Auf Tohuwabohu! - jot wd
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14 <strong>jot</strong> w.d. 1/2009 Empfehlungen<br />
Es war Vorweihnachtszeit, als die<br />
Gäste des Cafés Grips in Alt-Marzahn<br />
überrascht wurden mit einer<br />
kostenfreien Kulturgabe. Der<br />
Frauenszimmerchor Marzahn<br />
schneite zur besten Kaffeezeit<br />
herein, schmetterte mehrere Lieder,<br />
und verschwand wieder. Angeführt<br />
von der Jüngsten im Reigen,<br />
einer freundlich lächelnden<br />
Dirigentin. Mit professioneller<br />
Leichtigkeit führte Friederike<br />
Stahmer (29) die singenden Frauen<br />
durch die Tonlagen.<br />
Wenige Tage später sitzen die 16<br />
Damen in ihrem Domizil im Kiez<br />
Haus Marzahn zur letzten Probe<br />
2008 zusammen. <strong>Auf</strong> festlich gedeckten<br />
Tischen drängen sich kulinarische<br />
Genüsse, schließlich<br />
ist Jahresabschluss. „Im Dezember<br />
hatten wir drei <strong>Auf</strong>tritte, Anfang<br />
Januar planen wir alles weitere<br />
für 2009“, sagt Friederike<br />
Stahmer, die von den Frauen des<br />
Chores wegen ihrer Fachkompetenz<br />
und ihrer Freundlichkeit regelrecht<br />
verehrt wird. Zwei, aber<br />
auch mehr <strong>Auf</strong>tritte pro Monat<br />
wären realistisch, sagt sie. Zumeist<br />
fordere das Bezirksamt den<br />
Chor an. <strong>Auf</strong> Anfrage singen die<br />
Frauen auch mal bei Feiern zu<br />
runden Geburtstagen oder anderen<br />
individuellen Anlässen.<br />
Chorfrauen suchen<br />
Verstärkung<br />
Das bereits beim <strong>Auf</strong>tritt im Café<br />
Grips gewinnende Lächeln der<br />
Chorleiterin gehört zum Wesen<br />
der gebürtigen Hannoveranerin,<br />
ist nicht eigens für <strong>Auf</strong>tritte aufgesetzt.<br />
Chorchefin in Marzahn<br />
ist sie seit vier Jahren. Die studierte<br />
Volkswirtin und Gesangs-<br />
Klassisches, Volkslieder, auch Gospel<br />
Der „Frauenszimmerchor Marzahn“ bietet seit zehn Jahren Klangqualität<br />
pädagogin übernahm den Frauenchor<br />
während ihrer Studienzeit<br />
von einer Kommilitonin. Zu den<br />
Proben kommt sie jeden Mittwoch<br />
aus Tiergarten.<br />
Frau Stahmer gibt den Einstiegston<br />
mit deutlich geformten Lippen<br />
vor, fordert lockere Unterkiefer<br />
und lächelnde Augen und los<br />
geht’s. Klassische Chormusik,<br />
Volkslieder und Gospel sind Teile<br />
des Repertoires der Chorfrauen<br />
zwischen 42 und 74 Jahre, die<br />
gern weitere Sangesfreudige in<br />
den Chor aufnehmen. Das Alter<br />
spiele keine Rolle, vordergründig<br />
sei der Wille zum gemeinsamen<br />
Singen, sagen die Frauen. Wer<br />
schon immer mal wollte, sollte<br />
der Chor, allerdings mit häufig<br />
wechselnden Mitgliedern. Die<br />
Fluktuation sei zwar kein existenzielles<br />
Problem für die Damenriege,<br />
doch fehle manches Mal für<br />
bestimmte Stücke die eine oder<br />
andere Tonlage. „Bisher konnten<br />
wir das immer irgendwie ausgleichen“,<br />
schiebt die Leiterin noch<br />
rasch nach.<br />
Wer Geburtstag hat, dem singt der<br />
Chor am Probentag ein Ständchen,<br />
das sei so Usus. An diesem<br />
Tag ist es Eleonore Stückroth, der<br />
ein Ständchen gebracht wird. Die<br />
aber hält es nicht auf ihrem Platz,<br />
sie reiht sich wegen der für sie<br />
gedachten Ehrung hochroten<br />
Kopfes flugs ein und singt voll<br />
der bezahlt“, sagt Friederike<br />
Stahmer. Solche Verträge über<br />
bestimmte Honorarleistungen seien<br />
ihre Lebensgrundlage. Die<br />
Gesangspädagogin leitet weitere<br />
Chöre in der Stadt, darunter den<br />
Mädchenchor der Sing-Akademie<br />
zu Berlin. Dass bei der Benennung<br />
des Frauenszimmerchor<br />
Marzahn mit diesem „s“ zwischendrin<br />
keine Unaufmerksamkeit<br />
vorliegt, bestätigen die Damen.<br />
Einen Frauenchor habe es<br />
im Berliner Westen schon gegeben,<br />
also musste zur Unterscheidung<br />
eben dieses „s“ und das<br />
„zimmer“ dazwischen.<br />
Beim Singen scheint es den Frauen<br />
vollkommen schnuppe zu sein,<br />
Friederike Stahmer (li.) führt ihre Marzahner Chorfrauen durch alle Tonlagen. Foto: Kofferschläger<br />
sich ruhig trauen, bei ihnen am<br />
Glambecker Ring 80/82 reinzuschauen.<br />
Den „Frauenszimmern“ bedeutet<br />
das Singen inzwischen Gemeinsamkeit,<br />
von der alle profitieren.<br />
„Auch eine freundschaftliche<br />
Kommunikation gehört zum<br />
Chorleben, auf die keiner mehr<br />
verzichten möchte“, sagt Ellinor<br />
Schneider, mit 74 die Älteste der<br />
Damen. Knapp zehn Jahre besteht<br />
konzentriert mit. Es ist die geradezu<br />
drängende Freude am Singen,<br />
die alle antreibt. 15 Euro im<br />
Monat, diesen Beitrag für die<br />
Ausübung ihres Hobbys zahlen<br />
alle Frauen gern, käme man doch<br />
auch in Sportvereinen oder bei<br />
anderen Freizeitbeschäftigungen<br />
nicht kostenfrei über die Runden.<br />
Den Probenraum aber darf der<br />
Chor kostenlos nutzen. „Ich werde<br />
von dem Beitrag der Mitglie-<br />
welches Minenspiel sie gerade<br />
bieten, alle sind absolut bei der<br />
Sache, dirigiert und aufmerksam<br />
beobachtet von ihrer Leiterin.<br />
Geprobt wird „Der Wassermann“<br />
(besser bekannt als „Leise zieht<br />
durch mein Gemüt“), eine Ballade<br />
von Robert Schumann. Es folgt<br />
das weit mehr als hundert Jahre<br />
alte Lied „Die Gedanken sind<br />
frei“. Doch ganz gleich ob klassisch,<br />
volkstümlich oder Gospel,<br />
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alles wird so eingeübt, dass jede<br />
Frau ganz bei der Sache sein<br />
kann, auch wenn damit nicht gerade<br />
das jeweils eigene Lieblingslied<br />
intoniert wird.<br />
Der Spaß kommt nie<br />
zu kurz<br />
Plötzlich kursieren A-4-Seiten<br />
mit einem lustigen Text in vier<br />
Strophen, frei nach der Melodie<br />
„Die Gedanken sind frei“. Flugs<br />
sind die Zeilen erfasst und der<br />
Gesang beginnt mit viel Spaß:<br />
Die Getränke sind frei, / wir<br />
woll’n einen heben. / Wer immer<br />
es sei / der Spender soll leben! /<br />
Man darf nicht vergessen / drei<br />
Bier sind ein Essen / drum Leber<br />
verzeih/ die Getränke sind frei.<br />
Grinsend singen die Frauen weitere<br />
drei Strophen.<br />
In dieser aufgekratzten Stimmung<br />
soll es zum Abschluss des Übens<br />
ein Gospel sein. Sofort ist auch<br />
körperliche Bewegung in der<br />
Frauentruppe, sie schnipsen mit<br />
den Fingern und wiegen sich wie<br />
Gospelprofis im Takt hin und her.<br />
„Rock my soul, in the Bosom of<br />
Abraham ...“<br />
Friederike Stahmer ist zufrieden<br />
mit ihrem Chor, der Chor mit ihr<br />
erst recht. Beim Singen kommen<br />
immer mal Fehler vor oder die<br />
<strong>Auf</strong>merksamkeit kommt für einen<br />
Augenblick abhanden. Die Chefin<br />
bleibt ruhig, freundlich und<br />
wertet das zwar gesangspädagogisch<br />
korrekt, doch freundschaftlich<br />
aus. „Die Frauen kommen<br />
hier her, weil sie singen wollen,<br />
das verbindet uns inzwischen auf<br />
eine geradezu herzliche Weise“,<br />
sagt Frau Stahmer.<br />
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