersachsen. Mit 3 farb.
Karten, Maßstab 1 :8 0 0 000. Oldenburg: Stalling 1943, 142 S. ( = V eröffentlichungen
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Neues Schrifttum 151
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Zur Verankerung einer neuen Kulturprovinz. In: 31. Bericht des
Deutschen Archäol. Instituts, Römisch-german. Kommission Tl. 1/1941,
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152 Neues Schrifttum
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von Münster, ein Charakterbild des Barock (1606— 1678). Emsdetten:
Lechte 1940, 125 S.
Prinz, Joseph: Eine verschollene Quelle zur Geschichte der Grafen von
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Münster 1947.
Rothert, Hermann: Das Tausendjährige Reich der W iedertäufer zu Münster
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Hövel, Ernst: Pax optima rerum. Beiträge zur Geschichte des W estfälischen
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H. Richtering, J. H. Schölte, H. Thiekötter, P. Volk. Münster: Regensberg
1948. Mit Abb., 292 S.
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(Sammelwerk) Oldenburg: Niederdeutsches Verlagshaus vorm. G. Stalling
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Ostendorf, Johannes: Zur Geschichte der Auswanderung aus dem alten
Am te Damme (Oldb), insbesondere nach Nordamerika in den Jahren 1830
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Mannes. Plaudereien. Als Manuskript gedruckt. Vechta: Vechtaer
Druckerei und Verlag 1947.
T a ntzen, Richard: Quellen zur oldenburgischen Sippenforschung. 3. Teil.
In: Oldenburger Jb. 46 und 47, Bd. 1942/43, 306— 329.
Munderloh, Heinrich: Das Wüstenland. 2. Teil: Wirtschaftsgeschichte.
Mit 11 Tafeln. In: Oldenburger Jb. 46 und 47, 1942'43, 330— 373,
Schirmeyer, Ludwig: Osnabrück und das Osnabrücker Land. Geschichtliche
Durchblicke. Mit 12 Abb. Paderborn-Osnabrück: Schöningh 1948,
262 S.
Kalma, Douw e: Skiednis fen Fryslan. In Gearfetting. 2. Printinge. Dokkum:
Kamminga 1944, VI, 310 S. Mit Kartenskizzen und Abb.
Zechlin, Egmont: Maritime W eltgeschichte. Altertum und Mittelalter.
Hamburg: Hoffmann u. Campe 1947. 500 S. Mit 20 Karten. (Darin auch
über Wikinger, Friesen, Hanse, mit Lit.)
VI. Recht und Verfassung
Amira, Karl von, und Claudius Frhr. v. Schwerin: Rechtsarchäologie.
Gegenstände, Formen und Symbole germanischen Rechts. Teil 1. Schwerin:
Einführung in die Rechtsarchäologie. Berlin-Dahlem, Ahnenerbe-Stiftung
1943.
Verhey, Hans: Kleine niedersächsische W appenkunde. In: Neues Archiv
für Landes- und Volkskunde von Niedersachsen, Heft 3, 1947, 209— 227.

VII. Wehrwesen
Ernstberger, Anton: Die deutschen Freikorps 1809 in Böhmen. Berlin
und Wien 1942. 512 S. (Darin auch über den „Schwarzen Herzog".)
VIII. Verwaltung und Volkswohlfahrt.
Kohl, Dietrich: Die Finanzverwaltung der Stadt Oldenburg in älterer Zeit.
In: Oldenburger Jahrb. 46 und 47, 1942/43, 7— 24.
153
Nord-West-Deutschland im Rahmen einer Neugliederung der
britischen Zone. (Herausgegeben im Auftrag des oldenburgischen Ministerpräsidenten
Theodor Tantzen.) (Oldenburg 1946.) 8 S., 1 Karte. (Amtliche
Denkschrift.)
Schürf, K.: Die Wasserversorgung der oldenburgischen Marsch- und
M oorgebiete. Vorschläge zur Verbesserung der vorhandenen Anlagen
nebst Plan zur Errichtung einer Gruppenwasserversorgung. (Denkschrift.)
(Oldenburg 1946: Stalling.) 34 S. und 3 Karten.
IX. Wirtschaft und Technik.
Krüger, Eduard: Der Ochsen- und Schafhandel der oldenburgischen
Wesermarsch mit England 1845— 1885. Zugleich ein Beitrag zur Frühgeschichte
der deutschen Nordseedampfschiffahrt und der Städte Nordenham
und Brake. Mit 5 Abb. In: Oldenburger Jb. 46 und 47, 1942/1943,
81— 163.
Groth, Wilhelm: Die Wasserwirtschaft Niedersachsens. Oldenburg: Stalling
1944 ( = Veröffentlichungen des Provinzialinstituts für Landesplanung
Reihe A I, Bd. 22.)
Piefke, Christian: Die Geschichte der bremischen Landespost. Bremen:
Schlüssel-Verlag 1947. 200 S., 18 Abb.
Seraphim, Hans Jürgen: Das Heuerlingswesen in Nordwestdeutschland.
Mit 3 Tabellen und 3 Karten. Münster: Aschendorff 1948. 142 S. (= V eröffentlichungen
des Provinzialinstituts für westfälische Landes- und
Volkskunde Reihe I, Heft 5.)
Willers, Gustav: Fund einer byzantinischen Schaumünze in östringfelde
bei Jever. Mit einer Abb. In: Oldenburger Jb. 46 und 47, 1942,i43, 374
bis 378.
Peus, Busso: Das W estfälische Münzwesen im Mittelalter. Teildruck aus:
Der Raum Westfalen, Bd. II, 1, S. 61— 74. Münster (W estf.): Aschendorff
1947.
Willms, Gerhard: Die Stallingsche Papierfabrik in Stallingslust unweit
Aurich. (Privatdruck der Firma G. Stalling, Oldenburg 1946.) 67 S.
X. Erziehungs- und Schulwesen
3 7 5 Jahre Oldenburgisches Gymnasium. (Festschrift.) (Oldenburg
1948, G. Stalling.) (8 ungez. S.)

154 Neues Schrifttum
Gedenkblätter an die 375-Jahrfeier des Oldenburgischen Gymnasiums.
(Oldenburg 1948, G. Stalling.) 32 S.
Wiederaufbau der Volks- und Mittelschulen in der Stadt Oldenburg
von 1945— 1948. (Oldenburg: Sußmann 1948.) 55 S.
XI. Geisteskultur. Dichtung und Wissenschaft
Willms, Gerhard: Die Stailingsche Papierfabrik, s. Abt. IX.
Verzeichnis der Vorträge des Literarisch-geselligen Vereins zu
Oldenburg 1839— 1948. Oldenburg: 1948, Sußmann. 71 S.
XII. Kunst und Musik
Sahner, W ilhelm: Deutsch-holländische W echselbeziehungen in der Baukunst
der Spätrenaissance und des Frühbarocks (ca. 1580— 1630). Mit
16 Karten. G eleitwort von Martin W ackernagel. Gelsenkirchen: Buer
u. G ladbeck 1947.
Müller -Wulckow, W alter: Der Oldenburger M aler Professor Bernhard
Winter. Sein W erdegang und sein Schaffen. Oldenburg: Stalling 1942.
31 S., mit Abb.
Festschrift zum 125jährigen Jubiläum des Oldenburger Singvereins am
30. Juni 1946. Programm. Text. Vereinsgeschichte von R. Baumberger.
Oldenburg. 1946. Druck von H. Iken. 40 S., mit Bildanhang.
XIII. Kirche und Religion
Börsting, Heinrich, und Alois S c h r ö e r : Handbuch des Bistums Münster.
2 Bde. (Mit einer historischen Karte des Fürstbistums Münster.)
Bd. 1: Geschichte, Bd. 2: Gegenwart. Münster: Regensberg 1946. 2. Aufl.
ebd. 1947, 1089 S.
R o t h e r t , Hermann: W iedertäufer zu Münster, siehe Abt. V.

Personalnachrichten
Gerhard Pleus f
Gerhard Pleus wurde am 20. Januar 1871 in Varrel, Gemeinde
Stuhr, geboren. Er widmete sich dem Lehrerberuf und kam nach A b ­
schluß seiner Ausbildung auf dem Oldenburger Lehrerseminar im
Jahre 1890 zunächst als Nebeniehrer nach Sage, später nach Tonn-
deich und Langwarden und wurde am 1. Mai 1898 als Hauptlehrer an
der Schule in Ostrittrum angestellt, wo er 27 Jahre erfolgreich wirkte
und 1925 in gleicher Dienststellung nach Hundsmühlen übersiedelte,
bis er 1933 in den Ruhestand trat. Pleus war Mitglied des Vorstandes
des Landes-Lehrervereins und hat sich besonders für die Aufgaben
und Fragen des Landlehrers eingesetzt.
Pleus wurde durch seine lange Tätigkeit in Sage und Ostrittrum
mit der oldenburgischen Geest besonders eng verbunden. Er hatte
einen klaren Blick und ein offenes Herz für die Schönheiten der Natur
und Landschaft dieses von vielen Bachläufen durchschnittenen und
durch Wald, Feld und Wiese abwechslungsreichen Gebietes, das er
als Jäger mit einem treuen Hund an der Seite gern durchstreifte. Er
beschäftigte sich auch eingehend mit der Heimatkunde dieses Bezirks
und legte die Ergebnisse seiner Arbeiten in zahlreichen Beiträgen
nieder, die in den „Oldenburger Blättern für Heimatkunde und
Heimatschutz", Sonderbeilage des Landesvereins Oldenburg für Heimatkunde
und Heimatschutz zu den „Nachrichten für Stadt und Land“ ,
veröffentlicht worden sind. Pleus wandte sein besonderes Interesse
den Qrts- und Flurnamen und ihrer Bedeutung zu. Auf seine Anregung
beschloß der Vorstand des Landesvereins Oldenburg für Heimatkunde
und Heimatschutz im Jahre 1927 die Anlegung einer Lan-
desflurnamensammlung. Neben Hauptlehrer Hinrich Osterloh (Oldbg.
Jahrb. 44/45 Seite 117) und Obervermessungsdirektor A dolf Schmeyers
Jahrb. Band 44/45 Seite 169) ist Pleus der Hauptmitarbeiter der bei
dem Staatsarchiv zu Oldenburg niedergelegten Oldenburgischen
Flurnamensammlung, die in den Jahren 1927 bis 1933 von der A rbeitsgemeinschaft
für Flurnamenforschung des Landesvereins für
Heimatkunde und Heimatschutz erarbeitet worden ist. Diese große
Sammlung, die 25 000 Flurnamen umfaßt, harrt noch der weiteren
Auswertung (Hinrich Osterloh, Bericht über die Entstehung und Ein­

156 Nachrichten
richtung der Oldenburgischen Flurnamensammlung, Jb. Band 40/1936
Seite 159). Pleus wurde längere Zeit im Aufträge der Landesbauernschaft
Weser-Ems für die Erbhofforschung herangezogen und
hat in der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde durch
seine Vorträge zur Förderung der Sippenforschung beigetragen. In
seinem letzten Vortrag gab er vor der Ornithologischen Gesellschaft
noch einmal einen Überblick über die „Tier- und Vogelwelt der oldenburgischen
Geest", die er viele Jahre mit besonderer Liebe beobachtet
hatte.Pleus ist im Alter von 73 Jahren am 13. März 1944 in Oldenburg
als treuer Freund seiner Heimat gestorben.
Veröffentlichungen von Gerhard Pleus.
1. Auf dem Anstand, in „Heimatkunde, Heimatschutz" (Beilage der Oldenburger
Nachrichten für Stadt und Land) H H 1925 Nr. 3.
2. Unruhe im Dorf H H 1925 Nr. 5.
3. Sitzung des Kirchen Vorstandes in Dötlingen am 5. Februar 1404 H H
1926 Nr. 4.
4. Pfingstmorgen im alten M oor H H 1926 Nr. 5.
5. Vom Hofdienst der Vogtei Hatten H H 1926 Nr. 8.
6. Vom Schmalzehnten in der ehemaligen Vogtei Hatten 1926 Nr. 9.
7. Abfindung, Leibgedinge oder Leibzucht eines Stiefvaters 1672 H H 1927
Nr. 4.
8. Contrakt oder Bauerbrief H H 1927 Nr. 7.
9^ Der Flurname Rosengarten H H 1931 Nr. 1.
10. Echterholz in der Gemeinde Emstek H H 1932 Nr. 5.
11’. Hosüne H H 1932 Nr. 8.
12v. Durch die Säger Heide vor 40 Jahren H H 1933 Nr. 3.
13f. Kakeshem, Vrethholt, Kedinck, Holthusen H H 1934 Nr. 10.
14. Malgarten H H 1935 Nr. 4.
15. Hund, Hunt H H 1926 Nr. 1.
16. Ekopen H H 1936 Nr. 2.
17. Zur Flurnamenforschung (Span) H H 1936 Nr. 3.
18. Brütendes Rebhuhn H H 1925 Nr. 5.
19. Die W elsburg „A us der Heimat" N.f.St. u. L. vom 6. 1. 1935.
Hermann Goens f
Richard Tantzen
Geheimer Archivrat a. D. Hermann Goens starb am 4. Okt. 1946
zu Oldenburg, wo er am 17. Januar 1863 geboren war. Nach beendigtem
Studium der Theologie wirkte er zunächst als Pfarrer in Cloppenburg.
Von hier aus wurde er 1895 in das Ev. Oberschulkollegium zu
Oldenburg berufen, wo er bis 1918 das Amt eines Oberschulrats be-

157
kleidete. Auf seinen zahlreichen Inspektionsreisen lernte er das Oldenburger
Land gründlich kennen und nahm vielfach Gelegenheit, auf das
Volksschulwesen im kirchlichen Sinne einzuwirken. In seinen Mußestunden
waren ihm Beschäftigung mit Mathematik und Botanik eine
willkommene Anregung und Erholung.
Infolge des Umsturzes schied er 1918 aus seinem bisherigen Amt
aus, fand aber Wiederverwendung auf anderem Gebiet. Der Staat ermöglichte
ihm eine kurzfristige Ausbildung auf dem Gebiet der geschichtlichen
Hilfswissenschaften und des Archivwesens in Dahlem,
und so wurde er Nachfolger des Geh. Archivrats Dr. Georg Sello am
Landesarchiv. 1924 wurde er auch noch mit der Leitung der Landesbibliothek
beauftragt als Nachfolger von Geheimrat Dr. Kühn.
In seinem neuen Wirkungskreis fand sich Goens sehr bald zurecht,
da beide Institute gut geordnet waren und über ein erfahrenes Personal
der mittleren Laufbahn verfügten. Besonders fühlte er sich der Bibliothek
verbunden, wo er in dem Inspektor Aulenbacher und später in
seiner eigenen Tochter tüchtige Mitarbeiter hatte. Er betätigte sich hingebungsvoll
am Ausbau des Schlagwortkatalogs, wobei er Karte um
Karte mit seiner umständlichen Handschrift selbst schrieb. Im Staatsarchiv,
das damals räumlich noch unter einem Dach mit der Bibliothek
lebte, hatte er in der Person des Archivinspektors G. Carstens einen
zuverlässigen Mitarbeiter der Selloschen Schule, der ihm manche A rbeit
abnahm, so daß er sich um so mehr literarischen Arbeiten widmen
konnte. Er verfaßte Aufsätze über „Die Kirche des Mittelalters im ev.
Gebiet des Hzgts. Oldenburg“ (Oldb. Jb. 32/1928), „Die Einziehung
der Kirchengüter während der Reformationszeit im ev. Gebiet des
Hzgts. Oldbg." (Oldb. Jb. 31/1927), „Die Bauernhöfe der Moormarsch
und des Wüstenlandes" (Olb. Jb. 32/1928), und zusammen mit B. Rams-
auer „Stedingen beiderseits der Hunte in alter und neuer Zeit“ , mit
Bauernregister (Oldb. Jb. 28/1924). Auf Grund seiner Stellung war er
in den Vorstand des damaligen Landesvereins f. Altertumskunde berufen
worden, wo er längere Jahre beratend mitwirkte. In der Historischen
Kommission für Niedersachsen, wo er das Land Oldenburg
vertrat, fand er leider keinen rechten Kontakt, dagegen brachte ihm
manche archivalische Auskunft anregende Beziehungen zu fremden Gelehrten.
Sein bleibendes Verdienst ist die Begründung der Staatlichen
Münzsammlung in Verbindung mit dem Medizinalrat Dr. Willers. (Die
Sammlung oldenburgischer Münzen wurde dem Staatsarchiv angegliedert.)
Auf Grund dieser Kenntnisse wurde er Mitarbeiter am Handbuch
der Münzkunde. 1932 trat er in den Ruhestand, bis ins hohe Alter
durch Frische des Geistes begnadet. Hermann Lübbing.

158 Nachrichten
Wilhelm Ramsaner f
Wilhelm Ramsauer entstammte einer bekannten Oldenburger Pastorenfamilie;
er war geboren am 4. Februar 1868 zu Oldenbrok und besuchte
die Gymnasien zu Oldenburg und Vechta. Schon als Schüler
interessierte er sich stark für die Geschichte der Bauernhöfe und für
die Bodenarten der Heimat. Er erwarb sich durch Selbststudium neben
seinem eigentlichen theologischen Beruf ausgezeichnete historische,
germanistische und mineralogische Kenntnisse. Von 1900 bis 1937
wirkte er als Pfarrer zu Rodenkirchen in der Wesermarsch.
Von seinen literarischen Arbeiten ist ohne Zweifel sein Erstlingswerk
„Zur Geschichte der Bauernhöfe im Ammerlande" (Oldb. Jb.
4/1895) eine methodisch und kritisch zugleich ausgezeichnete Leistung.
Später zog es ihn immer wieder gern zur Ortsnamenkunde hin. Er
schrieb weiter über „Die Flurnamen im Oldenburgischen in agrarhistorischer
Hinsicht" (Oldb. Jb. 8/1899), Über den Wortschatz der
Saterländer" (Oldb. Jb. 11/1902), „Beiträge zur Flurnamenforschung”
(Oldb. Jb. 14/1905), „Der Luginsland in der nordwestdeutschen Ebene”
(Oldb. Jb. 15/1906). Nach vielen Vorarbeiten konnte er eine wertvolle
Zusammenfassung seiner Kenntnisse in der Heimatkunde des Hzgts.
Oldenburg Bd. 1, Bremen 1913 geben. Hierin veröffentlichte er 3 A rbeiten
über die Personennamen, die Flurnamen und die Ortsnamen, die
noch heute sehr anregend und wertvoll sind, zumal in Oldenburg seitdem
nichts Besseres herausgebracht worden ist. Wirtschaftsgeschichtliche
Studien ergaben eine Arbeit über das „Inventar eines Marschbauernhofes
aus dem letzten Jahre des 30jährigen Krieges“ (zu Colmar
in der Gemeinde Strückhausen), in: Vjschr. f. Soz. u. Wirtsch.-
gesch. Bd. 7/1911.
Leider hat Ramsauer seine weiteren vielseitigen namenkundlichen
Studien nur in gelegentlichen Aufsätzen verschiedener Tageszeitungen
veröffentlicht, wo sie für die wissenschaftliche Forschung fast unbenutzbar
schlummern. An eine Herausgabe dieser Arbeiten ist wohl
kaum je zu denken. Dagegen wäre sein letztes zusammenfassendes
Manuskript, ein Lexikon aller oldenburgischen Ortsnamen, nach Überarbeitung
sehr druckwürdig. Wilhelm Ramsauer starb zu Oldenburg
am 22. Februar 1947. Hermann Lübbmg.
Georg Janssen f
Am 3. November 1947 starb kurz nach Vollendung des 70. Lebensjahres
der Heimatschriftsteller und Sippenforscher Georg Janssen in
Jever.

159
Man kann sich kaum eine sonnigere Jugendzeit vorstellen als die
von ihm durchlebte. Wulfswarfe durfte, als er Kind war, ein Haus in
der Sonne genannt werden. Frohsinn herrschte dort und Freundlichkeit
gegen jedermann. Der einzige Sohn, am 9. September 1877 geboren,
war der jüngste unter den Geschwistern und zugleich der lebendigste,
der allgemeine Liebling. Er steckte voll von lustigen Einfällen und
übertraf in der Schule bei weitem alle übrigen. Sein Vater hatte den
Hof zu Wohlstand und Ehren gebracht, hatte sich als Züchter einen
Namen erworben, der Sohn sollte das Werk weiterführen.
Es kam ganz anders. Bei den 10. Jägern in Colmar warf ihn ein
Gelenkrheumatismus nieder, und ein Herzleiden blieb zurück, das ihn
25 Jahre an den Krankenstuhl fesselte. Die Ärzte gaben ihm kein
langes Leben. Und er wollte noch so gern leben. Er war noch keine 20
Jahre, und nun schon vom Licht scheiden!
Es war ein hartes Los. Er war zum Nichtstun verurteilt, ausgestoßen
aus der heiteren Geselligkeit, aus dem Kreis der Gleichaltrigen.
W ohl wurde er umsorgt von der Liebe der Seinen. Jeder hatte Mitgefühl.
Am meisten hat ihm in jenen Jahren sein blinder Freund Hayo
Janssen gegeben. Sie trugen zusammen ihre Last. Ihr reiches Innenleben
hob sie hinweg über die Schwere des Daseins, ein Freundespaar,
wie man nicht leicht ein edleres findet, leidgeprüft, sein Schicksal
gottergeben tragend.
Damals ließ er seine erste Schrift erscheinen, Gedanken über die
W elt und ihre Zusammenhänge, mit der Überschrift „Naturphilosophie".
Dann wandte er sich der Heimatforschung zu. Eine vortreffliche Quelle
waren ihm die Erinnerungen des Vaters, der als Waise bei seinem Großvater
aufgewachsen war und dessen Erzählungen in treuem Gedächtnis
aufbewahrte. Mehr als ein Jahrhundert spiegelt sich in ihnen.
„Sillenstede im Jeverland", so hieß das erste seiner Heimathefte, dem
bald fünf andere folgten. Es gab in weitem Umkreis kein Dorf, dessen
Vergangenheit so liebevoll aufgehellt wurde.
Vielen Jeverländern hat er Familiengeschichten geliefert, zuverlässig,
erschöpfend. Erst durch ihn erfuhr man, wie fest man im Heimatboden
wurzelte. Zeitungen und Zeitschriften brachten Arbeiten von
ihm in reicher Fülle. Er wurde geschätzter Mitarbeiter an den „Ahnentafeln
berühmter Deutscher". Seine Genealogische Sammlung hat bleibenden
Wert, ist eine Fundgrube für die Familienforscher.
So hatte er dennoch ein Arbeitsfeld gefunden, die beglückende Gewißheit,
daß er einen Platz ausfüllte, daß seine Tage nicht nutzlos verstrichen.
Die Heilkraft seiner Natur strafte alle düstern Vorhersagen
Lügen. Nachdem er erfahren hatte, daß sein Herzleiden zum größten

160 Nachrichten
Teil behoben war, konnte er die Gegend durchstreifen, an auswärtigen
Tagungen teilnehmen, stand er wieder mitten im Leben, war er nach
vorne gerückt. Er konnte sich einen eigenen Hausstand gründen, seine
Frau heimführen, Kinder um sich spielen sehen, konnte weitergeben,
was er selbst empfangen hatte, nun seinen Kindern eine freudenhelle
Jugend bereiten.
Ungern riß er sich von Sillenstede los, um nach Jever zu ziehen.
Aber der Wechsel wurde zu einer Bereicherung seines Daseins. Er
fand mehr, als er aufgab. Dem Jeverschen Museum gehörte jetzt seine
ganze Liebe. In seiner Hut und Pflege ist es mächtig aufgeblüht. Mit
Stolz zeigte er diese Schätze und tauschte mit ändern Museumsleitern
Erfahrungen aus. Trieb und Geschick zum Ordnen waren von jeher
stark in ihm. Er verlegte nichts, er vergaß nichts, alles war bei ihm am
rechten Platz.
Zu seinem 70. Geburtstag wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft im
Oldenburger Landesverein und im Jeverländischen Altertumsverein
verliehen und manche Ehrung zuteil. Er rechnete noch auf viele Jahre.
Ihm und allen unerwartet hat ein Herzschlag seinem Leben ein Ende
gemacht. Auf dem Kirchhof seines Heimatdorfes liegt er begraben.
Schriften von Georg Janssen.
Carl Woebcken.
Naturphilosophie. 1. Aufl. 1907, 2. Aufl. 1909. Selbstverlag.
Sillenstede im Jeverland. 1916. Selbstverlag.
12 heimatliche Aufsätze. 1918. Selbstverlag.
Aus großer Zeit. 1920. Selbstverlag.
Vom Jeverländer und seiner Scholle. 1921. Selbstverlag.
Was uns die Orts- und Flurnamen erzählen. 1925. Ad. Littmann, Oldenburg.
Richard Tantzen 60 Jahre
Am 12. Dezember 1948 wurde Richard Tantzen, der langjährige
Ministerialrat im ehemaligen Oldenburgischen Staatsministerium, 60
Jahre. Sein vielseitiges Wirken auf den Gebieten der Landes- und Heimatpflege
begann schon während seiner Zeit in Jever, als er zunächst,
1919 bis 1920, mit der Verwaltung dieses Amtes beauftragt, dann von
1923bis 1927 dort als Amtshauptmann wirkte. In dieser Eigenschaft hatte
er Gelegenheit, zusammen mit dem Amtsrat und dem Bürgermeister

Nachrichten 161
der Stadt sich nachdrücklich für viele Belange von Jever und Jeverland
einzusetzen. Seine besondere Sorge galt dem Deichwesen des
Jeverlandes. Mit allen Gemeinden des Landes einschließlich der Insel
Wangerooge stand er in enger Verbindung, und diese gemeinsame A rbeit
trug wesentlich zum Gedeihen des Jeverlandes bei. Bei seinen
amtlichen Handlungen und Besprechungen legte Amtshauptmann T.
Wert auf eine persönliche Fühlungnahme mit den in Frage kommenden
Vertretern, so daß solche Verhandlungen bei seiner vermittelnden Art
stets zu allseitiger Befriedigung ausfielen. Sein Scheiden aus dieser so
erfolgreichen Tätigkeit durch seine Versetzung als Ministerialrat nach
Oldenburg im Sommer 1927 wurde daher allgemein bedauert. Die A bschiedsfeier,
zu der alle Gemeinden des Jeverlandes Vertreter geschickt
hatten, verlief zu Ehren des scheidenden Amtshauptmanns
unter starker Beteiligung der Jeverschen Bürgerschaft.
Als Ministerialrat im Staatsministerium zu Oldenburg hatte
Tantzen die Möglichkeit, sein Wirken auf das ganze Land auzudehnen.
Er war Vorsitzender des Denkmalrates und als solcher mit Erfolg bemüht,
für die Erhaltung und Pflege von Landschaften, Denkmälern und
Gegenständen in natur-, kultur- oder naturgeschichtlicher Beziehung
zu sorgen. Er leitete ferner das Siedlungsamt und gab in der Zeitschrift
Niedersachsen 36/1931, S. 97— 108 einen programmatischen Bericht:
„Aufgaben der ländlichen Siedlung. Die kolonisatorische Tätig­
keit des oldbg. Staates". Tantzen war der berufene Vorsitzende des
Mellumrates zur Erhaltung dieses einzigartigen Vogelparadieses. Als
leidenschaftlicher Ornithologe betreute er bei persönlicher Teilnahme
das Vogelschutzgebiet auf Wangerooge und registrierte denStorchenflug
im Oldenburger Lande. So galt auch den Naturschutzgebieten unserer
Heimat seine besondere Fürsorge. Zusammen mit Dr. h. c. Schütte, mit
dem ihn enge Freundschaft verband, leitete er den damaligen „Landesverein
für Heimatkunde und Heimatschutz", und als dieser mit dem
Altertumsverein zum neuen „Landesverein für Geschichte und Heimatkunde"
vereinigt wurde, setzte sich Tantzen auch weiter für die alten
Ziele, vor allem für die familienkundliche Forschung ein. Im „Rüstrin­
ger Heimatbund" zu Nordenham, im „Niedersächsischen Heimatbund"
wie in der „Ostfriesischen Landschaft" zu Aurich war er anregend und
fördernd tätig.
Unter den Abhandlungen und Aufsätzen von Richard Tantzen
nehmen die familienkundlichen und vogelkundlichen Arbeiten einen bevorzugten
Raum ein. In den Jahren nach dem ersten Weltkriege konnten
für die verschiedenartigen Forschungen wichtige Aufsätze erscheinen.
Im Oktober 1927 gehörte Tantzen zu den Gründern der Olden-
u

162 Nachrichten
burgischen GesellschaftfürFamilienkunde. In dieses Ge­
biet fielen seine Vorträge und Aufsätze mit entsprechendem Inhalt. An
erster Stelle stehen die „Beiträge zur Geschichte der Familie Tantzen".
Als Hilfsmittel für familiengeschichtliche Arbeiten stellte Tantzen
die „Quellen zur Oldenburgischen Sippenforschung“ zusammen. Es
handelt sich darin um „die Erfassung der Nachweise der Darstellung
des Lebens derjenigen Oldenburger, die im öffentlichen, wissenschaftlichen,
kulturellen und wirtschaftlichen Leben unseres Landes hervorgetreten
sind” . Dazu waren eine große Anzahl von Zeitschriften, Jahrbüchern,
Kalendern, Zeitungen und Vereinsnachrichten alter und neuer
Zeit durchzuarbeiten. Bisher wurden 4 Teile im „Oldenburger Jahr­
buch” in den Jahren 1936, 1940, 1941, 1948 veröffentlicht. In den Nachr.
f. St. u. Land vom 8. 1. u. 5. 2. 1939 schrieb er „Aus Ahnentafeln und
Familienchroniken".
Als eifriger Ornithologe hatte Tantzen eine besondere Vorliebe
für die Storchenforschung im Oldenburger Lande. Mit unermüdlicher
Ausdauer trug er alle nur erreichbaren Nachrichten darüber
zusammen und veröffentlichte sie in der Beilage der „Nachrichten für
Stadt und Land", „Heimatkunde und Heimatschutz". Auf diesem Gebiete
erschienen dort ferner „Die Verbreitung des Storches im Landesteil
Oldenburg” , 18. 2. 29, „Storchenbeobachtungen im Oldenburger Lande” ,
3. 3. 30, „Der Storch im Oldenburger Lande” , 25. 8. 32, „Ergebnisse der
Storchen-Statistik im Landesteil Oldenburg“ , 15. 6. 33, „Storchenbeobachtungen
. . . “ , 15. 3. 36; 6. 2. 38; 7. 3. 37, „Zur Geschichte des Storches
in Oldenburg“ , 16. 4. 39. Vgl. auch „Oldenburger Jahrbuch" 43. Bd.
1939. In den „Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Bremen“
, Bd. XXXI, Heft 1, 1939, erschien der Aufsatz „Die Oldenburger
Störche auf dem Zug". Weiter brachten die „Oldenburger Nachrichten"
in der oben genannten Beilage „Die Brutergebnisse des weißen Storches",
11.12.34, „Die Störche", 19.5.35. Hierher gehört auch in der­
selben Beilage die Abhandlung „Der Zug der Fischreiher, Ardea
cinerea, L., vom Unterwesergebiet", 11. 4. 37.
Als langjähriger Vorsitzender der Staatlichen Denkmalschutzbehörde
verfaßte T. fürs „Oldenburger Jahrbuch" Bd. 39, 1935, die ausführliche
Abhandlung „Über Natur- und Denkmalschutz". Er leitete
ferner die „Staatliche Arbeitsgemeinschaft für Oldenburgische Landesund
Volkskunde" und den „Heimatbund Nordsee".
Von seinen übrigen Veröffentlichungen seien erwähnt: „Die Staatliche
Teichwirtschaft in Ahlhorn", Nachr.-Beilage 29. 7. 29, „Der Rodenkircher
Häuptling Didde Lubben u. die Bremer", ebendort und „Das

Schicksal der Johanniterkommende Inte", Oldenburger Jahrbuch 1938,
163
Bd. 42.
Die Verdienste Tantzens im ehemaligen Oldenburgischen Staatsministerium
konnten hier nur in Umrissen angedeutet werden, dabei
darf jedoch nicht eine Seite seines Wirkens vergessen werden, von der
man in der Öffentlichkeit wenig erfuhr, das war die stets wohlwollende
Befürwortung eines Staatszuschusses als Beihilfe für Drucklegung von
allgemein wertvollen landes- oder heimatgeschichtlichen Werken, wie
der Oldenburgischen Urkundenbücher, der Hamelmann-Chronik u. a.
Schriften.
Als mit der Neuordnung der staatlichen Verhältnisse die Stellen
der Ministerialräte in Oldenburg eingingen, behielt Tantzen als Regierungsrat
sowohl seine Tätigkeit im Siedlungsamt als auch den Vorsitz
im Denkmalrat. Auch im Landesverein gehört er weiter zum
engeren Beirat.
Auf Grund seiner reichen Erfahrung in Heimatfragen und seines
vielseitigen Wirkens auf manchen Gebieten unserer heimischen Landwirtschaft
wird auf sein Urteil, das er sich als Ministerialrat in so
vielen Fragen aneignen konnte, besonderer Wert gelegt. Möge ihm auch
in Zukunft seine alte Schaffenskraft erhalten bleiben!
Karl Fissen.
Zum 90. Geburtstag von Dr. h. c. Heinrich Sandstede
In völliger geistiger und körperlicher Rüstigkeit feierte am 20. März
1949 in Bad Zwischenahn Dr. h. c. Heinrich Sandstede seinen
90. Geburtstag, bekannt im Oldenburger Land durch seine heimatkundliche
Tätigkeit und weit darüber hinaus bis in alle W elt hinein
durch seine wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Flechtenkunde.
Diesen merkwürdigen, kleinsten und doch so wundersamen
Pflanzengestalten, deren Körper sich aus einem Geflecht zu einer Lebensgemeinschaft
vereinigter Pilze und Algen aufbaut, hat Heinrich
Sandstede seine ganze Liebe geschenkt und ihnen eine Lebensarbeit
gewidmet, die den Bäckermeister zum Ehrendoktor aufsteigen ließ.
1859 in Zwischenahn geboren, erlernte er im väterlichen Betrieb
das Bäckerhandwerk. Schon in allerfrühester Jugend zog ihn die Botanik
so mächtig an, daß er sich Lehrbücher darüber wünschte. Mit 10
oder 11 Jahren steckte er sich hinter seine Mutter, die ihm dann die
zwei Mark für ein glühend gewünschtes Lehrbüchlein bewilligte. Entscheidend
für seinen wissenschaftlichen Lebensgang wurde seine Begegnung
mit dem Schuldirektor Dr. Friedrich Müller in Varel, der
ii*

164 Nachrichten
— selbst Spezialist für Moose — Sandstede in seinem Interesse für die
Flechtenforschung bestärkte. Es kam zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit
beider Männer, die ihre ehrenvolle Anerkennung 1897 in der
gleichzeitigen Verleihung des Ehrenkreuzes 1. Klasse durch den damaligen
Großherzog Nikolaus Friedrich Peter an den Schuldirektor
und an den Bäckermeister fand.
Sandstede widmete sich zunächst der Durchforschung der
Flechtenflora seiner engeren und weiteren Heimat: der nordwestdeutschen
Tiefebene, der Nordseeinseln, der Insel Neuwerk und
der Insel Rügen. Es entstanden seine Arbeiten, die in den Abhandlungen
des Naturwissenschaftlichen Vereins Bremen in den Jahren
1889, 1892, 1895, 1898, 1903 u. 1913 erschienen sind. Hierzu hat der
Neunzigjährige jetzt noch eine Fortsetzung im Manuskript beendet.
Frucht seiner emsigen Aufsammlungen ist das große Herbarium Olden-
burgischer Flechten und der Flechten von Wangerooge im Oldenburger
Museum für Naturkunde.
Durch seine Arbeiten kam er mehr und mehr mit den führenden
Flechtenforschern des In- und Auslandes in Verbindung und wuchs
zum anerkannten Spezialisten seines Faches heran. Er wandte sich im
besonderen dem Studium einer einzigen, durch ungeheuren Formenreichtum
ausgezeichneten und über die ganze W elt verbreiteten Flechtengattung,
der Gattung Cladonia, zu. Der Weg von den
„Cladonien des Nordwestdeutschen Tieflandes und der deutschen
Nordseeinseln" in den Abhandlungen des Bremer Naturwissenschaftlichen
Vereins 1906, 1912 u. 1924 über den umfangreichen Band „Die
Gattung Cladonia“ in Rabenhorsts Kryptogamenflora von Deutschland,
Österreich und der Schweiz, 1911, zu seiner Ergänzung von Wanios
„Monographia Cladoniarum universalis", 1938, zeigt den Verlauf und
die weltweite Ausweitung seiner Studien. Als Spezialisten gingen ihm
in fortschreitendem Maße aus allen Erdteilen Proben dieser formenreichen
Pflanzengruppe zur Bestimmung und Bearbeitung zu. So begann
er 1917 mit der Herausgabe seines umfangreichen Sammlungswerkes
getrockneter Cladonien-Flechten, genannt „Sandstede Cladoniae exsic-
catae", das in 133 Faszikeln 1886 Arten und Formen allein dieser Gattung
Cladonia enthält. Diese Sammlung erschien in 50 Exemplaren, die
an die Museen und wissenschaftlichen Institute der ganzen W elt hinausgingen.
Viele davon sind im Laufe des letzten Krieges verlorengegangen.
Sein letztes, eigenes Exemplar verblieb dem Oldenburger
Museum.
Sein ungeheures, bis 1912 gesammeltes Studienmaterial an Flechten
— es waren 400 Pakete, die eine Waggonladung für sich ausmachten —

Nachrichten
ist in den Besitz des Bremer Museums gelangt. Während des Krieges
zur Sicherheit nach Mährisch-Ostrau ausgelagert ist diese einzigartige
Sammlung als verloren zu betrachten. Sein späteres ebenso kolossales
Cladonien-Material ist im Botanischen Museum in Berlin-Dahlem, wo
es mit 600 Paketen ein ganzes Zimmer füllte, bei den Bombenangriffen
ein Raub der Flammen geworden. So hat der Krieg von dieser Lebensarbeit
viel vernichtet, geblieben aber sind die Verdienste und die in
seinen Arbeiten niedergelegten Ergebnisse. Die fortschreitende Kultivierung
des Landes, die Trockenlegung der Moore, das Abholzen der
alten Bäume, W älle und Hecken läßt unsere heimische Flechtenflora
immer ärmer werden. So würden auch die Sammlungen Sandstedes,
die uns zum Glück hier heute noch vorliegen, in dieser Weise auch
von einem Fachspezialisten nicht wieder zusammenzubringen sein.
Viele Ehrungen sind Sandstede für seine wissenschaftliche Arbeit
zuteil geworden. Er ist Ehrenmitglied unseres Oldenburger Landesvereins,
Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins in Bremen,
Ehrenmitglied im Botanischen Verein Brandenburgs, Gewähltes Mitglied
der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie
in Halle, Korrespondierendes Mitglied der Bayrischen Botanischen Gesellschaft.
1930 wurde ihm der Ehrendoktor der Naturwissenschaftlichen
Fakultät der Universität Münster verliehen, und er erhielt dieAscherson-
Plakette für Verdienste um die Erforschung der Mitteleuropäischen
Flora. Das Oldenburger Museum hat ihm zu seinem 90. Geburtstag
eine Sonderausstellung aus seinem Lebenswerk gewidmet.
Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten hat Sandstede sich große
Verdienste um die Erhaltung heimatlichen Brauchtums und der alten
Ammerländischen Bauernkultur erworben. Als langjähriger Leiter des
Zwischenahner Heimatvereins hat er der Heimatkunde viele Mitarbeiter
gewonnen und begeistert. Seiner Tatkraft ist zusammen mit dem Oldenburger
Maler Prof. Bernhard Winter und einem Kreis Gleichgesinnter
das vor 40 Jahren geschaffene Ammer länder Bauernhaus in
Zwischenahn zu danken, für die damalige Zeit ein einzigartiges
Freilandmuseum. So vereinigen sich in diesem Mamme in großartiger
Weise zwei Seiten: Die minutiöse Forschung des Spezialisten in weltweiter
Auswirkung und die treue heimatkundliche Arbeit an niederdeutscher
Volkskultur, letzten Endes aber beides aus einheitlicher
Quelle entspringend: einer innigen Heimatliebe.
Wolfgang Hartung.

Einzelbesprechungen
Schirraeyer, Ludwig: Osnabrück und das Osnabrücker Land. G eschichtliche
Durchblicke. Mit 12 Abb. Pbd. Paderborn-Osnabrück: Schöningh
1948, 262 S. — 8,50 DM.
Das vorliegende'B uch ist wohl die erste Geschichte eines deutschen
Territoriums, die nach dem Kriege herausgekommen ist. Sie ist keine ganz
neue Konzeption, sondern beruht vielfach auf des gleichen Verfassers Osnabrücker
Geschichte in Görges-Spehr-Fuhse: Vaterländische Geschichte und
Denkwürdigkeiten (3. Aufl. 1929) Bd. 3, S. 205— 253. Obwohl gelegentliche
wörtliche Übernahme der alten Ausdrucksweise stattgefunden hat, ist das
meiste doch völlig neu erarbeitet und wesentlich ausführlicher dargestellt,
wie schon am Vergleich der Seitenzahlen zu bemerken ist. Man wundert
sich nur, daß der Verfasser sich gescheut hat, auf seine frühere Arbeit B ezug
zu nehmen, wie er es auch verschmäht hat, Literaturangaben zu bringen.
Dabei sagt er gleich im ersten Satz seines Vorworts, daß er „das meiste vom
Inhalt den Forschungen anderer verdankt", und daß Quellenhinweise den
Rahmen gesprengt hätten. Wenigstens hätte er auf Ulr. Grotefends Osnabrücker
Bücherkunde in den Osnabrücker Mitteilungen 35/1933 sowie auf die
Bibliographie der Niedersächsischen Geschichte für die Jahre 1908— 1932 von
F. Busch (Hildesheim 1938) hinweisen sollen. Natürlich weiß der Fachmann,
der im Text die Namen Sprockhoff, Gummel, Schuchhardt, Kossinna, Phi-
lippi usw. liest, Bescheid, um welche W erke es sich handelt. Immerhin wäre
es ohne Vermehrung des Umfangs ein leichtes gewesen, die wichtigste
Literatur zu jedem Abschnitt zu verzeichnen. Auf Einzelbelegstellen hätte
man gerne verzichtet.
Schirmeyer faßt den Begriff „Osnabrücker Land“ sehr abwechslungsreich
und will damit ein G ebiet bezeichnen, auf das Osnabrücker Einflüsse jeweils
wirksam gewesen sind, so in politischer, kirchlicher, kultureller und wirtschaftlicher
Hinsicht. Diese Räume und Einflußgebiete waren in der Frühzeit,
im Mittelalter und in der Neuzeit durchaus verschieden.
Für die oldenburgische Landesgeschichte, insbesondere für Südoldenburg,
bietet das Buch — wie bei der Nachbarschaft Osnabrücks und Oldenburgs
nicht anders zu erwarten — manche lesenswerten Abschnitte. Man
muß sich nur erinnern, daß das Gebiet der Diözese Osnabrück im Mittelalter
bis an die T ore der Stadt Oldenburg heranreichte und die Stadt W ildeshausen
mit einschloß. Dementsprechend finden wir manche Einzelangaben
über Südoldenburg auf dem Gebiet der Vorgeschichte und der mittelalterlichen
Kirchengeschichte (Visbek, Wildeshausen). Die Geschichte der Grafen
von Tecklenburg, von Ravensberg, Hoya, Diepholz, die auch uns interessiert,
wird vielfach ausführlich behandelt, aber auch die Fernhandelsbeziehungen
der Stadt Osnabrück zu unseren Nordseemarschen. Neben der
politischen Geschichte, der W irtschaftsgeschichte, Verfassungs- und Ver-

Nachrichten 167
waltungsgeschichte nimmt die Siedlungskunde und die Kunstgeschichte einen
gebührenden Raum ein, und mit Rechtl Dreißigjähriger Krieg (Schweden,
Gustav Gustavson) und Friede von Osnabrück stehen zur oldenburgischen
Geschichte in enger Wechselbeziehung, während das Zeitalter des Absolutismus
unter den abwechselnd evangelischen und katholischen Bischöfen die
Osnabrücker Geschichte stark in das Kraftfeld zwischen Hannover und
Münster stellt. Die Zeit Mösers bedeutet ohne Frage das klassische Zeitalter
Osnabrücks, seine Darstellung auf knappem Raum ist Schirmeyer trefflich gelungen.
Der W iener Kongreß brachte dem säkularisierten Hochstift, das Sitz
einer hannoverschen Landdrostei wurde, den Zuwachs mehrerer vormals
münsterscher Ämter, die Grafschaften Lingen und Bentheim, deren G eschichte
kurz mit dargestellt ist. Die Ära Stüve ist wieder ein Höhepunkt der
Geschichte Osnabrücks und wird auf knappem Raum gut herausgehoben. Es
ist überhaupt Schirmeyers Stärke, in wenigen oft scharf geschliffenen W orten
historische Vorgänge und Persönlichkeiten lebendig darzustellen.
Der Verfasser sagt bescheiden, daß er nur „Geschichtliche D urchblicke"
geben will und eine lückenlose und gleichmäßig fortschreitende Darstellung
nicht beabsichtigt habe. Hier hat er seine Bescheidenheit wohl etwas übertrieben,
denn die Reihenfolge der 12 Kapitel bildet eine recht abgerundete
Osnabrücker Territorialgeschichte von den ältesten Zeiten bis zum 1. W eltkrieg.
In bezug auf geistige Durchdringung und Beherrschung des Stoffes ist
Schirmeyers W erk der „G eschichte der Stadt und des Reg.-Bezirks Osnabrück"
von L. Hoffmeyer" (2. Aufl. 1920), das eine volkstümliche Darstellung
in Einzelbildern bringt, unbedingt überlegen und für anspruchsvollere Leser
geschrieben. Ob es im Publikum einen gleichen Anklang findet, bleibt abzuwarten,
verdient hätte es jedenfalls denselben Erfolg. Hermann Lübbing.
Hövel, Ernst: Pax Optima rerum. Beiträge zur Geschichte des W estfälischen
Friedens 1648. Mit Abb. und Stadtplan Münster. Regensberg
1948. 292 S. Hiwd. 14,50 DM.
Das vorliegende Sammelwerk, das zum 300jährigen Jubiläum des W estfälischen
Friedens erschien, enthält mehrere für uns wichtige Beiträge. Gleich
der erste Beitrag, eine Übersetzung des Münsterischen Friedensvertrags aus
dem Lateinischen ins Deutsche, übertragen von H. Richtering, bietet dem
Heimatfreund auf S. 9— 61 das umfangreiche und vielbesprochene Friedensinstrument.
Es war für die deutsche Reichsgeschichte, ja für Europa jahrhundertelang
ein Fundament der politischen Ordnung. Der § 68 enthält den
inhaltsschweren Satz: Die Rechte und Privilegien wie auch die Zölle der an
den Flüssen liegenden und aller anderen Länder, die vom Kaiser mit Zustimmung
der Kurfürsten neben anderen auch dem Grafen von Oldenburg
auf der W eser bewilligt wurden oder durch langen Gebrauch hergebracht
sind, sollen in ihrer vollen Kraft bleiben und ausgeübt werden, damit dann
völlige Freiheit des Handels bestehe . . . Diese Bestimmung garantierte Oldenburg
jahrhundertelang zum großen Verdruß Bremens einen erheblichen Teil
seiner Staatseinnahmen.
Eine dipiomatisch-archivalische Studie von J. Bauermann behandelt die
Ausfertigungen des W estf. Friedens. Zwei allgemeiner gehaltene Beiträge
aus der Feder von K. v. Raumer über das Erbe des W estfälischen Friedens
und von P. Volk O.S.B. über die kirchlichen Fragen auf dem W estf. Frieden
sow ie von E. Hövel über Quartier und Gastlichkeit in der Friedensstadt ver-

168 Einzelbesprechungen
mögen einen breiteren Leserkreis zu fesseln, während die Beiträge von
J, H. Schölte über die Niederländische Delegation im Lichte der zu Aachen
aufgefundenen Aufzeichnungen des Pfarrers G. U. Wenning sow ie von
B. Peus über die Medaillen auf den W estf. Frieden nur einen kleineren Kreis
von Fachleuten interessieren dürften. Eine sehr verdienstvolle Arbeit ist die
Bibliographie zum W estf. Frieden unter dem Titel „Pacis W estphalicae Biblioteca
Germanica 1648— 1948", bearbeitet von H. Thiekötter, die auf S. 199
bis 292 nicht weniger als 1010 einzelne Veröffentlichungen nennt. Mit großem
Fleiß ist hier auch von entlegenen lokalgeschichtlichen Veröffentlichungen
das W ichtigste zusammengetragen. So fehlt auch nicht ein Hinweis auf den
oldenburgischen Gesandten Mylius. H. Lübbing.
Bäte, Ludwig: Der Friede in Osnabrück 1648. Beiträge zu seiner Geschichte.
Oldenburg, Niederdeutsches Verlagshaus 1948. 208 S. 8 Abb. Taf.
Die deutschen Erinnerungsbücher des Jahres 1948 an den Westfälischen
Frieden sind unter erheblich anderen Voraussetzungen und in einem ganz
anderen Geist geschrieben als das letzte von Kopp und Schulte verfaßte
W erk (1940, 3. Aufl. 1943). Das Buch des Osnabrücker Schriftstellers Ludwig
Bäte ist ein Sammelwerk von literarischen und fachwissenschaftlichen Beiträgen
und empfängt dadurch eine besondere Note, daß es die inhaltsschweren
Gedichte eines Martin Opitz und Andreas Gryphius w ieder abdruckt,
dessen „Tränen des Vaterlandes" und ,.Schluß des 1648sten Jahres"
uns heute besonders zeitnahe anmuten. W eiter findet man eingestreut G edichte
von Johann Rist (Germaniens Klagelied), Michael Altenburg (Gustav
A dolfs Feldliedlein), G. Ph. Harsdörfer (Die Schlacht), Andreas Scultetus-
Scholtz (Friedens L ob- und Krieges Leidgesang), Paul Gerhard (Danklied auf
die Verkündigung des W estf, Friedens). Neben diesen Barockdichtern ist die
Gegenwart mit 2 Gedichten von H. Hesse und Ricarda Huch vertreten.
Die Hauptmasse des Buches machen aber die Beiträge in- und ausländischer
Gelehrter aus. Es steuerten aus Schweden C. F. v. Palmstierna einen
Aufsatz über die Teilnahme Schwedens am Friedenskongreß zu Osnabrück
bei, und Erik Zeeh schrieb als Militärfachmann Gesichtspunkte über die
Operationen der letzten Kriegsepoche. Er erkennt darin eine Ermattungsstrategie,
nicht unähnlich der gegen Schluß des 2. W eltkriegs, nur mit b e ­
schränkteren technischen Mitteln, w obei das Land weitgehend verwüstet, die
Truppen aber „conserviert“ wurden. — Einen literarischen Beitrag über
Jost v. d. Vondels ,,Landspiel vom Frieden“ , das Andreas Gryphius für seine
„G eliebte D om rose" als Vorbild diente, bringt W . Asselbergs-Amsterdam.
— Die Schweizerin Frieda Gallati behandelt das folgenschwere Kapitel der
formellen Exemtion der Schweiz vom Deutschen Reich im Westfälischen
Frieden. W ir hören von der verhängnisvollen Rolle des Hauses Habsburg am
Oberrhein, das eine zunehmende Entfremdung zwischen dem Reich und den
Eidgenossen selbst verschuldet hatte, bei den Friedensverhandlungen aber
mit Frankreich um die Gunst der Eidgenossen buhlte.
Von deutschen Beiträgen seien hervorgehoben der von E. Kochs über
die staatsrechtliche Gleichordnung der Reformierten mit den Lutheranern,
die seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 vergeblich gefordert
worden war und nur in Ostfriesland 1599 zur Durchführung gelangte. Dem in
den Niederlanden erzogenen Großen Kurfürsten, dem Fürsprecher der R eformierten,
kommt das Hauptverdient an der Gleichstellung der beiden pro­

Einzelbesprechungen 169
testantischen Konfessionen zu. — Der Kustos der Bremer Kunsthalle G. Busch
macht uns mit einem deutschen Graphiker, Hans Ulrich Franckh, bekannt,
der in ähnlich packender W eise wie der Franzose Callot die Leiden des
Krieges mit der Radiernadel dargestellt hat. — H. Schimank würdigt den
Magdeburger Bürgermeister O. v. Guericke als Diplomat auf dem Kongreß zu
Osnabrück ebenso wie als Naturforscher. — Der literarische Beitrag des
Tübinger Germanisten Hermann Schneider sucht die inneren Beziehungen
zwischen dem Großen Krieg und der Dichtung aufzuspüren .
Der eigentlich landesgeschichtliche W ert der Publikation liegt in den
Beiträgen von P. Göttsching, H. Herse, L. Bäte und H. Rothert. Der erstgenannte
behandelt Justus M öser und den Westfälischen Frieden, der zweite
die Erwerbung der Braunschweiger Herzöge im Frieden von Osnabrück. (Es
handelt sich um das Stift W alkenried am Südharz, eine auch als Ruine noch
prächtige Erinnerung an die Blüte des romanischen Baustils.) L. Bäte entwirft
ein kulturgeschichtlich fesselndes Bild der Stadt Osnabrück während
der Kongreßverhandlungen. Der W estfälische Landeshistoriker H. Rothert
zeichnet in einem 'aus intimster Quellen- und Ortskenntnis entsprungenen
Aufsatz das Leben eines Artländer Bauern zur Zeit des Großen Krieges. In
mehr als einer Hinsicht möchte ich diesen Beitrag als den wertvollsten und
lehrreichsten des Buches bezeichnen, weil er das kleinste Detail mit großer
Linie zu verbinden weiß und den Hof Elting zu Vehs (Ksp. Badbergen) auf
Grund seltener Hausarchivalien in seiner ganzen Entwicklung verfolgen kann.
Ein schönes Beispiel, wie man Heimatgeschichte auch im kleinsten Dorf
lebendig machen kann. Hermann Lübbing.
Carsten, Rehder Heinz: Chauken, Friesen und Sachsen zw ischen
Elbe und Flie. 2. Aufl. Hamburg, Hans. Gildenverlag 1948, 98 S.
Die Überschriften der einzelnen Abschnitte lauten: Sagen und historische
Nachrichten. Das Landschaftsbild in römischer Zeit. Älteste Ortsnamen und
ihre stammeskundliche Zuordnung. Chaukische und friesische Funde. Die
sächsische Landnahme südlich der Elbe. Vom W esen der sächsischen Kultur.
Der chauko-friesische Stammesverband. Die Stämme in W esen und Art.
Gerhard Lohse, Geschichte der Ortsnamen im östlichen Friesland (1939),
vertrat den Standpunkt, unsere ältesten Ortsnamen, die auf -um und -ingen
(-en), seien erst während der Völkerwanderung entstanden. Carsten dagegen
weist sie der Zeit der ersten Besiedlung, dem 3. Jahrhundert v. Chr.,
zu. Es ist schade, daß Carsten auf Lohses Begründung nicht eingeht. W ir
hätten gern erfahren, was Carsten dagegen einwendet.
Für Carsten sind die Bewohner einiger Gaue alle Friesen, die anderer
alle Chauken. Die Dörfer der ersteren haben Namen mit der Endung -um,
die der Chauken solche mit der Endung -ingen (-ens). Diese Scheidung ist
nicht durchzuführen, einst noch weniger wie jetzt. Heute überwiegen im
Jeverland zwar die Namen auf -ingen (-ens), aber W iefels hieß früher W ibel-
sum, Ziallerns früher Saldersum und Utters noch in den Kirchenbüchern
Ottersen, also ursprünglich genau wie Uttersum auf der Insel Föhr. Ebensowenig
kann man in Butjadingen die Namen auf -um wie Oldensum, Sinsum,
Blexen (Blegsum) sondern von denen auf -ingen (-ens), z. B. Isens, Sillens,
W addens. Es ist schwer verständlich, daß Carsten auf Seite 43 schreibt, die
Marsch der Provinz Groningen kenne nicht einen einzigen Namen auf -ingen.

170 Einzelbesprechungen
Im Fivelgau findet sich u. a. Leermens, Lellens, Godlinze, Thesinge, im Hunse-
gau Leens, Kantens, Wetsinge, Finallinge.
Carsten glaubt, die Chauken seien nicht, seit sie unerwähnt bleiben, aus
der Geschichte verschwunden, er erkennt sie wieder in den Hugen des
Beowulfliedes, nach denen einer der friesischen Gaue Hugmerchi genannt
wurde. Carsten deutet diesen Namen als Chaukenmark. Hier hätte er sich
mit Theodor Siebs auseinandersetzen müssen, der aus sprachlichen Gründen
die Ableitung Hugmerchi von den Chauken für unmöglich erklärt. (Mitteilungen
der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde XXXf, S. 52.) Noch eine
andere Erwägung spricht dagegen. Beruft man sich auf das Beowulflied, so
muß man folgerichtig auch die ältere angelsächsische Dichtung, das Widsith-
lied und das Lied vom Kampf um die Finnsburg, heranziehen. Neben den
Hugen begegnen in den drei Liedern noch mehr solcher Benennungen
kleinster Volkseinheiten, so die Scyldinge, die Myrginge, die Geaten, Siggen
usw., von denen man später nichts mehr hört. Schwerlich ist unter ihnen
mehr vorzustellen als unter den Myrmidonen des Achill, nämlich die G efolgschaft
eines kriegerischen Fürsten.
NachGum mel besteht zwischen der Tonware der Chauken und der friesischen
kaum ein Unterschied. Um 800 sind die Menschen zwischen Ems und
W eser Friesen. Warum nicht vorher? Haben die Messenier aufgehört, Mes-
senier zu sein, als sie von den Spartanern unterjocht wurden? Bei Ortsnamen
bedeutet Groß- stets die ursprüngliche Siedlung, Klein- den Ableger.
Dann hatten die Groß-Chauken zwischen W eser und Elbe die Ursitze des
Stammes inne, das G ebiet zwischen W eser und Ems war nachträglich hinzu
erobert. Es ist möglich, daß die Klein-Chauken zwischen W eser und Ems nur
die dünne Oberschicht, den Adel, gebildet haben, daß die Freien und Liten
zur Römerzeit dasselbe waren wie ihre Nachkommen, nämlich Friesen. Das
Verschwinden eines Volksnamens ist immer verdächtig. Dann gingen die
Wurzeln nicht tief ins Erdreich. — Carstens Ausführungen enthalten viel
Stoff zum Nachdenken, erregen aber oft Widerspruch.
Carl W oebcken.
Seraphim, Hans-Jürgen: Das Heuerlingswesen in Nordwestdeutschland
( = Veröffentlichungen des Provinzialinstituts für westfälische Landesund
Volkskunde, Reihe I Heft 5) Münster, Aschendorff 1948. 142 S.
Tabellen und Karten.
Das Heuerlingswesen läßt sich bis ins M ittelalter zurückverfolgen und hat
sich mit erstaunlicher Anpassungsfähigkeit bis heute in Westfalen, Osnabrück
und Oldenburg erhalten. Unter den vom Vf. untersuchten oldenburgischen
Gemeinden befinden sich Bakum, Steinfeld und Damme. Durch Fragebogen
und persönliche Fühlungnahme gewinnt er ein vielseitiges Bild der ländlichen
Pacht- und Arbeitsbeziehungen. Südoldenburg hat die größte Seßhaftigkeit
aller Heuerlinge, die mündlichen Verträge überwiegen noch heute. Die von
P. Kollmann in Jb. f. Natök. u. Stat. III. F. Bd. 16/1898 S. 147 ff. über die
Heuerleute im oldenburgischen Münsterland gemachten statistischen A ngaben
gelten noch vielfach. Der Vf, kommt zu praktischen Vorschlägen für
die Erneuerung des Heuerlingswesens. Ein wertvoller Anhang von Tabellen
und Statistiken ist dem Buch beigegeben. H. Lübbing.

Oldenburger Landesverein
für Geschichte, Natur- und Heimatkunde
Vereinsbericht 1942— 1949
/. Allgemeines
Am 2. M ai 1942 fanden in O ld en b u rg zw ei für unsere H eim atforschung w ichtige Tagu ngen
statt: d ie H auptversam m lung d e s Oldenburger Vereins für Landesgeschichte
und Altertumskunde, der durch landesherrliche V erleih u n g vom
13. A u gu st 1890 d ie Rechte ein er ju ristisch en Person b esaß, und des Landesvereins
Oldenburg für Heimatkunde und Heimatschutz E. V . Schon v o r dem
K rieg hatten d ie V orstä n d e der b eid en V e rein e w e g e n d er zahlreichen gem einsam en Berühru
ngsp u nkte und der sich z. T. ü berschneiden den V e re in s z ie le V erhandlungen geführt, d ie
ein en Zusam m enschluß bezw eck ten . B eide H au ptversam m lungen befü rw orteten einstim m ig d ie
V erschm elzung der b eid en g roß en L a n d esverein e. Juristisch v o llz o g sich d ie V erein ig u n g derart,
daß der jü n g ere V e re in im V e rein sregister gelösch t w u rd e; d ie Löschung ist nach M itteilu ng
d e s A m tsgerich ts O ld en burg, A b t. V , v om 2. 3. 1944 erfo lg t. Der zusam m engelegte V e re in
führt d ie Trad ition b eid er V e re in e fo rt unter dem N am en »Oldenburger Landesverein
für Geschichte und Heimatkunde“. D ie v on den B eauftragten d er
b eid en alten V e rein e e n tw o rfe n e und v on der H auptversam m lung g e b illig te Satzung w urde
v om O lden burgischen Innenm inister als Rechtsnach folger d es vorm aligen Landesherrn am
20. N o v . 1942 g ebillig t. Sie ist abged ru ckt in den K riegsm itteilu ngen d e s L a n d esverein s .D er
O ld en b u rger B alken sch ild“ N r. 1 (1943), S. 4— 8. Der e rw eiterte L andesverein , d essen Beirat
j e zur H älfte aus V ertretern der historischen und zur ändern H älfte aus V ertretern der naturw
issenschaftlichen Forschung b esteh en so ll, w ählte zum V orsitzen d en Dr. H. L ü bbin g, zum
stellv ertreten d en V orsitzen d en M in .-R at R. Tantzen. L etzterer führte in V erb in d u n g m it Dr.
K . Fissen d ie V erein sg esch ä fte vom Som m er 1943 bis zum Som m er 1945, da d er V orsitzen d e im
F elde stand. D as Schatzm eisteram t b e k le id e te W . Bruns.
D as V erein sleb en kam auch in den letzten K riegsja h ren nicht ganz zum Erliegen, o b w o h l
ein groß er T eil der M itg lied er zur W ehrm acht ein b eru fen w ar. Trotz zunehm ender Luftkriegsb
edroh u n g, trotz Fliegeralarm und V erd u n k elu n g sv orsch riften kam en d er Beirat und d ie Fachgruppen
zu Sitzungen und A rbeitsgem ein sch a ften zusam m en. D ie w issensch aftliche A rb e it in
der Stadt O ld en burg w u rde allerd in g s h eftig gelähm t durch d en B om ben angriff v om 22. Sept.
1943, der das G ebäude der L a n d esb ib lioth ek am Damm erheblich besch ädigte. U nter d iesem
B om ben treffer hatten auch d ie benachbarten G ebäu d e d e s N aturhistorischen M useum s und des
Staatsarchivs zu leid en und erlitten em pfindliche Schäden.
In fo lg e der gesetzlichen V orsch riften zur V ereinfachung der V erw a ltu n g für P erson en ­
v erein ig u n g en während des Krieges fanden 1943 und 1944 keine Hauptversammlungen
statt. A m 2 0. Jan. 1 9 4 5 w urd e unter V o rsitz v o n M in .-R at
R. T antzen ein e Hauptversammlung in Oldenburg a bgeh alten . H ier w u rd e der
Plan e in es Jubiläum sbandes d es O ld en burg er Jahrbuchs zum 600jährigen B estehen der Stadt
O ld en b u rg entw ickelt. Leider m achten d ie scharfen D ru ckvorschriften in der Endphase d es
K rieges a lle Bem ühungen um d ie D rucklegung d es B andes v erg eblich . A n der 600-Jahr-Feier
d er Stadt! d ie in bescheidenstem Rahm en stattfand, hat sich d er L a n d esverein durch V orträ g e
seiner B eiratsm itglied er Dr. K. Fissen und Dr. H. Behrens beteiligt.
D ie erste Hauptversammlung d e s L a n d esverein s nach dem totalen Zusam m enbruch
d es totalitären Staates fand a m 1 7 . April 1946 in Oldenburg statt. Der g e ­
sam te Beirat w ar im H erbst 1945 zurückgetreten und hatte ein en vorlä u fig en geschäftsführenden
Beirat ernannt (Dr. Lübbing, Dr. H artung, Dr. O ehm ck e), da versch ied en e an dere Beirats-
roitglieder dam als noch im E ntnazifizierungsverfahren standen. D ie p rovisorisch e G eschäftsführung
fand d ie nachträgliche Zustim m ung d e r H auptversam m lung. U nter V orsitz d es A lte rsp
räsidenten Dr. O . M üller w u rd e ein e Satzungsänderung v org en om m en . § 3 Z. 2 heißt je tzt:
.P ersön lich es M itglied d es V erein s kann je d e unbescholtene P erson w erd en , d ie den Z w edc
d es V e rein s anerken nt und zur Erreichung d es Z w eck es d en Jah resbeitrag bezahlt.* — § 9 Z. 2:
.D e r Leiter je d e r Fachabteilung w ird v om Beirat gew ä h lt und ist M itg lied d es Beirats. Er e r ­
nenn t sein en S tellv ertreter." D ie Ä n d eru n g w u rde m in isteriell am 10. M ai 1946 genehm igt. —
Der Beirat w u rd e neu gew ä h lt (Dr. Lübbing, R eg.-R at R. Tantzen, Dr. H artung, Dr. O . M üller,
Stud.-R at Indorf, D r. M ü ller-W u lck ow , Dr. O tten ja n n -C lopp en b u rg , Dr. O ehm ck e, Lds.-K ultur-

172 Vcreinsbcricht
Rat Raths-B rake, O b erleh rer Sartoriu s, R eg.-B au m eister Steinm ann, Stud.-Rat Tapken , der an
S telle v o n D irektor W . M e y e r tia t).
D ie M itglied erhauptversam m lu n g s o llte 1947 in Hude stattfinden, mußte aber
Qusf allen, da inzw ischen e in e V erord n u n g erla ssen w urde, d ie d ie Personen fah rten mit
O m n ibu ssen an Sonnta gen untersagte.
D ie Hauptversammlung d es Jahres 1948 fand am 2 1. Febr. 1 94 8 in Oldenburg
in d er P ä dagogisch en H ochschule statt. A u s dem Bericht d e s V orsitzen d en Dr. Lübbing
trat der W ille d e s Beirats h erv or, nachdem d a s Land O ld en b u rg s e in e S elbstä n d igk eit v e rloren
hat und in d a s Land N iedersach sen e in g e g lie d e rt w ord en ist, alles zu tun, um das w issen ­
schaftliche L eben und d ie landeskundliche Forschung s o w o h l im O ld en b u rger Lande w ie insb
e s o n d e re in der Stadt O ld en b u rg zu pfleg en und zu förd ern . S o la n g e an d ie W ied erau fn ah m e
d er P u blikation stätigk eit nicht zu d enken ist, w ird das V o rtra g sw esen ein en breiten Raum
einnehm en, w orü ber unten m ehr zu lesen . Der N atur- und V og elschutz auf dem vom Landesv
e re in gepachteten Eiland M ellum w ar b ed roh t durch d ie Pläne zw eier U nternehm er, d ie durch
S ch afw eid e o d e r K artoffelzu chtan lage d ie bisla n g w ü ste Insel w irtschaftlich nutzen w ollten .
D er L a n d esverein b esch loß einstim m ig, d ie A n trä g e abzulehnen und das Eiland als N atursch
utzgebiet zu erhalten. — Eine au f V era n la ssu n g d es L a n d esv erein s durch Prof. T egtm eier
geschaffen e fa rb ig e B ildkarte d es O ld en b u rg er Landes g ela n g te zur V erteilu n g.
D ie Hauptversammlung d e s Jah res 1949 fand am 2 6. Juni 1949 in W ildeshausen
in Stührm anns H otel statt. S ie besch loß ein stim m ig, den V erein sn am en zu
e rw eitern in .Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur-
und Heimatkunde*. Der satzungsgem äß zurücktretende Beirat w u rde w iederg ew ä h lt,
fe in e r traten n eu hinzu Dr. Fissen und Dr. G an dert. A u s dem Jah resbericht ist herv orzu h eben ,
d aß der V e rla g Edo D ieckm ann acht fa rb ig e R ep rod u k tion en v o n A ltold en b u rg er A q u a rellen
Th. Presuhns aus der Z e it um 1850 in M a p p e h erausbringt, d ie dank dem V erm ächtnis v o n
Frl. H elen e Presuhn d en V erein sm itg lied ern zu einem V orzu g sp re is g e lie fe rt w ird. Der V e rla g
G. Stallin g hat im Frühjahr 1949 endlich d ie Lizenz w ied ererh alten und hat d ie A rb eiten an
der D ru cklegu ng d es Jahrbuchs s o fo rt w ied er aufgenom m en. Nach ein er U nterbrechung v o n
sechs Jahren kom m t unser V e rein sorg a n , seit Bd. 37 h era u sg egeb en v o n Dr. Lübbing, als
D op p elban d 48— 49 im Som m er 1949 w ied er h erau s. — Der L a n d esverein hat sich nachdrücklich
für d ie Erhaltung d es O ld en b u rg er Schloßgarten s und d e s P aradew alls ein g esetzt, d ie b e id e
durch V erk eh rsp lä n e d er O ld en b u rger Stadtverw altu n g b ed roh t w aren. G em einsam m it dem
O lln b o rg e r K ring w urde e in e E ingabe an den Bauausschuß d e s Stadtrates gerich tet und in W o rt
und Schrift d ie B edeutung d es P ara dew alls h era u sgestellt.
N achdem d ie g rößeren V e rb ä n d e und O rga n isa tion en ihre A r b e it w ied erau fgen om m en
haben, ist der L a n d esverein w ie d e r im N iedersäch sischen H eim atbund vertreten , hat sein e
M itglied sch aft b ei d er H istorischen K om m ission für N iedersach sen s o w ie im G esa m tverein der
D eutschen G eschichts- und A ltertu m sv erein e ern euert und sich d er H erm a n n -A llm ers-G esell-
schaft angeschlossen. P ersönlich e B ezieh ungen w u rd en zu d en N achbarvereinen in Brem en,
O sn abrück und O stfriesla n d g ep flegt.
Ehrungen. Der H eim at- und F am ilienforscher Georg Janßen in J e v e r w u rde
anläßlich sein es 70. G eb u rtsta g es zum E hren m itglied ernannt. Er k on n te sich aber d ieser
Ehrung nur w e n ig e W och en erfreu en , denn er starb bald d arau f. W e ite r w u rd en zu Ehrenm itg
lie d e rn ernannt Stud.-R at a. D. Dr. Karl S i c h a r t in O snabrück, Pastor Carl
Woebcken in S illen sted e und O b erleh rer a. D. Karl Sartorius in O ld en b u rg.
D ie Kassenlage. D er L a n d esverein gin g mit einem K assen bestand v o n 32 323 RM
in d ie W ä h ru n g sreform . D abei w ar ein Zuschuß v o n 10 000 RM der v orm alig en O ldenbur'gischen
R eg ieru n g für ein o rn ith ologisch es W e rk . Es ist dem L a n desverein trotz aller Bem ühungen
nicht g elu n g en , sein e V e rm ö g e n durch A n k a u f v on Papier o d e r son st w ertb eständig a n zu legen,
e s kon n ten nur e in e Schreibm aschine und versch ied en e Bücher g ekau ft w erd en . Nach d er W ä h ­
rungsreform v e rb lie b e n dem L a n d esverein 1610 D M . D ie M itglied erzah l beträgt im Som m er
1949 an 920. Eine gan ze A n za h l frü herer M itg lied er, d ie in O stdeutschland an sä ssig w aren,
ist v ersch ollen . D ie B eiträge unserer F örderer sind nur zaghaft e in g egang en , g era d e d ie se
a ber sin d das Rückgrat unseres Jahrbuchs. W ir erw arten , daß der N iedersächsische K ultusm
in ister, als R echtsn ach folger d e s O lden burgischen K ultusm inisters, d ie v orm a ls b ed eu ten d en
B eih ilfen für d ie V e re in sa rb e it w eite rb e w illig t, son st kom m en d ie landeskundlichen P u blikation
en zum Erliegen. — Dem Schatzm eister Dr. H artu ng w u rd e auf den H auptversam m lungen
einstim m ig Entlastung erteilt.
//. Oßcntlidie Vorträge
L eitung: Dr. H artung, Staatl. M useum für N aturkunde und V orgeschich te
D ie öffentlich en V o rträ g e des O ld en b u rg er L a ndesverein s b egan n en im O k tob er 1946 m it
groß en Sch w ierigkeiten der Raum beschaffung, der Beleuchtung und H eizun g, d e r G eneh m igu ng,
d er W e rb u n g u sw ., d ie a ber nach und nach, v o r allem seit der W ä h ru n g sreform , b eh ob en

Vereinsbericht 173
w u rd en . D ie V o rträ g e w u rzeln im heim atlichen N a turerlebnis und führen ü b er D arstellu ngen
aus G eschichte und K ulturgeschichte d e s n ordw estd eutsch en Raum es h in über zur europäischen
G eschichte und zu den groß en Problem en der m odernen naturw issenschaftlichen Forschung.
N eb en einheim ischen W issen sch aftlern und verd ien ten H eim atforsch ern ist es uns g elu n gen ,
nam hafte au sw ärtige F a ch gelehrte zu a llg em ein verständlich en V orträgen zu g ew in n en . So
w ird in unserm N o rd w estg eb iet, das ein e U n iversität entbehrt, für das K ulturleben d er tradition
sreich en alten Landeshauptstadt ein bedeu tsam er B eitrag g e le iste t. Dadurch ist nicht nur
unseren M itglied ern , son d ern allen In teressierten G e le g e n h e it g e g e b e n , m it aktu ellen Fragen
d er W issen sch aft in Berührung zu kom m en. U nser öffentlich es V ortra g sw e sen ist aus dem
O ld en b u rg er K ulturleben nicht m ehr fortzuden ken und hat sich ü ber d ie W äh ru n g sreform , d ie
s o v ie le K ulturbestrebungen vernichtete, hindurchgerettet. Da w ir für d ie V o rträ g e k e in e
öffentlich en Zusch ü sse erhalten, m üssen sie sich finanziell selbst tragen. Es kom m t dah er auf
d ie W erb u n g und d ie re g e T eilnahm e je d e s M itg lie d e s an, dam it d ie au fsteig en d e Linie
geh a lten w ird.
19 4 6
Winterhalbjahr 1946/47
1. O kt. 23: Dr. Hartung (O ld en b u rg, N aturhist. M u seu m ): .W e s e n und U rsachen d er Eiszeit
im Lichte n eu erer F orsch u n g .' M it Lichtbildern.
2. N o v . 27: Dr. Lübbing (O ld en b u rg. Staatsarch iv): .W e r d e n und W andlungen d er n o rd ­
w estdeu tschen S ta a te n g e b ild e .'
1 9 4 7
3. Jan. 25: Dr. G ändert (O ldenbu rg, N aturhist. M u seu m ): .R o ß und Rind in A lte u rop a ."
M it Lichtbildern.
4. M ärz 10: Dr. Stier ling (H am bu rg -A ltona, M u seu m ): .G old sch m u d c und Tracht der
F rie s e n .' M it Lichtbildern.
5. A p ril 23: Dr. Behrens (O ld en bu rg. P ä d a gog. H och sch ule): .F a rb en fotogra fie und H eim
a tk u n d e .' M it Farblichtbildern.
Winterhalbjahr 1947/48
6. Sept. 5: Hans Witte (B rem en ): .M e e r , Strand und V o g e lw e lt auf W a n g e r o o g e . Das
N a turerlebnis als V o g e lw a r t .' M it Farblichtbildern.
7. Sept. 18: W ie d e rh o lu n g d ie ses V ortra gs.
8. O kt. 1: Prof. Dr. Meyer-Abich (H am burg, Universität,- F orsd iu n gsstätte S p ie k e r o o g ):
.D e r U rsprung d es L ebens und d ie Entstehung d es A n o rg is c h e n .'
9. O k t. 24: Dr. Lübbing (O ld en bu rg, Staatsarch iv): .D e r W e rd e g a n g N iedersach sen s im
Lauf d er G esch ich te.' M it Lichtbildern.
10. N o v . 21: Dr. Gerstenberg (T ü b in g en ): .G riech en la n d s e w ig e S chönh eit." M it Farblichtbildern.
11. D ez. 16: Dr. Schlot t (W u p p erta l-E lb erfeld , Z o o l. G a rten ): .W ild tie r e in d er G e fa n g e n ­
s c h a ft.' M it L ichtbildern und Film .
1948
12. Jan. 30: Carl Baasen (W e ste rste d e ): .D ie G eschichte d e s niedersächsisthen W a ld e s
und sein e g e g e n w ä rtig e N o t .' M it Lichtbildern.
13. Febr. 20: Dr. Behrens (O ld e n b u rg ): .M it L eica und Farbfilm ins W e serb e rg la n d . Landschaft
— Städte — S ch lösser." M it Farblichtbildern.
14. Febr. 23: W ie d e rh o lu n g d ie ses V ortra g s.
15. M ärz 19: Dr. Hartung (O lden bu rg, N aturhist. M u seu m ): .D a s M eer — Erbauer und
Z erstörer unserer K üste." M it Lichtbildern.
16. A p ril 5: W ie d e rh o lu n g d ie ses V ortra gs.
17. A p ril 29: Prof. Dr. Bentz (C elle-H a n n over, A m t für B od en forsch u n g): .E rd öl in N ord ­
w estdeu tsch lan d . V o r k o m m e n —'E rsch ließ u n g — W irts c h a ft.' M it Lichtbildern.
Winterhalbjahr 1948/49
18. Sept. 17: Prof. Dr. Mahr (B on n ): .D a s Schiffsgrab v o n Sutton H o o in England. D er b e ­
d eu ten d ste N eufu nd aus sächsischer F rü h ze it.' M it Lichtbildern.
19. O kt. 8: Prof. Dr. Meyer-Abich (H am burg, U n iv ersitä t; S p ie k e r o o g ): .N atu rgeschichte
a ls G esch ich te.'
20. O kt. 20: Prof. Dr. Weiner t (K iel, U n iv ersitä t): .D e r U rsprung d e r M enschheit und d ie
B ew eise durch d ie n eusten V orm ensch en funde.* M it Lichtbildern.

174 Vereinsbericht
21. N o v . 19: Dr. Behrens (O ld en b u rg ): .R oth en b u rg o . d. T ., ein D enkm al deutschen B ü rgertum
s." M it Farblichtbildern.
22. D ez. 14: Dr. Closs (C elle-H a n n over, A m t für B od en forsch u n g): .W i e erforsch en w ir den
tieferen U ntergrund und s e in e nutzbaren L a gerstätten?" M it Lichtbildern.
1 9 4 9
23. Jan. 14: Dr. O t t e n j a n n (C lop p en bu rg , M u seu m sd orf): .B auernhaus und B auernkunst.“
M it Lichtbildern.
24. Febr. 8: Prof. Dr. Staudinger (Freiburg i. Br., U n iv ersitä t): .M a k ro m o le k u la re C h em ie
und B io lo g ie ." (Zusam m en m it der M edizinischen G esellschaft O ld en b u rg .)
25. M ärz 4: Dr. Deckert (H an nover, Landesam t für D en k m a lp flege): .W ie d e ra u fb a u und
Stadtplanung unter W a h ru n g h istorischer S tadtbilder und B a uden km äler." — A n sch ließend
Farblichtbilder v o n Dr. Behrens (O ld e n b u rg ): .D ie Schönheit d e s Schloßgartens.*
26. A p ril 1: Georg Hoffmann (S y k e ): .S e lte n e G ro ß v ö g e l v or m ein er K am era." M it
Lichtbildern.
27. A p ril 20: D r. Gandert (O ldenbu rg, N aturhist. M u seu m ): .D ie V orgesch ich te d es O ld e n ­
burger L a n d es." M it Lichtbildern. (Im Rahm en der 1. T agung d es N ord w estd eutschen V e rban
d es für A ltertu m sforschung.)
28. M ai 13: Prof. Wind er lieh (O ld en b u rg ): .D eutschlands A n teil an d er chem ischen F orschung.*
1947
111. Historische A b en d e der Historischen und Familienkundlichcn Gesellschaft
L eitung: Dr. Lübbing, N iedersächs. Staatsarchiv, O ld en b u rg
1. Mai 7: Dr. Munderloh (O ld en b u rg ): .D ie D örfer am n ördlichen Stadtrand v o n O ld e n ­
burg, ih re B esiedlung und alten Fam ilien.*
2. Juni 4: Dr. Lübbing (O ld e n b u rg ): .D ie N ied erla n d e und d ie R eichsgrenze an Ems und
D olla rt im Lauf der Jah rh underte."
3. N o v . 11: D ip l.-In g. Büttner (O ld e n b u rg ): .B e g e g n u n g e n m it führen den D eutschen in
d en Jahren 1938— 1945.“
4. D ez. 9: Dr. Lang (L o g a ): .S tra n d - und Seeraub an der N o rd seek ü ste als friesisch es G e ­
w e rb e ."
1 9 4 8
5. Febr. 3: I. O . R a t h s (Brake, K atasteram t): .D a s old en b u rg isch e V erm essu n gs- und K ata
sterw esen und sein e k artographischen L eistu n gen ."
6. M ärz 8: Dr. v . Groote (G ö ttin g e n ): .G e rh d . A n t. v . H alem und d ie w eltbürgerlich en
und nationalistischen Ström u ngen in O ld en b u rg v o n 1790— 1820."
7. M ärz 23: Dr. Lang (L o g a ): .D ie old en b u rg isch -ostfriesisch e K üste in ihren ältesten k artographischen
D arstellu ngen nach n eu esten Funden."
8. A p ril 30: Dr. Müller (O ld en b u rg, Stadtm u seu m ): .F ü h ren d e O ld en b u rg er P ersönlichk
eiten um 1848." M it Führung durch d ie Sam m lungen d e s Stadtm useum s.
9. Sept. 22: Dr. Schütte (Pastor i. R., O ld e n b u rg ): .A r p Schnitker aus G olzw a rd en , der
g roß e O rgelb a u m eister d e s Barock. Zum G edächtnis sein es 300. G eburtsta g s."
10. N o v . 19: R. Stolle (Schulrat a. D. O ld e n b u rg ): .G e rd H inrich A h ren s aus C le v e rn s (1829
b is 1918) und sein e E ntw icklung v om Leh rer zum U ntern ehm er und G roß b a u er."
1949
11. Jan. 29: D r. Lübbing (O ld e n b u rg ): .D e r h istorische Stadtgrundriß v o n O ld en b u rg in
seinem V erh ä ltn is zu d en neuen V erk eh rsp lä n en der S ta d tverw altu n g."
12. Febr. 23: Rudolf Schmeden (O ld en b u rg ): .D a s H aus A ldenburg-B en tin ck in der
M em oiren litera tu r und L u dw ig Bechsteins Rom an .D er D unkelgraf*."
13. M ärz 9: E. Grundig (Stadtarchivar a. D ., D elm en h orst): .G r a f W ilh elm G u sta v Friedrich
Bentinck und der Rechtsstreit um d ie H errlich keit K nip hausen."
14. A p ril 13: Dr. E n d l e r (O lden bu rg, M us.-D ir. a .D . Sch w erin ): .V o lk sk u n d lich e P roblem e
der G egen w a rt in ihren Beziehungen zu Techn ik, V erk eh r und U m sied lung."
15. M ai 18: Dr. Gandert (O ld en b u rg ): .D ie F rage der frühgeschichtlich en Burgen im O ld e n ­
b urger Land.*
Dr. Lübbing (O ld en b u rg ): .N e u e G esich tspunkte zur Entstehung d er O ld en burg als
A m m ersch e B u rg .“
D ie Sitzungen fanden anfangs im N atu rh istorisch en M useum statt, dann im K lubzim m er der
.B rü ck e“ (L eseh a lle), und nach R e n ovieru n g d e s Staatsarchivs in d e ssen B enutzersaal.

1947
Vereinsbericht 175
IV . Veranstaltungen des Arbeitskreises für Naturkunde und Vorgeschidite
L eitung: Dr. H artung, Staatl. M useum für N aturkunde und V orgesch ichte
1. Mai 2: Dr. Putzig (O ldenbu rg, vorm . V o g e lw a rte R ossitten ): „B eobach tu ngen. V ersu ch e
und T h eorien über d ie A u slösu n g d e s V o g e lz u g s .“
2. Juni 6: Stud.-Rat Tapken (O lden bu rg, Botan. G a rten ): .M e th o d e n der P fla n zen soziologie
und ihre E rgeb nisse für N ie d e rsa d isen .“ M it Lichtbildern.
3. Juli 3: Dr. Maorcks (O lden bu rg, Biol. Zentralam t für Land- und F orstw irtsch .): .F o r ­
schungsaufgaben im Pflanzenschutz.- M it Lichtbildern.
4. A u g. 22: Dr. Mirdel (O ldenbu rg, M e te o ro lo g isch e s A m t): .W e s e n und G rundlagen der
M e te o r o lo g ie .“ M it D em on stration en.
5. Sept. 19: Dr. Rudolph (Forschungsstätte S p ie k e r o o g ): .D ie syn th etisch e Leistung der
P flanzen.“
6 O kt. 10: Dr. G ändert (O lden bu rg, N aturhist. M u seu m ): .E in b edeu tsam er N eufu nd aus
der old e n b . B ron zezeit."
Dr. Mrozek (O ldenbu rg, M ilchw irtschaftl. V ersu chs- und Leh ransta lt): .A u s der T ä tig ­
k eit der m ilchw irtschaftlichen A n sta lt." M it Lichtbildern.
7. N o v . 7: Dr. Hartung (O lden bu rg, N aturhist. M u seu m ): .D ie G ru ndlagen d er E iszeitforschung
in der hist. Entw icklung ihrer E rken ntnis.“ M it Lichtbildern.
8. D ez. 5: D ipl.-Ing. Büttner (O ld en b u rg ): .P h ysikalisch-technisch e Erinnerungen an die
Z eit v o n 1938— 1945."
1 9 4 8
9. Jan. 16: K on serv a tor Stoll (Loga b. L e e r): .T ie rp sy d io lo g is ch e Studien und eig e n e Erleb
n isse m it W ö lfe n ."
10. Febr. 13: Dr. Asmus (H an nover, Landesm u seum ): .S ch ö n e G old fu n d e aus N iedersachsens
B ronzezeit und ihre G esch ichte." M it Lichtbildern.
11. M ärz 5: Dr. Gandert (O ldenbu rg, N aturhist. M u seu m ): .E ntw icklungs- und K ulturgeschichte
des H aushuhns." M it Lichtbildern und V orw e isu n g e n .
12. A p ril 2: Dr. Metzler (O ld en bu rg, M e te o ro lo g . A m t): .K lim a te und K lim aänderungen
d er g eolo g isch e n E poch en."
13. A p ril 29: Prof. Dr. Bentz: .E r d ö l ..." (V g l. ö ffe n tl. L ich tbild er-V ortrag.)
14. Juni 11: Dr. Hartung (O ldenbu rg, N aturhist. M u seu m ): .M itte ilu n g ü ber den neuen
Fund e in es A ltelefan ten b ei V e rd en und d a s P roblem d er Zw isch a n eiszeiten ."
D r. Gandert (O ld en b u rg, N aturhist. M u seu m ): .W is e n t und A u eroch s — N eu e Funde
aus olden burgisch en M o o re n ."
Dr. Stolze (O ldenbu rg, Pflanzenschutzam t): .A k tu e lle A u fg a b en im Pflanzenschutz."
15. Juli 9: V orb e re itu n g d er M ellum -Fahrt:
R eg .-R at Tantzen (O ld en b u rg ): .D er N aturschutz auf M ellum .*
Dr. Hartung (O ldenbu rg, M u seu m ): .D ie G e o lo g ie der Insel M ellu m ."
S tud.-R at Tapken (O ld en bu rg, Bot. G a rten ): .D ie Pflanzengesellschaften auf M ellu m ."
Stud.-Rat Indorf (O ld en b u rg ): .D a s S e e v o g e lle b e n auf M ellu m ."
16. Sept. 3: V orb e re itu n g der Fahrt nach D angast:
Dr. Hartung (O ldenbu rg, M u seu m ): .V o rb e m e rk u n g zur G e o lo g ie v o n D angast."
Lehrer Havekost (O ld en b u rg ): .D e r V o g e lz u g an der K üste bei D a n gast." M it Lichtb
ild ern und D em onstrationen.
Stud.-R at Indorf (O ld en b u rg ): .D e r V o g e lz u g a. d. H unten iederung." M it Lichtbildern
und D em on strationen.
17. Sept. 22: Lehrer Havekost (O ld en b u rg ): .R ü ckblick auf d ie b ei D angast beobach teten
V ö g e l.“
Dr. Schäfer (W ilh elm sh a ven , S en ck en berg-In stitu t): .A u s d er G eschichte der z o o lo g ischen
A b b ild u n g ." M it V orw e isu n g e n aus der e ig en en Sam m lung und der L a n d esbiblioth ek
O ld en burg.
18. N o v . 5: G. Kerstens (A ld ru p b. W ild e s h a u s e n ): .N e u e E rgeb n isse zur K enntnis der
old en burgisch en K ä ferw elt." M it V orw e isu n g e n aus den eigen en Sam m lungen.
E. Jäckh (Brem en, M u seu m ): .B ild er aus dem heim ischen In sek ten leben ." M it Farblicht­
b ild ern .
19. N o v . 26: Klaus Wilkens (O ld en b u rg ): .B eobach tu n gen an der heim ischen V o g e lw e lt.*
Dr. Hartung (O ldenbu rg, M u seu m ): .E rd öl im heim ischen B od en — w ie kom m t es v o r
und w ird es g e fu n d e n ?" M it L ichtbildern und D em on stration en.

176 Vcrcinsbcricht
1 9 4 9
20. Jan. 28: Stud.-R at Tapken (O lden bu rg, Bot. G arten ): .B ota n isch e U ntersuchung v on
v orgeschichtlich en H olzgeräten d es O ld en b u rg er M useum s für N aturkunde und V o r ­
g esch ich te." M it Lichtbildern.
Dr. G a n dort (O lden bu rg, M u seu m ): D ie n ordeu rasisch e Kultur. L eb ensbild ju n g ste in ­
zeitlich er Jägerstäm m e zw ischen N ord see und Stillem O ze a n .“ M it Lichtbildern.
21. Febr. 25: Lehrer Hajen (O ld en b u rg ): .D ie F u n dstelle v o n W ise n th ö m e rn bei Ihausen
im A m m erlan d ."
Dr. Hartung (O ld en b u rg, M u seu m ): „D ie E rhaltu ngsw eise der fo ssile n Pflanzen und
d ie Entstehung der ältesten L a n d flora ." M it Lichtbildern.
22. M ärz 25: Dr. Hartung (O ldenbu rg, M u seu m ): .Zum 90. G eburtstag d es F lechtenforschers
Dr. h. c . S a n d sted e-Z w isch en a h n ."
H err G e r w i e n (O ld e n b u rg ): .Betrachtung v o n Schlangen aus der Sam m lung d es M u ­
seu m s." M it V orw e isu n g e n .
Dr. G ändert (O ld en bu rg, M u seu m ): .A u s d er E ntw icklu ngsgeschichte unserer H austie
re ." M it Lichtbildern.
23. M ai 6: K on serv a tor Stoll (H esel, K r. L e e r): .V o g e lstim m e n im F rühjahr." M it V o r ­
führung d er V og elstim m en .
1947
V . Führungen und Ausflüge
O kt. 26: Führung durch d ie Pilzausstellung d es Staatlichen M useum s für N aturkunde und V o r ­
geschichte unter Dr. Hartung.
19 4 8
M ärz 7: B eob achtu ngsgang in d er H u n ten iederung (O rn ith ol. A rb e its g r.).
Juni 16: V og eistim m en -A u sQ u g der O rn ith ol. A rb eitsg r. nach Bloh unter Führung der H erren
Sartorius, Indorf, Havekost.
A u g . 1: G roß e M ellu m fah rt d es L a n d esverein s mit Schiff ab W ilh elm sh a v en (v g l. o b e n IV , 15).
Führung: Prof. Drost, Schulleiter Harms, Dr. Hartung, Stud.-Rat T a p k e n ,
Stud.-R at Indorf, und d ie V o g e lw a r te Zimmermann und N i x.
Sept. 19: Fahrt nach D angast zur B eobachtung d es V o g e lz u g e s (v g l. oben IV , 16). Führung:
Stud.-Rat Indorf, Lehrer Havekost. Besichtigung d er stillg e le g te n E rdöl-V ersuch s-
boh ru n g I. Führung: Dr. Hartung.
O kt. 2: Zusam m enkunft d er O rn ith ol. A rbeitsgem ein sch a ft im M useum . Berichte über S a n gesb
egin n und Z u g v ögela n k u n ft. R efera t v o n H. Bruns ü ber v . Frisch's n eue A rb eiten über
d ie B ienensprache.
O kt. 3: Fahrt nach D angast zur V o g e lb e o b a ch tu n g .
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Juni 26: G roß e Fahrt d es L a n d esverein s nach A h lh orn (Stein gräber) — K lein en k n eten , Pestruper
G rä b erfeld — W ild esh a u sen (H auptversam m lung) — G a n d erk esee — D eelthun (H eid en ­
w a ll). Führung durch d ie H erren Dr. Hartung, Lehrer H i b b e 1 e r , Dr. G a n d e r t ,
Ö k.-R a t Siemers, Lehrer Wedekind. In W ild esh a u sen P. Dinglinger, in
G an d erk esee P. B u 1 t m a n n.
V I. Vorträge im O ldenburger Land
In Zusam m enarbeit m it örtlichen V e rein e n w urden m ehrere d er o b e n gen an nten V orträ g e
geh a lten in W ilh em sh a v en , H oh enkirchen, J e v e r, V a rel, R od enkirchen, Brake, D reibergen ,
G a n d erk esee, W ild e sh a u sen , Lohne.