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Oldenburger Jahrbuch des Oldenburger Landesvereins für ...

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94 Anna Martens<br />

tom Dieck das schwerste und traurigste Erlebnis, und er hat sehr<br />

darunter gelitten.<br />

Zunächst um sich abzulenken, aber auch aus innerer Notwendigkeit,<br />

hat er sich in seine Malerei vertieft wie nie zuvor. Er fing jetzt<br />

an, viel mehr aus dem Gedächtnis zu schaffen. Sein Gemüt und sein<br />

K opf waren voller Bilder, die gestaltet werden wollten. Er arbeitete<br />

nicht mehr soviel vor der Natur. Stimmungen der Natur beobachtete<br />

er eingehend, oft stand er lange im Anblick eines schönen eigenartigen<br />

Abendhimmels, oder wenn der Mond durch ziehende W olken schien.<br />

Hatte er ein« eigentümliche Wolkenbildung gesehen, so wurde sie<br />

sofort skizziert.<br />

A ll seine kleinen Bilder sind feine lyrische Gedichte, an die<br />

man leise und still herantreten muß, wenn sie auf den Beschauer<br />

wirken sollen, oder wie ein Musikfreund einmal verglich: „Es ist<br />

Kammermusik." Sie spiegeln genau den Charakter ihres Schöpfers<br />

wider, seine sinnige, zurückhaltende Art, die doch voll männlicher<br />

Kraft war. Er behandelte ein Thema in allen möglichen Abwandlungen<br />

und gestaltete seine vielseitigen Empfindungen mit Meisterschaft.<br />

Das war das Ergebnis seiner letzten Jahre.<br />

„Jetzt weiß ich, wie es gemacht werden muß, und jetzt bin ich<br />

alt und bald am Ende“ , sagte er einmal traurig im letzten Sommer.<br />

W ie hat er oft skizzenhaft und doch vollendet die Farbe mit jugendlicher<br />

Kraft und Frische bei sicherster Pinselführung und Zeichnung<br />

auf die Leinwand gesetzt. Da hat er das erreicht, was ihm vorschwebte,<br />

da ist selbst die flüchtigste Skizze kein „Geschm ier" und<br />

das Material „Farbe“ ist vergeistigt. Es ist reife Kunst.<br />

Dieser letzte Sommer war so überreich ausgefüllt mit Arbeiten, daß<br />

ein guter Freund von ihm später einmal sagte, dieser Fleiß und diese<br />

Fruchtbarkeit wären ihm oft unheimlich gewesen, er hätte den Gedanken<br />

<strong>des</strong> Schwanengesanges nicht bannen können. Ob Richard<br />

tom Dieck im geheimen nicht Ähnliches gefühlt hat?!<br />

Es ist hier vielleicht angebracht, eine Eigentümlichkeit von ihm<br />

zu erwähnen. Man hat es oft nicht verstanden, daß er sich zu Verkäufen<br />

nur schwer entschließen konnte. Ihm war die Kunst etwas<br />

Heiliges, sie war ihm nicht „die Kuh, die ihn mit Butter versorgt".<br />

Ist Kunst im reinen Sinne nicht das Persönlichste, worin ein Mensch<br />

sich äußern kann? Und verlangt eine solche Selbsthergabe dann nicht<br />

auch, daß der Empfangende Verständnis da<strong>für</strong> hat? W ie kann man mit<br />

Geld, diesem Allerweltsmittel, rein Geistiges aufwiegen? Sicher waren<br />

seine Preise <strong>des</strong>halb so niedrig, weil er betonen wollte, daß seine Bilder<br />

keine Handelsware seien. Einst sagte er: „Lieber will ich Häuser an-

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