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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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Hermann Lübbing<br />

noch ein Jahrzehnt hingezögert zu haben, bis eine neue W elle der Pestilenz<br />

über Europa hinwegrollte und diesmal noch größere Opfer forderte.<br />

In demUnglücksjahr 1350 klopfte der Knochenmann auch in W il<strong>des</strong>hausen<br />

an die Türen der Bürger und wütete grauenhaft. Die Stadt<br />

lag an der großen Vlämischen Straße, die den Frachtwagenverkehr<br />

der Hansischen Kaufleute zwischen Lübeck— Hamburg— Bremen einerseits<br />

und den Niederlanden andrerseits vermittelte. Tagaus lagein kam<br />

viel frem<strong>des</strong> Volk durch Wil<strong>des</strong>hausen gezogen, und bei den primitiven<br />

mittelalterlichen hygienischen Verhältnissen waren natürlich die V oraussetzungen<br />

<strong>für</strong> ein Umsichgreifen der Pest-Epidemie denkbar günstig.<br />

In dieser Zeit starben in Wil<strong>des</strong>hausen binnen drei Monaten 4000 Menschen.<br />

Die Krankheit dauerte nur drei Tage und endete regelmäßig mit<br />

dem Tode. Ein lähmen<strong>des</strong> Entsetzen befiel die Bevölkerung, und in<br />

dieser Not machte man sich eilends an den schon 1339 beschlossenen<br />

Kapellenbau.<br />

Über den Bau der Kapelle, deren Gestalt vielleicht der heute noch<br />

bestehenden Gertrudenkapelle in Oldenburg in etwa entsprochen haben<br />

wird, hat sich ein kurzer Bericht in Gedichtform erhalten, der dem<br />

Wil<strong>des</strong>hauser Amtmann Hinüber 1742 noch bekannt war1). Die handschriftliche<br />

Quelle galt als verschollen, fand sich aber kürzlich bei der<br />

Neuordnung von Archivalien <strong>des</strong> Staatsarchivs Oldenburg in Bestd. 109-D<br />

in einem Einkünfteregister der Propstei Wil<strong>des</strong>hausen von 1587— 1595.<br />

Aus der Einleitung zu dem Gedicht geht hervor, daß es sich ursprünglich<br />

um eine auf eine Holztafel (brede) geschriebene Aufzeichnung<br />

handelt. Vielleicht war es eine Votivtafel, mit einem Heiligenbild<br />

geschmückt und von einem Bürger gestiftet, der die Einzelheiten <strong>des</strong><br />

Kapellenbaus in Gedichtform festhielt und auf die Tafel malen ließ.<br />

Die Bau- und Kunstdenkmäler <strong>des</strong> Herzogtums Oldenburg I S. 115<br />

finden die Verse „nicht uninteressant", ihr Abdruck nach dem alten<br />

Register von 1595 ist daher wohl gerechtfertigt, zumal wir sonst wenig<br />

Erzeugnisse mittelalterlicher niederdeutscher Poesie besitzen. Die<br />

Sprachformen sind durchweg gut mittelniederdeutsch, nur gelegentlich<br />

machen sich hochdeutsche Einflüsse bemerkbar, die dem Schreiber <strong>des</strong><br />

Propsteiregisters zur Last fallen. Auch sind ihm vermutlich Lesefehler<br />

unterlaufen.<br />

•) In <strong>des</strong> Pastoren J. Vogt „Monumenta inedita" Bd. I 5, (Bremen 1742),<br />

S. 452. Der W ert der Hinüberschen Mitteilung „aus einem alten Register" ist<br />

von H. Oncken in den Bau-Kunstdenkm, d. Hzgts. Oldenburg 1, S. 37 sowie<br />

von G. Rüthning in seiner Oldenb. Gesch. Bd. 1 (1911), S. 101 etwas ange-<br />

zweifelt, und G. Sello erwähnt sie in seinem W il<strong>des</strong>hausen-Aufsatz (Alt-<br />

Oldenburg, 1903) überhaupt nicht.

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