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„Neue“ Bewirtschaftungsformen - bessere Betriebsergebnisse?

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Herbstseminar Kassel, 21. bis 22. November 2005<br />

<strong>„Neue“</strong> <strong>Bewirtschaftungsformen</strong><br />

- <strong>bessere</strong> <strong>Betriebsergebnisse</strong>?<br />

von Dr. Jens Borchers, Donaueschingen


Agenda<br />

1. Einführung in die Thematik<br />

2. Naturale und technische Aspekte<br />

3. Organisatorische Aspekte<br />

4. Ergebnis


Definitorische Abgrenzung (1):<br />

Was macht „neue <strong>Bewirtschaftungsformen</strong>“ aus?<br />

a) Eine konsequent erwerbswirtschaftlich<br />

ausgerichtete<br />

Naturalproduktion:<br />

• Stringent<br />

(kontinuierlich verfolgte<br />

Produktionsverfahren)<br />

• Extensiv<br />

(die Natur arbeiten lassen)<br />

• Rasch<br />

(kurze Produktionszeiten)<br />

• Risikoarm<br />

(standortangepasst, geringe<br />

Baumlängen bei der Fichte)<br />

b) Eine professionelle, d.h.<br />

stringent und emotionsfrei<br />

gestaltete Betriebsorganisation:<br />

• Zielorientiert<br />

(klar formulierte und<br />

widerspruchsfrei gelebtes<br />

Zielsystem)<br />

• Professionell<br />

(auf die im Detail liegende<br />

Wertschöpfung ausgerichtet)<br />

• Flexibel<br />

(fixkostenminimiert und<br />

leistungsorientiert)<br />

• Schlank und schnell<br />

(wenig Instanzen, schnelle<br />

Kommunikation)


Definitorische Abgrenzung (2):<br />

Was sind „<strong>bessere</strong> <strong>Betriebsergebnisse</strong>“?<br />

• <strong>Betriebsergebnisse</strong>, die planbar und gestaltbar sind<br />

und nicht dem Zufall (z.B. Kalamität) verdankt werden<br />

• Ergebnisse, die das Betriebsvermögen mindestens<br />

stabil halten und nicht die Rentabilität „auf dem Altar<br />

der Liquidität opfern“<br />

• Antizyklische Desinvestitionsstrategien<br />

• Wirtschaftliche Erfolge, die entgegen dem<br />

Branchentrend erreicht werden


1. Naturale und technische Aspekte<br />

• Produktionsprogramme für Nadelund<br />

Laubholz<br />

• Grundsätze zur investiven Sphäre<br />

• Holzernte und Logistik<br />

• Prozesskostenbenchmarks


Das Produktionsziel (Mittendurchmesser) gibt der Kunde vor.<br />

Zieldurchmesser und Kronenbreite stehen in logisch-eindeutiger<br />

Beziehung zum Produktionsziel.<br />

b<br />

Zield<br />

1,3<br />

b<br />

b [m]<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Beziehung zwischen Brusthöhendurchmesser<br />

und Kronenbreite<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

d 1,3 [cm]<br />

(Klädtke 2004)


Z-Baum-Anzahl in Funktion von<br />

Zieldurchmesser und Grundfläche<br />

(Klädtke, 2004)<br />

N ZB [Stück/ha]<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

20<br />

20<br />

70 G [m²/ha]<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

Fichte<br />

Buche<br />

40 60<br />

Zieldurchmesser [cm]<br />

80 100


Produktionsmodell „Fichte“<br />

• Wo möglich Naturverjüngung, ggf. vergütet mit Douglasie (unter Schirm)<br />

• Schrittweise Nutzung des Altbestandes nach Zielstärke bzw. entlang der Verjüngungskegel<br />

= Differenzierung im Halbschatten bis Stubenhöhe<br />

• Nach Entnahme des Altbestandes: Ein Pflegeeingriff mit 2,0 m Abstandsstellung<br />

(Stammzahlreduzierung auf 2.500 Stk. und Minderheitenschutz: Tanne, Kiefer, Laubholz)<br />

• Systematische Feinerschließung (20 m Gassenabstand)<br />

• Positive Auswahl von 300 bis 400 Z-Bäumen (5 – 6 m Stammabstand) und dauerhafte Markierung<br />

(Plastikband)<br />

• 3 bis 4 Hochdurchforstungen (vollmechanisierte Entnahme der jeweils stärksten Bedränger)<br />

• Zielstärkennutzung nach Kundenanforderung, ggf. Überhalt von Kiefer, Douglasie<br />

(Produktionsziel: min. 45 cm Bhd bei Massenqualität, 70 cm bei Wertholz)<br />

• = Einleitung der Verjüngung<br />

• Produktionszyklus = Rotation: 60 bis 80 Jahre


Produktionsmodell „Laubholz“<br />

• Schlagpflege in der Naturverjüngung nach Räumung des Altbestandes oder<br />

• Künstliche Einbringung nach Baumartenwechsel<br />

• Protzenhieb/Ringeln mit max. 5 Std./ha Aufwand bei 6 – 10 m Oberhöhe<br />

• Bei Erreichen der gewünschten bzw. standörtlich möglichen astfreien Schaftlänge<br />

intensives Freistellen der Krone (2 – 3 Bedränger)<br />

• Vorratspflege, Zielstärkennutzung, Einleiten der Verjüngung<br />

• Produktionszyklus = Rotation: 80 - 100 Jahre


Einige Grundsätze zur investiven Sphäre …<br />

1. Auf künstliche Verjüngung weitestgehend verzichten<br />

- das Wild im Griff behalten/bekommen<br />

- Lichtmanagement beherrschen<br />

- Pflanzung auf Sondersituationen begrenzen<br />

2. Wegeinfrastruktur budgetieren<br />

- Wege klassifizieren (Hauptwege, Nebenwege, Zubringerwege)<br />

- Pflegekonzept erarbeiten (Gräder u. Walze statt Material, Grabenpflege)<br />

- Wege nach strikten Budget unterhalten<br />

3. Waldpflege einerseits intensivieren, andererseits extensivieren<br />

- Projekte im Nadelholz durchführen (NV auf 2,5 m – Abstand stellen)<br />

- Extensivierungschance im Laubholz nutzen (Protzenaushieb)<br />

- Astung von Douglasien nicht vergessen (6 m)


2. Holzernte und Logistik<br />

Definition:<br />

Holzernte und Logistik meint in der Forstwirtschaft sämtliche mit dem<br />

Lieferstrom Wald – Werk zusammenhängenden Prozesse.<br />

Dies sind:<br />

- Einschlag: motormanuell und hochmechanisiert<br />

- Rückung: Seil-/Kranschlepper, Klemmbank, Forwarder, (Seilbahn)<br />

- Transport: Lkw, Bahn, Schiff<br />

- Datenmanagement: Hardcopy, Dateienverkehr, Internetportale


Potentiale und Perspektiven<br />

Einschlag (motormanuell)<br />

• Ernteverfahren und –technik vmtl. ausgereift<br />

• weitere technische Fortschritte vmtl. eher gering<br />

• Potential liegt in der Verfahrensanwendung:<br />

- Beschränkung bei der motormanuellen Holzernte auf Starkholz<br />

- Verzicht auf Astung in Kombination mit Energieholzproduktion (Käferprophylaxe)?<br />

• Leistungen < 3 fm/Std. kritisch


Potentiale und Perspektiven<br />

Rückung (Seilschlepper)<br />

• Verfahren sehr weit ausgereift<br />

• Verfahren steht und fällt mit der Langholzaushaltung (Marktfrage)<br />

• vmtl. noch mind. 10 Jahre aktuell (regional unterschiedlich)<br />

• „Baustellen“:<br />

- Ergonomie des Arbeitsplatzes<br />

(Seilauszug, Rückenprobleme des Fahrers)<br />

- Effizienz und Ökologie der Maschine<br />

(ggf. Umrüstung der Motoren auf Biobrennstoffe u.a.)<br />

- Reifensysteme<br />

(<strong>bessere</strong>r Schlupf bei Nässe, geringere Bodenverdichtung)<br />

- Reparaturanfälligkeit v.a. des Kranes


Potentiale und Perspektiven<br />

Hochmechanisierte Systeme<br />

• Standardverfahren einigermaßen ausgereift<br />

• Dringende Optimierungserfordernisse auf Problemstandorten<br />

(Rückung im Steilhang, auf Weichböden)<br />

• Baustellen“:<br />

- Wurzelverwundung der Gassenbäume durch Reifenprofile kritisch<br />

- Auslastung der Maschinen regelmäßig zu gering, fehlender Schichtbetrieb<br />

(< 2.000 MAS p.a. problematisch)<br />

- persönliches Talent der Fahrer nach wie vor entscheidend<br />

(Schulung professionalisieren)<br />

• Waldbesitzer/Dienstleister entscheiden durch die Qualität ihrer Organisationsleistung<br />

maßgeblich über die Effizienz der Systeme<br />

• Potentiale im Bereich IuK erschließen …


Potentiale und Perspektiven<br />

Datenmanagement<br />

• Schnittstellenabbau wichtigste Zukunftsaufgabe<br />

- intern: Einschlag, Rückung, Förster, Forstbüro, Datenversand<br />

- extern: Vermessung Rundholz, Verarbeitung, Faktura, Datenversand<br />

• Eldat leider bisher ohne ausreichende Akzeptanz bei Sägern<br />

• Hard- und Software oft nicht praxistauglich<br />

• Kostendegression erst bei besitzübergreifendem Holzmanagement wirksam<br />

• „Baustellen“<br />

- akzeptierte und gelebte Datenstandards bei allen, an der Holzkette<br />

beteiligten Partnern<br />

- funktionierende Harvestervermessung (wenigstens als Logistikmaß) online aus der Kabine<br />

an Logistikpartner (Waldbesitzer, Dienstleister, ggf. Holzkunde) gesendet<br />

- über die Besitzgrenze hinweg einsetzbare Software: z.B. offene Internetportale<br />

- „Flucht“ der Eigentümer/Betriebsleiter aus den Details der Wertschöpfung<br />

(Indizien: Zunahme der Selbstwerbung, Sortierung im Werk, Verpachtungsdiskussion)


aktuelle Prozesskosten-Benchmarks<br />

(erschlossene Mittelgebirgslagen ohne Seilkranerfordernis)<br />

• Einschlag (motormanuell): 5,50 - 6,50 €/fm<br />

• Rückung (Seilschlepper): 6,00 - 7,00 €/fm<br />

• Systemkosten hochmechanisiert<br />

(Sortiment 2b): 10,00 – 12,00 €/fm<br />

• Datenmanagement (Vollkosten): 0,50 – 1,00 €/fm<br />

(60 % Personal, 30 % Hardware, 10 % Software)


3. Organisation<br />

Grundsätze:<br />

1. Nur weitest möglicher Fixkostenabbau erhält die Beweglichkeit<br />

und damit die Überlebenschance des Forstbetriebes<br />

2. Primärer Ansatzpunkt sind die Personalkosten<br />

3. (Fast) Alle betrieblichen Funktionen lassen sich in Unternehmermodellen<br />

abbilden<br />

4. Flexibilität darf nicht zulasten der Qualität gehen<br />

- Produktionssysteme und Personalführung benötigen Kontinuität<br />

- Ökosysteme sind empfindlich: Regeln müssen eingehalten werden (Zertifizierung)<br />

- Holz ist ein verderblicher Rohstoff: Prozesse müssen schnell laufen<br />

- Stagnierende Preise erzwingen erst recht konsequente Aushaltung und Sortierung<br />

(kein „Verwildern“ der Sitten im Kalamitätsfall)<br />

- Je kritischer die Preis/Kosten-Relation, um so detaillierter muss organisiert werden


Beispiel:<br />

Organisationsentwicklung Fürstenberg Forst<br />

1999<br />

Zentrale 1 Betriebsleiter<br />

5 Sachbearbeiter<br />

2 Verwaltungsangestellte<br />

8,0 MA<br />

Aussendienst 10 Reviere<br />

10 RL<br />

2 ZbV<br />

12,0 MA<br />

20 MA = 1,1 MA/1.000 ha<br />

Waldarbeiter 35,8 Forstwirte*<br />

2,0 WA/1.000 ha<br />

55,8 MA = 3,1 MA/1.000 ha<br />

* davon 2 Regierücker<br />

2005<br />

0,8 Betriebsleiter<br />

2,5 Sachbearbeiter<br />

1,0 Verwaltungsangestellte<br />

4,3 MA<br />

5 regionale Profitcenter<br />

5,7 RL<br />

0,5 ZbV<br />

1,0 Jagdwirtschaftler<br />

7,2 MA<br />

11,5 MA = 0,7 MA/1.000 ha<br />

14,3 Forstwirte**<br />

0,8 WA/1.000 ha<br />

25,8 MA = 1,5 MA/1.000 ha<br />

** Vollzeitäquivalente, kein Regierücker<br />

-46 %<br />

-60 %<br />

-40 %<br />

- 54 %


aktuelle Organisations-Benchmarks<br />

• Unternehmerkosten inkl. EMS: 22,00 – 27,00 €/Std.<br />

(Osteuropäer = 50 % hiervon)<br />

= 5,50 – 6,50 €/fm<br />

• Personalkosten Reviere: 30 €/ha<br />

• Personalkosten Zentrale: 25 €/ha<br />

• Sonst. Verwaltungssachkosten: 10 €/ha<br />

• Fullservice Beförsterung 65 €/ha<br />

(alle Funktionen, ohne Eigentümerkosten) = 6-8 €/fm


4. Betriebserfolg<br />

… Kalkulationsbeispiele für<br />

Nadel-<br />

und Laubholz


Nachhaltsbetrieb „Fichte“<br />

mittlerer Standort, nachhaltige Bewirtschaftung,<br />

ausgeglichene Altersklassenverteilung<br />

Einschlagsleistung: 10 fm<br />

Nettoerlös (Pessimum): 40 €/fm<br />

Holzerntekosten: 17 €/fm<br />

DB 1: 23 €/fm<br />

DB 1 (je Hektar): 230 €/ha<br />

Investive Kosten: 50 €/ha<br />

Sonst. Erlöse (Jagd u.a.): 10 €/ha<br />

DB 2: 190 €/ha<br />

Verwaltungskosten u.a.: 70 €/ha<br />

DB 3: 120 €/ha<br />

Umsatzrendite: 29 %<br />

Kapitalrendite: 1,2 %<br />

Nachhaltsbetrieb „Laubholz“<br />

mittlerer Standort, nachhaltige Bewirtschaftung,<br />

ausgeglichene Altersklassenverteilung<br />

Einschlagsleistung: 7 fm<br />

Nettoerlös (Pessimum): 35 €/fm<br />

Holzerntekosten: 19 €/fm<br />

DB 1: 16 €/fm<br />

DB 1 (je Hektar): 112 €/ha<br />

Investive Kosten (?): 50 €/ha<br />

Sonst. Erlöse (Jagd u.a.): 15 €/ha<br />

DB 2: 77 €/ha<br />

Verwaltungskosten u.a.: 70 €/ha<br />

DB 3: 7 €/ha<br />

Umsatzrendite: 3 %<br />

Kapitalrendite: 0,1 %


Ein Nachhaltsbetrieb „Fichte“<br />

rechnet sich immer, wenn …<br />

- (halbwegs) konsequent gewirtschaftet wird<br />

- auch Kalamitäten professionell gemanagt werden<br />

- gesellschaftliche Mindestfreiheiten gewährt werden<br />

(Stichwort: Extensivplantage)<br />

Ein Nachhaltsbetrieb „Laubholz“<br />

rechnet sich nur, wenn …<br />

- überdurchschnittlich hohe Wertholzreserven<br />

in diversen Baumarten vorgehalten werden<br />

können<br />

- regelmäßig und stark durchforstet sowie<br />

tw. sogar geastet wird<br />

- die naturale Automation ausgereizt werden kann<br />

( d.h. k e i n e Verbissschäden, Durchforstungen<br />

durch Brennholzselbstwerber besorgt)<br />

-…<br />

Nadelholzwirtschaft ist eine realistische, reine Laubholzwirtschaft eine utopische Vision!


Resumee<br />

• Erwerbswirtschaftliche ausgerichtete Forstwirtschaft<br />

hat Potential<br />

• Erfolgsvoraussetzung ist eine klare und konsequent<br />

verfolgte Zielsetzung<br />

• Ein Großteil der Rationalisierungschancen lässt sich erst in<br />

betriebsübergreifenden Kooperationen erschließen<br />

• Erfolgreich bewirtschaftete Forstbetriebe stellen<br />

ernstzunehmende Alternativen für Finanzanlagen dar<br />

• Der Glaube an den wirtschaftlichen Erfolg darf nicht<br />

verloren gehen


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