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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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40 W alter Asmus<br />

8 bis 9 und Donnerstags von 15 bis 16 Livius und Donnerstags und<br />

Freitags von 14 bis 15 die Gedichte <strong>des</strong> Horaz gelesen worden. M ontags<br />

und Dienstags von 14 bis 15 waren Übungen im lateinischen Stil<br />

angesetzt. Im Griechischen hatte Professor Ricklefs Xenophons Cyro-<br />

pädie gelesen. Unter Mansos Anleitung waren im Hebräischen Dienstags<br />

und Freitags von 9 bis 10 Psalmen gelesen worden. Der Deutschunterricht<br />

wurde von Professor Ricklefs Montags und Donnerstags<br />

von 16 bis 17 erteilt. Er hatte vornehmlich häufige „Ausarbeitungen''<br />

machen lassen. Auch lehrte er die englische Sprache, und zwar Dienstags<br />

und Freitags von 11 bis 12. Der Unterricht in der französischen<br />

Sprache hatte bis zur Ankunft <strong>des</strong> neuen Lektors noch ausgesetzt<br />

werden müssen.<br />

Das in der Gymnasialreform von 1792 durchgeführte Fachlehrerprinzip<br />

bedeutete gegenüber dem reinen Klassenlehrersystem der alten<br />

„Sturmschen Schuleinrichtung” einen großen Fortschritt. Wenn Herbart<br />

später von dem Unterricht, den er als Knabe empfing, sagte, er<br />

sei nicht planmäßig genug gewesen, so mag sich diese Kritik weniger<br />

auf die Neuordnung als vielmehr auf die alte Ordnung und das zeitweise<br />

Nebeneinander von Schul- und Privatunterricht bezogen haben.<br />

Daß er eine bessere Ausbildung seines Gedächtnisses gewünscht hätte,<br />

hängt mit seiner eigenen Veranlagung, deren Stärke von jeher mehr<br />

im Denken als im Lernen bestand, doch auch wohl mit Mansos Unterricht<br />

zusammen, der sich stark bemühte, die Schüler zum eigenen<br />

Denken zu erziehen. — Die im Schulunterricht vermittelten Kenntnisse<br />

und Einsichten suchte der Jüngling durch intensives privates<br />

Studium, das von Ültzen noch aus der Ferne individuell betreut wurde<br />

(19, 60 f.), zu erweitern und zu vertiefen. Das Jahr 1792 war vorzüglich<br />

dem privaten Studium Kants gewidmet, konnte doch der Sechsundvierzigjährige<br />

noch 1822 schreiben, er werde niemals den Eindruck<br />

vergessen, welchen vor 30 Jahren Kants „Grundlegung zur Meta­<br />

physik der Sitten" auf ihn machte. Eine Frucht dieses Kantstudiums<br />

ist die am 11. März 1793 im <strong>Oldenburger</strong> Rathause gehaltene Rede<br />

an die ihm als Redner voraufgegangenen Abiturienten „Über die allgemeinsten<br />

Ursachen, welche in den Staaten das Wachstum und den<br />

Verfall der Moralität bewirken“ (1, 351 ff.). Mit den Mitteln eines an<br />

der Wolffschen Aufklärung und an Kant genährten Denkens versuchte<br />

der sechzehnjährige, den politischen Überzeugungen Mansos folgende<br />

Jüngling zu zeigen, wie der „freche Ungestüm“ der französischen Revolution<br />

den „schönen heiteren M orgen" der europäischen Kultur wie<br />

eine dunkle W olke überschattet. In seinem eigenen, eben zum Selbstbewußtsein<br />

vorgedrungenen Sein fühlt er sich und die gesamte euro­

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