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38 SMB MR 4/2009 SS Delphine nehmer, die Dodge Brothers Company, auskommen. So benötigte Henry Ford die Dienste des kleinen Unternehmens für die Herstellung einiger wichtiger Komponenten für seine ersten Autos. Da die Finanzen zur Bezahlung seiner Rechnungen knapp waren, bot er den beiden Brüdern als Bezahlung zehn Prozent der Aktien seines damals noch schwachen Unternehmens. Der Grund stein zum fabelhaften Vermögen der Dodge-Brüder war damit gelegt. Nicht nur, dass ihre Fabriken in einem furiosen Rhythmus liefen, sie gewährleisteten ihnen auch sehr beachtliche Einnahmen, denn sie profitieren direkt von dem phänomenalen Wachstum ihrer wichtigsten Kunden, und speziell dem von Ford Motor Co. Horace und das Segeln Dieser wohlhabende Industrielle hatte einen ausgeprägten Familiensinn. Er hatte eine prachtvolle Residenz gebaut mit mehreren Bootshäusern und privatem Dock entlang dem Detroit- River, der den Lake Huron seiner Jugendzeit mit dem Lake Erie verbindet. Im Herzen der Vereinigten Staaten bildeten diese immensen Süsswasserreservoire Binnenseen, während die Flüsse manch mal so breit wie die Seen wurden. Navigation war eine tägliche Aktivität in diesen Regionen, sei es für den Transport oder in der Freizeit. Dank seines Reichtums konnte sich Horace Dodge den Booten, seiner Faszination seit Kindertagen, vollumfänglich widmen. Mit fünfunddreissig Jahren kaufte er 1903 sein erstes 40-Fuß-Autoboot, bald gefolgt von einem zweiten und dann von anderen. Die langen und schlanken Rümpfe dieser Boote wurden alle von Dampfmaschinen angetrieben, konzipiert und gebaut von ihrem Besitzer mit seinem ausgeprägten Sinn für technische Perfektion. Dodge war daher viel mehr als ein Segler. Gemieden von allen Oberschicht-Yacht-Kreisen aufgrund seiner sozialen Herkunft und
SS Delphine 243 Fuss lang seines manchmal grobschlächtigen Benehmens, rächte er sich, indem er zu einem der schnellsten Segler in den Hoheitsgewässern von Detroit wurde, dank der hervorragenden Technik, die er selbst entwickelte. Ab etwa 1910 ging er zu größeren Modellen über und leistete sich immer mehr Spezialausführungen. Der Architekt Henry John Gielow, Berater der Industrie-Magnaten von New-York und der Region der Großen Seen, entwickelte die 183 Fuss lange Nokomis 1, der erste große Familie- Kreuzer, wie zu erwarten ausgerüstet mit zwei Dodge-Dampfmaschinen. Einige Jahre später, im Jahre 1917, war Horace wieder an der Entwicklung seiner neuen 243 Fuss langen Nokomis II beteiligt. Aber als die Vereinigten Staaten in den Krieg eintraten, beschlagnahmten sie das prachtvolle Schiff, das dann von der US-Marine gekauft wurde. Im Jahre 1918 gab der Automobil- Bauer Gielow den Auftrag für den Bau einer noch renommierteren Yacht. Die Great Lakes Engineering Works von River Rouge, Michigan, wurden mit dem Bau der größten, jemals in den Vereinigten Staaten erbauten Dampf-Yacht beauftragt. Die Länge musste auf 262 Fuss eingeschränkt werden, damit die Schleusen des Welland-Kanals und die Saint-Laurent-Schleusen, von wo aus man zum Atlantischen Ozean gelangt, passierbar blieben. Dieser private Mini- Ozeanriese wurde Delphine II getauft zu Ehren sowohl von Horaces Schwester als auch seiner Tochter, die seit kurzem mit James Cromwell verheiratet war. Extravaganter Luxus war nicht der Stil des Eigentümers, aber sehr raffinierter Komfort im Stile eines traditionellen Palasts zeichnete den größeren Teil des immensen Schiffskörpers aus 12mm-Stahl aus. An Bord gab es Salons, Raucherzimmer, ein großes Treppenhaus, Wohnungen mit Kamin und Badezimmer, getäfelt überall mit den seltensten Holzarten, um etwa achtzehn Menschen, bedient von einer 52köpfigen Besatzung, willkomen zu heissen. In Zusammenarbeit und manchmal unter Meinungsverschiedenheiten mit seinem Architekten und mit seiner Werft beschloss Horace Dodge, dass nur er sich mit der Konzeption des Maschinenraums, der Perle seiner Flotte, beschäftigen würde. Es gab daher zwei Vierfach-Expansions- Motoren von je 1500 PS, die ihren Platz in der Delphine fanden und womit dank Zwillingswelle mit 16 Knoten gekreuzt werden konnte. Obwohl Horace Dodge überglücklich an der Gestaltung seiner Dampfmaschinen arbeitete, starb er drei Monate vor Vollendung seines Meisterwerks an Lungenentzündung. Sein Bruder John folgte ihm ein paar Wochen später ins Grab, dahingerafft von der gleichen Infektion. Am 2.April 1921, vor Tausenden von Zuschauern, die von den dramatischen Gegebenheiten und von der Schönheit des Spektakels bewegt waren, schwang die junge Delphine die traditionelle Flasche Champagner auf den Rumpf der Delphine II. Das Leben geht weiter, aber ein Drama liegt in der Luft Anna, Horaces Witwe, und seine Schwägerin machten 1925 ein kolossales Vermögen durch den Verkauf ihrer Aktien im Familienunternehmen. Ihre Ehemänner hatten ihre Kindheitsträume realisiert und sie hielten es für ihre Pflicht, zu Ehren der toten Visionäre ein neues, glückliches Leben zu beginnen. Anna Dodge hing sehr an der Delphine, die sie für Kreuzfahrten ausstatten wollte, wie es ihr Mann gewünscht hätte. Der große Dampfer reiste rund um die Großen Seen und entlang der Ostküste des Atlantiks. Als er im September 1926 in New York vor Anker ging, brach ein schreckliches Feuer aus und das Schiff sank trotz aller Rettungsbemühungen in einer einzigen Nacht. Die Eigentümerin, die zu ihrem grossen Glück nicht an Bord war, liess es bergen und unter erheblichen Kosten in der Brooklyn-Werft völlig wiederherstellen. Sie nutzte die Gelegenheit, 4/2009 SMB MR 39
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